Das ABC der bdvb-Leistungen 5 > Klimawandel – Die ... - klimAktiv.de
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erfolgslos wie überflüssig zugleich <strong>–</strong> es war Guanxi.<br />
Selten ist die Luft über Shanghai klar, so wun<strong><strong>de</strong>r</strong>e ich mich<br />
nicht, dass ich beim Lan<strong>de</strong>anflug <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n erst ab 100<br />
Metern sehe. An Smog, Lärm und das Grau-in-Grau muss man<br />
sich tagsüber gewöhnen. <strong>Das</strong> Umweltbewusstsein <strong><strong>de</strong>r</strong> Chinesen<br />
ist noch nicht sehr ausgeprägt, auch wenn internationale<br />
Unternehmen <strong>de</strong>n Umweltgedanken ins Land bringen und<br />
Umweltschutz mehr politische Verantwortung in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Shanghaier Behör<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>t. Erste Erfolge sind sichtbar, und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Himmel erstrahlt mittlerweile öfter im strahlen<strong>de</strong>m Blau als<br />
früher. Es sind mehr Grünflächen, Blumenbeete und Bäume in<br />
Shanghai gepflanzt wor<strong>de</strong>n. Ich fühle mich aber doch die meiste<br />
Zeit von grauem Beton umgeben und sehe nur selten sattes<br />
Grün, an <strong>de</strong>m sich das Auge entspannen kann. Um so mehr<br />
genieße ich <strong>de</strong>n Ausflug in <strong>de</strong>n „Yuyuan Gar<strong>de</strong>n“, <strong><strong>de</strong>r</strong> zwar wie<br />
die meisten Parks Eintritt kostet, dafür aber eine Augenwei<strong>de</strong><br />
an Pflanzen, Bonsais und <strong><strong>de</strong>r</strong> chinesischen Gartenkunst in<br />
Vollendung bietet.<br />
Chinesisch zu sprechen ist unverzichtbar, zumin<strong>de</strong>st gestaltet<br />
es <strong>de</strong>n Alltag komfortabler und ist sehr hilfreich, wenn man<br />
wissen will, was da vor einem auf <strong>de</strong>m Teller liegt. Essen ist<br />
Kultur und Kultur be<strong>de</strong>utet Essen in China. So ist es unumgänglich,<br />
die Shanghaier Küche und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e regionale Köstlichkeiten<br />
zu probieren und ein Stück China zu verstehen.<br />
Mein erster Restaurantbesuch spielt sich in einem traditionellen<br />
Restaurant ab. Es gestaltet sich schrecklich und peinlich für<br />
bei<strong>de</strong> Seiten und en<strong>de</strong>t in Nichtbeachtung meiner Person seitens<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bedienung. Wie gesagt, chinesisch zu sprechen, ist<br />
unverzichtbar, und ich spreche es anscheinend nicht. Ich dachte,<br />
ich könnte mich verständigen, schließlich habe ich vor meiner<br />
Abreise drei Monate lang mit meiner chinesischen<br />
Freundin „Binbin“ geübt. <strong>Die</strong> Kellnerin versteht je<strong>de</strong>nfalls kein<br />
Wort und als ich versuche ihr klar zumachen, dass ich kein<br />
warmes Wasser, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein Mineralwasser möchte, versagt<br />
unsere Kommunikation völlig. „Nicht aufgeben“ ist das Motto<br />
in China und so probiere ich noch einige an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Restaurants in<br />
Shanghai aus, nur diesmal in chinesischer Begleitung.<br />
So komme ich zum Beipiel auch in <strong>de</strong>n Genuss <strong><strong>de</strong>r</strong> Sichuan<br />
Küche, die Schärfe <strong>de</strong>s Westens. Vergiss alles, was du aus<br />
Deutschland kennst, das als hot, scharf o<strong><strong>de</strong>r</strong> spicy bezeichnet<br />
wird. Sichuan be<strong>de</strong>utet ein nahezu verschwen<strong><strong>de</strong>r</strong>ischer<br />
Gebrauch scharfer Gewürze. La Jiao be<strong>de</strong>utet „Spätzün<strong><strong>de</strong>r</strong>“,<br />
eine wirklich gelungene Bezeichnung für Chili, die mit<br />
Verzögerung im Gaumen explodiert. Überlebenstipps kann ich<br />
lei<strong><strong>de</strong>r</strong> keine geben, <strong>de</strong>nn ich weine, schniefe und schwitze beim<br />
Essen. Augen zu und durch, <strong>de</strong>nn es wäre <strong>de</strong>m Gastgeber<br />
gegenüber unhöflich zu sagen, dass das Essen für uns Westler<br />
nicht genießbar (weil schmerzhaft) ist. <strong>Das</strong> wür<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten,<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Gastgeber etwas falsch gemacht hat und das wie<strong><strong>de</strong>r</strong>rum<br />
wäre eine sehr peinliche Situation, die sogar Gesichtverlust<br />
be<strong>de</strong>uten könnte.<br />
<strong>Die</strong>se für uns kuriose und unverständliche Angelegenheit <strong>de</strong>s<br />
Gesichtsverlustes begleitet mich je<strong>de</strong>n Tag durch die Arbeitsund<br />
Alltagswelt und spiegelt das Sozialverhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Chinesen<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>. <strong>Das</strong> Gesicht zu wahren ist eine <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten Regeln<br />
im Umgang miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Dabei gilt es nicht nur, das eigene<br />
Gesicht zu wahren, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch das <strong>de</strong>s Gegenübers. Für uns<br />
Westler eine eher gewöhnungsbedürftige Gegebenheit. Nach<br />
chinesischem Maßstab beherrschen wir wohl nur die<br />
Grundzüge im gesellschaftlichen Umgang, <strong>de</strong>nn auch wir neigen<br />
eher nicht dazu, unsere Mitmenschen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit<br />
bloß zu stellen. In China reicht die Basisausstattung <strong>de</strong>s westlichen,<br />
sozialen Verhaltens bei Weitem nicht aus. Neben mei-<br />
<strong>bdvb</strong>-aktuell 97<br />
Studium und Karriere<br />
nem Wohnblock führt eine schmale, für Shanghaier<br />
Verhältnisse ruhige Seitenstraße entlang. Wenn keine Autos<br />
am Straßenrand parken, ist gera<strong>de</strong> genug Platz für <strong>de</strong>n<br />
Verkehr. Mehrmals beobachte ich aber das Phänomen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Verkehr unter aggressivem Hupen völlig zum Erliegen kommt.<br />
Also gehe ich <strong><strong>de</strong>r</strong> Sache eines Tages nach, um herauszufin<strong>de</strong>n,<br />
was sich dort je<strong>de</strong>smal für etliche Minuten abspielt.<br />
„Gesichtwahren“ ist am Werk. Es stehen sich zwei Taxifahrer<br />
in ihren Autos gegenüber, und keiner ist bereit, für <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
<strong>de</strong>n Weg frei zu machen. <strong>Das</strong> wür<strong>de</strong> das Eingestehen eines<br />
Fehlers be<strong>de</strong>uten und Fehler be<strong>de</strong>uten Gesichtverlust. So stehen<br />
sie sich zwar hupend, aber gelassen und ohne<br />
Beschimpfungen gegenüber, und warten, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> An<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
weicht. Im Alltag und vor allem im Geschäftsleben ist viel<br />
Fingerspitzengefühl gefragt, <strong>de</strong>nn wenn man einmal das<br />
Gesicht verloren hat, kann man es nicht mehr so leicht wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
herstellen. Zum Glück sind Shanghaier, im Gegensatz zu<br />
Einwohnern ländlicher Provinzen, <strong>de</strong>n Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>n gegenüber<br />
sehr tolerant und <strong><strong>de</strong>r</strong> westlichen Kultur sogar aufgeschlossen.<br />
Ein „Hello“ eines Chinesen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Straße beim Anblick einer<br />
Langnase ist durchaus üblich, doch versuche nicht diesen<br />
anscheinend aufgeschlossenen Chinesen auf Englisch anzusprechen.<br />
Vermutlich wird er das Weite suchen. Nach meiner<br />
Erfahrung sprechen noch sehr wenige Shanghaier Englisch.<br />
<strong>Die</strong>jenigen, die es aber sprechen, zögern nicht, das Gelernte an<br />
einem Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong> auszuprobieren. So kann ein geplant langweiliger<br />
Sonntagnachmittag am Peoples Square mit durchaus<br />
interessanten Unterhaltungen en<strong>de</strong>n.<br />
Wer in China ein Praktikum absolviert, macht es nicht, um<br />
Erfahrungen in seinem Fachgebiet zu sammeln. Der Weg ist<br />
das Ziel. Mit kulturellen Unterschie<strong>de</strong>n und einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Berufspraxis umzugehen sowie kommunikative Schwierigkeiten<br />
und Missverständnisse zu meistern, ist die eigentliche<br />
Essenz eines Praxisauftenthaltes in <strong><strong>de</strong>r</strong> chinesischen Businesswelt.<br />
<strong>Die</strong> Tatsache, dass man eine Businesscard mit bei<strong>de</strong>n<br />
Hän<strong>de</strong>n annimmt und übergibt, ist dabei die weniger abenteuerliche<br />
Geschichte. <strong>Das</strong> Essen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kantine mit rülpsen<strong>de</strong>n,<br />
schlürfen<strong>de</strong>n und auf<br />
<strong>bdvb</strong>-Mitglied Hanna Czenczak (27)<br />
arbeitet <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit noch an ihrer Diplomarbeit.<br />
<strong>Das</strong> genaue Thema möchte sie<br />
<strong>de</strong>shalb noch nicht verraten. Nur so viel,<br />
sie schreibt über Analyse und Strategieentwicklung<br />
im chinesischen Lebensmittelgroßhan<strong>de</strong>l.<br />
Ihr Arbeitgeber, die<br />
METRO Cash & Carry Deutschland, ermöglichte<br />
ihr dazu <strong>de</strong>n Praxisaufenthalt in<br />
China in <strong><strong>de</strong>r</strong> METRO Jingjiang Cash &<br />
Carry Co.Ltd. in Shanghai.<br />
<strong>Die</strong> METRO Cash & Carry Deutschland<br />
finanziert und begleitet ihr Studium an<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> FH Worms. In <strong>de</strong>n Semesterferien hat<br />
sie ihre Ausbildung zur Betriebsleiterin<br />
absolviert. Nach ihrer Diplomarbeit wird<br />
sie als Betriebsleiterin in einem METRO<br />
Cash & Carry Markt in Deutschland eingesetzt.<br />
Hanna Czenczak<br />
Email: hc24926@<strong>bdvb</strong>.<strong>de</strong><br />
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