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Handbuch Heroingestützte Behandlung - Bundesamt für Gesundheit

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1<br />

BEHANDLUNG<br />

VON PATIENTEN/<br />

INNEN<br />

RICHTLINIEN<br />

EMPFEHLUNGEN<br />

8 Pharmakologie und Verschreibung<br />

von Diacetylmorphin 1<br />

INFORMATION<br />

1. Einleitung<br />

Dass Opiate bereits im Altertum zur Analgesie verwendet wurden,<br />

ist bei den damals verhältnismässig hochstehenden medizinischen<br />

Kenntnissen nicht weiter verwunderlich. Schon bei den alten Römern<br />

waren Fälle von Opiatabhängigkeit bekannt, ein bekanntes<br />

Beispiel ist Marcus Aurelius. Der zweckentfremdete Gebrauch von<br />

Opiaten setzte sich bis heute fort. Diacetylmorphin wurde 1874 entdeckt.<br />

1898 stellte die Firma Bayer erstmals industriell aus Rohopium<br />

Diacetylmorphin her und brachte es unter dem Namen Heroin<br />

auf den Markt. Synonyme für Diacetylmorphin: Diamorphin, Acetomorphin,<br />

Heroin.<br />

Menschen mit einer Opiatabhängigkeit konsumieren Heroin aus verschiedenen<br />

Gründen. Während einige von ihnen ein Flasherlebnis suchen,<br />

also eine rasche Sättigung der Opiatrezeptoren anstreben, und<br />

so grössere Mengen in niedriger Frequenz applizieren, um so das körpereigene<br />

Belohnungssystem künstlich zu stimulieren, profitieren andere<br />

eher von einer Dauersättigung der Opiatrezeptoren und applizieren<br />

kleinere Mengen in höherer Frequenz, um so eine Distanz von<br />

ihren psychischen oder psychosozialen Problemen zu gewinnen. In<br />

der illegalen Drogenszene werden drei Hauptapplikationsarten für<br />

Heroin angewandt. Bei den "Einsteigern" kommen meistens Folienrauchen<br />

(chasing the dragon) oder pernasales Schnupfen (snorting)<br />

zur Anwendung. Durch späteres Umstellen auf intravenösen Konsum<br />

wird die Bioverfügbarkeit und die Anflutgeschwindigkeit soweit erhöht,<br />

dass, zumindest vorübergehend, Kosten eingespart und der erwünschte<br />

Effekt verstärkt werden können. Mittels einer fundierten<br />

Anamnese lassen sich Dauer der Opiatabhängigkeit, frühere Applikationsarten,<br />

aktuelle Applikationsart und -frequenz, erwünschter Effekt<br />

sowie Beimengung anderer Substanzen eruieren und daraus eine individuell<br />

angepasste <strong>Behandlung</strong> ableiten.<br />

In den HeGeBe-<strong>Behandlung</strong>szentren der Schweiz kommen zur Zeit<br />

drei galenische Formen von Diacetylmorphin zur Anwendung, nämlich<br />

eine Injektionslösung (DAM-Lsg), slow-release-Tabletten (DAM-<br />

SR) und immediate-release-Tabletten (DAM-IR). Diese drei Formen<br />

ermöglichen, mit oder ohne Kombination mit Methadon, eine individuell<br />

angepasste, medikamentöse Therapie der meisten opiatabhängigen<br />

Patienten. Je nach Kombination ist es möglich, dass Patienten<br />

ein-, zwei- oder dreimal (in einzelnen Kliniken auch öfter) pro Tag in<br />

der Poliklinik zur Applikation der Betäubungsmittel erscheinen.<br />

2. Die Pharmakokinetik des Diacetylmorphin<br />

Bei der postoperativen Schmerzbehandlung mit Morphin werden<br />

grundsätzlich drei Verabreichungsmöglichkeiten, nämlich eine orale,<br />

rektale und eine durch Injektion (intravenös, subcutan, intramuskulär<br />

sowie rückenmarksnah). Aufgrund der starken Hyperosmolarität<br />

(10%-HCl-Lösung) besteht bei injizierbarem DAM bei subcutaner<br />

und intramuskulärer Applikation die Gefahr von Gewebsnekrosen,<br />

daher sollte hiervon Abstand genommen werden. Allen Applikationsformen<br />

ist, nach erfolgter Resorption, der Abbau identisch. Unterschiede<br />

bestehen also in der Resorptionsgeschwindigkeit und in<br />

der Bioverfügbarkeit. Oral eingenommenes DAM unterliegt, zumindest<br />

teilweise, schon vor und während der Resorption den ersten<br />

Abbauschritten.<br />

1<br />

Von Dr. med. Andreas Moldovanyi,<br />

Leitender Arzt der Zentren Lifeline und<br />

Crossline in Zürich<br />

Heroingestützte <strong>Behandlung</strong> August 2000 30

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