KVNO extra: Arznei- und Heilmittelregresse 2007
KVNO extra: Arznei- und Heilmittelregresse 2007
KVNO extra: Arznei- und Heilmittelregresse 2007
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Inhalt<br />
3 Editorial<br />
5 I Wirtschaftlichkeit rechnet sich<br />
7 II Ausgabenvolumina <strong>und</strong> Zielvereinbarungen<br />
14 III Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />
15 III.1 Ablauf der Prüfverfahren<br />
17 III.2 Vier Prüfungsarten<br />
18 III.2.1 Durchschnittswertprüfung<br />
21 III.2.2 Richtgrößenprüfung<br />
40 III.2.3 Prüfung in besonderen Fällen<br />
49 III.2.4 Prüfung des Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
53 IV Entscheidung des Prüfungsausschusses<br />
55 V Entscheidung des Beschwerdeausschusses<br />
56 VI Tipps im Vorfeld<br />
58 VII Literatur <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
2
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />
die Verordnung von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmitteln ist in den letzten Jahren<br />
immer mehr reglementiert worden. Dabei hat die Fülle an gesetzlichen<br />
Vorschriften <strong>und</strong> Regelungen jedes Jahr zugenommen. Zu den gesetzlichen<br />
Reglementierungen gehört auch, dass jedes Jahr eine Ausgabenobergrenze<br />
für die Ausgaben im Verordnungsbereich festgelegt werden<br />
muss.<br />
Das gilt für <strong>Arznei</strong>mittel genauso wie für Heilmittel, also zum Beispiel<br />
Krankengymnastik, Massagen, Ergotherapie oder Logopädie. Gr<strong>und</strong>lage<br />
dieser <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarungen ist jeweils eine B<strong>und</strong>esregelung, die<br />
zwischen Kassenärztlicher B<strong>und</strong>esvereinigung <strong>und</strong> Spitzenverbänden der<br />
Krankenkassen abgeschlossen wird. So ist es auch für <strong>2007</strong> geschehen.<br />
Mit diesem Heft möchten wir Sie ausführlich zu den Vereinbarungen<br />
informieren.<br />
Der Ratgeber soll auch dazu beitragen, Sie vor Regressen zu bewahren.<br />
Hierfür ist es notwendig, Einblick in die einzelnen Prüfmethoden zu geben.<br />
Denn nur wenn klar ist, auf welcher Gr<strong>und</strong>lage Regresse erfolgen,<br />
können Sie im Zweifel auch adäquat argumentieren. Das Prüfgeschäft<br />
läuft nach festen Regeln. Unser Interesse ist, dass so wenige Kolleginnen<br />
<strong>und</strong> Kollegen wie möglich in Prüfverfahren geraten. Deswegen versuchen<br />
wir zum Beispiel Verträge so zu gestalten, dass sie einen sicheren<br />
Schutz für wirtschaftlich verordnende Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzte bieten.<br />
Wir haben beispielsweise die <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung 2006 mit den<br />
Me-too- <strong>und</strong> Generikaquoten fortgeschrieben, damit nicht die Regelungen<br />
des <strong>Arznei</strong>mittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetztes, kurz<br />
AVWG, zum Tragen kommen. Im Bereich der KV Nordrhein wird es demnach<br />
keine komplizierten Tagestherapiekosten-Vorschriften geben. Und<br />
mit unserer Vereinbarung sind die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen vor Regressen<br />
geschützt, die ihr Richtgrößenvolumen einhalten.<br />
Deshalb möchten wir auch ausdrücklich vor den Anwälten <strong>und</strong> Firmen<br />
warnen, die sich im letzten Jahr damit gebrüstet haben, für die Ärztinnen<br />
<strong>und</strong> Ärzte die Me-too- <strong>und</strong> Generikaregelungen zu beklagen. Denn<br />
sie erweisen Ihnen eigentlich einen Bärendienst: sollten sie die Vereinbarung<br />
tatsächlich kippen, gilt das AVWG - <strong>und</strong> es gäbe keinen Regress-<br />
Schutz mehr für diejenigen Ärzte, die beispielsweise ihre Richtgrößen<br />
einhalten. Erfreulicherweise sind jedoch auch die Gerichte von unserer<br />
Vereinbarung überzeugt, so dass prozessualen Auseinandersetzungen in<br />
der zweiten Instanz <strong>und</strong> seither auch in der ersten Instanz überwiegend<br />
zugunsten der KV Nordrhein beschieden wurden.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
3
Liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, wir kommen nicht umhin, jede Sparreserve<br />
im <strong>Arznei</strong>mittelbereich zu mobilisieren. Denn es ist eine Mär zu<br />
glauben, die <strong>Arznei</strong>mittelausgaben seien unabhängig von der Gesamtvergütung:<br />
Jeder Euro, der bei den <strong>Arznei</strong>mittelausgaben zu viel ausgegeben<br />
wird, fehlt letztlich beim ärztlichen Honorar. Deshalb sollten wir<br />
unseren Weg weiter gehen <strong>und</strong> konsequent wirtschaftlich verordnen.<br />
Mit kollegialen Grüßen<br />
Dr. Leonhard Hansen<br />
Vorsitzender<br />
Dr. Klaus Enderer<br />
Stellv. Vorsitzender<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
4
I Wirtschaftlichkeit rechnet sich<br />
Die seit Jahren steigenden Ausgaben im <strong>Arznei</strong>mittelbereich<br />
belasten zumindest mittelbar die ärztliche Gesamtvergütung. Die<br />
Mechanik ist banal: Jeder Euro kann eben nur einmal ausgegeben<br />
werden. Um Regresse <strong>und</strong> eine kollektive Haftung mit dem Honorar<br />
zu verhindern, müssen Wirtschaftlichkeitsreserven im <strong>Arznei</strong>mittelbereich<br />
gehoben werden - ohne dass die Qualität der Therapie<br />
leidet. Mit der nordrheinischen <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung 2006 ist<br />
das gelungen: sowohl im Bereich der Generika als auch bei den so<br />
genannten Me-too-Präparaten. Diesen Weg wollen wir weiter<br />
gehen. Um die erzielten Effekte zu verstetigen, rücken weitere<br />
Bereiche mit Wirtschaftlichkeitsreserven in den Fokus.<br />
Die deutlichen Ausgabensteigerungen führen nicht nur dazu, dass von<br />
Seiten der Krankenkassen verstärkt Verordnungen geprüft <strong>und</strong> Regressanträge<br />
gestellt werden, auch die Honorarsituation wird in dieser Situation<br />
immer schwieriger. Ist das Geld erst in den <strong>Arznei</strong>mittelsektor<br />
geflossen, steht es nicht mehr bereit für beispielsweise <strong>extra</strong>budgetäre<br />
Sonderverträge. Unnötige Umsatzsteigerungen bei <strong>Arznei</strong>mitteln müssen<br />
deshalb eingedämmt werden <strong>und</strong> das nach dem Motto: Nicht am, sondern<br />
mit Medikamenten sparen.<br />
EURO<br />
2.900,0<br />
2.700,0<br />
2.500,0<br />
2.300,0<br />
2.100,0<br />
1.900,0<br />
1.700,0<br />
2.317,7<br />
1.768,0<br />
tatsächliche Ausgaben 1997 - 05 / <strong>Arznei</strong>mittel<br />
2.319,9<br />
1.807,2<br />
2.345,9<br />
2.043,7<br />
2.303,5<br />
2.231,9<br />
2.421,9<br />
2.309,6<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
5<br />
2.536,9 2.551,8<br />
2.330,3<br />
2.362,2<br />
2.348,6<br />
2.306,4<br />
2.726,1<br />
2.310,5<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
Jahr<br />
<strong>Arznei</strong>mittel (in Tsd. EURO) Vergütung (punktbewertete Leistungen)
Was ist wirtschaftlich?<br />
Die Verordnung von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmitteln zu Lasten der gesetzlichen<br />
Krankenkassen unterliegt zahlreichen Regelungen. Die wichtigste ist das<br />
Wirtschaftlichkeitsgebot. Diesem Gebot genügt eine <strong>Arznei</strong>- oder Heilmitteltherapie,<br />
wenn die Verordnung ausreichend, zweckmäßig <strong>und</strong><br />
wirtschaftlich ist <strong>und</strong> das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. So<br />
zumindest definiert § 12 Abs. 1 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V)<br />
die Wirtschaftlichkeit.<br />
Die Adjektive „ausreichend, zweckmäßig“ <strong>und</strong> „wirtschaftlich“ sind vom<br />
Gesetzgeber <strong>und</strong> Gerichten näher definiert worden. Eine Leistung gilt<br />
demnach als ausreichend, wenn sie nach Umfang <strong>und</strong> Qualität hinreichende<br />
Chancen für eine Heilung bietet <strong>und</strong> einen Mindeststandard<br />
garantiert. Zweckmäßig ist eine Leistung, die zur Herbeiführung des<br />
Heilerfolgs geeignet <strong>und</strong> hinreichend wirksam ist. Als notwendig gelten<br />
Leistungen, die unentbehrlich, unvermeidlich oder unverzichtbar sind.<br />
Als wirtschaftlich im Sinne des SGB V wird eine Leistung angesehen,<br />
wenn die gewählte Therapie im Vergleich zu anderen ein günstiges<br />
Verhältnis von Kosten <strong>und</strong> Nutzen aufweist. Die Kosten bei <strong>Arznei</strong>mitteln<br />
sind folglich definiert als der Preis des Medikaments beziehungsweise<br />
die <strong>Arznei</strong>mittelkosten pro Zeiteinheit (Tagestherapiekosten).<br />
Welche Regelungen sind zu beachten?<br />
Die größte Bedeutung für eine Praxis haben die <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung<br />
mit den dazugehörenden Zielvereinbarungen im Bereich Me-too<br />
<strong>und</strong> Generika <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeitsprüfungen wie zum Beispiel Prüfungen<br />
nach Durchschnittswerten oder Richtgrößenprüfungen. Dabei<br />
ersetzen die Me-too <strong>und</strong> Generikaquoten leider die Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />
nicht, sondern die Zielvereinbarungen sind vom Gesetzgeber<br />
als weitere Maßnahme zur Kostensenkung gedacht.�<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
6
II Ausgabenvolumen<br />
<strong>und</strong> Zielvereinbarungen<br />
Alle Jahre wieder sind Vereinbarungen zwischen Krankenkassen <strong>und</strong><br />
Kassenärztlicher Vereinigung abzuschließen, die die Obergrenze der<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittelausgaben festlegen. So sieht es das Sozialgesetzbuch<br />
V vor. Gr<strong>und</strong>lage dieser Vereinbarungen sind jeweils B<strong>und</strong>esvorgaben,<br />
die zwischen der Kassenärztlichen B<strong>und</strong>esvereinigung<br />
<strong>und</strong> den Spitzenverbänden der Krankenkassen abgeschlossen wurden.<br />
So ist es auch für <strong>2007</strong> geschehen.<br />
Für <strong>Arznei</strong>mittel stehen in Nordrhein im Jahr <strong>2007</strong> r<strong>und</strong> 2,787 Milliarden<br />
Euro zur Verfügung, r<strong>und</strong> 107 Millionen mehr als im Vorjahr.<br />
Die Me-too-Liste <strong>und</strong> die fachgruppenspezifischen Zielvorgaben für<br />
Me-too-Präparate <strong>und</strong> Generika gibt es auch <strong>2007</strong>, im Wesentlichen<br />
unverändert. Sollten die tatsächlichen <strong>Arznei</strong>mittelausgaben 2006 um<br />
weniger als vier Prozent steigen <strong>und</strong> das Ausgabenvolumen <strong>2007</strong> eingehalten<br />
werden, gibt es einen Bonus.<br />
Die Zielwerte entsprechen den Vorjahreswerten. Neu ist die Me-too-<br />
Quote für Nervenärzte (13,8 Prozent), die Quote der Augenärzte wurde<br />
gesenkt (auf 3,89 Prozent). Die Werte entsprechen dem Durchschnitt der<br />
Me-too-Verordnungen der beiden Gruppen im 1. Quartal 2006. Die<br />
Me-too-Liste wird für <strong>2007</strong> aktualisiert. Sie kann über unsere Homepage<br />
(www.kvno.de) oder den Faxabruf 0211 5970 7532 abgerufen werden.<br />
Wie im Jahr 2006 sind diese Zielwerte auch nur für diejenigen Verordner<br />
"scharf", die ihr persönliches Richtgrößenvolumen überschreiten. Ein<br />
Honorarabzug in Höhe von bis zu vier Prozent aufgr<strong>und</strong> der Vereinbarung<br />
droht demnach nur dann, wenn erstens ein Arzt sein Richtgrößenvolumen<br />
überschreitet <strong>und</strong> zweitens einer der Zielwerte bei Generika<br />
oder Me-too-Präparaten nicht erreicht wird.<br />
Dabei ist es in diesem Jahr irrelevant, ob das Ausgabenvolumen <strong>2007</strong><br />
überschritten wird. Sobald das Richtgrößenvolumen einer Praxis überschritten<br />
worden ist, folgt ein Honorarabzug, wenn entweder zu viele<br />
Me-too-Präparate oder zu wenige Generika verordnet wurden. Neu ist<br />
auch, dass es einen Bonus für wirtschaftlich verordnende Ärzte gibt,<br />
wenn im Jahr <strong>2007</strong> weniger als im Vorjahr zuzüglich eines<br />
4-prozentigen Aufschlags ausgegeben wird. Wenn die Ausgaben 2006<br />
sich beispielsweise auf 2,65 Milliarden Euro summieren <strong>und</strong> sie im<br />
kommenden Jahr auf gleichem Niveau landen, dann werden etwa 47<br />
Millionen Euro an die Ärzte im Rheinland ausgeschüttet.<br />
Fazit: Die Vereinbarung schützt all diejenigen Praxen vor Regressen, die<br />
unterhalb ihres Richtgrößenvolumens liegen. Diesen Schutz gibt es nicht<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
7
in allen Regionen. Denn mit dem <strong>Arznei</strong>mittelversorgungs-<br />
Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) gilt eine Bonus-Malus-Regelung, die<br />
alle Praxen trifft – auch viele wirtschaftlich verordnende. Diese Regelung<br />
kann durch regionale Vereinbarungen außer Kraft gesetzt werden.<br />
Das ist in Nordrhein gelungen.<br />
Mindest-Generikaquote <strong>2007</strong><br />
Fachgruppe Quote (in Prozent)<br />
Allgemeinmediziner 79,0<br />
Anästhesisten 76,8<br />
Augenärzte 80,4<br />
Chirurgen 69,6<br />
Gynäkologen 80,8<br />
HNO-Ärzte 87,9<br />
Hautärzte 75,9<br />
Internisten 78,4<br />
Kinderärzte 79,3<br />
Nervenärzte 73,1<br />
Orthopäden 79,4<br />
Urologen 80,7<br />
Me-too-Grenze <strong>2007</strong><br />
Fachgruppe Quote (in Prozent)<br />
Allgemeinmediziner 8,0<br />
Augenärzte 3,9<br />
HNO-Ärzte 5,4<br />
Hautärzte 4,2<br />
Internisten 7,7<br />
Kinderärzte 1,0<br />
Nervenärzte 13,8<br />
Urologen 10,7<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
8
Was sind Me-too-Präparate bzw.<br />
patentgeschützte Analogpräparate?<br />
Als patentgeschützte Analogpräparate (Me-too-Präparate) werden alle<br />
<strong>Arznei</strong>mittel bezeichnet, für die Patentschutz in irgendeiner Form ( z.B.<br />
Wirkstoff-, Herstellungs-, Verwertungs-, Unterlagenschutz usw.) besteht<br />
<strong>und</strong> für die keine Generika mit gleichartigen Wirkstoffen verfügbar sind.<br />
Weitere Voraussetzung ist, dass diese basierend auf der Methode von<br />
Fricke <strong>und</strong> Klaus als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen<br />
Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden.<br />
Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Aufnahme in die vorliegende<br />
Aufstellung, dass der Patentschutz am 01. November 2006 noch nicht<br />
abgelaufen war, die <strong>Arznei</strong>mittel am 01. November 2006 im Handel<br />
waren, dass im Zeitraum Januar bis Juni 2006 b<strong>und</strong>esweit mindestens<br />
500 Verordnungen nach den Daten der GKV-<strong>Arznei</strong>mittel-<br />
Schnellinformation ( GAmSI) erreicht wurden <strong>und</strong> dass ein pharmakologisch-therapeutisch<br />
vergleichbares <strong>Arznei</strong>mittel für die Hauptindikation<br />
mit günstigeren Tagestherapiekosten für die verordnungshäufigste Packungsgröße<br />
als Substitution verfügbar war. Eine aktuelle Me-too-Liste<br />
kann abgerufen werden unter www.kvno.de oder im Faxabruf unter<br />
0211/5970-7532<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
9
Was heißt das genau?<br />
Der Begriff Analogpräparat (Synonyme: Me-Too-Präparat, Scheininnovation)<br />
wird seit 1982 von den beiden Kölner Pharmakologen Fricke <strong>und</strong><br />
Klaus zur Bewertung von <strong>Arznei</strong>mitteln verwendet, die einen neuen<br />
Wirkstoff enthalten <strong>und</strong> erstmals auf dem deutschen <strong>Arznei</strong>mittelmarkt<br />
eingeführt wurden. Die Klassifikation geht primär von pharmakologischen<br />
Kriterien aus, legt aber das Hauptgewicht auf den angestrebten<br />
therapeutischen Effekt von <strong>Arznei</strong>mitteln. Zur Bewertung des Innovationsgrades<br />
von <strong>Arznei</strong>mitteln wurde seitdem das folgende Klassifikationsschema<br />
zugr<strong>und</strong>egelegt:<br />
A. Innovative Struktur oder neuartiges Wirkprinzip mit therapeutischer<br />
Relevanz<br />
B. Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer<br />
Eigenschaften bereits bekannter Wirkprinzipien<br />
C. Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschieden<br />
zu bereits eingeführten Präparaten<br />
D. Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend<br />
gesichertes Therapieprinzip.<br />
Diese bewertende Klassifikation wird seit 1982 unverändert verwendet<br />
<strong>und</strong> weist damit eine bemerkenswerte Kontinuität über einen Zeitraum<br />
von 25 Jahren auf. Bis auf wenige Einzelfälle haben sich die ursprünglichen<br />
Bewertungen neuer <strong>Arznei</strong>mittel als korrekt erwiesen <strong>und</strong> mussten<br />
nicht durch spätere Studienergebnisse überarbeitet werden.<br />
Analogpräparate sind chemische Innovationen mit pharmakologisch<br />
vergleichbaren Wirkungen ohne indikationsspezifische therapeutische<br />
Vorteile. Derartige neue Substanzen sind patentfähig <strong>und</strong> ermöglichen<br />
dem Erfinder in großen Indikationsgruppen einen profitablen Marktanteil.<br />
Produkte mit solchen Molekülvariationen werden wegen ihrer Ähnlichkeit<br />
zu bereits eingeführten Wirkstoffen in den angelsächsischen<br />
Ländern auch als „Me-too-Präparate“ bezeichnet. In vielen Ländern mit<br />
einer produktiven pharmazeutischen Industrie besteht ein großer Teil<br />
der jährlich neu eingeführten Wirkstoffe aus solchen Analogsubstanzen.<br />
So wurden in den USA von 1989 bis 1993 insgesamt 127 <strong>Arznei</strong>mittel<br />
mit neuen Molekülstrukturen zugelassen, von denen jedoch nur eine<br />
kleine Minderheit klare Vorteile gegenüber bestehenden Therapieprinzipien<br />
hatte.<br />
Die Dominanz der Analogpräparate hat dazu geführt, dass sich eine<br />
hoch kompetitive Marktsituation für <strong>Arznei</strong>mittel entwickelt hat. Pharmazeutische<br />
Unternehmen führen deshalb aggressive Werbekampagnen,<br />
um ihre Produkte gegenüber denen der Wettbewerber zu profilieren,<br />
selbst wenn die Produkte im Gr<strong>und</strong>e genommen nicht zu unterscheiden<br />
sind. Das geschieht in vielen therapeutisch bedeutsamen <strong>Arznei</strong>mittelklassen<br />
wie z. B. Magenulkustherapeutika, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten,<br />
selektiven Serotoninrückaufnahmeinhibitoren <strong>und</strong> nichtsteroidalen<br />
Antiphlogistika.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
10
Analogpräparate werden ausschließlich über den therapeutischen Nutzen<br />
im Vergleich zu bereits am Markt vorhandenen <strong>Arznei</strong>mitteln aber<br />
nicht über den Preis definiert. Analogpräparate können mit einem identischen<br />
Preis, einem geringeren Preis oder einem höheren Preis als das<br />
innovative Erstprodukt einer <strong>Arznei</strong>mittelgruppe auf den Markt gebracht<br />
werden. Analogpräparate sind also keineswegs immer teurer als bereits<br />
am Markt vorhandene <strong>Arznei</strong>mittel, sondern können sogar dazu beitragen,<br />
Wirtschaftlichkeitsreserven bei den <strong>Arznei</strong>mittelausgaben zu mobilisieren.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wird in der Zielvereinbarung (§ 4 Absatz 2, Ziffer 2)<br />
der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein<br />
<strong>und</strong> den nordrheinischen Krankenkassen über das <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Verbandmittelausgabevolumen<br />
für das Kalenderjahr <strong>2007</strong> kein generelles Verbot<br />
der Verordnung von Me-too-Präparaten (Analogpräparaten) ausgesprochen.<br />
Die entsprechende Ziffer der Zielvereinbarung lautet:<br />
2. Me-too-Präparate<br />
Einhaltung oder Unterschreitung des durch den jeweiligen Vertragsarzt<br />
verursachten arztgruppenbezogenen Verordnungsanteils<br />
(Zielwert) des Bruttoumsatzes der Me-Too-Präparate ohne<br />
relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren<br />
Kosten, am Gesamtmarkt für das Kalenderjahr <strong>2007</strong><br />
Die nachgestellte Hervorhebung „aber mit höheren Kosten“ bringt deutlich<br />
zum Ausdruck, dass nur die Verordnung von teureren Analogpräparaten<br />
reduziert werden soll. Welche Präparate das sind, definiert die so<br />
genannte „Me-too“-Liste. Keinesfalls reduziert werden muss die Verordnung<br />
anderer Analogpräparate, die genauso viel wie andere am Markt<br />
vertretene <strong>Arznei</strong>mittel kosten oder sogar billiger sind. Mit der Beschränkung<br />
der Vereinbarung auf Analogpräparate mit höheren Kosten<br />
wird auch unmissverständlich ausgeschlossen, dass die Verordnung von<br />
Analogpräparaten mit geringeren Verordnungskosten reduziert werden<br />
soll.<br />
Wieso ist die Me-too-Liste im März 2006 um die Hälfte der<br />
Präparate reduziert worden?<br />
Die Liste berücksichtigte anfänglich nicht den Preis einen <strong>Arznei</strong>mittels.<br />
Es wurde lediglich benannt, bei welchen Präparaten es sich um so genannte<br />
Me-too-Präparate handelt. Die Vereinbarung sieht jedoch vor,<br />
dass nur diejenigen Me-too-Präparate in der Verordnung eingeschränkt<br />
werden sollen, die teurer sind als bewährte Mittel. Zahlreiche Nachfragen<br />
zeigten, dass nicht klar war, welche Me-too-Präparate das sind. So<br />
wurde Mitte März die Liste um diejenigen Präparate bereinigt, die zwar<br />
so genannte Nachahmerpräparate sind, kostenmäßig aufgr<strong>und</strong> der<br />
Preiswürdigkeit jedoch nicht unter unsere Me-too-Regelung fallen.<br />
Dürfen überhaupt keine Me-too-Präparate mehr aufgeschrieben<br />
werden?<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
11
In Nordhrein kann nach wie vor das gesamte Spektrum der zugelassenen<br />
<strong>Arznei</strong>mittel verordnet werden. Die Therapiefreiheit bleibt somit gesichert.<br />
Selbst die so genannten Me-too-Präparate können rezeptiert<br />
werden – allerdings nicht unbegrenzt. Denn die Vereinbarung fixiert für<br />
einige Fachgruppen Grenzwerte in diesem Bereich. Im Umkehrschluss<br />
heißt das: Nicht alle Me-too-Präparate müssen umgestellt werden.<br />
Denn es gibt immer Fälle, in denen eine Umstellung auf eine pharmakologisch-therapeutische<br />
Wirkstoffalternative nicht möglich oder sinnvoll<br />
ist, zum Beispiel aufgr<strong>und</strong> der dann fehlenden Compliance des Patienten.<br />
Deshalb liegt die Me-too-Grenze auch nicht bei Null, sondern zum Beispiel<br />
bei den Allgemeinärzten bei 8 Prozent. Mit anderen Worten: Acht<br />
Prozent aller Verordnungen dürfen so genannte Me-too-Präparate sein.<br />
Der Wert bezieht sich auf den Bruttogesamtumsatz, das heißt auf alle<br />
verordneten Präparate. Dennoch sollte sich bei jeder Verordnung der<br />
Präparate der Liste immer wieder die Frage gestellt werden, inwiefern<br />
die von den Herstellern behaupteten Vorteile therapeutisch bedeutsam<br />
sind.<br />
Was bedeutet „Generikaquote bezogen auf den generikafähigen<br />
Markt?<br />
Das bedeutet, dass bei der Betrachtung der Generikaquote nur die <strong>Arznei</strong>mittel<br />
berücksichtigt werden können, die tatsächlich auch umgestellt<br />
werden können. Verordnet beispielsweise ein Arzt lediglich patentgeschützte<br />
<strong>Arznei</strong>mittel, so hat er gar keine Möglichkeit, diese umzustellen.<br />
Sie spielen deshalb für die Quote keine Rolle. Es wird nur der Teil<br />
seiner Verordnungen betrachtet, der tatsächlich patentfrei ist.<br />
Vereinfacht dargestellt bedeutet dies für einen Arzt, der beispielsweise<br />
nur Nifedipin verordnet <strong>und</strong> 20% davon generisch, den Rest als Alt-<br />
Originalpräparate, dass seine Generikaquote bei 20% liegt – egal, ob er<br />
gleichzeitig noch Interferone oder TNF-alpha-Inhibitoren verordnet.<br />
Denn diese stehen noch unter Patentschutz <strong>und</strong> belasten die Quote<br />
deshalb nicht.<br />
Wichtig: Nicht alle Original-Präparate müssen umgestellt werden. Es<br />
gibt immer Fälle, in denen dies nicht möglich oder sinnvoll ist. Die Sparbemühungen<br />
konterkarieren würde beispielsweise die Umstellung eines<br />
Originals, wenn dieses preisgünstiger ist als die Nachahmerpräparate.<br />
Bitte verordnen Sie in einem solchen Fall weiter das billigere Original.<br />
Die <strong>Arznei</strong>mittelvereinbarung gibt dafür ausreichend Raum: Die Generikaquote<br />
liegt in keiner Fachgruppe bei 100 Prozent.<br />
Wie können Sie erfahren, ob ein Präparat generisch ist?<br />
Mit der GKV-Schnellinformation (GAmSi) erhalten Sie eine Übersicht der<br />
verordnungsstärksten generikafähigen Wirkstoffe. Darin ist aufgelistet,<br />
ob Sie die Wirkstoffe als Generikum oder Originalpräparat verordnet<br />
haben. Re-Importe zählen übrigens nicht zu den Generika, sondern werden<br />
als Originalpräparat gewertet.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
12
Was ist mit den Zielen, wenn ich im Jahr <strong>2007</strong> mein Richtgrößenvolumen<br />
einhalte?<br />
Liegt Ihre Praxis mit den <strong>Arznei</strong>mittelkosten im gesamten Jahr <strong>2007</strong> unterhalb<br />
der Richtgrößen, spielen die vereinbarten Zielwerte für Sie keine Rolle.<br />
Was ist mit Praxisbesonderheiten?<br />
Allein die Tatsache, dass die Richtgrößen überschritten wurden, stellt die<br />
individuellen Ziele „scharf“. Bei der Betrachtung der Richtgrößenüberschreitung<br />
spielen Praxisbesonderheiten keine Rolle. Egal, ob die Richtgrößen<br />
aufgr<strong>und</strong> von Praxisbesonderheiten überschritten wurden oder nicht,<br />
die Ziele sind für diese Praxis verbindlich. Das heißt aber nicht, dass es<br />
prinzipiell keine Praxisbesonderheiten mehr gibt. Im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
nach zum Beispiel Richtgrößen spielen sie selbstverständlich<br />
noch eine Rolle.<br />
Wenn das Richtgrößenvolumen der Praxis überschritten wurde,<br />
reicht es dann, wenn nur ein Ziel erreicht wird?<br />
Nein, wenn Sie in Ihrer Praxis das Richtgrößenvolumen überschreiten, dann<br />
müssen Sie beide Ziele erreichen, um eine Honorarkürzung zu vermeiden.<br />
Sprich: Sie müssten einerseits mindestens so viele Generika verordnen, wie<br />
die Generikaquote vorsieht <strong>und</strong> andererseits weniger Analogpräparate rezeptieren<br />
als die Me-too-Quote gestattet.<br />
Was ist, wenn ein Me-too-Präparat generisch verfügbar wird?<br />
Sobald bei einem Präparat der Patentschutz abläuft, wird es nicht mehr als<br />
Me-too-Präparat gewertet. Sie spielen keine<br />
Rolle bei der Me-Too-Quote, jedoch nunmehr bei der Generikaquote.<br />
Ist die Auflistung der Me-too-Präparate abschließend?<br />
Ja, aber die Liste wird regelmäßig überarbeitet.<br />
Wie viele Firmen haben geklagt <strong>und</strong> welche Folgen hat das für<br />
den verordnenden Arzt?<br />
Es gibt insgesamt zwei<strong>und</strong>zwanzig Pharmafirmen, die Anträge auf Erlass<br />
einer einstweiligen Verfügung gestellt haben. Auf vier dieser Anträge hin<br />
haben die Sozialgerichte München <strong>und</strong> Düsseldorf für die Firmen entschieden,<br />
wobei das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zwei dieser<br />
Entschlüsse mittlerweile aufgehoben hat <strong>und</strong> die Sozialgerichte der vom<br />
LSG vorgegebenen Rechtssprechnung folgen. 16 Verfahren hat die KV<br />
Nordrhein gewonnen, zwei Anträge wurden zurückgezogen, ein Verfahren<br />
ist noch nicht entschieden.<br />
Da die Liste somit bleibt wie sie ist, haben die Verfahren auch keine Auswirkung<br />
für die Verordnung der gelisteten Präparate. Die Quote muss weiterhin<br />
eingehalten werden, vorausgesetzt, dass Richtgrößenvolumen der<br />
Praxis wurde überschritten. Die Rechtsstreitigkeiten verzögern indessen den<br />
Versand der GKV-<strong>Arznei</strong>mittel-Schnellinformation (GAmSi) an die Praxen in<br />
Nordrhein. Denn die Information nimmt auch Bezug auf die Me-too-Liste<br />
Solange Verfahren anhängig sind, kann die KV Nordrhein die Schnellinformation<br />
nicht versenden.�<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
13
III Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />
Mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetztes (GMG) im Jahr<br />
2004 stellt die Richtgrößenprüfung nunmehr die Regelprüfmethode<br />
zur Verordnungsprüfung dar. Allein gesehen keine Neuigkeit, jedoch<br />
hat gleichzeitig der Gesetzgeber auch im Sinne der Krankenkassen<br />
vorgesehen, festgesetzte Richtgrößenregresse von der Gesamtvergütung<br />
abzuziehen, verpflichtet aber gleichzeitig die Kassenärztlichen<br />
Vereinigungen , die Regressforderungen in teilweise Existenz bedrohender<br />
Höhe bei den betroffenen Praxen einzutreiben.<br />
Dabei läuft die Richtgrößenprüfung - wie alle anderen Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />
auch - zusätzlich zu den Zielvereinbarungen. Für<br />
eine Praxis bedeutet dies, dass sie beispielsweise bei Überschreitung<br />
der Richtgrößen einerseits die Me-too-Quote <strong>und</strong> den Generikazielwert<br />
einhalten muss, andererseits jedoch auch mit einer Richtgrößenprüfung<br />
rechnen muss. Wirtschaftlichkeitsprüfungen finden<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich durch die Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschüsse statt.<br />
In den Ausschüssen sind jeweils ärztliche Vertreter sowie Vertreter der<br />
Kassenseite in gleicher Zahl vertreten.<br />
Diese werden von einem unparteiischen Vorsitzenden geleitet. Die Prüfungs-<br />
<strong>und</strong> Beschwerdeausschüsse haben eine gemeinsame Geschäftsstelle,<br />
die ihren Sitz in Düsseldorf hat. Sie wird von Britta Hettkamp-<br />
Kraft geleitet. Unabhängige Vorsitzende des Prüfungsausschusses sind<br />
Norbert Fischer <strong>und</strong> Dr. Nikolaus Wendling. Fischer war vorher für den<br />
Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) tätig.<br />
Wendling ist ehemaliger Vertragsarzt <strong>und</strong> ehemaliges Mitglied des Vorstandes<br />
der KV Nordrhein. Beide haben ihre hauptberufliche Tätigkeit<br />
aufgegeben. Dem Beschwerdeausschuss stehen zwei Juristen vor: Dr.<br />
Peter Backes <strong>und</strong> Dr. Christof Wellens. Die Finanzierung der Geschäftsstelle<br />
erfolgt paritätisch durch die nordrheinischen Krankenkassen <strong>und</strong><br />
die KV Nordrhein. �<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
14
III.1 Ablauf der Prüfverfahren<br />
Das fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) regelt die Wirtschaftlichkeitsprüfung.<br />
Gemeinsam <strong>und</strong> einheitlich müssen demnach KV <strong>und</strong> Krankenkassen<br />
die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit festlegen.<br />
Dies geschieht in der Prüfvereinbarung.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich enthält eine Prüfvereinbarung Vorschriften für das Verfahren,<br />
Regelungen über die Antragsstellung, Antragsfristen, Anhörung<br />
der Beteiligten, Durchführung des Verwaltungs- <strong>und</strong> Widerspruchverfahrens<br />
sowie Ausschluss- <strong>und</strong> Verjährungsfristen. Im Falle eines Prüfverfahrens<br />
sollten Sie sich mit der aktuell für das betroffene Prüfjahr<br />
geltenden Prüfvereinbarung vertraut machen.<br />
In jüngster Zeit wird bei Richtgrößenverfahren <strong>und</strong> Durchschnittswertprüfungen<br />
im <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittelbereich kaum mehr auf Antrag,<br />
sondern „von Amts wegen“ geprüft. Das heißt, dass zum Beispiel der<br />
Prüfungsausschuss automatisch verpflichtet ist, eine Prüfung bei<br />
Überschreitung der Richtgrößen einzuleiten. Selbst wenn an den<br />
Prüfungsausschuss Praxisbesonderheiten gemeldet wurden, kann ein<br />
Prüfverfahren starten. Denn in der Regel fehlen in den Meldungen<br />
Angaben über die tatsächlich entstandenen Kosten.<br />
Die Geschäftsstelle des Ausschusses informiert den betroffenen Arzt,<br />
wenn er ein Verfahren einleitet. Gleichzeitig wird der Arzt aufgefordert,<br />
eine Stellungnahme abzugeben. Die Stellungnahme ist zwar rechtlich<br />
nicht erforderlich,<br />
tatsächlich aber unverzichtbar (Mitwirkungspflicht zur Sachverhaltsaufklärung).<br />
Denn die Prüfgremien kennen die Praxis des geprüften Arztes<br />
nicht. Sie begutachten lediglich Verordnungsdaten, diese geben aber nur<br />
eingeschränkt Auskunft etwa über die Patientenstruktur.<br />
Zudem liegen nicht alle Verordnungsdaten vor. Bei der Durchschnittswertprüfung<br />
beispielsweise müssen nur mindestens 75 Prozent der<br />
zugr<strong>und</strong>e liegenden Verordnungskosten als Verordnungsdaten vorgelegt<br />
werden. Dies regelt die Prüfvereinbarung. Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass nach der<br />
Erfassung der Rezepte durch die Kassen diese in unterschiedlicher Weise<br />
weiterverarbeitet werden <strong>und</strong> nicht mehr vollständig zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Dieser Umstand kann indes nicht beanstandet werden. Denn die Prüfung<br />
ist keine Einzelfallprüfung, sondern ein so genannter statistischer<br />
Kostenvergleich, der zunächst ausschließlich auf den statistischen<br />
Auffälligkeiten beruht. Für den Einblick in die tatsächliche Struktur einer<br />
Praxis ist die Stellungnahme des verordnenden Arztes deshalb wichtig.<br />
Wichtig ist, dass sich die Aussagen in der Stellungnahme einfach überprüfen<br />
<strong>und</strong> nachvollziehen lassen. Als Gr<strong>und</strong>satz für die Stellungnahme<br />
gilt: keine Behauptungen ohne Begründung aufstellen. Angaben wie<br />
„viele Diabetiker“ können die Ausschüsse nicht zu Ihren Gunsten werten.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
15
Verwertbare Angaben müssen ein besonderes Patientengut <strong>und</strong> die dadurch<br />
entstandenen besonderen Kosten klar aufführen. Auf Übersichtlichkeit<br />
der Unterlagen <strong>und</strong> eine strukturierte Darstellung sollte geachtet<br />
werden. Seitenlange Namenslisten sind selten geeignet. Wichtig ist<br />
eine Struktur, die den Mitgliedern der Prüfgremien aufzeigt, inwieweit<br />
sie Praxisbesonderheiten berücksichtigen können. �<br />
Tipps für die Stellungnahme<br />
� Fristen nicht versäumen. Wenn nötig Fristverlängerung zur<br />
Stellungnahme beantragen<br />
� Kritik an Politik, Prüfgremien, Prüfverfahren unterlassen. Sie ist an<br />
dieser Stelle wenig hilfreich<br />
� Stellungnahme gliedern <strong>und</strong> strukturieren, je übersichtlicher desto<br />
überzeugender<br />
� Bei Richtgrößenprüfungen: Ist jeweils der Zeitraum eines<br />
Kalenderjahres betrachtet worden?<br />
� Bei Durchschnittswertprüfungen: Wurde auf der Basis der<br />
richtigen Fachuntergruppe geprüft?<br />
� Nur begründete Aussagen. Zum Beispiel 50 onkologische Fälle in<br />
beigefügter Liste mit Namen, Krankenkasse, aktueller Diagnose,<br />
Verordnungen <strong>und</strong> deren Kosten<br />
� Keine allgemeinen Behauptungen wie „viele onkologische Fälle“<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
16
III.2 Vier Prüfungsarten<br />
Dieses Heft beschäftigt sich mit den Bereichen <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel<br />
sowie Sprechst<strong>und</strong>enbedarf. Die Prüfungen bei <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong><br />
Heilmitteln laufen überwiegend gleichartig ab. Bei den Heilmitteln<br />
konnten die nordrheinischen Krankenkassen in der Vergangenheit<br />
jedoch keine geeigneten Daten für eine Richtgrößen- oder Durchschnittswertprüfung<br />
liefern. Dies ist seit dem Jahr 2005 jedoch anders.<br />
Für dieses Jahr sind bereits Durchschnittswertprüfungen angelaufen.<br />
Für die Verordnungskosten 2006 finden die Prüfungen<br />
nach Richtgrößen statt, denn seitdem gibt es Richtgrößen auch im<br />
Heilmittelbereich. Bei den <strong>Arznei</strong>mitteln finden seit 2005 neben<br />
Prüfungen in besonderen Fällen ausschließlich Richtgrößenprüfungen<br />
statt.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt bei allen Prüfarten: Beratung vor Regress. Der Prüfungsausschuss<br />
prüft vorrangig, ob eine gezielte individuelle Beratung<br />
ausreichend ist. Vorausgesetzt, die festgestellte Unwirtschaftlichkeit ist<br />
nicht besonders hoch, so dass eine Beratung noch angemessen erscheint.�<br />
Wann wird wie geprüft?<br />
Kalenderjahr Durchschnittswertprüfung,<br />
quartalsweise<br />
Richtgrößenprüfung,<br />
jahresweise<br />
2005 Heilmittel, Sprechst<strong>und</strong>enbedarf <strong>Arznei</strong>mittel<br />
2006 Sprechst<strong>und</strong>enbedarf <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel<br />
<strong>2007</strong> Sprechst<strong>und</strong>enbedarf <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
17
III.2.1 Durchschnittswertprüfung<br />
Die Prüfung nach Durchschnittswerten (§ 13 der Prüfvereinbarung)<br />
basiert auf einer Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten<br />
des geprüften Arztes mit der Gruppe der vergleichbaren Ärzte.<br />
Die Gr<strong>und</strong>sätze hierfür hat das B<strong>und</strong>essozialgericht entwickelt.<br />
Prüfungen nach Durchschnittswerten beziehen sich immer auf den<br />
Zeitraum eines Quartals. In Nordrhein werden nur die Heilmittelkosten<br />
nach Durchschnittswerten geprüft, nicht die <strong>Arznei</strong>mittelkosten.<br />
Wobei bei Heilmitteln auch nur die Quartale 2-4/2005 betroffen<br />
sind. Auch der Sprechst<strong>und</strong>enbedarf wird teilweise nach Durchschnittswerten<br />
geprüft, diesem Thema ist jedoch ein <strong>extra</strong> Kapitel<br />
gewidmet.<br />
Wie <strong>und</strong> wann wird geprüft?<br />
Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Heilmittelverordnungstätigkeit nach<br />
Durchschnittswerten erfolgt in der Regel auf Antrag. Die Vertragspartner<br />
(KV <strong>und</strong> Krankenkassen) wählen aus, wer in die Prüfung kommt.<br />
Basis der Entscheidung des Prüfungsausschusses sind Verordnungsstatistiken.<br />
Laufende Information per Heilmittelstatistik<br />
Jede Praxis, die Heilmittel verordnet, erhält eine so genannte "Kostenstatistik<br />
Durchschnittswerte" . Erstmals gab es diese Statistik für das<br />
Quartal 2/2005. Sie stellt dar, wie sich die Kosten der eigenen Verordnungen<br />
im Vergleich zur Fachgruppe entwickelt haben. Die Verordnungsdaten<br />
liefern die nordrheinischen Krankenkassen frühestens neun<br />
Monate nach Ablauf eines Quartals. Zusammen mit den Fallzahlen<br />
bilden sie die Basis zur Erstellung der Kostenstatistik.<br />
Beispiel Heilmittelkostenstatistik<br />
Abrechnungsnummer: 1234567<br />
Vergleichsgruppe: 19-Internisten, UG 1<br />
Quartal<br />
2/05<br />
Heilmittel<br />
gesamt<br />
Behandlungsfälle<br />
(ohne Zuweisung<br />
<strong>und</strong> Konsiliarfälle)<br />
Heilmittelkosten<br />
€<br />
Falldurchschnitt<br />
der<br />
Praxis<br />
€<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
18<br />
Gewichteter<br />
Falldurchschnitt<br />
der Vergleichsgruppe<br />
€<br />
Abweichung<br />
absolut<br />
€<br />
Abweichung<br />
in Prozent<br />
1.320 8.358,97 6,33 9,86 -4.656,23 -35,78
Praxisbesonderheiten als Regressschutz<br />
Gegen drohende Regresse bei der Prüfung nach Durchschnittswerten<br />
kann sich ein Arzt am ehesten mit dem Nachweis eines Mehraufwands<br />
aufgr<strong>und</strong> von Besonderheiten wehren. Bei der Durchschnittswertprüfung<br />
gibt es im Gegensatz zur Richtgrößenprüfung keine fixierten Indikationsbereiche,<br />
die – bei wirtschaftlicher Verordnungsweise - ein Ausschuss<br />
als Praxisbesonderheit anerkennen muss. Die Rechtsprechung<br />
definiert Praxisbesonderheiten hier als „Abweichungen in der Struktur<br />
der Praxis“ von der der Fachgruppe. Nicht alle Auffälligkeiten sind also<br />
gleich Praxisbesonderheiten.<br />
Als Besonderheit anerkannt werden besonders Verordnungen von Heilmitteln,<br />
die häufig bei schweren chronischen Erkrankungen verordnet<br />
werden <strong>und</strong> zu einem überdurchschnittlichen Verordnungsfallwert führen.<br />
Ein klassisches Beispiel sind viele Patienten mit für die Fachgruppe<br />
ungewöhnlichen Krankheiten. Eine andere Besonderheit ist ein ungewöhnlich<br />
hoher Anteil an Patienten mit für die Fachgruppe typischen<br />
Krankheiten. Zum Beispiel ein überdurchschnittlicher Anteil an Kindern<br />
mit schweren geistigen oder körperlichen Behinderungen, die regelmäßig<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie benötigen.<br />
Bei einer Prüfung sollten Sie die Besonderheiten Ihrer Praxis begründen<br />
<strong>und</strong> die Kosten darlegen. Den Prüfgremien steht bei der Anerkennung<br />
von Praxisbesonderheiten ein Ermessenspielraum zu. Die Beurteilung<br />
erfolgt für jedes Quartal neu. Wichtig: Auch die im Rahmen von Praxisbesonderheiten<br />
verordneten Leistungen müssen wirtschaftlich sein.<br />
Kompensatorische Einsparungen<br />
Ein weiteres Argument in einer Prüfung nach Durchschnittswerten können<br />
so genannte kompensatorische Einsparungen sein. Jeder niedergelassene<br />
Arzt hat in seiner Praxis in einigen Bereichen geringere Kosten<br />
als andere Ärzte seiner Fachgruppe. Wenn er auf diese Einsparungen<br />
verweist, ist es wichtig, dass diese Einsparungen „kompensatorisch“<br />
sind: Sie müssen also unmittelbar auf den Mehraufwand im Überschreitungsbereich<br />
zurückzuführen sein.<br />
Übersicht: Praxisbesonderheiten<br />
bei Durchschnittswertprüfungen<br />
Praxisbesonderheit* Ja Nein<br />
Kleine Fallzahl x<br />
Erhöhter Rentneranteil** x<br />
Anfängerpraxis x<br />
Hoher Anteil neuer Patienten x<br />
Hoher Anteil von Behandlungen auf Überweisung x<br />
Gemeinschaftspraxis x<br />
Assistent x<br />
Vermehrte Betreuung von Patienten in<br />
Alten- <strong>und</strong> Pflegeheimen<br />
x<br />
Große Anzahl ambulanter Operationen x<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
19
Besonderheiten in der Praxisführung<br />
Samstagssprechst<strong>und</strong>e, kein Urlaub)<br />
x<br />
Vermehrte Notdienste x<br />
Lage der Praxis x<br />
Besondere Praxisausstattung (besonders Apparate) x<br />
Zusatzbezeichnung x<br />
Hoher Anteil chronisch/schwer Erkrankter x<br />
Altersstruktur<br />
(sehr alte multimorbide Patienten)<br />
x<br />
Spezialisierung (soweit keine besondere<br />
Vergleichsgruppe gebildet wurde)<br />
x<br />
*von der Rechtsprechung tendenziell anerkannt oder nicht anerkannt. Entscheidend ist immer die individuelle Situation<br />
**Die Werte sind rentnergewichtet. Der Rentneranteil wird also beim Fachgruppenvergleich berücksichtigt.<br />
Bei Einsparungen im Bereich der Krankenhauseinweisungen oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen<br />
müssten Sie nachweisen, dass diese<br />
durch die Mehrleistungen im geprüften Bereich erreicht wurden. Die<br />
Einsparungen müssen die Überschreitungen ausgleichen.<br />
Geprüft wird auf der Basis elektronisch übermittelter Rezeptdatensätze.<br />
Für eine Prüfung liegen demnach keine Originalrezepte oder Rezeptkopien,<br />
so genannte Images, vor. Gr<strong>und</strong>lage sind lediglich Verordnungsdaten<br />
in statistischer Form, generiert aus den Datenlieferungen der Kassen.<br />
Dabei sollen die gelieferten Daten die Verordnungen einer Praxis<br />
möglichst vollständig widerspiegeln; 75 Prozent der ausgestellten<br />
Rezepte gelten dabei als ausreichend repräsentativ.<br />
Images oder Originalrezepte werden zur Prüfung hinzugezogen, wenn<br />
ein Arzt berechtigte Zweifel an den von den Kassen gelieferten Daten<br />
geltend macht. Hierüber entscheidet der Ausschuss.<br />
Im Fall der Fälle: Daten checken<br />
Wird eine Prüfung nach Durchschnittswerten eingeleitet, schickt der<br />
Prüfungsausschuss eine CD mit Rezeptdaten an den betroffenen Arzt.<br />
Ausgedruckt türmen sich die Daten zu einem gewaltigen Stapel Papier.<br />
Sie schaffen jedoch Transparenz in Sachen Verordnung: Jedes einzelne<br />
ausgestellte Rezept ist – soweit möglich – dem jeweiligen Patienten<br />
zugeordnet. Anders als in anderen KV-Regionen bieten diese Daten eine<br />
Übersicht, auf welcher Basis eigentlich geprüft wird. Fehlerhafte Datenlieferungen<br />
der Kassen können schnell erkannt werden. Auch Praxisbesonderheiten<br />
sind anhand der dargestellten Rezepte recht einfach auszumachen.<br />
Die Übersichten helfen also bei der Stellungnahme – auch<br />
wenn der Umfang abschreckt.<br />
Versichertennamen sind in den Prüfunterlagen aus datenschutzrechtlichen<br />
Gründen nicht angegeben. In der Prüfunterlage sind je Patient<br />
jedoch neben anderen Angaben die Versichertennummer, die Diagnosen<br />
<strong>und</strong> die Kassengruppe sowie das jeweilige Verordnungsdatum aufgeführt.<br />
Verordnungen, die auf Praxisbesonderheiten hinweisen, sind<br />
gekennzeichnet.�<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
20<br />
Infos zu Prüfunterlagen<br />
Sollten Sie Hilfe benötigen, um die<br />
Rezeptübersichten zu interpretieren<br />
stehen Ihnen die Mitarbeiter <strong>und</strong> medizinische<br />
Sachverständige der Geschäftsstelle<br />
des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />
Nordrhein gerne zur Verfügung.<br />
Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschuss<br />
Nordrhein<br />
Telefon 0211 5970 8441 / 8442<br />
Telefax 0211 5970 8422<br />
E-Mail: pa@wpno.de
III.2.2 Richtgrößenprüfung<br />
Die Prüfung nach Richtgrößen ist die Methode, die in der Prüfvereinbarung<br />
als Regelprüfmethode vorgesehen ist (§12 bzw. Anlage II<br />
<strong>und</strong> III der Prüfvereinbarung). Richtgrößen sind im Vorhinein bekannt<br />
gegebene Durchschnittswerte, so genannte Orientierungswerte.<br />
Werden diese um einen festgelegten Prozentsatz überschritten,<br />
kommt es zum Prüfverfahren.<br />
Die Richtgrößen werden sowohl bei Heilmitteln als auch bei <strong>Arznei</strong>mitteln<br />
auf der Basis des vereinbarten Ausgabenvolumens gebildet: Zunächst<br />
wird das vereinbarte Volumen um Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatte<br />
ergänzt. Diese Summe teilt man abhängig vom Verordnungsvolumen der<br />
Vergangenheit anteilig auf die einzelnen Fachgruppen <strong>und</strong> innerhalb<br />
dieser auf die einzelnen Fälle auf, getrennt nach Allgemeinversicherten<br />
(AV, Mitglieder- <strong>und</strong> Familienmitglieder) <strong>und</strong> Rentenversicherten (RV).<br />
Berechnung der Richtgröße (Beispiel)<br />
Richtgrößen sind so genannte Bruttowerte. Das heißt, gewährte Rabatte<br />
(beispielsweise von Apotheken oder Herstellern) <strong>und</strong> die Zuzahlungen<br />
der Patienten werden in die Richtgrößen hineingerechnet. Dies ist wichtig,<br />
um Praxen in strukturschwachen Regionen nicht zu benachteiligen.<br />
Würden die Zuzahlungen der Patienten nicht in den Richtgrößen enthalten<br />
sein, so würden zwei Ärzte, die exakt die gleichen <strong>Arznei</strong>mittel<br />
verordnen, mit unterschiedlichen Kosten belastet, nur weil die Zuzahlungen<br />
der Patienten andere wären. Der Arzt mit vielen befreiten Patienten<br />
hätte dann nämlich höhere Umsätze als der Kollege mit wenigen<br />
zuzahlungsbefreiten Patienten. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird mit Bruttowerten<br />
gearbeitet; fehlende Zuzahlungen der Patienten spielen beim Richtgrößenvergleich<br />
keine Rolle.<br />
Beispiel: Herr Dr. Mustermann hat ein vollständig von den <strong>Arznei</strong>mittelzuzahlungen<br />
befreites Patientenklientel. Er hat für 100.000 Euro <strong>Arznei</strong>-<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
21
en verordnet. Seine Frau verordnet die gleichen Mittel, hat ihre Praxis<br />
aber in einer Region, in der kein Patient von der Zuzahlung befreit ist.<br />
Frau Dr. Mustermann hat auch für 100.000 Euro <strong>Arznei</strong>mittel verordnet,<br />
ihre Patienten haben aber im Umfang von 10.000 Euro in der Apotheke<br />
Zuzahlungen geleistet.<br />
Würden Herr <strong>und</strong> Frau Dr. Mustermann anhand ihrer Nettokosten – das<br />
heißt Umsatz abzüglich Zuzahlungen – verglichen, wäre Herr Dr.<br />
Mustermann aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Zuzahlungen seiner Versicherten<br />
benachteiligt. Denn bei ihm erschiene ein Umsatz von 100.000 Euro,<br />
bei seiner Frau hingegen nur von 90.000 Euro – <strong>und</strong> dies bei identischen<br />
Verordnungen. Deshalb werden die Verordnungskosten immer Brutto<br />
betrachtet, also mit allen Versichertenzuzahlungen. Da weisen Herr <strong>und</strong><br />
Frau Dr. Mustermann jeweils 100.000 Euro auf.<br />
Sollte es zu einem Regress kommen, dann gilt das Netto-Prinzip: Hier<br />
werden Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatte von der Regress-Summe abgezogen.<br />
Zu zahlen ist ausschließlich die Summe, die den Kassen an „Schaden“<br />
entstanden ist.<br />
Was ins Richtgrößenvolumen fällt<br />
Gehen Kosten in „Budget“ ein?<br />
<strong>Arznei</strong>mittelrichtgrößen<br />
Ja Nein<br />
<strong>Arznei</strong>mittel x<br />
Sondennahrung x<br />
Verbandstoffe x<br />
Sprechst<strong>und</strong>enbedarf x*<br />
Hilfsmittel x<br />
Blut- <strong>und</strong> Harnteststreifen x<br />
Impfstoffe x<br />
Praxisbesonderheiten x**<br />
Heilmittelrichtgrößen Ja Nein<br />
Heilmittel x<br />
Heilmittelverordnungen<br />
außerhalb des Regelfalls<br />
x<br />
Praxisbesonderheiten x**<br />
* wird <strong>extra</strong> geprüft<br />
** werden erst im Prüfverfahren berücksichtigt<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
22
Getrennte Richtgrößen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Verbandmittel sowie<br />
Heilmittel<br />
In Nordrhein gibt es derzeit Richtgrößen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Verbandmittel<br />
einerseits <strong>und</strong> Heilmittel andererseits. Die Richtgrößen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong><br />
Verbandmittel umfassen keine Impfstoffe <strong>und</strong> keinen Sprechst<strong>und</strong>enbedarf.<br />
Vorausgesetzt, die Rezepte wurden korrekt ausgestellt, das heißt<br />
für Impfstoffe der Status 8 <strong>und</strong> 9 für Sprechst<strong>und</strong>enbedarf nur der Status<br />
9 angekreuzt. Richtgrößen für Heilmittel umfassen auch die Verordnungen<br />
außerhalb des Regelfalls.<br />
Die Richtgrößen <strong>2007</strong> wurden im Rheinischen Ärzteblatt am 22. Dezember<br />
2006 amtlich bekannt gemacht. Jeder Arzt ist zudem zuvor über<br />
<strong>KVNO</strong> aktuell über seine Richtgröße informiert worden.<br />
Wie hoch ist das „<strong>Arznei</strong>-" oder "Heilmittelbudget“<br />
der eigenen Praxis?<br />
Das so genannte <strong>Arznei</strong>mittelrichtgrößenvolumen oder „<strong>Arznei</strong>mittelbudget“<br />
der Praxis ist der Wert, den die Verordnungen von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong><br />
Verbandmitteln eines Quartals nicht überschreiten sollte. Das gleiche<br />
gilt für das Heilmittelrichtgrößenvolumen. Der Wert wird bestimmt von<br />
der Richtgröße <strong>und</strong> den Fallzahlen. Bei den Fallzahlen handelt es sich<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
23
ausschließlich um Behandlungsfälle, Zielüberweisungs- <strong>und</strong> Konsiliarfälle<br />
werden nicht mitberücksichtigt.<br />
Was ist ein Behandlungsfall?<br />
Die gesamte in einer Praxis innerhalb desselben Kalendervierteljahres an<br />
demselben Kranken ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene<br />
Behandlung gilt jeweils als Behandlungsfall. Ein einheitlicher<br />
Behandlungsfall liegt auch dann vor, wenn sich aus der zuerst behandelten<br />
Krankheit eine andere Krankheit entwickelt oder während der<br />
Behandlung hinzutritt oder wenn der Kranke, nachdem er eine Zeitlang<br />
einer Behandlung nicht bedurfte, innerhalb desselben Kalendervierteljahres<br />
wegen derselben oder einer anderen Krankheit von demselben<br />
Vertragsarzt behandelt wird. Das gleiche gilt, wenn sich der Versichertenstatus<br />
während des Quartals ändert. Es wird der Versichertenstatus<br />
bei der Abrechnung zugr<strong>und</strong>e gelegt, der bei Quartalsbeginn besteht.<br />
<strong>Arznei</strong>mittelrichtgrößen <strong>2007</strong><br />
Arztgruppe<br />
Allgemeinmedizin <strong>und</strong> Praktische Ärzte (80-89)<br />
Anästhesiologie (01-03)<br />
Augenheilk<strong>und</strong>e (04-06)<br />
Chirurgie (07-09)<br />
Gynäkologie (10-12)<br />
HNO einschl. Phoniatrie <strong>und</strong> Pädaudiol. (13-15)<br />
Haut- <strong>und</strong> Geschlechtskrankheiten (16-18)<br />
Innere Medizin (19-22), hausärztlich<br />
Innere Medizin (19-22), fachärztlich einschl. Angiologie,<br />
Endokrinologie, Gastroentereologie, Hämatologie<br />
<strong>und</strong> Internistische Onkologie, Kardiologie,<br />
Nephrologie, Pneumologie, Rheumatologie<br />
Kinderheilk<strong>und</strong>e (23-25)<br />
MKG-Chirurgie (35-37)<br />
Richtgröße <strong>2007</strong><br />
AV/RV* in EURO<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
24<br />
AV: 41,41<br />
RV: 137,72<br />
AV: 32,24<br />
RV: 97,35<br />
AV: 5,87<br />
RV: 15,28<br />
AV: 9,81<br />
RV: 18,71<br />
AV: 15,19<br />
RV: 35,87<br />
AV: 11,44<br />
RV: 8,38<br />
AV: 20,19<br />
RV: 21,96<br />
AV: 57,94<br />
RV: 136,14<br />
AV: 187,91<br />
RV: 244,59<br />
AV: 27,23<br />
RV: 52,47<br />
AV: 7,02<br />
RV: 4,97
Arztgruppe<br />
Nervenheilk<strong>und</strong>e (38-40)<br />
(Neurologie/Psychiatrie)<br />
Neurologie, Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie einschl.<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> -psychotherapie<br />
Orthopädie (44-46)<br />
einschl. orthopädischer Rheumatol.<br />
Urologie (56-58)<br />
*AV: Allgemeinversicherte (Mitglieder- <strong>und</strong> Familienversicherte)<br />
RV: Rentenversicherte<br />
Heilmittelrichtgrößen <strong>2007</strong><br />
Arztgruppe<br />
Allgemeinmedizin <strong>und</strong> Praktische Ärzte (80-89)<br />
Chirurgie (07-09) einschließlich Gefäß-, Plastische,<br />
Unfall- <strong>und</strong> Visceralchirurgie<br />
HNO einschl. Phoniatrie <strong>und</strong> Pädaudiol. (13-15)<br />
Innere Medizin (19-22), hausärztlich<br />
Innere Medizin (19-22), fachärztlich einschl. Angiologie,<br />
Endokrinologie, Gastroentereologie, Hämatologie<br />
<strong>und</strong> Internistische Onkologie, Kardiologie, Nephrologie,<br />
Pneumologie, Rheumatologie<br />
Kinderheilk<strong>und</strong>e (23-25)<br />
Orthopädie (44-46)<br />
einschl. orthopädischer Rheumatol.<br />
*AV: Allgemeinversicherte (Mitglieder- <strong>und</strong> Familienversicherte)<br />
RV: Rentenversicherte<br />
Richtgröße <strong>2007</strong><br />
AV/RV* in EURO<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
25<br />
AV: 97,66<br />
RV: 126,97<br />
AV: 7,01<br />
RV: 20,43<br />
AV: 23,25<br />
RV: 64,64<br />
Richtgröße <strong>2007</strong><br />
AV/RV* in EURO<br />
AV: 6,13<br />
RV: 16,57<br />
AV: 9,66<br />
RV: 13,57<br />
AV: 5,71<br />
RV: 2,69<br />
AV: 4,71<br />
RV: 12,20<br />
AV: 1,79<br />
RV: 3,14<br />
AV: 20,26<br />
RV: 29,16<br />
AV: 25,19<br />
RV: 25,61<br />
Für die nicht aufgeführten Fachgruppen wie Pulmologen wurde keine<br />
Richtgröße vereinbart. Diese Fachgruppen können nach Durchschnitts-<br />
werten geprüft werden. Die Richtgröße wird für die fachärztlichen<br />
Internisten mit Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie (früher Teilgebiet<br />
„Rheumatologie“) ausgesetzt.
Beispiel: Richtgrößenvolumen rechnen<br />
Dr. Max Mustermann hat für <strong>Arznei</strong>mittel bei seinen Allgemeinversicherten eine<br />
Richtgröße von 41,41,- Euro, für seine Rentenversicherten von 137,72,- Euro. Im<br />
Quartal 1/<strong>2007</strong> rechnet er insgesamt 743 Allgemeinversicherte <strong>und</strong> 523 Rentenversicherte<br />
ab. Für das Quartal stehen ihm somit zur Verfügung:<br />
743 Fälle (Allgemeinversicherte)<br />
x<br />
41,41 Euro (Richtgrößen Allgemeinversicherte)<br />
= 30.767,63 Euro<br />
+<br />
523 Fälle (Rentenversicherte)<br />
x<br />
137,72 Euro (Richtgröße Rentenversicherte)<br />
= 72.027,56 Euro<br />
Richtgrößenvolumen („<strong>Arznei</strong>mittelbudget“)<br />
der Praxis Dr. Mustermann:<br />
30.767,63 Euro (für Allgemeinversicherte)<br />
+<br />
72.027,56 Euro (für Rentenversicherte)<br />
= 102.795,19 Euro<br />
Diese 102.765,19 Euro kann Dr. Mustermann nunmehr auf seine Versicherten im<br />
ersten Quartal aufteilen. Dabei können hohe Verordnungskosten bei einem Versicherten<br />
durch einen oder mehrere Patienten mit geringen oder gar keinen Verordnungskosten<br />
ausgeglichen werden. Insgesamt sollten die Verordnungskosten der<br />
Praxis die vorgegebenen 102.765,13 Euro jedoch nicht überschreiten. Es sei denn,<br />
es handelt sich um Kosten im Rahmen von Praxisbesonderheiten. Die gleiche Berechnung<br />
kann auch bei Heilmitteln durchgeführt werden.<br />
Laufende Information per Quartalsbilanz<br />
Jede Praxis, für die Richtgrößen fixiert sind, erhält eine so genannte<br />
Quartalsbilanz. Für <strong>Arznei</strong>mittel gibt es diese Unterlage schon lange, für<br />
Heilmittel liefern die Krankenkassen derzeit erstmals Daten zur Erstellung.<br />
Sie stellt dar, wie sich der Wert der eigenen Verordnungen im Vergleich<br />
zur Richtgröße dargestellt hat. Die <strong>Arznei</strong>mitteldaten liefern die<br />
nordrheinischen Krankenkassen sechs Monate nach Ablauf eines Quartals,<br />
Heilmitteldaten nach neun Monaten. Zusammen mit den Fallzahlen<br />
bilden sie die Basis zur Erstellung der Quartalsbilanz.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
26
Quartals-Bilanz 3/2006 1. Ausfertigung<br />
<strong>Arznei</strong>verordnungen/Richtgrößensumme<br />
Praxis ANR Vergleichsgruppe Praxisort<br />
Mustermann, Franz 1234567 Urologen Musterstadt<br />
Behandlungsfallzahl<br />
(ohne Zuweisungen<br />
<strong>und</strong> Konsiliarfälle)<br />
Richtgröße<br />
Richtgrößen-<br />
summe<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
27<br />
<strong>Arznei</strong>-<br />
Verordnungs-<br />
kosten<br />
AOK<br />
Allgemeinversicherte<br />
Rentner<br />
152<br />
144<br />
[1]<br />
3.851,13 €<br />
7.174,58 €<br />
LKK<br />
Allgemeinversicherte 3 0,00 €<br />
Rentner 5 0,00 €<br />
IKK<br />
Allgemeinversicherte 45 285,76 €<br />
Rentner 28 1.608,18 €<br />
BKK<br />
Allgemeinversicherte 85 2.165,98 €<br />
Rentner<br />
Ersatzkassen<br />
89 3.561,15 €<br />
Allgemeinversicherte 182 2.324,09 €<br />
Rentner<br />
B<strong>und</strong>esknappschaft<br />
159 6.053,46 €<br />
Allgemeinversicherte 12 202,31 €<br />
Rentner 182 9.582,08 €<br />
Abweichung zur<br />
Richtgrößensumme<br />
absolut<br />
[2]<br />
Abweichung<br />
zur<br />
Richtgrößen-<br />
Summe in %<br />
Summe Krankenkassen<br />
Allgemeinversicherte 479 23,04 € 11.036,16 € 8.829,27 -2.206,89<br />
Rentner 607 61,19 € 37.142,33 € 27.979,45 -9.162,88<br />
Summe AV <strong>und</strong> RV 1.086 48.178,49 € 36.808,72 -11.369,77 -23,60 %<br />
Zur ergänzenden Info:<br />
Konsiliar- <strong>und</strong> Zielüberweisungen<br />
(Summe AV <strong>und</strong> RV)<br />
2<br />
[3] [4] [5] [6] [7] [8]<br />
Rechengrößen Nettokostenbasis<br />
Rabatte Vers. -Zuzahlung<br />
absolut<br />
Nettokostensumme Index zur Bruttokostensumme<br />
Durchschnittlicher Index<br />
in der Vergleichsgruppe<br />
4.417,05 € 2.123,05 € 30.268,62 € 82,23 79,42<br />
[9] [10]<br />
Zur Erläuterung:<br />
Diese Rechengrößen beinhalten keine Aufgreifkriterien für ein Prüfverfahren. Sie dienen den Prüfgremien ausschließlich für eine objektivierende<br />
Berücksichtigung im Fall einer etwaigen Regressfestsetzung.<br />
Zusammenbetrachtung mit Vorquartalsergebnissen<br />
Richtgrößensumme <strong>Arznei</strong>verordnungskosten Abweichung zur<br />
Richtgrößensumme absolut<br />
Werte für Quartal 3/2006 48.178,49 € 36.808,72 €<br />
Werte für Quartal 2/2006 61.097,68 € 53.068,19 €<br />
Abweichung zur<br />
Richtgrößensumme in %<br />
Bilanz der letzten 2 Quartale 109,276,17 € 89.876,91 € -19.399,26 € -17,75 %<br />
Werte für Quartal 1/2006 54.356,12 € 43.160,03 €<br />
Bilanz der letzten 3 Quartale 163.632,29 € 133.036,94 € -30.595,35 € -18,70 %<br />
Werte für Quartal 4/2005 59.785,82 € 59.104,21 €<br />
Bilanz der letzten 4 Quartale 223.418,11 € 192.141,15 € -31.276,96 € -14,00 %<br />
[11]
Beispiel: Quartalsbilanz <strong>Arznei</strong> lesen<br />
Quartalsbilanzen enthalten viele Informationen. Anhand der Bilanz des Beispielarztes<br />
Dr. Mustermann zeigen wir an fiktiven Daten, wo relevante Angaben zu<br />
finden sind.<br />
1] Fallzahlen Renten- <strong>und</strong> Allgemeinversicherte bei der AOK im Quartal<br />
III/06<br />
2] Kosten Renten- <strong>und</strong> Allgemeinversicherter der AOK<br />
(mit Praxisbesonderheiten)<br />
3] Summe der Fälle aller aufgeführten Kassen<br />
4] Richtgrößen III/06 für Renten- <strong>und</strong> Allgemeinversicherte<br />
5] Richtgrößenvolumen („<strong>Arznei</strong>mittelbudget“) der Praxis<br />
6] Kosten der <strong>Arznei</strong>verordnungen der Praxis für die Versicherten alle<br />
Kassen (mit Praxisbesonderheiten)<br />
7] Vergleich Richtgrößenvolumen der Praxis mit den tatsächlichen<br />
<strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis in Euro<br />
8] Vergleich Richtgrößenvolumen der Praxis mit den tatsächlichen<br />
<strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis in Prozent<br />
9] Verhältnis <strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis mit Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatten<br />
(Bruttokosten) zu den Kosten der Praxis ohne Zuzahlung <strong>und</strong> Rabatte (Nettokosten).<br />
Diese Angabe ist nur dann wichtig, wenn es zum Regress kommt.<br />
Denn Zuzahlungen <strong>und</strong> Rabatte gehen nicht zu Lasten eines Arztes. Mit Hilfe<br />
dieses Werts werden die Bruttoverordnungskosten im Falle eines Regresses in<br />
die Nettoverordnungskosten umgerechnet.<br />
10] Verhältnis <strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Fachgruppe mit Zuzahlung<br />
<strong>und</strong> Rabatten (Bruttokosten) zu den Kosten der Fachgruppe ohne Zuzahlung<br />
<strong>und</strong> Rabatte (Nettokosten). Diese Angabe ist nur wichtig zur Ermittlung des<br />
tatsächlichen Regresses im Falle eines Prüfverfahrens, denn Zuzahlungen <strong>und</strong><br />
Rabatte gehen nicht zu Lasten eines Arztes.<br />
Ist der Nettokostenindex der Fachgruppe für den Arzt günstiger, wird dieser<br />
verwendet.<br />
11] Vergleich Richtgrößenvolumen der Praxis mit den tatsächlichen<br />
<strong>Arznei</strong>verordnungskosten der Praxis in Euro innerhalb des letzten<br />
Jahres.<br />
Wann wird nach Richtgrößen geprüft?<br />
Für das Jahr <strong>2007</strong> gilt: Bei einer 15-prozentigen Überschreitung der<br />
Richtgröße wird der Arzt beraten, liegt er mehr als 25 Prozent darüber,<br />
droht ein Regress. Diese Werte sind bereits seit dem Prüfjahr 2004 gesetzlich<br />
vorgegeben <strong>und</strong> gelten für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel gleichermaßen.<br />
Geprüft wird auf der Basis elektronisch übermittelter Rezeptdatensätze.<br />
Für eine Prüfung liegen also keine Originalrezepte oder Rezeptkopien<br />
(Images) vor, sondern lediglich Verordnungsdaten als Statistiken. Diese<br />
erstellt die Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />
Nordrhein aus den Datenlieferungen der KV <strong>und</strong> der Kassen. Meldet ein<br />
Arzt berechtigte Zweifel an den von den Kassen gelieferten Daten, so<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
28
können Images oder die Originalrezepte zur Prüfung hinzugezogen werden.<br />
Die Entscheidung trifft der Prüfungsausschuss. Laut Urteil des B<strong>und</strong>essozialgerichts<br />
(BSG) vom 2.November 2005 sind konkrete Anhaltspunkte<br />
dafür, dass die Verordnungskosten von den sie erfassenden Apotheken-Rechen-zentren<br />
<strong>und</strong> den Krankenkassen generell nicht richtig<br />
ermittelt bzw. übermittelt worden wären, nicht ersichtlich (Az B 6 KA<br />
63/04 R).<br />
Die Tatsache, dass die Daten der eignen Praxissoftware gegenüber den<br />
elektronisch gemeldeten Verordnungssummen abweiche, reiche nicht<br />
aus. Eine nähere Überprüfung der elektronisch erfassten Einzelverordnungen<br />
sei nur erforderlich, wenn der betroffene Arzt substantiiert Einwendungen<br />
vorbringt oder das Prüfgremium selbst Zweifel hat. Festgestellte<br />
Fehlbuchungen sind entsprechend zu korrigieren. Die pauschale<br />
Behauptung, die Verordnungen seien nicht ordnungsgemäß erfasst worden,<br />
löst keine Verpflichtung der Prüfgremien zur Beiziehung sämtlicher<br />
Originalverordnungen oder Images aus, so das BSG.<br />
Wieso kann die eigene Arztstatistik von den Prüfunterlagen bzw.<br />
der Quartalsbilanz abweichen?<br />
� Verbandmittel, Teststreifen uns Sondenkost werden fälschlicherweise in der<br />
Arztstatistik als „nicht richtgrößenrelevant“ gewertet<br />
� Praxisbesonderheiten werden in der Praxissoftware vorab abgezogen werden<br />
(diese sind in den Daten der Quartalsbilanz enthalten)<br />
� Nicht nur die Behandlungsfälle werden gezählt, sondern jeder Abrechnungsfall<br />
� Hausbesuche werden nicht nachträglich erfasst<br />
� Aut-idem wird missverstanden (die Apotheke darf bei zulässigem Aut-idem<br />
nicht nur eins der preisgünstigsten Präparate abgeben, sondern auch das<br />
verordnete);<br />
� in der Quartalsbilanz wird das aufgeführt, was von den Apotheken abgegeben<br />
wurde, nicht das Verodnete (Stichwort Aut-idem);<br />
� es kann durch fehlerhafte Statusangaben zu Rezeptzuordnungen kommen,<br />
die eigentlich nicht „budgetrelevant“ sind (z.B. Hilfsmittel oder Impfstoffe:<br />
fehlt das Kreuz im Statusfeld 7 bzw 8, so wird das Rezept nicht automatisch<br />
aus der Statistik herausgerechnet);<br />
� die richtgrößenrelevanten Kostenträger von denen der Quartalsbilanz abweichen.<br />
Richtgrößenrelevant sind alle Primärkassen einschließlich B<strong>und</strong>esknappschaft<br />
(ohne echte Knappschaftsfälle, die direkt mit der B<strong>und</strong>esknappschaft<br />
abgerechnet werden) <strong>und</strong> alle Ersatzkassen.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
29
Was die Daten angeht, laufen die Prüfungen nach Durchschnittswerten<br />
<strong>und</strong> Richtgrößen nach dem gleichen Schema. Bei einer Richtgrößenprüfung<br />
werden jedoch bestimmte Praxisbesonderheiten bereits b e i Einleitung<br />
des Prüfverfahrens berücksichtigt – das geschieht bei einer Durchschnittswertprüfung<br />
nicht.<br />
Unerfreulich ist es nach wie vor, dass nicht schon v o r Einleitung eines<br />
Prüfverfahrens Praxisbesonderheiten automatisch aus den Verordnungskosten<br />
der Praxis - zum Beispiel im Rahmen der Quartalsbilanzen - herausgerechnet<br />
werden können. Dies liegt daran, dass die Rezepte nicht<br />
zentral bei den Prüfgremien zusammenlaufen, sondern nach Abgabe der<br />
<strong>Arznei</strong> zusammen mit den erforderlichen Abrechnungsdaten von den<br />
Apotheken über beauftragte Apothekenrechenzentren an die jeweiligen<br />
Krankenkassen weitergeleitet werden.<br />
Dort sind sie für Dritte leider unzugänglich. Denn die Übermittlung versichertenbezogener<br />
Daten - in diesem Fall von Rezepten - ist laut Sozialgesetzbuch<br />
nur im Rahmen von Prüfverfahren zulässig. Denn die Beurteilung<br />
<strong>und</strong> Entscheidung, ob eine Praxisbesonderheit vorliegt, kann nur<br />
im Rahmen eines Prüfverfahrens durch den Prüfungsausschuss erfolgen.<br />
Eine Vorabanerkennung durch die KV oder die Geschäftsstelle des Prüfungs-<br />
<strong>und</strong> Beschwerdeausschuss Nordrhein ist nicht möglich.<br />
Wieso sind dann überhaupt Praxisbesonderheiten vereinbart<br />
worden?<br />
In laufenden Prüfverfahren soll die Vereinbarung von Praxisbesonderheiten<br />
sicherstellen, dass Ärzte nicht mit ihrem Honorar für die Versorgung<br />
von Patienten mit unersetzlichen Hochpreispräparaten haften. Die<br />
Richtgrößenvereinbarung sieht zudem vor, dass die Besonderheiten <strong>und</strong><br />
der finanzielle Mehrbedarf bei besonders teuren Therapien ohne wirtschaftliche<br />
Alternative automatisch während einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
aus den Richtgrößen gefiltert werden. Das verringert den bürokratischen<br />
Aufwand enorm. Voraussetzung: Das Wirtschaftlichkeitsgebot<br />
wurde auch im Bereich der Praxisbesonderheiten beachtet.<br />
Wie kann denn vorab ein Überblick über die Praxisbesonderheiten<br />
geschaffen werden?<br />
Um den ungefähren Einfluss von Praxisbesonderheiten auf die ausgewiesene<br />
Richtgrößensumme zu erhalten, können eventuelle Praxisbesonderheiten<br />
oder Verordnungsschwerpunkte z.B. aus der Praxis-EDV,<br />
der GKV-Frühinformation oder sonstigen Verordnungsinformationen<br />
herausgesucht werden die Summe dem Richtgrößenvolumen gegenübergestellt<br />
werden bzw. der prognostizierten Überschreitung. So ist es<br />
möglich, die prognostizierte Überschreitung im Hinblick auf eine mögliche<br />
Regressgefahr im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abzuschätzen.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
30
Wie läuft das Verfahren?<br />
Das Prüfverfahren bei <strong>Arznei</strong>mitteln läuft in drei Schritten ab:<br />
� Schritt 1<br />
Sehr teure <strong>Arznei</strong>mitteltherapien werden in Nordrhein h<strong>und</strong>ertprozentig<br />
als Praxisbesonderheit gewertet. Dies betrifft seltene oder spezielle Erkrankungen<br />
wie zum Beispiel Morbus Gaucher oder Faktormangelerkrankungen.<br />
Wurde preisbewusst rezeptiert, so wird im Rahmen einer<br />
Vorabprüfung jedes einzelne dieser Rezepte mit den Kosten in voller<br />
Höhe als Praxisbesonderheit betrachtet. Diese <strong>Arznei</strong>verordnungen belasten<br />
somit de facto nicht die im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
relevanten <strong>Arznei</strong>mittelausgaben einer Praxis. Auch bei Verordnungen<br />
in diesem hochpreisigen Bereich achtet der Prüfungsausschuss<br />
darauf, ob wirtschaftlich verordnet wurde. Denn auch hier gibt es Präparate,<br />
die vorzuziehen sind, weil sie preiswerter <strong>und</strong> gleich wirksam<br />
sind. So existieren etwa im Bereich der Immunsuppressiva wirksame<br />
generische Alternativen oder günstige Reimporte.<br />
Praxisbesonderheiten <strong>Arznei</strong>mittel <strong>2007</strong> (Schritt 1)<br />
Symbolnummer<br />
Praxisbesonderheit / <strong>Arznei</strong>mittel<br />
90901 Therapie des Morbus-Gaucher mit Alglucerase/Imiglucerase<br />
90902<br />
90903<br />
90904<br />
Hormonelle Behandlung der in-vitro-Fertilisation <strong>und</strong> Stimulation<br />
bei der Sterilität nach strenger Indikationsstellung<br />
Interferon- oder Mitoxantron-Therapie bei schubförmig verlaufender<br />
bzw. sek<strong>und</strong>är progredienter Multipler Sklerose mit für<br />
diese Indikation zugelassenen Präparaten sowie die Behandlung<br />
der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose mit Glatirameracetat<br />
Interferon-Therapie bei Hepatitis B <strong>und</strong> Hepatitis C bei strenger<br />
Indikationsstellung mit für diese Indikationen zugelassenen Präparaten,<br />
auch in Kombination mit anderen dafür zugelassenen<br />
antiviralen Mitteln<br />
90905 <strong>Arznei</strong>mitteltherapie der Mukoviszidose<br />
90906 <strong>Arznei</strong>mitteltherapie der terminalen Niereninsuffizienz<br />
90907<br />
90908<br />
90909<br />
Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger nach den BUB-<br />
Richtlinien mit für die Substitution verordnungsfähigen <strong>Arznei</strong>mitteln<br />
einschließlich entsprechender Rezepturzubereitungen<br />
Wachstumshormon-Behandlung bei Kindern mit nachgewiesenem<br />
hypophysärem Minderwuchs<br />
Orale <strong>und</strong> parenterale Chemotherapie bei Tumorpatienten einschließlich<br />
der für diese Indikationen zugelassenen Hormonanaloga,<br />
Zytokine <strong>und</strong> Interferone, auch als Rezepturzubereitung<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
31
Symbolnummer<br />
Praxisbesonderheit / <strong>Arznei</strong>mittel<br />
90910 Behandlungsbedürftige HIV-Infektionen<br />
90912 Immunsupressive Behandlung nach Organtransplantationen<br />
90913<br />
Immunsupressive Behandlung nach Kollagenosen, entzündlichen<br />
Erkrankungen <strong>und</strong> Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatischen<br />
Formenkreis<br />
90914 Substitution von Plasmafaktoren bei Faktormangelkrankheiten<br />
90919 Therapie des Morbus Fabry mit Agalsidase<br />
90920<br />
90921<br />
Verteporfin zur Photodynamischen Therapie bei altersabhängiger<br />
feuchter Makuladegeneration mit subfoveolärer überwiegend<br />
klassischer choriodaler Neovaskularisation gemäß der Qualitätssicherungs-Vereinbarung<br />
nach § 135 Abs. 2 des fünften Sozialgesetzbuchs.<br />
Palivizumab zur Prävention der durch das Respiratory-Syncytial-<br />
Virus (RSV) hervorgerufenen schweren Erkrankungen der unteren<br />
Atemwege, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen, bei<br />
Kindern, die entweder in der 35. Schwangerschaftswoche oder<br />
früher geboren wurden <strong>und</strong> zu Beginn der RSV-Saison jünger als<br />
sechs Monate sind; außerdem bei Kindern unter zwei Jahren, die<br />
innerhalb der letzten sechs Monate wegen bronchopulmonaler<br />
Dysplasie behandelt wurden <strong>und</strong> bei Kindern unter zwei Jahren<br />
mit hämodynamisch signifikanten angeborenen Herzfehlern.<br />
90934 Therapie des Morbus Pompe mit Alglucosidase alpha<br />
� Schritt 2<br />
Aus den Richtgrößen herausgerechnet wird auch ein Teil der Kosten bei<br />
einzelnen <strong>Arznei</strong>mitteltherapien wie der Insulin-Therapie bei insulinpflichtigem<br />
Diabetes oder der Behandlung der Schizophrenie mit atypischen<br />
Neuroleptika. Diese Therapien sind zwar für die jeweilige Fachgruppe<br />
keine Besonderheit, sie sind aber sehr teuer <strong>und</strong> sprengen vielfach<br />
die Richtgröße. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sieht die Richtgrößen-<br />
Vereinbarung vor, den Teil der Kosten abzuziehen, der einer Praxis in<br />
diesem Verordnungsbereich durch ein von der Fachgruppe abweichendes<br />
Mehr an Patienten entstanden ist.<br />
Um das "Mehr" an Patienten nachzuweisen stehen verschiedene Möglichkeiten<br />
zur Verfügung. So handelt es sich bei der Richtgrößenprüfung<br />
um eine reine Verordnungsprüfung, allerdings kann anhand der Abrechnung<br />
einzelner Gebührenordnungsnummern auf ein besonderes Patientenklientel<br />
geschlossen werden. Eine weitere Methode zur Abklärung<br />
des Patientenguts der durchschnittlichen Vergleichspraxis ist die Information<br />
beim Zentralinstitut bei der Kassenärztlichen B<strong>und</strong>esvereinigung<br />
(www.zi-berlin.de). Dort finden umfangreiche Erhebungen, z.B. arzt-<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
32
gruppenspezifische Analysen der häufigsten Diagnoseschlüssel, anhand<br />
derer die betroffene Praxis ggf. nachweisen kann, dass ein überproportional<br />
hoher Anteil Patienten einer besonderen Patientengruppe betreut<br />
werden. Seit kurzer Zeit finden sich solche Morbiditätsstatistiken auch<br />
auf der Hompage der KV Nordrhein unter www.kvno.de.<br />
Sie sollten jedoch berücksichtigen, dass beispielsweise nicht der Diabetiker<br />
insgesamt mit all seinen Begleitmedikationen automatisch als Praxisbesonderheit<br />
gewertet wird, sondern wirklich nur die teure Insulintherapie.<br />
Alle anderen Begleittherapien sind im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
zu prüfen.<br />
Vertreter der Pharmaindustrie behaupten vielfach, diese Therapien seien<br />
als Praxisbesonderheit anerkannt <strong>und</strong> es drohe generell kein Regress.<br />
Das ist falsch. Sie verschweigen, dass nur die Summe als Besonderheit<br />
anerkannt wird, die eine Praxis mehr verordnet hat als der Fachgruppendurchschnitt.<br />
Wer etwa Migränetherapie mit Triptanen oder die<br />
Glaukomtherapie nach dem Motto betreibt: „Rohre frei <strong>und</strong> los“, dem<br />
droht ein Regress – den der Pharmavertreter kaum zahlen dürfte.<br />
Was ist nun eine Praxisbesonderheit nach Schritt 2? Ein Beispiel: Wenn<br />
etwa eine Praxis mehr moderne Glaukomtherapeutika verordnen muss<br />
als der Fachgruppendurchschnitt, weil lokale Betablocker kontraindiziert<br />
waren oder keine oder nur unzureichende Wirkung zeigten, so ist dies<br />
eine solche Besonderheit. Dies gilt aber nur dann, wenn preisbewusst<br />
verordnet wurde. Falsch liegt also, wer behauptet, moderne Glaukomtherapeutika<br />
wären generell von den „Budgets“ ausgenommen, sodass<br />
sich ein Umstieg von den altbewährten <strong>Arznei</strong>mitteln lohnen würde.<br />
Die Regelung haben Krankenkassen <strong>und</strong> KV Nordrhein in die Richtgrößenvereinbarung<br />
aufgenommen, um der von der Pharmaindustrie gelenkten<br />
Sogwirkung in bestimmten Bereichen Einhalt zu bieten. In der<br />
Vergangenheit nahm beispielsweise kurz nach Vereinbarung der Praxisbesonderheit<br />
„Schmerztherapie mit Opioiden“ die Verordnungshäufigkeit<br />
bei den Opioiden explosionsartig zu. Nach dem Motto: „Besser Opioide<br />
verordnen, denn die werden ja zu h<strong>und</strong>ert Prozent aus dem Budget<br />
gerechnet“, warb die Industrie mit der Richtgrößenregelung erfolgreich<br />
für diese Produkte. Die vermehrten Verordnungen betrafen vor allem<br />
Fälle, in denen einfache Schmerzmittel zur Therapie ausgereicht hätten.<br />
Um den nicht-indizierten Kostenschub zu stoppen, wird seit dem Jahr<br />
2004 bei der Schmerztherapie mit Opioiden nur noch derjenige Teil als<br />
Praxisbesonderheit anerkannt, den eine Praxis aufgr<strong>und</strong> des von der<br />
Fachgruppentypik abweichenden Klientels aufweist – <strong>und</strong> nicht mehr<br />
alle Verordnungen einer Praxis in diesem Bereich.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
33
Praxisbesonderheiten <strong>Arznei</strong>mittel <strong>2007</strong> (Schritt 2)<br />
Symbolnummer<br />
90911<br />
Praxisbesonderheit / <strong>Arznei</strong>mittel<br />
Insulin-Therapie bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus einschließlich<br />
der dafür verordneten Teststreifen unter Beachtung des<br />
Orientierungsrahmens zur Verordnung von Teststreifen. Den Orientierungsrahmen<br />
haben die KV Nordrhein <strong>und</strong> die nordrheinischen<br />
Krankenkassen aufgestellt.<br />
90915 Behandlung der Schizophrenie mit atypischen Neuroleptika<br />
90916<br />
Schmerztherapie mit Opioiden <strong>und</strong> mit den dazugehörigen Laxantien<br />
90917 Therapie des Morbus Crohn mit Infliximab<br />
90918 Antiepileptika<br />
90922 Hyposensibilisierung mit spezifischen Allergen<strong>extra</strong>kten<br />
90923<br />
Moderne Glaukomtherapeutika (Brimonidin, Dorzolamid, Brinzolamid,<br />
Latanoprost, Travoprost <strong>und</strong> Brimatoprost, gegebenenfalls in<br />
Kombination mit lokalem Betablocker), soweit lokale Betablocker<br />
kontraindiziert sind oder keine oder nur unzureichende Wirkung<br />
zeigen.<br />
90924 Antiparkinsonmittel<br />
90925<br />
90926<br />
Antithrombotische Mittel (nur Heparin <strong>und</strong> Heparinoide, parenteral)<br />
Antidementiva vom Typ der Cholinesterasehemmer sowie Memantin<br />
90927 Selektive Serotonin-5HT1-Agonisten<br />
90928 systemische Psoriasistherapie<br />
90929<br />
Bisphosphonate <strong>und</strong> selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren bei<br />
Osteoporose oder zur Behandlung von Knochenmetastasen<br />
90930 Methylphenidat- <strong>und</strong> Atomoxetinbehandlung<br />
90931 neuroleptische Behandlung chronischer Tic-Störungen<br />
90932 Bilanzierte Diäten bei angeborenen Stoffwechselerkrankungen<br />
90933<br />
<strong>Arznei</strong>mitteltherapie zur Behandlung des sek<strong>und</strong>ären Hyperparathyroidismus<br />
bei dialysepflichtigen Patienten mit terminaler<br />
Niereninsuffizienz<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
34
� Schritt 3<br />
Im Unterschied zu den unter Schritt 1 <strong>und</strong> 2 genannten Praxisbesonderheiten<br />
gibt es noch diejenigen, die über die definierten Indikationen<br />
hinaus im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abziehbar sind. So<br />
können Sie beispielsweise die Kosten für eine Enzymersatztherapie bei<br />
Mukopolysaccharidose geltend machen, obwohl diese Indikation nicht in<br />
der Vereinbarung genannt ist. Sie müssen den Prüfungsausschuss aber<br />
selbst auf die Besonderheit aufmerksam machen. Auch hier gilt: Nur der<br />
Mehrbedarf wird als Praxisbesonderheit anerkannt, nicht jede einzelne<br />
Verordnung in voller Kostenhöhe.<br />
Wie läuft das Verfahren im Heilmittelbereich ab?<br />
Im Prinzip läuft das Verfahren ähnlich ab. Auch bei Heilmittelrichtgrößenverfahren<br />
gibt es bestimmte Verordnungen, die von vornherein als<br />
Praxisbesonderheit anerkannt werden - zu h<strong>und</strong>ert Prozent.<br />
Praxisbesonderheiten Heilmittel <strong>2007</strong> (Schritt 1)<br />
Symbolnummer<br />
90950<br />
90951<br />
Praxisbesonderheit / Heilmittel<br />
Allgemeine Heilmittel<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD für die<br />
ersten 2 Monate nach chirurgisch-orthopädischen Operationen<br />
Manuelle Lymphdrainage für die ersten 2 Monate nach chirurgisch-orthopädischen<br />
Operationen<br />
Für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche:<br />
90952<br />
90953<br />
90954<br />
90955<br />
90956<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei Hemiparese, spastischer Di<strong>und</strong><br />
Tetraplegie<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei Hemiparese,<br />
spastischer Di- <strong>und</strong> Tetraplegie<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei Hemiparese,<br />
spastischer Di- <strong>und</strong> Tetraplegie<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei komplexen zerebralen Dysfunktionen<br />
bei Krankheiten der ICD-10-Codierungen: G10, G11,<br />
G12, G13, G80, zerebralen Anfallsleiden oder neurodegenerativen<br />
bzw. metabolischen bzw. muskulären Systemerkrankungen<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei komplexen<br />
zerebralen Dysfunktionen bei Krankheiten der ICD-10-<br />
Codierungen: G10, G11, G12, G13, G80, zerebralen Anfallsleiden<br />
oder neurodegenerativen bzw. metabolischen bzw. muskulären<br />
Systemerkrankungen<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
35
Symbolnummer<br />
90957<br />
90958<br />
90959<br />
90960<br />
90967<br />
90968<br />
90969<br />
90970<br />
90981<br />
90982<br />
90983<br />
Für Erwachsene:<br />
90971<br />
90972<br />
90973<br />
Praxisbesonderheit / Heilmittel<br />
Allgemeine Heilmittel<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei komplexen<br />
zerebralen Dysfunktionen bei Krankheiten der ICD-10-<br />
Codierungen: G10, G11, G12, G13, G80, zerebralen Anfallsleiden<br />
oder neurodegenerativen bzw. metabolischen bzw. muskulären<br />
Systemerkrankungen<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei schweren/tiefgreifenden Entwicklungsstörungen<br />
nach ICD-10-Codierungen F80.0 bis F80.3,<br />
F82, F83, F84<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei<br />
schweren/tiefgreifenden Entwicklungsstörungen nach ICD-10-<br />
Codierungen F80.0 bis F80.3, F82, F83, F84<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei schweren/tiefgreifenden<br />
Entwicklungsstörungen nach ICD-10-<br />
Codierungen F80.0 bis F80.3, F82, F83, F84<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei erworbener <strong>und</strong>/oder angeborener<br />
schwerer geistiger <strong>und</strong>/oder körperlicher Behinderung, Mehrfachbehinderung<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei erworbener<br />
<strong>und</strong>/oder angeborener schwerer geistiger <strong>und</strong>/oder körperlicher<br />
Behinderung, Mehrfachbehinderung<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei erworbener<br />
<strong>und</strong>/oder angeborener schwerer geistiger <strong>und</strong>/oder körperlicher<br />
Behinderung, Mehrfachbehinderung<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei schwerer<br />
Muskoviszidose<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei palliativmedizinischer Betreuung<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei palliativmedizinischer<br />
Betreuung<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei palliativmedizinischer<br />
Betreuung<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei angeborenen oder erworbenen<br />
Plegien/Paresen, zentral oder peripher (z. B. Zerebralparese, Plexusparesen,<br />
Muskeldystrophie, kongenitale Kontrakturen)<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei angeborenen<br />
oder erworbenen Plegien/Paresen, zentral oder peripher<br />
(z. B. Zerebralparese, Plexusparesen, Muskeldystrophie, kongenitale<br />
Kontrakturen)<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei angeborenen<br />
oder erworbenen Plegien/Paresen, zentral oder peripher (z.<br />
B. Zerebralparese, Plexusparesen, Muskeldystrophie, kongenitale<br />
Kontrakturen)<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
36
Symbolnummer<br />
90974<br />
90975<br />
90976<br />
90977<br />
Praxisbesonderheit / Heilmittel<br />
Allgemeine Heilmittel<br />
Maßnahmen der Ergotherapie bei schweren neurologischen Erkrankungen<br />
wie z. B. amyotrophische Lateralsklerose (ALS); Wachkomapatienten;<br />
Multiple Sklerose; M. Parkinson nur nach den ICD-<br />
10- Codierungen G20.1, G20.2, G21; Apoplexie für den Zeitraum<br />
eines Jahres nach auslösendem Ereignis<br />
Maßnahmen der Stimm-, Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei<br />
schweren neurologischen Erkrankungen wie z. B. amyotrophische<br />
Lateralsklerose (ALS); Wachkomapatienten; Multiple Sklerose, M.<br />
Parkinson nur nach den ICD-10- Codierungen G20.1, G20.2, G21;<br />
Apoplexie für den Zeitraum eines Jahres nach auslösendem Ereignis<br />
Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD bei schweren<br />
neurologischen Erkrankungen wie z. B. amyotrophische Lateralsklerose<br />
(ALS); Wachkomapatienten; Multiple Sklerose, M. Parkinson<br />
nach den ICD-10- Codierungen G20.1, G20.2, G21; Apoplexie<br />
für den Zeitraum eines Jahres nach auslösendem Ereignis<br />
Manuelle Lymphdrainage bei eine chronischen Lymphabfluss-<br />
Störung aufgr<strong>und</strong> einer onkologischen Erkrankung<br />
Im Unterschied zum <strong>Arznei</strong>mittelbereich gibt es bei Heilmitteln neben<br />
diesen Praxisbesonderheiten nur noch solche, die über die definierten<br />
Indikationen hinaus im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abziehbar<br />
sind (Schritt 3 Praxisbesonderheiten). Ein Beispiel hierfür wäre<br />
ein erwachsener Patient mit selbstverschuldetem schweren Verkehrsunfall<br />
mit dem Motorrad, der Krankengymnastik wegen der Unfallfolgen<br />
benötigt. Dieser Patient kann als weitere Besonderheit geltend gemacht<br />
werden, obwohl es für ihn keine Symbolnummer gibt. Denn ein derartiges<br />
Krankheitsbild mit seinen Folgen ist in der Vergleichsgruppenpraxis<br />
selten oder kommt nicht vor, somit sind die Heilmittelkosten eine Besonderheit<br />
der Praxis.<br />
Zum Nachweis von Praxisbesonderheiten ist eine lückenlose Dokumentation<br />
der kostenintensiven Fälle unverzichtbar. Dies betrifft besonders<br />
die Praxisbesonderheiten nach Schritt 3, denn hier liegt die Nachweispflicht<br />
beim verordnenden Arzt- gleichermaßen für <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmittel.<br />
Praxisbesonderheiten können mit der Abrechnung mittels Symbolziffern<br />
gemeldet werden. Dies vereinfacht die Dokumentation erheblich. Achtung:<br />
Pro Quartal darf die besondere Medikation für einen Patienten nur<br />
einmal mittels einer bestimmten Symbolziffer kenntlich gemacht werden.<br />
Auf einem Abrechnungs- bzw. Überweisungsschein können indes<br />
mehrere verschiedene Symbolziffern angegeben werden.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
37
Die Kennzeichnung der kostenintensiven Patienten kann jeweils an der<br />
Stelle des Behandlungsausweises erfolgen, an dem auch die Leistungen<br />
abgerechnet werden. Im Falle eines Prüfverfahrens stellen diese Meldungen<br />
einen ersten Hinweis dar, dem die Ausschüsse nachgehen. Geprüft<br />
wird jedoch mit Hilfe der tatsächlich vorliegenden Verordnungsdaten.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
38
Verordnungsdaten genau anschauen<br />
Leitet der Prüfungsausschuss eine Prüfung nach Richtgrößen ein, so<br />
erhält der betroffene Arzt vom Ausschuss einen Brief <strong>und</strong> eine CD mit<br />
den Rezeptdaten. Ausgedruckt machen die Rezeptdaten einen hohen<br />
Stapel Papier aus. Sie schaffen jedoch Transparenz in Sachen Verordnung:<br />
Jedes einzelne ausgestellte Rezept ist – soweit möglich – dem<br />
jeweiligen Patienten <strong>und</strong> den dazugehörenden Diagnosen zugeordnet.<br />
Zudem sind die Rezepte nach Indikationsgruppen sortiert <strong>und</strong> die einzelnen<br />
<strong>Arznei</strong>mittel in Indikationsgruppen gelistet bzw. die Heilmittel<br />
nach Leistungsbereichen. Anders als in anderen KVen bieten diese Daten<br />
eine Übersicht, auf welcher Basis eigentlich geprüft wird. Fehlerhalte<br />
Datenlieferungen der Kassen sind erkennbar. Auch Praxisbesonderheiten<br />
sind anhand der gelisteten Verordnungsdaten einfach auszumachen.<br />
Anders als in den meisten Prüfregionen wird hier keine „Black-box“ geprüft.<br />
Auch wenn die Übersichten zunächst von der Menge <strong>und</strong> vom Inhalt<br />
überwältigend zu sein scheinen, sie helfen bei der Stellungnahme enorm.<br />
Aus datenschutzrechtlichen Gründen fehlen in den Unterlagen die<br />
Versichertennamen. Sie sind aber auch nicht unbedingt nötig. Denn jede<br />
Verordnung für einen Patienten ist zusammen mit der Diagnose in den<br />
Übersichten angegeben. Verordnungen, die auf Praxisbesonderheiten<br />
hinweisen, sind mit der entsprechenden Nummer der Besonderheit gekennzeichnet.�<br />
Infos zu Rezeptübersichten<br />
Sollten Sie im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung Hilfe benötigen, um die Rezeptübersichten<br />
zu interpretieren stehen Ihnen die Mitarbeiter <strong>und</strong> medizinische<br />
Sachverständige der Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />
Nordrhein gerne zur Verfügung.<br />
Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschuss Nordrhein<br />
Telefon 0211 5970 8441 / 8442<br />
Telefax 0211 5970 8422<br />
E-Mail: pa@wpno.de<br />
Für allgemeine Fragen stehen Ihnen die Ansprechpartner aus Seite 59 zur Verfügung<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
39
III.2.3 Prüfung in besonderen Fällen<br />
In letzter Zeit gehen bei der Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses<br />
Nordrhein vermehrt <strong>Arznei</strong>mittelprüf- bzw.<br />
Regressanträge von Krankenkassen ein. Diese sind oft damit begründet,<br />
dass Rechtsverordnungen oder Richtlinien des Gemeinsamen<br />
B<strong>und</strong>esausschusses unbeachtet gelassen wurden oder aber unwirtschaftliche<br />
oder unzulässige <strong>Arznei</strong>mittelanwendungen veranlasst<br />
wurden. In solchen Fällen spricht man von Prüfungen in besonderen<br />
Fällen gemäß § 15 der Prüfvereinbarung.<br />
Die Kassen werfen den Ärzten etwa unzulässige Verordnungen vor,<br />
wenn Verstöße gegen Richtlinien oder das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegen.<br />
Dies trifft beispielsweise zu, wenn Bestimmungen der <strong>Arznei</strong>-<br />
oder Heilmittel-Richtlinien nicht beachtet wurden. Als unwirtschaftlich<br />
sehen viele Kassen beispielsweise auch die Verordnung von Originalpräparaten<br />
bei <strong>Arznei</strong>mitteln an, wenn im gleichen Bereich Generika zur<br />
Verfügung stehen. Oder wenn Präparate verordnet werden, für die es<br />
pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare preiswertere Alternativen<br />
gibt.<br />
Ein Verstoß gegen die <strong>Arznei</strong>mittel-Richtlinien ist es zum Beispiel, wenn<br />
nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel an Erwachsene verordnet<br />
wurden, obwohl es für diese keine Ausnahmeregelung gibt. Werden<br />
diese <strong>Arznei</strong>mittel dennoch verordnet, so entsteht ein so genannter<br />
„Sonstiger Schaden“ – außer bei Kindern bis 12 Jahre <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahre.<br />
Dies bedeutet, dass die Kosten dieser <strong>Arznei</strong>mittel vollständig beim verordnenden<br />
Arzt regressiert werden können. Ein weiterer Verstoß wäre<br />
die Verordnung von so genannten Life-Style-Medikamenten wie zum<br />
Beispiel Viagra oder ähnlichen Mitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
40
Kassenrezept: ausgeschlossene Verordnungen<br />
� Life-Style-Medikamente<br />
Dazu gehören zum Beispiel Mittel zur<br />
- Behandlung der erektilen Dysfunktion<br />
- Raucherentwöhnung<br />
- Gewichtsreduktion<br />
� Verschreibungspflichtige Bagatellarzneimittel für Erwachsene<br />
Bestimmte <strong>Arznei</strong>mittel dürfen gesetzlich versicherten<br />
(18. Lebensjahr vollendet) nicht zu Lasten der Kasse verordnet<br />
werden. Vor allem:<br />
- <strong>Arznei</strong>mittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten <strong>und</strong><br />
grippalen Infekten<br />
- Dies gilt analog auch für die bei diesen Krankheiten<br />
anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel,<br />
hustendämpfenden <strong>und</strong> hustenlösenden <strong>Arznei</strong>mittel,<br />
sofern es sich um geringfügige Ges<strong>und</strong>heitsstörungen handelt.<br />
� M<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Rachentherapeutika<br />
Ausnahme: Für die Therapie bei Pilzinfektionen, geschwürigen Erkrankungen<br />
der M<strong>und</strong>höhle <strong>und</strong> die Behandlung nach chirurgischen Eingriffen<br />
im Hals-, Nasen- <strong>und</strong> Ohrenbereich sind M<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Rachentherapeutika<br />
jedoch verordnungsfähig.<br />
� Abführmittel<br />
Abführmittel können jedoch bei Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose,<br />
Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen<br />
Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer<br />
Niereninsuffizienz <strong>und</strong> im Rahmen der Opiattherapie sowie Opioidtherapie<br />
<strong>und</strong> in der Terminalphase zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
verordnet werden.<br />
� <strong>Arznei</strong>mittel gegen Reisekrankheit<br />
Von diesem Verordnungsausschluss nicht betroffen ist die Anwendung<br />
gegen Erbrechen bei der Tumortherapie <strong>und</strong> anderen Erkrankungen, wie<br />
Menièrescher Symptomkomplex.<br />
� <strong>Arznei</strong>mittel der Negativliste<br />
Die Negativliste zählt die unwirtschaftlichen Präparate auf. Als unwirtschaftlich<br />
gelten die <strong>Arznei</strong>mittel, die für das Therapieziel oder zur Minderung<br />
von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten oder die<br />
wegen der Vielzahl der enthaltenen Wirkstoffe nicht mit ausreichender<br />
Sicherheit beurteilt werden können. Ebenso diejenigen, deren therapeutischer<br />
Nutzen nicht nachgewiesen ist.<br />
� Nicht rezeptpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel<br />
Nicht rezeptpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel dürfen nicht per Kassenrezept verordnet<br />
werden.<br />
Ausnahmen:<br />
- Kinder unter 12 Jahren oder Jugendliche<br />
mit Entwicklungsstörungen bis zum 18. Geburtstag<br />
- Nicht rezeptpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel der Ausnahmeliste<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
41
Die Ausnahmeliste beinhaltet alle nicht rezeptpflichtigen <strong>Arznei</strong>mittel, die<br />
ausnahmsweise zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet<br />
werden können. Gelistet wurden Wirkstoffe, die bei schwerwiegenden Erkrankungen<br />
als Therapiestandard gelten.<br />
Eine Krankheit ist schwerwiegend,<br />
� wenn sie lebensbedrohlich ist oder<br />
� wenn sie auf Gr<strong>und</strong> der Schwere der durch sie verursachten Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />
die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt.<br />
Ein <strong>Arznei</strong>mittel ist Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur<br />
Behandlung dieser schwerwiegenden Erkrankungen dem allgemein anerkannten<br />
Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.<br />
Die Auflistung ist abschließend; es sind also keine weiteren Ausnahmen<br />
möglich. Aktualisierungen nimmt - sofern erforderlich - der Gemeinsame<br />
B<strong>und</strong>esausschuss vor. Die nachfolgend gelisteten <strong>Arznei</strong>stoffe dürfen nur<br />
bei den jeweils genannten Erkrankungen zu Lasten der GKV verordnet werden.<br />
Die Indikation wird in den Patientenunterlagen, nicht auf dem Rezept,<br />
dokumentiert. Präparate, die durch die Ausnahmeliste definiert sind <strong>und</strong> bei<br />
der entsprechenden schwerwiegenden Erkrankung angewandt werden sollen,<br />
werden auf dem Rezeptformular nach Muster 16 (rosa Rezept) verordnet.<br />
Apothekenpflichtige <strong>Arznei</strong>mittel, die nicht durch die Ausnahmeliste gedeckt<br />
werden, können z.B. auf einem Privatrezept oder dem so genannten<br />
Grünen Rezept notiert werden. Dies dient dem Patienten als Gedächtnisstütze,<br />
kann auch die Dosierung beinhalten <strong>und</strong> wird in der Apotheke als<br />
Quittung für den Patienten genutzt.<br />
OTC-Ausnahmeliste<br />
Anthroposophische <strong>und</strong> Homöopathische <strong>Arznei</strong>mittel<br />
(AMR 16.5)<br />
Für die in der Ausnahmeliste aufgeführten Indikationsgebiete kann der Arzt bei<br />
schwerwiegenden Erkrankungen auch <strong>Arznei</strong>mittel der Anthroposophie <strong>und</strong> Homöopathie<br />
verordnen, sofern die Anwendung dieser <strong>Arznei</strong>mittel für diese Indikationsgebiete<br />
nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung<br />
angezeigt ist.<br />
Begleitmedikation (AMR 16.6)<br />
Nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel, die begleitend zu einer medikamentösen<br />
Haupttherapie mit zugelassenen, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung<br />
verordnungsfähigen <strong>Arznei</strong>mittel eingesetzt werden (Begleitmedikation) sind verordnungsfähig,<br />
wenn das nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel in der Fachinformation<br />
des Hauptarzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben<br />
ist.<br />
Medikation bei unerwünschten <strong>Arznei</strong>mittelwirkungen<br />
(AMR 16.7)<br />
Nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel, die zur Behandlung der beim bestimmungsgemäßen<br />
Gebrauch eines zugelassenen, im Rahmen der vertragsärztlichen<br />
Versorgung verordnungsfähigen <strong>Arznei</strong>mittels auftretenden, schädlichen unbeabsichtigten<br />
Reaktionen (unerwünschte <strong>Arznei</strong>mittelwirkungen; UAW) eingesetzt<br />
werden, sind verordnungsfähig, wenn die UAW schwerwiegend sind (lebensbedrohlich,<br />
oder wenn sie aufgr<strong>und</strong> der Schwere der durch sie verursachten Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />
die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt).<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
42
Ausnahmeliste der apothekenpflichtigen, nicht verschreibungspflichtigen<br />
<strong>Arznei</strong>mittel nach § 34 Abs. 1 SGB V (Stichworte nach Alphabet)<br />
<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />
Abführmittel (AMR 16.4.1) nur zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang<br />
mit Tumorleiden, Megakolon, Divertikulose, Divertikulitis,<br />
Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor<br />
diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation<br />
bei chronischer Niereninsuffizienz, Opiat- sowie<br />
Opioidtherapie <strong>und</strong> in der Terminalphase<br />
verordnungsfähig.<br />
Acetylsalicylsäure<br />
(bis 300 mg / Dosiseinheit)<br />
(AMR 16.4.2) nur als Thrombozyten-Aggregationshemmer in der Nachsorge<br />
von Herzinfarkt <strong>und</strong> Schlaganfall sowie nach arteriellen<br />
Eingriffen verordnungsfähig.<br />
(AMR 16.4.3) nur zur Behandlung schwerer <strong>und</strong> schwerster Schmerzen<br />
in Co-Medikation mit Opioiden verordnungsfähig.<br />
Acetylsalicylsäure<br />
<strong>und</strong> Paracetamol<br />
Acidosetherapeutika (AMR 16.4.4) nur zur Behandlung von dialysepflichtiger Nephropathie<br />
<strong>und</strong> chronischer Niereninsuffizienz sowie bei Neoblase<br />
verordnungsfähig.<br />
Antihistaminika (AMR 16.4.5) nur in Notfallsets zur Behandlung bei Bienen-, Wespen<strong>und</strong><br />
Hornissengift-Allergien<br />
nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticaria<br />
nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus<br />
nur zur Behandlung bei schwerwiegender allergischer<br />
Rhinitis, bei der eine topische nasale Behandlung mit<br />
Glukokortikoiden nicht ausreichend ist verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
Antihistaminika zur Behandlung des Heuschnupfens ohne<br />
die genannten Symptome<br />
Antimykotika (AMR 16.4.6) nur zur Behandlung von Pilzinfektionen im M<strong>und</strong>- <strong>und</strong><br />
Rachenraum verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
bei Hautmykosen <strong>und</strong> Vulvovaginalcandidosen<br />
Antiseptika <strong>und</strong> Gleitmittel (AMR 16.4.7) nur für Patienten mit Katheterisierung verordnungsfähig.<br />
<strong>Arznei</strong>stofffreie Injektions-<br />
(AMR 16.4.8) sind verordnungsfähig.<br />
/Infusions-,Träger- <strong>und</strong> Elektrolyt-<br />
Diese Lösungen sind auch für Rezepturen mit <strong>Arznei</strong>stoflösungen<br />
sowie parenterale Osmodiuretika<br />
bei Hirnödem (Mannitol,<br />
Sorbitol)<br />
fen (z. B. Zytostatika) verordnungsfähig.<br />
Butylscopolamin, parenteral (AMR 16.4.45) nur zur Behandlung in der Palliativmedizin verordnungsfähig.<br />
Calciumverbindungen<br />
(AMR 16.4.9) nur zur Behandlung der manifesten Osteoporose<br />
(mind. 300 mg<br />
nur zeitgleich zur Steroidtherapie bei Erkrankungen, die<br />
Calcium-Ion/Dosiereinheit)<br />
voraussichtlich einer mindestens sechsmonatigen Ste-<br />
<strong>und</strong> Vitamin D in Kombination<br />
roidtherapie in einer Dosis von wenigstens 7,5 mg Pred-<br />
(freie oder fixe Kombination)<br />
nisolonäquivalent bedürfen<br />
nur bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der<br />
Erläuterungen:<br />
Eine manifeste Osteoporose ist gekennzeichnet<br />
durch eine Fraktur ohne<br />
adäquates Trauma.<br />
jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit<br />
verordnungsfähig.<br />
Cave: Präparate mit Dosiereinheiten unter 300 mg können<br />
nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
verordnet werden.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
43
<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />
Calciumverbindungen als<br />
Monopräparate<br />
(AMR 16.4.10) nur bei Pseudohypo- <strong>und</strong> Hypoparathyreoidismus<br />
nur bei Bisphosponat-Behandlung gemäß Angabe in der<br />
jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
Bei Hypokalziämie anderer Genese oder als Kombination<br />
mit anderen Mineralstoffen.<br />
Citrate (AMR 16.4.12) nur zur Behandlung von Harnkonkrementen verordnungsfähig.<br />
E. coli Stamm Nissle 1917 (AMR 16.4.13) nur zur Behandlung der Colitis ulcerosa in der Remissionsphase<br />
bei Unverträglichkeit von Mesalazin verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
Zur Behandlung von Durchfallerkrankungen, auch antibiotikainduzierter<br />
Genese<br />
Eisen-(II)-Verbindungen (AMR 16.4.14) nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanämie<br />
verordnungsfähig.<br />
Cave: Bei Schwangeren ist nach den Mutterschafts-<br />
Richtlinien eine Intervention ab einem Hb-Wert von 11,2<br />
g/100 ml gerechtfertigt <strong>und</strong> damit Eisen-(II)-<br />
Verbindungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
verordnungsfähig.<br />
Flohsamen <strong>und</strong> Flohsamenschalen (AMR 16.4.15) nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei<br />
Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom <strong>und</strong> HIV-assoziierten<br />
Diarrhöen verordnungsfähig<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
Zur Behandlung von Stuhlunregelmäßigkeiten<br />
Folsäure <strong>und</strong> Folinate (AMR 16.4.16) nur bei der Therapie mit Folsäureantagonisten sowie zur<br />
Behandlung des kolorektalen Karzinoms verordnungsfähig.<br />
Ginkgo-biloba-Blätter-Extrakt<br />
(Aceton-Wasser-Auszug, standardisiert)<br />
(AMR 16.4.17) nur zur Behandlung der Demenz verordnungsfähig.<br />
Harnstoffhaltige Dermatika<br />
mit einem Harnstoffgehalt von<br />
mindestens 5 %<br />
Hypericum-perforatum-Extrakt<br />
(hydroalkoholischer Extrakt, mindestens<br />
300 mg pro Applikationsform)<br />
(AMR 16.4.46) nur bei gesicherter Diagnose bei Ichthyosen, wenn keine<br />
therapeutischen Alternativen für den jeweiligen Patienten<br />
indiziert sind verordnungsfähig.<br />
(AMR 16.4.18) nur zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden<br />
verordnungsfähig.<br />
Cave: Es gibt bereits für diese Indikation zugelassene<br />
Präparate auf dem Markt. Präparate ohne die Zulassung<br />
für die Indikation „mittelschwere depressive Episode“ sind<br />
nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
verordnungsfähig.<br />
Iodid (AMR 16.4.19) nur zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
bei schwangerschaftsbedingtem Jodidbedarf<br />
Iod-Verbindungen (AMR 16.4.20) nur zur Behandlung von Ulcera <strong>und</strong> Dekubitalgeschwüren<br />
verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
bei normaler W<strong>und</strong>behandlung<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
44
<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />
Kaliumverbindungen als<br />
Monopräparate<br />
(AMR 16.4.21) nur zur Behandlung der Hypokaliaemie verordnungsfähig.<br />
Lactulose <strong>und</strong> Lactitol (AMR 16.4.22) nur zur Senkung der enteralen Ammoniakresorption bei<br />
Leberversagen im Zusammenhang mit der hepatischen<br />
Enzephalopathie verordnungsfähig.<br />
Levocarnitin (AMR 16.4.44) nur zur Behandlung bei endogenem Carnitinmangel verordnungsfähig<br />
Lösungen <strong>und</strong> Emulsionen zur (AMR 16.4.23) einschließlich der notwendigen Vitamine <strong>und</strong> Spurenele-<br />
parenteralen Ernährung<br />
mente sind verordnungsfähig.<br />
L-Methionin (AMR 16.4.43) nur zur Vermeidung der Steinneubildung bei Phosphatsteinen<br />
bei neurogener Blasenlähmung, wenn Ernährungsempfehlungen<br />
<strong>und</strong> Blasenentleerungstraining erfolglos<br />
geblieben sind verordnungsfähig.<br />
Magnesiumverbindungen, oral (AMR 16.4.24) nur bei angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen<br />
verordnungsfähig.<br />
Magnesiumverbindungen,<br />
(AMR 16.4.25) nur zur Behandlung bei nachgewiesenem Magnesium-<br />
parenteral<br />
mangel <strong>und</strong> zur Behandlung bei erhöhtem Eklampsierisiko<br />
verordnungsfähig.<br />
Metixenhydrochlorid (AMR 16.4.26) nur zur Behandlung des Parkinson-Syndroms verordnungsfähig.<br />
Mistel-Präparate, parenteral, (AMR 16.4.27) nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur<br />
auf Mistellektin normiert<br />
Verbesserung der Lebensqualität verordnungsfähig.<br />
Niclosamid (AMR 16.4.28) nur zur Behandlung von Bandwurmbefall verordnungsfähig<br />
Nystatin (AMR 16.4.29) nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten<br />
Patienten verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
Bei Hautmykosen <strong>und</strong> Vulvovaginalcandidosen dieser<br />
Patienten, da es sich hierbei nicht um schwerwiegende<br />
Erkrankungen handelt.<br />
Ornithinaspartat (AMR 16.4.30) nur zur Behandlung des hepatischen (Prae-) Coma <strong>und</strong><br />
der episodischen, hepatischen Enzephalopathie verordnungsfähig.<br />
Pankreasenzyme (AMR 16.4.31) nur zur Behandlung chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz<br />
oder Mukoviszidose verordnungsfähig.<br />
Nicht verordnungsfähig:<br />
bei dyspeptischen Beschwerden<br />
Phosphatbinder (AMR 16.4.32) nur zur Behandlung der Hyperphosphatämie bei chronischer<br />
Niereninsuffizienz <strong>und</strong> Dialyse verordnungsfähig.<br />
Phosphatverbindungen (AMR 16.4.33) nur bei Hypophosphatämie, die durch eine entsprechende<br />
Ernährung nicht behoben werden kann, verordnungsfähig.<br />
Salicylsäurehaltige Zubereitungen (AMR 16.4.34) nur als Teil der Behandlung der Psoriasis <strong>und</strong> hyperkera-<br />
(„mind. 2% Saicylsäure“) in der<br />
Dermatotherapie<br />
totischer Ekzeme verordnungsfähig.<br />
Synthetischer Speichel (AMR 16.4.35) nur zur Behandlung krankheitsbedingter M<strong>und</strong>trockenheit<br />
bei onkologischen oder Autoimmun-Erkrankungen<br />
verordnungsfähig.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
45
<strong>Arznei</strong>mittel AMR Beschreibung<br />
Synthetische Tränenflüssigkeit (AMR 16.4.36) nur bei Autoimmun-Erkrankungen (Sjögren-Syndrom mit<br />
deutlichen Funktionsstörungen des Grades 2, Epidermolysis<br />
bullosa, okuläres Pemphigoid), Fehlen oder Schädigung<br />
der Tränendrüse, Fazialisparese oder bei Lagophthalmus<br />
verordnungsfähig.<br />
Topische Anästhetika <strong>und</strong>/oder<br />
Antiseptika<br />
(AMR 16.4.42) nur zur Selbstbehandlung schwerwiegender generalisierter<br />
blasenbildender Hauterkrankungen (z. B. Epidermolysis<br />
bullosa, hereditaria; Pemphigus) verordnungsfähig.<br />
Vitamin K als Monopräparate (AMR 16.4.37) nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel,<br />
der durch eine entsprechende Ernährung nicht<br />
behoben werden kann, verordnungsfähig.<br />
Wasserlösliche Vitamine<br />
(auch in Kombinationen)<br />
(AMR 16.4.38) nur bei der Dialyse verordnungsfähig.<br />
Wasserlösliche Vitamine,<br />
Benfotiamin <strong>und</strong> Folsäure als<br />
Monopräparate<br />
(AMR 16.4.39) nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel,<br />
der durch eine entsprechende Ernährung nicht<br />
behoben werden kann (Folsäure: 5mg/Dosiseinheit), verordnungsfähig.<br />
Zinkverbindungen als Monopräparat (AMR 16.4.40) nur zur Behandlung der enteropathischen Akrodermatitis<br />
<strong>und</strong> durch Haemodialysebehandlung bedingten nachgewiesenen<br />
Zinkmangel sowie zur Hemmung der Kupferaufnahme<br />
bei Morbus Wilson verordnungsfähig.<br />
Nicht verschreibungspflichtige <strong>Arznei</strong>mittel sind weiterhin als Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
verordnungsfähig, vorausgesetzt, die Sprechst<strong>und</strong>enbedarfsvereinbarung<br />
sieht diese <strong>Arznei</strong>mittel vor.<br />
Vorsicht beim Umstieg auf verschreibungspflichtige Präparate aufgr<strong>und</strong><br />
von Patientenwünschen. Kommt ein Patient mit der nicht verschreibungspflichtigen<br />
Alternative eines <strong>Arznei</strong>mittels gut zurecht, so ist die<br />
Verordnung der verschreibungspflichtigen Variante "allein aus Erstattungsgründen"<br />
als unwirtschaftlich zu sehen <strong>und</strong> kann von den Krankenkassen<br />
postwendend mit einem Regressantrag bedient werden. So<br />
sehen es die <strong>Arznei</strong>mittel-Richtlinien vor. Ein Beispiel hierfür ist die<br />
Verordnung von verschreibungspflichtigen Antihistaminika, obwohl ein<br />
nicht verschreibungspflichtiges Präparat ausgereicht hätte.<br />
Sobald eine Erkrankung mit einem nicht verschreibungspflichtigen <strong>Arznei</strong>mittel<br />
behandelt werden kann, ist dieses auch zu verordnen, allerdings<br />
nicht auf einem Kassenrezept. Der Patient hat die Kosten selbst zu<br />
tragen. Die <strong>Arznei</strong>mittelrichtlinien regeln ausdrücklich, dass in diesen<br />
Fällen ein Ausweichen allein aus Erstattungsgründen auf rezeptpflichtige<br />
<strong>Arznei</strong>mittel unwirtschaftlich ist. Patientenwünschen nachzukommen<br />
bedeutet somit eine reale Regressgefahr. Dies gilt selbstverständlich<br />
nicht nur für Antihistaminika, sondern für alle <strong>Arznei</strong>mittel, bei denen<br />
vergleichbare Substitutionskonstellationen möglich sind.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
46
Auch die Zahl der Verordnungen von in der Apotheke herzustellenden<br />
Rezepturen, die in geringsten Mengen verschreibungspflichtige Stoffe<br />
wie Corticoide enthalten, nimmt zu. Das ist einer Vielzahl von Apotheken<br />
aufgefallen. Aber auch hier gilt: Wird zu einer Rezeptur ein verschreibungspflichtiger<br />
Stoff gemischt, allein damit die gesamte Rezeptur<br />
eine Kassenleistung ist, droht ein Regress.<br />
Präparate, bei denen die Kassen Regressanträge stellen<br />
ABC Pflaster Enzym Lefax Kautabletten Ney Paradent<br />
Acarex Test EPA OM 30 Orthomol<br />
Alfason Basis Cresa Eucerin Omega Lotio Pantovigar N-Kaps.<br />
Antistax Kaps. Eucerin Shamp. Propecia<br />
Asche Basis Cr. Eukalisan Prostamed<br />
Asche Basis Lot. Eukalisan N Regaine<br />
Baldrian Dispert Eunova forte Reductil<br />
Bepanthol Gesichtscreme Evina Kapseln Renavit<br />
Bepanthol Waschlotion Excipial U Lipolotio Sanalind<br />
Calvitase Tbl. Faktumat Analdehner Sedonium<br />
Carminativum Folio Tabl. Selectafer<br />
Carotaben Gabunat Kaps. Selen forte Syxyl<br />
Cerebrum Comp. N Garmastan Salbe Selenminerase<br />
Cerebrum Comp NM Gelacet Softaman<br />
Chlorophyll Lsg. Glandula sup. Suis-Injell Softasept N<br />
Cialis Granufink Kaps. Spolera Slb.<br />
Coenzym comp. Amp. H 15 Tbl. Symbiolact<br />
Conjunctisan A Tropfen Helicobacter Test Tenuate Ret. Tab.<br />
Dentinox Gel Humana Elektrolyt Banane Thalidomid<br />
Dermacolor Camoufl S1 Hylo-Comod Augentropfen Thick & Easy<br />
Dermacolor Fixierpuder Kohle-Compretten Tabl. Thymo Glanduretten Drg.<br />
Dermatop Basiscreme Lactrase Uprima Sulingualtabl.<br />
Dermatop Basissalbe Laluk Kautabl. Viagra<br />
Dermowas-compact Lipidavit Kaps. Viridal Karpulen<br />
Dibromol Tinktur Locabiosol Vitacarnitin<br />
Dipsavit Lutschtabl. Magnesium Verla Vitamin C Tbl.<br />
Dronabinol Magnesiocard Vitamin E forte<br />
Efamaol 500 Kaps. Mosquito Läuse Shampoo Vitarenal Tbl.<br />
Ell-Cranell alpha Multibionta forte N Kps. Xenical<br />
Ell-Cranell dexa Muse Stäbchen Yohimbin Spiegel Tabl.<br />
Enzynorm forte NeyChondrin<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
47
Heilmittel<br />
Verstöße gegen die Heilmittel-Richtlinien liegen beispielsweise dann<br />
vor, wenn Verordnungen außerhalb des Regelfalles nicht als solche<br />
gekennzeichnet sind. Die Verordnungen umgehen somit den Genehmigungsvorbehalt<br />
der Krankenkassen – sofern die Kassen nicht darauf<br />
verzichtet haben. Auf die Genehmigung von begründungspflichtigen<br />
Heilmittel-Verordnungen verzichtet haben bislang die AOK Rheinland/Hamburg<br />
(bis auf Widerruf) sowie der Verband der Angestellten-<br />
Krankenkassen / Arbeiter-Ersatzkassen (bis auf Widerruf). Auch einzelne<br />
BKKen haben auf die Genehmigung verzichtet. Eine vollständige Liste<br />
der Kassen, die auf die Genehmigung verzichten, finden Sie im Internet<br />
unter www.kvno.de oder im Faxabruf unter der Nummer 0211 5970<br />
7539.<br />
Achtung: In einem Prüfverfahren könnte eine Verordnung selbst dann<br />
als unwirtschaftlich gewertet werden, wenn sie zuvor von einer Kasse<br />
genehmigt wurde. Mit anderen Worten: Trotz vorheriger Genehmigung<br />
einer Verordnung kann immer noch ein Prüfantrag einer Kasse erfolgen.�<br />
Heilmittelverordnungen: Häufige Beanstandungen<br />
� Anzahl der Verordnungen ist größer als die festgelegte Verordnungsmenge je<br />
Erst- oder je Folgeverordnung<br />
� Anzahl der Verordnungen liegt über Gesamtverordnungsmenge im Regelfall<br />
� Medizinische Begründung fehlt oder ist nicht ausreichend bei Verordnung<br />
außerhalb des Regelfalls<br />
� Indikationsschlüssel fehlt<br />
� Verordnetes Heilmittel passt nicht zum Indikationsschlüssel<br />
� Indikationsschlüssel falsch, zum Beispiel ID.-Schlüssel für Ergotherapie auf<br />
Verordnungsblatt für Physiotherapie<br />
� Wöchentliche Therapiefrequenz ist nicht angegeben<br />
� Zwei Diagnosegruppen auf einer Verordnung nicht zulässig<br />
� Falsche Heilmittelkombinationen, zum Beispiel vorrangiges <strong>und</strong> optionales<br />
Heilmittel gleichzeitig verordnet<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
48
III.2.4 Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
Von Augenkompressen bis Zinkleimbinden – r<strong>und</strong> 16.000 Artikel zählen<br />
zum Sprechst<strong>und</strong>enbedarf. Ihnen ist gemeinsam, dass sie bei mehr als<br />
einem Patienten oder zur Notfall- bzw. Sofortbehandlung angewendet<br />
werden. Was im Einzelnen dazu gehört, regelt die „Vereinbarung über<br />
die ärztliche Verordnung von Sprechst<strong>und</strong>enbedarf“, meist als Sprechst<strong>und</strong>enbedarfsvereinbarung<br />
oder SSB-Regelung abgekürzt. Nur die in<br />
dieser Vereinbarung genannten Mittel dürfen als Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
verordnet werden.<br />
Die SSB-Regelung ist demnach als „Positivliste“ zu verstehen. Und eben auch<br />
nur dann, wenn die Mittel bei mehreren Versicherten angewendet werden<br />
oder zur Notfall- bzw. Sofortbehandlung erforderlich sind. Nicht zum<br />
Sprechst<strong>und</strong>enbedarf zählen Mittel, die nur für einen Patienten bestimmt<br />
sind.<br />
Artikel außerhalb des Sprechst<strong>und</strong>enbedarfs sind über Einzelrezept auf den<br />
Namen des Patienten zu Lasten der jeweiligen Krankenkasse zu verordnen.<br />
Mit anderen Worten: Wenn es sich um eine geplante Therapie bei einem<br />
Patienten handelt, dann kann das Mittel nicht aus dem Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
abgegeben werden.<br />
Wichtig ist, den Sprechst<strong>und</strong>enbedarf von den Verbrauchsmaterialien <strong>und</strong><br />
Hygieneartikel abzugrenzen. Denn die Kosten für diese Artikel gehen zu Lasten<br />
der Praxis, beispielsweise Latexhandschuhe, OP-Hauben, OP-Kittel oder<br />
Reinigungsmittel. Die Kosten der über den Sprechst<strong>und</strong>enbedarf bezogenen<br />
Artikel fließen nicht in die Richtgrößenberechnung mit ein. Der Prüfungsausschuss<br />
kontrolliert gemäß §§ 13 <strong>und</strong> 14 der Prüfvereinbarung den wirtschaftlichen<br />
Umgang mit Sprechst<strong>und</strong>enbedarf mittels zwei Arten von Prüfverfahren:<br />
Prüfung der Einzelverordnung <strong>und</strong> nach Durchschnittswerten.<br />
Prüfung der Einzelverordnung ("unzulässiger SSB")<br />
Die Prüfung von Einzelverordnungen (, unzulässiger SSB - auch als Prüfung<br />
in besonderen Fällen bezeichnet) findet in der Regel auf Antrag der Barmer<br />
Ersatzkasse statt. Denn die Barmer wickelt in Nordrhein den Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
für alle Kassen ab. Die Kasse informiert den Prüfungsausschuss, der<br />
dann prüft, ob andere als die nach der Sprechst<strong>und</strong>enbedarfs-Vereinbarung<br />
zulässigen Mittel verordnet wurden. Sollte dies der Fall gewesen sein, so hat<br />
der Arzt der Barmer die hierdurch entstandenen Kosten zu erstatten. Voraussetzung<br />
ist, dass der so genannte Schaden mindestens 25 Euro beträgt. Die<br />
Mindestgrenze gilt indes nicht, wenn ein Artikel wiederholt unzulässigerweise<br />
als Sprechst<strong>und</strong>ebedarf abgerechnet wurde. Dann müsste der betroffene<br />
Arzt auch kleinere „Schadensummen“ begleichen.<br />
Die folgende Liste enthält die Präparate, deren Verordnung Regressanträge<br />
im Bereich des Sprechst<strong>und</strong>enbedarfs ausgelöst hat. Sie zählt Artikel auf, die<br />
nach Auffassung der Barmer Ersatzkasse nicht im Sprechst<strong>und</strong>enbedarf hätten<br />
verordnet werden dürfen. Hierzu liegen den Prüfgremien Anträge der<br />
Barmer vor.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
49
Beanstandete Präparate<br />
Absaugkatheter Fortecortin Tbl. Ovestin Ovula<br />
Accu Check Compact Teststreifen Fuchinglösung P Dragees blau<br />
Accu Check Lanzetten Gastrozepin P Dragees rosa<br />
Accu Check Sensor Teststreifen Gestone Ampullen Panthenol Amp.<br />
Accu Check Softclix Gingko Biloba Pantozol Rifun<br />
Accutrend Glucose Ginkgo Syxyl Amp. Peha Katheter-Set<br />
Aceton Ginko Loges Ampullen Pelo Print Folien<br />
Aceton/Methanol 1:1 Glovex ultra Handschuhe Pentagastrin Amp.<br />
Alkohol Konzentrat 95 % Braun Lsg. als Gluco Touch Teststr. Pentoxiphyllin Amp.<br />
Infusionszusatz Glucose Teststreifen Perfix Plug<br />
Alufingerschiene Haemo Glukotest Persantin Ampullen<br />
Aminomal Haemoccult Petrenterol<br />
Aminoven Helicobacter Test Petrischale<br />
Anapen Hepa Merz Amp. Pirorheum<br />
Antra Inf.Lösung Hepa Merz Konzentrat Plexufix Sets<br />
Antra pro Infusione Hepatect Plexufix-Kanülen<br />
Arixtra Hylase Dessau Plexusanästhesie Unipolar Kanülen<br />
Arlevert Tabl. Hypercum injekt. Amp. Portex Kontrastgranulat<br />
Arnica Glob. Inimur Vaginalstäbchen Predalon Ampullen<br />
Augenklappen Irenat Pregnesin<br />
B 12 Biomo Ampullen Kade Fungin Prevical<br />
BD Microlance Kalinor Brausetabletten Prostavasin<br />
Beriglobin Kalt/Warm Kompressen Proximate plus MD (Hautklammergerät)<br />
B<strong>extra</strong> Tabletten Kevatril Filmtabletten Punctum Plug<br />
Blaseneinmalspritzen Koax. Interventionsset Quartamon med<br />
Budesonid Koaxial-Kanüle Quarz D6 Ampullen<br />
Budiair Lifescan one Touch Ringerlösung<br />
Buflomedil Amp. Ligatue Gummiringe Sanasthmax<br />
Cadd Extensions Set Locaseptil Neo Schlauchset f. Walkmed Pume<br />
Calcitonin Amp. Lösnesium Granulat Sekretbeutel<br />
cardiodoron Amp. L-Polamid Lösung Septum Schiene<br />
Caverjekt Maaloxan Silikonkatheter<br />
Cellacare Cervical Mar Flow Suprapubischer<br />
Silon SES Folie<br />
Cellona Shoecast<br />
Ballonkatheter Spinalset<br />
Cerebrum comp. Amp. Marcumar Spiralbohrer<br />
Chir. Federöhrnadeln Medichem Desinfektion Spiritus 30%<br />
Coagucheck Gerät + Teststreifen Medimex Thermometerhüllen Sterican Kanülen<br />
Combur 9 Test Mehrfachaufhänger Metall Stimpulex Nadeln<br />
Cutfix Skalpell Menogon HP Tockensubstanz <strong>und</strong> Supreme OP Handschuhe<br />
Cytotec Lösungsmittel Synagis<br />
Darmrohr Methanol Taxotere Erma-Med.<br />
Decapeptyl Gyn Methotrexat Thermometerhüllen<br />
Decortin Tbl. Methylen Lsg. blau Thioctacid Amp.<br />
Deflunia plus Methylenblaulösung (Löffler) TOXI L 90<br />
Depo-Provera Micral Test TTR Traumasept Vag. Ovula<br />
Dexamethason Tbl. Micro Fine Traumeel S Amp.<br />
Dronabiol Lösung Microlet Lanzetten Trental<br />
Durogesic PFL Microlet Stechhilfe Tromcardin E Infusion<br />
Echinacea comp. Amp. Mitomycin Ureter Katheter<br />
Edisonite Schnellreiniger Mutokhel Ampullen Urinbeutel<br />
Einmalskalpelle NAC 200, Brausetbl. Urinflaschen f.d. Mann<br />
Eisen III chloridlsg. zur Analyse Natriumcitrat-Lösung Urokinase<br />
Enbiola Verla Vaginaltabletten Neuro Lichtenstein Amp. Uromed nephro Ballonkatheter<br />
Endotrachealtubus n Migill Neuro ratioph. Amp. Uromed Silikon Ballonkatheter<br />
Entzündungstropfen Neuzeitliche Fingerschienen Uromed Sup. Ballonkatheter<br />
Epiderm Gelfolie Nexim Pulver Inf.DFL Uromed Supra Katheter Integral<br />
Estriol Ovulum Jenapharm Nierenschale pappe Uromed Tiemann Ballonkatheter<br />
Ethanol 70 % Nigersan Ampullen Uromitexan Tbl.<br />
Ethiloop Retracktionsschlauch Nizoral Vagi-C 60 VOV<br />
Excel G Azu Nootrop M Infusionsgerät Vagi-Hex Vaginaltabletten<br />
Falk Sieb Pessar Notakehl Ampullen Vagisan Vaginalzäpfchen<br />
Fastjekt Oekolpt Veratrum Alb D4 Amp.<br />
Federöhrnadeln Ohrenbinden Verbandzellstoff<br />
Ferrlecit Omnican Ins. Spr. m. Kan. Vergentan Tabl.<br />
Fingerschiene nach Böhler Omnifix Einmalspritzen Vertigo Heel<br />
Fix-Verband-Schienen Oralpaedon Viridal<br />
Fluomycin Vaginaltabletten Orthopädische Fingerschienen Vitamin B 12<br />
Formaldehyd Ortoton Tabletten Vitamin B Komplex<br />
Formalin Osmof<strong>und</strong>in Whitcare Spinalkanülen<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
50
Prüfung nach Durchschnittswerten ("unwirtschaftlicher SSB")<br />
Außer den Einzelprüfungen finden Prüfungen aufgr<strong>und</strong> statistischer<br />
Vergleiche statt. Dazu werden zunächst für jede Fachgruppe Durchschnittswerte<br />
gebildet. Die Prüfung erfolgt bei Überschreitung der<br />
Durchschnittswerte. Auch hier tritt in der Regel die Barmer Ersatzkasse<br />
als Antragsteller auf. R<strong>und</strong> 940 Anträge pro Jahr erreichen dabei die<br />
Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschusses Nordrhein.<br />
Die aktuellsten Statistiken beziehen sich auf das 4. Quartal 2005. Ihre<br />
Untergruppeneinteilung finden Sie bei Ihren Abrechnungsunterlagen in<br />
der „Gesamtübersicht vor Prüfung“ oder der „Frequenztabelle“.�<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
51
Fallkosten Sprechst<strong>und</strong>enbedarf<br />
Facharztgruppe Untergruppe Falldurchschnitt Facharztgruppe Untergruppe Falldurchschnitt<br />
4/2005<br />
4/2005<br />
1 22,85 € Laborärzte 3 - €<br />
Anästhesisten<br />
2 8,78 € 1 1,13 €<br />
3 1,14 € Lungeärzte<br />
2 0,89 €<br />
1 5,30 €<br />
3 - €<br />
2 0,39 € 1 0,37 €<br />
Augenärzte<br />
3<br />
4<br />
3,56 €<br />
0,39 €<br />
2<br />
3<br />
0,32 €<br />
0,29 €<br />
5 2,55 € 4 - €<br />
6 0,34 € Nervenärzte<br />
5 ./.<br />
1 10,18 € 6 0,05 €<br />
2 4,05 € 7 ./.<br />
Chirurgen<br />
3 8,58 € 8 ./.<br />
4 9,90 €<br />
9 0,04 €<br />
5<br />
1<br />
0,23 €<br />
0,08 €<br />
Neurochirurgen<br />
1<br />
2<br />
3,57 €<br />
- €<br />
2 5,35 € Nuklearmediziner 1 8,41 €<br />
Gynäkologen<br />
3 0,30 € 1 2,90 €<br />
4 0,62 € Orthopäden<br />
2 3,09 €<br />
5 9,47 €<br />
3 - €<br />
1 2,13 € 1 - €<br />
Dermatologen<br />
2<br />
3<br />
1,58 €<br />
1,99 €<br />
Pathologen<br />
2<br />
3<br />
- €<br />
- €<br />
4 0,07 € Physiotherapeuten 1 ./.<br />
1 0,75 € 1 0,91 €<br />
2 0,49 € 2 1,01 €<br />
3 0,76 € 3 1,00 €<br />
HNO-Ärzte<br />
4 0,56 € 4 1,11 €<br />
5 - € Praktische Ärzte<br />
5 1,36 €<br />
6 0,68 € 6 1,99 €<br />
7 0,30 € 7 1,56 €<br />
1 0,77 € 8 0,72 €<br />
2 0,82 €<br />
9 4,92 €<br />
3 0,88 € Psychotherapeuten 1 0,08 €<br />
4 1,37 € 1 8,39 €<br />
5 1,21 € 2 12,70 €<br />
Internisten<br />
6<br />
7<br />
0,53 €<br />
9,60 €<br />
Radiologen<br />
3<br />
4<br />
- €<br />
12,00 €<br />
8 1,35 €<br />
5 2,08 €<br />
9 1,87 € 0 0,14 €<br />
A 13,56 € 1 - €<br />
B 3,00 € 2 0,02 €<br />
C 1,82 € Sonstige Ärzte<br />
3 0,93 €<br />
1 0,84 € 4 - €<br />
Kinderärzte<br />
2<br />
3<br />
0,37 €<br />
0,29 €<br />
5<br />
6<br />
- €<br />
- €<br />
4 - € Sonstige Fachärzte 1 0,19 €<br />
0 ./. 1 2,95 €<br />
Kliniken/Institute<br />
2<br />
3<br />
./.<br />
./.<br />
Urologen<br />
2<br />
3<br />
4,16 €<br />
0,95 €<br />
5 ./.<br />
4 3,45 €<br />
Laborärzte<br />
1<br />
2<br />
- €<br />
0,01 €<br />
Zahn/Kiefer<br />
1<br />
2<br />
7,51 €<br />
- €<br />
*./. = kein Wert vorhanden<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
52
IV Entscheidungen des<br />
Prüfungsausschusses<br />
Der Prüfungsausschuss entscheidet anhand der ihm vorliegenden<br />
Unterlagen <strong>und</strong> der Stellungnahme des Arztes. Bei der Beurteilung<br />
im Falle einer Durchschnittswertprüfung steht dem Prüfgremium ein<br />
„Ermessen“ zu. Der Ausschuss kann die Höhe des Regresses schätzen.<br />
Die Gremien besitzen also einen erheblichen Entscheidungsspielraum.<br />
Zudem sind die Entscheidungen gerichtlich nur eingeschränkt zu kontrollieren.<br />
Gerichte prüfen im Zweifel nur, ob das Ermessen richtig ausgeübt<br />
wurde <strong>und</strong> der Beschluss ausreichend begründet ist.<br />
Ganz anders bei Richtgrößenprüfungen. Hier fehlt der Ermessenspielraum.<br />
Die Höhe des Regresses richtet sich exakt nach der Höhe der Überschreitung.<br />
Vom Honorar abgezogen wird der Betrag, der oberhalb<br />
des Richtgrößenvolumens plus 25 Prozent liegt (125-Prozentmarke),<br />
abzüglich aller Praxisbesonderheiten.<br />
Mit anderen Worten: Überschreitet das Verordnungsvolumen eines Arztes<br />
nach Abzug aller Praxisbesonderheiten das vorgegebene Richtgrößenvolumen<br />
um mehr als 25 Prozent, wird ein Regress festgesetzt. Immer<br />
vorausgesetzt, dass weder die Stellungnahme des Arztes noch die<br />
hinzugezogenen Unterlagen die Überschreitung hinreichend begründen.<br />
Die Entscheidung fällt der Prüfungsausschuss.<br />
Beispiel: Frau Dr. Mustermann hat im Jahr 2006 ein Richtgrößenvolumen<br />
von 100.000 Euro. Der Wert ihrer Verordnungen in diesem Jahr<br />
liegt bei 175.000 Euro. Davon sind 25.000 Euro als Praxisbesonderheiten<br />
abzuziehen. Der Überschreitungsbetrag liegt folglich bei 50.000 Euro,<br />
der Regress beläuft sich auf 25.000 Euro – abzüglich der Rabatte <strong>und</strong><br />
Patientenzuzahlungen.<br />
Über seine Entscheidung erlässt das Prüfgremium einen schriftlichen<br />
Bescheid, der begründet sein muss. In der Begründung sind die wesentlichen<br />
tatsächlichen <strong>und</strong> rechtlichen Gründe mitzuteilen, die zu der Entscheidung<br />
geführt haben. Denn nur so ist gewährleistet, dass rechtlich<br />
überprüft werden kann, ob alle Gr<strong>und</strong>sätze beispielsweise der Prüfvereinbarung<br />
beachtet wurden. Den Bescheid muss der geprüfte Arzt spätestens<br />
fünf Monate nach der Entscheidung des Prüfungsausschusses<br />
erhalten.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
53
Mit dem GKV-Wettbewerbs-Stärkungsgesetz ist geplant, dass zukünftig<br />
die Geschäftsstelle des Prüfungs- <strong>und</strong> Beschwerdeausschuss („Prüfstelle“)<br />
statt des Prüfungsausschusses im ersten Verfahrenszug einen Verwaltungsakt<br />
erlässt.<br />
Gegenmittel: Der Widerspruch<br />
Gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses müssten Sie innerhalb<br />
eines Monats Widerspruch beim Beschwerdeausschuss einlegen. Dann<br />
wird der Bescheid nicht bestandskräftig. Der Widerspruch kann formlos<br />
eingelegt <strong>und</strong> die Begründung nachgereicht werden. Formlos heißt jedoch<br />
in jedem Fall schriftlich – E-mails werden nicht akzeptiert. Die<br />
Begründung sollte über die im Prüfverfahren vorgebrachten Argumente<br />
hinausgehen. Nur dann kann der Widerspruch erfolgreich sein.<br />
Bei einem Widerspruch sollte jedoch in jedem Fall bedacht werden, dass<br />
auch eine Verschlechterung möglich ist, wenn z.B. auch eine Krankenkasse<br />
Widerspruch eingelegt hat. Sollte der Prüfungsausschuss beispielsweise<br />
zugunsten der betroffenen Praxis Besonderheiten in erheblichem<br />
Umfang herausgerechnet haben, kann es sein, dass diese Besonderheiten<br />
vom Beschwerdeausschuss nicht - oder nicht in vollem Umfang<br />
- berücksichtigt werden, so dass der Regress am Ende höher ausfällt.<br />
Diese Fälle sind zwar selten, aber nicht auszuschließen.�<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
54
V Entscheidungen des<br />
Beschwerdeausschusses<br />
Im Falle eines Widerspruchs entscheidet der Beschwerdeausschuss.<br />
Der Ausschuss prüft nicht nur die Richtigkeit der Entscheidung des<br />
Prüfungsausschusses, sondern das gesamte Verfahren von Anfang<br />
an. Nur wenn der Beschwerdeausschuss von der Richtigkeit der Argumentation<br />
des Arztes, der Kasse oder der KV Nordrhein überzeugt<br />
ist, wird er die Entscheidung der Vorgängerinstanz abändern.<br />
Die Argumente sollten daher für den Beschwerdeausschuss noch einmal<br />
aufbereitet <strong>und</strong> wenn möglich verbessert werden. Wichtig ist, dass Sie<br />
Ihre Argumente vollständig vortragen. Denn in einem möglichen späteren<br />
Klageverfahren vor dem Sozialgericht können Sie Ihre Argumente<br />
weder ergänzen noch neue Sachverhalte vortragen.<br />
Das Gericht prüft ausschließlich, ob der Beschwerdeausschuss auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage der ihm bekannten Tatsachen richtig entschieden hat. Tatsachen,<br />
die erst nach der Entscheidung der Prüfgremien vorgebracht werden,<br />
kann das Gericht nicht in die Prüfung einbeziehen.�<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
55
VI Tipps im Vorfeld<br />
Der beste Fall ist sicherlich, wenn es gar nicht erst zu Prüfverfahren<br />
kommt. Denn ein Verfahren raubt zumindest Zeit, im schlimmsten<br />
Fall sogar Geld. Die Regressgefahr können Sie aber oft durch einfache<br />
Maßnahmen erheblich mindern.<br />
Wichtig ist zunächst einmal, Richtlinien <strong>und</strong> vor allem die Negativliste<br />
zu beachten. Denn es besteht kaum eine Chance, angesichts dieser<br />
„normierten“ Ausarbeitungen zum Wirtschaftlichkeitsgebot ein Verordnungsverhalten<br />
zu rechtfertigen, das beispielsweise von den <strong>Arznei</strong>-<br />
oder Heilmittel-Richtlinien abweicht.<br />
Verordnungen darstellen<br />
Eine auf die eigene Praxis zugeschnittene Liste eigener Präparate hilft,<br />
den Überblick zu wahren. Unter den bewährten Präparaten mit gesicherter<br />
Qualität sollten sich wenn möglich günstige Generika oder Importe<br />
finden. Ein regelmäßiger Check garantiert den aktuellen Stand der<br />
Therapie. Erstellen Sie eine solche Liste, denn so können bereits im Vorfeld<br />
Wirtschaftlichkeitserwägungen festgelegt werden, die unter Umständen<br />
bei Anwesenheit eines Patienten <strong>und</strong> unter Zeitdruck entfallen.<br />
Prüfung neuer Präparate<br />
Neu heißt nicht immer besser. Immer noch werden zu oft <strong>und</strong> ohne überzeugenden<br />
Gr<strong>und</strong> neue (teure) <strong>Arznei</strong>mittel eingesetzt. Es ist ein<br />
alter Hut, dass neue Medikamente immer wieder durch überraschende<br />
Nebeneffekte unangenehm auffallen.<br />
Unter Umständen ist ein neues Medikament nur deswegen eingeführt<br />
worden, um den Patentschutz zu erneuern, ohne dabei die Wirkungsweise<br />
wesentlich zu verändern. Vor jeder Verordnung sollten Sie prüfen,<br />
ob das Therapieziel nicht auch mit bewährten <strong>und</strong> günstigeren Medikamenten<br />
erreicht werden kann.<br />
Keine Wunschverordnungen<br />
Stellen Sie kein Rezept zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse aus,<br />
wenn die Verordnung nicht unbedingt notwendig ist. Wenn ein Patient<br />
ein nicht unbedingt notwendiges Präparat ausdrücklich verlangt, sollte<br />
die Verordnung auf Privatrezept erfolgen.<br />
Überprüfung von Vor-Verordnungen<br />
Vor-Verordnungen – besonders aus dem Krankenhaus – entbinden leider<br />
nicht von der Pflicht, auch diese kritisch auf ihre Wirtschaftlichkeit zu<br />
prüfen. Denn ansonsten geht die unwirtschaftliche Verordnungsweise<br />
des Krankenhauses voll zu Lasten des Arztes, der die Präparate weiter<br />
verordnet.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
56
„<strong>Arznei</strong>mittelbudget“ der Praxis überwachen<br />
Verfahren drohen, wenn das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 bzw.<br />
25 Prozent überschritten wird. Deswegen sollten Sie Ihre Verordnungsumsätze<br />
im Blick behalten. Hierzu dienen die Verordnungsstatistiken <strong>und</strong><br />
Programme zur Richtgrößenüberwachung des Praxis-PC. Die meisten<br />
Softwareanbieter von Praxissoftware enthalten Systeme, die Verordnungsstatistiken<br />
anbieten; sie werden jedoch wenig genutzt.�<br />
Checkliste zur Regressvermeidung<br />
� Verordnungsintervalle <strong>und</strong> Verordnungsmengen regelmäßig<br />
kontrollieren<br />
� Keine Großpackungen bei akuten Krankheitsbildern, Urlaubs-<br />
vertretungen, im Notdienst oder bei Neueinstellungen abgeben<br />
� Verordnungen nach Klinikaufenthalt kritisch vornehmen, eventuell<br />
auf Generika umstellen<br />
� So wenig wie möglich verordnen. Mit der Anzahl der verordneten Präparate<br />
sinkt die Compliance <strong>und</strong> steigen die Interaktionen.<br />
� Diagnostik <strong>und</strong> die daraus resultierende Therapie sorgfältig<br />
dokumentieren<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
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VII Literatur <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />
Die folgenden Vereinbarungen sind besonders relevant. Sie alle sind im<br />
Internet unter www.kvno.de abzurufen (Bereich: „Mitglieder“, Rubrik:<br />
„<strong>Arznei</strong>-, Heil- <strong>und</strong> Hilfsmittel“).<br />
� Prüfvereinbarung (Stand 2001)<br />
� Richtgrößenvereinbarung (Stand <strong>2007</strong>)<br />
� <strong>Arznei</strong>mittelrichtlinien (Stand <strong>2007</strong>)<br />
� Heilmittelrichtlinien (Stand 1. Juli 2004)<br />
� Negativliste (Stand 2002)<br />
� Sprechst<strong>und</strong>enbedarfsvereinbarung (Stand 1. Oktober 2005)<br />
Mitarbeiterinnen der Abteilung Pharmakotherapieberatung sowie beratende<br />
Ärzte der KV Nordrhein stehen Ihnen bei Fragen zur Verfügung:<br />
Dorothee Brakmann<br />
Telefon 0211 5970 8275<br />
Telefax 0211 5970 9275<br />
E-Mail dorothee.brakmann@kvno.de<br />
Christine Brückner<br />
Telefon 0211 5970 8103<br />
Telefax 0211 5970 9103<br />
E-Mail christine.brueckner@kvno.de<br />
Marika Röhse<br />
Telefon 0211 5970 8050<br />
Telefax 0211 5970 9050<br />
E-Mail Marika.Roehse@kvno.de<br />
Petra Stienen<br />
Telefon 0211 5970 8250<br />
Telefax 0211 5970 9250<br />
E-Mail Petra.Stienen@kvno.de<br />
Selini Armen<br />
Telefon 0211 5970 8140<br />
Telefax 0211 5970 9140<br />
E-Mail Selini.Armen@kvno.de<br />
Angelika Graw<br />
Telefon 0211 5970 8083<br />
Telefax 0211 5970 9083<br />
E-Mail Angelika.Graw@kvno.de<br />
Dr. Manfred Eggen<br />
Telefon 0211 5970 8395<br />
Telefax 0211 5970 9395<br />
E-Mail manfred.eggen@kvno.de<br />
Dr. Winfried Esser<br />
Telefon 0221 7763 6603<br />
Telefax 0221 7763 5603<br />
E-Mail winfried.esser@kvno.de<br />
Heinz Lersch<br />
Telefon 0221 7763 6604<br />
Telefax 0221 7763 5604<br />
E-Mail heinz.lersch@kvno.de<br />
Ihre Fragen zur Verordnung von <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> Heilmitteln können Sie<br />
gerne auch im persönlichen Gespräch auf den Infomärkten der KV Nordrhein<br />
stellen. Dort stehen Ihnen unsere Ansprechpartner regelmäßig zur<br />
Verfügung – wie auch zu vielen anderen Themen.<br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
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Impressum<br />
<strong>KVNO</strong> <strong>extra</strong> <strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong><br />
Herausgeber:<br />
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein<br />
Tersteegenstraße 9<br />
40474 Düsseldorf<br />
Redaktion:<br />
Dorothee Brakmann<br />
Redaktionsbeirat:<br />
Dr. Leonhard Hansen,<br />
Dr. Klaus Enderer,<br />
Ruth Bahners<br />
Layout:<br />
Andreas Koch<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein<br />
Tersteegenstraße 9<br />
40474 Düsseldorf<br />
Telefon 0211 5970 8111<br />
Telefax 0211 5970 8136<br />
E-Mail pharma@kvno.de<br />
Düsseldorf, April <strong>2007</strong><br />
<strong>Arznei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Heilmittelregresse</strong> ■ <strong>2007</strong><br />
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