Handbuch Heroingestützte Behandlung - Bundesamt für Gesundheit
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1<br />
BEHANDLUNG<br />
VON PATIENTEN/<br />
INNEN<br />
RICHTLINIEN<br />
EMPFEHLUNGEN<br />
8 Pharmakologie und Verschreibung<br />
von Diacetylmorphin<br />
INFORMATION<br />
DAM wird durch Plasmacholinesterasen im Blut und Lebercholinesterasen<br />
innert weniger Minuten (2–30) zu 6-MAM (Monoacetylmorphin)<br />
und zu Morphin deacetyliert. Nach Glucuronidierung in der Leber<br />
wird das Morphin schliesslich in glucuronidierter Form vor allem<br />
renal (90%), aber auch hepatisch (10%) ausgeschieden. Von der hepatisch<br />
ausgeschiedenen Fraktion kann ein kleiner Teil im Darm hydrolysiert<br />
und als Morphin über den enterohepatischen Kreislauf resorbiert<br />
werden. In Spuren mündet der Abbau durch Demethylierung<br />
in Normorphin. Morphin-6-0-Glucuronid erwies sich im Tierversuch<br />
bezüglich Analgesie als doppelt so wirksam wie Morphin, direkt<br />
intracerebroventrikulär appliziert sogar hundertmal so stark.<br />
Die Plasmabindung von DAM beträgt 40%, das Verteilungsvolumen<br />
25–40 Liter, die Clearance des Blutes 30.8±2.1 ml/KgKG*min.<br />
DAM und dessen Metaboliten erscheinen in der Muttermilch und<br />
passieren die Plazentarschranke.<br />
Die Ausscheidung erfolgt zu 42–70% renal. Im Urin lässt sich der<br />
grösste Teil des Diacetylmorphins als glucuronidiertes Morphin, v.a.<br />
als Morphin-3-0-Glucuronid nachweisen. Ausserdem sind auch Morphin<br />
und Normorphin sowie Monoacetylmorphin (nur kurze Zeit nach<br />
intravenöser Applikation) nachweisbar. Die Abbauprodukte sind 2–4<br />
Tage nachweisbar, wobei auch längere Zeiten beobachtet wurden.<br />
Achtung: Bei Niereninsuffizienz kann es zu einer Kumulation von aktiven<br />
Morphin-Glucuroniden kommen.<br />
Merke: Strassenheroin enthält in praktisch allen Fällen Acetylcodein,<br />
wodurch im Urin Acetylcodein und dessen Metabolit<br />
Codein nachweisbar sind. Dies ist bei dem in den Polikliniken<br />
abgegebenen DAM nicht der Fall. Bevor aus Urinproben falsche<br />
Schlüsse gezogen werden, muss jedoch eine verschriebene Einnahme<br />
von codeinhaltigen Präparaten ausgeschlossen werden.<br />
3. Galenische Formen<br />
DAM-HCl-IR-Tabletten (Immediate Release)<br />
Diese Tabletten beginnen bereits im Mund zu zerfallen und werden<br />
im Magen vollständig aufgelöst. Wegen der starken Bitterkeit müssen<br />
die Tabletten sofort geschluckt werden (dies vermindert zusätzlich<br />
das Schmuggelrisiko). Die Resorptionsdauer ist deutlich kürzer<br />
als bei den Retardtabletten. Das Wirkungsmaximum liegt bei 30–60<br />
Minuten. Obwohl kein «Flash-Erlebnis» auftritt, wird von vielen Patienten<br />
ein gut spürbares Anfluten beschrieben. Der Vorteil von DAM-<br />
IR Tabletten liegt in der einfachen Handhabung und, betreffend Nebenwirkungen<br />
und Folgen, in der risikoarmen Applikationsart. Bei<br />
Sichteinnahme ist das «Schmuggel»-Risiko geringer als bei den Retardtabletten,<br />
bei einer allfälligen Mitgabe ist das Risiko für eine<br />
zweckentfremdete Applikation jedoch sicher recht hoch. DAM-IR-Tabletten<br />
sind zur Zeit mit 200 und 100 mg des Wirkstoffes erhältlich,<br />
beide sind teilbar.<br />
DAM-HCl-SR Tabletten (Slow-Release- oder Retardtabletten)<br />
Durch Einbettung in eine Tabletten-Retardmatrix erfolgt die Freisetzung<br />
von DAM zeitlich verzögert, was sich gegenüber immediate-release<br />
Tabletten in einer längeren Resorptions- und Wirkungsdauer<br />
äussert. Nach einer ersten Phase einer rascheren Freisetzung, bewirkt<br />
durch das saure Milieu im Magen, kommt es zu einem Wirkungsmaximum<br />
1–2 Stunden nach Einnahme. Ein «Flash-Erlebnis»<br />
Heroingestützte <strong>Behandlung</strong> August 2000 32