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KVNO extra: Arznei- und Heilmittelregresse 2007

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Inhalt<br />

3 Editorial<br />

5 I Wirtschaftlichkeit rechnet sich<br />

7 II Ausgabenvolumina <strong>und</strong> Zielvereinbarungen<br />

14 III Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

15 III.1 Ablauf der Prüfverfahren<br />

17 III.2 Vier Prüfungsarten<br />

18 III.2.1 Durchschnittswertprüfung<br />

21 III.2.2 Richtgrößenprüfung<br />

40 III.2.3 Prüfung in besonderen Fällen<br />

49 III.2.4 Prüfung des Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

53 IV Entscheidung des Prüfungsausschusses<br />

55 V Entscheidung des Beschwerdeausschusses<br />

56 VI Tipps im Vorfeld<br />

58 VII Literatur <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

2


Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />

die Verordnung von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmitteln ist in den letzten Jahren<br />

immer mehr reglementiert worden. Dabei hat die Fülle an gesetzlichen<br />

Vorschriften <strong>und</strong> Regelungen jedes Jahr zugenommen. Zu den gesetzlichen<br />

Reglementierungen gehört auch, dass jedes Jahr eine Ausgabenobergrenze<br />

für die Ausgaben im Verordnungsbereich festgelegt werden<br />

muss.<br />

Das gilt für <strong>Arznei</strong>mittel genauso wie für Heilmittel, also zum Beispiel<br />

Krankengymnastik, Massagen, Ergotherapie oder Logopädie. Gr<strong>und</strong>lage<br />

dieser <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarungen ist jeweils eine B<strong>und</strong>esregelung, die<br />

zwischen Kassenärztlicher B<strong>und</strong>esvereinigung <strong>und</strong> Spitzenverbänden der<br />

Krankenkassen abgeschlossen wird. So ist es auch für <strong>2007</strong> geschehen.<br />

Mit diesem Heft möchten wir Sie ausführlich zu den Vereinbarungen<br />

informieren.<br />

Der Ratgeber soll auch dazu beitragen, Sie vor Regressen zu bewahren.<br />

Hierfür ist es notwendig, Einblick in die einzelnen Prüfmethoden zu geben.<br />

Denn nur wenn klar ist, auf welcher Gr<strong>und</strong>lage Regresse erfolgen,<br />

können Sie im Zweifel auch adäquat argumentieren. Das Prüfgeschäft<br />

läuft nach festen Regeln. Unser Interesse ist, dass so wenige Kolleginnen<br />

<strong>und</strong> Kollegen wie möglich in Prüfverfahren geraten. Deswegen versuchen<br />

wir zum Beispiel Verträge so zu gestalten, dass sie einen sicheren<br />

Schutz für wirtschaftlich verordnende Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzte bieten.<br />

Wir haben beispielsweise die <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung 2006 mit den<br />

Me-too- <strong>und</strong> Generikaquoten fortgeschrieben, damit nicht die Regelungen<br />

des <strong>Arznei</strong>mittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetztes, kurz<br />

AVWG, zum Tragen kommen. Im Bereich der KV Nordrhein wird es demnach<br />

keine komplizierten Tagestherapiekosten-Vorschriften geben. Und<br />

mit unserer Vereinbarung sind die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen vor Regressen<br />

geschützt, die ihr Richtgrößenvolumen einhalten.<br />

Deshalb möchten wir auch ausdrücklich vor den Anwälten <strong>und</strong> Firmen<br />

warnen, die sich im letzten Jahr damit gebrüstet haben, für die Ärztinnen<br />

<strong>und</strong> Ärzte die Me-too- <strong>und</strong> Generikaregelungen zu beklagen. Denn<br />

sie erweisen Ihnen eigentlich einen Bärendienst: sollten sie die Vereinbarung<br />

tatsächlich kippen, gilt das AVWG - <strong>und</strong> es gäbe keinen Regress-<br />

Schutz mehr für diejenigen Ärzte, die beispielsweise ihre Richtgrößen<br />

einhalten. Erfreulicherweise sind jedoch auch die Gerichte von unserer<br />

Vereinbarung überzeugt, so dass prozessualen Auseinandersetzungen in<br />

der zweiten Instanz <strong>und</strong> seither auch in der ersten Instanz überwiegend<br />

zugunsten der KV Nordrhein beschieden wurden.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

3


Liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, wir kommen nicht umhin, jede Sparreserve<br />

im <strong>Arznei</strong>mittelbereich zu mobilisieren. Denn es ist eine Mär zu<br />

glauben, die <strong>Arznei</strong>mittelausgaben seien unabhängig von der Gesamtvergütung:<br />

Jeder Euro, der bei den <strong>Arznei</strong>mittelausgaben zu viel ausgegeben<br />

wird, fehlt letztlich beim ärztlichen Honorar. Deshalb sollten wir<br />

unseren Weg weiter gehen <strong>und</strong> konsequent wirtschaftlich verordnen.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Dr. Leonhard Hansen<br />

Vorsitzender<br />

Dr. Klaus Enderer<br />

Stellv. Vorsitzender<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

4


I Wirtschaftlichkeit rechnet sich<br />

Die seit Jahren steigenden Ausgaben im <strong>Arznei</strong>mittelbereich<br />

belasten zumindest mittelbar die ärztliche Gesamtvergütung. Die<br />

Mechanik ist banal: Jeder Euro kann eben nur einmal ausgegeben<br />

werden. Um Regresse <strong>und</strong> eine kollektive Haftung mit dem Honorar<br />

zu verhindern, müssen Wirtschaftlichkeitsreserven im <strong>Arznei</strong>mittelbereich<br />

gehoben werden - ohne dass die Qualität der Therapie<br />

leidet. Mit der nordrheinischen <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung 2006 ist<br />

das gelungen: sowohl im Bereich der Generika als auch bei den so<br />

genannten Me-too-Präparaten. Diesen Weg wollen wir weiter<br />

gehen. Um die erzielten Effekte zu verstetigen, rücken weitere<br />

Bereiche mit Wirtschaftlichkeitsreserven in den Fokus.<br />

Die deutlichen Ausgabensteigerungen führen nicht nur dazu, dass von<br />

Seiten der Krankenkassen verstärkt Verordnungen geprüft <strong>und</strong> Regressanträge<br />

gestellt werden, auch die Honorarsituation wird in dieser Situation<br />

immer schwieriger. Ist das Geld erst in den <strong>Arznei</strong>mittelsektor<br />

geflossen, steht es nicht mehr bereit für beispielsweise <strong>extra</strong>budgetäre<br />

Sonderverträge. Unnötige Umsatzsteigerungen bei <strong>Arznei</strong>mitteln müssen<br />

deshalb eingedämmt werden <strong>und</strong> das nach dem Motto: Nicht am, sondern<br />

mit Medikamenten sparen.<br />

EURO<br />

2.900,0<br />

2.700,0<br />

2.500,0<br />

2.300,0<br />

2.100,0<br />

1.900,0<br />

1.700,0<br />

2.317,7<br />

1.768,0<br />

tatsächliche Ausgaben 1997 - 05 / <strong>Arznei</strong>mittel<br />

2.319,9<br />

1.807,2<br />

2.345,9<br />

2.043,7<br />

2.303,5<br />

2.231,9<br />

2.421,9<br />

2.309,6<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

5<br />

2.536,9 2.551,8<br />

2.330,3<br />

2.362,2<br />

2.348,6<br />

2.306,4<br />

2.726,1<br />

2.310,5<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />

Jahr<br />

<strong>Arznei</strong>mittel (in Tsd. EURO) Vergütung (punktbewertete Leistungen)


Was ist wirtschaftlich?<br />

Die Verordnung von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmitteln zu Lasten der gesetzlichen<br />

Krankenkassen unterliegt zahlreichen Regelungen. Die wichtigste ist das<br />

Wirtschaftlichkeitsgebot. Diesem Gebot genügt eine <strong>Arznei</strong>- oder Heilmitteltherapie,<br />

wenn die Verordnung ausreichend, zweckmäßig <strong>und</strong><br />

wirtschaftlich ist <strong>und</strong> das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. So<br />

zumindest definiert § 12 Abs. 1 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V)<br />

die Wirtschaftlichkeit.<br />

Die Adjektive „ausreichend, zweckmäßig“ <strong>und</strong> „wirtschaftlich“ sind vom<br />

Gesetzgeber <strong>und</strong> Gerichten näher definiert worden. Eine Leistung gilt<br />

demnach als ausreichend, wenn sie nach Umfang <strong>und</strong> Qualität hinreichende<br />

Chancen für eine Heilung bietet <strong>und</strong> einen Mindeststandard<br />

garantiert. Zweckmäßig ist eine Leistung, die zur Herbeiführung des<br />

Heilerfolgs geeignet <strong>und</strong> hinreichend wirksam ist. Als notwendig gelten<br />

Leistungen, die unentbehrlich, unvermeidlich oder unverzichtbar sind.<br />

Als wirtschaftlich im Sinne des SGB V wird eine Leistung angesehen,<br />

wenn die gewählte Therapie im Vergleich zu anderen ein günstiges<br />

Verhältnis von Kosten <strong>und</strong> Nutzen aufweist. Die Kosten bei <strong>Arznei</strong>mitteln<br />

sind folglich definiert als der Preis des Medikaments beziehungsweise<br />

die <strong>Arznei</strong>mittelkosten pro Zeiteinheit (Tagestherapiekosten).<br />

Welche Regelungen sind zu beachten?<br />

Die größte Bedeutung für eine Praxis haben die <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung<br />

mit den dazugehörenden Zielvereinbarungen im Bereich Me-too<br />

<strong>und</strong> Generika <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeitsprüfungen wie zum Beispiel Prüfungen<br />

nach Durchschnittswerten oder Richtgrößenprüfungen. Dabei<br />

ersetzen die Me-too <strong>und</strong> Generikaquoten leider die Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

nicht, sondern die Zielvereinbarungen sind vom Gesetzgeber<br />

als weitere Maßnahme zur Kostensenkung gedacht.�<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

6


II Ausgabenvolumen<br />

<strong>und</strong> Zielvereinbarungen<br />

Alle Jahre wieder sind Vereinbarungen zwischen Krankenkassen <strong>und</strong><br />

Kassenärztlicher Vereinigung abzuschließen, die die Obergrenze der<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittelausgaben festlegen. So sieht es das Sozialgesetzbuch<br />

V vor. Gr<strong>und</strong>lage dieser Vereinbarungen sind jeweils B<strong>und</strong>esvorgaben,<br />

die zwischen der Kassenärztlichen B<strong>und</strong>esvereinigung<br />

<strong>und</strong> den Spitzenverbänden der Krankenkassen abgeschlossen wurden.<br />

So ist es auch für <strong>2007</strong> geschehen.<br />

Für <strong>Arznei</strong>mittel stehen in Nordrhein im Jahr <strong>2007</strong> r<strong>und</strong> 2,787 Milliarden<br />

Euro zur Verfügung, r<strong>und</strong> 107 Millionen mehr als im Vorjahr.<br />

Die Me-too-Liste <strong>und</strong> die fachgruppenspezifischen Zielvorgaben für<br />

Me-too-Präparate <strong>und</strong> Generika gibt es auch <strong>2007</strong>, im Wesentlichen<br />

unverändert. Sollten die tatsächlichen <strong>Arznei</strong>mittelausgaben 2006 um<br />

weniger als vier Prozent steigen <strong>und</strong> das Ausgabenvolumen <strong>2007</strong> eingehalten<br />

werden, gibt es einen Bonus.<br />

Die Zielwerte entsprechen den Vorjahreswerten. Neu ist die Me-too-<br />

Quote für Nervenärzte (13,8 Prozent), die Quote der Augenärzte wurde<br />

gesenkt (auf 3,89 Prozent). Die Werte entsprechen dem Durchschnitt der<br />

Me-too-Verordnungen der beiden Gruppen im 1. Quartal 2006. Die<br />

Me-too-Liste wird für <strong>2007</strong> aktualisiert. Sie kann über unsere Homepage<br />

(www.kvno.de) oder den Faxabruf 0211 5970 7532 abgerufen werden.<br />

Wie im Jahr 2006 sind diese Zielwerte auch nur für diejenigen Verordner<br />

"scharf", die ihr persönliches Richtgrößenvolumen überschreiten. Ein<br />

Honorarabzug in Höhe von bis zu vier Prozent aufgr<strong>und</strong> der Vereinbarung<br />

droht demnach nur dann, wenn erstens ein Arzt sein Richtgrößenvolumen<br />

überschreitet <strong>und</strong> zweitens einer der Zielwerte bei Generika<br />

oder Me-too-Präparaten nicht erreicht wird.<br />

Dabei ist es in diesem Jahr irrelevant, ob das Ausgabenvolumen <strong>2007</strong><br />

überschritten wird. Sobald das Richtgrößenvolumen einer Praxis überschritten<br />

worden ist, folgt ein Honorarabzug, wenn entweder zu viele<br />

Me-too-Präparate oder zu wenige Generika verordnet wurden. Neu ist<br />

auch, dass es einen Bonus für wirtschaftlich verordnende Ärzte gibt,<br />

wenn im Jahr <strong>2007</strong> weniger als im Vorjahr zuzüglich eines<br />

4-prozentigen Aufschlags ausgegeben wird. Wenn die Ausgaben 2006<br />

sich beispielsweise auf 2,65 Milliarden Euro summieren <strong>und</strong> sie im<br />

kommenden Jahr auf gleichem Niveau landen, dann werden etwa 47<br />

Millionen Euro an die Ärzte im Rheinland ausgeschüttet.<br />

Fazit: Die Vereinbarung schützt all diejenigen Praxen vor Regressen, die<br />

unterhalb ihres Richtgrößenvolumens liegen. Diesen Schutz gibt es nicht<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

7


in allen Regionen. Denn mit dem <strong>Arznei</strong>mittelversorgungs-<br />

Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) gilt eine Bonus-Malus-Regelung, die<br />

alle Praxen trifft – auch viele wirtschaftlich verordnende. Diese Regelung<br />

kann durch regionale Vereinbarungen außer Kraft gesetzt werden.<br />

Das ist in Nordrhein gelungen.<br />

Mindest-Generikaquote <strong>2007</strong><br />

Fachgruppe Quote (in Prozent)<br />

Allgemeinmediziner 79,0<br />

Anästhesisten 76,8<br />

Augenärzte 80,4<br />

Chirurgen 69,6<br />

Gynäkologen 80,8<br />

HNO-Ärzte 87,9<br />

Hautärzte 75,9<br />

Internisten 78,4<br />

Kinderärzte 79,3<br />

Nervenärzte 73,1<br />

Orthopäden 79,4<br />

Urologen 80,7<br />

Me-too-Grenze <strong>2007</strong><br />

Fachgruppe Quote (in Prozent)<br />

Allgemeinmediziner 8,0<br />

Augenärzte 3,9<br />

HNO-Ärzte 5,4<br />

Hautärzte 4,2<br />

Internisten 7,7<br />

Kinderärzte 1,0<br />

Nervenärzte 13,8<br />

Urologen 10,7<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

8


Was sind Me-too-Präparate bzw.<br />

patentgeschützte Analogpräparate?<br />

Als patentgeschützte Analogpräparate (Me-too-Präparate) werden alle<br />

<strong>Arznei</strong>mittel bezeichnet, für die Patentschutz in irgendeiner Form ( z.B.<br />

Wirkstoff-, Herstellungs-, Verwertungs-, Unterlagenschutz usw.) besteht<br />

<strong>und</strong> für die keine Generika mit gleichartigen Wirkstoffen verfügbar sind.<br />

Weitere Voraussetzung ist, dass diese basierend auf der Methode von<br />

Fricke <strong>und</strong> Klaus als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen<br />

Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden.<br />

Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Aufnahme in die vorliegende<br />

Aufstellung, dass der Patentschutz am 01. November 2006 noch nicht<br />

abgelaufen war, die <strong>Arznei</strong>mittel am 01. November 2006 im Handel<br />

waren, dass im Zeitraum Januar bis Juni 2006 b<strong>und</strong>esweit mindestens<br />

500 Verordnungen nach den Daten der GKV-<strong>Arznei</strong>mittel-<br />

Schnellinformation ( GAmSI) erreicht wurden <strong>und</strong> dass ein pharmakologisch-therapeutisch<br />

vergleichbares <strong>Arznei</strong>mittel für die Hauptindikation<br />

mit günstigeren Tagestherapiekosten für die verordnungshäufigste Packungsgröße<br />

als Substitution verfügbar war. Eine aktuelle Me-too-Liste<br />

kann abgerufen werden unter www.kvno.de oder im Faxabruf unter<br />

0211/5970-7532<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

9


Was heißt das genau?<br />

Der Begriff Analogpräparat (Synonyme: Me-Too-Präparat, Scheininnovation)<br />

wird seit 1982 von den beiden Kölner Pharmakologen Fricke <strong>und</strong><br />

Klaus zur Bewertung von <strong>Arznei</strong>mitteln verwendet, die einen neuen<br />

Wirkstoff enthalten <strong>und</strong> erstmals auf dem deutschen <strong>Arznei</strong>mittelmarkt<br />

eingeführt wurden. Die Klassifikation geht primär von pharmakologischen<br />

Kriterien aus, legt aber das Hauptgewicht auf den angestrebten<br />

therapeutischen Effekt von <strong>Arznei</strong>mitteln. Zur Bewertung des Innovationsgrades<br />

von <strong>Arznei</strong>mitteln wurde seitdem das folgende Klassifikationsschema<br />

zugr<strong>und</strong>egelegt:<br />

A. Innovative Struktur oder neuartiges Wirkprinzip mit therapeutischer<br />

Relevanz<br />

B. Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer<br />

Eigenschaften bereits bekannter Wirkprinzipien<br />

C. Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschieden<br />

zu bereits eingeführten Präparaten<br />

D. Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend<br />

gesichertes Therapieprinzip.<br />

Diese bewertende Klassifikation wird seit 1982 unverändert verwendet<br />

<strong>und</strong> weist damit eine bemerkenswerte Kontinuität über einen Zeitraum<br />

von 25 Jahren auf. Bis auf wenige Einzelfälle haben sich die ursprünglichen<br />

Bewertungen neuer <strong>Arznei</strong>mittel als korrekt erwiesen <strong>und</strong> mussten<br />

nicht durch spätere Studienergebnisse überarbeitet werden.<br />

Analogpräparate sind chemische Innovationen mit pharmakologisch<br />

vergleichbaren Wirkungen ohne indikationsspezifische therapeutische<br />

Vorteile. Derartige neue Substanzen sind patentfähig <strong>und</strong> ermöglichen<br />

dem Erfinder in großen Indikationsgruppen einen profitablen Marktanteil.<br />

Produkte mit solchen Molekülvariationen werden wegen ihrer Ähnlichkeit<br />

zu bereits eingeführten Wirkstoffen in den angelsächsischen<br />

Ländern auch als „Me-too-Präparate“ bezeichnet. In vielen Ländern mit<br />

einer produktiven pharmazeutischen Industrie besteht ein großer Teil<br />

der jährlich neu eingeführten Wirkstoffe aus solchen Analogsubstanzen.<br />

So wurden in den USA von 1989 bis 1993 insgesamt 127 <strong>Arznei</strong>mittel<br />

mit neuen Molekülstrukturen zugelassen, von denen jedoch nur eine<br />

kleine Minderheit klare Vorteile gegenüber bestehenden Therapieprinzipien<br />

hatte.<br />

Die Dominanz der Analogpräparate hat dazu geführt, dass sich eine<br />

hoch kompetitive Marktsituation für <strong>Arznei</strong>mittel entwickelt hat. Pharmazeutische<br />

Unternehmen führen deshalb aggressive Werbekampagnen,<br />

um ihre Produkte gegenüber denen der Wettbewerber zu profilieren,<br />

selbst wenn die Produkte im Gr<strong>und</strong>e genommen nicht zu unterscheiden<br />

sind. Das geschieht in vielen therapeutisch bedeutsamen <strong>Arznei</strong>mittelklassen<br />

wie z. B. Magenulkustherapeutika, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten,<br />

selektiven Serotoninrückaufnahmeinhibitoren <strong>und</strong> nichtsteroidalen<br />

Antiphlogistika.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

10


Analogpräparate werden ausschließlich über den therapeutischen Nutzen<br />

im Vergleich zu bereits am Markt vorhandenen <strong>Arznei</strong>mitteln aber<br />

nicht über den Preis definiert. Analogpräparate können mit einem identischen<br />

Preis, einem geringeren Preis oder einem höheren Preis als das<br />

innovative Erstprodukt einer <strong>Arznei</strong>mittelgruppe auf den Markt gebracht<br />

werden. Analogpräparate sind also keineswegs immer teurer als bereits<br />

am Markt vorhandene <strong>Arznei</strong>mittel, sondern können sogar dazu beitragen,<br />

Wirtschaftlichkeitsreserven bei den <strong>Arznei</strong>mittelausgaben zu mobilisieren.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wird in der Zielvereinbarung (§ 4 Absatz 2, Ziffer 2)<br />

der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein<br />

<strong>und</strong> den nordrheinischen Krankenkassen über das <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Verbandmittelausgabevolumen<br />

für das Kalenderjahr <strong>2007</strong> kein generelles Verbot<br />

der Verordnung von Me-too-Präparaten (Analogpräparaten) ausgesprochen.<br />

Die entsprechende Ziffer der Zielvereinbarung lautet:<br />

2. Me-too-Präparate<br />

Einhaltung oder Unterschreitung des durch den jeweiligen Vertragsarzt<br />

verursachten arztgruppenbezogenen Verordnungsanteils<br />

(Zielwert) des Bruttoumsatzes der Me-Too-Präparate ohne<br />

relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren<br />

Kosten, am Gesamtmarkt für das Kalenderjahr <strong>2007</strong><br />

Die nachgestellte Hervorhebung „aber mit höheren Kosten“ bringt deutlich<br />

zum Ausdruck, dass nur die Verordnung von teureren Analogpräparaten<br />

reduziert werden soll. Welche Präparate das sind, definiert die so<br />

genannte „Me-too“-Liste. Keinesfalls reduziert werden muss die Verordnung<br />

anderer Analogpräparate, die genauso viel wie andere am Markt<br />

vertretene <strong>Arznei</strong>mittel kosten oder sogar billiger sind. Mit der Beschränkung<br />

der Vereinbarung auf Analogpräparate mit höheren Kosten<br />

wird auch unmissverständlich ausgeschlossen, dass die Verordnung von<br />

Analogpräparaten mit geringeren Verordnungskosten reduziert werden<br />

soll.<br />

Wieso ist die Me-too-Liste im März 2006 um die Hälfte der<br />

Präparate reduziert worden?<br />

Die Liste berücksichtigte anfänglich nicht den Preis einen <strong>Arznei</strong>mittels.<br />

Es wurde lediglich benannt, bei welchen Präparaten es sich um so genannte<br />

Me-too-Präparate handelt. Die Vereinbarung sieht jedoch vor,<br />

dass nur diejenigen Me-too-Präparate in der Verordnung eingeschränkt<br />

werden sollen, die teurer sind als bewährte Mittel. Zahlreiche Nachfragen<br />

zeigten, dass nicht klar war, welche Me-too-Präparate das sind. So<br />

wurde Mitte März die Liste um diejenigen Präparate bereinigt, die zwar<br />

so genannte Nachahmerpräparate sind, kostenmäßig aufgr<strong>und</strong> der<br />

Preiswürdigkeit jedoch nicht unter unsere Me-too-Regelung fallen.<br />

Dürfen überhaupt keine Me-too-Präparate mehr aufgeschrieben<br />

werden?<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

11


In Nordhrein kann nach wie vor das gesamte Spektrum der zugelassenen<br />

<strong>Arznei</strong>mittel verordnet werden. Die Therapiefreiheit bleibt somit gesichert.<br />

Selbst die so genannten Me-too-Präparate können rezeptiert<br />

werden – allerdings nicht unbegrenzt. Denn die Vereinbarung fixiert für<br />

einige Fachgruppen Grenzwerte in diesem Bereich. Im Umkehrschluss<br />

heißt das: Nicht alle Me-too-Präparate müssen umgestellt werden.<br />

Denn es gibt immer Fälle, in denen eine Umstellung auf eine pharmakologisch-therapeutische<br />

Wirkstoffalternative nicht möglich oder sinnvoll<br />

ist, zum Beispiel aufgr<strong>und</strong> der dann fehlenden Compliance des Patienten.<br />

Deshalb liegt die Me-too-Grenze auch nicht bei Null, sondern zum Beispiel<br />

bei den Allgemeinärzten bei 8 Prozent. Mit anderen Worten: Acht<br />

Prozent aller Verordnungen dürfen so genannte Me-too-Präparate sein.<br />

Der Wert bezieht sich auf den Bruttogesamtumsatz, das heißt auf alle<br />

verordneten Präparate. Dennoch sollte sich bei jeder Verordnung der<br />

Präparate der Liste immer wieder die Frage gestellt werden, inwiefern<br />

die von den Herstellern behaupteten Vorteile therapeutisch bedeutsam<br />

sind.<br />

Was bedeutet „Generikaquote bezogen auf den generikafähigen<br />

Markt?<br />

Das bedeutet, dass bei der Betrachtung der Generikaquote nur die <strong>Arznei</strong>mittel<br />

berücksichtigt werden können, die tatsächlich auch umgestellt<br />

werden können. Verordnet beispielsweise ein Arzt lediglich patentgeschützte<br />

<strong>Arznei</strong>mittel, so hat er gar keine Möglichkeit, diese umzustellen.<br />

Sie spielen deshalb für die Quote keine Rolle. Es wird nur der Teil<br />

seiner Verordnungen betrachtet, der tatsächlich patentfrei ist.<br />

Vereinfacht dargestellt bedeutet dies für einen Arzt, der beispielsweise<br />

nur Nifedipin verordnet <strong>und</strong> 20% davon generisch, den Rest als Alt-<br />

Originalpräparate, dass seine Generikaquote bei 20% liegt – egal, ob er<br />

gleichzeitig noch Interferone oder TNF-alpha-Inhibitoren verordnet.<br />

Denn diese stehen noch unter Patentschutz <strong>und</strong> belasten die Quote<br />

deshalb nicht.<br />

Wichtig: Nicht alle Original-Präparate müssen umgestellt werden. Es<br />

gibt immer Fälle, in denen dies nicht möglich oder sinnvoll ist. Die Sparbemühungen<br />

konterkarieren würde beispielsweise die Umstellung eines<br />

Originals, wenn dieses preisgünstiger ist als die Nachahmerpräparate.<br />

Bitte verordnen Sie in einem solchen Fall weiter das billigere Original.<br />

Die <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung gibt dafür ausreichend Raum: Die Generikaquote<br />

liegt in keiner Fachgruppe bei 100 Prozent.<br />

Wie können Sie erfahren, ob ein Präparat generisch ist?<br />

Mit der GKV-Schnellinformation (GAmSi) erhalten Sie eine Übersicht der<br />

verordnungsstärksten generikafähigen Wirkstoffe. Darin ist aufgelistet,<br />

ob Sie die Wirkstoffe als Generikum oder Originalpräparat verordnet<br />

haben. Re-Importe zählen übrigens nicht zu den Generika, sondern werden<br />

als Originalpräparat gewertet.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

12


Was ist mit den Zielen, wenn ich im Jahr <strong>2007</strong> mein Richtgrößenvolumen<br />

einhalte?<br />

Liegt Ihre Praxis mit den <strong>Arznei</strong>mittelkosten im gesamten Jahr <strong>2007</strong> unterhalb<br />

der Richtgrößen, spielen die vereinbarten Zielwerte für Sie keine Rolle.<br />

Was ist mit Praxisbesonderheiten?<br />

Allein die Tatsache, dass die Richtgrößen überschritten wurden, stellt die<br />

individuellen Ziele „scharf“. Bei der Betrachtung der Richtgrößenüberschreitung<br />

spielen Praxisbesonderheiten keine Rolle. Egal, ob die Richtgrößen<br />

aufgr<strong>und</strong> von Praxisbesonderheiten überschritten wurden oder nicht,<br />

die Ziele sind für diese Praxis verbindlich. Das heißt aber nicht, dass es<br />

prinzipiell keine Praxisbesonderheiten mehr gibt. Im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />

nach zum Beispiel Richtgrößen spielen sie selbstverständlich<br />

noch eine Rolle.<br />

Wenn das Richtgrößenvolumen der Praxis überschritten wurde,<br />

reicht es dann, wenn nur ein Ziel erreicht wird?<br />

Nein, wenn Sie in Ihrer Praxis das Richtgrößenvolumen überschreiten, dann<br />

müssen Sie beide Ziele erreichen, um eine Honorarkürzung zu vermeiden.<br />

Sprich: Sie müssten einerseits mindestens so viele Generika verordnen, wie<br />

die Generikaquote vorsieht <strong>und</strong> andererseits weniger Analogpräparate rezeptieren<br />

als die Me-too-Quote gestattet.<br />

Was ist, wenn ein Me-too-Präparat generisch verfügbar wird?<br />

Sobald bei einem Präparat der Patentschutz abläuft, wird es nicht mehr als<br />

Me-too-Präparat gewertet. Sie spielen keine<br />

Rolle bei der Me-Too-Quote, jedoch nunmehr bei der Generikaquote.<br />

Ist die Auflistung der Me-too-Präparate abschließend?<br />

Ja, aber die Liste wird regelmäßig überarbeitet.<br />

Wie viele Firmen haben geklagt <strong>und</strong> welche Folgen hat das für<br />

den verordnenden Arzt?<br />

Es gibt insgesamt zwei<strong>und</strong>zwanzig Pharmafirmen, die Anträge auf Erlass<br />

einer einstweiligen Verfügung gestellt haben. Auf vier dieser Anträge hin<br />

haben die Sozialgerichte München <strong>und</strong> Düsseldorf für die Firmen entschieden,<br />

wobei das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zwei dieser<br />

Entschlüsse mittlerweile aufgehoben hat <strong>und</strong> die Sozialgerichte der vom<br />

LSG vorgegebenen Rechtssprechnung folgen. 16 Verfahren hat die KV<br />

Nordrhein gewonnen, zwei Anträge wurden zurückgezogen, ein Verfahren<br />

ist noch nicht entschieden.<br />

Da die Liste somit bleibt wie sie ist, haben die Verfahren auch keine Auswirkung<br />

für die Verordnung der gelisteten Präparate. Die Quote muss weiterhin<br />

eingehalten werden, vorausgesetzt, dass Richtgrößenvolumen der<br />

Praxis wurde überschritten. Die Rechtsstreitigkeiten verzögern indessen den<br />

Versand der GKV-<strong>Arznei</strong>mittel-Schnellinformation (GAmSi) an die Praxen in<br />

Nordrhein. Denn die Information nimmt auch Bezug auf die Me-too-Liste<br />

Solange Verfahren anhängig sind, kann die KV Nordrhein die Schnellinformation<br />

nicht versenden.�<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

13


III Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

Mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetztes (GMG) im Jahr<br />

2004 stellt die Richtgrößenprüfung nunmehr die Regelprüfmethode<br />

zur Verordnungsprüfung dar. Allein gesehen keine Neuigkeit, jedoch<br />

hat gleichzeitig der Gesetzgeber auch im Sinne der Krankenkassen<br />

vorgesehen, festgesetzte Richtgrößenregresse von der Gesamtvergütung<br />

abzuziehen, verpflichtet aber gleichzeitig die Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen , die Regressforderungen in teilweise Existenz bedrohender<br />

Höhe bei den betroffenen Praxen einzutreiben.<br />

Dabei läuft die Richtgrößenprüfung - wie alle anderen Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

auch - zusätzlich zu den Zielvereinbarungen. Für<br />

eine Praxis bedeutet dies, dass sie beispielsweise bei Überschreitung<br />

der Richtgrößen einerseits die Me-too-Quote <strong>und</strong> den Generikazielwert<br />

einhalten muss, andererseits jedoch auch mit einer Richtgrößenprüfung<br />

rechnen muss. Wirtschaftlichkeitsprüfungen finden<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich durch die Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschüsse statt.<br />

In den Ausschüssen sind jeweils ärztliche Vertreter sowie Vertreter der<br />

Kassenseite in gleicher Zahl vertreten.<br />

Diese werden von einem unparteiischen Vorsitzenden geleitet. Die Prüfungs-<br />

<strong>und</strong> Beschwerdeausschüsse haben eine gemeinsame Geschäftsstelle,<br />

die ihren Sitz in Düsseldorf hat. Sie wird von Britta Hettkamp-<br />

Kraft geleitet. Unabhängige Vorsitzende des Prüfungsausschusses sind<br />

Norbert Fischer <strong>und</strong> Dr. Nikolaus Wendling. Fischer war vorher für den<br />

Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) tätig.<br />

Wendling ist ehemaliger Vertragsarzt <strong>und</strong> ehemaliges Mitglied des Vorstandes<br />

der KV Nordrhein. Beide haben ihre hauptberufliche Tätigkeit<br />

aufgegeben. Dem Beschwerdeausschuss stehen zwei Juristen vor: Dr.<br />

Peter Backes <strong>und</strong> Dr. Christof Wellens. Die Finanzierung der Geschäftsstelle<br />

erfolgt paritätisch durch die nordrheinischen Krankenkassen <strong>und</strong><br />

die KV Nordrhein. �<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

14


III.1 Ablauf der Prüfverfahren<br />

Das fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) regelt die Wirtschaftlichkeitsprüfung.<br />

Gemeinsam <strong>und</strong> einheitlich müssen demnach KV <strong>und</strong> Krankenkassen<br />

die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit festlegen.<br />

Dies geschieht in der Prüfvereinbarung.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich enthält eine Prüfvereinbarung Vorschriften für das Verfahren,<br />

Regelungen über die Antragsstellung, Antragsfristen, Anhörung<br />

der Beteiligten, Durchführung des Verwaltungs- <strong>und</strong> Widerspruchverfahrens<br />

sowie Ausschluss- <strong>und</strong> Verjährungsfristen. Im Falle eines Prüfverfahrens<br />

sollten Sie sich mit der aktuell für das betroffene Prüfjahr<br />

geltenden Prüfvereinbarung vertraut machen.<br />

In jüngster Zeit wird bei Richtgrößenverfahren <strong>und</strong> Durchschnittswertprüfungen<br />

im <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittelbereich kaum mehr auf Antrag,<br />

sondern „von Amts wegen“ geprüft. Das heißt, dass zum Beispiel der<br />

Prüfungsausschuss automatisch verpflichtet ist, eine Prüfung bei<br />

Überschreitung der Richtgrößen einzuleiten. Selbst wenn an den<br />

Prüfungsausschuss Praxisbesonderheiten gemeldet wurden, kann ein<br />

Prüfverfahren starten. Denn in der Regel fehlen in den Meldungen<br />

Angaben über die tatsächlich entstandenen Kosten.<br />

Die Geschäftsstelle des Ausschusses informiert den betroffenen Arzt,<br />

wenn er ein Verfahren einleitet. Gleichzeitig wird der Arzt aufgefordert,<br />

eine Stellungnahme abzugeben. Die Stellungnahme ist zwar rechtlich<br />

nicht erforderlich,<br />

tatsächlich aber unverzichtbar (Mitwirkungspflicht zur Sachverhaltsaufklärung).<br />

Denn die Prüfgremien kennen die Praxis des geprüften Arztes<br />

nicht. Sie begutachten lediglich Verordnungsdaten, diese geben aber nur<br />

eingeschränkt Auskunft etwa über die Patientenstruktur.<br />

Zudem liegen nicht alle Verordnungsdaten vor. Bei der Durchschnittswertprüfung<br />

beispielsweise müssen nur mindestens 75 Prozent der<br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden Verordnungskosten als Verordnungsdaten vorgelegt<br />

werden. Dies regelt die Prüfvereinbarung. Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass nach der<br />

Erfassung der Rezepte durch die Kassen diese in unterschiedlicher Weise<br />

weiterverarbeitet werden <strong>und</strong> nicht mehr vollständig zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Dieser Umstand kann indes nicht beanstandet werden. Denn die Prüfung<br />

ist keine Einzelfallprüfung, sondern ein so genannter statistischer<br />

Kostenvergleich, der zunächst ausschließlich auf den statistischen<br />

Auffälligkeiten beruht. Für den Einblick in die tatsächliche Struktur einer<br />

Praxis ist die Stellungnahme des verordnenden Arztes deshalb wichtig.<br />

Wichtig ist, dass sich die Aussagen in der Stellungnahme einfach überprüfen<br />

<strong>und</strong> nachvollziehen lassen. Als Gr<strong>und</strong>satz für die Stellungnahme<br />

gilt: keine Behauptungen ohne Begründung aufstellen. Angaben wie<br />

„viele Diabetiker“ können die Ausschüsse nicht zu Ihren Gunsten werten.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

15


Verwertbare Angaben müssen ein besonderes Patientengut <strong>und</strong> die dadurch<br />

entstandenen besonderen Kosten klar aufführen. Auf Übersichtlichkeit<br />

der Unterlagen <strong>und</strong> eine strukturierte Darstellung sollte geachtet<br />

werden. Seitenlange Namenslisten sind selten geeignet. Wichtig ist<br />

eine Struktur, die den Mitgliedern der Prüfgremien aufzeigt, inwieweit<br />

sie Praxisbesonderheiten berücksichtigen können. �<br />

Tipps für die Stellungnahme<br />

� Fristen nicht versäumen. Wenn nötig Fristverlängerung zur<br />

Stellungnahme beantragen<br />

� Kritik an Politik, Prüfgremien, Prüfverfahren unterlassen. Sie ist an<br />

dieser Stelle wenig hilfreich<br />

� Stellungnahme gliedern <strong>und</strong> strukturieren, je übersichtlicher desto<br />

überzeugender<br />

� Bei Richtgrößenprüfungen: Ist jeweils der Zeitraum eines<br />

Kalenderjahres betrachtet worden?<br />

� Bei Durchschnittswertprüfungen: Wurde auf der Basis der<br />

richtigen Fachuntergruppe geprüft?<br />

� Nur begründete Aussagen. Zum Beispiel 50 onkologische Fälle in<br />

beigefügter Liste mit Namen, Krankenkasse, aktueller Diagnose,<br />

Verordnungen <strong>und</strong> deren Kosten<br />

� Keine allgemeinen Behauptungen wie „viele onkologische Fälle“<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

16


III.2 Vier Prüfungsarten<br />

Dieses Heft beschäftigt sich mit den Bereichen <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel<br />

sowie Sprechst<strong>und</strong>enbedarf. Die Prüfungen bei <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong><br />

Heilmitteln laufen überwiegend gleichartig ab. Bei den Heilmitteln<br />

konnten die nordrheinischen Krankenkassen in der Vergangenheit<br />

jedoch keine geeigneten Daten für eine Richtgrößen- oder Durchschnittswertprüfung<br />

liefern. Dies ist seit dem Jahr 2005 jedoch anders.<br />

Für dieses Jahr sind bereits Durchschnittswertprüfungen angelaufen.<br />

Für die Verordnungskosten 2006 finden die Prüfungen<br />

nach Richtgrößen statt, denn seitdem gibt es Richtgrößen auch im<br />

Heilmittelbereich. Bei den <strong>Arznei</strong>mitteln finden seit 2005 neben<br />

Prüfungen in besonderen Fällen ausschließlich Richtgrößenprüfungen<br />

statt.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt bei allen Prüfarten: Beratung vor Regress. Der Prüfungsausschuss<br />

prüft vorrangig, ob eine gezielte individuelle Beratung<br />

ausreichend ist. Vorausgesetzt, die festgestellte Unwirtschaftlichkeit ist<br />

nicht besonders hoch, so dass eine Beratung noch angemessen erscheint.�<br />

Wann wird wie geprüft?<br />

Kalenderjahr Durchschnittswertprüfung,<br />

quartalsweise<br />

Richtgrößenprüfung,<br />

jahresweise<br />

2005 Heilmittel, Sprechst<strong>und</strong>enbedarf <strong>Arznei</strong>mittel<br />

2006 Sprechst<strong>und</strong>enbedarf <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel<br />

<strong>2007</strong> Sprechst<strong>und</strong>enbedarf <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

17


III.2.1 Durchschnittswertprüfung<br />

Die Prüfung nach Durchschnittswerten (§ 13 der Prüfvereinbarung)<br />

basiert auf einer Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten<br />

des geprüften Arztes mit der Gruppe der vergleichbaren Ärzte.<br />

Die Gr<strong>und</strong>sätze hierfür hat das B<strong>und</strong>essozialgericht entwickelt.<br />

Prüfungen nach Durchschnittswerten beziehen sich immer auf den<br />

Zeitraum eines Quartals. In Nordrhein werden nur die Heilmittelkosten<br />

nach Durchschnittswerten geprüft, nicht die <strong>Arznei</strong>mittelkosten.<br />

Wobei bei Heilmitteln auch nur die Quartale 2-4/2005 betroffen<br />

sind. Auch der Sprechst<strong>und</strong>enbedarf wird teilweise nach Durchschnittswerten<br />

geprüft, diesem Thema ist jedoch ein <strong>extra</strong> Kapitel<br />

gewidmet.<br />

Wie <strong>und</strong> wann wird geprüft?<br />

Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Heilmittelverordnungstätigkeit nach<br />

Durchschnittswerten erfolgt in der Regel auf Antrag. Die Vertragspartner<br />

(KV <strong>und</strong> Krankenkassen) wählen aus, wer in die Prüfung kommt.<br />

Basis der Entscheidung des Prüfungsausschusses sind Verordnungsstatistiken.<br />

Laufende Information per Heilmittelstatistik<br />

Jede Praxis, die Heilmittel verordnet, erhält eine so genannte "Kostenstatistik<br />

Durchschnittswerte" . Erstmals gab es diese Statistik für das<br />

Quartal 2/2005. Sie stellt dar, wie sich die Kosten der eigenen Verordnungen<br />

im Vergleich zur Fachgruppe entwickelt haben. Die Verordnungsdaten<br />

liefern die nordrheinischen Krankenkassen frühestens neun<br />

Monate nach Ablauf eines Quartals. Zusammen mit den Fallzahlen<br />

bilden sie die Basis zur Erstellung der Kostenstatistik.<br />

Beispiel Heilmittelkostenstatistik<br />

Abrechnungsnummer: 1234567<br />

Vergleichsgruppe: 19-Internisten, UG 1<br />

Quartal<br />

2/05<br />

Heilmittel<br />

gesamt<br />

Behandlungsfälle<br />

(ohne Zuweisung<br />

<strong>und</strong> Konsiliarfälle)<br />

Heilmittelkosten<br />

€<br />

Falldurchschnitt<br />

der<br />

Praxis<br />

€<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

18<br />

Gewichteter<br />

Falldurchschnitt<br />

der Vergleichsgruppe<br />

€<br />

Abweichung<br />

absolut<br />

€<br />

Abweichung<br />

in Prozent<br />

1.320 8.358,97 6,33 9,86 -4.656,23 -35,78


Praxisbesonderheiten als Regressschutz<br />

Gegen drohende Regresse bei der Prüfung nach Durchschnittswerten<br />

kann sich ein Arzt am ehesten mit dem Nachweis eines Mehraufwands<br />

aufgr<strong>und</strong> von Besonderheiten wehren. Bei der Durchschnittswertprüfung<br />

gibt es im Gegensatz zur Richtgrößenprüfung keine fixierten Indikationsbereiche,<br />

die – bei wirtschaftlicher Verordnungsweise - ein Ausschuss<br />

als Praxisbesonderheit anerkennen muss. Die Rechtsprechung<br />

definiert Praxisbesonderheiten hier als „Abweichungen in der Struktur<br />

der Praxis“ von der der Fachgruppe. Nicht alle Auffälligkeiten sind also<br />

gleich Praxisbesonderheiten.<br />

Als Besonderheit anerkannt werden besonders Verordnungen von Heilmitteln,<br />

die häufig bei schweren chronischen Erkrankungen verordnet<br />

werden <strong>und</strong> zu einem überdurchschnittlichen Verordnungsfallwert führen.<br />

Ein klassisches Beispiel sind viele Patienten mit für die Fachgruppe<br />

ungewöhnlichen Krankheiten. Eine andere Besonderheit ist ein ungewöhnlich<br />

hoher Anteil an Patienten mit für die Fachgruppe typischen<br />

Krankheiten. Zum Beispiel ein überdurchschnittlicher Anteil an Kindern<br />

mit schweren geistigen oder körperlichen Behinderungen, die regelmäßig<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie benötigen.<br />

Bei einer Prüfung sollten Sie die Besonderheiten Ihrer Praxis begründen<br />

<strong>und</strong> die Kosten darlegen. Den Prüfgremien steht bei der Anerkennung<br />

von Praxisbesonderheiten ein Ermessenspielraum zu. Die Beurteilung<br />

erfolgt für jedes Quartal neu. Wichtig: Auch die im Rahmen von Praxisbesonderheiten<br />

verordneten Leistungen müssen wirtschaftlich sein.<br />

Kompensatorische Einsparungen<br />

Ein weiteres Argument in einer Prüfung nach Durchschnittswerten können<br />

so genannte kompensatorische Einsparungen sein. Jeder niedergelassene<br />

Arzt hat in seiner Praxis in einigen Bereichen geringere Kosten<br />

als andere Ärzte seiner Fachgruppe. Wenn er auf diese Einsparungen<br />

verweist, ist es wichtig, dass diese Einsparungen „kompensatorisch“<br />

sind: Sie müssen also unmittelbar auf den Mehraufwand im Überschreitungsbereich<br />

zurückzuführen sein.<br />

Übersicht: Praxisbesonderheiten<br />

bei Durchschnittswertprüfungen<br />

Praxisbesonderheit* Ja Nein<br />

Kleine Fallzahl x<br />

Erhöhter Rentneranteil** x<br />

Anfängerpraxis x<br />

Hoher Anteil neuer Patienten x<br />

Hoher Anteil von Behandlungen auf Überweisung x<br />

Gemeinschaftspraxis x<br />

Assistent x<br />

Vermehrte Betreuung von Patienten in<br />

Alten- <strong>und</strong> Pflegeheimen<br />

x<br />

Große Anzahl ambulanter Operationen x<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

19


Besonderheiten in der Praxisführung<br />

Samstagssprechst<strong>und</strong>e, kein Urlaub)<br />

x<br />

Vermehrte Notdienste x<br />

Lage der Praxis x<br />

Besondere Praxisausstattung (besonders Apparate) x<br />

Zusatzbezeichnung x<br />

Hoher Anteil chronisch/schwer Erkrankter x<br />

Altersstruktur<br />

(sehr alte multimorbide Patienten)<br />

x<br />

Spezialisierung (soweit keine besondere<br />

Vergleichsgruppe gebildet wurde)<br />

x<br />

*von der Rechtsprechung tendenziell anerkannt oder nicht anerkannt. Entscheidend ist immer die individuelle Situation<br />

**Die Werte sind rentnergewichtet. Der Rentneranteil wird also beim Fachgruppenvergleich berücksichtigt.<br />

Bei Einsparungen im Bereich der Krankenhauseinweisungen oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen<br />

müssten Sie nachweisen, dass diese<br />

durch die Mehrleistungen im geprüften Bereich erreicht wurden. Die<br />

Einsparungen müssen die Überschreitungen ausgleichen.<br />

Geprüft wird auf der Basis elektronisch übermittelter Rezeptdatensätze.<br />

Für eine Prüfung liegen demnach keine Originalrezepte oder Rezeptkopien,<br />

so genannte Images, vor. Gr<strong>und</strong>lage sind lediglich Verordnungsdaten<br />

in statistischer Form, generiert aus den Datenlieferungen der Kassen.<br />

Dabei sollen die gelieferten Daten die Verordnungen einer Praxis<br />

möglichst vollständig widerspiegeln; 75 Prozent der ausgestellten<br />

Rezepte gelten dabei als ausreichend repräsentativ.<br />

Images oder Originalrezepte werden zur Prüfung hinzugezogen, wenn<br />

ein Arzt berechtigte Zweifel an den von den Kassen gelieferten Daten<br />

geltend macht. Hierüber entscheidet der Ausschuss.<br />

Im Fall der Fälle: Daten checken<br />

Wird eine Prüfung nach Durchschnittswerten eingeleitet, schickt der<br />

Prüfungsausschuss eine CD mit Rezeptdaten an den betroffenen Arzt.<br />

Ausgedruckt türmen sich die Daten zu einem gewaltigen Stapel Papier.<br />

Sie schaffen jedoch Transparenz in Sachen Verordnung: Jedes einzelne<br />

ausgestellte Rezept ist – soweit möglich – dem jeweiligen Patienten<br />

zugeordnet. Anders als in anderen KV-Regionen bieten diese Daten eine<br />

Übersicht, auf welcher Basis eigentlich geprüft wird. Fehlerhafte Datenlieferungen<br />

der Kassen können schnell erkannt werden. Auch Praxisbesonderheiten<br />

sind anhand der dargestellten Rezepte recht einfach auszumachen.<br />

Die Übersichten helfen also bei der Stellungnahme – auch<br />

wenn der Umfang abschreckt.<br />

Versichertennamen sind in den Prüfunterlagen aus datenschutzrechtlichen<br />

Gründen nicht angegeben. In der Prüfunterlage sind je Patient<br />

jedoch neben anderen Angaben die Versichertennummer, die Diagnosen<br />

<strong>und</strong> die Kassengruppe sowie das jeweilige Verordnungsdatum aufgeführt.<br />

Verordnungen, die auf Praxisbesonderheiten hinweisen, sind<br />

gekennzeichnet.�<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

20<br />

Infos zu Prüfunterlagen<br />

Sollten Sie Hilfe benötigen, um die<br />

Rezeptübersichten zu interpretieren<br />

stehen Ihnen die Mitarbeiter <strong>und</strong> medizinische<br />

Sachverständige der Geschäftsstelle<br />

des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />

Nordrhein gerne zur Verfügung.<br />

Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschuss<br />

Nordrhein<br />

Telefon 0211 5970 8441 / 8442<br />

Telefax 0211 5970 8422<br />

E-Mail: pa@wpno.de


III.2.2 Richtgrößenprüfung<br />

Die Prüfung nach Richtgrößen ist die Methode, die in der Prüfvereinbarung<br />

als Regelprüfmethode vorgesehen ist (§12 bzw. Anlage II<br />

<strong>und</strong> III der Prüfvereinbarung). Richtgrößen sind im Vorhinein bekannt<br />

gegebene Durchschnittswerte, so genannte Orientierungswerte.<br />

Werden diese um einen festgelegten Prozentsatz überschritten,<br />

kommt es zum Prüfverfahren.<br />

Die Richtgrößen werden sowohl bei Heilmitteln als auch bei <strong>Arznei</strong>mitteln<br />

auf der Basis des vereinbarten Ausgabenvolumens gebildet: Zunächst<br />

wird das vereinbarte Volumen um Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatte<br />

ergänzt. Diese Summe teilt man abhängig vom Verordnungsvolumen der<br />

Vergangenheit anteilig auf die einzelnen Fachgruppen <strong>und</strong> innerhalb<br />

dieser auf die einzelnen Fälle auf, getrennt nach Allgemeinversicherten<br />

(AV, Mitglieder- <strong>und</strong> Familienmitglieder) <strong>und</strong> Rentenversicherten (RV).<br />

Berechnung der Richtgröße (Beispiel)<br />

Richtgrößen sind so genannte Bruttowerte. Das heißt, gewährte Rabatte<br />

(beispielsweise von Apotheken oder Herstellern) <strong>und</strong> die Zuzahlungen<br />

der Patienten werden in die Richtgrößen hineingerechnet. Dies ist wichtig,<br />

um Praxen in strukturschwachen Regionen nicht zu benachteiligen.<br />

Würden die Zuzahlungen der Patienten nicht in den Richtgrößen enthalten<br />

sein, so würden zwei Ärzte, die exakt die gleichen <strong>Arznei</strong>mittel<br />

verordnen, mit unterschiedlichen Kosten belastet, nur weil die Zuzahlungen<br />

der Patienten andere wären. Der Arzt mit vielen befreiten Patienten<br />

hätte dann nämlich höhere Umsätze als der Kollege mit wenigen<br />

zuzahlungsbefreiten Patienten. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird mit Bruttowerten<br />

gearbeitet; fehlende Zuzahlungen der Patienten spielen beim Richtgrößenvergleich<br />

keine Rolle.<br />

Beispiel: Herr Dr. Mustermann hat ein vollständig von den <strong>Arznei</strong>mittelzuzahlungen<br />

befreites Patientenklientel. Er hat für 100.000 Euro <strong>Arznei</strong>-<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

21


en verordnet. Seine Frau verordnet die gleichen Mittel, hat ihre Praxis<br />

aber in einer Region, in der kein Patient von der Zuzahlung befreit ist.<br />

Frau Dr. Mustermann hat auch für 100.000 Euro <strong>Arznei</strong>mittel verordnet,<br />

ihre Patienten haben aber im Umfang von 10.000 Euro in der Apotheke<br />

Zuzahlungen geleistet.<br />

Würden Herr <strong>und</strong> Frau Dr. Mustermann anhand ihrer Nettokosten – das<br />

heißt Umsatz abzüglich Zuzahlungen – verglichen, wäre Herr Dr.<br />

Mustermann aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Zuzahlungen seiner Versicherten<br />

benachteiligt. Denn bei ihm erschiene ein Umsatz von 100.000 Euro,<br />

bei seiner Frau hingegen nur von 90.000 Euro – <strong>und</strong> dies bei identischen<br />

Verordnungen. Deshalb werden die Verordnungskosten immer Brutto<br />

betrachtet, also mit allen Versichertenzuzahlungen. Da weisen Herr <strong>und</strong><br />

Frau Dr. Mustermann jeweils 100.000 Euro auf.<br />

Sollte es zu einem Regress kommen, dann gilt das Netto-Prinzip: Hier<br />

werden Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatte von der Regress-Summe abgezogen.<br />

Zu zahlen ist ausschließlich die Summe, die den Kassen an „Schaden“<br />

entstanden ist.<br />

Was ins Richtgrößenvolumen fällt<br />

Gehen Kosten in „Budget“ ein?<br />

<strong>Arznei</strong>mittelrichtgrößen<br />

Ja Nein<br />

<strong>Arznei</strong>mittel x<br />

Sondennahrung x<br />

Verbandstoffe x<br />

Sprechst<strong>und</strong>enbedarf x*<br />

Hilfsmittel x<br />

Blut- <strong>und</strong> Harnteststreifen x<br />

Impfstoffe x<br />

Praxisbesonderheiten x**<br />

Heilmittelrichtgrößen Ja Nein<br />

Heilmittel x<br />

Heilmittelverordnungen<br />

außerhalb des Regelfalls<br />

x<br />

Praxisbesonderheiten x**<br />

* wird <strong>extra</strong> geprüft<br />

** werden erst im Prüfverfahren berücksichtigt<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

22


Getrennte Richtgrößen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Verbandmittel sowie<br />

Heilmittel<br />

In Nordrhein gibt es derzeit Richtgrößen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Verbandmittel<br />

einerseits <strong>und</strong> Heilmittel andererseits. Die Richtgrößen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong><br />

Verbandmittel umfassen keine Impfstoffe <strong>und</strong> keinen Sprechst<strong>und</strong>enbedarf.<br />

Vorausgesetzt, die Rezepte wurden korrekt ausgestellt, das heißt<br />

für Impfstoffe der Status 8 <strong>und</strong> 9 für Sprechst<strong>und</strong>enbedarf nur der Status<br />

9 angekreuzt. Richtgrößen für Heilmittel umfassen auch die Verordnungen<br />

außerhalb des Regelfalls.<br />

Die Richtgrößen <strong>2007</strong> wurden im Rheinischen Ärzteblatt am 22. Dezember<br />

2006 amtlich bekannt gemacht. Jeder Arzt ist zudem zuvor über<br />

<strong>KVNO</strong> aktuell über seine Richtgröße informiert worden.<br />

Wie hoch ist das „<strong>Arznei</strong>-" oder "Heilmittelbudget“<br />

der eigenen Praxis?<br />

Das so genannte <strong>Arznei</strong>mittelrichtgrößenvolumen oder „<strong>Arznei</strong>mittelbudget“<br />

der Praxis ist der Wert, den die Verordnungen von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong><br />

Verbandmitteln eines Quartals nicht überschreiten sollte. Das gleiche<br />

gilt für das Heilmittelrichtgrößenvolumen. Der Wert wird bestimmt von<br />

der Richtgröße <strong>und</strong> den Fallzahlen. Bei den Fallzahlen handelt es sich<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

23


ausschließlich um Behandlungsfälle, Zielüberweisungs- <strong>und</strong> Konsiliarfälle<br />

werden nicht mitberücksichtigt.<br />

Was ist ein Behandlungsfall?<br />

Die gesamte in einer Praxis innerhalb desselben Kalendervierteljahres an<br />

demselben Kranken ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene<br />

Behandlung gilt jeweils als Behandlungsfall. Ein einheitlicher<br />

Behandlungsfall liegt auch dann vor, wenn sich aus der zuerst behandelten<br />

Krankheit eine andere Krankheit entwickelt oder während der<br />

Behandlung hinzutritt oder wenn der Kranke, nachdem er eine Zeitlang<br />

einer Behandlung nicht bedurfte, innerhalb desselben Kalendervierteljahres<br />

wegen derselben oder einer anderen Krankheit von demselben<br />

Vertragsarzt behandelt wird. Das gleiche gilt, wenn sich der Versichertenstatus<br />

während des Quartals ändert. Es wird der Versichertenstatus<br />

bei der Abrechnung zugr<strong>und</strong>e gelegt, der bei Quartalsbeginn besteht.<br />

<strong>Arznei</strong>mittelrichtgrößen <strong>2007</strong><br />

Arztgruppe<br />

Allgemeinmedizin <strong>und</strong> Praktische Ärzte (80-89)<br />

Anästhesiologie (01-03)<br />

Augenheilk<strong>und</strong>e (04-06)<br />

Chirurgie (07-09)<br />

Gynäkologie (10-12)<br />

HNO einschl. Phoniatrie <strong>und</strong> Pädaudiol. (13-15)<br />

Haut- <strong>und</strong> Geschlechtskrankheiten (16-18)<br />

Innere Medizin (19-22), hausärztlich<br />

Innere Medizin (19-22), fachärztlich einschl. Angiologie,<br />

Endokrinologie, Gastroentereologie, Hämatologie<br />

<strong>und</strong> Internistische Onkologie, Kardiologie,<br />

Nephrologie, Pneumologie, Rheumatologie<br />

Kinderheilk<strong>und</strong>e (23-25)<br />

MKG-Chirurgie (35-37)<br />

Richtgröße <strong>2007</strong><br />

AV/RV* in EURO<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

24<br />

AV: 41,41<br />

RV: 137,72<br />

AV: 32,24<br />

RV: 97,35<br />

AV: 5,87<br />

RV: 15,28<br />

AV: 9,81<br />

RV: 18,71<br />

AV: 15,19<br />

RV: 35,87<br />

AV: 11,44<br />

RV: 8,38<br />

AV: 20,19<br />

RV: 21,96<br />

AV: 57,94<br />

RV: 136,14<br />

AV: 187,91<br />

RV: 244,59<br />

AV: 27,23<br />

RV: 52,47<br />

AV: 7,02<br />

RV: 4,97


Arztgruppe<br />

Nervenheilk<strong>und</strong>e (38-40)<br />

(Neurologie/Psychiatrie)<br />

Neurologie, Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie einschl.<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> -psychotherapie<br />

Orthopädie (44-46)<br />

einschl. orthopädischer Rheumatol.<br />

Urologie (56-58)<br />

*AV: Allgemeinversicherte (Mitglieder- <strong>und</strong> Familienversicherte)<br />

RV: Rentenversicherte<br />

Heilmittelrichtgrößen <strong>2007</strong><br />

Arztgruppe<br />

Allgemeinmedizin <strong>und</strong> Praktische Ärzte (80-89)<br />

Chirurgie (07-09) einschließlich Gefäß-, Plastische,<br />

Unfall- <strong>und</strong> Visceralchirurgie<br />

HNO einschl. Phoniatrie <strong>und</strong> Pädaudiol. (13-15)<br />

Innere Medizin (19-22), hausärztlich<br />

Innere Medizin (19-22), fachärztlich einschl. Angiologie,<br />

Endokrinologie, Gastroentereologie, Hämatologie<br />

<strong>und</strong> Internistische Onkologie, Kardiologie, Nephrologie,<br />

Pneumologie, Rheumatologie<br />

Kinderheilk<strong>und</strong>e (23-25)<br />

Orthopädie (44-46)<br />

einschl. orthopädischer Rheumatol.<br />

*AV: Allgemeinversicherte (Mitglieder- <strong>und</strong> Familienversicherte)<br />

RV: Rentenversicherte<br />

Richtgröße <strong>2007</strong><br />

AV/RV* in EURO<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

25<br />

AV: 97,66<br />

RV: 126,97<br />

AV: 7,01<br />

RV: 20,43<br />

AV: 23,25<br />

RV: 64,64<br />

Richtgröße <strong>2007</strong><br />

AV/RV* in EURO<br />

AV: 6,13<br />

RV: 16,57<br />

AV: 9,66<br />

RV: 13,57<br />

AV: 5,71<br />

RV: 2,69<br />

AV: 4,71<br />

RV: 12,20<br />

AV: 1,79<br />

RV: 3,14<br />

AV: 20,26<br />

RV: 29,16<br />

AV: 25,19<br />

RV: 25,61<br />

Für die nicht aufgeführten Fachgruppen wie Pulmologen wurde keine<br />

Richtgröße vereinbart. Diese Fachgruppen können nach Durchschnitts-<br />

werten geprüft werden. Die Richtgröße wird für die fachärztlichen<br />

Internisten mit Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie (früher Teilgebiet<br />

„Rheumatologie“) ausgesetzt.


Beispiel: Richtgrößenvolumen rechnen<br />

Dr. Max Mustermann hat für <strong>Arznei</strong>mittel bei seinen Allgemeinversicherten eine<br />

Richtgröße von 41,41,- Euro, für seine Rentenversicherten von 137,72,- Euro. Im<br />

Quartal 1/<strong>2007</strong> rechnet er insgesamt 743 Allgemeinversicherte <strong>und</strong> 523 Rentenversicherte<br />

ab. Für das Quartal stehen ihm somit zur Verfügung:<br />

743 Fälle (Allgemeinversicherte)<br />

x<br />

41,41 Euro (Richtgrößen Allgemeinversicherte)<br />

= 30.767,63 Euro<br />

+<br />

523 Fälle (Rentenversicherte)<br />

x<br />

137,72 Euro (Richtgröße Rentenversicherte)<br />

= 72.027,56 Euro<br />

Richtgrößenvolumen („<strong>Arznei</strong>mittelbudget“)<br />

der Praxis Dr. Mustermann:<br />

30.767,63 Euro (für Allgemeinversicherte)<br />

+<br />

72.027,56 Euro (für Rentenversicherte)<br />

= 102.795,19 Euro<br />

Diese 102.765,19 Euro kann Dr. Mustermann nunmehr auf seine Versicherten im<br />

ersten Quartal aufteilen. Dabei können hohe Verordnungskosten bei einem Versicherten<br />

durch einen oder mehrere Patienten mit geringen oder gar keinen Verordnungskosten<br />

ausgeglichen werden. Insgesamt sollten die Verordnungskosten der<br />

Praxis die vorgegebenen 102.765,13 Euro jedoch nicht überschreiten. Es sei denn,<br />

es handelt sich um Kosten im Rahmen von Praxisbesonderheiten. Die gleiche Berechnung<br />

kann auch bei Heilmitteln durchgeführt werden.<br />

Laufende Information per Quartalsbilanz<br />

Jede Praxis, für die Richtgrößen fixiert sind, erhält eine so genannte<br />

Quartalsbilanz. Für <strong>Arznei</strong>mittel gibt es diese Unterlage schon lange, für<br />

Heilmittel liefern die Krankenkassen derzeit erstmals Daten zur Erstellung.<br />

Sie stellt dar, wie sich der Wert der eigenen Verordnungen im Vergleich<br />

zur Richtgröße dargestellt hat. Die <strong>Arznei</strong>mitteldaten liefern die<br />

nordrheinischen Krankenkassen sechs Monate nach Ablauf eines Quartals,<br />

Heilmitteldaten nach neun Monaten. Zusammen mit den Fallzahlen<br />

bilden sie die Basis zur Erstellung der Quartalsbilanz.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

26


Quartals-Bilanz 3/2006 1. Ausfertigung<br />

<strong>Arznei</strong>verordnungen/Richtgrößensumme<br />

Praxis ANR Vergleichsgruppe Praxisort<br />

Mustermann, Franz 1234567 Urologen Musterstadt<br />

Behandlungsfallzahl<br />

(ohne Zuweisungen<br />

<strong>und</strong> Konsiliarfälle)<br />

Richtgröße<br />

Richtgrößen-<br />

summe<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

27<br />

<strong>Arznei</strong>-<br />

Verordnungs-<br />

kosten<br />

AOK<br />

Allgemeinversicherte<br />

Rentner<br />

152<br />

144<br />

[1]<br />

3.851,13 €<br />

7.174,58 €<br />

LKK<br />

Allgemeinversicherte 3 0,00 €<br />

Rentner 5 0,00 €<br />

IKK<br />

Allgemeinversicherte 45 285,76 €<br />

Rentner 28 1.608,18 €<br />

BKK<br />

Allgemeinversicherte 85 2.165,98 €<br />

Rentner<br />

Ersatzkassen<br />

89 3.561,15 €<br />

Allgemeinversicherte 182 2.324,09 €<br />

Rentner<br />

B<strong>und</strong>esknappschaft<br />

159 6.053,46 €<br />

Allgemeinversicherte 12 202,31 €<br />

Rentner 182 9.582,08 €<br />

Abweichung zur<br />

Richtgrößensumme<br />

absolut<br />

[2]<br />

Abweichung<br />

zur<br />

Richtgrößen-<br />

Summe in %<br />

Summe Krankenkassen<br />

Allgemeinversicherte 479 23,04 € 11.036,16 € 8.829,27 -2.206,89<br />

Rentner 607 61,19 € 37.142,33 € 27.979,45 -9.162,88<br />

Summe AV <strong>und</strong> RV 1.086 48.178,49 € 36.808,72 -11.369,77 -23,60 %<br />

Zur ergänzenden Info:<br />

Konsiliar- <strong>und</strong> Zielüberweisungen<br />

(Summe AV <strong>und</strong> RV)<br />

2<br />

[3] [4] [5] [6] [7] [8]<br />

Rechengrößen Nettokostenbasis<br />

Rabatte Vers. -Zuzahlung<br />

absolut<br />

Nettokostensumme Index zur Bruttokostensumme<br />

Durchschnittlicher Index<br />

in der Vergleichsgruppe<br />

4.417,05 € 2.123,05 € 30.268,62 € 82,23 79,42<br />

[9] [10]<br />

Zur Erläuterung:<br />

Diese Rechengrößen beinhalten keine Aufgreifkriterien für ein Prüfverfahren. Sie dienen den Prüfgremien ausschließlich für eine objektivierende<br />

Berücksichtigung im Fall einer etwaigen Regressfestsetzung.<br />

Zusammenbetrachtung mit Vorquartalsergebnissen<br />

Richtgrößensumme <strong>Arznei</strong>verordnungskosten Abweichung zur<br />

Richtgrößensumme absolut<br />

Werte für Quartal 3/2006 48.178,49 € 36.808,72 €<br />

Werte für Quartal 2/2006 61.097,68 € 53.068,19 €<br />

Abweichung zur<br />

Richtgrößensumme in %<br />

Bilanz der letzten 2 Quartale 109,276,17 € 89.876,91 € -19.399,26 € -17,75 %<br />

Werte für Quartal 1/2006 54.356,12 € 43.160,03 €<br />

Bilanz der letzten 3 Quartale 163.632,29 € 133.036,94 € -30.595,35 € -18,70 %<br />

Werte für Quartal 4/2005 59.785,82 € 59.104,21 €<br />

Bilanz der letzten 4 Quartale 223.418,11 € 192.141,15 € -31.276,96 € -14,00 %<br />

[11]


Beispiel: Quartalsbilanz <strong>Arznei</strong> lesen<br />

Quartalsbilanzen enthalten viele Informationen. Anhand der Bilanz des Beispielarztes<br />

Dr. Mustermann zeigen wir an fiktiven Daten, wo relevante Angaben zu<br />

finden sind.<br />

1] Fallzahlen Renten- <strong>und</strong> Allgemeinversicherte bei der AOK im Quartal<br />

III/06<br />

2] Kosten Renten- <strong>und</strong> Allgemeinversicherter der AOK<br />

(mit Praxisbesonderheiten)<br />

3] Summe der Fälle aller aufgeführten Kassen<br />

4] Richtgrößen III/06 für Renten- <strong>und</strong> Allgemeinversicherte<br />

5] Richtgrößenvolumen („<strong>Arznei</strong>mittelbudget“) der Praxis<br />

6] Kosten der <strong>Arznei</strong>verordnungen der Praxis für die Versicherten alle<br />

Kassen (mit Praxisbesonderheiten)<br />

7] Vergleich Richtgrößenvolumen der Praxis mit den tatsächlichen<br />

<strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis in Euro<br />

8] Vergleich Richtgrößenvolumen der Praxis mit den tatsächlichen<br />

<strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis in Prozent<br />

9] Verhältnis <strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis mit Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatten<br />

(Bruttokosten) zu den Kosten der Praxis ohne Zuzahlung <strong>und</strong> Rabatte (Nettokosten).<br />

Diese Angabe ist nur dann wichtig, wenn es zum Regress kommt.<br />

Denn Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatte gehen nicht zu Lasten eines Arztes. Mit Hilfe<br />

dieses Werts werden die Bruttoverordnungskosten im Falle eines Regresses in<br />

die Nettoverordnungskosten umgerechnet.<br />

10] Verhältnis <strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Fachgruppe mit Zuzahlung<br />

<strong>und</strong> Rabatten (Bruttokosten) zu den Kosten der Fachgruppe ohne Zuzahlung<br />

<strong>und</strong> Rabatte (Nettokosten). Diese Angabe ist nur wichtig zur Ermittlung des<br />

tatsächlichen Regresses im Falle eines Prüfverfahrens, denn Zuzahlungen <strong>und</strong><br />

Rabatte gehen nicht zu Lasten eines Arztes.<br />

Ist der Nettokostenindex der Fachgruppe für den Arzt günstiger, wird dieser<br />

verwendet.<br />

11] Vergleich Richtgrößenvolumen der Praxis mit den tatsächlichen<br />

<strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis in Euro innerhalb des letzten<br />

Jahres.<br />

Wann wird nach Richtgrößen geprüft?<br />

Für das Jahr <strong>2007</strong> gilt: Bei einer 15-prozentigen Überschreitung der<br />

Richtgröße wird der Arzt beraten, liegt er mehr als 25 Prozent darüber,<br />

droht ein Regress. Diese Werte sind bereits seit dem Prüfjahr 2004 gesetzlich<br />

vorgegeben <strong>und</strong> gelten für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel gleichermaßen.<br />

Geprüft wird auf der Basis elektronisch übermittelter Rezeptdatensätze.<br />

Für eine Prüfung liegen also keine Originalrezepte oder Rezeptkopien<br />

(Images) vor, sondern lediglich Verordnungsdaten als Statistiken. Diese<br />

erstellt die Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />

Nordrhein aus den Datenlieferungen der KV <strong>und</strong> der Kassen. Meldet ein<br />

Arzt berechtigte Zweifel an den von den Kassen gelieferten Daten, so<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

28


können Images oder die Originalrezepte zur Prüfung hinzugezogen werden.<br />

Die Entscheidung trifft der Prüfungsausschuss. Laut Urteil des B<strong>und</strong>essozialgerichts<br />

(BSG) vom 2.November 2005 sind konkrete Anhaltspunkte<br />

dafür, dass die Verordnungskosten von den sie erfassenden Apotheken-Rechen-zentren<br />

<strong>und</strong> den Krankenkassen generell nicht richtig<br />

ermittelt bzw. übermittelt worden wären, nicht ersichtlich (Az B 6 KA<br />

63/04 R).<br />

Die Tatsache, dass die Daten der eignen Praxissoftware gegenüber den<br />

elektronisch gemeldeten Verordnungssummen abweiche, reiche nicht<br />

aus. Eine nähere Überprüfung der elektronisch erfassten Einzelverordnungen<br />

sei nur erforderlich, wenn der betroffene Arzt substantiiert Einwendungen<br />

vorbringt oder das Prüfgremium selbst Zweifel hat. Festgestellte<br />

Fehlbuchungen sind entsprechend zu korrigieren. Die pauschale<br />

Behauptung, die Verordnungen seien nicht ordnungsgemäß erfasst worden,<br />

löst keine Verpflichtung der Prüfgremien zur Beiziehung sämtlicher<br />

Originalverordnungen oder Images aus, so das BSG.<br />

Wieso kann die eigene Arztstatistik von den Prüfunterlagen bzw.<br />

der Quartalsbilanz abweichen?<br />

� Verbandmittel, Teststreifen uns Sondenkost werden fälschlicherweise in der<br />

Arztstatistik als „nicht richtgrößenrelevant“ gewertet<br />

� Praxisbesonderheiten werden in der Praxissoftware vorab abgezogen werden<br />

(diese sind in den Daten der Quartalsbilanz enthalten)<br />

� Nicht nur die Behandlungsfälle werden gezählt, sondern jeder Abrechnungsfall<br />

� Hausbesuche werden nicht nachträglich erfasst<br />

� Aut-idem wird missverstanden (die Apotheke darf bei zulässigem Aut-idem<br />

nicht nur eins der preisgünstigsten Präparate abgeben, sondern auch das<br />

verordnete);<br />

� in der Quartalsbilanz wird das aufgeführt, was von den Apotheken abgegeben<br />

wurde, nicht das Verodnete (Stichwort Aut-idem);<br />

� es kann durch fehlerhafte Statusangaben zu Rezeptzuordnungen kommen,<br />

die eigentlich nicht „budgetrelevant“ sind (z.B. Hilfsmittel oder Impfstoffe:<br />

fehlt das Kreuz im Statusfeld 7 bzw 8, so wird das Rezept nicht automatisch<br />

aus der Statistik herausgerechnet);<br />

� die richtgrößenrelevanten Kostenträger von denen der Quartalsbilanz abweichen.<br />

Richtgrößenrelevant sind alle Primärkassen einschließlich B<strong>und</strong>esknappschaft<br />

(ohne echte Knappschaftsfälle, die direkt mit der B<strong>und</strong>esknappschaft<br />

abgerechnet werden) <strong>und</strong> alle Ersatzkassen.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

29


Was die Daten angeht, laufen die Prüfungen nach Durchschnittswerten<br />

<strong>und</strong> Richtgrößen nach dem gleichen Schema. Bei einer Richtgrößenprüfung<br />

werden jedoch bestimmte Praxisbesonderheiten bereits b e i Einleitung<br />

des Prüfverfahrens berücksichtigt – das geschieht bei einer Durchschnittswertprüfung<br />

nicht.<br />

Unerfreulich ist es nach wie vor, dass nicht schon v o r Einleitung eines<br />

Prüfverfahrens Praxisbesonderheiten automatisch aus den Verordnungskosten<br />

der Praxis - zum Beispiel im Rahmen der Quartalsbilanzen - herausgerechnet<br />

werden können. Dies liegt daran, dass die Rezepte nicht<br />

zentral bei den Prüfgremien zusammenlaufen, sondern nach Abgabe der<br />

<strong>Arznei</strong> zusammen mit den erforderlichen Abrechnungsdaten von den<br />

Apotheken über beauftragte Apothekenrechenzentren an die jeweiligen<br />

Krankenkassen weitergeleitet werden.<br />

Dort sind sie für Dritte leider unzugänglich. Denn die Übermittlung versichertenbezogener<br />

Daten - in diesem Fall von Rezepten - ist laut Sozialgesetzbuch<br />

nur im Rahmen von Prüfverfahren zulässig. Denn die Beurteilung<br />

<strong>und</strong> Entscheidung, ob eine Praxisbesonderheit vorliegt, kann nur<br />

im Rahmen eines Prüfverfahrens durch den Prüfungsausschuss erfolgen.<br />

Eine Vorabanerkennung durch die KV oder die Geschäftsstelle des Prüfungs-<br />

<strong>und</strong> Beschwerdeausschuss Nordrhein ist nicht möglich.<br />

Wieso sind dann überhaupt Praxisbesonderheiten vereinbart<br />

worden?<br />

In laufenden Prüfverfahren soll die Vereinbarung von Praxisbesonderheiten<br />

sicherstellen, dass Ärzte nicht mit ihrem Honorar für die Versorgung<br />

von Patienten mit unersetzlichen Hochpreispräparaten haften. Die<br />

Richtgrößenvereinbarung sieht zudem vor, dass die Besonderheiten <strong>und</strong><br />

der finanzielle Mehrbedarf bei besonders teuren Therapien ohne wirtschaftliche<br />

Alternative automatisch während einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />

aus den Richtgrößen gefiltert werden. Das verringert den bürokratischen<br />

Aufwand enorm. Voraussetzung: Das Wirtschaftlichkeitsgebot<br />

wurde auch im Bereich der Praxisbesonderheiten beachtet.<br />

Wie kann denn vorab ein Überblick über die Praxisbesonderheiten<br />

geschaffen werden?<br />

Um den ungefähren Einfluss von Praxisbesonderheiten auf die ausgewiesene<br />

Richtgrößensumme zu erhalten, können eventuelle Praxisbesonderheiten<br />

oder Verordnungsschwerpunkte z.B. aus der Praxis-EDV,<br />

der GKV-Frühinformation oder sonstigen Verordnungsinformationen<br />

herausgesucht werden die Summe dem Richtgrößenvolumen gegenübergestellt<br />

werden bzw. der prognostizierten Überschreitung. So ist es<br />

möglich, die prognostizierte Überschreitung im Hinblick auf eine mögliche<br />

Regressgefahr im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abzuschätzen.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

30


Wie läuft das Verfahren?<br />

Das Prüfverfahren bei <strong>Arznei</strong>mitteln läuft in drei Schritten ab:<br />

� Schritt 1<br />

Sehr teure <strong>Arznei</strong>mitteltherapien werden in Nordrhein h<strong>und</strong>ertprozentig<br />

als Praxisbesonderheit gewertet. Dies betrifft seltene oder spezielle Erkrankungen<br />

wie zum Beispiel Morbus Gaucher oder Faktormangelerkrankungen.<br />

Wurde preisbewusst rezeptiert, so wird im Rahmen einer<br />

Vorabprüfung jedes einzelne dieser Rezepte mit den Kosten in voller<br />

Höhe als Praxisbesonderheit betrachtet. Diese <strong>Arznei</strong>verordnungen belasten<br />

somit de facto nicht die im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />

relevanten <strong>Arznei</strong>mittelausgaben einer Praxis. Auch bei Verordnungen<br />

in diesem hochpreisigen Bereich achtet der Prüfungsausschuss<br />

darauf, ob wirtschaftlich verordnet wurde. Denn auch hier gibt es Präparate,<br />

die vorzuziehen sind, weil sie preiswerter <strong>und</strong> gleich wirksam<br />

sind. So existieren etwa im Bereich der Immunsuppressiva wirksame<br />

generische Alternativen oder günstige Reimporte.<br />

Praxisbesonderheiten <strong>Arznei</strong>mittel <strong>2007</strong> (Schritt 1)<br />

Symbolnummer<br />

Praxisbesonderheit / <strong>Arznei</strong>mittel<br />

90901 Therapie des Morbus-Gaucher mit Alglucerase/Imiglucerase<br />

90902<br />

90903<br />

90904<br />

Hormonelle Behandlung der in-vitro-Fertilisation <strong>und</strong> Stimulation<br />

bei der Sterilität nach strenger Indikationsstellung<br />

Interferon- oder Mitoxantron-Therapie bei schubförmig verlaufender<br />

bzw. sek<strong>und</strong>är progredienter Multipler Sklerose mit für<br />

diese Indikation zugelassenen Präparaten sowie die Behandlung<br />

der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose mit Glatirameracetat<br />

Interferon-Therapie bei Hepatitis B <strong>und</strong> Hepatitis C bei strenger<br />

Indikationsstellung mit für diese Indikationen zugelassenen Präparaten,<br />

auch in Kombination mit anderen dafür zugelassenen<br />

antiviralen Mitteln<br />

90905 <strong>Arznei</strong>mitteltherapie der Mukoviszidose<br />

90906 <strong>Arznei</strong>mitteltherapie der terminalen Niereninsuffizienz<br />

90907<br />

90908<br />

90909<br />

Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger nach den BUB-<br />

Richtlinien mit für die Substitution verordnungsfähigen <strong>Arznei</strong>mitteln<br />

einschließlich entsprechender Rezepturzubereitungen<br />

Wachstumshormon-Behandlung bei Kindern mit nachgewiesenem<br />

hypophysärem Minderwuchs<br />

Orale <strong>und</strong> parenterale Chemotherapie bei Tumorpatienten einschließlich<br />

der für diese Indikationen zugelassenen Hormonanaloga,<br />

Zytokine <strong>und</strong> Interferone, auch als Rezepturzubereitung<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

31


Symbolnummer<br />

Praxisbesonderheit / <strong>Arznei</strong>mittel<br />

90910 Behandlungsbedürftige HIV-Infektionen<br />

90912 Immunsupressive Behandlung nach Organtransplantationen<br />

90913<br />

Immunsupressive Behandlung nach Kollagenosen, entzündlichen<br />

Erkrankungen <strong>und</strong> Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatischen<br />

Formenkreis<br />

90914 Substitution von Plasmafaktoren bei Faktormangelkrankheiten<br />

90919 Therapie des Morbus Fabry mit Agalsidase<br />

90920<br />

90921<br />

Verteporfin zur Photodynamischen Therapie bei altersabhängiger<br />

feuchter Makuladegeneration mit subfoveolärer überwiegend<br />

klassischer choriodaler Neovaskularisation gemäß der Qualitätssicherungs-Vereinbarung<br />

nach § 135 Abs. 2 des fünften Sozialgesetzbuchs.<br />

Palivizumab zur Prävention der durch das Respiratory-Syncytial-<br />

Virus (RSV) hervorgerufenen schweren Erkrankungen der unteren<br />

Atemwege, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen, bei<br />

Kindern, die entweder in der 35. Schwangerschaftswoche oder<br />

früher geboren wurden <strong>und</strong> zu Beginn der RSV-Saison jünger als<br />

sechs Monate sind; außerdem bei Kindern unter zwei Jahren, die<br />

innerhalb der letzten sechs Monate wegen bronchopulmonaler<br />

Dysplasie behandelt wurden <strong>und</strong> bei Kindern unter zwei Jahren<br />

mit hämodynamisch signifikanten angeborenen Herzfehlern.<br />

90934 Therapie des Morbus Pompe mit Alglucosidase alpha<br />

� Schritt 2<br />

Aus den Richtgrößen herausgerechnet wird auch ein Teil der Kosten bei<br />

einzelnen <strong>Arznei</strong>mitteltherapien wie der Insulin-Therapie bei insulinpflichtigem<br />

Diabetes oder der Behandlung der Schizophrenie mit atypischen<br />

Neuroleptika. Diese Therapien sind zwar für die jeweilige Fachgruppe<br />

keine Besonderheit, sie sind aber sehr teuer <strong>und</strong> sprengen vielfach<br />

die Richtgröße. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sieht die Richtgrößen-<br />

Vereinbarung vor, den Teil der Kosten abzuziehen, der einer Praxis in<br />

diesem Verordnungsbereich durch ein von der Fachgruppe abweichendes<br />

Mehr an Patienten entstanden ist.<br />

Um das "Mehr" an Patienten nachzuweisen stehen verschiedene Möglichkeiten<br />

zur Verfügung. So handelt es sich bei der Richtgrößenprüfung<br />

um eine reine Verordnungsprüfung, allerdings kann anhand der Abrechnung<br />

einzelner Gebührenordnungsnummern auf ein besonderes Patientenklientel<br />

geschlossen werden. Eine weitere Methode zur Abklärung<br />

des Patientenguts der durchschnittlichen Vergleichspraxis ist die Information<br />

beim Zentralinstitut bei der Kassenärztlichen B<strong>und</strong>esvereinigung<br />

(www.zi-berlin.de). Dort finden umfangreiche Erhebungen, z.B. arzt-<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

32


gruppenspezifische Analysen der häufigsten Diagnoseschlüssel, anhand<br />

derer die betroffene Praxis ggf. nachweisen kann, dass ein überproportional<br />

hoher Anteil Patienten einer besonderen Patientengruppe betreut<br />

werden. Seit kurzer Zeit finden sich solche Morbiditätsstatistiken auch<br />

auf der Hompage der KV Nordrhein unter www.kvno.de.<br />

Sie sollten jedoch berücksichtigen, dass beispielsweise nicht der Diabetiker<br />

insgesamt mit all seinen Begleitmedikationen automatisch als Praxisbesonderheit<br />

gewertet wird, sondern wirklich nur die teure Insulintherapie.<br />

Alle anderen Begleittherapien sind im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />

zu prüfen.<br />

Vertreter der Pharmaindustrie behaupten vielfach, diese Therapien seien<br />

als Praxisbesonderheit anerkannt <strong>und</strong> es drohe generell kein Regress.<br />

Das ist falsch. Sie verschweigen, dass nur die Summe als Besonderheit<br />

anerkannt wird, die eine Praxis mehr verordnet hat als der Fachgruppendurchschnitt.<br />

Wer etwa Migränetherapie mit Triptanen oder die<br />

Glaukomtherapie nach dem Motto betreibt: „Rohre frei <strong>und</strong> los“, dem<br />

droht ein Regress – den der Pharmavertreter kaum zahlen dürfte.<br />

Was ist nun eine Praxisbesonderheit nach Schritt 2? Ein Beispiel: Wenn<br />

etwa eine Praxis mehr moderne Glaukomtherapeutika verordnen muss<br />

als der Fachgruppendurchschnitt, weil lokale Betablocker kontraindiziert<br />

waren oder keine oder nur unzureichende Wirkung zeigten, so ist dies<br />

eine solche Besonderheit. Dies gilt aber nur dann, wenn preisbewusst<br />

verordnet wurde. Falsch liegt also, wer behauptet, moderne Glaukomtherapeutika<br />

wären generell von den „Budgets“ ausgenommen, sodass<br />

sich ein Umstieg von den altbewährten <strong>Arznei</strong>mitteln lohnen würde.<br />

Die Regelung haben Krankenkassen <strong>und</strong> KV Nordrhein in die Richtgrößenvereinbarung<br />

aufgenommen, um der von der Pharmaindustrie gelenkten<br />

Sogwirkung in bestimmten Bereichen Einhalt zu bieten. In der<br />

Vergangenheit nahm beispielsweise kurz nach Vereinbarung der Praxisbesonderheit<br />

„Schmerztherapie mit Opioiden“ die Verordnungshäufigkeit<br />

bei den Opioiden explosionsartig zu. Nach dem Motto: „Besser Opioide<br />

verordnen, denn die werden ja zu h<strong>und</strong>ert Prozent aus dem Budget<br />

gerechnet“, warb die Industrie mit der Richtgrößenregelung erfolgreich<br />

für diese Produkte. Die vermehrten Verordnungen betrafen vor allem<br />

Fälle, in denen einfache Schmerzmittel zur Therapie ausgereicht hätten.<br />

Um den nicht-indizierten Kostenschub zu stoppen, wird seit dem Jahr<br />

2004 bei der Schmerztherapie mit Opioiden nur noch derjenige Teil als<br />

Praxisbesonderheit anerkannt, den eine Praxis aufgr<strong>und</strong> des von der<br />

Fachgruppentypik abweichenden Klientels aufweist – <strong>und</strong> nicht mehr<br />

alle Verordnungen einer Praxis in diesem Bereich.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

33


Praxisbesonderheiten <strong>Arznei</strong>mittel <strong>2007</strong> (Schritt 2)<br />

Symbolnummer<br />

90911<br />

Praxisbesonderheit / <strong>Arznei</strong>mittel<br />

Insulin-Therapie bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus einschließlich<br />

der dafür verordneten Teststreifen unter Beachtung des<br />

Orientierungsrahmens zur Verordnung von Teststreifen. Den Orientierungsrahmen<br />

haben die KV Nordrhein <strong>und</strong> die nordrheinischen<br />

Krankenkassen aufgestellt.<br />

90915 Behandlung der Schizophrenie mit atypischen Neuroleptika<br />

90916<br />

Schmerztherapie mit Opioiden <strong>und</strong> mit den dazugehörigen Laxantien<br />

90917 Therapie des Morbus Crohn mit Infliximab<br />

90918 Antiepileptika<br />

90922 Hyposensibilisierung mit spezifischen Allergen<strong>extra</strong>kten<br />

90923<br />

Moderne Glaukomtherapeutika (Brimonidin, Dorzolamid, Brinzolamid,<br />

Latanoprost, Travoprost <strong>und</strong> Brimatoprost, gegebenenfalls in<br />

Kombination mit lokalem Betablocker), soweit lokale Betablocker<br />

kontraindiziert sind oder keine oder nur unzureichende Wirkung<br />

zeigen.<br />

90924 Antiparkinsonmittel<br />

90925<br />

90926<br />

Antithrombotische Mittel (nur Heparin <strong>und</strong> Heparinoide, parenteral)<br />

Antidementiva vom Typ der Cholinesterasehemmer sowie Memantin<br />

90927 Selektive Serotonin-5HT1-Agonisten<br />

90928 systemische Psoriasistherapie<br />

90929<br />

Bisphosphonate <strong>und</strong> selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren bei<br />

Osteoporose oder zur Behandlung von Knochenmetastasen<br />

90930 Methylphenidat- <strong>und</strong> Atomoxetinbehandlung<br />

90931 neuroleptische Behandlung chronischer Tic-Störungen<br />

90932 Bilanzierte Diäten bei angeborenen Stoffwechselerkrankungen<br />

90933<br />

<strong>Arznei</strong>mitteltherapie zur Behandlung des sek<strong>und</strong>ären Hyperparathyroidismus<br />

bei dialysepflichtigen Patienten mit terminaler<br />

Niereninsuffizienz<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

34


� Schritt 3<br />

Im Unterschied zu den unter Schritt 1 <strong>und</strong> 2 genannten Praxisbesonderheiten<br />

gibt es noch diejenigen, die über die definierten Indikationen<br />

hinaus im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abziehbar sind. So<br />

können Sie beispielsweise die Kosten für eine Enzymersatztherapie bei<br />

Mukopolysaccharidose geltend machen, obwohl diese Indikation nicht in<br />

der Vereinbarung genannt ist. Sie müssen den Prüfungsausschuss aber<br />

selbst auf die Besonderheit aufmerksam machen. Auch hier gilt: Nur der<br />

Mehrbedarf wird als Praxisbesonderheit anerkannt, nicht jede einzelne<br />

Verordnung in voller Kostenhöhe.<br />

Wie läuft das Verfahren im Heilmittelbereich ab?<br />

Im Prinzip läuft das Verfahren ähnlich ab. Auch bei Heilmittelrichtgrößenverfahren<br />

gibt es bestimmte Verordnungen, die von vornherein als<br />

Praxisbesonderheit anerkannt werden - zu h<strong>und</strong>ert Prozent.<br />

Praxisbesonderheiten Heilmittel <strong>2007</strong> (Schritt 1)<br />

Symbolnummer<br />

90950<br />

90951<br />

Praxisbesonderheit / Heilmittel<br />

Allgemeine Heilmittel<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD für die<br />

ersten 2 Monate nach chirurgisch-orthopädischen Operationen<br />

Manuelle Lymphdrainage für die ersten 2 Monate nach chirurgisch-orthopädischen<br />

Operationen<br />

Für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche:<br />

90952<br />

90953<br />

90954<br />

90955<br />

90956<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei Hemiparese, spastischer Di<strong>und</strong><br />

Tetraplegie<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei Hemiparese,<br />

spastischer Di- <strong>und</strong> Tetraplegie<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei Hemiparese,<br />

spastischer Di- <strong>und</strong> Tetraplegie<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei komplexen zerebralen Dysfunktionen<br />

bei Krankheiten der ICD-10-Codierungen: G10, G11,<br />

G12, G13, G80, zerebralen Anfallsleiden oder neurodegenerativen<br />

bzw. metabolischen bzw. muskulären Systemerkrankungen<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei komplexen<br />

zerebralen Dysfunktionen bei Krankheiten der ICD-10-<br />

Codierungen: G10, G11, G12, G13, G80, zerebralen Anfallsleiden<br />

oder neurodegenerativen bzw. metabolischen bzw. muskulären<br />

Systemerkrankungen<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

35


Symbolnummer<br />

90957<br />

90958<br />

90959<br />

90960<br />

90967<br />

90968<br />

90969<br />

90970<br />

90981<br />

90982<br />

90983<br />

Für Erwachsene:<br />

90971<br />

90972<br />

90973<br />

Praxisbesonderheit / Heilmittel<br />

Allgemeine Heilmittel<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei komplexen<br />

zerebralen Dysfunktionen bei Krankheiten der ICD-10-<br />

Codierungen: G10, G11, G12, G13, G80, zerebralen Anfallsleiden<br />

oder neurodegenerativen bzw. metabolischen bzw. muskulären<br />

Systemerkrankungen<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei schweren/tiefgreifenden Entwicklungsstörungen<br />

nach ICD-10-Codierungen F80.0 bis F80.3,<br />

F82, F83, F84<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei<br />

schweren/tiefgreifenden Entwicklungsstörungen nach ICD-10-<br />

Codierungen F80.0 bis F80.3, F82, F83, F84<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei schweren/tiefgreifenden<br />

Entwicklungsstörungen nach ICD-10-<br />

Codierungen F80.0 bis F80.3, F82, F83, F84<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei erworbener <strong>und</strong>/oder angeborener<br />

schwerer geistiger <strong>und</strong>/oder körperlicher Behinderung, Mehrfachbehinderung<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei erworbener<br />

<strong>und</strong>/oder angeborener schwerer geistiger <strong>und</strong>/oder körperlicher<br />

Behinderung, Mehrfachbehinderung<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei erworbener<br />

<strong>und</strong>/oder angeborener schwerer geistiger <strong>und</strong>/oder körperlicher<br />

Behinderung, Mehrfachbehinderung<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei schwerer<br />

Muskoviszidose<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei palliativmedizinischer Betreuung<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei palliativmedizinischer<br />

Betreuung<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei palliativmedizinischer<br />

Betreuung<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei angeborenen oder erworbenen<br />

Plegien/Paresen, zentral oder peripher (z. B. Zerebralparese, Plexusparesen,<br />

Muskeldystrophie, kongenitale Kontrakturen)<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei angeborenen<br />

oder erworbenen Plegien/Paresen, zentral oder peripher<br />

(z. B. Zerebralparese, Plexusparesen, Muskeldystrophie, kongenitale<br />

Kontrakturen)<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei angeborenen<br />

oder erworbenen Plegien/Paresen, zentral oder peripher (z.<br />

B. Zerebralparese, Plexusparesen, Muskeldystrophie, kongenitale<br />

Kontrakturen)<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

36


Symbolnummer<br />

90974<br />

90975<br />

90976<br />

90977<br />

Praxisbesonderheit / Heilmittel<br />

Allgemeine Heilmittel<br />

Maßnahmen der Ergotherapie bei schweren neurologischen Erkrankungen<br />

wie z. B. amyotrophische Lateralsklerose (ALS); Wachkomapatienten;<br />

Multiple Sklerose; M. Parkinson nur nach den ICD-<br />

10- Codierungen G20.1, G20.2, G21; Apoplexie für den Zeitraum<br />

eines Jahres nach auslösendem Ereignis<br />

Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei<br />

schweren neurologischen Erkrankungen wie z. B. amyotrophische<br />

Lateralsklerose (ALS); Wachkomapatienten; Multiple Sklerose, M.<br />

Parkinson nur nach den ICD-10- Codierungen G20.1, G20.2, G21;<br />

Apoplexie für den Zeitraum eines Jahres nach auslösendem Ereignis<br />

Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei schweren<br />

neurologischen Erkrankungen wie z. B. amyotrophische Lateralsklerose<br />

(ALS); Wachkomapatienten; Multiple Sklerose, M. Parkinson<br />

nach den ICD-10- Codierungen G20.1, G20.2, G21; Apoplexie<br />

für den Zeitraum eines Jahres nach auslösendem Ereignis<br />

Manuelle Lymphdrainage bei eine chronischen Lymphabfluss-<br />

Störung aufgr<strong>und</strong> einer onkologischen Erkrankung<br />

Im Unterschied zum <strong>Arznei</strong>mittelbereich gibt es bei Heilmitteln neben<br />

diesen Praxisbesonderheiten nur noch solche, die über die definierten<br />

Indikationen hinaus im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abziehbar<br />

sind (Schritt 3 Praxisbesonderheiten). Ein Beispiel hierfür wäre<br />

ein erwachsener Patient mit selbstverschuldetem schweren Verkehrsunfall<br />

mit dem Motorrad, der Krankengymnastik wegen der Unfallfolgen<br />

benötigt. Dieser Patient kann als weitere Besonderheit geltend gemacht<br />

werden, obwohl es für ihn keine Symbolnummer gibt. Denn ein derartiges<br />

Krankheitsbild mit seinen Folgen ist in der Vergleichsgruppenpraxis<br />

selten oder kommt nicht vor, somit sind die Heilmittelkosten eine Besonderheit<br />

der Praxis.<br />

Zum Nachweis von Praxisbesonderheiten ist eine lückenlose Dokumentation<br />

der kostenintensiven Fälle unverzichtbar. Dies betrifft besonders<br />

die Praxisbesonderheiten nach Schritt 3, denn hier liegt die Nachweispflicht<br />

beim verordnenden Arzt- gleichermaßen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel.<br />

Praxisbesonderheiten können mit der Abrechnung mittels Symbolziffern<br />

gemeldet werden. Dies vereinfacht die Dokumentation erheblich. Achtung:<br />

Pro Quartal darf die besondere Medikation für einen Patienten nur<br />

einmal mittels einer bestimmten Symbolziffer kenntlich gemacht werden.<br />

Auf einem Abrechnungs- bzw. Überweisungsschein können indes<br />

mehrere verschiedene Symbolziffern angegeben werden.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

37


Die Kennzeichnung der kostenintensiven Patienten kann jeweils an der<br />

Stelle des Behandlungsausweises erfolgen, an dem auch die Leistungen<br />

abgerechnet werden. Im Falle eines Prüfverfahrens stellen diese Meldungen<br />

einen ersten Hinweis dar, dem die Ausschüsse nachgehen. Geprüft<br />

wird jedoch mit Hilfe der tatsächlich vorliegenden Verordnungsdaten.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

38


Verordnungsdaten genau anschauen<br />

Leitet der Prüfungsausschuss eine Prüfung nach Richtgrößen ein, so<br />

erhält der betroffene Arzt vom Ausschuss einen Brief <strong>und</strong> eine CD mit<br />

den Rezeptdaten. Ausgedruckt machen die Rezeptdaten einen hohen<br />

Stapel Papier aus. Sie schaffen jedoch Transparenz in Sachen Verordnung:<br />

Jedes einzelne ausgestellte Rezept ist – soweit möglich – dem<br />

jeweiligen Patienten <strong>und</strong> den dazugehörenden Diagnosen zugeordnet.<br />

Zudem sind die Rezepte nach Indikationsgruppen sortiert <strong>und</strong> die einzelnen<br />

<strong>Arznei</strong>mittel in Indikationsgruppen gelistet bzw. die Heilmittel<br />

nach Leistungsbereichen. Anders als in anderen KVen bieten diese Daten<br />

eine Übersicht, auf welcher Basis eigentlich geprüft wird. Fehlerhalte<br />

Datenlieferungen der Kassen sind erkennbar. Auch Praxisbesonderheiten<br />

sind anhand der gelisteten Verordnungsdaten einfach auszumachen.<br />

Anders als in den meisten Prüfregionen wird hier keine „Black-box“ geprüft.<br />

Auch wenn die Übersichten zunächst von der Menge <strong>und</strong> vom Inhalt<br />

überwältigend zu sein scheinen, sie helfen bei der Stellungnahme enorm.<br />

Aus datenschutzrechtlichen Gründen fehlen in den Unterlagen die<br />

Versichertennamen. Sie sind aber auch nicht unbedingt nötig. Denn jede<br />

Verordnung für einen Patienten ist zusammen mit der Diagnose in den<br />

Übersichten angegeben. Verordnungen, die auf Praxisbesonderheiten<br />

hinweisen, sind mit der entsprechenden Nummer der Besonderheit gekennzeichnet.�<br />

Infos zu Rezeptübersichten<br />

Sollten Sie im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung Hilfe benötigen, um die Rezeptübersichten<br />

zu interpretieren stehen Ihnen die Mitarbeiter <strong>und</strong> medizinische<br />

Sachverständige der Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />

Nordrhein gerne zur Verfügung.<br />

Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschuss Nordrhein<br />

Telefon 0211 5970 8441 / 8442<br />

Telefax 0211 5970 8422<br />

E-Mail: pa@wpno.de<br />

Für allgemeine Fragen stehen Ihnen die Ansprechpartner aus Seite 59 zur Verfügung<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

39


III.2.3 Prüfung in besonderen Fällen<br />

In letzter Zeit gehen bei der Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />

Nordrhein vermehrt <strong>Arznei</strong>mittelprüf- bzw.<br />

Regressanträge von Krankenkassen ein. Diese sind oft damit begründet,<br />

dass Rechtsverordnungen oder Richtlinien des Gemeinsamen<br />

B<strong>und</strong>esausschusses unbeachtet gelassen wurden oder aber unwirtschaftliche<br />

oder unzulässige <strong>Arznei</strong>mittelanwendungen veranlasst<br />

wurden. In solchen Fällen spricht man von Prüfungen in besonderen<br />

Fällen gemäß § 15 der Prüfvereinbarung.<br />

Die Kassen werfen den Ärzten etwa unzulässige Verordnungen vor,<br />

wenn Verstöße gegen Richtlinien oder das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegen.<br />

Dies trifft beispielsweise zu, wenn Bestimmungen der <strong>Arznei</strong>-<br />

oder Heilmittel-Richtlinien nicht beachtet wurden. Als unwirtschaftlich<br />

sehen viele Kassen beispielsweise auch die Verordnung von Originalpräparaten<br />

bei <strong>Arznei</strong>mitteln an, wenn im gleichen Bereich Generika zur<br />

Verfügung stehen. Oder wenn Präparate verordnet werden, für die es<br />

pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare preiswertere Alternativen<br />

gibt.<br />

Ein Verstoß gegen die <strong>Arznei</strong>mittel-Richtlinien ist es zum Beispiel, wenn<br />

nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel an Erwachsene verordnet<br />

wurden, obwohl es für diese keine Ausnahmeregelung gibt. Werden<br />

diese <strong>Arznei</strong>mittel dennoch verordnet, so entsteht ein so genannter<br />

„Sonstiger Schaden“ – außer bei Kindern bis 12 Jahre <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahre.<br />

Dies bedeutet, dass die Kosten dieser <strong>Arznei</strong>mittel vollständig beim verordnenden<br />

Arzt regressiert werden können. Ein weiterer Verstoß wäre<br />

die Verordnung von so genannten Life-Style-Medikamenten wie zum<br />

Beispiel Viagra oder ähnlichen Mitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

40


Kassenrezept: ausgeschlossene Verordnungen<br />

� Life-Style-Medikamente<br />

Dazu gehören zum Beispiel Mittel zur<br />

- Behandlung der erektilen Dysfunktion<br />

- Raucherentwöhnung<br />

- Gewichtsreduktion<br />

� Verschreibungspflichtige Bagatellarzneimittel für Erwachsene<br />

Bestimmte <strong>Arznei</strong>mittel dürfen gesetzlich versicherten<br />

(18. Lebensjahr vollendet) nicht zu Lasten der Kasse verordnet<br />

werden. Vor allem:<br />

- <strong>Arznei</strong>mittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten <strong>und</strong><br />

grippalen Infekten<br />

- Dies gilt analog auch für die bei diesen Krankheiten<br />

anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel,<br />

hustendämpfenden <strong>und</strong> hustenlösenden <strong>Arznei</strong>mittel,<br />

sofern es sich um geringfügige Ges<strong>und</strong>heitsstörungen handelt.<br />

� M<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Rachentherapeutika<br />

Ausnahme: Für die Therapie bei Pilzinfektionen, geschwürigen Erkrankungen<br />

der M<strong>und</strong>höhle <strong>und</strong> die Behandlung nach chirurgischen Eingriffen<br />

im Hals-, Nasen- <strong>und</strong> Ohrenbereich sind M<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Rachentherapeutika<br />

jedoch verordnungsfähig.<br />

� Abführmittel<br />

Abführmittel können jedoch bei Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose,<br />

Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen<br />

Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer<br />

Niereninsuffizienz <strong>und</strong> im Rahmen der Opiattherapie sowie Opioidtherapie<br />

<strong>und</strong> in der Terminalphase zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

verordnet werden.<br />

� <strong>Arznei</strong>mittel gegen Reisekrankheit<br />

Von diesem Verordnungsausschluss nicht betroffen ist die Anwendung<br />

gegen Erbrechen bei der Tumortherapie <strong>und</strong> anderen Erkrankungen, wie<br />

Menièrescher Symptomkomplex.<br />

� <strong>Arznei</strong>mittel der Negativliste<br />

Die Negativliste zählt die unwirtschaftlichen Präparate auf. Als unwirtschaftlich<br />

gelten die <strong>Arznei</strong>mittel, die für das Therapieziel oder zur Minderung<br />

von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten oder die<br />

wegen der Vielzahl der enthaltenen Wirkstoffe nicht mit ausreichender<br />

Sicherheit beurteilt werden können. Ebenso diejenigen, deren therapeutischer<br />

Nutzen nicht nachgewiesen ist.<br />

� Nicht rezeptpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel<br />

Nicht rezeptpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel dürfen nicht per Kassenrezept verordnet<br />

werden.<br />

Ausnahmen:<br />

- Kinder unter 12 Jahren oder Jugendliche<br />

mit Entwicklungsstörungen bis zum 18. Geburtstag<br />

- Nicht rezeptpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel der Ausnahmeliste<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

41


Die Ausnahmeliste beinhaltet alle nicht rezeptpflichtigen <strong>Arznei</strong>mittel, die<br />

ausnahmsweise zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet<br />

werden können. Gelistet wurden Wirkstoffe, die bei schwerwiegenden Erkrankungen<br />

als Therapiestandard gelten.<br />

Eine Krankheit ist schwerwiegend,<br />

� wenn sie lebensbedrohlich ist oder<br />

� wenn sie auf Gr<strong>und</strong> der Schwere der durch sie verursachten Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />

die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt.<br />

Ein <strong>Arznei</strong>mittel ist Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur<br />

Behandlung dieser schwerwiegenden Erkrankungen dem allgemein anerkannten<br />

Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.<br />

Die Auflistung ist abschließend; es sind also keine weiteren Ausnahmen<br />

möglich. Aktualisierungen nimmt - sofern erforderlich - der Gemeinsame<br />

B<strong>und</strong>esausschuss vor. Die nachfolgend gelisteten <strong>Arznei</strong>stoffe dürfen nur<br />

bei den jeweils genannten Erkrankungen zu Lasten der GKV verordnet werden.<br />

Die Indikation wird in den Patientenunterlagen, nicht auf dem Rezept,<br />

dokumentiert. Präparate, die durch die Ausnahmeliste definiert sind <strong>und</strong> bei<br />

der entsprechenden schwerwiegenden Erkrankung angewandt werden sollen,<br />

werden auf dem Rezeptformular nach Muster 16 (rosa Rezept) verordnet.<br />

Apothekenpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel, die nicht durch die Ausnahmeliste gedeckt<br />

werden, können z.B. auf einem Privatrezept oder dem so genannten<br />

Grünen Rezept notiert werden. Dies dient dem Patienten als Gedächtnisstütze,<br />

kann auch die Dosierung beinhalten <strong>und</strong> wird in der Apotheke als<br />

Quittung für den Patienten genutzt.<br />

OTC-Ausnahmeliste<br />

Anthroposophische <strong>und</strong> Homöopathische <strong>Arznei</strong>mittel<br />

(AMR 16.5)<br />

Für die in der Ausnahmeliste aufgeführten Indikationsgebiete kann der Arzt bei<br />

schwerwiegenden Erkrankungen auch <strong>Arznei</strong>mittel der Anthroposophie <strong>und</strong> Homöopathie<br />

verordnen, sofern die Anwendung dieser <strong>Arznei</strong>mittel für diese Indikationsgebiete<br />

nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung<br />

angezeigt ist.<br />

Begleitmedikation (AMR 16.6)<br />

Nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel, die begleitend zu einer medikamentösen<br />

Haupttherapie mit zugelassenen, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung<br />

verordnungsfähigen <strong>Arznei</strong>mittel eingesetzt werden (Begleitmedikation) sind verordnungsfähig,<br />

wenn das nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel in der Fachinformation<br />

des Hauptarzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben<br />

ist.<br />

Medikation bei unerwünschten <strong>Arznei</strong>mittelwirkungen<br />

(AMR 16.7)<br />

Nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel, die zur Behandlung der beim bestimmungsgemäßen<br />

Gebrauch eines zugelassenen, im Rahmen der vertragsärztlichen<br />

Versorgung verordnungsfähigen <strong>Arznei</strong>mittels auftretenden, schädlichen unbeabsichtigten<br />

Reaktionen (unerwünschte <strong>Arznei</strong>mittelwirkungen; UAW) eingesetzt<br />

werden, sind verordnungsfähig, wenn die UAW schwerwiegend sind (lebensbedrohlich,<br />

oder wenn sie aufgr<strong>und</strong> der Schwere der durch sie verursachten Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />

die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt).<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

42


Ausnahmeliste der apothekenpflichtigen, nicht verschreibungspflichtigen<br />

<strong>Arznei</strong>mittel nach § 34 Abs. 1 SGB V (Stichworte nach Alphabet)<br />

<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />

Abführmittel (AMR 16.4.1) nur zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang<br />

mit Tumorleiden, Megakolon, Divertikulose, Divertikulitis,<br />

Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor<br />

diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation<br />

bei chronischer Niereninsuffizienz, Opiat- sowie<br />

Opioidtherapie <strong>und</strong> in der Terminalphase<br />

verordnungsfähig.<br />

Acetylsalicylsäure<br />

(bis 300 mg / Dosiseinheit)<br />

(AMR 16.4.2) nur als Thrombozyten-Aggregationshemmer in der Nachsorge<br />

von Herzinfarkt <strong>und</strong> Schlaganfall sowie nach arteriellen<br />

Eingriffen verordnungsfähig.<br />

(AMR 16.4.3) nur zur Behandlung schwerer <strong>und</strong> schwerster Schmerzen<br />

in Co-Medikation mit Opioiden verordnungsfähig.<br />

Acetylsalicylsäure<br />

<strong>und</strong> Paracetamol<br />

Acidosetherapeutika (AMR 16.4.4) nur zur Behandlung von dialysepflichtiger Nephropathie<br />

<strong>und</strong> chronischer Niereninsuffizienz sowie bei Neoblase<br />

verordnungsfähig.<br />

Antihistaminika (AMR 16.4.5) nur in Notfallsets zur Behandlung bei Bienen-, Wespen<strong>und</strong><br />

Hornissengift-Allergien<br />

nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticaria<br />

nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus<br />

nur zur Behandlung bei schwerwiegender allergischer<br />

Rhinitis, bei der eine topische nasale Behandlung mit<br />

Glukokortikoiden nicht ausreichend ist verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

Antihistaminika zur Behandlung des Heuschnupfens ohne<br />

die genannten Symptome<br />

Antimykotika (AMR 16.4.6) nur zur Behandlung von Pilzinfektionen im M<strong>und</strong>- <strong>und</strong><br />

Rachenraum verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

bei Hautmykosen <strong>und</strong> Vulvovaginalcandidosen<br />

Antiseptika <strong>und</strong> Gleitmittel (AMR 16.4.7) nur für Patienten mit Katheterisierung verordnungsfähig.<br />

<strong>Arznei</strong>stofffreie Injektions-<br />

(AMR 16.4.8) sind verordnungsfähig.<br />

/Infusions-,Träger- <strong>und</strong> Elektrolyt-<br />

Diese Lösungen sind auch für Rezepturen mit <strong>Arznei</strong>stoflösungen<br />

sowie parenterale Osmodiuretika<br />

bei Hirnödem (Mannitol,<br />

Sorbitol)<br />

fen (z. B. Zytostatika) verordnungsfähig.<br />

Butylscopolamin, parenteral (AMR 16.4.45) nur zur Behandlung in der Palliativmedizin verordnungsfähig.<br />

Calciumverbindungen<br />

(AMR 16.4.9) nur zur Behandlung der manifesten Osteoporose<br />

(mind. 300 mg<br />

nur zeitgleich zur Steroidtherapie bei Erkrankungen, die<br />

Calcium-Ion/Dosiereinheit)<br />

voraussichtlich einer mindestens sechsmonatigen Ste-<br />

<strong>und</strong> Vitamin D in Kombination<br />

roidtherapie in einer Dosis von wenigstens 7,5 mg Pred-<br />

(freie oder fixe Kombination)<br />

nisolonäquivalent bedürfen<br />

nur bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der<br />

Erläuterungen:<br />

Eine manifeste Osteoporose ist gekennzeichnet<br />

durch eine Fraktur ohne<br />

adäquates Trauma.<br />

jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit<br />

verordnungsfähig.<br />

Cave: Präparate mit Dosiereinheiten unter 300 mg können<br />

nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

verordnet werden.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

43


<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />

Calciumverbindungen als<br />

Monopräparate<br />

(AMR 16.4.10) nur bei Pseudohypo- <strong>und</strong> Hypoparathyreoidismus<br />

nur bei Bisphosponat-Behandlung gemäß Angabe in der<br />

jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

Bei Hypokalziämie anderer Genese oder als Kombination<br />

mit anderen Mineralstoffen.<br />

Citrate (AMR 16.4.12) nur zur Behandlung von Harnkonkrementen verordnungsfähig.<br />

E. coli Stamm Nissle 1917 (AMR 16.4.13) nur zur Behandlung der Colitis ulcerosa in der Remissionsphase<br />

bei Unverträglichkeit von Mesalazin verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

Zur Behandlung von Durchfallerkrankungen, auch antibiotikainduzierter<br />

Genese<br />

Eisen-(II)-Verbindungen (AMR 16.4.14) nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanämie<br />

verordnungsfähig.<br />

Cave: Bei Schwangeren ist nach den Mutterschafts-<br />

Richtlinien eine Intervention ab einem Hb-Wert von 11,2<br />

g/100 ml gerechtfertigt <strong>und</strong> damit Eisen-(II)-<br />

Verbindungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

verordnungsfähig.<br />

Flohsamen <strong>und</strong> Flohsamenschalen (AMR 16.4.15) nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei<br />

Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom <strong>und</strong> HIV-assoziierten<br />

Diarrhöen verordnungsfähig<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

Zur Behandlung von Stuhlunregelmäßigkeiten<br />

Folsäure <strong>und</strong> Folinate (AMR 16.4.16) nur bei der Therapie mit Folsäureantagonisten sowie zur<br />

Behandlung des kolorektalen Karzinoms verordnungsfähig.<br />

Ginkgo-biloba-Blätter-Extrakt<br />

(Aceton-Wasser-Auszug, standardisiert)<br />

(AMR 16.4.17) nur zur Behandlung der Demenz verordnungsfähig.<br />

Harnstoffhaltige Dermatika<br />

mit einem Harnstoffgehalt von<br />

mindestens 5 %<br />

Hypericum-perforatum-Extrakt<br />

(hydroalkoholischer Extrakt, mindestens<br />

300 mg pro Applikationsform)<br />

(AMR 16.4.46) nur bei gesicherter Diagnose bei Ichthyosen, wenn keine<br />

therapeutischen Alternativen für den jeweiligen Patienten<br />

indiziert sind verordnungsfähig.<br />

(AMR 16.4.18) nur zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden<br />

verordnungsfähig.<br />

Cave: Es gibt bereits für diese Indikation zugelassene<br />

Präparate auf dem Markt. Präparate ohne die Zulassung<br />

für die Indikation „mittelschwere depressive Episode“ sind<br />

nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

verordnungsfähig.<br />

Iodid (AMR 16.4.19) nur zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

bei schwangerschaftsbedingtem Jodidbedarf<br />

Iod-Verbindungen (AMR 16.4.20) nur zur Behandlung von Ulcera <strong>und</strong> Dekubitalgeschwüren<br />

verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

bei normaler W<strong>und</strong>behandlung<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

44


<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />

Kaliumverbindungen als<br />

Monopräparate<br />

(AMR 16.4.21) nur zur Behandlung der Hypokaliaemie verordnungsfähig.<br />

Lactulose <strong>und</strong> Lactitol (AMR 16.4.22) nur zur Senkung der enteralen Ammoniakresorption bei<br />

Leberversagen im Zusammenhang mit der hepatischen<br />

Enzephalopathie verordnungsfähig.<br />

Levocarnitin (AMR 16.4.44) nur zur Behandlung bei endogenem Carnitinmangel verordnungsfähig<br />

Lösungen <strong>und</strong> Emulsionen zur (AMR 16.4.23) einschließlich der notwendigen Vitamine <strong>und</strong> Spurenele-<br />

parenteralen Ernährung<br />

mente sind verordnungsfähig.<br />

L-Methionin (AMR 16.4.43) nur zur Vermeidung der Steinneubildung bei Phosphatsteinen<br />

bei neurogener Blasenlähmung, wenn Ernährungsempfehlungen<br />

<strong>und</strong> Blasenentleerungstraining erfolglos<br />

geblieben sind verordnungsfähig.<br />

Magnesiumverbindungen, oral (AMR 16.4.24) nur bei angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen<br />

verordnungsfähig.<br />

Magnesiumverbindungen,<br />

(AMR 16.4.25) nur zur Behandlung bei nachgewiesenem Magnesium-<br />

parenteral<br />

mangel <strong>und</strong> zur Behandlung bei erhöhtem Eklampsierisiko<br />

verordnungsfähig.<br />

Metixenhydrochlorid (AMR 16.4.26) nur zur Behandlung des Parkinson-Syndroms verordnungsfähig.<br />

Mistel-Präparate, parenteral, (AMR 16.4.27) nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur<br />

auf Mistellektin normiert<br />

Verbesserung der Lebensqualität verordnungsfähig.<br />

Niclosamid (AMR 16.4.28) nur zur Behandlung von Bandwurmbefall verordnungsfähig<br />

Nystatin (AMR 16.4.29) nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten<br />

Patienten verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

Bei Hautmykosen <strong>und</strong> Vulvovaginalcandidosen dieser<br />

Patienten, da es sich hierbei nicht um schwerwiegende<br />

Erkrankungen handelt.<br />

Ornithinaspartat (AMR 16.4.30) nur zur Behandlung des hepatischen (Prae-) Coma <strong>und</strong><br />

der episodischen, hepatischen Enzephalopathie verordnungsfähig.<br />

Pankreasenzyme (AMR 16.4.31) nur zur Behandlung chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz<br />

oder Mukoviszidose verordnungsfähig.<br />

Nicht verordnungsfähig:<br />

bei dyspeptischen Beschwerden<br />

Phosphatbinder (AMR 16.4.32) nur zur Behandlung der Hyperphosphatämie bei chronischer<br />

Niereninsuffizienz <strong>und</strong> Dialyse verordnungsfähig.<br />

Phosphatverbindungen (AMR 16.4.33) nur bei Hypophosphatämie, die durch eine entsprechende<br />

Ernährung nicht behoben werden kann, verordnungsfähig.<br />

Salicylsäurehaltige Zubereitungen (AMR 16.4.34) nur als Teil der Behandlung der Psoriasis <strong>und</strong> hyperkera-<br />

(„mind. 2% Saicylsäure“) in der<br />

Dermatotherapie<br />

totischer Ekzeme verordnungsfähig.<br />

Synthetischer Speichel (AMR 16.4.35) nur zur Behandlung krankheitsbedingter M<strong>und</strong>trockenheit<br />

bei onkologischen oder Autoimmun-Erkrankungen<br />

verordnungsfähig.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

45


<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />

Synthetische Tränenflüssigkeit (AMR 16.4.36) nur bei Autoimmun-Erkrankungen (Sjögren-Syndrom mit<br />

deutlichen Funktionsstörungen des Grades 2, Epidermolysis<br />

bullosa, okuläres Pemphigoid), Fehlen oder Schädigung<br />

der Tränendrüse, Fazialisparese oder bei Lagophthalmus<br />

verordnungsfähig.<br />

Topische Anästhetika <strong>und</strong>/oder<br />

Antiseptika<br />

(AMR 16.4.42) nur zur Selbstbehandlung schwerwiegender generalisierter<br />

blasenbildender Hauterkrankungen (z. B. Epidermolysis<br />

bullosa, hereditaria; Pemphigus) verordnungsfähig.<br />

Vitamin K als Monopräparate (AMR 16.4.37) nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel,<br />

der durch eine entsprechende Ernährung nicht<br />

behoben werden kann, verordnungsfähig.<br />

Wasserlösliche Vitamine<br />

(auch in Kombinationen)<br />

(AMR 16.4.38) nur bei der Dialyse verordnungsfähig.<br />

Wasserlösliche Vitamine,<br />

Benfotiamin <strong>und</strong> Folsäure als<br />

Monopräparate<br />

(AMR 16.4.39) nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel,<br />

der durch eine entsprechende Ernährung nicht<br />

behoben werden kann (Folsäure: 5mg/Dosiseinheit), verordnungsfähig.<br />

Zinkverbindungen als Monopräparat (AMR 16.4.40) nur zur Behandlung der enteropathischen Akrodermatitis<br />

<strong>und</strong> durch Haemodialysebehandlung bedingten nachgewiesenen<br />

Zinkmangel sowie zur Hemmung der Kupferaufnahme<br />

bei Morbus Wilson verordnungsfähig.<br />

Nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel sind weiterhin als Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

verordnungsfähig, vorausgesetzt, die Sprechst<strong>und</strong>enbedarfsvereinbarung<br />

sieht diese <strong>Arznei</strong>mittel vor.<br />

Vorsicht beim Umstieg auf verschreibungspflichtige Präparate aufgr<strong>und</strong><br />

von Patientenwünschen. Kommt ein Patient mit der nicht verschreibungspflichtigen<br />

Alternative eines <strong>Arznei</strong>mittels gut zurecht, so ist die<br />

Verordnung der verschreibungspflichtigen Variante "allein aus Erstattungsgründen"<br />

als unwirtschaftlich zu sehen <strong>und</strong> kann von den Krankenkassen<br />

postwendend mit einem Regressantrag bedient werden. So<br />

sehen es die <strong>Arznei</strong>mittel-Richtlinien vor. Ein Beispiel hierfür ist die<br />

Verordnung von verschreibungspflichtigen Antihistaminika, obwohl ein<br />

nicht verschreibungspflichtiges Präparat ausgereicht hätte.<br />

Sobald eine Erkrankung mit einem nicht verschreibungspflichtigen <strong>Arznei</strong>mittel<br />

behandelt werden kann, ist dieses auch zu verordnen, allerdings<br />

nicht auf einem Kassenrezept. Der Patient hat die Kosten selbst zu<br />

tragen. Die <strong>Arznei</strong>mittelrichtlinien regeln ausdrücklich, dass in diesen<br />

Fällen ein Ausweichen allein aus Erstattungsgründen auf rezeptpflichtige<br />

<strong>Arznei</strong>mittel unwirtschaftlich ist. Patientenwünschen nachzukommen<br />

bedeutet somit eine reale Regressgefahr. Dies gilt selbstverständlich<br />

nicht nur für Antihistaminika, sondern für alle <strong>Arznei</strong>mittel, bei denen<br />

vergleichbare Substitutionskonstellationen möglich sind.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

46


Auch die Zahl der Verordnungen von in der Apotheke herzustellenden<br />

Rezepturen, die in geringsten Mengen verschreibungspflichtige Stoffe<br />

wie Corticoide enthalten, nimmt zu. Das ist einer Vielzahl von Apotheken<br />

aufgefallen. Aber auch hier gilt: Wird zu einer Rezeptur ein verschreibungspflichtiger<br />

Stoff gemischt, allein damit die gesamte Rezeptur<br />

eine Kassenleistung ist, droht ein Regress.<br />

Präparate, bei denen die Kassen Regressanträge stellen<br />

ABC Pflaster Enzym Lefax Kautabletten Ney Paradent<br />

Acarex Test EPA OM 30 Orthomol<br />

Alfason Basis Cresa Eucerin Omega Lotio Pantovigar N-Kaps.<br />

Antistax Kaps. Eucerin Shamp. Propecia<br />

Asche Basis Cr. Eukalisan Prostamed<br />

Asche Basis Lot. Eukalisan N Regaine<br />

Baldrian Dispert Eunova forte Reductil<br />

Bepanthol Gesichtscreme Evina Kapseln Renavit<br />

Bepanthol Waschlotion Excipial U Lipolotio Sanalind<br />

Calvitase Tbl. Faktumat Analdehner Sedonium<br />

Carminativum Folio Tabl. Selectafer<br />

Carotaben Gabunat Kaps. Selen forte Syxyl<br />

Cerebrum Comp. N Garmastan Salbe Selenminerase<br />

Cerebrum Comp NM Gelacet Softaman<br />

Chlorophyll Lsg. Glandula sup. Suis-Injell Softasept N<br />

Cialis Granufink Kaps. Spolera Slb.<br />

Coenzym comp. Amp. H 15 Tbl. Symbiolact<br />

Conjunctisan A Tropfen Helicobacter Test Tenuate Ret. Tab.<br />

Dentinox Gel Humana Elektrolyt Banane Thalidomid<br />

Dermacolor Camoufl S1 Hylo-Comod Augentropfen Thick & Easy<br />

Dermacolor Fixierpuder Kohle-Compretten Tabl. Thymo Glanduretten Drg.<br />

Dermatop Basiscreme Lactrase Uprima Sulingualtabl.<br />

Dermatop Basissalbe Laluk Kautabl. Viagra<br />

Dermowas-compact Lipidavit Kaps. Viridal Karpulen<br />

Dibromol Tinktur Locabiosol Vitacarnitin<br />

Dipsavit Lutschtabl. Magnesium Verla Vitamin C Tbl.<br />

Dronabinol Magnesiocard Vitamin E forte<br />

Efamaol 500 Kaps. Mosquito Läuse Shampoo Vitarenal Tbl.<br />

Ell-Cranell alpha Multibionta forte N Kps. Xenical<br />

Ell-Cranell dexa Muse Stäbchen Yohimbin Spiegel Tabl.<br />

Enzynorm forte NeyChondrin<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

47


Heilmittel<br />

Verstöße gegen die Heilmittel-Richtlinien liegen beispielsweise dann<br />

vor, wenn Verordnungen außerhalb des Regelfalles nicht als solche<br />

gekennzeichnet sind. Die Verordnungen umgehen somit den Genehmigungsvorbehalt<br />

der Krankenkassen – sofern die Kassen nicht darauf<br />

verzichtet haben. Auf die Genehmigung von begründungspflichtigen<br />

Heilmittel-Verordnungen verzichtet haben bislang die AOK Rheinland/Hamburg<br />

(bis auf Widerruf) sowie der Verband der Angestellten-<br />

Krankenkassen / Arbeiter-Ersatzkassen (bis auf Widerruf). Auch einzelne<br />

BKKen haben auf die Genehmigung verzichtet. Eine vollständige Liste<br />

der Kassen, die auf die Genehmigung verzichten, finden Sie im Internet<br />

unter www.kvno.de oder im Faxabruf unter der Nummer 0211 5970<br />

7539.<br />

Achtung: In einem Prüfverfahren könnte eine Verordnung selbst dann<br />

als unwirtschaftlich gewertet werden, wenn sie zuvor von einer Kasse<br />

genehmigt wurde. Mit anderen Worten: Trotz vorheriger Genehmigung<br />

einer Verordnung kann immer noch ein Prüfantrag einer Kasse erfolgen.�<br />

Heilmittelverordnungen: Häufige Beanstandungen<br />

� Anzahl der Verordnungen ist größer als die festgelegte Verordnungsmenge je<br />

Erst- oder je Folgeverordnung<br />

� Anzahl der Verordnungen liegt über Gesamtverordnungsmenge im Regelfall<br />

� Medizinische Begründung fehlt oder ist nicht ausreichend bei Verordnung<br />

außerhalb des Regelfalls<br />

� Indikationsschlüssel fehlt<br />

� Verordnetes Heilmittel passt nicht zum Indikationsschlüssel<br />

� Indikationsschlüssel falsch, zum Beispiel ID.-Schlüssel für Ergotherapie auf<br />

Verordnungsblatt für Physiotherapie<br />

� Wöchentliche Therapiefrequenz ist nicht angegeben<br />

� Zwei Diagnosegruppen auf einer Verordnung nicht zulässig<br />

� Falsche Heilmittelkombinationen, zum Beispiel vorrangiges <strong>und</strong> optionales<br />

Heilmittel gleichzeitig verordnet<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

48


III.2.4 Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

Von Augenkompressen bis Zinkleimbinden – r<strong>und</strong> 16.000 Artikel zählen<br />

zum Sprechst<strong>und</strong>enbedarf. Ihnen ist gemeinsam, dass sie bei mehr als<br />

einem Patienten oder zur Notfall- bzw. Sofortbehandlung angewendet<br />

werden. Was im Einzelnen dazu gehört, regelt die „Vereinbarung über<br />

die ärztliche Verordnung von Sprechst<strong>und</strong>enbedarf“, meist als Sprechst<strong>und</strong>enbedarfsvereinbarung<br />

oder SSB-Regelung abgekürzt. Nur die in<br />

dieser Vereinbarung genannten Mittel dürfen als Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

verordnet werden.<br />

Die SSB-Regelung ist demnach als „Positivliste“ zu verstehen. Und eben auch<br />

nur dann, wenn die Mittel bei mehreren Versicherten angewendet werden<br />

oder zur Notfall- bzw. Sofortbehandlung erforderlich sind. Nicht zum<br />

Sprechst<strong>und</strong>enbedarf zählen Mittel, die nur für einen Patienten bestimmt<br />

sind.<br />

Artikel außerhalb des Sprechst<strong>und</strong>enbedarfs sind über Einzelrezept auf den<br />

Namen des Patienten zu Lasten der jeweiligen Krankenkasse zu verordnen.<br />

Mit anderen Worten: Wenn es sich um eine geplante Therapie bei einem<br />

Patienten handelt, dann kann das Mittel nicht aus dem Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

abgegeben werden.<br />

Wichtig ist, den Sprechst<strong>und</strong>enbedarf von den Verbrauchsmaterialien <strong>und</strong><br />

Hygieneartikel abzugrenzen. Denn die Kosten für diese Artikel gehen zu Lasten<br />

der Praxis, beispielsweise Latexhandschuhe, OP-Hauben, OP-Kittel oder<br />

Reinigungsmittel. Die Kosten der über den Sprechst<strong>und</strong>enbedarf bezogenen<br />

Artikel fließen nicht in die Richtgrößenberechnung mit ein. Der Prüfungsausschuss<br />

kontrolliert gemäß §§ 13 <strong>und</strong> 14 der Prüfvereinbarung den wirtschaftlichen<br />

Umgang mit Sprechst<strong>und</strong>enbedarf mittels zwei Arten von Prüfverfahren:<br />

Prüfung der Einzelverordnung <strong>und</strong> nach Durchschnittswerten.<br />

Prüfung der Einzelverordnung ("unzulässiger SSB")<br />

Die Prüfung von Einzelverordnungen (, unzulässiger SSB - auch als Prüfung<br />

in besonderen Fällen bezeichnet) findet in der Regel auf Antrag der Barmer<br />

Ersatzkasse statt. Denn die Barmer wickelt in Nordrhein den Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

für alle Kassen ab. Die Kasse informiert den Prüfungsausschuss, der<br />

dann prüft, ob andere als die nach der Sprechst<strong>und</strong>enbedarfs-Vereinbarung<br />

zulässigen Mittel verordnet wurden. Sollte dies der Fall gewesen sein, so hat<br />

der Arzt der Barmer die hierdurch entstandenen Kosten zu erstatten. Voraussetzung<br />

ist, dass der so genannte Schaden mindestens 25 Euro beträgt. Die<br />

Mindestgrenze gilt indes nicht, wenn ein Artikel wiederholt unzulässigerweise<br />

als Sprechst<strong>und</strong>ebedarf abgerechnet wurde. Dann müsste der betroffene<br />

Arzt auch kleinere „Schadensummen“ begleichen.<br />

Die folgende Liste enthält die Präparate, deren Verordnung Regressanträge<br />

im Bereich des Sprechst<strong>und</strong>enbedarfs ausgelöst hat. Sie zählt Artikel auf, die<br />

nach Auffassung der Barmer Ersatzkasse nicht im Sprechst<strong>und</strong>enbedarf hätten<br />

verordnet werden dürfen. Hierzu liegen den Prüfgremien Anträge der<br />

Barmer vor.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

49


Beanstandete Präparate<br />

Absaugkatheter Fortecortin Tbl. Ovestin Ovula<br />

Accu Check Compact Teststreifen Fuchinglösung P Dragees blau<br />

Accu Check Lanzetten Gastrozepin P Dragees rosa<br />

Accu Check Sensor Teststreifen Gestone Ampullen Panthenol Amp.<br />

Accu Check Softclix Gingko Biloba Pantozol Rifun<br />

Accutrend Glucose Ginkgo Syxyl Amp. Peha Katheter-Set<br />

Aceton Ginko Loges Ampullen Pelo Print Folien<br />

Aceton/Methanol 1:1 Glovex ultra Handschuhe Pentagastrin Amp.<br />

Alkohol Konzentrat 95 % Braun Lsg. als Gluco Touch Teststr. Pentoxiphyllin Amp.<br />

Infusionszusatz Glucose Teststreifen Perfix Plug<br />

Alufingerschiene Haemo Glukotest Persantin Ampullen<br />

Aminomal Haemoccult Petrenterol<br />

Aminoven Helicobacter Test Petrischale<br />

Anapen Hepa Merz Amp. Pirorheum<br />

Antra Inf.Lösung Hepa Merz Konzentrat Plexufix Sets<br />

Antra pro Infusione Hepatect Plexufix-Kanülen<br />

Arixtra Hylase Dessau Plexusanästhesie Unipolar Kanülen<br />

Arlevert Tabl. Hypercum injekt. Amp. Portex Kontrastgranulat<br />

Arnica Glob. Inimur Vaginalstäbchen Predalon Ampullen<br />

Augenklappen Irenat Pregnesin<br />

B 12 Biomo Ampullen Kade Fungin Prevical<br />

BD Microlance Kalinor Brausetabletten Prostavasin<br />

Beriglobin Kalt/Warm Kompressen Proximate plus MD (Hautklammergerät)<br />

B<strong>extra</strong> Tabletten Kevatril Filmtabletten Punctum Plug<br />

Blaseneinmalspritzen Koax. Interventionsset Quartamon med<br />

Budesonid Koaxial-Kanüle Quarz D6 Ampullen<br />

Budiair Lifescan one Touch Ringerlösung<br />

Buflomedil Amp. Ligatue Gummiringe Sanasthmax<br />

Cadd Extensions Set Locaseptil Neo Schlauchset f. Walkmed Pume<br />

Calcitonin Amp. Lösnesium Granulat Sekretbeutel<br />

cardiodoron Amp. L-Polamid Lösung Septum Schiene<br />

Caverjekt Maaloxan Silikonkatheter<br />

Cellacare Cervical Mar Flow Suprapubischer<br />

Silon SES Folie<br />

Cellona Shoecast<br />

Ballonkatheter Spinalset<br />

Cerebrum comp. Amp. Marcumar Spiralbohrer<br />

Chir. Federöhrnadeln Medichem Desinfektion Spiritus 30%<br />

Coagucheck Gerät + Teststreifen Medimex Thermometerhüllen Sterican Kanülen<br />

Combur 9 Test Mehrfachaufhänger Metall Stimpulex Nadeln<br />

Cutfix Skalpell Menogon HP Tockensubstanz <strong>und</strong> Supreme OP Handschuhe<br />

Cytotec Lösungsmittel Synagis<br />

Darmrohr Methanol Taxotere Erma-Med.<br />

Decapeptyl Gyn Methotrexat Thermometerhüllen<br />

Decortin Tbl. Methylen Lsg. blau Thioctacid Amp.<br />

Deflunia plus Methylenblaulösung (Löffler) TOXI L 90<br />

Depo-Provera Micral Test TTR Traumasept Vag. Ovula<br />

Dexamethason Tbl. Micro Fine Traumeel S Amp.<br />

Dronabiol Lösung Microlet Lanzetten Trental<br />

Durogesic PFL Microlet Stechhilfe Tromcardin E Infusion<br />

Echinacea comp. Amp. Mitomycin Ureter Katheter<br />

Edisonite Schnellreiniger Mutokhel Ampullen Urinbeutel<br />

Einmalskalpelle NAC 200, Brausetbl. Urinflaschen f.d. Mann<br />

Eisen III chloridlsg. zur Analyse Natriumcitrat-Lösung Urokinase<br />

Enbiola Verla Vaginaltabletten Neuro Lichtenstein Amp. Uromed nephro Ballonkatheter<br />

Endotrachealtubus n Migill Neuro ratioph. Amp. Uromed Silikon Ballonkatheter<br />

Entzündungstropfen Neuzeitliche Fingerschienen Uromed Sup. Ballonkatheter<br />

Epiderm Gelfolie Nexim Pulver Inf.DFL Uromed Supra Katheter Integral<br />

Estriol Ovulum Jenapharm Nierenschale pappe Uromed Tiemann Ballonkatheter<br />

Ethanol 70 % Nigersan Ampullen Uromitexan Tbl.<br />

Ethiloop Retracktionsschlauch Nizoral Vagi-C 60 VOV<br />

Excel G Azu Nootrop M Infusionsgerät Vagi-Hex Vaginaltabletten<br />

Falk Sieb Pessar Notakehl Ampullen Vagisan Vaginalzäpfchen<br />

Fastjekt Oekolpt Veratrum Alb D4 Amp.<br />

Federöhrnadeln Ohrenbinden Verbandzellstoff<br />

Ferrlecit Omnican Ins. Spr. m. Kan. Vergentan Tabl.<br />

Fingerschiene nach Böhler Omnifix Einmalspritzen Vertigo Heel<br />

Fix-Verband-Schienen Oralpaedon Viridal<br />

Fluomycin Vaginaltabletten Orthopädische Fingerschienen Vitamin B 12<br />

Formaldehyd Ortoton Tabletten Vitamin B Komplex<br />

Formalin Osmof<strong>und</strong>in Whitcare Spinalkanülen<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

50


Prüfung nach Durchschnittswerten ("unwirtschaftlicher SSB")<br />

Außer den Einzelprüfungen finden Prüfungen aufgr<strong>und</strong> statistischer<br />

Vergleiche statt. Dazu werden zunächst für jede Fachgruppe Durchschnittswerte<br />

gebildet. Die Prüfung erfolgt bei Überschreitung der<br />

Durchschnittswerte. Auch hier tritt in der Regel die Barmer Ersatzkasse<br />

als Antragsteller auf. R<strong>und</strong> 940 Anträge pro Jahr erreichen dabei die<br />

Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses Nordrhein.<br />

Die aktuellsten Statistiken beziehen sich auf das 4. Quartal 2005. Ihre<br />

Untergruppeneinteilung finden Sie bei Ihren Abrechnungsunterlagen in<br />

der „Gesamtübersicht vor Prüfung“ oder der „Frequenztabelle“.�<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

51


Fallkosten Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />

Facharztgruppe Untergruppe Falldurchschnitt Facharztgruppe Untergruppe Falldurchschnitt<br />

4/2005<br />

4/2005<br />

1 22,85 € Laborärzte 3 - €<br />

Anästhesisten<br />

2 8,78 € 1 1,13 €<br />

3 1,14 € Lungeärzte<br />

2 0,89 €<br />

1 5,30 €<br />

3 - €<br />

2 0,39 € 1 0,37 €<br />

Augenärzte<br />

3<br />

4<br />

3,56 €<br />

0,39 €<br />

2<br />

3<br />

0,32 €<br />

0,29 €<br />

5 2,55 € 4 - €<br />

6 0,34 € Nervenärzte<br />

5 ./.<br />

1 10,18 € 6 0,05 €<br />

2 4,05 € 7 ./.<br />

Chirurgen<br />

3 8,58 € 8 ./.<br />

4 9,90 €<br />

9 0,04 €<br />

5<br />

1<br />

0,23 €<br />

0,08 €<br />

Neurochirurgen<br />

1<br />

2<br />

3,57 €<br />

- €<br />

2 5,35 € Nuklearmediziner 1 8,41 €<br />

Gynäkologen<br />

3 0,30 € 1 2,90 €<br />

4 0,62 € Orthopäden<br />

2 3,09 €<br />

5 9,47 €<br />

3 - €<br />

1 2,13 € 1 - €<br />

Dermatologen<br />

2<br />

3<br />

1,58 €<br />

1,99 €<br />

Pathologen<br />

2<br />

3<br />

- €<br />

- €<br />

4 0,07 € Physiotherapeuten 1 ./.<br />

1 0,75 € 1 0,91 €<br />

2 0,49 € 2 1,01 €<br />

3 0,76 € 3 1,00 €<br />

HNO-Ärzte<br />

4 0,56 € 4 1,11 €<br />

5 - € Praktische Ärzte<br />

5 1,36 €<br />

6 0,68 € 6 1,99 €<br />

7 0,30 € 7 1,56 €<br />

1 0,77 € 8 0,72 €<br />

2 0,82 €<br />

9 4,92 €<br />

3 0,88 € Psychotherapeuten 1 0,08 €<br />

4 1,37 € 1 8,39 €<br />

5 1,21 € 2 12,70 €<br />

Internisten<br />

6<br />

7<br />

0,53 €<br />

9,60 €<br />

Radiologen<br />

3<br />

4<br />

- €<br />

12,00 €<br />

8 1,35 €<br />

5 2,08 €<br />

9 1,87 € 0 0,14 €<br />

A 13,56 € 1 - €<br />

B 3,00 € 2 0,02 €<br />

C 1,82 € Sonstige Ärzte<br />

3 0,93 €<br />

1 0,84 € 4 - €<br />

Kinderärzte<br />

2<br />

3<br />

0,37 €<br />

0,29 €<br />

5<br />

6<br />

- €<br />

- €<br />

4 - € Sonstige Fachärzte 1 0,19 €<br />

0 ./. 1 2,95 €<br />

Kliniken/Institute<br />

2<br />

3<br />

./.<br />

./.<br />

Urologen<br />

2<br />

3<br />

4,16 €<br />

0,95 €<br />

5 ./.<br />

4 3,45 €<br />

Laborärzte<br />

1<br />

2<br />

- €<br />

0,01 €<br />

Zahn/Kiefer<br />

1<br />

2<br />

7,51 €<br />

- €<br />

*./. = kein Wert vorhanden<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

52


IV Entscheidungen des<br />

Prüfungsausschusses<br />

Der Prüfungsausschuss entscheidet anhand der ihm vorliegenden<br />

Unterlagen <strong>und</strong> der Stellungnahme des Arztes. Bei der Beurteilung<br />

im Falle einer Durchschnittswertprüfung steht dem Prüfgremium ein<br />

„Ermessen“ zu. Der Ausschuss kann die Höhe des Regresses schätzen.<br />

Die Gremien besitzen also einen erheblichen Entscheidungsspielraum.<br />

Zudem sind die Entscheidungen gerichtlich nur eingeschränkt zu kontrollieren.<br />

Gerichte prüfen im Zweifel nur, ob das Ermessen richtig ausgeübt<br />

wurde <strong>und</strong> der Beschluss ausreichend begründet ist.<br />

Ganz anders bei Richtgrößenprüfungen. Hier fehlt der Ermessenspielraum.<br />

Die Höhe des Regresses richtet sich exakt nach der Höhe der Überschreitung.<br />

Vom Honorar abgezogen wird der Betrag, der oberhalb<br />

des Richtgrößenvolumens plus 25 Prozent liegt (125-Prozentmarke),<br />

abzüglich aller Praxisbesonderheiten.<br />

Mit anderen Worten: Überschreitet das Verordnungsvolumen eines Arztes<br />

nach Abzug aller Praxisbesonderheiten das vorgegebene Richtgrößenvolumen<br />

um mehr als 25 Prozent, wird ein Regress festgesetzt. Immer<br />

vorausgesetzt, dass weder die Stellungnahme des Arztes noch die<br />

hinzugezogenen Unterlagen die Überschreitung hinreichend begründen.<br />

Die Entscheidung fällt der Prüfungsausschuss.<br />

Beispiel: Frau Dr. Mustermann hat im Jahr 2006 ein Richtgrößenvolumen<br />

von 100.000 Euro. Der Wert ihrer Verordnungen in diesem Jahr<br />

liegt bei 175.000 Euro. Davon sind 25.000 Euro als Praxisbesonderheiten<br />

abzuziehen. Der Überschreitungsbetrag liegt folglich bei 50.000 Euro,<br />

der Regress beläuft sich auf 25.000 Euro – abzüglich der Rabatte <strong>und</strong><br />

Patientenzuzahlungen.<br />

Über seine Entscheidung erlässt das Prüfgremium einen schriftlichen<br />

Bescheid, der begründet sein muss. In der Begründung sind die wesentlichen<br />

tatsächlichen <strong>und</strong> rechtlichen Gründe mitzuteilen, die zu der Entscheidung<br />

geführt haben. Denn nur so ist gewährleistet, dass rechtlich<br />

überprüft werden kann, ob alle Gr<strong>und</strong>sätze beispielsweise der Prüfvereinbarung<br />

beachtet wurden. Den Bescheid muss der geprüfte Arzt spätestens<br />

fünf Monate nach der Entscheidung des Prüfungsausschusses<br />

erhalten.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

53


Mit dem GKV-Wettbewerbs-Stärkungsgesetz ist geplant, dass zukünftig<br />

die Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschuss („Prüfstelle“)<br />

statt des Prüfungsausschusses im ersten Verfahrenszug einen Verwaltungsakt<br />

erlässt.<br />

Gegenmittel: Der Widerspruch<br />

Gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses müssten Sie innerhalb<br />

eines Monats Widerspruch beim Beschwerdeausschuss einlegen. Dann<br />

wird der Bescheid nicht bestandskräftig. Der Widerspruch kann formlos<br />

eingelegt <strong>und</strong> die Begründung nachgereicht werden. Formlos heißt jedoch<br />

in jedem Fall schriftlich – E-mails werden nicht akzeptiert. Die<br />

Begründung sollte über die im Prüfverfahren vorgebrachten Argumente<br />

hinausgehen. Nur dann kann der Widerspruch erfolgreich sein.<br />

Bei einem Widerspruch sollte jedoch in jedem Fall bedacht werden, dass<br />

auch eine Verschlechterung möglich ist, wenn z.B. auch eine Krankenkasse<br />

Widerspruch eingelegt hat. Sollte der Prüfungsausschuss beispielsweise<br />

zugunsten der betroffenen Praxis Besonderheiten in erheblichem<br />

Umfang herausgerechnet haben, kann es sein, dass diese Besonderheiten<br />

vom Beschwerdeausschuss nicht - oder nicht in vollem Umfang<br />

- berücksichtigt werden, so dass der Regress am Ende höher ausfällt.<br />

Diese Fälle sind zwar selten, aber nicht auszuschließen.�<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

54


V Entscheidungen des<br />

Beschwerdeausschusses<br />

Im Falle eines Widerspruchs entscheidet der Beschwerdeausschuss.<br />

Der Ausschuss prüft nicht nur die Richtigkeit der Entscheidung des<br />

Prüfungsausschusses, sondern das gesamte Verfahren von Anfang<br />

an. Nur wenn der Beschwerdeausschuss von der Richtigkeit der Argumentation<br />

des Arztes, der Kasse oder der KV Nordrhein überzeugt<br />

ist, wird er die Entscheidung der Vorgängerinstanz abändern.<br />

Die Argumente sollten daher für den Beschwerdeausschuss noch einmal<br />

aufbereitet <strong>und</strong> wenn möglich verbessert werden. Wichtig ist, dass Sie<br />

Ihre Argumente vollständig vortragen. Denn in einem möglichen späteren<br />

Klageverfahren vor dem Sozialgericht können Sie Ihre Argumente<br />

weder ergänzen noch neue Sachverhalte vortragen.<br />

Das Gericht prüft ausschließlich, ob der Beschwerdeausschuss auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage der ihm bekannten Tatsachen richtig entschieden hat. Tatsachen,<br />

die erst nach der Entscheidung der Prüfgremien vorgebracht werden,<br />

kann das Gericht nicht in die Prüfung einbeziehen.�<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

55


VI Tipps im Vorfeld<br />

Der beste Fall ist sicherlich, wenn es gar nicht erst zu Prüfverfahren<br />

kommt. Denn ein Verfahren raubt zumindest Zeit, im schlimmsten<br />

Fall sogar Geld. Die Regressgefahr können Sie aber oft durch einfache<br />

Maßnahmen erheblich mindern.<br />

Wichtig ist zunächst einmal, Richtlinien <strong>und</strong> vor allem die Negativliste<br />

zu beachten. Denn es besteht kaum eine Chance, angesichts dieser<br />

„normierten“ Ausarbeitungen zum Wirtschaftlichkeitsgebot ein Verordnungsverhalten<br />

zu rechtfertigen, das beispielsweise von den <strong>Arznei</strong>-<br />

oder Heilmittel-Richtlinien abweicht.<br />

Verordnungen darstellen<br />

Eine auf die eigene Praxis zugeschnittene Liste eigener Präparate hilft,<br />

den Überblick zu wahren. Unter den bewährten Präparaten mit gesicherter<br />

Qualität sollten sich wenn möglich günstige Generika oder Importe<br />

finden. Ein regelmäßiger Check garantiert den aktuellen Stand der<br />

Therapie. Erstellen Sie eine solche Liste, denn so können bereits im Vorfeld<br />

Wirtschaftlichkeitserwägungen festgelegt werden, die unter Umständen<br />

bei Anwesenheit eines Patienten <strong>und</strong> unter Zeitdruck entfallen.<br />

Prüfung neuer Präparate<br />

Neu heißt nicht immer besser. Immer noch werden zu oft <strong>und</strong> ohne überzeugenden<br />

Gr<strong>und</strong> neue (teure) <strong>Arznei</strong>mittel eingesetzt. Es ist ein<br />

alter Hut, dass neue Medikamente immer wieder durch überraschende<br />

Nebeneffekte unangenehm auffallen.<br />

Unter Umständen ist ein neues Medikament nur deswegen eingeführt<br />

worden, um den Patentschutz zu erneuern, ohne dabei die Wirkungsweise<br />

wesentlich zu verändern. Vor jeder Verordnung sollten Sie prüfen,<br />

ob das Therapieziel nicht auch mit bewährten <strong>und</strong> günstigeren Medikamenten<br />

erreicht werden kann.<br />

Keine Wunschverordnungen<br />

Stellen Sie kein Rezept zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse aus,<br />

wenn die Verordnung nicht unbedingt notwendig ist. Wenn ein Patient<br />

ein nicht unbedingt notwendiges Präparat ausdrücklich verlangt, sollte<br />

die Verordnung auf Privatrezept erfolgen.<br />

Überprüfung von Vor-Verordnungen<br />

Vor-Verordnungen – besonders aus dem Krankenhaus – entbinden leider<br />

nicht von der Pflicht, auch diese kritisch auf ihre Wirtschaftlichkeit zu<br />

prüfen. Denn ansonsten geht die unwirtschaftliche Verordnungsweise<br />

des Krankenhauses voll zu Lasten des Arztes, der die Präparate weiter<br />

verordnet.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

56


„<strong>Arznei</strong>mittelbudget“ der Praxis überwachen<br />

Verfahren drohen, wenn das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 bzw.<br />

25 Prozent überschritten wird. Deswegen sollten Sie Ihre Verordnungsumsätze<br />

im Blick behalten. Hierzu dienen die Verordnungsstatistiken <strong>und</strong><br />

Programme zur Richtgrößenüberwachung des Praxis-PC. Die meisten<br />

Softwareanbieter von Praxissoftware enthalten Systeme, die Verordnungsstatistiken<br />

anbieten; sie werden jedoch wenig genutzt.�<br />

Checkliste zur Regressvermeidung<br />

� Verordnungsintervalle <strong>und</strong> Verordnungsmengen regelmäßig<br />

kontrollieren<br />

� Keine Großpackungen bei akuten Krankheitsbildern, Urlaubs-<br />

vertretungen, im Notdienst oder bei Neueinstellungen abgeben<br />

� Verordnungen nach Klinikaufenthalt kritisch vornehmen, eventuell<br />

auf Generika umstellen<br />

� So wenig wie möglich verordnen. Mit der Anzahl der verordneten Präparate<br />

sinkt die Compliance <strong>und</strong> steigen die Interaktionen.<br />

� Diagnostik <strong>und</strong> die daraus resultierende Therapie sorgfältig<br />

dokumentieren<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

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VII Literatur <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />

Die folgenden Vereinbarungen sind besonders relevant. Sie alle sind im<br />

Internet unter www.kvno.de abzurufen (Bereich: „Mitglieder“, Rubrik:<br />

„<strong>Arznei</strong>-, Heil- <strong>und</strong> Hilfsmittel“).<br />

� Prüfvereinbarung (Stand 2001)<br />

� Richtgrößenvereinbarung (Stand <strong>2007</strong>)<br />

� <strong>Arznei</strong>mittelrichtlinien (Stand <strong>2007</strong>)<br />

� Heilmittelrichtlinien (Stand 1. Juli 2004)<br />

� Negativliste (Stand 2002)<br />

� Sprechst<strong>und</strong>enbedarfsvereinbarung (Stand 1. Oktober 2005)<br />

Mitarbeiterinnen der Abteilung Pharmakotherapieberatung sowie beratende<br />

Ärzte der KV Nordrhein stehen Ihnen bei Fragen zur Verfügung:<br />

Dorothee Brakmann<br />

Telefon 0211 5970 8275<br />

Telefax 0211 5970 9275<br />

E-Mail dorothee.brakmann@kvno.de<br />

Christine Brückner<br />

Telefon 0211 5970 8103<br />

Telefax 0211 5970 9103<br />

E-Mail christine.brueckner@kvno.de<br />

Marika Röhse<br />

Telefon 0211 5970 8050<br />

Telefax 0211 5970 9050<br />

E-Mail Marika.Roehse@kvno.de<br />

Petra Stienen<br />

Telefon 0211 5970 8250<br />

Telefax 0211 5970 9250<br />

E-Mail Petra.Stienen@kvno.de<br />

Selini Armen<br />

Telefon 0211 5970 8140<br />

Telefax 0211 5970 9140<br />

E-Mail Selini.Armen@kvno.de<br />

Angelika Graw<br />

Telefon 0211 5970 8083<br />

Telefax 0211 5970 9083<br />

E-Mail Angelika.Graw@kvno.de<br />

Dr. Manfred Eggen<br />

Telefon 0211 5970 8395<br />

Telefax 0211 5970 9395<br />

E-Mail manfred.eggen@kvno.de<br />

Dr. Winfried Esser<br />

Telefon 0221 7763 6603<br />

Telefax 0221 7763 5603<br />

E-Mail winfried.esser@kvno.de<br />

Heinz Lersch<br />

Telefon 0221 7763 6604<br />

Telefax 0221 7763 5604<br />

E-Mail heinz.lersch@kvno.de<br />

Ihre Fragen zur Verordnung von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmitteln können Sie<br />

gerne auch im persönlichen Gespräch auf den Infomärkten der KV Nordrhein<br />

stellen. Dort stehen Ihnen unsere Ansprechpartner regelmäßig zur<br />

Verfügung – wie auch zu vielen anderen Themen.<br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

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Impressum<br />

<strong>KVNO</strong> <strong>extra</strong> <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong><br />

Herausgeber:<br />

Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein<br />

Tersteegenstraße 9<br />

40474 Düsseldorf<br />

Redaktion:<br />

Dorothee Brakmann<br />

Redaktionsbeirat:<br />

Dr. Leonhard Hansen,<br />

Dr. Klaus Enderer,<br />

Ruth Bahners<br />

Layout:<br />

Andreas Koch<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein<br />

Tersteegenstraße 9<br />

40474 Düsseldorf<br />

Telefon 0211 5970 8111<br />

Telefax 0211 5970 8136<br />

E-Mail pharma@kvno.de<br />

Düsseldorf, April <strong>2007</strong><br />

<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />

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