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Ausgabe 3/2015<br />
TEST FORD MUSTANG NEU GEGEN ALT<br />
V8-Amis schneller als gedacht!<br />
EXKLUSIV in Hockenheim EXKLUSIV Mégane Trophy-R vs Leon Cupra 280 EXKLUSIV Audi RS 5 TDI im Test<br />
AMG C 63 S mit 510 PS<br />
Duell der Nürburgring-Rekordhalter<br />
Der schnellste Diesel<br />
in Hockenheim!<br />
McLAREN<br />
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SUPERTEST 650 PS-BIEST<br />
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Super<strong>sport</strong>wagen<br />
PORSCHE 997<br />
TURBO S<br />
MERCEDES SLS<br />
AMG<br />
46<br />
SEITEN<br />
MOTORSPORT<br />
IM HEFT<br />
Comeback der US-Legende Kult-Roadster Mazda MX-5 Der Gentleman als Racer Reicht es 2015 zum Sieg?<br />
Insider-Report:<br />
Die Technik des Ford GT<br />
So viel Spaß macht die<br />
vierte Generation<br />
Aston Martin V8 Vantage<br />
N430 im Rennstreckentest<br />
Der neue<br />
Porsche 919 für Le Mans
100 % Made in Germany<br />
WER AUF QUALITÄT SETZT, BRAUCHT DEN RICH-<br />
TIGEN STANDORT. SEIT 1970 SCHLÄGT DAS<br />
HERZ VON BBS IM BADISCHEN SCHILTACH.<br />
VON HIER AUS HABEN WIR IN DEN VERGAN-<br />
GENEN VIER JAHRZEHNTEN MIT UNSEREN<br />
PRODUKTEN WELTWEIT MASSSTÄBE GESETZT.<br />
QUALITÄT, LEIDENSCHAFT UND KOMPETENZ<br />
ZEICHNEN UNSER UNTERNEHMEN AUS. DAMIT<br />
DAS SO BLEIBT, SETZEN WIR AUCH IN ZUKUNFT<br />
VOLL UND GANZ AUF DEUTSCHLAND ALS PRO-<br />
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EDITORIAL<br />
<br />
FRAU HOLLE, HERR ZEIT-<br />
DRUCK & HOGGEHEIM<br />
Dem völlig ernst gemeinten Vorschlag, den Redaktionssitz von<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> in die Karibik zu verlegen, hat der Verlag nicht entsprochen.<br />
Wir hatten alle Argumente auf unserer Seite, aber …<br />
Es gibt kein schlechtes Wetter,<br />
nur schlechte Kleidung – das<br />
sagen die Segler. Der Leiter<br />
Betrieb und Technik in Hockenheim,<br />
Klaus Schwenninger,<br />
sagt meistens was völlig<br />
anderes: „Kannsch komme, isch<br />
trocke.“ Den Satz haben wir in<br />
den letzten vier Wochen aber<br />
kaum je gehört – es war nie trocken,<br />
dafür meist schweinekalt<br />
und feucht und nass und trüb.<br />
Das Testen von Automobilen,<br />
noch dazu von <strong>sport</strong>lichen,<br />
hängt wie das Fotografieren<br />
derselben am<br />
Wetter, und das ist im<br />
Winter ein ziemlich<br />
dünner Faden. Der<br />
Anruf bei Klaus<br />
Schwenninger gehört<br />
zum allmorgendlichen<br />
Redaktions-Ritual, immer<br />
in der Hoffnung auf den<br />
einen erlösenden Satz:<br />
„Kannsch komme, isch<br />
trocke!“<br />
Alle Vorschläge, die<br />
Test-Situation für <strong>sport</strong><br />
<strong>auto</strong> (und andere Magazi-<br />
ne in vergleichbar prekärer Lage)<br />
zu verbessern, werden immer<br />
wieder abgeschmettert, zum Beispiel<br />
die Verlegung des Redaktionssitzes<br />
in den ewigen Sommer<br />
der Karibik.<br />
Tickende Zeitbomben<br />
So handeln wir im Winter oft mit<br />
Zitronen – oder besser, wir jonglieren<br />
mit drei tickenden Zeitbomben,<br />
die gleichzeitig zu<br />
explodieren drohen: Testwagen<br />
sind nur für eine kurze<br />
Zeit da, bei Terminverlängerungen<br />
stöhnen<br />
die Hersteller. Eine<br />
trockene Fahrbahn<br />
in Hockenheim ist<br />
im Februar so selten<br />
wie Wasser in der<br />
Wüste. Und die Produktion<br />
trommelt, denn<br />
man kann ein 148-Seiten-<br />
Heft ja nicht in einer<br />
Woche zunageln.<br />
Am Ende klappt es<br />
dann aber doch immer<br />
irgendwie. Der Audi RS5<br />
Concept mit Dieselmo-<br />
tor (Seite 46) – gerade noch so<br />
reingeflutscht. Die Messwerte für<br />
den Vergleichstest der Ring-<br />
Könige Renault Mégane R.S.<br />
Trophy-R gegen Seat Leon Cupra<br />
280 (Seite 16) – auf den allerletzten<br />
Drücker gemessen. Der Aston<br />
Martin V8 Vantage N430 (Seite<br />
22) kam im Schneegestöber, aber<br />
auch er wurde noch verarztet.<br />
Prüfung für Gleichmut<br />
Und der Generationenvergleich<br />
der Ford Mustang? Nun, da kamen<br />
die Autos überhaupt erst vier<br />
Arbeitstage vor dem offiziellen<br />
Redaktionsschluss – alles ein<br />
Geduldsspiel sondergleichen, eine<br />
Prüfung für Gleichmut und nie<br />
versiegenden Optimismus. Und<br />
eine ziemliche Belastung fürs<br />
Überstundenkonto der Kollegen,<br />
deren Arbeitszeiten sich in die<br />
späten Abend- und die frühen<br />
Morgenstunden ausdehnten –<br />
manchmal auch in die Nacht.<br />
Wir wissen nicht, wie, aber es<br />
ist wieder mal vollbracht: Das<br />
neue Heft ist da. Viel Spaß beim<br />
Lesen!<br />
IM PADDOCK<br />
Im SLR nicht auffallen?<br />
Praktisch, dass Sportwagenhändler<br />
Christoph Zitzmann aus Nürnberg<br />
(rechts) einen SLR im Camouflage-<br />
Look besitzt. So konnte er in Rekordzeit<br />
nachts an den Lago Maggiore<br />
brettern, quasi im Tarnflug an vielen<br />
Blitzern vorbei. Frank Mühling<br />
(links), <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Gebrauchtwagen-<br />
Experte: „Die richtige Mischung aus<br />
Chuzpe und Glück.“<br />
Die antike Technik war<br />
diesmal nicht schuld!<br />
Morgens, 8.30 Uhr, in Hockenheim.<br />
Da dreht man munter seine Kreise<br />
für die Fotos der Mustang-Generationen-Story<br />
mit dem aktuellen<br />
Mustang GT sowie dem Hardtop-<br />
Coupé von 1965, und dann das: Das<br />
historische V8-Urvieh streikt plötzlich.<br />
Verdammt, im Gehirn platzt in<br />
dieser Sekunde schon die ganze<br />
Story, doch der Auslöser war ein<br />
ganz simpler: Großvolumige V8-<br />
Amis sollte man vor Fahrtantritt zur<br />
Sicherheit einfach immer tanken.<br />
Sie erreichen Marcus Schurig unter der E-Mail-Adresse mschurig@motorpresse.de<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong><br />
DIGITAL<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de, neue<br />
iPad-Ausgabe und<br />
Smartphone-App<br />
+ +<br />
Offizielle Mitgliederzeitschrift des<br />
Porsche 911 GT mit<br />
Fleischeinlage<br />
Beim 24-Stunden-Rennen in Daytona<br />
staunte Porsche-Pilot Marco<br />
Seefried nicht schlecht: Mitten in<br />
der Nacht hatte sich ein Opossum<br />
auf den Speedway verirrt und die<br />
aus zentimeterdickem Stahl bestehende<br />
Frontpartie des Porsche 911<br />
GT durchschlagen. Die 40 Zentimeter<br />
lange Beutelratte zertrümmerte<br />
dabei aber nicht den Kühler des<br />
Elfers, weshalb die Kollision erst bei<br />
einem Servicestopp auffiel.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 3
INHALT <strong>sport</strong> <strong>auto</strong> AUSGABE 3/2015<br />
38<br />
BENZINER, DIESEL, KOMPAKTER ODER COUPÉ?<br />
VW Golf GTI und GTD, VW Scirocco TSI und TDI. Wie sich die vier Volkswagen-Modelle um 200 PS<br />
im Alltag und aus <strong>sport</strong>licher Sicht unterscheiden, klärt der Vergleichstest<br />
AUTOS IN DIESEM HEFT<br />
Aston Martin V8 Vantage N430 .................................. 22<br />
Audi RS3 Sportback .................................................... 56<br />
Audi RS5 TDI Concept ................................................. 46<br />
Audi TTS Roadster ...................................................... 36<br />
BMW 228i Cabrio........................................................ 44<br />
BMW X6 M ................................................................. 44<br />
Ford Focus RS .............................................................. 27<br />
Ford GT ........................................................................ 50<br />
Ford Mustang Hardtop Coupé 1965 .............................. 6<br />
Ford Mustang GT Fastback ........................................... 6<br />
Honda NSX .................................................................. 66<br />
Jaguar F-Type R AWD ................................................. 26<br />
Lexus RC F ................................................................... 74<br />
Mazda MX-5 Skyactiv-G 1.5 ....................................... 32<br />
McLaren 650S Spider.................................................. 58<br />
Mercedes-AMG C 63 S ............................................... 28<br />
Mercedes C 43 AMG................................................... 28<br />
Mercedes SLS AMG.................................................... 68<br />
Porsche 911 Turbo ....................................................... 68<br />
Renault Mégane R. S. Trophy-R ................................... 16<br />
Seat Leon Cupra 280 ................................................... 16<br />
VW Golf GTD ............................................................... 38<br />
VW Golf GTI ................................................................ 38<br />
VW Scirocco TDI, TSI .................................................. 38<br />
120 RALLYE-ZEBRA<br />
Tracktest des DRM-Meister<strong>auto</strong>s<br />
Porsche 911 GT3 von Ruben Zeltner<br />
56<br />
AUDI RS3 SPORTBACK<br />
Mit 367 PS holt sich der neue RS3<br />
die Kompaktwagen-Leistungskrone<br />
44<br />
114<br />
DICKES DING<br />
Der neue BMW X6 M hat an Kraft<br />
zugelegt und etwas Speck verloren<br />
RALLYE MONTE CARLO<br />
Die Übermacht der VW Polo<br />
beim Rallye-WM-Saisonauftakt<br />
4 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
TESTS & FAHRBERICHTE<br />
6<br />
16<br />
22<br />
28<br />
32<br />
36<br />
38<br />
44<br />
46<br />
50<br />
56<br />
58<br />
74<br />
American Muscle Ford Mustang GT Fastback trifft auf<br />
seinen Vorfahren Ford Mustang Coupé Baujahr 1965<br />
Die schnellsten Kompakten Renault Mégane R. S. Trophy-R<br />
gegen Seat Leon Cupra 280 im Vergleichstest<br />
Sportlicher Gentleman Sondermodell Aston Martin V8<br />
Vantage N430 im Rennstreckentest<br />
Mercedes-AMG C 63 S Generationentreffen mit dem<br />
ersten Achtzylinder C 43 AMG von 1997<br />
Neuauflage des Kult-Roadsters Das Leichtgewicht<br />
Mazda MX-5 Skyactiv-G 1.5 im Fahrbericht<br />
Erst Coupé, dann Roadster Als stärkstes TT-Modell darf<br />
der Audi TTS Roadster nun die Hüllen fallen lassen<br />
VW-Treffen Golf GTI und GTD gegen Scirocco TSI und<br />
TDI im großen Vergleichstest<br />
Neues aus Bayern Power-SUV BMW X6 M und Zweier<br />
Cabrio als 228i im Fahrbericht<br />
Audi electric turbo Rennstreckentest des Concept-<br />
Cars Audi RS5 TDI in Hockenheim<br />
Neuer Sportwagen-Star Der Ford GT soll erst im Renn<strong>sport</strong>,<br />
dann beim Kunden für Furore sorgen<br />
Audi RS3 Sportback mit 367 PS Erste Fahrt im neuen<br />
RS3 über Eis und Schnee in Finnland<br />
McLaren 650S Spider im Supertest Kann der neue 650S<br />
die Vorgaben des MP4-12C toppen?<br />
Neues Sport-Coupé von Lexus Der RC F tritt mit einem<br />
klassischen V8-Sauger an – ein erster Fahrbericht<br />
TECHNIK<br />
14<br />
66<br />
Sind synthetische Kraftstoffe die bessere Lösung?<br />
Ein Kommentar von Marcus Schurig<br />
Honda NSX Die Technik des neuen Hybrid-Super<strong>sport</strong>lers<br />
im Detail<br />
REPORTAGE & RATGEBER<br />
68<br />
Gebrauchte Sportwagen Mercedes SLS AMG und<br />
Porsche 911 Turbo im Gebrauchtwagencheck<br />
MOTORSPORT<br />
100<br />
108<br />
112<br />
114<br />
120<br />
124<br />
126<br />
130<br />
138<br />
24h-Rennen Daytona Saisonauftakt der United<br />
SportsCar Championship (USC)<br />
Porträt Karl Mauer Der Vorstandschef der Langstreckenmeisterschaft<br />
VLN im <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Porträt<br />
Japanische Super-GT-Serie Interview mit dem Super-<br />
GT-Boss Masaaki Bandoh<br />
Rallye-WM Die Dominanz von Volkswagen in der<br />
Rallye-Weltmeisterschaft<br />
Tracktest So fährt sich der Rallye-Porsche 911 GT3 des<br />
Deutschen Meisters Ruben Zeltner<br />
Kommentar Was plant der VW-Konzern in der F1? Soll<br />
Audi aus dem Langstrecken<strong>sport</strong> aussteigen?<br />
Prototypen<strong>sport</strong> Porsche hat den 919-LMP1 für die<br />
Saison 2015 von Grund auf überarbeitet<br />
Rallye Dakar Die Story des Dakar-Gesamtsiegers<br />
Nasser Al-Attiyah<br />
Formel-1-Story Die große Frage vor der F1-Saison 2015<br />
lautet: Wer soll Mercedes schlagen – und wie?<br />
RUBRIKEN<br />
3 Editorial 26 Pinnwand 96 Leserbriefe/Impressum<br />
98 DSK-Nachrichten 136 Sport Short Stories 146 Vorschau<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de xx/2015 5
TEST FORD MUSTANG GT FASTBACK 2015 UND HARDTOP COUPÉ 1965<br />
TAGE DES<br />
DONNERS<br />
Text Christian Gebhardt · Fotos Rossen Gargolov<br />
Hockenheimring. 166 Tage, 17 Stunden<br />
und 14 Minuten ist dieser traurige Moment<br />
jetzt hier in Box Nummer 28 her.<br />
Klappe auf, Ladekabel reinfummeln<br />
und dem BMW i8 an einer Steckdose<br />
Saft geben. Pah, die Elektrifizierung<br />
schmeckt uns so süffig wie alkoholfreies Pils.<br />
Heute drücken wir uns noch mal vor der vermeintlichen<br />
Zukunft und genießen den Nebel<br />
in Box 28, der selbst die dichten Schwaden in<br />
den schottischen Highlands zum lauen Lüft-<br />
chen degradiert. Lecker, welchen Oktan-Kaltstartnebel<br />
4,7-Liter und Fünfliter bei Temperaturen<br />
um den Gefrierpunkt rausräuchern.<br />
Boxentor auf und raus zum V8-Familientreffen:<br />
Der neue Mustang GT Fastback trifft auf<br />
seinen Hardtop-Coupé-Vorfahren von 1965.<br />
50 Jahre trennen die beiden Pony-Cars.<br />
Wir hoffen, dass der 65er keinen Kälteschock<br />
in der Gefriertruhe Hockenheim erleidet. Im<br />
Dezember letzten Jahres holte US-Spezialist<br />
Karl Geiger nämlich den Oldie aus dem sonnigen<br />
Los Angeles nach München. Auch der<br />
importierte 2015er stammt aus seinem mit<br />
US-Preziosen gefüllten Showroom. Wir konnten<br />
vor Aufregung einfach nicht länger warten.<br />
Warum warten? Laut Ford wird die sechste<br />
Generation erstmals auch offiziell ab Sommer<br />
hier vertrieben. Historiker schreien auf:<br />
Zwischen 1964 und 1979 wurde der Ami als<br />
T5 schon in Deutschland angeboten. Der<br />
Name Mustang war damals von Krupp und<br />
Kreidler markenrechtlich geschützt.<br />
6 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Hybrid, Elektro, Brennstoffzelle<br />
– höchste Zeit, die hochoktanige<br />
Gegenwart noch<br />
einmal in vollen V8-Zügen zu<br />
genießen. Start frei zur Familiensause:<br />
Der aktuelle Ford<br />
Mustang GT Fastback trifft<br />
auf seinen Hardtop-Coupé-<br />
Verwandten von 1965.<br />
VIDEO ONBOARD<br />
HOCKENHEIM<br />
Zum Betrachten des<br />
Films den Bildcode per<br />
Smartphone mit einer<br />
QR-App scannen<br />
Durstlöscher<br />
V8-Begeisterung – und<br />
das Hardtop Coupé von<br />
1965 hatte schnell eine<br />
trockene Kehle<br />
Während der Oldie seine Betriebsmittel<br />
mit herrlich unrundem V8-Leerlaufwummern<br />
auf Temperatur bringt, blättern wir kurz im<br />
Mustang-Geschichtsbuch. Schon zu Beginn<br />
seiner Karriere im Frühjahr 1964 legte er einen<br />
Blitzstart hin. Bereits nach dem ersten<br />
Verkaufstag am 17. April 1964 notierte Ford<br />
rund 22 000 Bestellungen. Bis heute, fast 51<br />
Jahre nach Produktionsstart, rollten über neun<br />
Millionen Mustang vom Band.<br />
1964 konnten zunächst Hardtop-Coupéund<br />
Cabrio-Versionen bestellt werden, bevor<br />
zum Modelljahr 1965 die Fließheck-Ausführung<br />
namens Fastback an den Start ging.<br />
Motorenseitig standen zunächst ein 2,8-Liter-<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 7
TEST FORD MUSTANG GT FASTBACK 2015 UND HARDTOP COUPÉ 1965<br />
Generationentreffen<br />
Der 65er-V8 mit<br />
4,7 Litern Hubraum<br />
leistet 225 SAE-PS,<br />
der aktuelle<br />
Fünfliter-V8 hat<br />
435 PS<br />
8 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Reihensechser und zwei V8 (4,4 oder 4,7<br />
Liter) zur Wahl. Die Kraftübertragung erfolgte<br />
serienmäßig per manuellem Dreiganggetriebe.<br />
Gegen Aufpreis gab es ein manuelles Viergang-Toploader-Getriebe<br />
sowie die Dreigang<strong>auto</strong>matik<br />
namens Cruise-O-Matic.<br />
Klack, Geschichtsstunde beendet – die historische<br />
Mustang-Tür öffnet mit mechanischem<br />
Begrüßungston. Reinplumpsen in den<br />
bequemen, kopfstützenfreien Ledersessel und<br />
erst mal genießen. Die von Digitalinstrumenten<br />
abgestumpften Sinne werden hier von sexy<br />
verchromten Analoganzeigen betört. Links die<br />
Tank- und rechts die Temperaturanzeige, dazwischen<br />
liegt der breit gefächerte 120-Meilen-<br />
Tacho. Drehzahlmesser? Trägt unser Pony<br />
nicht, da der Erstkäufer damals das 69,30 Dollar<br />
Aufpreis kostende Rally-Pac samt Drehzahlmesser<br />
links liegen ließ. Egal, auch ohne diese<br />
Anzeige wecken wir den 289er-V8 mit 4,7<br />
Litern Hubraum aus dem brummelnden Leerlaufdösen.<br />
Noch schlummern 225 SAE-PS.<br />
Ein Ruck am T-Bar genannten Wählhebel der<br />
Cruise-O-Matic, und das mit vollem Tank<br />
1318 Kilo schwere Coupé legt los.<br />
Gaspedal küsst Bodengruppe<br />
Schon küssen sich Gaspedal und Bodengruppe.<br />
Aus hintergründigem Blubbern wird sattes<br />
V8-Stampfen. Ein Trommelfell-Zerstörer ist<br />
der 230 Kilo schwere Windsor-V8 mit klassischer<br />
Vergasertechnik aber keineswegs. Überraschender,<br />
wie gut der Oldie am Gas hängt<br />
und aus dem Drehzahlkeller losmarschiert.<br />
Einziger Spielverderber aus <strong>sport</strong>licher Sicht:<br />
die Dreigang<strong>auto</strong>matik, die zwar kaum spürbar<br />
die Fahrstufen wechselt, aber über 100<br />
km/h, pardon, 62 Meilen pro Stunde, den<br />
Vortrieb zäh wie Kaugummi werden lässt.<br />
Während die Tachonadel fast unablesbar<br />
hin- und herzuckt, erobert das Pony-Car unsere<br />
Messstrecke auf der Hockenheimer Parabolica.<br />
Blick auf den Anachronismus, der in<br />
Form eines digitalen GPS-Messgerätes an der<br />
Windschutzscheibe hängt. Messwerte für den<br />
0–100-km/h-Sprint: Respekt, 8,2 Sekunden.<br />
Okay, den Kaugummiwert liefern wir auch:<br />
0–160 km/h in 25,5 Sekunden. Der aktuelle<br />
435-PS-V8 braucht dafür nur 10,8 Sekunden.<br />
Klassikfans werden unsere Längsdynamik-<br />
Orgie wahrscheinlich als <strong>auto</strong>mobile Vergewaltigung<br />
bezeichnen, aber wenn der V8-Opa<br />
schon hier ist, muss auch eine flotte Runde<br />
auf dem Kleinen Kurs drin sein. Lieber Mustang,<br />
wir wollen ja nicht gleich zu persönlich<br />
werden, dein geschüsseltes Dreispeichen-<br />
Lenkrad ist bildhübsch, aber die Präzision deiner<br />
leichtgängigen, gefühllos und indirekt<br />
übersetzten Lenkung dahinter ist gruselig.<br />
Eine viertel Umdrehung Lenkradeinschlag –<br />
und es passiert nichts. Mit der Sturheit der<br />
transkontinentalen Eisenbahn geht’s geradeaus<br />
weiter. Erst mit weiter ansteigendem Lenkwinkel<br />
lenkt der historische Mustang endlich ein.<br />
Die nächste fahrerische Herausforderung<br />
wartet hinter den damals Styled-Steel-Wheels<br />
genannten Original-Zubehörrädern. Serienmäßig<br />
trug der Mustang Radkappen, doch die<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 9
TEST FORD MUSTANG GT FASTBACK 2015 UND HARDTOP COUPÉ 1965<br />
1965 Nachdem der Oldie mit Schlagseite<br />
in die Kurve reinfällt, macht sich<br />
im Rückspiegel eine weiße Wand breit<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
Ford Mustang Hardtop<br />
Coupé Baujahr 1965<br />
MOTOR Achtzylinder-V-Motor mit<br />
Vergaser, Bohrung x Hub (mm)<br />
101,6 x 72,9, Hubraum 4736 cm³,<br />
Verdichtung 9,0 : 1, Leistung 225<br />
SAE-PS bei 4400/min, Drehmoment<br />
407 Nm bei 2400/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb,<br />
Dreigang-Automatikgetriebe<br />
(Cruise-O-Matic)<br />
BREMSEN Vorn und hinten<br />
10-Zoll-Trommelbremsen<br />
BEREIFUNG 205/70 R 14 vorn und<br />
hinten auf 6,0-Zoll-Stahlfelgen<br />
KAROSSERIE Viersitziges Coupé,<br />
L x B x H (mm) 4613 x 1732 x 1295,<br />
Radstand 2743 mm, Gewicht 1318<br />
kg, Leistungsgewicht 5,9 kg/PS<br />
MESSWERTE<br />
Beschleunigung 0−100 km/h 8,2 s<br />
Rundenzeit<br />
Kleiner Kurs Hockenheim 1.34,3 min<br />
Höchstgeschwindigk. ca. 190 km/h<br />
PREIS<br />
28 000 Euro<br />
(aktuell bei Geigercars)<br />
Haltung<br />
Die Recaro-Sportsitze<br />
bieten auf der<br />
Rennstrecke guten<br />
Seitenhalt, ohne<br />
den Alltagskomfort<br />
zu vernachlässigen<br />
Hammer<br />
So muss das sein:<br />
Entweder gurgelt<br />
oder hämmert die<br />
V8-Verbrennungsmelodie<br />
durch die<br />
Abgasanlage<br />
Haftung<br />
Die Brembo-<br />
Bremse überzeugt<br />
genauso wie das<br />
gute Gripniveau<br />
der Pirelli-P-Zero-<br />
Bereifung<br />
2015 Schneller Fahrspaß: lenkt<br />
präzise ein und drückt gen Kurvenausgang<br />
leicht mit dem Heck<br />
10 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Heimelig<br />
Die Einzelsitze von<br />
1965 sind extrem<br />
bequem, für den<br />
Seitenhalt sind die<br />
Türgriffe verantwortlich<br />
Hübsch<br />
Analoge Anzeigensammlung<br />
mit<br />
120-Meilen-Tachometer<br />
und herrlich<br />
glänzendem<br />
Chromeinsatz<br />
Garstig<br />
Hinter dem schö -<br />
nen Dreispeichen-<br />
Lenkrad sitzt eine<br />
extrem leicht gängige<br />
und ge fühl -<br />
lose Lenkung<br />
Überraschend<br />
Die Verarbeitung<br />
in der sechsten<br />
Mus tang-Generation<br />
ist noch einmal<br />
deutlich besser geworden<br />
Amerikanisch<br />
Die Track-Apps<br />
bieten eine Vielzahl<br />
von Zusatzinfos<br />
wie Brems- und<br />
Beschleunigungswerte<br />
Unamerikanisch<br />
Fahrwerk, Lenkung<br />
und manuelles<br />
Sechsganggetriebe<br />
arbeiten nun<br />
wesentlich prä ziser<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
Ford Mustang<br />
GT Fastback<br />
(USA-Version)<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung<br />
V8, Sauger<br />
Bohrung x Hub (mm) 92,2 x 92,7<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 4951 / 11,0<br />
PS/kW/Drehzahl 435 / 320 / 6500<br />
Nm/Drehzahl 542 / 4250<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart<br />
Hinterrad<br />
Getriebeart, Gänge manuell, 6<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart<br />
Stahl,<br />
innenbelüftet<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 380 / 330<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
255/40 R 19<br />
275/40 R 19<br />
Pirelli P Zero<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 9,0/9,5<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4784 x 1916 x 1381<br />
Radstand (mm) 2720<br />
Tankvolumen (Liter) 61<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) 49 600<br />
Testwagenpreis (Euro) 49 600<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz-Steuer (Euro) 508<br />
Haftpflicht TK/Euro 17 / 1183<br />
Teilkasko TK/Euro 26 / 849<br />
Vollkasko TK/Euro 29 / 5861<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 –100 km/h (s) k. A.<br />
Vmax (km/h) 250<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1729<br />
Verteilung v./h. (%) 54,0 / 46,0<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 4,0<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
0 – 100 km/h<br />
0 – 160 km/h<br />
0 – 200 km/h<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
4./5./6. Gang<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
nicht<br />
ermittelt<br />
1,9<br />
5,3<br />
10,8<br />
16,9<br />
3,8 / 5,3 / 10,9<br />
8,0 / 10,7 / 23,1<br />
Kl. Kurs Hockenheim (min) 1.13,8<br />
Slalom 18 m (km/h) 67,6<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Wertung<br />
Kl. Kurs Hockenheim<br />
Slalom 18 m<br />
0 – 100 km/h<br />
100 – 0 km/h (warm)<br />
Leistungsgewicht<br />
Preis-Leistungs-Verh.<br />
Summe (max. 60 Pkt.)<br />
(m) / (m/s²)<br />
39,5 / 9,8<br />
34,9 / 11,1<br />
134,5 / 11,5<br />
1.13,8 min 8<br />
67,6 km/h 8<br />
5,3 s 7<br />
34,9 m 9<br />
4,0 kg/PS 9<br />
114 Euro/PS 10<br />
51<br />
Konkurrenz-Umfeld<br />
Ford Mustang Boss 302 Laguna Seca 54<br />
Porsche 911 Carrera S 53<br />
BMW M4 Coupé 52<br />
Audi RS5 Coupé 51<br />
Shelby GT500 51<br />
Messbedingungen:<br />
Lufttemperatur 1° C, Asphalttemperatur 2° C,<br />
Luftdruck 1004 mbar<br />
blitzenden Chromfelgen lenken noch schöner<br />
von den Bremstrommeln rundum ab. Die –<br />
logischerweise – ABS-freie Bremse vollbringt<br />
mit Verzögerungswerten von 5,6 m/s² im<br />
Grenzbereich keine Heldentaten. Den richtigen<br />
Druck für das teigige Pedalgefühl zu finden,<br />
ist so einfach, wie Barack Obama zum<br />
Lunch zu treffen. Frühes und gefühlvolles Anbremsen<br />
ist gefragt, sonst geht’s mit blockierten<br />
Rädern qualmend in den Kies.<br />
Apropos Reifenqualm. Nachdem der 65er<br />
in Titanic-Manier mit massiver Schlagseite<br />
zunächst leicht untersteuernd in die Kurve<br />
reinfällt, macht sich beim Herausbeschleunigen<br />
eine weiße Wand im Rückspiegel breit.<br />
Kein Wunder, ohne Differenzialsperre fahndet<br />
dann ein Hinterrad unter Volllast wild durchdrehend<br />
nach Traktion.<br />
Derweil sucht der Pilot im Interieur bei<br />
Querbeschleunigungswerten von bis 0,95 g<br />
ebenfalls nach Halt. Absolut seitenhaltfreie<br />
Sitze ohne Sicherheitsgurte verlangen nach<br />
einer gewissen Körperspannung. Daran, dass<br />
der 65er-Mustang mit seiner Rundenzeit von<br />
1.34,3 Minuten 2,9 Sekunden langsamer als<br />
ein Citroën C3 Pluriel mit 109 PS war, trägt<br />
ohnehin nur der Erstbesitzer Schuld. Hätte er<br />
die Viergang<strong>auto</strong>matik, das 41,60 Dollar teure<br />
Sperrdifferenzial sowie das Extrapaket „GT<br />
Equipment Group“ (straffere Federn und<br />
Dämpfer, dickerer Frontstabi, direktere Lenkung,<br />
Scheibenbremsen vorne) bestellt, hätte<br />
der C3 Pluriel den Mustang bestimmt nicht<br />
ernie drigt. Trotz Zeitlupentempo war die Hockenheim-Runde<br />
fahrerisch anspruchsvoll und<br />
daher in puncto Fahrspaß nicht zu unterschätzen<br />
– aber wann fragt man sich schon, ob die<br />
Querspange mit 133 km/h wirklich voll geht?<br />
Revolution: Bye-bye Starrachse<br />
Abrupter Szenenwechsel, willkommen im<br />
aktuellen Mustang GT. Traktionsprobleme<br />
zählten bei den meisten Vorgängermodellen<br />
des US-Muscle-Cars zum Ehrenkodex. Jetzt<br />
beginnt mit der sechsten Generation eine neue<br />
Zeitrechnung. Während die bis dato getesteten<br />
Shelby-Dampfhämmer der fünften Baureihe<br />
auf der Rennstrecke meist ihre Kraft spektakulär,<br />
aber nicht wirkungsvoll verpuffen lassen<br />
mussten, zeigte erstmals das Sonder modell<br />
Boss 302 Laguna Seca, dass Mustang nicht<br />
nur Dragstrips und schwarze Gummimalerei<br />
auf dem Asphalt bedeuten muss. Bei 443 PS,<br />
rennstreckenoptimiertem Fahrwerk und Pirelli-P-Zero-Corsa-Cupreifen<br />
horchte die deutsche<br />
Konkurrenz erstmals respektvoll auf.<br />
Unser heutiges Importmodell aus dem<br />
Geiger-Showroom grollt als GT Fastback mit<br />
dem traditionellen Fünfliter-V8 auf den Kleinen<br />
Kurs. Die Motorenpalette umfasst neben<br />
dem Achtzylinder und dem 3,7-Liter-V6 mit<br />
300 PS erstmals auch einen 2,3-Liter-Vierzylinder-Turbo<br />
mit 310 PS. Politisch korrekt,<br />
aber wir stehen nach wie vor auf die reine<br />
Lehre aus acht Mustang-Zylindern. Während<br />
unsere US-Spezifikation 435 PS leistet, soll es<br />
das in Deutschland angebotene Modell mit<br />
Europa-Spezifikation nur auf 418 PS bringen.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 11
TEST FORD MUSTANG GT FASTBACK 2015 UND HARDTOP COUPÉ 1965<br />
Rundenzeiten Hockenheim<br />
Ford Mustang GT Fastback<br />
Ford Mustang Hardtop Coupé 1965<br />
11,00 m/s 2<br />
5,60 m/s 2 SACHSKURVE<br />
QUERSPANGE<br />
175 km/h 1,15 g<br />
GP-KURS<br />
133 km/h 0,80 g<br />
AMEISENKURVE<br />
77 km/h 1,25 g<br />
67 km/h 0,95g<br />
BOXENGASSE<br />
FAHRERLAGER<br />
NORDKURVE<br />
122 km/h 1,00 g<br />
100 km/h 0,75 g<br />
ZIELGERADE<br />
191 km/h<br />
138 km/h<br />
1.13,8 min<br />
1.34,3 min<br />
Testfahrer: Christian Gebhardt<br />
5000, 6000, 7000 Touren – aus rennbootähnlichem<br />
Leerlaufgurgeln wird mit steigender<br />
Drehzahl hämmernder V8-Beat. Ansprechverhalten<br />
und Durchzug? ’ne glatte Eins<br />
– und wieder einmal kommt die Frage auf,<br />
warum der Saugmotor-V8 weltweit vom Aussterben<br />
bedroht ist. Für den Einsatz im aktuellen<br />
Modell wurde der Fünfliter nochmals<br />
verfeinert (optimierte Entdrosselung).<br />
Der Schalthebel des manuellen Sechsganggetriebes<br />
wandert dank neuem Schaltgestänge<br />
mit wesentlich besserer Präzision durch die<br />
Gassen als bei der hakeligen Schaltbox des<br />
Vorgängers. Frustration über das Getriebe gehört<br />
genauso der Vergangenheit an wie Lamentieren<br />
über das nicht gut ausbalancierte<br />
Fahrverhalten. Auch wenn das Mustang-Coupé<br />
mit vollem Tank satte 1729 Kilogramm<br />
auf die Waage stemmt und damit leider 77<br />
Kilo mehr wiegt als der zuletzt getestete Boss-<br />
302-Vorgänger, sorgt sein fahrdynamischer<br />
Auftritt für größte Freude. Bei Ford sind sie<br />
besonders stolz auf die grundlegenden Fahrwerksmodifikationen.<br />
Die traditionelle Starrachskonstruktion<br />
an der Hinterachse flog auf<br />
den Schrottplatz und wurde durch eine Integrallenker-Einzelradaufhängung<br />
mit Querstabilisator,<br />
Spiralfedern und Einzelrohrdämpfer<br />
ersetzt. Es lebe die Revolution!<br />
In Deutschland wird der Mustang GT serienmäßig<br />
mit GT-Performance-Paket zu den<br />
Händlern rollen. Unser Importbolide trägt das<br />
in den USA nur optional erhältliche Upgrade<br />
ebenfalls. Neben einer strafferen Feder- und<br />
GP-KURS<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
79 km/h 1,05 g<br />
70 km/h 0,80 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
124 km/h 1,15 g<br />
98 km/h 0,75 g<br />
SENKE<br />
91 km/h<br />
83 km/h<br />
1,05 g<br />
0,85 g<br />
SÜDKURVE<br />
107 km/h 1,05 g<br />
89 km/h 0,80 g<br />
Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
MEINE MEINUNG<br />
Wow, solche Leistungsdaten und<br />
Fahrwerte zu so einem niedrigen<br />
Preis sind eine echte Kampfansage.<br />
Der von uns getestete Mustang<br />
GT Fastback von 2015, ein Import,<br />
kostet bei Geigercars in München<br />
nur 49 600 Euro. Wer nicht sofort<br />
zuschlagen will und noch ein bisschen<br />
Zeit mitbringt, für den bietet<br />
Ford Deutschland den Mustang GT<br />
dann offiziell ab Sommer zu einem<br />
unglaublichen Grundpreis von nur<br />
40 000 Euro an. Fans des herrlichen<br />
Mustang Hardtop Coupé von 1965<br />
werden ebenfalls bei Geigercars<br />
fündig. Preis: 28 000 Euro.<br />
Dämpferabstimmung, einem dickeren Stabi<br />
hinten sowie einer Brembo-Bremsanlage mit<br />
Sechskolben-Sätteln vorne und speziell angepasster<br />
ABS-Abstimmung sorgen 19-Zoll-<br />
Räder mit Pirelli-P-Zero-Bereifung sowie<br />
nicht zuletzt ein Torsen-Sperrdifferenzial für<br />
ein deutliches Dynamikplus.<br />
Die Konkurrenz muss zittern<br />
Präzise Bremspunkte setzen, punktgenau einlenken<br />
und mit guter Traktion aus Kurven<br />
herausbeschleunigen – fahrdynamisch erkennt<br />
man den Mustang mit 28 Prozent höherer<br />
Karosseriesteifigkeit und neuem Fahrwerk<br />
kaum wieder. Die neue elektromechanische<br />
Servolenkung mit drei einstellbaren Kennlinien<br />
arbeitet direkter als die schwammige<br />
Vorgängerlenkung. Im Vergleich zum Vorläufer<br />
konnten außerdem Einlenkuntersteuern<br />
und Karosseriebewegungen minimiert werden.<br />
Die Bremsanlage überzeugt auch auf der<br />
Rennstrecke mit gut dosierbarem Pedalgefühl,<br />
tadelloser ABS-Regelung und Standfestigkeit.<br />
Während das neue Pony-Car stabil und präzise<br />
einlenkt, drückt gen Kurvenausgang das<br />
Heck mit zartem Leistungsübersteuern. Genial,<br />
genauso sieht schneller Fahrspaß aus!<br />
Fast scheint es, als ob sich die Fahrdynamik-<br />
Entwickler einen BMW M3 E92 zum Vorbild<br />
genommen hätten.<br />
Mit einem Bremsweg von 34,9 Metern aus<br />
100 km/h und einer Hockenheim-Rundenzeit<br />
von 1.13,8 Minuten bedrängt der Mustang<br />
GT Fastback die deutsche Coupé-Konkurrenz<br />
um den zuletzt gemessenen BMW M4 (<strong>sport</strong><br />
<strong>auto</strong> 11/2014: 35,5 m, 1.13,6<br />
min) sowie den Audi RS5<br />
(<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> 12/2014: 34,7<br />
m, 1.14,1 min) stärker<br />
als jemals zuvor. Die<br />
Zeiten, als über die<br />
Power-Ponys hierzulande<br />
gelächelt<br />
werden konnte,<br />
gehören spätestens<br />
jetzt<br />
der Vergangenheit<br />
an. ◾<br />
12 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Der neue<br />
So muss ein Civic aussehen. Sportlich und markant. Ausgestattet mit neuartiger Infotainmenttechnologie,<br />
innovativen Sicherheitsfeatures und den hocheffizienten Antrieben aus der<br />
„Earth Dreams Technology“-Motorengeneration. Noch <strong>sport</strong>licher kommt der Civic 2015 nur noch<br />
in der deutlich am kommenden Type R angelehnten Modellvariante Civic Sport daher. Typisch Civic.<br />
Mehr Infos bei Ihrem Honda Händler oder unter honda.de<br />
Kraftstoffverbrauch Civic in l/100 km: innerorts 8,7–4,0; außerorts 5,2–3,3; kombiniert<br />
6,4–3,6. CO 2 -Emission in g/km: 150–94. (Alle Werte gemessennach 1999/94/EG.)<br />
Abbildung zeigt Civic in der Ausstattungslinie „Sport“.<br />
Bei allen teilnehmenden Honda Händlern. Verkauf, Probefahrt und Beratung nur innerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten.
KOMMENTAR SIND SYNTHETISCHE KRAFTSTOFFE EINE ZUKUNFTSLÖSUNG?<br />
DER TIGER IM TANK?<br />
Marcus Schurig über neue synthetische Kraftstoffe, deren Verwendung in<br />
Verbrennungsmotoren CO 2<br />
-neutral wäre, über die man aber so wenig<br />
liest und hört, als gäbe es sie gar nicht. Alles Zufall – oder reine Absicht?<br />
1972 legte der Club of Rome eine weltweit<br />
stark beachtete Studie vor mit dem Titel<br />
„Grenzen des Wachstums“. Darin wurde<br />
unter anderem aufgeführt, die Rohölvorkommen<br />
würden im Jahr 1992 endgültig<br />
aufgebraucht sein. Das wirkte damals wie<br />
ein Schock, zwei Jahre später schien die Ölkrise<br />
die Wahrheit von der Endlichkeit unserer Ressourcen<br />
zu bestätigen. Die Politik war auf den<br />
Plan gerufen, das Auto geriet ins Fadenkreuz,<br />
später noch um ein Vielfaches verschärft durch<br />
die CO 2<br />
-Problematik.<br />
Heute sind die Erdölvorkommen viel größer<br />
als einst vermutet, das umstrittene Fracking<br />
hat die Ressourcen-Prognosen binnen weniger<br />
Jahre vervielfacht, und der Ölpreis liegt, ganz<br />
nebenbei bemerkt, völlig danieder. Daraus ein<br />
stumpfes Plädoyer für den 16-Zylinder abzuleiten,<br />
wäre natürlich ebenso dumm wie platt.<br />
Die Reduktion der Treibhausgase ist zu<br />
Recht auf der politischen Agenda, aber man<br />
darf ja mal fragen, warum erstens immer nur<br />
auf den Individualverkehr eingedroschen wird,<br />
der in Deutschland für ungefähr 12 Prozent<br />
(kein Witz!) aller CO 2<br />
-Emissionen verantwortlich<br />
ist, und zweitens, warum man so wenig<br />
darüber hört, dass es synthetische Kraftstoffe<br />
gibt, bei deren Produktion der Atmosphäre fast<br />
exakt genauso viel CO 2<br />
entzogen wird, wie anschließend<br />
bei der Verbrennung im Motor wieder<br />
freigesetzt wird. Ach, Sie haben davon auch<br />
noch nie etwas gehört?<br />
CO 2<br />
-neutrale Energiebilanz?<br />
Mir war das bis vor Kurzem auch neu, aber es<br />
stimmt: Es gibt Verfahren, die im Wesentlichen<br />
auf dem Prinzip der Photosynthese basieren<br />
und bei denen über genmanipulierte Bakterien<br />
oder über Algen Kraftstoff durch Wasser,<br />
Sonnenenergie und CO 2<br />
hergestellt werden<br />
kann. Klingt clever. Träumen wir etwas weiter:<br />
Der CO 2<br />
-Fingerabdruck des Autofahrens wäre<br />
damit schlagartig neutral. Sie finden auch, das<br />
wäre mal eine Meldung wert?<br />
Es gibt bereits eine Vorversuchsanlage in der<br />
Wüste von Neu-Mexiko, betrieben durch die<br />
US-Firma Joule; eine großindustrielle Nutzung<br />
wäre (vermutlich) binnen weniger Jahre möglich<br />
– entsprechende Investitionen in diese<br />
Technologie vorausgesetzt. Der gesamten Welt<br />
ist an verbindlichen Klima- und CO 2<br />
-Zielen<br />
gelegen, und für die Automobilindustrie wäre<br />
„Der Umwelt ist es<br />
ja letztlich egal, ob<br />
man den Verbrauch<br />
umweltverträglich<br />
gestaltet – oder die<br />
Kraftstoffe”<br />
eine CO 2<br />
-neutrale Verbrennung zwar nicht<br />
die Lösung aller Probleme, aber eine massive<br />
Richtungsveränderung. Denn es kann ja wohl<br />
nicht bestritten werden, dass die scharfen<br />
Verbrauchsvorschriften und das parallele<br />
Hochfahren der Elektrifizierung primär dem<br />
Thema CO 2<br />
geschuldet sind.<br />
Die Ergebnisse besonders bei der Elektrifizierung<br />
der Automobile sind bei genauer Betrachtung<br />
ziemlich halbgar, denn die Energiebilanz<br />
von Elektro<strong>auto</strong>s hängt an der Stromerzeugung,<br />
und die hängt am Kraftwerkmix<br />
– der in Deutschland einen unappetitlich hohen<br />
Anteil an Kohlekraftwerken aufweist, was<br />
die CO 2<br />
-Bilanz von Elektrofahrzeugen rasant<br />
abstürzen lässt, auch wenn uns die Mesalliance<br />
aus Politik und Autoherstellern etwas völlig<br />
anderes einsingen will.<br />
Die neue Technologie hat weitere Vorteile:<br />
Individuelle Mobilität könnte weiter vom Verbrennungsmotor<br />
profitieren. Der neue Kraftstoff<br />
würde keine Anpassungen bei der Infrastruktur<br />
erfordern; die Tankstelle wäre weiter<br />
unsere Tankstelle. Und das kostbare, limitierte<br />
Gut Rohöl könnte als einer der wertvollsten<br />
Energiespeicher in Zukunft viel besser eingesetzt<br />
werden als zur Verbrennung in Motoren<br />
mit (relativ bescheidenem) Wirkungsgrad.<br />
Verhindern Ölmultis die Lösung?<br />
Der Umwelt ist es ja egal, ob man den Verbrauch<br />
umweltfreundlich gestaltet – oder die<br />
Kraftstoffe. Flüssige Kraftstoffe, produziert<br />
durch Algen und CO 2<br />
-neutral, sind sicher<br />
nicht die einzige Lösung, aber die Frage sei<br />
erlaubt: Haben die Ölmultis und Fracking-<br />
Jünger daran ein ernsthaftes Interesse? ◾<br />
RETURN TO SENDER<br />
Thema: Völlig alternativlos?<br />
Sind synthetische Kraftstoffe nicht die bessere Lösung,<br />
um den CO 2<br />
-Ausstoß der Autos zu reduzieren,<br />
als halbgare Elektro-Konzepte? Der Autor freut sich<br />
auf Ihre Meinung: mschurig@motorpresse.de<br />
Illustration: zcool<br />
14 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
www.eberspaecher-standheizung.com<br />
FACT | factnet.de<br />
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Nur bei gleichzeitiger Erteilung eines Auftrags zum Einbau und nur bei teilnehmenden Werkstätten. Nicht kombinierbar mit anderen Aktionen oder Rabatten.
VERGLEICHSTEST RENAULT MÉGANE R.S. TROPHY-R vs. SEAT LEON CUPRA 280<br />
Auf der Nordschleife liegt derzeit<br />
noch Schnee. Ein Grund<br />
mehr, die Rivalen um die<br />
Krone des schnellsten Serienfronttrieblers<br />
in Hockenheim<br />
aufeinanderzujagen. Das Sondermodell<br />
Renault Mégane<br />
R.S. Trophy-R tritt zum exklusiven<br />
Vergleichstest gegen den<br />
Seat Leon Cupra 280 an.<br />
Text Christian Gebhardt · Fotos Hans-Dieter Seufert<br />
HEISSE<br />
WESTE<br />
16 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
VIDEO ONBOARD<br />
HOCKENHEIM<br />
Zum Betrachten des<br />
Films den Bildcode per<br />
Smartphone mit einer<br />
QR-App scannen<br />
Sein verschmitztes Lächeln und sein Eifel-<br />
Singsang wärmen auch bei Temperaturen<br />
knapp über dem Gefrierpunkt die<br />
Erinnerungen an Gute-Laune-Boliden<br />
auf. Patrick Kirfel ist nicht nur Renault-<br />
Händler im Nordschleifen-Epizentrum<br />
Adenau, sondern auch Erbauer von legendären<br />
Tuning-Fahrzeugen. Wir denken bei <strong>sport</strong><br />
<strong>auto</strong> nicht oft an die Marke Dacia – aber Kirfels<br />
leer geräumte Logan-Limousine mit implantiertem<br />
169-PS-Zweiliter aus dem Clio<br />
Sport werden wir genauso wenig vergessen<br />
wie seinen gestählten Renault Mégane R.S.<br />
Club<strong>sport</strong>, der 2011 im <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Test ein<br />
rauschendes Querdynamik-Fest feierte.<br />
Hockenheimring, 2. Februar 2015 – heute<br />
steigt die nächste Mégane-Party. Für die Stimmung<br />
ist diesmal kein gedopter Sportwagen-<br />
Schreck aus Adenau, sondern ein prominenter<br />
Serienheld verantwortlich. Kirfel kümmert<br />
sich auch um die Vorbereitung der R.S.-Testwagen<br />
der deutschen Renault-Presseflotte.<br />
Den aktuellen Probanden serviert er uns per<br />
Hänger – willkommen, bienvenue Renault<br />
Mégane R.S. 275 Trophy-R.<br />
Trophy-R, na, dämmert’s? Eingefleischte<br />
Nordschleifenfans verfallen sofort in Schnappatmung,<br />
allen anderen hilft vielleicht die Rundenzeit<br />
von 7.54,36 Minuten auf die Sprünge.<br />
Damit entschied der Franzose den modernen<br />
Gladiatorenkampf auf der Nordschleife knapp<br />
für sich und jagte dem Seat Leon Cupra 280<br />
(7.58,4 Minuten) den Rundenrekord für<br />
front getriebene Serienfahrzeuge ab.<br />
Hosenträgergurte<br />
festzurren, erster<br />
Gang – wir läuten<br />
exklusiv die nächste<br />
Runde des französisch-spanischen<br />
Duells<br />
ein. Nachdem der<br />
Seat Leon Cupra 280<br />
mit Performance Pack<br />
sein Talent bereits im<br />
Supertest (<strong>sport</strong> <strong>auto</strong><br />
1/2015) unter Beweis<br />
stellen durfte, peitscht<br />
der Mégane R.S. 275<br />
Trophy-R heute als Erster auf den Kleinen<br />
Kurs. Halt, peitschen ist auf den ersten Metern<br />
das falsche Wort. Die Michelin-Reifen<br />
Pilot Sport Cup 2 bieten bei Temperaturen<br />
„knapp über null“ zunächst so viel Grip wie<br />
Lackschuhe auf einer Eisbahn.<br />
Eine Aufwärmrunde, und dann wie im<br />
sommerlichen Testbetrieb attackieren? Keine<br />
Chance. Während wir die Michelin-Pneus<br />
gewissenhaft rundenlang erwärmen, bleibt<br />
Zeit, das Sondermodell genauer vorzustellen.<br />
Die erste Überraschung ereilte uns beim<br />
Wiegen und dabei gleichzeitig die angenehme<br />
Tatsache, dass Pressemitteilungen nicht immer<br />
Fabelwerte vorgaukeln müssen. Renault verspricht<br />
eine Gewichtsreduzierung um „rund<br />
100 Kilogramm“ – unsere geeichte Testwaage<br />
meldet mit 1311 Kilo einen Gewichtsvorteil<br />
von 98 Kilo auf den zuletzt getesteten R.S.<br />
Elemente der Diät im Schnelldurchlauf:<br />
Wegfall der Rücksitzbank und Einsatz von<br />
Recaro-Schalensitzen zusammen minus 42<br />
Kilo, Lithium-Ionen-Batterie anstelle der herkömmlichen<br />
Batterie minus 16 Kilo, Verzicht<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 17
VERGLEICHSTEST RENAULT MÉGANE R.S. TROPHY-R vs. SEAT LEON CUPRA 280<br />
Auf Dauer hilf nur Power<br />
Der Zweiliter-TSI des Seat Leon<br />
Cupra 280 leistet 280 PS,<br />
während der Vierzylinder-Turbo<br />
des Renault Mégane R.S.<br />
Trophy-R auf 273 PS kommt<br />
Die Saison kann kommen<br />
Nur 250 Exemplare des Nordschleifen-Sondermodells<br />
werden gebaut. Neben einem<br />
Öhlins-Fahrwerk trägt der<br />
Trophy-R eine Akrapovic-<br />
Abgasanlage und 19-Zoll-<br />
Speedline-Räder mit Michelin-Reifen<br />
Pilot Sport Cup 2.<br />
Ebenfalls serienmäßig: keine<br />
Rücksitzbank, Recaro-Pole-<br />
Position-Schalensitze, Lackierung<br />
in Perlmuttweiß mit<br />
Dach in Black-Pearl-Schwarz<br />
18 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Dann aber schnell ...<br />
Wer mit dem Trophy-R<br />
liebäugelt, sollte sich<br />
beeilen. Nur 23 Stück<br />
kommen nach Deutschland<br />
Tempo, Targa, Tesa – der Mégane R.S.<br />
ist als Trophy-R mehr denn je Gattungsbegriff<br />
für einen schnellen Fronttriebler<br />
auf Dämm- und Isoliermaterial minus 18<br />
Kilo, Titan-Abgasanlage minus 4 Kilo, neue<br />
Alu-Stahl-Bremsanlage minus 3 Kilo, 19-Zoll-<br />
Speedline-Turini-Räder minus 5 Kilo.<br />
Dort, wo sonst der RS-Nachwuchs im Kindersitz<br />
hockt, bollert es jetzt vom Feinsten –<br />
ohne Rücksitzbank und Dämmung geht die<br />
Akustikwertung heute klar an den Trophy-R.<br />
Akrapovič-Auspuff und feistem Turbofauchen<br />
unter Volllast sei Dank.<br />
Stichwort Volllast, endlich sind die Cup-<br />
Reifen temperiert und der Trophy-R kann an<br />
der bisherigen Mégane-R.S.-Bestzeit auf dem<br />
Kleinen Kurs feilen (1.15,4 min mit Michelin<br />
Cup 2 in <strong>sport</strong> <strong>auto</strong> 1/2015). Bereits in der<br />
Armeisenkurve steht fest, dass er die aktuelle<br />
Bestmarke pulverisieren wird. Neben dem um<br />
acht auf 273 PS gestärkten Vierzylinder-Turbo,<br />
der die 0–200-km/h-Prüfung 3,4 Sekunden<br />
schneller als die zuletzt getestete 265-PS-<br />
Version absolviert, ist vor allem das im Trophy-R<br />
serienmäßige Cup-Fahrwerk mit mechanischer<br />
Sperre sowie in Zug- und Druckstufe<br />
einstellbaren Öhlins-Dämpfern für den<br />
Querdynamik-Fortschritt verantwortlich.<br />
Renault: König in Hockenheim<br />
Tempotaschentuch, Targadach, Tesafilm – mit<br />
seinem Fahrverhalten wird der Mégane mehr<br />
denn je zum Gattungsbegriff für einen schnellen<br />
Fronttriebler der Kompaktklasse. Herrlich,<br />
wie der Trophy-R beim Anbremsen seinen<br />
Hintern raushängen lässt und so präzise für<br />
den kommenden Kurvenverlauf angestellt<br />
werden kann. Dabei glänzt die modifizierte<br />
Bremsanlage (unter anderem 350er- statt<br />
340er-Bremsscheiben an der Vorderachse) mit<br />
fein dosierbarem Pedalgefühl und für den Einsatz<br />
im Grenzbereich sehr gut auf die Cup-<br />
Reifen abgestimmter ABS-Regelung. In die<br />
Kurve reinbremsen? Ja bitte, gerne.<br />
Über das präzise Einlenkverhalten und die<br />
direkt übersetzte Lenkung haben wir schon<br />
bei den R.S.-Modellen von der Stange Lobeshymnen<br />
verfasst. Das auf 250 Exemplare limitierte<br />
Sondermodell folgt mit seiner überarbeiteten<br />
Achsgeometrie Richtungsbefehlen noch<br />
verbissener. Sein je nach Dämpfereinstellung<br />
mehr oder weniger lasziv mitlenkendes Heck<br />
fängt der Trophy-R dank vorbildlich arbeitender<br />
Differenzialsperre schnell wieder ein. Keiner<br />
seiner Kompakt-Klassenkameraden brilliert<br />
mit einer derartigen Vorderachspräzision<br />
und Traktion unter Last. Während Nörgler<br />
irgendwas von „Antriebseinflüssen im Alltag“<br />
faseln, verlieben wir uns mal wieder auf ein<br />
Neues in den kompromisslosen Charakterkerl.<br />
Beim Blick aufs Messgerät wird aus Verliebtsein<br />
Liebe. Der Trophy-R krönt sich nicht nur<br />
zum Nordschleifen-König, sondern auch zum<br />
schnellsten Serienfronttriebler auf dem Kleinen<br />
Kurs. Rundenzeit Hockenheim: fantastische<br />
1.14,0 Minuten.<br />
Und der Leon Cupra 280 mit Performance<br />
Pack? Sorry Seat, bis zum Hockenheim-Ausflug<br />
sprang der Funke über, anschließend<br />
machte sich Frustration breit. Im Alltag glänzt<br />
der Spanier mit seinem DCC-Adaptivfahrwerk<br />
samt wohltuender Spreizung, knackigem<br />
Sechsganggetriebe und lässigen Autobahnsprints<br />
bis zur Tachomarke von 270 km/h<br />
(echte Vmax 250 km/h). Sogar den im Cupra-<br />
Modus künstlich per Sound-Aktuator animierten<br />
Klang des 280-PS-Vierzylinder-Turbos<br />
und die für einen Nordschleifen-Rekordler<br />
irgendwie deplatziert wirkenden Spritspartipps<br />
im Menüpunkt „Eco-Trainer“ hätten wir<br />
Guss eisernen noch akzeptiert, wenn der Leon<br />
auf dem Kleinen Kurs von Hockenheim hätte<br />
zügelloser agieren dürfen.<br />
Nerviger als die viel zu weiche Motorlagerung<br />
des TSI-Aggregats, die bei zu motiviertem<br />
Lasteinsatz schnell in Anfahrstempeln<br />
mündet, fallen die ESP- und ABS-Abstimmung<br />
des Cupra 280 auf. Obwohl das ESP<br />
sich laut Pressemitteilung „völlig abschalten“<br />
lassen soll, regelt die Elektronik im Grenzbereich<br />
auf dem Kleinen Kurs teilweise sehr<br />
offensichtlich. Bis zu einem gewissen Punkt<br />
darf das Seat-Heck mitlenken, bevor spürbare<br />
Regel eingriffe erfolgen. Zur Ehrenrettung<br />
muss gesagt werden, dass dieses Bewegungsmuster<br />
meist nur in der verwinkelten Nordkurve<br />
auftritt und ansonsten auf dem Kleinen<br />
Kurs weitgehend durch eine runde Fahrweise<br />
unterbunden werden kann.<br />
Eigentlich hätte der Cupra viel mehr Lob<br />
verdient. Da wären beispielsweise seine sehr<br />
gut ausbalancierte Fahrwerksabstimmung, seine<br />
im Cupra-Modus <strong>sport</strong>lich straffe Progressivlenkung<br />
mit guter Rückmeldung oder die<br />
elektronisch gesteuerte Vorderachsdifferenzialsperre,<br />
die beim Herausbeschleunigen Schlupf<br />
zuverlässig wegfiltert und sicher in Traktion<br />
ummünzt. Auch wenn sich die nackten Zahlen<br />
der Hockenheim-Rundenzeit besser als<br />
zuvor lesen und der Leon den <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-<br />
Referenzkurs in 1.14,4 Minuten noch einmal<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 19
VERGLEICHSTEST RENAULT MÉGANE R.S. TROPHY-R vs. SEAT LEON CUPRA 280<br />
drei Zehntelsekunden schneller als im Supertest<br />
umrundet, hagelt es abschließend harsche<br />
Kritik. Den guten Gesamteindruck macht die<br />
ungenügende ABS-Abstimmung zunichte.<br />
Rundenzeiten Hockenheim<br />
Renault Mégane R.S. Trophy-R<br />
Seat Leon Cupra 280<br />
11,50 m/s 2<br />
10,50 m/s 2 SACHSKURVE<br />
QUERSPANGE<br />
173 km/h 1,15 g<br />
GP-KURS<br />
175 km/h 1,15 g<br />
AMEISENKURVE<br />
83 km/h 1,25 g<br />
81 km/h 1,25 g<br />
BOXENGASSE<br />
FAHRERLAGER<br />
NORDKURVE<br />
123 km/h 1,15 g<br />
126 km/h 1,05 g<br />
1.14,0 min<br />
1.14,4 min<br />
Testfahrer: Christian Gebhardt<br />
ZIELGERADE<br />
183 km/h<br />
184 km/h<br />
GP-KURS<br />
MEINE MEINUNG<br />
Den Vergleichstest gewinnt der Mégane<br />
R.S. zwar punktemäßig klar vor<br />
dem Leon Cupra, dies ist jedoch auf<br />
die Wettereinflüsse in Kombination<br />
mit der ABS-Abstimmung des Seat<br />
zurückzuführen. Das Cupra-ABS arbeitet<br />
nur mit sehr warmen Reifen<br />
halbwegs zuverlässig. Bei der<br />
Warmbremse, mit zehn aufeinanderfolgenden<br />
Bremsungen aus 100<br />
km/h, erreichten die Cup-Reifen des<br />
Seat jedoch nicht das passende<br />
Seat: Ungenügendes ABS-Set-up<br />
Anders als im Renault Mégane R.S. Trophy-R<br />
verdaut das Leon-ABS späte Bremspunkte nur<br />
mittelmäßig, und der Spanier schiebt bei der<br />
Verzögerung „auf letzter Rille“ mit unharmonischer,<br />
teils ruppiger Regelfrequenz über die<br />
Vorderachse. Solange der Leon im Grenzbereich<br />
mit dementsprechender Reifentemperatur<br />
bewegt wird, funktioniert das ABS-System<br />
noch halbwegs. Dass hier jedoch Nachbesserungsbedarf<br />
besteht, offenbaren die unterdurchschnittlichen<br />
Standardbremswerte. Vor<br />
allem bei niedrigen Außentemperaturen erreichen<br />
die Cup-Reifen im Normalbetrieb niemals<br />
rennstreckenähnliches Temperaturniveau.<br />
Auch dann sollte das ABS zuverlässig regeln<br />
können und für gute Verzögerungswerte sorgen.<br />
Dem Renault gelingt dies, dem Seat hingegen<br />
nicht. Und so muss sich der Leon Cupra<br />
280 nicht nur auf der Nordschleife, sondern<br />
auch bei uns im Vergleichstest dem Renault<br />
Mégane R.S. Trophy-R geschlagen geben.<br />
Und als ob das nicht schon Demütigung<br />
genug wäre, setzt Renault-Mann Kirfel zum<br />
Abschluss verschmitzt lächelnd noch einen<br />
obendrauf: „Da geht noch viel mehr! Nächstes<br />
Mal bekommt ihr einen noch schärferen R.S.<br />
von mir“, verspricht er, während er den Trophy-R<br />
wieder auf den Hänger fährt. Sein R.S.<br />
Club<strong>sport</strong> stürmte 2011 schon in beeindruckenden<br />
1.13,5 min um den Kleinen Kurs. ◾<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
82 km/h 1,10 g<br />
81 km/h 1,05 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
124 km/h 1,15 g<br />
123 km/h 1,15 g<br />
SENKE<br />
95 km/h<br />
94 km/h<br />
1,15 g<br />
1,10 g<br />
SÜDKURVE<br />
104 km/h 1,10 g<br />
105 km/h 1,05 g<br />
Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
Temperaturfenster und die ABS-Regelung<br />
funktionierte nur dürftig. Im<br />
Supertest (23° C) verzögerte der Cupra<br />
deutlich besser (warm 32,7 m).<br />
Mit den damaligen Bremswerten hätte<br />
es zum Unentschieden gereicht.<br />
Testredakteur Christian Gebhardt<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
Renault<br />
Mégane R.S.<br />
275 Trophy-R<br />
Seat<br />
Leon SC<br />
Cupra 280<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung R4, Turbo R4, Turbo<br />
Bohrung x Hub (mm) 82,7 x 93,0 82,5 x 92,8<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 1998 / 8,6 1984 / 9,3<br />
PS/kW/Drehzahl 273 / 201 / 5500 280 / 206 / 5700<br />
Nm/Drehzahl 360 / 3000 350 / 1750<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart Vorderrad Vorderrad<br />
Getriebeart, Gänge manuell, 6 manuell, 6<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart<br />
Stahl, vorn<br />
innenbelüftet<br />
Stahl, vorn<br />
innenbelüftet<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 350 / 290 370 / 310<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
235/35 R 19<br />
235/35 R 19<br />
Michelin<br />
Pilot Sport Cup 2<br />
235/35 R 19<br />
235/35 R 19<br />
Michelin<br />
Pilot Sport Cup 2<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 8,0 / 8,0 8,0 / 8,0<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4299 x 1848 x 1435 4236 x 1810 x 1423<br />
Radstand (mm) 2646 2596<br />
Tankvolumen (Liter) 60 50<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) 39 990 32 230<br />
Testwagenpreis (Euro) 39 990 36 860<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz-Steuer 198 158<br />
Haftpflicht<br />
Teilkasko<br />
Vollkasko<br />
TK/Euro<br />
TK/Euro<br />
TK/Euro<br />
18 / 1265<br />
26 / 849<br />
28 / 4788<br />
18 / 1265<br />
25 / 754<br />
23 / 2688<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 – 100 km/h (s) 6,0 5,9<br />
Vmax (km/h) 255 250<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1311 1322<br />
Verteilung v./h. (%) 65,5 / 34,5 61,8 / 38,2<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 4,8 4,7<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
0 – 100 km/h<br />
0 – 160 km/h<br />
0 – 200 km/h<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
4./5./6. Gang<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
nicht<br />
ermittelt<br />
2,0<br />
5,7<br />
12,2<br />
20,4<br />
4,0 / 5,0 / 6,9<br />
8,7 / 11,1 / 14,4<br />
9,4<br />
13,3<br />
10,7<br />
2,1<br />
6,3<br />
12,9<br />
21,0<br />
4,4 / 5,7 / 7,1<br />
9,3 / 12,4 / 15,9<br />
Kl. Kurs Hockenheim (min) 1.14,0 1.14,4<br />
Slalom 18 m (km/h) 72,0 70,5<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Wertung<br />
Kl. Kurs Hockenheim<br />
Slalom 18 m<br />
0 – 100 km/h<br />
100 – 0 km/h (warm)<br />
Leistungsgewicht<br />
Preis-Leistungs-Verh.<br />
Summe (max. 60 Pkt.)<br />
(m) / (m/s²)<br />
41,2 / 9,4<br />
34,9 / 11,1<br />
140,1 / 11,0<br />
1.14,0 min 8<br />
72,0 km/h 10<br />
5,7 s 6<br />
34,9 m 9<br />
4,8 kg/PS 7<br />
146 Euro/PS 10<br />
50<br />
(m) / (m/s²)<br />
43,5 / 8,9<br />
37,8 / 10,2<br />
147,7 / 10,4<br />
1.14,4 min 8<br />
70,5 km/h 10<br />
6,3 s 5<br />
37,8 m 6<br />
4,7 kg/PS 7<br />
115 Euro/PS 10<br />
46<br />
Konkurrenz-Umfeld<br />
BMW M135i 51<br />
Seat Leon Cupra 280 (Supertest 01/2015) 50<br />
Audi S3 47<br />
VW Golf R 47<br />
Peugeot RCZ-R 46<br />
Opel Astra OPC 45<br />
Messbedingungen:<br />
Lufttemperatur 3° C, Asphalttemperatur 3° C, Luftdruck 1004 mbar<br />
20 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Porsche empfiehlt und Mehr unter www.porsche.de oder Tel. 01805 356 - 911, Fax - 912 (Festnetzpreis 14 ct/min; Mobilfunkpreise max. 42 ct/min).<br />
Wer will schon ins Paradies,<br />
wenn er in die grüne Hölle kann?<br />
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Performance ausgelegt ist. Mehr unter www.porsche.de/CaymanGT4<br />
Kraftstoffverbrauch (in l/100 km) innerorts 14,8 · außerorts 7,8 · kombiniert 10,3; CO 2<br />
-Emissionen 238 g/km
TEST ASTON MARTIN V8 VANTAGE N430<br />
LOVE &<br />
ROAR<br />
Mit Knutschmund, Wahnsinns-Body,<br />
Hardcore-Abstimmung<br />
und verruchtem<br />
Klang spricht der V8 Vantage<br />
N430 noch die niederen<br />
Triebe an. Ein Test<br />
zwischen Liebe, Lust und<br />
Ehrlichkeit.<br />
Text Stefan Helmreich · Fotos Rossen Gargolov<br />
Anglophilie ist eine Krankheit. Keine<br />
allzu ernste vielleicht, aber eine besorgniserregende.<br />
Und eine, die einem stetes<br />
Mitleid einbringt. Von Freunden,<br />
Angehörigen und sogar von Leidensgenossen.<br />
Meistens beginnt sie schleichend:<br />
mit einer gewissen Gleichgültigkeit<br />
gegenüber Nieselregen, Minzsaucen oder<br />
Spaltmaßen zum Beispiel. Offen gesagt: Der<br />
Autor gehört auch zu diesen englischen Patienten.<br />
Und auch wenn das bei Ihnen jetzt womöglich<br />
tiefe Betroffenheit auslöst, sehen Sie<br />
bitte von Genesungskarten ab. Denn zwischendurch<br />
kann es in der Tat ganz hilfreich<br />
sein. Zum Beispiel dabei, Sportwagen zu verstehen.<br />
Vor allem jene, die sich nicht primär<br />
über Scheitelpunkte und G-Kräfte definieren.<br />
Bestimmt ahnen Sie schon, worauf dieses<br />
Gerede um den heißen Brei hinausläuft. Das<br />
Tragische daran: Sie haben Recht. Mal wieder.<br />
Denn nein, der Vantage war und ist kein Umjeden-Preis-Performer,<br />
kein – wie die Engländer<br />
so schön sagen – Thoroughbred, und beileibe<br />
kein Neun-Elf. Nicht als V12 S, und<br />
auch nicht als GT3, der auf dem Genfer Salon<br />
die Baureihe noch mal zuspitzen wird. Was<br />
seine Kritiker dabei gern mal übersehen: Er<br />
wollte es auch niemals sein.<br />
Und selbst wenn er es – wie im konkreten<br />
Fall – so ein bisschen versucht, es gelingt ihm<br />
nicht. Das liegt zum einen daran, dass er trotz<br />
Karosseriekomponenten aus Alu und Magnesium<br />
1625 Kilo auf nicht mal 4,40 Metern<br />
vereint – also mal eben runde 150 mehr als<br />
ein ähnlich potenter, aber deutlich weitläufigerer<br />
Carrera GTS. Zum anderen steht ihm<br />
schlicht und einfach sein Alter im Weg.<br />
22 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
TEST ASTON MARTIN V8 VANTAGE N430<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
Aston Martin V8<br />
Vantage N430<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung<br />
V8, Sauger<br />
Bohrung x Hub (mm) 91,0 x 91,0<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 4735 / 11,3<br />
PS/kW/Drehzahl 436 / 321 / 7300<br />
Nm/Drehzahl 490 / 5000<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart<br />
Hinterrad<br />
Getriebeart, Gänge <strong>auto</strong>matisiert, 7<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart<br />
Stahl,<br />
innenbelüftet<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 380 / 330<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
245/40 R 19<br />
285/35 R 19<br />
Bridgestone<br />
Potenza RE050A<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 8,5 / 10,0<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4385 x 1865 x 1260<br />
Radstand (mm) 2600<br />
Tankvolumen (l) 80<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) 120 500<br />
Testwagenpreis (Euro) 120 500<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz.-Steuer 504<br />
Haftpflicht TK / Euro indiv. Einstufung<br />
Teilkasko TK / Euro indiv. Einstufung<br />
Vollkasko TK / Euro indiv. Einstufung<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 – 100 km/h (s) 4,5<br />
Vmax (km/h) 305<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1625<br />
Verteilung v./h. (%) 49,4 / 50,6<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 3,7<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
0 – 100 km/h<br />
0 – 160 km/h<br />
0 – 200 km/h<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
4./5./6./7. Gang<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
14,3<br />
20,1<br />
15,9<br />
1,5<br />
4,6<br />
9,9<br />
15,6<br />
3,6 / 4,7 / 6,0 / 8,3<br />
7,2 / 9,0 / 12,2 / 17,8<br />
Kl. Kurs Hockenheim (min) 1.13,6<br />
Slalom 18 m (km/h) 69,1<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Wertung<br />
Kl. Kurs Hockenheim<br />
Slalom 18 m<br />
0 – 100 km/h<br />
100 – 0 km/h (warm)<br />
Leistungsgewicht<br />
Preis-Leistungs-Verh.<br />
Summe (max. 60 Pkt.)<br />
(m) / (m/s²)<br />
37,7 / 10,2<br />
35,8 / 10,8<br />
141,8 / 10,9<br />
1.13,6 min 8<br />
69,1 km/h 9<br />
4,6 s 8<br />
35,8 m 8<br />
3,7 kg/PS 9<br />
276 Euro/PS 4<br />
46<br />
Konkurrenz-Umfeld<br />
Porsche 911 Carrera GTS 51<br />
Wiesmann GT MF4 S 50<br />
Jaguar F-Type V8 S 49<br />
Aston Martin V8 Vantage S 45<br />
Maserati GranTurismo Sport 44<br />
Messbedingungen:<br />
Lufttemperatur 1° C, Asphalttemperatur 2° C,<br />
Luftdruck 1004 mbar<br />
Runde zehn Jahre ist es her, dass Aston Martin<br />
den Vantage unterhalb der DB-Familie ansiedelte.<br />
Zur Erinnerung: Der 911 steckte damals<br />
stellenweise noch in Generation 996.<br />
Ein Auto aus Fleisch und Blut<br />
Klar hat sich seither auch etwas getan: 2008<br />
wird das Modell umfassend gepflegt, der anfangs<br />
4,3 Liter große V8-Sauger von Grund<br />
auf überarbeitet, in den Grundzügen bleibt er<br />
aber immer ganz der Alte – mit allen Vor- und<br />
allen Nachteilen, die das mit sich bringt.<br />
Gimmicks wie Wankausgleich oder Torque-<br />
Vectoring-Systeme, die heute selbst aus Elefanten<br />
eine Mücke machen, sind ihm jedenfalls<br />
völlig fremd. Kurzum: Er ist eine grundehrliche<br />
Haut mit minimaler Servounterstützung,<br />
minimalem Federweg, minimaler Geräuschdämmung<br />
und damit einer der letzten<br />
Sportwagen – man möchte schreiben – aus<br />
Fleisch und Blut. Und um sich so dazu hinge-<br />
Kein Turbo, kein<br />
Firlefanz, keine<br />
Filter – der<br />
Vantage ist einer<br />
der letzten<br />
Sportwagen aus<br />
Fleisch und Blut<br />
zogen zu fühlen, braucht es keinerlei krankhafte<br />
Neigungen zum Königreich.<br />
Schade nur, dass die Special Edition N430,<br />
die sich als Club<strong>sport</strong>ler der Vantage-Baureihe<br />
begreift, mit ihren Stitchings, Alcantara-Bezügen<br />
und Bodypaintings in den meisten Details<br />
recht oberflächlich bleibt – vor allem oberflächlicher<br />
als die N-Modelle 400 und 420<br />
bisher. Das N steht übrigens für Astons Testcenter<br />
am Nürburgring, das die Entwicklungsarbeit<br />
federführte, die 430 repräsentiert<br />
die Leistung in bhp – was kontinentaleuropäischen<br />
436 PS und damit exakt dem Wert des<br />
V8 Vantage S entspricht, der Ausgangsbasis<br />
des N430. Wirklich neu sind jedenfalls nur<br />
die einteiligen Kevlar-Kohlefaser-Sitze und die<br />
geschmiedeten 19-Zöller. Beides zusammen<br />
soll 20 Kilo einsparen, von denen auf der<br />
Waage allerdings nur deren vier geblieben<br />
sind. Im Gegensatz zum konventionellen<br />
S-Modell lässt sich der N430 auch mit Handschaltung<br />
ordern. Die kostet zwar Sprintperformance,<br />
dürfte aber – obwohl man ihr eine<br />
gewisse Sperrigkeit nachsagt – besser zum analogen<br />
Gesamtcharakter passen als das <strong>auto</strong>matisierte<br />
Siebenganggetriebe des Testwagens.<br />
Wobei: Auch das braucht nicht zu fürchten,<br />
als digital empfunden zu werden. Im Teillastbereich<br />
pappen seine ausgedehnten Gangwechsel<br />
wie Kaugummi zwischen den Drehzahlbändern.<br />
Erst wenn man den kernigen<br />
Beauty<br />
Die enge Zweimannbleibe<br />
mischt Renn<strong>sport</strong>flair<br />
mit bezaubernden<br />
Details; die Handschaltung<br />
passt besser als<br />
der Sportshift-Automat<br />
Beast<br />
Die finstere Röhre der<br />
Abgasanlage dramatisiert<br />
den eigentlichen<br />
Schub; V8-Sauger und<br />
Traktionsvermögen<br />
harmonieren optimal<br />
24 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Rundenzeit Hockenheim<br />
Aston Martin Vantage N430<br />
QUERSPANGE<br />
171 km/h 1,15 g<br />
GP-KURS<br />
AMEISENKURVE<br />
10,10 m/s 2 SACHSKURVE<br />
81 km/h 1,25 g<br />
NORDKURVE<br />
123 km/h 1,10 g<br />
MEINE MEINUNG<br />
Café Racer unter sich: Beide haben<br />
ein paar Kilo zu viel, beiden fehlen<br />
ein paar Zehntel, und beide verstehen<br />
sich wahrscheinlich gerade<br />
deshalb ausgezeichnet. Der N430-<br />
Testredakteur<br />
Stefan Helmreich<br />
1.13,6 min<br />
Testfahrer: Uwe Sener<br />
FAHRERLAGER<br />
ZIELGERADE<br />
191 km/h<br />
BOXENGASSE<br />
GP-KURS<br />
Zusatz ändert wenig bis gar nichts<br />
an der Performance des zugrunde<br />
liegenden V8 Vantage S, bringt aber<br />
nette Details, die Handschalt-Option<br />
und einen Preisvorteil. Gut so! Denn<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
81 km/h 1,15 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
122 km/h 1,10 g Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
SENKE<br />
97 km/h 1,15 g erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
SÜDKURVE<br />
106 km/h 1,10 g<br />
Kürze mit Würze<br />
Keine 4,4 Meter, perfekte<br />
Balance und ein straff<br />
drehender V8-Sauger<br />
im Gegensatz zu den ganzen topmodernen<br />
Sportwagen, die alles Mögliche<br />
machen, um schneller zu sein,<br />
macht der handfeste Aston vor allem<br />
eines: glücklich!<br />
4,7-Liter ausdreht, diesen klitzekleinen Moment<br />
zwischen Schaltlampe und Begrenzer<br />
erwischt, schaltet er so rassig, wie es sich gehört.<br />
Apropos gehören: Motor und Getriebe<br />
sitzen sich transaxial gegenüber, wodurch sich<br />
die Achslasten fast optimal verteilen.<br />
Kunst, Kitsch, Krempel, Klang<br />
Auch ansonsten stimmen die Vorzeichen:<br />
Man sitzt schön tief, dank des eng geschnittenen<br />
Cockpits unabhängig von Sitzwangen mit<br />
Seitenhalt, und vor einem Instrumententräger<br />
mit viel Kunst, etwas Kitsch und ein wenig<br />
Krempel: gegenläufige Runduhren, steil stehendes<br />
Volant; Schaltpaddel an der Lenksäule;<br />
ein Kristallglasblock als Zündschlüssel; Metalltasten,<br />
die ihre Echtheit damit beweisen,<br />
dass einem im Winter die Finger daran festfrieren;<br />
und – als Krönung sozusagen – die<br />
vorsintflutliche Navigation, an der das Beste<br />
noch die Tatsache ist, dass sie sich samt Bildschirm<br />
in der Mittelkonsole versenken lässt.<br />
Spätestens der Akustik-Orkan fegt solche<br />
Sorgen aber einfach weg. Im N430 klingt der<br />
Vantage-V8 wie Braveheart nach einer durchzechten<br />
Nacht: heiser, verraucht, brünftig und<br />
bronchial beim Kaltstart, im unteren Drehzahlbereich<br />
dann für einen Augenblick mechanisch-zivilisiert,<br />
ehe die Abgasanlage bei<br />
3000/min ihre Klappen aufreißt und sich die<br />
Kulisse zusammen mit der Drehzahl ins Renn<strong>sport</strong>dramatische<br />
hochschaukelt. Gentleman-<br />
Sportler? Von wegen: Das Ding hier ist die<br />
<strong>auto</strong>mobile Übersetzung der Never-Walk-<br />
Alone-Sprechchöre, die Liverpool-Fans Woche<br />
für Woche durchs Anfield-Stadion grölen.<br />
Alles am N430 wirkt angespannt<br />
Und das Beste daran: Der N430 fühlt sich<br />
genauso inbrünstig an. Trotz zackiger 4,6<br />
Sekunden auf 100 fehlt unseren turbovernebelten<br />
Sinnen geradeaus vielleicht etwas der<br />
Kick, auf der Runde wirken die 490 Nm aber<br />
genauso wohldosiert wie (fast) der gesamte<br />
Rest: Alles ist angespannt, weicht nicht zurück,<br />
selbst wenn man mal richtig hinlangt,<br />
und hält kräftig dagegen. Die geriffelten<br />
Oberflächen der Randsteine rattern direkt ins<br />
Rückenmark, in den Handflächen spürt man<br />
den Übergang zur Gleitreibung punktgenau,<br />
und selbst das Getriebe scheint zu wissen,<br />
wann es sich zusammenzureißen hat. Seine<br />
zarte Untersteuertendenz lässt sich über Gaseinsatz<br />
in zarte Drifts umbiegen, die man<br />
dank der bombigen Traktion seiner mechanisch<br />
gesperrten Hinterachse und der straffen<br />
Kraftentfaltung wunschgemäß ziehen oder<br />
geraderücken kann. Nur die Bremse will nicht<br />
so recht zur Handfestigkeit des N430 passen.<br />
Sie verzögert wenig berühmt und konzentriert<br />
ihre Kraft zu sehr auf die Vorderräder. Effekt:<br />
Die Front sackt vor Kurven jedes Mal tief in<br />
die Federbeine, sodass sie vor dem Einlenken<br />
immer erst wieder auftauchen muss. Eine<br />
mittlere 1:13 ringt er Hockenheim schlussendlich<br />
ab. Anständig, aber – bei aller eingangs<br />
begründeten Liebe – nicht ganz so<br />
stramm wie das Fahrgefühl. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 25
PINNWAND IN ALLER KÜRZE<br />
Jaguar F-Type R AWD<br />
GUT GEKRALLT: F-TYPE MIT ALLRAD<br />
Jetzt machen sie endgültig<br />
Ernst bei Jaguar. Zum<br />
Modelljahr 2015 wird<br />
die Anzahl der verfügbaren<br />
F-Type-Varianten von sechs auf<br />
14 erweitert. Eine davon: der<br />
F-Type AWD.<br />
Der nass geregnete ehemalige<br />
F-1-Kurs von Estoril ist<br />
wie gemalt, um die Vorzüge<br />
der neuen F-Type-Versionen<br />
hervorzukehren. Neu am Vor -<br />
serienprotoyp auf dieser Seite:<br />
der Allradantrieb, der 550 PS<br />
starke Kompressor-V8 (gab’s<br />
bisher nur im Coupé) sowie<br />
die elektromechanische Lenkung.<br />
Erste Runde zum Kennenlernen,<br />
der Kurs ist rutschig,<br />
die Reifen so kalt wie der<br />
Wind, der vom nahen Atlantik<br />
rüberweht. Dann geht’s los. Im<br />
Roadster hämmert der V8 jetzt<br />
nicht mehr ganz so unverschämt,<br />
schiebt jedoch vehement<br />
über die lange Gerade.<br />
Dann bremsen, eine enge<br />
Rechts, leicht bergab, wieder<br />
aufs Gas. Nur kurz rutscht der<br />
F-Type hinten weg, das intel ligente<br />
Allradsystem schickt<br />
ein paar Newtonmeter Dreh -<br />
moment nach vorn, zieht das<br />
Auto gerade, weiter geht’s.<br />
Das macht Laune, auch weil<br />
der Jaguar normalerweise als<br />
Hecktriebler unterwegs ist. Nur<br />
wenn hinten der Grip aus geht,<br />
greifen die Vorderräder zu.<br />
Das funktioniert hervor -<br />
ra gend, weich und beinahe<br />
unmerklich, so macht der bärenstarke<br />
Roadster nicht nur<br />
Mehr Grip:<br />
Den Allradler gibt<br />
es mit 550 oder<br />
380 PS, er ist an<br />
der stärker ge -<br />
wölbten Haube<br />
zu erkennen<br />
auf der nassen Rennstrecke<br />
Spaß. Einen guten Eindruck<br />
hinterlässt zudem die neue<br />
Lenkung. Sie ist nicht zu leichtgängig<br />
und vermittelt viel<br />
Ge fühl für die Vorderräder.<br />
Ebenfalls neu und im R serienmäßig<br />
(sonst gegen Aufpreis)<br />
ist die Torque-Vectoring-Bremse.<br />
Auch sie trägt dazu bei,<br />
dass der F-Type merklich agiler<br />
und leichtfüßiger unterwegs<br />
ist. Dabei wird es den Allradantrieb<br />
nicht nur für das Topmodell<br />
geben, der V6 mit 380<br />
PS kommt auch als AWD,<br />
kostet ab 85 000 Euro<br />
(Roadster ab 72 000 Euro).<br />
Doch es gibt noch mehr<br />
Neuigkeiten: Das neue Einstiegsmodell<br />
mit dem „kleinen“<br />
V6 und Schaltge triebe<br />
konnte ebenfalls kurz Probe<br />
gefahren werden. Es ist ein<br />
Fall für Schalt-Hardliner und<br />
ab 65 000 Euro zu haben. Wie<br />
gesagt, die machen richtig<br />
Ernst bei Jaguar.<br />
26 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Neuer Ford Focus RS<br />
Mit Allradantrieb und über 320 PS<br />
Jetzt steht fest: Der neue Ford Focus<br />
RS bekommt einen Allradantrieb.<br />
Allerdings nicht in Kombination<br />
mit dem 2,5-Liter-Fünfzylinder des<br />
Vorgängers, sondern mit dem 2,3-Liter-Vierzylinder<br />
aus dem neuen Ford<br />
Mustang. Für den Einsatz im RS hebt<br />
Ford die Motorleistung von 309 auf<br />
über 320 PS an. Der Allradantrieb<br />
mit Torque Vectoring schickt maximal<br />
70 Prozent der Antriebskraft an die<br />
Hinterachse, dort leiten zwei elektronisch<br />
gesteuerte Differenziale das<br />
Drehmoment bei Bedarf vollständig<br />
an ein Rad weiter.<br />
Im Vergleich zum weniger leistungsstarken<br />
ST-Modell ist das Fahrwerk<br />
nochmals straffer abgestimmt. Die<br />
Stoßdämpfer sind elektronisch in<br />
zwei Stufen einstellbar – inklusive<br />
einer Abstimmung für den Einsatz<br />
auf der Rennstrecke.<br />
19-Zoll-Leichtmetallfelgen<br />
mit Michelin-Pilot-Super-Sport-Reifen<br />
der Größe 235/35 und eine Brembo-Bremsanlage<br />
an der Vorderachse<br />
sind serienmäßig.<br />
Optisch bleibt der neue RS zurückhaltender<br />
als sein Vorgänger und bietet<br />
als Viertürer mehr Alltagstauglichkeit.<br />
Auf breit ausgestellte Kotflügel<br />
hat Ford verzichtet. Heckflügel,<br />
Diffusor und zwei große Auspuff-Endrohre<br />
sind ebenso geblieben<br />
wie die Option auf<br />
Recaro-Schalensitze. Seine<br />
of fizielle Premiere feiert der RS<br />
auf dem Autosalon in Genf.<br />
Dann folgen weitere Informationen<br />
zu Leistung,<br />
Fahrwerten und<br />
Preisen.<br />
Vier plus vier<br />
Der neue RS treibt alle<br />
vier Räder an und<br />
bietet mit vier Türen<br />
mehr Alltagstauglichkeit.<br />
Der <strong>sport</strong>liche<br />
Auftritt ist dezenter als<br />
beim Vorgänger<br />
MotoGP-Safety-Car mit speziellem Triebwerk<br />
BMW M bringt Wassereinspritzung<br />
In einem BMW M4, der in der kommenden<br />
Saison als Safety Car bei der Moto<br />
GP zum Einsatz kommt, wird eine neue<br />
Technologie erprobt. Zusätzlich zum<br />
Kraftstoff bekommt das Dreiliter-Biturbo-<br />
Triebwerk Wasser als Sprühnebel in den<br />
Sammler des Saugmoduls eingespritzt. Dadurch<br />
sinkt die Temperatur der Ansaugluft<br />
um 25 Grad, was wiederum die Klopfneigung<br />
reduziert, weshalb der Zündzeitpunkt<br />
für einen besseren Wirkungsgrad<br />
nach vorne verschoben werden kann.<br />
Gleichzeitig erhöht die größere Dichte der<br />
kühleren Luft den Füllgrad im Brennraum.<br />
Das Ergebnis: 465 statt 431 PS, 7,6 statt<br />
8,3 l/100 km sowie eine bessere Haltbarkeit<br />
des Motors – behauptet der Hersteller.<br />
Nach der Testphase im Safety Car plant die<br />
M GmbH diese Technologie auch in<br />
einem Serienmodell einzuführen. Wann?<br />
Dazu schweigen die Bayern.<br />
Patschnass<br />
Das modifizierte Triebwerk<br />
leistet mehr (465 PS), trinkt<br />
weniger (7,6 l/100 km)<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Leser-Test-Drive<br />
Seat Leon ST Cupra erleben<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> lädt Sie in Kooperation mit Seat nach Barcelona<br />
ein, um noch vor dem Verkaufsstart den Seat Leon ST<br />
Cupra zu testen. Zum ersten Mal wird die 280 PS starke<br />
Sportversion auch als Kombi angeboten. Ausgestattet mit<br />
Doppelkupplungsgetriebe meistert der Leon ST Cupra den<br />
Sprint von 0 auf 100 km/h in sechs Sekunden. Als Leser<br />
haben Sie und eine Begleitperson vom 21. bis 23. März nun<br />
die Möglichkeit, den <strong>sport</strong>lichen Kombi unter der Sonne<br />
Spaniens ausführlich kennenzulernen. Dabei treten Sie mit<br />
Schauspielerin Janina Uhse oder der Band Donots bei einer<br />
aufregenden Challenge gegeneinander an. Die Anreise per<br />
Flugzeug sowie die Übernachtungen in einem Fünf-Sterne-<br />
Hotel sind inklusive. Ihre Bewerbung reichen Sie bitte<br />
online auf: www.ams-lesertestdrive.de/seatcupracamp<br />
ein. Anmeldeschluss<br />
ist der 8. März. Teilnehmen<br />
können alle<br />
ab 18 Jahren mit<br />
gültiger Fahrerlaubnis.<br />
Mitarbeiter von Seat<br />
und der Motor Presse<br />
Stuttgart sowie deren<br />
Angehörige sind ausgeschlossen.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 27
IMPRESSION MERCEDES-AMG C 63 S / MERCEDES C 43 AMG<br />
ANFANG UND<br />
Text Stefan Helmreich · Fotos Rossen Gargolov<br />
Jetzt muss dann aber auch Schluss sein<br />
mit dem Gejammer. Schon klar, mit<br />
dem 6,2-Liter-AMG-V8 ist mal wieder<br />
ein Großer von uns gegangen, nicht<br />
wenige meinen, sogar ein Großartiger;<br />
und das muss man natürlich erst mal<br />
verarbeiten. Aber, werte AMG-Jünger, ein<br />
Grund, gleich Hals über Kopf zur Konkurrenz<br />
zu konvertieren, ist es nicht. Denn zum einen<br />
beendete man die Ära schieren Hubraums<br />
nicht, weil man in Affalterbach nun plötzlich<br />
weniger als mehr erachtet, sondern schlicht<br />
und einfach wegen kommender Verbrauchs-<br />
Treu ist er sich damit geblieben, ganz der<br />
Alte ist er nicht. Denn auch wenn sich der<br />
AMG-Offizielle um alles in der Welt nicht<br />
vom Fahrersitz locken ließ (die Idee einer gewaltsamen<br />
Übernahme wurde am Vorabend<br />
mit knapper Mehrheit im Redaktionsplenum<br />
abgelehnt), meint man, den Vorzeichenwechsel<br />
sofort zu spüren. Das dumpfe Poltern beim<br />
Anlassen massiert sich zwar immer noch bis<br />
tief in die Eingeweide, danach verlagert sich<br />
die Klangkulisse jedoch einen Tick weiter in<br />
den Fondbereich. Ganz wichtig für die Herren<br />
Puristen: Nichts davon entsteht durch Resound<br />
Emissionsgesetze. Zum anderen steht der<br />
neue C 63 trotz und gerade wegen seines vergleichsweise<br />
possierlichen Vierliter-Biturbo-<br />
V8 nach wie vor voll in der Markentradition:<br />
stärker als die anderen, lauter als die anderen<br />
und auf diese stilvolle Art vulgär.<br />
28 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
WENDE<br />
1997<br />
zwängt AMG erstmals einen V8 in<br />
die C-Klasse, 18 Jahre später kommt nun<br />
der unvermeidliche Turbomotor. Aufwärmrunden<br />
aus ungewohnter Perspektive.<br />
natoren oder das Audiosystem, sondern einzig<br />
und allein in der Abgasanlage, die das V8-<br />
Thema mithilfe von drei Akustikklappen entweder<br />
balladig oder schwermetallisch abmixt.<br />
Über die Stilrichtung entscheidet das Fahrprogramm:<br />
Schon im Comfort-Modus wummert<br />
es herzergreifend ums Heck, Sport<br />
schärft die Bässe, ehe ab Sport+ endgültig die<br />
Dämme brechen: herrisches Röhren beim<br />
Ausdrehen, Rabatzen beim Hoch-, finsteres<br />
Bollern und Gurgeln beim Runterschalten.<br />
Sorry, RS4, sorry, M3 – ihr klingt fantastisch<br />
alle beide, der Grammy geht aber auch dieses<br />
Mal an AMG. Dabei gehört diese – freundlich<br />
formuliert – eher extrovertierte Art, sich auszudrücken,<br />
beileibe nicht zum Erbgut. Im<br />
Gegenteil, die Geschichte beginnt eher ruhig:<br />
im Jahr 1993 mit einem äußerst diskreten<br />
Reihensechszylinder im C 36 und – vier Jahre<br />
später – im C 43 ebenfalls auf Basis des<br />
W202.<br />
Er verkörpert das erste von inzwischen vier<br />
Kapiteln V8-C-Klasse und mit großer Sicherheit<br />
das gediegenste. Im Innenraum der<br />
schrullige Charme DIN-formatierter Komponenten,<br />
draußen züchtige Scheibenräder und<br />
ein verschmitztes Doppelrohr, das das sachte<br />
Brodeln des 4,3-Liters als kaum weniger sachtes<br />
Brodeln entlässt. Motto: Lieber Tarnkappe<br />
als Bomber. Dennoch: Gemessen an den Kräfteverhältnissen<br />
seinerzeit steht der C 43 gut im<br />
Saft. Hauptberuflich schafft sein M113-Drei-<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 29
IMPRESSION MERCEDES-AMG C 63 S / MERCEDES C 43 AMG<br />
ventiler mit Doppelzündung im E 430 und<br />
erfährt durch AMG Saugmotor-Tuning in<br />
klassischer Manier: Einzeln geschmiedete Nocken,<br />
doppelflutiger Ansaugtrakt mit geweitetem<br />
Saugrohr, gegendruckreduzierte Abgasanlage<br />
– das bringt in Summe 306 statt<br />
279 PS und wölbt das um 10 auf 410 Nm<br />
angewachsene Maximalmoment weitflächiger<br />
in die Kraftentfaltung. Entsprechend forsch<br />
legt der 1495 Kilo schwere C 43 ab, zuckt gelegentlich<br />
mal mit den Hinterrädern und<br />
dreht dann nicht übermäßig hastig, aber entschlossen<br />
bis rund 6000/min, wo ihm der<br />
fünfstufige Wandler<strong>auto</strong>mat beim Schalten<br />
für einen recht ausgedehnten Moment den<br />
Kraftfluss abschnürt. Glaubhafte 6,5 Sekunden<br />
auf hundert prophezeit man ihm, Schluss<br />
ist bei politisch korrekten 250 km/h, über die<br />
sich damals noch nicht verhandeln ließ.<br />
Bomber<br />
Im Gegensatz zum Urahn<br />
quillt dem C 63 S die<br />
Potenz überall heraus.<br />
Keramikbremsscheiben<br />
mit 400 mm Durchmesser;<br />
schlanke Performance-Sitze,<br />
die heftige<br />
Abgasanlage und das<br />
vollflexible Fahrdynamik-<br />
Set-up untermauern den<br />
Anspruch<br />
Tarnkappe<br />
Das sachliche Cockpit<br />
und der Haubenstern<br />
verschleiern die 306 PS<br />
eines 4,3-Liter-Saugmotors.<br />
Die Bremsanlage<br />
hinter den urtypischen<br />
17-Zoll-Scheiben wurde<br />
durch Edelstahlstifte<br />
zwischen Scheibe und<br />
Bremstopf auf höhere<br />
Belastung konditioniert<br />
Der Spießer vom Powernhof<br />
Doch es ist nicht nur die nominelle Potenz,<br />
die den besonderen Reiz einer C-Klasse von<br />
AMG ausmacht. Vor allem ist es die Gegensätzlichkeit<br />
der Welten, die sie seit jeher in<br />
sich vereint. Auf der einen Seite die urschwäbische<br />
Auffassung von Mittelklasse: statussymbolisch,<br />
diskret und nicht immer ganz unspießig.<br />
Auf der anderen die – lieb gemeint –<br />
Grobmotoriker vom Powernhof: Motor<strong>sport</strong>ler,<br />
Hightechniker und Benzinblütige, die das,<br />
was sie anfassen, am liebsten so herrichten,<br />
dass für Hutablagen-Wackeldackel ein HANS-<br />
System vorgeschrieben gehört. Im C 55 waren<br />
die beiden Einflusssphären noch recht gleichgewichtet,<br />
seit dem C 63 dominiert ganz klar<br />
AMG, der C 43 hingegen bleibt trotz des<br />
Workouts ganz und gar Mercedes.<br />
Das tiefergelegte Fahrwerk mit verstärkten<br />
Drehstäben und speziellen Gasdruckstoßdämpfern<br />
bringt zwar etwas Straffheit in die<br />
ansonsten eher lockere Beziehung zwischen<br />
Mercedes-Fahrer und Asphalt, dennoch daimlert<br />
man eher mit geringen AMG-Kräften um<br />
Hockenheim. Über der Ideallinie steht die<br />
Sternstandarte, drinnen bemühen sich Bicolorleder,<br />
Verstell-Sitzwangen, weiße Zifferblätter<br />
und auffoliertes Kohlefaserplagiat um<br />
Performance-Flair, während die verwaschene<br />
Kugelumlauf-Lenkung recht unentschlossen<br />
zwischen geplantem, eingeschlagenem und<br />
tatsächlichem Radius hin- und herpendelt.<br />
Wirklich dynamisch ist das nicht, unerotisch<br />
aber ebenso wenig.<br />
Einst Tuner, heute Modell-DNA<br />
Doch nicht nur im Was, auch im Wie und im<br />
Wie viel liegen die beiden AMG am Ende weiter<br />
auseinander, als es der Altersunterschied<br />
von 18 Jahren vermuten lässt. Auch ihre Entstehungsgeschichte<br />
verläuft komplett konträr:<br />
Damals arbeitet AMG als (Haus-)Tuner am<br />
fertigen Produkt, heutzutage sitzt man von<br />
Beginn an der Modellentwicklung bei, sodass<br />
Performancerelevantes schon von vornherein<br />
berücksichtigt werden kann. Kurzum: Statt<br />
ihm nachträglich die Gene zu verändern,<br />
steckt AMG dem 63er schon in der DNA.<br />
30 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Linienführung<br />
Beide trennen<br />
204 PS und 284<br />
Kubik – Letzteres<br />
zu Ungunsten<br />
des C 63 S<br />
Dreh- und Angelpunkt ist der neue Biturbo-V8<br />
(M177) mit heißer Innenseite und<br />
Closed-Deck-Kurbelgehäuse, der bis auf den<br />
Trockensumpf praktisch direkt aus dem AMG<br />
GT übernommen wird. Er splittet sich in eine<br />
zivilere 476-PS-Stufe mit 650 Nm und eben<br />
jenen E 63 S, der sich über einen auf 1,2 bar<br />
angehobenen Ladedruck 510 PS und 700 Nm<br />
entzieht. Zum Verständnis: BMW steht mit<br />
dem M3 aktuell 79 PS respektive 150 Nm<br />
unterhalb. Neben dem Leistungs gipfel vereinnahmt<br />
das S-Modell auch alle neuen Dynamikfeatures<br />
exklusiv: die elektronische Steuerung<br />
der rein progressiv arbeitenden Hinterachssperre<br />
zum Beispiel oder aber die aktiven<br />
Motorlager, die den Langhuber je nach Gangart<br />
entweder – flapsig gesagt – entspannt im<br />
Bug hängen lassen oder zugunsten der Dynamik<br />
fest an die Karosse zurren. Hinzu kommen<br />
ein extraspitzer Race-Modus, 50 Prozent<br />
leichtere Keramikbremsscheiben für die Vorderachse<br />
sowie – hört, hört – Cup-Reifen.<br />
DATEN & FAKTEN<br />
Mercedes-AMG C 63 S<br />
MOTOR Achtzylinder-V-Motor mit zwei Turboladern,<br />
Bohrung mal Hub (mm) 83,0 x 92,0, Hubraum 3982 cm³,<br />
Verdichtung 10,5 : 1, Leistung 510 PS (375 kW) bei 5500–<br />
6250/min, Drehmoment 700 Nm bei 1750–4500/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb, Siebengang-<br />
Automatikgetriebe, ESP<br />
BREMSEN Innenbelüftete Scheiben rundum, Durchmesser<br />
360/360 mm, ABS<br />
BEREIFUNG 245/35 R 19 vorn und 265/35 R 19 hinten auf<br />
8,5- und 9,5-Zoll-Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Viertürige Limousine, L x B x H (mm) 4756 x<br />
1839 x 1426, Radstand 2840 mm, Tankvolumen 66 l,<br />
Gewicht 1655 kg, Leistungsgewicht 3,2 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 4,0 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit<br />
250 km/h, Verbrauch 8,2 l Super/100 km<br />
GRUNDPREIS 84 371 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Mercedes C 43 AMG<br />
MOTOR Achtzylinder-V-Motor, Bohrung mal Hub (mm)<br />
89,9 x 84,0, Hubraum 4266 cm³, Verdichtung 10,0 : 1, Leistung<br />
306 PS (225 kW) bei 5850/min, Drehmoment 410 Nm<br />
bei 3250–5000/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb, Fünfgang-Automatikgetriebe,<br />
ESP<br />
BREMSEN Innenbelüftete Scheiben rundum, Durchmesser<br />
334/300 mm, ABS<br />
BEREIFUNG 225/45 R 17 vorn und 245/40 R 17 hinten auf<br />
7,5- und 8,5-Zoll-Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Viertürige Limousine, L x B x H (mm) 4487 x<br />
1720 x 1387, Radstand 2690 mm, Tankvolumen 62 l,<br />
Gewicht 1495 kg, Leistungsgewicht 4,9 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 6,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit<br />
250 km/h, Verbrauch 11,7 l Super/100 km<br />
GRUNDPREIS (1998) 114 425 Mark<br />
*Herstellerangaben<br />
Zwar hämmert<br />
einem die Kraft<br />
nicht mehr so<br />
naturrein entgegen,<br />
bis über<br />
siebentausend<br />
dreht er aber<br />
immer noch<br />
Testredakteur Stefan Helmreich<br />
Nur gucken …<br />
… nicht anlas -<br />
sen! Erst in Heft<br />
4 lassen wir den<br />
C 63 eigenfüßig<br />
von der Kette<br />
Bis auf Letztere hat das brillantblaue Vorserien<strong>auto</strong><br />
alles aufgezogen, was schneller<br />
macht. Umso bitterer, tatenlos danebenzusitzen,<br />
während der Biturbo über die Strecke<br />
dampfhämmert. Verlässliche Aussagen zum<br />
– Zitate Pressetext – „optimalen Ansprechverhalten“<br />
und den „spontaneren Reaktionen“<br />
der überarbeiteten Automatik lassen sich deshalb<br />
noch nicht treffen. Nur so viel: Die Traktion<br />
imponiert ebenso wie das – in den Sportstufen<br />
– knochentrockene Fahrwerk und die<br />
Kraftentfaltung. Zwar hämmern die Drehmomente<br />
einem nicht mehr ganz so unverfälscht<br />
entgegen wie im Sechs-Zwo-Selig, die Athletik<br />
beim Ausdrehen lähmen die beiden Turbos<br />
aber offensichtlich nicht. Und auch das<br />
Drumherum begünstigt den leichtfüßigen<br />
Eindruck – wenigstens in der Theorie: 1655<br />
Kilo nennt AMG für den C 63 S. So weit so<br />
sehr gut. Bloß lasten gemäß offiziellen Angaben<br />
54,7 Prozent davon vorn. Zum Vergleich:<br />
Beim Vorgänger waren es gewogene 0,7 weniger<br />
im Schnitt – trotz oder gerade wegen des<br />
voluminöseren Saugmotors. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 31
FAHRBERICHT MAZDA MX-5<br />
DER ROAD-<br />
32 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
STAR<br />
Der Prototyp eines Roadsters<br />
Also noch Vorserie, zentraler Tourenzähler<br />
Tiefer, enger, lauter<br />
Die Sitze! Mit integriertem Lautsprecher<br />
Kubiks Zauberwürfel<br />
1500er mit Drehgier und Durchzugskraft<br />
So, Freunde, setzen wir<br />
uns in den neuen Mazda<br />
MX-5. Dem alten verlieh<br />
der Playboy einst den<br />
Titel „Sexiest Car for<br />
your Girlfriend“. Zuletzt<br />
wurde er wohl ein wenig<br />
tussig. Doch nun kommt<br />
er als echter Sportwagen<br />
zurück. Glaubt ihr<br />
nicht? Dann mal los!<br />
Text Sebastian Renz<br />
Fotos Hans-Dieter Seufert<br />
Gerade bei Sportwagen werden Leistung,<br />
Beschleunigungswerte und Höchstgeschwindigkeit<br />
ganz erheblich überbewertet.<br />
Sie kennen uns und wissen, dass<br />
wir nicht zu Übertreibungen neigen.<br />
Und so stellen wir ganz nüchtern fest:<br />
Wer den neuen Mazda MX5 wegen seiner<br />
131 PS, den 8,5 Sekunden für null hundert<br />
sowie der 200 km/h Spitze ignoriert, bringt<br />
sich um einen der grandiosesten Sportwagen<br />
der Gegenwart. Denn genau um die geht es.<br />
Aber fangen wir von vorne an, bei Nubuhiro<br />
Yamamoto, ProgrammManager des MX5,<br />
der in Barcelona in einer Bar sitzt und nicht<br />
reden mag. Also erst schon, doch nach der<br />
zeremoniellen Visitenkartenüberreichung und<br />
ein paar Fragen zum neuen Auto meint er in<br />
sehr höflichem Ton, man könne nun ewig<br />
über das Auto reden, wirklich erklären könne<br />
es sich aber nur selbst. Also möge der werte<br />
Autotestersan doch endlich mal die Klappe<br />
halten und morgen einfach fahren.<br />
Und so stehen wir auf diesem Berg bei Barcelona,<br />
lange bevor die ersten Sonnenstrahlen<br />
über die Gipfel lugen. Der Wind fegt eisig ins<br />
Tal hinunter, trägt aber bereits ein Versprechen<br />
von Frühling in sich, das groß genug erscheint,<br />
um das Verdeck zu öffnen. Was schon<br />
mal drei Sekunden dauern kann, wenn man<br />
sich Zeit lässt: Zentralhebel öffnen, Verdeck<br />
nach hinten werfen, einrasten lassen – alles<br />
mit einer einzigen Bewegung im Sitzen. Die<br />
Sitzkonstruktion, bei der Stoffbahnen statt<br />
Drahtgeflecht die Polster tragen, spart üb rigens<br />
1,5 Zentimeter Höhe. Weitere fünf<br />
Millimeter knapsten die Entwickler vom Bodenbelag<br />
ab, so sitzt die Besatzung zwei Zentimeter<br />
niedriger und 2,5 weiter in der Mitte.<br />
Im August zum vierten Frühling<br />
Und auch der Roadster findet seine Mitte.<br />
Zunächst im übertragenen Sinn, weil er wieder<br />
sein will wie der erste, der NA von 1989.<br />
Über zwei spätere Generationen hatte er sich<br />
ein paar Kilo angemoppelt, war etwas vom<br />
Weg abgekommen – ganz hat er sich wohl nie<br />
von dem klappbaren Hardtop erholt, das sie<br />
ihm 2007 optional aufsetzten, als sei er ein<br />
trutschiger SLK. War er nie, und fairerweise<br />
gilt es hier zu erwähnen, dass auch der nun<br />
abgelöste MX5 (NC) keineswegs um Kurven<br />
schlurfte. Stattdessen war er ein heiterer, puristischer,<br />
engagierter, zuverlässiger Botschafter<br />
des britischen Roadstertums – des längst verblühten,<br />
selten heiteren und nie zuverlässigen.<br />
Der NA – ein verwegenes und leichtsinniges<br />
Projekt von Mazda – hätte an sich keine<br />
Chance auf Erfolg haben dürfen. So fragte<br />
Mazda Japan Mitte der 80erJahre bei der<br />
deutschen Dependance an, wie viele Exemplare<br />
man dort wohl im Jahr von einem kleinen<br />
Roadster bestellen würde. Deutschland<br />
antwor tete: maximal 150, am liebsten aber<br />
eigent lich gar keine. Ein paar Sommer später,<br />
1990, kam der MX5 zu uns, für 35 500 DM,<br />
und war nach drei Tagen für ein Jahr ausverkauft.<br />
Bestellten nun all diejenigen, die immer<br />
begreinen, es gebe keine bezahlbaren Sport<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 33
FAHRBERICHT MAZDA MX-5<br />
Kanten statt Klappen<br />
Beim ersten MX-5 peilten<br />
wir Kurven über die Klapp -<br />
scheinwerfer an, jetzt<br />
über die Haubenkanten<br />
wagen, einen ND, müsste der nach einem Tag<br />
ausverkauft sein. So gut ist er.<br />
Der MX-5 zentriert sich. Und dich<br />
Starterknopf, und los. Nutzen wir die frühe<br />
Rushhour für ein paar Daten: 100 Kilo hat der<br />
MX-5 abgespeckt, von oben nach unten, auf<br />
dass der Schwerpunkt sinke. So sind nun Verdeckgestänge,<br />
Haube, Heckklappe und die<br />
vorderen Kotflügel eben aus Alu – wie viele<br />
Bauteile des Fahrwerks (doppelte Dreieckslenker<br />
vorn, Multilink-Hinterachse). Der ND ist<br />
4,5 Zentimeter kürzer als der Vorgänger, damit<br />
der kompakteste MX-5 der Modellgeschichte,<br />
dazu der mit der knappsten Fahrerkabine.<br />
Denn die A-Säulen erheben sich erst sieben<br />
Zentimeter weiter hinten, der längs eingebaute<br />
Motor samt neu entwickelter Sechsgangbox<br />
rückt hinterher und duckt sich 1,3 Zentimeter<br />
tiefer. So senkt sich die ganze Front um 2,8<br />
Zentimeter. Der neue MX-5: flacher, kürzer,<br />
leichter, niedriger, zentriertet, konzentrierter.<br />
Neben dem 1500er gibt es für den Roadster<br />
einen Zweiliter-Saugbenziner, der später<br />
kommt und dann wohl um 170 PS leistet. Was<br />
sehr unerheblich ist, denn er kann schwer lich<br />
besser sein als der kleine Motor mit 131 PS.<br />
Der brummelt nun die letzten Meter niedertourig<br />
durch einen Ort, dann haben wir<br />
endlich einen Berg vor dem Auto. Der zweite<br />
Gang klickt ein, mit feinmechanischer Präzision<br />
und Schwere. Der Direkteinspritzer tourt<br />
hoch, wie es eben doch nur ein Sauger kann,<br />
ohne Luft zu holen und nachzulassen: sechstausend,<br />
sechs fünf, sieben, sieben fünf. Guck<br />
nur auf den Drehzahlmesser, denn was der Tacho<br />
daneben an Geschwindigkeit anzeigt, sagt<br />
nichts über das Tempo aus, mit dem du unterwegs<br />
bist. Du könntest einen MX-5 wohl mit<br />
einem BMW 520d Touring in der Sachskurve<br />
Handgreiflich<br />
In drei Sekunden klappt das Dach vom Fahrersitz<br />
DATEN & FAKTEN<br />
Mazda MX-5 Skyactiv-G 1.5<br />
MOTOR Vierzylinder-Reihen-Motor, vorn längs eingebaut,<br />
Bohrung mal Hub (mm) 74,5 x 85,8, Hubraum<br />
1496 cm³, Leistung 131 PS (96 kW) bei 7000/min, Drehmoment<br />
150 Nm bei 4800/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb, manuelles<br />
Sechsganggetriebe, ESP<br />
BREMSEN Scheibenbremsen rundum, vorn innenbelüftet,<br />
ABS<br />
BEREIFUNG 195/50 R16 vorn und hinten auf 6,5-Zoll-<br />
Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Zweisitziger Roadster, L x B x H (mm)<br />
3915 x 1730 x 1235, Radstand 2315 mm, Gewicht 1000<br />
kg, Leistungsgewicht 7,6 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 8,5 Sekunden,<br />
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h, Verbrauch 6,0 Liter<br />
Super/100 km<br />
GRUNDPREIS ca. 23 000 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Kurz langt<br />
Mit 3915 Millimetern Länge der kürzeste aller MX-5<br />
außenrum überholen und nebenher gemütlich<br />
twittern, dass du gerade in der Sachskurve<br />
außenrum einen MX-5 überholst. Im Mazda<br />
gibt es kein Nebenher, weil du ja gerade fährst.<br />
Und zwar nur. Er zieht dich in die Gegenwart,<br />
so sehr, dass du nur von einer Kur ve zur nächsten<br />
denkst. Das, nicht schiere Leistung oder<br />
km/h, macht echte Sportwagen aus.<br />
Es geht um Kurven und das Jetzt<br />
Die Straße schlängelt sich den Berg empor,<br />
der MX-5 jagt ihr nach. Schon nach zwei Kurven<br />
kennst du die scharfe Präzision der Lenkung,<br />
schätzt ihre feinnervige Rückmeldung.<br />
Um das zu erreichen, verzichteten die Techniker<br />
auf Verzweigungen in der Lenkung. Du<br />
vertraust bereits darauf, dass die Vorderräder<br />
sich festgrippen und das weich abgestimmte<br />
Fahrwerk auf Lastwechsel sacht das Heck nach<br />
außen drängen lässt, sich dazu trotz der milden<br />
Leistung beim Gasgeben gern weiter zum<br />
weichen Übersteuern bezirzen lässt. So wie in<br />
dieser Kehre: ein kleiner, harmloser Drift nur,<br />
mit ein paar Grad Gegenlenken locker eingefangen,<br />
bevor es das ESP noch lockerer aussortiert<br />
hätte. Wieder hoch auf sieben fünf,<br />
wieder bremsen, kuppeln, lenken, Gas geben,<br />
gegenlenken – und wieder von vorn. So stromern<br />
wir über Berge, in zielloser Gegenwart,<br />
sammeln Kurven, Lastwechsel, Momente und<br />
Erinnerungen statt Bestzeiten oder Sekunden<br />
und wissen: Ein Auto ist schnell, wenn es sich<br />
schnell anfühlt.<br />
Ach, das hätten wir fast vergessen: Wenn<br />
der MX-5 im August kommt, für 23 000 Euro,<br />
hat er optional eine neue Unterhaltungs abteilung<br />
mit Navi, USB, Bluetooth und Dreh-<br />
Drück-Regelung. Wie sie ist? Keine Ahnung.<br />
Wir hatten sie gar nicht bemerkt. Es gab ja<br />
auch Wichtigeres zu tun: einfach fahren. ◾<br />
34 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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FAHRBERICHT AUDI TTS ROADSTER QUATTRO S TRONIC<br />
AUDI TTS<br />
ROADSTER<br />
Als Coupé schlägt sich<br />
der Audi TTS beachtlich,<br />
liefert 310 PS und erwärmt<br />
das Herz mit seiner agilen<br />
Hinterachse. Doch wie<br />
sieht es jetzt beim Roadster<br />
aus: Droht die häufig<br />
bei Cabrios anzutreffende<br />
Verweichlichung?<br />
Text Marcus Peters · Fotos Marcus Werner<br />
Schon als Coupé hat der Audi TTS positiv<br />
auf sich aufmerksam gemacht – mit<br />
seinem im Grenzbereich willig eindrehenden<br />
Heck. Klassische Powerdrifter<br />
befriedigt das zwar nicht, doch vom<br />
stumpfen Untersteuern ist das TTS<br />
Coupé weit weg. Und als Roadster?<br />
Da fällt zunächst die gegenüber dem Coupé<br />
höhere Masse negativ in die Waagschale.<br />
85 Kilo sind es, wobei sich ungünstigerweise<br />
ein Teil davon in Form des Verdecks samt Mechanismus<br />
weit oberhalb des Schwerpunkts<br />
versammelt. Ein anderer Teil findet sich im<br />
Chassis selbst wieder, das vor allem im Bereich<br />
von Schwellern und an der Anlenkung der<br />
Hinterachse versteift werden musste. In der<br />
A-Säule stecken Stahlrohre, die bei einem<br />
Überschlag verhindern sollen, dass der Scheibenrahmen<br />
abknickt. Zudem stützen sich die<br />
Überrollbügel auf zwei Kastenprofilen ab.<br />
Zwar bremst das höhere Gewicht prinzipiell<br />
die Agilität; doch die cabriotypischen<br />
Versteifungen sind notwendig, um die Lenkpräzision<br />
zu erhalten. Denn nichts wäre dem<br />
Kurvenspaß abträglicher als eine weiche Karosserie,<br />
nichts mindert den Qualitätseindruck<br />
nachhaltiger als Knarzgeräusche auf schlechter<br />
Straße. Auch hier hinterlässt der TTS Roadster<br />
offen wie geschlossen einen bombenfesten<br />
Eindruck.<br />
Viel Gefühl fürs Tempo<br />
Generation drei des TT Roadster bringt das<br />
elektrisch betätigte Stoffverdeck nun serienmäßig<br />
mit. Damit lässt sich das Dach bis<br />
Tempo 50 auch während der Fahrt in etwa<br />
zehn Sekunden öffnen und schließen. Dass<br />
man tief integriert sitzt, sorgt zwar für eine<br />
relative Abschottung der Elemente – ausgesprochene<br />
Windgesichter stellt so etwas nicht<br />
36 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Muss (nicht)<br />
Serienmäßig<br />
kommt der TTS<br />
mit Sportsitzen<br />
und 18-Zöllern.<br />
Die abgebildeten<br />
19-Zöller sind<br />
entbehrlich. Und<br />
DSG? Kann, muss<br />
aber nicht<br />
vierten Einlenken um bis zu 50 Prozent an die<br />
Hinterachse, was den Zweisitzer behände mit<br />
dem Heck eindrehen lässt – es drückt deutlich<br />
spürbarer als beim Vorgänger.<br />
Geschickt angestellt lastwechselt man<br />
neutral bis leicht übersteuernd von Kurve zu<br />
Kurve und hangelt sich an der Schwelle zum<br />
ESP-Eingriff entlang. Wer es nicht übertreibt,<br />
der erhält zudem Unterstützung von der sogenannten<br />
radselektiven Momentensteuerung;<br />
sie bremst die kurveninneren Räder leicht ab,<br />
was den TTS noch williger eindrehen lässt. Ab<br />
120 km/h fährt auf dem Heckdeckel <strong>auto</strong>matisch<br />
ein Spoiler aus und sorgt als Luftbremse<br />
dafür, dass der Bug in schnellen Kurven nicht<br />
zu selbstständig wird.<br />
DATEN & FAKTEN<br />
Audi TTS Roadster<br />
MOTOR Vierzylinder-Reihenmotor mit Turbolader,<br />
Bohrung mal Hub (mm) 82,5 x 92,8, Hubraum 1984 cm³,<br />
Verdichtung 9,3 : 1, Leistung 310 PS (228 kW) bei 5800–<br />
6200/min, Drehmoment 380 Nm bei 1800–5700/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Allradantrieb, Sechsgang-<br />
Doppelkupplungsgetriebe, ESP<br />
BREMSEN Innenbelüftete Scheiben rundum, Durchmesser<br />
338/286 mm, ABS<br />
BEREIFUNG 245/40 R 18 vorn und hinten auf 8,5-Zoll-<br />
Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Zweisitziger Roadster, L x B x H (mm)<br />
4191 x 1832 x 1345, Radstand 2505 mm, Tankvolumen<br />
55 l, Gewicht 1470 kg, Leistungsgewicht 4,7 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 4,9 Sekunden,<br />
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, Verbrauch 6,9 l<br />
Super/100 km<br />
GRUNDPREIS 54 450 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Brünftiges Schaltraunen<br />
Hohes Tempo stellt sich bereits nach wenigen<br />
Augenblicken ein – im TTS schieben bei Vollgas<br />
310 PS an und legen sich dank Soundsymposer<br />
auch akustisch ordentlich ins Zeug.<br />
Unter Zuhilfenahme der Launch Control verspricht<br />
Audi einen sensationellen Wert von<br />
null auf 100 km/h: 4,9 Sekunden, sofern das<br />
optionale Doppelkupplungsgetriebe geordert<br />
wurde. Wer nicht das letzte Zehntel aus dem<br />
Roadster quetschen will, kann darauf verzichten;<br />
das Handschaltgetriebe funktioniert prima.<br />
Doch nur das DSG bietet unter Volllast<br />
dieses brünftige Schaltraunen, das süchtig<br />
nach Gangwechseln machen kann.<br />
Leider summiert sich der Preis auf diese<br />
Weise in durchaus bemerkenswerte Höhen:<br />
Mindestens 54 450 Euro werden dann fällig.<br />
Immerhin sind Befürchtungen, der Roadster<br />
sei eine Weichei-Version des TTS Coupés,<br />
völlig unbegründet – er ist in erster Linie ein<br />
Kompakt<strong>sport</strong>ler und erst in zweiter offen.<br />
Die eingangs gestellte Frage lässt sich am Ende<br />
einfach beantworten: Ja, auch als Roadster<br />
wird der Audi TTS positiv auf sich aufmerksam<br />
machen. ◾<br />
zufrieden. Andererseits fördert es das Gefühl<br />
fürs Auto. Ähnlich wie beim Coupé freundet<br />
man sich bereits nach wenigen Kilometern<br />
mit dem Zweisitzer an, steuert ihn ganz selbstverständlich<br />
und mühelos. Wieder einmal zelebriert<br />
ein Audi die Leichtigkeit des Schnellfahrens,<br />
ohne allerdings das Tempo zu sehr<br />
herunterzuspielen. Vor allem bei geöffnetem<br />
Verdeck merkt man die Geschwindigkeit auf<br />
der Landstraße deutlich und ist nicht erst<br />
beim Blick auf den Tacho peinlich berührt.<br />
Neben den gut stützenden Sportsitzen sind<br />
im hohen Basispreis des TTS auch die adaptiven<br />
Stoßdämpfer enthalten. Ihre Komfort-<br />
Stellung bietet in Verbindung mit dem Allradantrieb<br />
beste Traktion auf schlechten Straßen,<br />
wohingegen die Stufe Dynamic auch Fans der<br />
trockenen Dämpfung befriedigen dürfte.<br />
Wechselt man zusätzlich in den Sportmodus<br />
des ESP, dann untersteuert der TTS auf griffiger<br />
Straße praktisch nie: Die elektronisch geregelte<br />
Lamellenkupplung an der Hinterachse<br />
leitet das Antriebsmoment bereits beim moti-<br />
Wie aus dem Vollen geschnitzt<br />
Auch als Cabrio bleibt der TTS präzise<br />
und verkneift sich Verwindungen<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 37
DOPPEL-VERGLEICHSTEST VW GOLF GTI vs. GTD UND SCIROCCO TSI vs.TDI<br />
EINSTELLUNGS<br />
SACHE<br />
Klingt das nicht verlockend: Der Golf<br />
GTD ist der GTI für Vielfahrer – gleicher<br />
Fahrspaß, aber deutlich weniger Verbrauch<br />
und Unterhaltskosten? Gleiches<br />
würde dann wohl für den Scirocco gelten,<br />
dem Sportcoupé auf Golfbasis, wenn<br />
man so will; ihn bietet VW sowohl als Benziner<br />
mit 220 PS wie auch als Diesel mit 184 PS<br />
an. Doch generieren die Selbstzünder wirklich<br />
den gleichen Fahrspaß?<br />
Bei den Verbrauchskosten jedenfalls lässt<br />
sich die eingangs gestellte Frage schnell mit<br />
Ja beantworten. GTD zu GTI bedeutet im<br />
Schnitt 8,0 zu 10,1 Liter auf 100 Kilometer,<br />
TDI zu TSI 8,4 zu 10,2 l/100 km, nicht zu<br />
vergessen der günstigere Literpreis für Diesel.<br />
Doch erstens sprechen die Auguren davon,<br />
dass Kraftstoff deutlich teurer werden wird.<br />
Und zweitens berechnet VW für die Dieselmodelle<br />
einen nicht unerheblichen Aufschlag.<br />
Beim Scirocco macht das rund 1200 Euro aus<br />
– ein Benzinäquivalent, das für einige äußerst<br />
spaßreiche Kilometer im TSI stehen könnte.<br />
Doch starten wir zunächst im Golf GTD.<br />
Den Ölbrenner-Charakter seines Urahns hat<br />
er komplett abgelegt. Nur noch geschulte Ohren<br />
vernehmen ein Nageln – und dann vor<br />
allem während der Kaltlaufphase. Sobald Last<br />
anliegt, übertönt tiefes Knurren jegliches Verbrennungs-Stakkato.<br />
Ein Soundgenerator<br />
38 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Diesel oder Benziner?<br />
Limousine oder Coupé?<br />
Bei VW werben vier Varianten<br />
um die Gunst des<br />
Sportfahrers: Golf GTI und<br />
GTD sowie Scirocco 2.0<br />
TSI und TDI. Wer erfüllt<br />
die fahrdynamischen<br />
Ansprüche am besten?<br />
Text Marcus Peters<br />
Fotos Rossen Gargolov<br />
tran<strong>sport</strong>iert es laut vernehmlich in den Innenraum.<br />
Das sollte sogar ausgesprochene<br />
Dieselphobiker milde stimmen. Zumindest<br />
nimmt es all jenen die Vorbehalte, die einen<br />
Selbstzünder vor allem wegen seines harten<br />
Akzents ablehnen.<br />
Eine andere Besonderheit des Diesels stößt<br />
dagegen kaum auf Ablehnung: sein hohes und<br />
früh anliegendes maximales Drehmoment.<br />
Und so legt sich der Diesel tapfer ins Zeug,<br />
stemmt 380 Nm auf die Kurbelwelle, wuchtet<br />
den GTD damit stramm nach vorn. Wer nun<br />
bei 2500/min hochschaltet, surft im nächsten<br />
Gang erneut die Nm-Welle ab.<br />
GTD hängt matt am Gas<br />
Sportfahrer wollen aber höher drehen, und da<br />
liefert der GTD Grund zu Kritik: Er hängt<br />
matt am Gas. Schnell scheint ihm die Luft<br />
auszugehen, und er dreht, ohne den Eindruck<br />
von Leistung zu vermitteln. Zudem geht ihm<br />
auf der Autobahn schnell die Puste aus. Er<br />
schleppt sich über die 200-km/h-Marke und<br />
muss gegen den Luftwiderstand klein beigeben.<br />
Da ist für den GTI noch lange nicht<br />
Schluss – er setzt locker einen drauf.<br />
Dabei hat auch er wie ein Büffel aus dem<br />
Drehzahlkeller losgezogen. Sein Turbolader<br />
fördert bereits bei niedrigen Motordrehzahlen<br />
so viel Luft in die Brennräume, dass er das<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 39
DOPPEL-VERGLEICHSTEST VW GOLF GTI vs. GTD UND SCIROCCO TSI vs.TDI<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
VW<br />
Golf GTD DSG<br />
VW<br />
Golf GTI<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung R4, Turbo R4, Turbo<br />
Bohrung x Hub (mm) 81,0 x 95,5 82,5 x 92,8<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 1968/18,5 1984/9,6<br />
PS/kW/Drehzahl 184/135/3500 220/162/4500<br />
Nm/Drehzahl 380/1750 350/1500<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart Vorderrad Vorderrad<br />
Getriebeart, Gänge DKG, 6 manuell, 6<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart Stahl,<br />
Stahl,<br />
vorn innenbelüftet vorn innenbelüftet<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 312/300 312/300<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
225/40 R 18<br />
225/40 R 18<br />
Bridgestone<br />
Potenza S001<br />
225/40 R 18<br />
225/40 R 18<br />
Bridgestone<br />
Potenza S001<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 7,5/7,5 7,5/7,5<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4268 x 1799 x 1442 4268 x 1799 x 1442<br />
Radstand (mm) 2631 2631<br />
Tankvolumen (Liter) 50 50<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) 31 625 28 675<br />
Testwagenpreis (Euro) 44 822 40 322<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz-Steuer 238 128<br />
Haftpflicht<br />
Teilkasko<br />
Vollkasko<br />
(TK/Euro)<br />
(TK/Euro)<br />
(TK/Euro)<br />
15/1062<br />
23/576<br />
21/2296<br />
15/1062<br />
24/657<br />
23/2688<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 – 100 km/h (s) 7,5 6,5<br />
Vmax (km/h) 228 246<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1439 1369<br />
Verteilung v./h. (%) 63,2/36,8 61,1/38,9<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 7,8 6,2<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
0 – 100 km/h<br />
0 – 160 km/h<br />
0 – 200 km/h<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
4./5./6. Gang<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
Diesel<br />
7,2<br />
10,0<br />
8,0<br />
2,2<br />
7,5<br />
19,0<br />
37,7<br />
5,9/8,1/11,2<br />
14,5/17,5/24,0<br />
Superbenzin<br />
8,7<br />
11,3<br />
10,1<br />
2,2<br />
6,7<br />
14,7<br />
25,2<br />
5,0/6,2/7,7<br />
10,9/13,5/16,8<br />
Kl. Kurs Hockenheim (min) 1.20,7 1.18,7<br />
Slalom 18 m (km/h) 67,8 68,7<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Wertung<br />
Kl. Kurs Hockenheim<br />
Slalom 18 m<br />
0 – 100 km/h<br />
100 – 0 km/h (warm)<br />
Leistungsgewicht<br />
Preis-Leistungs-Verh.<br />
Summe (max. 60 Pkt.)<br />
(m)/(m/s²)<br />
36,4/10,6<br />
36,0/10,7<br />
142,1/10,9<br />
1.20,7 min 4<br />
67,8 km/h 8<br />
7,5 s 4<br />
36,0 m 8<br />
7,8 kg/PS 2<br />
172 Euro/PS 9<br />
35<br />
(m)/(m/s²)<br />
37,7/10,2<br />
37,0/10,4<br />
148,2/10,4<br />
1.18,7 min 5<br />
68,7 km/h 9<br />
6,7 s 5<br />
37,0 m 7<br />
6,2 kg/PS 4<br />
130 Euro/PS 10<br />
40<br />
Konkurrenz-Umfeld<br />
Renault Mégane R. S. 43<br />
Ford Focus ST 40<br />
BMW 120d 36<br />
Mercedes A 250 Sport 36<br />
Opel Astra GTC 2.0 Biturbo CDTI 30<br />
Messbedingungen:<br />
Lufttemperatur 22° C, Asphalttemperatur 20° C, Luftdruck 1019 mbar<br />
Rundenzeiten Hockenheim<br />
VW Golf GTI<br />
VW Golf GTD DSG<br />
9,50 m/s 2<br />
10,70 m/s 2 SACHSKURVE<br />
QUERSPANGE<br />
GP-KURS<br />
165 km/h<br />
156 km/h<br />
1,05 g<br />
0,90 g<br />
AMEISENKURVE<br />
78 km/h 1,20 g<br />
75 km/h 1,10 g<br />
BOXENGASSE<br />
FAHRERLAGER<br />
NORDKURVE<br />
121 km/h 1,10 g<br />
122 km/h 1,05 g<br />
Der hat’s erfunden<br />
Geniale Idee: Lasst uns doch<br />
einen starken Vierzylinder<br />
in den Golf hängen. Heute<br />
leistet er im GTI 220 PS<br />
maximale Drehmoment von 350 Nm sogar<br />
schon bei 1500 ans Getriebe schickt – und<br />
damit 250/min früher als der Diesel.<br />
GTI schiebt noch früher an<br />
Längst ist das niedertourige Fahren eben kein<br />
Diesel-Alleinstellungsmerkmal mehr; in riesigen<br />
Schritten haben die aufgeladenen Benziner<br />
aufgeholt und teilweise überholt. Der<br />
GTI lässt sich mindestens so schaltfaul bewegen<br />
wie der GTD und schiebt dabei sogar<br />
1.18,7 min<br />
1.20,7 min<br />
Testfahrer: Uwe Sener<br />
ZIELGERADE<br />
171 km/h<br />
162 km/h<br />
GP-KURS<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
77 km/h 1,00 g<br />
76 km/h 0,95 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
118 km/h 1,05 g<br />
115 km/h 0,90 g<br />
SENKE<br />
92 km/h<br />
92 km/h<br />
Der auch, aber anders<br />
Die Idee ist nicht weniger<br />
genial: Lasst uns doch<br />
einen starken Diesel in die<br />
GTI-Karosserie hängen<br />
noch feister an, wie die Elastizitätswerte beweisen.<br />
Hier liegt der Benziner durchgehend<br />
vorn, teilweise deklassiert er den Diesel sogar<br />
– der Unterschied wird bei mittleren Drehzahlen<br />
noch gewaltiger, wenn der Zweiliter-<br />
Turbo seinen zweiten Wind entfacht. Seine<br />
Gier lässt erst kurz vor dem roten Bereich<br />
nach. Doch dann hat der GTI den GTD<br />
längst nach Strich und Faden abgeledert.<br />
Ähnlich ist es übrigens bei den Scirocco –<br />
nur dramatischer. Der 2.0 TDI fällt noch stär-<br />
1,10 g<br />
1,05 g<br />
SÜDKURVE<br />
103 km/h 1,05 g<br />
103 km/h 1,00 g<br />
Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
40 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Golf im neuen Kleid<br />
Mit tieferem Schwerpunkt<br />
und agilerer Fahrwerksabstimmung<br />
wird aus dem<br />
Golf ein Sportcoupé<br />
ker gegen den 2.0 TSI ab. Schon bis Tempo<br />
100 liegt der Benziner deutlich vorn, baut<br />
seinen Vorsprung bis 160 km/h weiter aus;<br />
von 0 auf 200 km/h benötigt der Diesel 17,5<br />
Sekunden länger!<br />
So fühlt sich der TDI auf dem Kleinen<br />
Kurs von Hockenheim einfach nur matt an.<br />
Hier, wo bei Kompakt<strong>sport</strong>lern um die 200<br />
PS praktisch ständig Volllast gefragt ist,<br />
kommt der unterdurchschnittliche Eifer noch<br />
viel stärker zum Tragen. Den Selbstzünder<br />
Rundenzeiten Hockenheim<br />
VW Scirocco 2.0 TSI DSG 1.17,9 min<br />
VW Scirocco 2.0 TDI DSG 1.20,7 min<br />
Testfahrer: Uwe Sener<br />
11,00 m/s 2<br />
11,00 m/s 2 SACHSKURVE<br />
QUERSPANGE<br />
GP-KURS<br />
166 km/h<br />
154 km/h<br />
1,05 g<br />
0,90 g<br />
AMEISENKURVE<br />
80 km/h 1,25 g<br />
77 km/h 1,20 g<br />
BOXENGASSE<br />
FAHRERLAGER<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
78 km/h 1,00 g<br />
78 km/h 0,95 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
123 km/h 1,10 g<br />
118 km/h 1,00 g<br />
Coupé mit Diesel<br />
Gleiche Idee wie beim Golf:<br />
Wir haben ein Coupé, wir<br />
haben einen starken Diesel<br />
– passt zusammen<br />
auszuquetschen, bringt nichts; doch selbst<br />
frühes Schalten entfacht nicht gerade euphorischen<br />
Vortrieb. So entsteht am Ende ein<br />
drastischer Zeitenunterschied, der mit dem<br />
Gefühl auf der Rennstrecke selbst übereinstimmt.<br />
Fast drei Sekunden hinkt der Diesel<br />
hinterher, ist sogar ein Zehntel langsamer als<br />
der Golf GTD – man verspürt ständig das<br />
Verlangen nach mehr Leistung.<br />
Dabei liegt dem Scirocco prinzipiell die<br />
Rennstrecke viel mehr als dem Golf. Sein<br />
GP-KURS<br />
SENKE<br />
96 km/h<br />
93 km/h<br />
1,10 g<br />
1,05 g<br />
SÜDKURVE<br />
108 km/h 1,05 g<br />
107 km/h 1,00 g<br />
Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
VW<br />
Scirocco<br />
2.0 TDI DSG<br />
VW<br />
Scirocco<br />
2.0 TSI DSG<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung R4, Turbo R4, Turbo<br />
Bohrung x Hub (mm) 81,0 x 95,5 82,5 x 92,8<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 1968/16,5 1984/9,6<br />
PS/kW/Drehzahl 184/135/3500 220/162/4500<br />
Nm/Drehzahl 380/1750 350/1500<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart Vorderrad Vorderrad<br />
Getriebeart, Gänge DKG, 6 DKG, 6<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart Stahl,<br />
Stahl,<br />
vorn innenbelüftet vorn innenbelüftet<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 288/253 312/286<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
235/35 R 19<br />
235/35 R 19<br />
Bridgestone<br />
Potenza RE050A<br />
235/35 R 19<br />
235/35 R 19<br />
Bridgestone<br />
Potenza RE050A<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 8,0/8,0 8,0/8,0<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4256 x 1810 x 1406 4256 x 1810 x 1406<br />
Radstand (mm) 2578 2578<br />
Tankvolumen (Liter) 55 55<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) 31 650 30 425<br />
Testwagenpreis (Euro) 47 467 42 054<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz-Steuer 250 128<br />
Haftpflicht<br />
Teilkasko<br />
Vollkasko<br />
(TK/Euro)<br />
(TK/Euro)<br />
(TK/Euro)<br />
18/1265<br />
24/657<br />
23/2688<br />
17/1183<br />
24/657<br />
23/2688<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 – 100 km/h (s) 7,5 6,5<br />
Vmax (km/h) 228 244<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1450 1403<br />
Verteilung v./h. (%) 65,0/35,0 63,6/36,4<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 7,9 6,4<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
0 – 100 km/h<br />
0 – 160 km/h<br />
0 – 200 km/h<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
4./5./6. Gang<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
Diesel<br />
7,7<br />
11,1<br />
8,4<br />
2,1<br />
7,7<br />
20,1<br />
44,8<br />
6,2/8,8/13,2<br />
15,5/19,2/29,9<br />
Superbenzin<br />
9,4<br />
11,2<br />
10,2<br />
2,1<br />
6,4<br />
15,2<br />
27,3<br />
5,8/8,0/11,3<br />
12,6/17,9/25,5<br />
Kl. Kurs Hockenheim (min) 1.20,8 1.17,9<br />
Slalom 18 m (km/h) 69,0 69,5<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Wertung<br />
Kl. Kurs Hockenheim<br />
Slalom 18 m<br />
0 – 100 km/h<br />
100 – 0 km/h (warm)<br />
Leistungsgewicht<br />
Preis-Leistungs-Verh.<br />
Summe (max. 60 Pkt.)<br />
(m)/(m/s²)<br />
37,5/10,3<br />
36,9/10,5<br />
149,1/10,3<br />
1.20,8 min 4<br />
69,0 km/h 9<br />
7,7 s 4<br />
36,9 m 7<br />
7,9 kg/PS 2<br />
172 Euro/PS 9<br />
35<br />
(m)/(m/s²)<br />
36,4/10,6<br />
36,3/10,6<br />
145,9/10,6<br />
1.17,9 min 6<br />
69,5 km/h 9<br />
6,4 s 5<br />
36,3 m 7<br />
6,4 kg/PS 4<br />
138 Euro/PS 10<br />
41<br />
Konkurrenz-Umfeld<br />
Audi TT 2.0 TFSI 44<br />
VW Scirocco R 44<br />
Toyota GT86 38<br />
Peugeot RCZ 1.6 200 THP 34<br />
NORDKURVE<br />
122 km/h 1,10 g<br />
120 km/h 1,00 g<br />
ZIELGERADE<br />
171 km/h<br />
157 km/h<br />
Messbedingungen:<br />
Lufttemperatur 22° C, Asphalttemperatur 20° C, Luftdruck 1019 mbar<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 41
DOPPEL-VERGLEICHSTEST VW GOLF GTI vs. GTD UND SCIROCCO TSI vs.TDI<br />
MEINE MEINUNG<br />
Testredakteur Marcus Peters<br />
Diesel oder Benziner? Sportfahrern dürfte<br />
die Wahl bei Golf und Scirocco leichtfallen:<br />
Benziner. Nur er liefert über das<br />
gesamte Drehzahlband gut nutzbaren<br />
Vortrieb und hängt einigermaßen verzugsfrei<br />
am Gas. Den Drehunwillen der<br />
Dieselaggregate empfindet man schnell<br />
als Leistungsmangel – das mindert den<br />
Fahrspaß gewaltig. Selbst beim Thema<br />
Elastizität bieten GTD und TDI kein Aha-<br />
Erlebnis: Dank früh anliegendem maximalem<br />
Ladedruck ziehen GTI und TSI<br />
sogar besser durch und reißen damit<br />
auch noch diese bisherige Diesel-Domäne<br />
an sich. Den Selbstzündern bleibt<br />
nur noch der Verbrauchsvorteil.<br />
niedrigerer Schwerpunkt lässt ihn präziser<br />
einlenken, wobei seine fahraktivere Auslegung<br />
entscheidend hilft. Zunächst begeistert das<br />
Fahrwerk mit leicht übersteuerndem Eigenlenkverhalten<br />
bei Lastwechseln. Dem will<br />
die Lenkung in nichts nachstehen und vermittelt<br />
viel Fahrbahnkontakt, ohne übertrieben<br />
sensibel anzusprechen.<br />
Unter der Regelgrenze fahren<br />
Doch gerade beim Golf GTI zeigt sich, dass<br />
der Feuereifer des Hecks nicht die Zustimmung<br />
des ESP findet. Es lässt sich nur scheinbar<br />
abschalten, wobei beim Druck auf die entsprechende<br />
Taste lediglich der Schwellwert<br />
hochgesetzt wird – komplett deaktivierbar ist<br />
die Stabilitätskontrolle jedoch nicht. Sie funkt<br />
bremsend dazwischen, sobald ein gewisser<br />
Schwimmwinkel anliegt, und gibt die Leistung<br />
anschließend erst wieder frei, wenn die<br />
Vorderräder gerade stehen.<br />
Wer auf brauchbare Zeiten kommen will,<br />
muss deshalb knapp unterhalb der Regelgrenze<br />
bleiben und im Scheitelpunkt vorsichtig<br />
ans Gas gehen, denn die Triebwerke schicken<br />
meistens mehr Drehmoment an die Vorderachse,<br />
als diese auf den Asphalt übertragen<br />
kann. Hier zeigt sich die Grenze des reinen<br />
Frontantriebs auf der Rennstrecke; Besserung<br />
verspräche neben Sportreifen nur eine mechanische<br />
Sperre, wie sie der GTI Performance an<br />
Bord hat. XDS, die elektronische Variante,<br />
jongliert zwar auch mit den Newtonmetern<br />
von links nach rechts, kommt dabei auf dem<br />
Kleinen Kurs aber an die Grenzen.<br />
Alle vier VW-Modelle verlangen nach einem<br />
sauberen Fahrstil und vorsichtigem Anbremsen;<br />
ein Ankerwurf hat unweigerlich den<br />
Einsatz des ABS und das damit verbundene<br />
zeitweilige Öffnen der Bremszangen zur Folge.<br />
Daraus wiederum resultiert folgende Eigenart:<br />
Die Fronttriebler schieben über die Vorderachse<br />
zum Kurvenausgang, was die Ideallinie<br />
gründlich verhagelt.<br />
Beim Scirocco und Golf bietet VW sowohl<br />
für die jeweilige Diesel- als auch die Benzinervariante<br />
adaptive Stoßdämpfer. Diese Option<br />
ist eine überzeugende Alternative zu einem<br />
klassischen Sportfahrwerk: In Hockenheim<br />
nutzt man die Stellung Sport, um das Wanken<br />
und Rollen einzudämmen, kann gleichzeitig<br />
für das Dahinrollen auf der Langstrecke aber<br />
die Segnung einer schluckfreudigen Dämpfung<br />
nutzen (Stellung Komfort). Letztere<br />
bringt auf schlechten Landstraßen zudem einen<br />
nicht zu verachtenden Traktionsvorteil<br />
– weil geschmeidiger geführt die Vorderräder<br />
festeren Bodenkontakt pflegen.<br />
Dieseltriebwerk ist schwerer<br />
Auch auf der Landstraße wird übrigens deutlich,<br />
dass die Dieseltriebwerke mit ihrem höheren<br />
Gewicht etwas stärker auf der Vorderachse<br />
lasten und somit die Balance zwischen<br />
vorne und hinten verschlechtern. So kündigt<br />
sich bei den Selbstzündern der Grenzbereich<br />
einen Hauch früher durch Rutschen Richtung<br />
Kurvenausgang an.<br />
Bis auf den Spritverbrauch spricht am Ende<br />
alles gegen die beiden Diesel, die in der Wertung<br />
gleichauf liegen. Die für Sportfahrer entscheidenden<br />
Kriterien erfüllen die Benziner<br />
deutlich besser. Um einen Punkt überflügelt<br />
der Scirocco TSI dabei den Golf GTI, was an<br />
seiner besseren Rundenzeit liegt und ins Weltbild<br />
passt. Schließlich sollen Sportcoupés immer<br />
schneller als Limousinen sein – das ist<br />
eine Frage der Ehre. ◾<br />
In Le Mans gewinnen Diesel,<br />
doch in Hockenheim haben<br />
zumindest diese beiden VW-<br />
Diesel gar nichts zu melden<br />
42 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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FAHRBERICHT BMW X6 M/BMW 228i CABRIO<br />
GREAT WIDE<br />
Die Stammtische stehen vor einer Währungsreform.<br />
Nicht mehr PS-Zahlen,<br />
Tachowerte oder Sprintsekunden sind<br />
das, was zählt, sondern die Nordschleifen-Zeit.<br />
Unter Sportwagen gehört sie<br />
schon länger zum guten Ton, seit Neuestem<br />
nürburgringen aber auch SUV um unsere<br />
Aufmerksamkeit – so grotesk das auch ist.<br />
Das erste Ausrufezeichen setzte der Range<br />
Rover SVR, der 8.14 Minuten gefahren sein<br />
will, kürzlich legte dann Porsche mit dem<br />
Cayenne Turbo S noch einen drauf. Knapp<br />
unter acht Minuten soll er gehen – als erster<br />
Se rien-SUV jemals, und als einziger. Auch die<br />
M GmbH hat die Runde des X6 M längst im<br />
Sack, rauslassen möchte sie sie aber leider<br />
nicht. Zumindest nicht offiziell.<br />
Anspruch und Wirklichkeit dürften aber<br />
auf jeden Fall klar in Richtung des Cayenne<br />
tendieren. Schließlich hat man das sogenannte<br />
Sports Activity Coupé in allen Körperteilen<br />
noch mal richtig durchgeknetet. Der 4,4-Liter-<br />
Biturbo mit voll variabler Ventilsteuerung,<br />
bankübergreifendem Abgaskrümmer (beides<br />
dient dem Ansprechverhalten) und 575 PS<br />
stammt grundsätzlich aus dem M5 Competition,<br />
wurde mit 70 zusätzlichen Newtonmetern<br />
und zehn (!) Kühlern aber speziell auf<br />
das neue Anforderungsprofil konditioniert.<br />
Kräftiger, leichter, athletischer<br />
40 Kilo hat man im Zuge des Modellwechsels<br />
zwar abgespeckt, sieben davon allein über den<br />
Motor. Allerdings bleiben dann immer noch<br />
deren 2265 unterm Strich. Überraschend:<br />
Eine Keramikbremse ist dennoch nicht vorgesehen.<br />
Stattdessen verfügt der X6 M über eine<br />
neue Compound-Anlage mit Sechskolbensätteln<br />
und einer um stolze 40 Prozent erhöhten<br />
Auflagefläche, die sich auch von mehreren<br />
heißen Runden über den Circuit of the Americas<br />
in Austin nicht in die Knie zwingen lässt.<br />
Überhaupt wirkt der X6 M fitter, durchtrainierter<br />
und athletischer als sein Vorgänger.<br />
Die Achtstufen<strong>auto</strong>matik unterscheidet sich<br />
nur noch durch die geringere Vehemenz beim<br />
Schalten von einem DKG; die Verbindung<br />
zwischen Fahrwerk und Karosserie kommt<br />
einem dank der steiferen Achsanbindungen<br />
deutlich inniger vor, während der heckbetonte<br />
Allradantrieb mit Torque-Vectoring-Funktion<br />
den brachialen V8 querdynamisch nun noch<br />
besser auszunutzen weiß. Essenziell für die<br />
Fahr dynamik ist in erster Linie jedoch der hydraulische<br />
Wankausgleich. Über aktive Stabilisatoren<br />
hält er die Karosserie im Lot, betoniert<br />
einen dadurch quasi auf der Ideallinie fest,<br />
lässt aber immer so viel Neigung zu, dass der<br />
X6 auch in Wechselkurven nicht verkrampft.<br />
Keine Frage: Die Athletik ist beeindruckend<br />
– wenn auch eher relativ als absolut:<br />
Knapp über acht Minuten sei der X6 M auf<br />
der Nordschleife gefahren, heißt es dann doch<br />
hinter vorgehaltener Hand. Doch das – werte<br />
Stammtischbrüder – kann ein halb so starker<br />
Seat Leon Cupra Performance auch. ◾<br />
44 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
DATEN & FAKTEN<br />
BMW X6 M<br />
MOTOR Achtzylinder-V-Motor mit zwei Turboladern,<br />
Bohrung mal Hub (mm) 89,0 x 88,3, Hubraum 4395 cm³,<br />
Verdichtung 10,0 : 1, Leistung 575 PS (423 kW) bei<br />
6000/min, Drehmoment 750 Nm bei 2200–5650/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe,<br />
DSC<br />
BREMSEN Innenbelüftete Scheiben rundum, Durchmesser<br />
395/385 mm, ABS<br />
BEREIFUNG 285/40 R 20 vorn und 325/35 R 20 hinten<br />
auf 10,0- und 11,5-Zoll-Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Viertüriger SUV, L x B x H (mm) 4909 x<br />
1989 x 1689, Radstand 2933 mm, Tankvolumen 85 l,<br />
Gewicht 2340 kg, Leistungsgewicht 4,1 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 4,2 Sekunden,<br />
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, Verbrauch 11,1 l<br />
Super Plus/100 km<br />
GRUNDPREIS 117 700 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Schwer in Ordnung<br />
Kraftentfaltung, Fahrgefühl und<br />
Bremsperformance kaschieren das<br />
Gewicht ganz gut – völlig entkräften<br />
können sie es nicht<br />
OPENIn Texas entlässt BMW zwei neue Fahrfreude-<br />
Modelle erstmals in die freie Wildbahn:<br />
Aufwärmrunden mit der 575-PS-Wuchtbrumme<br />
X6 M und dem soft<strong>sport</strong>lichen 228i Cabrio.<br />
Text Stefan Helmreich · Fotos Uwe Fischer, Barry Hayden<br />
!<br />
BMW 228i CABRIO<br />
Übergangs<strong>sport</strong>ler<br />
Erstmals wird BMW sein kompaktes Cabrio auch in<br />
der M-Performance-Version M235i mit 326 PS anbie -<br />
ten. Bis es im Frühsommer so weit ist, übernimmt der<br />
245 PS starke Turbo-Vierzylinder des 228i den Modellvorsitz.<br />
Und der ist – nominell gesehen – näher dran,<br />
als man vielleicht meint. Mit glatten 6,0 Se kunden im<br />
100-km/h-Sprint verliert er gerade mal eine Sekunde<br />
auf das Sechszylinder-Sportmodell, in der Vmax<br />
liegen die beiden mit abgeregelten 250 km/h sogar<br />
gleichauf.<br />
Gravierend werden die Unterschiede jedenfalls erst<br />
im Fahrgefühl. Hier wirkt der 228i trotz des pfiffigen<br />
Durchzugs eher mild, wuschelt mit seiner piekfeinen<br />
Fahrwerksabstimmung und dem schüchternen<br />
Motorklang lieber sachte über Küstenstraßen als<br />
einen auf Bergstrecken struwwelig zu fahren. Als zu<br />
verschmust empfindet man ihn dennoch nicht. Das<br />
liegt zum einen an der <strong>sport</strong>lichen Grundveranlagung<br />
mit Hinterradantrieb, tiefem Schwerpunkt und paritätischer<br />
Achslastverteilung, zum anderen an der um<br />
stolze 20 Prozent verbesserten Verwindungssteifigkeit<br />
der Karosserie.<br />
Heißt in Summe: Der 1er war bestimmt kein schlechtes<br />
Cabrio, sogar ganz im Gegenteil. Dennoch ist der<br />
2er nun diese ganze Nummer besser, die seine Typenbezeichnung<br />
suggeriert. Nur in einem Punkt patzt<br />
er: beim Gewicht. Obwohl sein Vorgänger 125i noch<br />
einen Sechszylinder herumschleppte, legte der<br />
sieben Zentimeter längere 228i um 20 Kilo zu.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 45
TEST AUDI RS5 TDI CONCEPT<br />
LADE<br />
Ein E-Verdichter, zwei<br />
Turbos, 2,4 bar Ladedruck<br />
und seine bullige<br />
Agilität machen den RS 5<br />
TDI zum ersten richtig<br />
<strong>sport</strong>lichen Diesel – und<br />
zum schnellsten jemals in<br />
Hockenheim. Exklusiver<br />
Test des Technikträgers.<br />
Text Stefan Helmreich · Fotos Rossen Gargolov<br />
Turbos können einem wirklich leidtun<br />
heutzutage: Da rennen sie sich schwindelig,<br />
schaufeln newtonkilometerweise<br />
Drehmoment – um am Ende dann doch<br />
wieder nur auf den Deckel zu bekommen.<br />
Für ihr verzögertes Ansprechverhalten<br />
etwa, für ihren verwaschenen Klang und<br />
für ihre Drehunlust – völlig wurst, wie ausgeprägt<br />
das eine oder andere tatsächlich ist. Ganz<br />
im Ernst: Manchmal fragt man sich, ob man<br />
sie nur erfunden hat, um ihnen vorzuhalten,<br />
dass sie kein Saugmotor geworden sind.<br />
Grotesk nur, dass sie eben diesem Saugmotor,<br />
den sie allein aus physikalischen Gründen<br />
gar nicht erreichen können, langsam gefährlich<br />
nahe kommen. Seit einiger Zeit flicken<br />
alle, die sie einsetzen – und das sind mittlerweile<br />
einige – mit Feuereifer am Turboloch.<br />
Kleine Lader, zwei Lader, zwei unterschiedlich<br />
große Lader, drei Lader, variable Turbinengeometrie,<br />
kürzere Gaslaufwege – und so weiter.<br />
Der Krater wurde zum Spalt<br />
Ergebnis: Vom einstigen Krater zwischen Aktion<br />
und Reaktion ist vielerorts nur noch ein<br />
klitzekleiner Spalt geblieben. Ganz zunähen<br />
lässt sich der – auch wenn das Pressetexte gern<br />
mal anders sehen – bislang noch nicht. Audi<br />
kommt jetzt mit einer weiteren Lösung. Und<br />
die kombiniert man zunächst mit einem<br />
46 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
GERÄT<br />
Dieselmotor – nicht aus einer technischen<br />
Notwendigkeit heraus, sondern weil sich die<br />
vermeintlichen Vorzüge damit besser veranschaulichen<br />
lassen – heißt es.<br />
Jetzt bitte mal ein paar Zeilen lang aufpassen<br />
und auf die Theorie konzentrieren:<br />
erst learning, dann doing! Die Grundidee ist<br />
weder neu noch sonderlich weit hergeholt:<br />
Man stellt einen Lader speziell für die unteren<br />
Drehzahlbereiche ab – als Lückenfüller sozusagen.<br />
Im VW-Konzern beispielsweise tat man<br />
das bereits in Gestalt des sogenannten Twincharger,<br />
wie er bis vor Kurzem im Polo GTI<br />
arbeitete. Ein riemengetriebener, also völlig<br />
verzugfrei ansprechender Roots-Kompressor<br />
übernahm dort so lange die Aufladung, bis<br />
der Turbolader sein Trägheitsmoment überwunden<br />
hatte.<br />
Elektrobooster als Lückenfüller<br />
Das Audi-Prinzip arbeitet nun dreistufig: mit<br />
zwei konventionellen Ladern unterschiedlicher<br />
Geometrie und Größe auf der heißen<br />
Motorseite sowie einem Verdichter, der jedoch<br />
weder vom Abgasstrom noch vom Riementrieb,<br />
sondern – und das ist der Punkt – elektrisch<br />
angetrieben wird. Statt einer Turbine<br />
integriert er einen E-Motor, der ihn zwei<br />
Sekunden lang auf Maximaldrehzahl halten<br />
kann. Ganz wichtig fürs Verständnis:<br />
Er besorgt nicht die Aufladung als solche, sondern<br />
überbrückt lediglich die Lethargie der<br />
beiden Abgasturbos. Zu den 385 PS und 750<br />
Nm des Dreiliter-Diesels leistet er also keinen<br />
Beitrag. Jedenfalls nicht direkt.<br />
Alle noch da? Prima! Denn eine Begleiterscheinung<br />
hat die Hybridaufladung noch.<br />
Sie braucht Energie. Viel Energie, sodass das<br />
12-Volt-Bordnetz um ein zweites mit 48 Volt<br />
Spannung ergänzt werden musste. Beide Netze<br />
laufen in der Reserveradmulde zusammen und<br />
werden im Idealfall über die Rückgewinnung<br />
von Bremsenergie gespeist. Der Knock-out für<br />
die Serienchancen? Nein! Die höhere Spannung<br />
birgt – mitunter wegen der zusätz lichen<br />
Aufgedeckt<br />
Der V6 Bi-TDI unterscheidet<br />
sich nur durch<br />
den höheren Ladedruck<br />
vom Serienorgan. Ein<br />
E-Verdichter überbrückt<br />
die Druckaufbauphase<br />
der Abgasturbos
TEST AUDI RS5 TDI CONCEPT<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung<br />
Audi<br />
RS5 TDI<br />
Concept<br />
V6, Turbo<br />
Bohrung x Hub (mm) 83,0 x 91,4<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 2967/16,8<br />
PS/kW/Drehzahl 385/283/4200<br />
Nm/Drehzahl 750/1250<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart<br />
Allrad<br />
Getriebeart, Gänge Automatik, 8<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart vorn Keramik, hinten<br />
Stahl, innenbelüftet<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 380/330<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
275/30 R 20<br />
275/30 R 20<br />
Pirelli P Zero<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 9,0/9,0<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4649 x 1860 x 1366<br />
Radstand (mm) 2751<br />
Tankvolumen (l) 61<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) unverkäufliches<br />
Testwagenpreis (Euro) Concept-Car<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz-Steuer k. A.<br />
Haftpflicht (TK/Euro) k. A.<br />
Teilkasko (TK/Euro) k. A.<br />
Vollkasko (TK/Euro) k. A.<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 – 100 km/h (s) ca. 4,0<br />
Vmax (km/h) 280<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1860<br />
Verteilung v./h. (%) 57,5/42,5<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 4,8<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
0 – 100 km/h<br />
0 – 160 km/h<br />
0 – 200 km/h<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
4./5./6./7./8. Gang<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
nicht<br />
ermittelt<br />
1,3<br />
4,6<br />
10,9<br />
18,0<br />
3,0/3,5/4,3/5,2/7,2<br />
–/8,0/9,3/11,2/15,1<br />
Kl. Kurs Hockenheim (min) 1.15,0<br />
Slalom 18 m (km/h) 67,8<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Wertung<br />
Kl. Kurs Hockenheim<br />
Slalom 18 m<br />
0 – 100 km/h<br />
100 – 0 km/h (warm)<br />
Leistungsgewicht<br />
Preis-Leistungs-Verh.<br />
Messbedingungen:<br />
Lufttemperatur 3° C, Asphalt 3° C,<br />
Luftdruck 1011 mbar<br />
(m)/(m/s²)<br />
38,4/10,0<br />
35,3/10,9<br />
140,9/10,9<br />
1.15,0 min 8<br />
67,8 km/h 8<br />
4,6 s 8<br />
35,3 m 8<br />
4,8 kg/PS 7<br />
nicht ermittelbar<br />
Konkurrenzumfeld onkurrenz-Umfeld<br />
Vollumfänglich lässt sich das RS5 TDI<br />
concept aufgrund seiner Unverkäuflichkeit<br />
nicht einordnen. Setzt man die<br />
Eigenschaftsdisziplinen in Relation zum<br />
Serien<strong>auto</strong> mit V8-Benziner, verliert er zwei<br />
Punkte im Leistungsgewicht und je einen bei<br />
Slalom, Bremse und Beschleunigung – bei<br />
Gleichstand in der Rundenzeit. Beachtlich,<br />
angesichts seines nominellen Handicaps.<br />
Zwei Sekunden hat der E-Verdichter<br />
Saft – der Effekt passiert danach<br />
!<br />
IM DETAIL<br />
Audi electric turbo<br />
Wie im Serientrimm verfügt der Dreiliter-V6-TDI<br />
über zwei Abgasturbos: einen kleineren mit<br />
variabler Turbinengeometrie und einen mit<br />
größerem Querschnitt und starren Laderschaufeln.<br />
Die Innovation liegt im elektrisch über ein 48-Volt-Netz<br />
betriebenen Verdichter. Er sitzt, wo der Luftstrom am<br />
kältesten ist, nämlich unmittelbar hinter dem<br />
Ladeluftkühler, und wirkt positiv auf die beiden<br />
konventionellen Lader – sowohl direkt, indem er<br />
deren Trägheitsmoment überbrückt, als auch<br />
indirekt, da er es ermöglicht, die Biturbo-Einheit<br />
konsequent für höhere Druckzustände auszulegen.<br />
Wann er eingreift, regelt eine Software je nach<br />
Lastanforderung und Ladedruckverhältnis. Herrscht kein<br />
Bedarf, rotiert er – genau wie die beiden Lader – im Ruhepuls.<br />
Schaltzentrale<br />
Wegen des Drehmoments wich die<br />
Doppelkupplung einem Wandler<strong>auto</strong>maten<br />
Druckmaschine<br />
Der E-Verdichter rafft das Ansprechverhalten,<br />
der Biturbo streckt die Kraftentfaltung<br />
Umspannwerk<br />
Das 48V-Netz bedingt eine eigene<br />
LI-Batterie und den Spannungswandler<br />
48 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Batterie – zwar Kosten- und Gewichtsnachteile,<br />
dürfte im Hinblick auf immer weiter<br />
reichende Assistenzsysteme mittelfristig aber<br />
ohnehin vonnöten sein. Im Klartext: Der<br />
electric turbo kommt. Und zwar bald.<br />
Bis es so weit ist, steckt er im Concept-Car,<br />
in einem von aktuell zweien. Und das schaut<br />
zunächst verdächtig nach einem kriegsbemalten<br />
RS5 aus – und ist im Grunde auch nichts<br />
anderes. Heißt: Permanentallrad mit Quersperre<br />
im Heck, Bremskeramik vorn und<br />
Pirelli P Zero in 20 Zoll. Erst die Akustik<br />
Rundenzeit Hockenheim<br />
Audi RS5 TDI Concept<br />
QUERSPANGE<br />
166 km/h 1,15 g<br />
GP-KURS<br />
AMEISENKURVE<br />
12,00 m/s 2 SACHSKURVE<br />
82 km/h 1,25 g<br />
NORDKURVE<br />
121 km/h 1,10 g<br />
MEINE MEINUNG<br />
Testfahrer: Uwe Sener<br />
Wie hat es Audi gleich gesagt? Man<br />
zeige den electric turbo an einem<br />
Dieselmotor, weil sich die Vorzüge<br />
dort klarer darstellen. Jetzt wissen<br />
wir warum! Denn der Reiz des RS5<br />
1.15,0 min<br />
FAHRERLAGER<br />
ZIELGERADE<br />
186 km/h<br />
BOXENGASSE<br />
GP-KURS<br />
demaskiert die Besonderheit – zumindest<br />
wenn man auf Höhe der Schnauze steht. Dort<br />
werkelt – gut hörbar – ein V6-TDI, dessen<br />
Räuspern eine dem S Q5 entlehnte Abgasanlage<br />
im weiteren Fahrzeugverlauf aber zu einem<br />
vauachtlichen Wummern umvertont.<br />
Einhellige Meinung: leider geil.<br />
Drinnen mischt sich dann Vertrautheit<br />
unter die ungewohnte Klangkulisse. Zwei<br />
Notfallknöpfe glimmen zusammen mit einem<br />
illuminierten Schriftzug aus dem Aschenbecher,<br />
das TDI-Logo im Drehzahlmesser ist<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
78 km/h 1,05 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
121 km/h 1,15 g Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
SENKE<br />
95 km/h 1,15 g erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
SÜDKURVE<br />
106 km/h 1,05 g<br />
TDI liegt nicht im E-Verdichter an<br />
sich, der den Schleier zwischen<br />
Motor und Gaspedal eben auch<br />
nicht wegzaubern kann; sondern<br />
in der ungewohnt weitläufigen Leistungsentfaltung<br />
des Biturbos, die er<br />
ihm verdankt. Noch debattieren sie<br />
in Neckarsulm, ob ein Diesel einmal<br />
das RS-Siegel tragen darf. Mir fallen<br />
keine Argumente mehr dagegen ein.<br />
Testredakteur Stefan Helmreich<br />
mit der roten Sportraute signiert, ansonsten<br />
bleibt alles beim Alten: gute, wenngleich nicht<br />
sonderlich spartanische Ledersitze, abgeflachtes<br />
Lenkrad mit strammer Anbindung und als<br />
Deko die unvermeidlichen Kohlefasereinlagen,<br />
mit denen man „Leichtbau sichtbar macht“.<br />
Nun ja: 1860 Kilo wiegt der RS5 TDI, gemessene<br />
83 mehr als sein Serienpendant mit<br />
4,2-Liter-V8-Sauger. Noch ist das letzte Wort<br />
dazu aber noch nicht gesprochen. Laut Audi<br />
durchläuft das Concept in den nächsten<br />
Monaten diverse Entwicklungsprozesse.<br />
Im Klartext: Da geht noch was.<br />
Der TDI zieht bis über 5500/min<br />
Die Spannung steigt beim Anfahren – in<br />
doppelter Hinsicht. Und tatsächlich: Der TDI<br />
spritzt spontan los, spontaner als die meisten,<br />
vielleicht spontaner als jeder Diesel zuvor, aber<br />
eben nicht unmittelbar. Gut 200 Millisekunden<br />
braucht der E-Verdichter, um seine<br />
Höchstdrehzahl von 72 000/min zu erreichen<br />
– und die spürt man eben. Unterdessen setzt<br />
jedoch auch die konventionelle Aufladung ein<br />
– und mit ihr die Sensation. Der springende<br />
Punkt: Dadurch dass sich die Abgasturbos<br />
nicht mehr ums Ansprechverhalten kümmern<br />
müssen, konzentrieren sie sich voll und ganz<br />
auf das, wofür man sie einst erfunden hat. Genau:<br />
Dampf zu machen. Mit bis zu 2,4 bar –<br />
Atmosphärendruck bereits abgezogen – blasen<br />
sie voran, ohne Initialzünder ergäbe sich davor<br />
ein tiefschwarzes Turboloch wie weiland im<br />
Ur-Quattro. Allermindestens. Stattdessen tobt<br />
der RS5 derart vom Fleck, dass alle vier Räder<br />
erst mal kurz die Fassung verlieren. Kraft ist<br />
überall: untenrum, in der Mitte sowieso, aber<br />
vor allem obenraus, wo Selbstzünder ja gern<br />
auch mal einknicken. Unter Volllast zieht er<br />
die kleinen Gänge ohne Durchhänger bis über<br />
5500/min – und am Ende allem davon, was es<br />
mit Selbstzündung gab, gibt und in naher Zukunft<br />
geben wird. Denn auch auf der Strecke<br />
zahlen sich die langen Drehzahlbänder aus.<br />
Normalerweise bewegen sich Diesel dort<br />
immer auf der Kippe zwischen Leistungsgipfel<br />
und dem Ladeluftloch danach, müssen shortshiften,<br />
um an Kraft zu gelangen. Dieser hier<br />
jedoch muskelt mächtig aus engen Kurven<br />
und zerrt gallig aus weiteren – obwohl man<br />
sich drehzahlbedingt dann weit jenseits des<br />
Einsatzgebiets des E-Boosters bewegt.<br />
Nun ist der V8 des serienmäßigen RS5<br />
bestimmt nicht das Musterbeispiel eines<br />
Saugmotors. Dass man ihn einmal wegen<br />
eines TDI infrage stellt, hätten wir aber nie<br />
gedacht. Nicht mal eine Sekunde rettet er im<br />
imaginären Vergleich über den Start-Ziel-<br />
Strich – trotz Gewichtsvorteil, trotz Mehrleistung,<br />
trotz des schärferen Getriebes und obwohl<br />
der e-TDI wegen des klammen Wetters<br />
noch ein, zwei Zehntel auf der Strecke liegen<br />
gelassen haben könnte. Halleluja.<br />
Dennoch: Das Turboloch – Quatsch: das<br />
Turbolöchchen – hat auch diesen Test überlebt,<br />
wenn auch nur mit knapper Not. Die<br />
Vorurteile dem Diesel gegenüber erklären wir<br />
hiermit jedoch offiziell für tot. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 49
VORSTELLUNG FORD GT<br />
BLAU<br />
SAUSE<br />
50 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Der Ford GT ist der neue<br />
Star am Sportwagenhimmel.<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> enthüllt erste<br />
Technikdetails zum Antriebskonzept<br />
und erklärt,<br />
warum der neue GT ab 2016<br />
auch ein erfolg reicher<br />
Rennwagen wird.<br />
Text Marcus Schurig<br />
Fotos Getty Images (1); Picture Alliance (1)<br />
Es gibt wieder Hoffnung. Nach all dem<br />
Hybridkladderadatsch und Batteriegejaule,<br />
das jüngst die Tonlage im Super<strong>sport</strong>wagenSegment<br />
beherrschte, reißt Ford<br />
stumpfe Denkmuster nieder, schlägt eine<br />
Bresche für den wahren, also den leichten<br />
Sportwagen: 600 PS, 1400 Kilo, Mittelmotor,<br />
Heckantrieb – und kein Hybrid. Die unverschämt<br />
rassige Linienführung verhäkelt sich<br />
diesmal nicht im RetroGestrüpp wie noch<br />
beim Ford GT von 2005. Darübergestülpt ein<br />
blaues CarbonKleidchen zum Verlieben.<br />
Kurzum: ein purer Sportwagen – eine Rückbesinnung<br />
auf das Wesentliche.<br />
Der neue Ford GT war der unumschränkte<br />
Star auf der Motor Show in Detroit, und wir<br />
können im Sportwagenkalender keine Auto<br />
Neuankündigung finden, die mehr Begehrlichkeit<br />
wecken dürfte – schon allein aus<br />
optischen Gründen. Vorne wird der Haifischschlund<br />
des allmächtigen Überahnen GT40<br />
Mk II ein letztes Mal zitiert, die Seitenkontur<br />
hat etwas Aventadorisches, das Heck würde<br />
auch die FerrariHausdesigner von Pininfarina<br />
zum Sabbern bringen, die pfeilförmig flache<br />
Silhouette ist als Zitat der großen Historie gewidmet<br />
– und doch wirkt alles frisch, völlig<br />
antiretro und herrlich aggressiv.<br />
Im ersten Mutkapitel, beim Design, hat<br />
Ford also schon mal gewonnen. Zweitens<br />
widerstand man in Dearborn der Versuchung,<br />
den SexAppeal durch das Feigenblatt Hybrid<br />
zu verdecken. „Wir haben es diskutiert, aber<br />
schnell wieder verworfen“, erklärt Ford<br />
Designer Moray Callum. Stattdessen wolle<br />
man bei Ford Stärke beim Antrieb quer durch<br />
alle Fahrzeugklassen dokumentieren, intern<br />
hieße das „die Demokratie der Triebwerke“.<br />
So ein Bullshit: Der Ford GT plädiert für die<br />
reine Diktatur des Motors!<br />
Und drittens überzeugt die Radikalität des<br />
Ansatzes: Der Ford GT soll im Renn<strong>sport</strong> für<br />
Furore sorgen, noch bevor man ihn kaufen<br />
kann. 2016 wird er in der GTEKlasse beim<br />
Renn<strong>sport</strong> für die Straße<br />
Die Aerodynamik des neuen<br />
Ford GT ist für den zukünftigen<br />
Renn<strong>sport</strong>einsatz in<br />
Le Mans zugespitzt: wenig<br />
Luftwiderstand, viel Abtrieb<br />
– und damit maximale<br />
aerodynamische Effizienz<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 51
VORSTELLUNG FORD GT<br />
24h-Rennen in Le Mans an den 50. Jahrestag<br />
des Ford-Dreifachsieges von 1966 erinnern.<br />
Was der Kunde davon hat? Extrem viel, denn<br />
das bedeutet, dass Renn- und Straßen<strong>auto</strong> parallel<br />
entwickelt werden.<br />
Witzigerweise wird Ford genau bei diesem<br />
Thema einsilbig, denn die blauen Pflaumen<br />
haben noch gar nicht offiziell zugegeben, dass<br />
der GT in den Renn<strong>sport</strong> zurückkommt. Ergo<br />
darf man den knallengen Schulterschluss zwischen<br />
Rennstrecke und Straßenbetrieb – sonst<br />
die steilste Steilvorlage in diesem Geschäft –<br />
im Moment gar nicht ausweiden.<br />
Dabei sind die Schnittmengen sogar größer<br />
als vermutet, wie <strong>sport</strong> <strong>auto</strong> enthüllen kann.<br />
Zum Beispiel beim Thema Motor: Im Ford<br />
GT werkelt ein 3,5-Liter-V6-Biturbo der sogenannten<br />
Ecoboost-Reihe. Das klingt fad,<br />
und bezogen auf die Einsatzkette des Motors<br />
in heldenhaften Himmelsstürmern wie dem<br />
Taurus SHO oder dem Lincoln MKS klingt<br />
es sogar schon fast gruselig.<br />
Doch weit gefehlt: Das V6-Triebwerk entstammt<br />
dem Renn<strong>sport</strong>derivat, wie es in den<br />
Daytona-Prototypen des werksunterstützten<br />
Chip-Ganassi-Ford-Teams im nordamerikanischen<br />
Langstrecken<strong>sport</strong> zum Einsatz kommt.<br />
Die aus der NASCAR-Rennserie bekannten<br />
Motorenfummler Jack Roush und Robert<br />
Yates haben das Basistriebwerk allerdings massiv<br />
umgekrempelt: Nur Block, Zylinderkopf<br />
und Ventiltrieb sind serienbasiert, wenngleich<br />
die variable Ventilsteuerung für den Renneinsatz<br />
entsorgt wurde. Die Zylinderköpfe wurden<br />
im Ein- und Auslassbereich massiv bearbeitet<br />
und erleichtert, die Nockenwellen sind<br />
für schärfere Steuerzeiten optimiert.<br />
Im Rennbetrieb kommen deutlich größere<br />
Borg-Warner-Turbolader aus der EFR-Baureihe<br />
(EFR: Engineered For Racing) zum Einsatz,<br />
die hocheffiziente Verdichterräder, Gamma-<br />
Titanaluminid-Turbinenräder und Keramik-<br />
Kugellager-Technologie kombinieren. Um den<br />
gestiegenen Zylinderdruck standfest zu managen,<br />
kommen bei Kurbelwelle, Pleuel und<br />
Kolben Spezialteile zum Einsatz, die auf<br />
extrem lange Laufzeiten ausgelegt sind.<br />
Motor um 18,5 Kilo abgespeckt<br />
Das Bohrung-Hub-Verhältnis (92,6 x 86,7<br />
mm) blieb unangetastet, die Verdichtung<br />
wurde aber auf 10 : 1 hochgefahren, denn wie<br />
im künftigen GT-Straßen<strong>auto</strong> arbeitet auch<br />
das Renntriebwerk mit relativ niedrigen Ladedrücken<br />
im Bereich von 1 bar. Dazu wurde<br />
die Trockensumpfschmierung eines V8-<br />
Renntriebwerks adaptiert, und die Direkteinspritzung<br />
wurde mittels einer zweiten Förderpumpe<br />
aufgenestelt, um die größeren Einspritzdüsen<br />
mit ausreichend Flüssigkraftstoff<br />
zu versorgen.<br />
Parallel wurde im Renn<strong>sport</strong> an der – kein<br />
Witz! – internen Gewichtsverteilung des Motors<br />
getüftelt: Der Zylinderkopf wurde leichter<br />
gemacht, die Turbolader weit nach unten versetzt,<br />
dito die Ladeluftkühler. Allein in der<br />
Rennsaison 2014 wurde das Triebwerk sukzessive<br />
um 18,5 Kilo abgespeckt. In einem Satz:<br />
Es blieb kein Stein auf dem anderen.<br />
Genau dieses V6-Triebwerk kehrt nun vom<br />
Renn<strong>sport</strong> wieder zurück in die Serie, im Ford<br />
GT wird es mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe<br />
gepaart, und natürlich sind<br />
ein paar Applikationen für die Alltagstauglichkeit<br />
notwendig. Noch bevor die ersten Straßen<strong>auto</strong>s<br />
im Herbst 2016 an Kunden ausgeliefert<br />
werden, wird der V6-Motor schon wieder<br />
im Renn<strong>sport</strong> trommeln – denn die GTE-<br />
Rennversion fährt ab Januar in der United<br />
SportsCar Championship (USCC) – und im<br />
Juni 2016 beim 24h-Rennen in Le Mans.<br />
Leichtbau als Prinzip<br />
Der neue Ford GT besitzt ein<br />
Monocoque aus Carbon,<br />
alle Bodywork-Teile sind<br />
ebenfalls aus dem superleichten<br />
Material gefertigt.<br />
So soll das Gewicht auf 1400<br />
Kilo gedrückt werden<br />
52 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
DIE RADIKALITÄT DES FORD<br />
GT VERBLÜFFT: ER IST ALS<br />
TRACKDAY-AUTO KONZIPIERT.<br />
HAUPTGEGNER: DER FERRARI<br />
458 SPECIALE!<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 53
VORSTELLUNG FORD GT<br />
Wer mit Ford-Ingenieuren über die Motorwahl<br />
für den GT diskutiert, bekommt gängige<br />
Glaubensgrundsätze aufgetischt: Der V6-Turbo<br />
baut kürzer, ist kleiner und damit leichter<br />
als der V8-Kompressor des Vorgänger-GT von<br />
2005. Außerdem liefert er mehr PS und mehr<br />
Nm pro Liter Hubraum und Kilogramm.<br />
Und natürlich ist er effizienter, sprich: Er säuft<br />
weniger. Aber wir wollen hier nicht wieder die<br />
Turbo-Verbreitung schelten – immerhin ist<br />
ein V6-Biturbo eine halbwegs originelle Variante<br />
des Downsizing.<br />
Auch bei der Aerodynamik des neuen Ford<br />
GT führte der Renn<strong>sport</strong> die Pinselstriche der<br />
Designer, alles ist mit Blick auf das GT-Reglement<br />
und Le Mans ausgelegt. Der Ford GT<br />
nutzt alle Tricks, um mit wenig Luftwiderstand<br />
zu glänzen: Die extrem kleine Stirnfläche<br />
wird für gute Topspeeds sorgen; die tiefen<br />
Einzüge zwischen den hinteren Radhäusern<br />
und dem Motorenabteil folgen Trends<br />
aus dem Prototypen<strong>sport</strong>; die beiden Gewölbepfeiler<br />
zwischen dem Dach und den hinteren<br />
Radhäusern kanalisieren den Luftstrom<br />
zum Heckflügel und zu den seitlich im Radhaus<br />
befindlichen Ladeluftkühlern.<br />
Weil der Ford GT mit einer Höhe von<br />
rund 1100 mm wieder ein echter Tiefflieger<br />
sein wird, dürfte die aerodynamische Effizienz<br />
– also Abtrieb bei Luftwiderstand – sowohl<br />
beim Straßen<strong>auto</strong> wie auch beim Rennableger<br />
extrem gut ausfallen. Nur im Straßen<strong>auto</strong> sind<br />
jedoch die aktiven Aero-Bauteile wie der<br />
Heckflügel erlaubt, dessen Stellung und<br />
Neigung je nach Fahrprogramm und Straßenzustand<br />
angepasst wird.<br />
Bedenkt man noch, dass der Ex-Prodrive-<br />
Techniker George Howard-Chappell, der einst<br />
die GT1-Rennwagen von Aston Martin entwickelte,<br />
heute beim kanadischen Spezialisten<br />
Multimatic im Auftrag von Ford die Grundlagenforschung<br />
für den GT lieferte und auch<br />
das Renn<strong>auto</strong> bauen wird, so darf man vermuten,<br />
dass sich die Gegner warm anziehen müssen.<br />
Einen ersten Erfolg hat der findige Ingenieur<br />
schon verbucht: Der Ford-Turbo-GT<br />
muss im Renn<strong>sport</strong> keine Luftmengenbegrenzer<br />
verwenden – zum großen Ärger der Saugmotorkonkurrenz<br />
von Porsche oder Corvette.<br />
Mit Carbon gegen Fettleibigkeit<br />
Neben Motor und Aerodynamik lag der dritte<br />
Fokus der GT-Entwicklung auf dem Gewicht.<br />
Ford peilt beim Leistungsgewicht ein Ziel von<br />
2,3 Kilo/PS an. Gehen wir von 600 PS aus,<br />
bedeutet das ein Leergewicht im Bereich von<br />
1400 Kilogramm – fast 200 Kilo weniger als<br />
beim Vorgänger. Erreicht wird dies durch üppige<br />
Verwendung von Kohlefaser: Das zentrale<br />
Monocoque ist komplett aus Carbon gefertigt,<br />
der Armaturenträger ist als tragendes Element<br />
integriert und ebenfalls aus Carbon. Nur der<br />
vordere und der hintere Hilfsrahmen bestehen<br />
aus Aluminium. Alle Karosserieteile sind wiederum<br />
aus Carbon gefertigt.<br />
Ford meint es ernst mit dem Leichtbau –<br />
sogar die Sitze sind starr ins Monocoque integriert,<br />
der Fahrer kann also nur Lenkrad und<br />
Pedalerie verstellen. Auch bei anderen Themen<br />
dominieren ungewöhnlich radikale Ansätze:<br />
Das Fahrwerk mit Doppelquerlenkern,<br />
Pushrods, Drehstabfederung, einstellbarer<br />
Fahrzeughöhe und extrem aufwendigen, im<br />
Renn<strong>sport</strong> entwickelten Multimatic-Stoßdämpfern<br />
zählt ebenso dazu wie Keramikbremsen<br />
rundum und Michelin-20-Zoll-<br />
UHP-Reifen der Spezifikation Super Sport<br />
Cup 2 – mit eigens für das Ford-GT-Modell<br />
entwickelter Konstruktion und Mischung!<br />
Während dem Vorgänger von 2005 der Ruf<br />
einer Poser-Karre anhaftete, stehen die Zeichen<br />
bei Ford jetzt auf Sturm: das interne<br />
Benchmarking positioniert den neuen GT<br />
gegen – Achtung! – den Ferrari 458 Speciale.<br />
So wird schlagartig klar, dass der radikale GT<br />
nichts weiter ist als ein Trackday-Auto. Es gibt<br />
also wieder Hoffnung – nur beim Preis leider<br />
nicht: 400 000 Dollar sind happig und fast<br />
dreimal so hoch wie beim Vorgänger. Ford<br />
glaubt, der Neue sei auch dreimal so gut. ◾<br />
DER V6-BITURBO DES FORD GT<br />
WURDE IM LANGSTRECKENSPORT<br />
ENTWICKELT UND ABGESPECKT<br />
Ausgeklügelte Aerodynamik<br />
Die Dachpfeiler kanalisieren<br />
die Luft zum Heckspoiler und<br />
zu den Ladeluftkühlern in den<br />
hinteren Radhäusern<br />
54 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf<br />
mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich<br />
kann innerhalb von 8 Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen.<br />
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Nils Oberschelp (Vorsitz), Heino Dü hrkop, Dr. Michael Rathje, Dü sternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />
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FAHRBERICHT NEUER KOMPAKT-KRACHER MIT FÜNFZYLINDER-TURBOMOTOR<br />
AUDI RS3<br />
SPORTBACK<br />
Bescheidenheit? Das können<br />
sich höchstens noch<br />
Waldorfschüler leisten.<br />
Jedenfalls holt sich der<br />
neue RS3 mit 367 PS die<br />
Leistungskrone. Dank<br />
Allradantrieb brät er auch<br />
ziemlich unbescheiden<br />
über Schnee und Eis, wie<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> in Finnland<br />
ausprobieren konnte.<br />
Text Jens Dralle<br />
Mag sein, dass die Bäume hier recht<br />
mickrig wirken. Hässliche Kerben<br />
könnten sie jedoch schon im Blech<br />
des Audi RS3 Sportback hinterlassen.<br />
Ach, egal, keine Zeit über die Konsequenzen<br />
nachzudenken. Zweiter<br />
Gang, das 2,5LiterTFSITriebwerk grölt<br />
irgendwo um 6000/min, das Heck ist lose.<br />
Kurz am rechten Lenkradpaddel zupfen, dritter<br />
Gang, das SiebengangDoppelkupplungsgetriebe<br />
beeilt sich – sehr sogar. Ein kurzer<br />
Gasstoß, das Heck schwenkt aus, am Gas bleiben,<br />
damit der Kurs weiter stimmt, links und<br />
rechts huschen die kleinen Bäumchen vorbei,<br />
viel Platz bleibt nicht. Passt schon, denn der<br />
Audi A3 bleibt auch in seiner schärfsten Ausprägung<br />
kein wild umherirrlichterndes Projektil.<br />
Stattdessen komprimiert die Quattro<br />
GmbH den Kompaktwagen zu einem präzisen<br />
Spielgerät mit einem charismatischen Motor,<br />
der von der Natürlichkeit seines aus ungerader<br />
Zylinderzahl und sorgfältig konstruierter Abgasanlage<br />
komponierten Klangs lebt.<br />
Keine Zurückhaltung<br />
Ein Kraftbolzen werkelt obendrein da vorne<br />
unter der Haube, durch die neue Architektur<br />
gegenüber dem Vorgänger wenige Zentimeter<br />
weiter hinten – das Fahrverhalten dankt’s. Mit<br />
367 PS sticht der RS3 seine Wettbewerber<br />
läs sig aus, keine Zurückhaltung – von wegen<br />
„Leistung bleibt gleich, Gewicht geht runter,<br />
deshalb mehr Dynamik“ und so. Nein.<br />
Ein neuer Ladeluftkühler ermöglicht den<br />
PSSchub, liefert kühlere Luft, von der mehr<br />
56 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
VIDEO MIT DEM<br />
RS3 IN FINNLAND<br />
Zum Betrachten des<br />
Films den Bildcode per<br />
Smartphone mit einer<br />
QR-App scannen<br />
Alles drin<br />
Zu den Stärken des Fünfzylinders<br />
zählen seine<br />
Kraft und der Klang. Die<br />
Sportsitze sind bequem,<br />
aber et was hoch<br />
mon tiert. Im Bild rechts:<br />
die SerienBremse.<br />
Gegen Auf preis: Carbon<br />
KeramikScheiben<br />
in die Brennräume passt, fertig. Dazu noch<br />
den Ladedruck von 1,2 auf 1,3 bar angehoben,<br />
den Abgasgegendruck ein wenig gesenkt,<br />
und schon muss sich die Konkurrenz strecken.<br />
Den Spaß eines manuellen Getriebes verweigert<br />
Audi weiterhin seinen Kunden, doch<br />
die S-Tronic arbeitet schnell, pointiert die<br />
Gangwechsel im Dynamic- und manuellen<br />
Modus mit herrlichen Zwischengasstößen,<br />
dann schnaubt der TFSI böse aus den beiden<br />
dicken Endrohren. Und ja, es hilft wohl auch,<br />
den RS3 in 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h<br />
zu schießen, zumindest verspricht der Hersteller<br />
diesen Wert. Derzeit ebenfalls lediglich<br />
Behauptungen seitens Audi: Das Leergewicht<br />
beträgt 1520 Kilogramm und liegt damit 55<br />
kg unter dem des Vorgängers.<br />
Sicher dagegen ist: Das Fahrverhalten auf<br />
Untergrund mit niedrigem bis sehr niedrigem<br />
Reibwert – auf Asphalt kann der RS3 erst in<br />
ein paar Wochen ausprobiert werden – wirkt<br />
DATEN & FAKTEN<br />
Audi RS3 Sportback<br />
MOTOR FünfzylinderReihenmotor mit Turbolader,<br />
Boh rung mal Hub (mm) 82,5 x 92,8, Hubraum 2480 cm³,<br />
Verdichtung 10,0 : 1, Leistung 367 PS (270 kW) bei 5550–<br />
6800/min, Drehmoment 465 Nm bei 1625–5550/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Allradantrieb, Siebengang<br />
Doppelkupplungsgetriebe, ESP<br />
BREMSEN Innenbelüftete Scheiben rundum, Durchmesser<br />
370/310 mm, ABS<br />
BEREIFUNG 235/35 R 19 vorn und hinten auf 8,0Zoll<br />
Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Viertürige Limousine, L x B x H (mm)<br />
4343 x 1800 x 1411, Radstand 2631 mm, Tankvolumen<br />
55 Liter, Gewicht 1520 kg, Leistungsgewicht 4,1 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 4,3 Sekunden,<br />
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, Verbrauch 8,1 l<br />
Super Plus/100 km<br />
GRUNDPREIS ca. 51 000 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Alles dran<br />
Ab Werk rollt der RS3 auf 19ZollRädern,<br />
gegen Aufpreis sind die vorderen breiter<br />
prima ausbalanciert, kein ungestümer Wechsel<br />
zwischen Unter- und Übersteuern. Stattdessen<br />
schiebt er über alle vier Räder, was sich durch<br />
einen Lastwechsel korrigieren lässt. Leistungsübersteuern?<br />
Klar, das geht jetzt ebenfalls<br />
prima. Statt einer rein hydraulisch betätigten<br />
Lamellenkupplung arbeitet nun eine elektrohydraulische<br />
an der Hinterachse. Durch den<br />
Entfall des Druckspeichers sinkt das Gewicht<br />
um 1,4 Kilogramm, zugleich ermöglicht die<br />
Elektronik ein schnelleres Ansprechen.<br />
Ein bisschen regelt’s immer<br />
Theoretisch gelangen so bis zu 100 Prozent<br />
der Antriebskraft an die Hinterachse, etwa<br />
wenn die Vorderräder auf blankem Eis stehen<br />
und die hinteren auf trockenem Asphalt – also<br />
praktisch nie. Üblicherweise gelangen 50 Prozent<br />
an die Hinterachse, und erst wenn die<br />
selbst bei abgeschaltetem ESP noch aktive<br />
Quersperre XDS die Vorderräder mit einem<br />
Bremsmoment für agileres Einlenken belegt,<br />
ließe sich von einer hecklastigen Momentenverteilung<br />
sprechen. Alles zu theoretisch?<br />
Stimmt. Denn in der Praxis macht der RS3<br />
eigentlich immer das, was sich Mann oder<br />
Frau am Steuer so wünschen – einzig eine<br />
niedrigere Sitzposition verwehrt der Audi.<br />
Der Fünfzylinder bleibt dagegen nichts<br />
schuldig, denn er spricht ziemlich sensibel an,<br />
setzt hellwach auch kleinste Bewegungen des<br />
Gasfußes um und entwickelt sein maximales<br />
Drehmoment 465 Newtonmeter bei 1625<br />
Umdrehungen. Bis 6800/min lässt er sich auswringen,<br />
so wie der Vorgänger. Hier zwischen<br />
den kleinen Bäumen reichen eigentlich rund<br />
5000/min, und eigentlich wäre es auch okay,<br />
das ESP im Sport-Modus arbeiten zu lassen,<br />
denn das erlaubt tapfere Driftwinkel.<br />
Ganz ohne Lasso ist der Spaß noch größer,<br />
klar. Und dann passiert es doch. Quer fliegt<br />
der RS3 ums Eck, will sich schon wieder geradeziehen,<br />
doch es waren wohl 1 bis 2 km/h zu<br />
viel. Breitseits rutscht er in den Tiefschnee<br />
– an so ziemlich der einzigen Stelle des Kurses,<br />
an dem kein Bäumchen steht. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 57
SUPERTEST McLAREN 650S SPIDER<br />
58 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015<br />
SUPERTEST<br />
Dieselbe Silhouette und die gleiche Farbgebung<br />
– der neue McLaren 650S unterscheidet<br />
sich grob betrachtet kaum<br />
vom MP4-12C, der im Supertest vor<br />
gut drei Jahren schon eine blendende<br />
Figur abgegeben hat. Der Neue<br />
soll nun trotzdem fast alles noch<br />
besser können. Ist das wahr?
Mc Fit<br />
Text Horst von Saurma · Fotos Rossen Gargolov<br />
SEGMENT<br />
Super<strong>sport</strong>wagen für<br />
Straße und Rennstrecke<br />
KOSTEN<br />
ab 99 500 Euro<br />
KONKURRENTEN<br />
Ferrari 458 Speciale,<br />
Lamborghini Huracán,<br />
Porsche 911 Turbo S,<br />
Mercedes AMG GT S,<br />
Corvette Z06,<br />
Audi R8 LMX<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 59
Gut aufgehoben<br />
Der Einstieg gestaltet<br />
sich etwas umständlich,<br />
die Sitzposition<br />
dagegen ist optimal.<br />
Bedienung: teils<br />
gewöhnungsbedürftig<br />
SCHON DER MP4-12C KANN DER AUFSTREBENDEN<br />
KONKURRENZ RECHT GELASSEN ENTGEGENSEHEN –<br />
BEI EINEM LEISTUNGSGEWICHT VON 2,4 KG/PS<br />
Usain Bolt, der schnellste<br />
Sprinter auf dem Planeten,<br />
könnte wohl ein Lied davon<br />
singen: Ob er seine<br />
Maximalleistung abrufen,<br />
sprich seinen Sprintrekord<br />
über 100 Meter wiederholen<br />
kann, hängt nicht allein von der<br />
Physis oder Psyche ab, sondern<br />
stets auch von einer Vielzahl anderer<br />
Faktoren. Ausrüstung, Wetter<br />
oder Konkurrenzumfeld zum<br />
Beispiel. Und nicht zu vergessen:<br />
auch vom Support von außen<br />
– was auch immer man darunter<br />
im Einzelnen verstehen mag.<br />
Bereits der erste Supertest des<br />
damals noch 600 PS starken, später<br />
auf 625 PS gedopten und 330<br />
km/h schnellen McLaren MP4-<br />
12C konnte dank großartig entwickelter<br />
Talente und der dadurch<br />
möglich gewordenen Spitzenleistung<br />
mit Maximalpunktzahlen<br />
im Supertest glänzen (Heft<br />
11/2011). Dank seines Leistungsgewichts<br />
von 2,4 Kilo pro PS<br />
könnte der MP4-12C der neuen<br />
aufstrebenden Konkurrenz also<br />
ganz gelassen entgegensehen –<br />
nach dem Motto: Das soll mir<br />
erst mal einer nachmachen.<br />
Kommt der designierte neue<br />
Superstar aus demselben Haus,<br />
dann wird die Sache noch interessanter<br />
– erst recht, wenn es ein<br />
Zwillingsbruder ist, der sich anschickt,<br />
die Leistungen des Top-<br />
Rennmäßig konfiguriert<br />
Die Alcantara-Sportsitze sind eng<br />
geschnitten, aber extrem passgenau<br />
stars noch einmal übertreffen zu<br />
wollen.<br />
Wie das alles zusammenhängt?<br />
Nun, beim neuen McLaren 650S<br />
handelt es sich nicht etwa um den<br />
Nachfolger des MP4-12C, wie<br />
man aufgrund des geänderten<br />
Namens meinen könnte. Der als<br />
Coupé und alternativ auch als<br />
Spider mit elektrisch versenkbarem<br />
Hardtop erhältliche Super<strong>sport</strong>ler<br />
ist nichts anderes als eine<br />
modifizierte Version auf Basis des<br />
MP4-12C. Der Genpool beider<br />
Super<strong>sport</strong>ler ist demnach also<br />
praktisch identisch.<br />
Dass der 650S trotzdem alles<br />
besser kann als sein Ausgangsprodukt,<br />
sprich: den erklecklichen<br />
Aufpreis von rund 50 000 Euro<br />
auch vollumfänglich rechtfertigt,<br />
gilt zumindest laut Hersteller aus<br />
mehrerlei Gründen als ausgemacht.<br />
Schließlich seien über die<br />
stetige Weiterentwicklung des<br />
MP4-12C hinaus auch die Erfahrungen<br />
eingeflossen, die mit dem<br />
über eine Million Euro teuren<br />
und 900 PS starken Hybrid-<br />
Super<strong>sport</strong>ler McLaren P1 gesammelt<br />
worden sind. Nicht zu vergessen<br />
auch die nun 50 Jahre<br />
währende Wettkampferfahrung<br />
von McLaren auf höchstem Motor<strong>sport</strong>niveau<br />
– und die gesammelten<br />
Erkenntnisse aus dem<br />
GT3-Engagement der Briten.<br />
Die selbstbewusste Ankündigung<br />
des Herstellers aus Woking,<br />
durch intensives Feintuning nach<br />
P1-Rezept an Motor, Getriebe,<br />
Fahrwerk, Bremsen und Karosserie<br />
signifikante Verbesserungen in<br />
allen Belangen erreicht zu haben,<br />
ist – zugegeben – infolge des<br />
überwältigenden Leistungsangebots<br />
und des unleugbaren Charismas<br />
schwer zu widerlegen.<br />
So wie sich das anregende,<br />
intime Cockpit um die Besatzung<br />
schmiegt, der V8 Biturbo und das<br />
Doppelkupplungsgetriebe zusammenspielen<br />
und wie es gelungen<br />
ist, den Spagat zwischen Fahrkomfort<br />
und Rennstrecken-Affinität<br />
weiter zu harmonisieren, ist<br />
man leicht geneigt, den Aufpreis<br />
gegenüber dem MP4-12C mit<br />
60 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
SUPERTEST McLAREN 650S SPIDER<br />
<br />
NÜRBURGRING NORDSCHLEIFE: 7.35 min<br />
Messbedingungen: Lufttemperatur 23° Celsius Asphalttemperatur 26° Celsius Luftdruck Atmosphäre 1017 mbar Luftdruck Reifen (vorn/hinten) 2,3/2,3 bar (warm)<br />
19<br />
MAXIMAL<br />
20 PUNKTE<br />
Die grandiose Vorgabe des MP4-12C von<br />
vor gut drei Jahren verpasst der neue<br />
650S in der Spider-Ausführung um wenige<br />
Sekunden. Es ist nicht so, dass der<br />
britische Mittelmotor-Sportler im Grenzbereich<br />
kritisch zu fahren wäre. Aber seine Bewegungs-Modi<br />
sind gewöhnungsbedürftig und etwas<br />
unnatürlich. Die fortwährenden Veränderungen etwa<br />
in Form der aktiven Aerodynamik rauben einem zuweilen<br />
das Vertrauen. Möglicherweise sind es auch die<br />
elektronischen Kontrollorgane, die – trotz ESP off – auf<br />
der letzten Rille doch immer mal wieder hintergründig<br />
ins Geschehen<br />
eingreifen und SUPERTEST-CHART<br />
und damit die ▶ McLaren MP4-12C 7.28 min<br />
runde Linie ▶ Porsche 911 Turbo S 7.34 min<br />
konterkarieren.<br />
Die ABS-Regelung<br />
greift außerdem<br />
hart ein.<br />
recht<br />
▶ McLaren 650S Spider 7.35 min<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 7.35 min<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
7.38 min<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 7.38 min<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
7.45 min<br />
▶ mit Sportreifen<br />
SEKTOREN-ZEITEN Streckenlänge 20,6 km<br />
SEKTOR 1 1.26,2 min<br />
SEKTOR 2 1.42,4 min<br />
SEKTOR 3 1.46,2 min<br />
SEKTOR 4 1.55,6 min<br />
SEKTOR 5 0.44,3 min<br />
FUCHSRÖHRE<br />
254 km/h<br />
SCHWEDENKREUZ<br />
274 km/h<br />
FLUGPLATZ<br />
172 km/h 1,25 g<br />
km 3<br />
km 4<br />
km 2<br />
km 6<br />
AREMBERG<br />
101km/h 1,45 g<br />
km 1<br />
EX-MÜHLE km 8<br />
121 km/h 1,45 g<br />
km 7<br />
Wehrseifen<br />
km 5<br />
Adenauer Forst<br />
10,7 m/s 2<br />
Quiddelbacher<br />
Höhe<br />
Startlinie T13 bis Brücke Ausgang Aremberg, 3850 m<br />
Brücke Ausgang Aremberg bis Posten 122 Ausgang Ex-Mühle, 4235 m<br />
Posten 122 Ausgang Ex-Mühle bis Schild Hedwigshöhe Ausgang Hohe Acht, 4825 m<br />
Schild Hedwigshöhe Ausgang Hohe Acht bis Metallbrücke Ausgang Galgenkopf, 4846 m<br />
Metallbrücke Ausgang Galgenkopf bis Ausgang Zielkurve alte Nordschleife, 2844 m<br />
METZGESFELD<br />
155 km/h 1,30 g<br />
Start<br />
Streckenabschnitt T 13;<br />
Höhe der alten<br />
Einfahrt/Streckenmeister-Haus<br />
Hocheichen<br />
Hatzenbach<br />
km 0<br />
HATZENBACHBOGEN<br />
155 km/h 1,35 g<br />
km 9 km 10<br />
Ziel<br />
Ausgang der<br />
letzten Rechtskurve;<br />
Einfahrt Streckenabschnitt<br />
T 13<br />
BERGWERK<br />
100 km/h 1,45 g<br />
KESSELCHEN<br />
252 km/h<br />
km 16<br />
SCHWALBENSCHWANZ<br />
96 km/h 1,50 g 12,2 m/s 2<br />
km 19<br />
Antoniusbuche<br />
Tiergarten<br />
km 20<br />
Hohenrain<br />
KLOSTERTAL 2<br />
87 km/h 1,40 g 10,2 m/s 2<br />
km 11<br />
KLOSTERTAL 1<br />
km 12<br />
164 km/h 1,20 g Karussell<br />
km 18<br />
km 17<br />
DÖTTINGER HÖHE<br />
302 km/h<br />
km 13<br />
Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
erreichte Vmax im Streckenabschnitt<br />
PFLANZGARTEN<br />
193 km/h km 15<br />
ANFAHRT<br />
SCHWALBEN-<br />
SCHWANZ<br />
246 km/h<br />
HOHE ACHT<br />
118 km/h 1,45 g<br />
GALGENKOPF<br />
136 km/h 1,35 g<br />
Wippermann<br />
Eschbach<br />
km 14<br />
BRÜNNCHEN<br />
113 km/h 1,45 g<br />
Testfahrer: Horst von Saurma<br />
Aktive Aerodynamik<br />
Designtechnisch stand<br />
der Hybrid-Super<strong>sport</strong>ler<br />
McLaren P1 Pate<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 61
SUPERTEST McLAREN 650S SPIDER<br />
HOCKENHEIMRING KLEINER KURS: 1.08,7 min<br />
Messbedingungen: Lufttemperatur 23° Celsius Asphalttemperatur 28° Celsius Luftdruck Atmosphäre 1008 mbar Luftdruck Reifen (vorn/hinten) 2,3/2,3 bar (warm)<br />
20<br />
MAXIMAL<br />
20 PUNKTE<br />
Auf ebener Topografie offenbart der 650S bis<br />
hoch in den Grenzbereich ein zugängliches,<br />
liebenswertes Naturell. Bösartiges Übersteuern<br />
oder lästiges Untersteuern gehören<br />
nicht zu seinen vornehmlichen Programmpunkten.<br />
Die Bremse greift gewaltig – und nachhaltig. Wer<br />
aber am Start nicht aufpasst, der produziert leicht einen<br />
Fehlstart, weil der Hecktriebler bei eingelegtem Gang trotz<br />
Fuß auf der Bremse gerne selbsttätig losrollt. Das passiert<br />
auch vor der Ampel. Der Bremsdruck ist bei leicht angelegtem<br />
Pedaldruck<br />
zu gering, um der<br />
drängenden Kupplung<br />
Paroli bieten<br />
zu können. Der<br />
Sound des V8-<br />
Doppelturbo: stets<br />
erhaben, aber nie<br />
lästig laut.<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 1.08,6 min<br />
▶ McLaren MP4-12C 1.08,7 min<br />
▶ McLaren 650S Spider 1.08,7 min<br />
▶ Porsche 911 Turbo S 1.08,7 min<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 1.09,2 min<br />
▶ Ferrari 458 Italia 1.10,5 min<br />
▶ Audi R8 V10 plus 1.10,6 min<br />
▶ mit Sportreifen<br />
12,50 m/s 2 AUSGANG QUERSPANGE<br />
77 km/h 1,30 g<br />
SACHSKURVE<br />
Testfahrer: Christian Gebhardt<br />
QUERSPANGE<br />
177 km/h 1,25 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
GP-KURS<br />
121 km/h 1,35 g Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
SENKE<br />
100 km/h 1,20 g erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
AMEISENKURVE<br />
80 km/h 1,45 g<br />
SÜDKURVE<br />
BOXENGASSE<br />
108 km/h 1,30 g<br />
FAHRERLAGER<br />
NORDKURVE<br />
139 km/h 1,25 g<br />
ZIELGERADE*<br />
221 km/h<br />
GP-KURS<br />
Schick gemacht –<br />
und rundum sehr gut verarbeitet<br />
WEITERE MESSDATEN FAHRDYNAMIK UND WINDKANAL<br />
36-METER-SLALOM QUERBESCHLEUNIGUNG AUSWEICHTEST WINDKANAL BESCHL./BREMSEN<br />
142 km/h 15 1,45 g 9 154 km/h<br />
von 15 Pkt<br />
Bei niedrigen Geschwindigkeiten<br />
wie im 18-Meter-Slalom neigt der<br />
650S Spider im Grenzbereich zu<br />
leichtem Untersteuern. Hier sind<br />
Lastwechsel zur Verbesserung des<br />
Einlenkverhaltens erforderlich.<br />
Ganz anders im schnellen Slalom.<br />
Auf minimales Einlenkuntersteuern<br />
folgt ein weitgehend neutrales<br />
Fahrverhalten. Der Umgang im<br />
Grenzbereich gestaltet sich problemlos<br />
und umgänglich.<br />
von 10 Pkt<br />
Im Fach maximale Querbeschleunigung<br />
ist eine leichte Verbesserung<br />
gegenüber dem gleichfalls mit<br />
Pirelli P Zero Corsa bestückten<br />
MP4-12C zu verbuchen. Ob es verbesserter<br />
Reifengrip ist oder andere<br />
Faktoren eine Rolle spielen, ist<br />
schwer zu sagen. Das Abrollverhalten<br />
ist komfortabel. Die leichtgängige<br />
Lenkung macht es unnötig<br />
schwer, ein gutes Händchen für die<br />
Vorderachse zu entwickeln.<br />
13<br />
von 15 Pkt<br />
In der schnellen Ausweichgasse<br />
ist grundsätzlich Ruhe am Lenkrad<br />
gefragt. Hektische Eingriffe straft<br />
der Brite schon mal gern mit einem<br />
drängenden Heck. Wie schon im<br />
Slalom bleibt der Spider trotz allem<br />
gut kontrollierbar, selbst wenn es<br />
mal quer dahingeht. Das Fahrverhalten<br />
im Ausweichtest kann als<br />
gutmütig übersteuernd bezeichnet<br />
werden. Etwas höhere Lenkkräfte<br />
kämen ihm auch hier zugute.<br />
Fahrzeugstirnfläche (A): 1,96 m 2<br />
Luftwiderstandsbeiwert (c W<br />
): 0,37<br />
Luftwiderstandsindex (c W<br />
x A): 0,72<br />
10<br />
von 10 Pkt<br />
Die vom McLaren 12C und P1 abgeleitete<br />
Aerodynamik soll bei gleichem<br />
c w<br />
-Wert für bessere Abtriebswerte<br />
sorgen. Eine Messung<br />
war nicht möglich, da der gewohnte<br />
Windkanal momentan<br />
nicht zur Verfügung steht. Die Bewertung<br />
erfolgt auf Basis der gemessenen<br />
Werte des MP4-12C.<br />
Auftrieb Vorderachse bei 200 km/h 2 kg<br />
Auftrieb Hinterachse bei 200 km/h 62 kg<br />
13,6 s 10<br />
von 10 Pkt<br />
Beschleunigung 0–200 km/h: 9,0 s<br />
Bremsen 200 –0 km/h: 4,6 s<br />
Die Gesamtzeit = Addition beider Messwerte<br />
Reifen und Bremsanlage sind – wie<br />
in diesem Super<strong>sport</strong>-Genre üblich<br />
– auf Wärme angewiesen. Mit<br />
einem Bremsweg von knapp 129<br />
Metern aus 200 km/h, das entspricht<br />
12,0 m/s², ist er ganz vorn<br />
mit dabei. In Sachen Beschleunigung<br />
sowieso: neun Sekunden bis<br />
200 km/h.<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ McLaren 650S Spider 142 km/h<br />
▶ Porsche 911 Turbo S 140 km/h<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 139 km/h<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
138 km/h<br />
▶ McLaren MP4-12C 138 km/h<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 137 km/h<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
136 km/h<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ McLaren 650S Spider 1,45 g<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 1,45 g<br />
▶ Porsche 911 Turbo S<br />
1,45 g<br />
▶ McLaren MP4-12C<br />
1,40 g<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
1,40 g<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
1,35 g<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 1,35 g<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ Porsche 911 Turbo S 162 km/h<br />
▶ McLaren MP4-12C 157 km/h<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 155 km/h<br />
▶ McLaren 650S Spider 154 km/h<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
151 km/h<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
150 km/h<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 150 km/h<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ Porsche 911 Turbo S 20/40 kg<br />
▶ McLaren MP4-12C<br />
2/62 kg<br />
▶ McLaren 650S Spider 2/62 kg<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 17/4 kg<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
23/3 kg<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
32/31 kg<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 35/31 kg<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ McLaren 650S Spider 13,6 s<br />
▶ Porsche 911 Turbo S<br />
14,6 s<br />
▶ McLaren MP4-12C<br />
15,0 s<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 15,4 s<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
15,4 s<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 16,4 s<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
16,9 s<br />
▶ mit Sportreifen<br />
62 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Quer geschossen<br />
Trotz Mittelmotor ist<br />
der McLaren 650S<br />
Spider leicht auf<br />
Kurs zu halten –<br />
auch bei Querfahrt<br />
DIE DYNAMISCHE ELEGANZ DES ATEMBERAUBENDEN<br />
BESCHLEUNIGUNGSVORGANGS KOMMT FAST EINEM<br />
KUNSTWERK GLEICH – UND DANN NOCH DIESER SOUND!<br />
Auch anders schnell<br />
Das Hardtop des Spider öffnet auf<br />
Knopfdruck in 17 Sekunden<br />
einer großzügigen Handbewegung<br />
durchaus zu legitimieren.<br />
50 PS Mehrleistung gegenüber<br />
dem Basismodell, ein um 24 Prozent<br />
erhöhter Abtrieb, modifizierte<br />
Feder- und Dämpferkennlinien<br />
und nicht zuletzt die im Detail<br />
sichtbar fortgeschriebene Gewichtsreduzierung<br />
durch zusätzlichen<br />
Kohlefasereinsatz – Beispiel<br />
Carbon-Sitze: minus 15 Kilogramm<br />
– sorgen in jedem Fall für<br />
das angekündigte „ultimative<br />
Sportwagenerlebnis“.<br />
Von einer großzügig erweiterten<br />
Bandbreite an Fähigkeiten<br />
kann indes auch nach intensiver<br />
Einlassung mit dem Objekt keine<br />
Rede sein. Die Höchstgeschwindigkeit<br />
wird trotz des PS-Aufschlags<br />
fast unverändert mit 329<br />
km/h angegeben. Grund: Der<br />
650S entwickelt einen höheren<br />
Abtrieb. Im Beschleunigungs-<br />
Fach darf mit kleinen Fortschritten<br />
gerechnet werden: zwei Zehntel<br />
schneller bis 100 km/h, acht<br />
Zehntel schneller bis 200 km/h<br />
– in Summe also 3,0 beziehungsweise<br />
9,0 Sekunden für die beiden<br />
Standardprüfungen. Dafür<br />
aber geringe Einbußen in der<br />
Elastizität: Den Kraftakt von 80<br />
auf 180 km/h im sechsten Gang<br />
erledigte der MP4-12C in 14,3<br />
Sekunden. Für den auf unterschiedlichen<br />
Strecken, aber unter<br />
vergleichbaren Bedingungen gemessenen<br />
650S wurden 14,7 Sekunden<br />
notiert. Spürbarer Unterschied?<br />
Null.<br />
Die Professionalität, die Eleganz<br />
und die Dramatik dieses<br />
atemberaubenden Vorgangs dürfen<br />
als Kunststück notiert werden,<br />
das in dieser geschmeidigen,<br />
akustisch wunderbar untermalten<br />
Form als einmalig durchgeht.<br />
Das durchweg erregende<br />
Wohlgefühl lässt die Frage zunächst<br />
in den Hintergrund treten,<br />
warum die Sprintprüfungen im<br />
Spider trotz der gegenüber dem<br />
Coupé konzeptbedingt leicht erhöhten<br />
Masse (plus 35 kg) und<br />
dem laut Prüfstandsprotokoll<br />
nicht ganz im Vollbesitz seiner<br />
Kräfte befindlichen V8-Biturbo<br />
dennoch so überzeugend gelingen<br />
konnten.<br />
Spätestens mit dem Blick auf<br />
die Rundenzeiten, der einzig<br />
wertvollen Metapher für fahrdynamische<br />
Kompetenz, taucht die<br />
Frage unvermittelt wieder auf.<br />
Entgegen der hoffnungsfrohen<br />
Erwartung seitens des McLaren-<br />
Lagers ist es dem 650S Spider<br />
nicht gelungen, die Zeiten des<br />
reifen- und bremsentechnisch<br />
vergleichbar ausgestatteten MP4-<br />
12C zu unterbieten. Unter uns:<br />
Wo soll der fahrdynamische Fortschritt<br />
auch herkommen? In<br />
Hockenheim herrscht Gleichstand<br />
– 1.08,7 Minuten. Auf der<br />
Nordschleife ist der 650S Spider<br />
gar leicht in Rückstand geraten<br />
– um ein paar wenige Sekunden.<br />
Dass es Nuancen im breiten<br />
Spektrum der Parameter sind, die<br />
darüber entscheiden, ob die theoretisch<br />
besseren Anlagen auch in<br />
der Praxis Wirkung zeigen, darauf<br />
muss an dieser Stelle noch einmal<br />
dezidiert hingewiesen werden.<br />
An dem in jeder Hinsicht<br />
grandiosen Antriebsstrang, bestehend<br />
aus 3,8-Liter-V8-Doppelturbo<br />
und Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe<br />
liegt es jedenfalls<br />
nicht, dass die erhoffte und<br />
für die Rechtfertigung des Aufwands<br />
wichtige Zeitenverbesserung<br />
verpasst wurde.<br />
Bleibt also als Grund das Fahrwerk,<br />
beziehungsweise das Fahr-<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 63
Gut versteckt<br />
Von dem in der Tiefe<br />
des Raums<br />
untergebrachten V8<br />
ist wenig zu sehen<br />
– aber viel zu hören<br />
LAUT McLAREN WIRD DIE EINLASSLUFTTEMPERATUR<br />
AUF DEM PRÜFSTAND ZU HOCH – VORSORGLICH<br />
REDUZIERT DAS STEUERGERÄT DAHER DIE LEISTUNG<br />
verhalten im Grenzbereich. Fakt<br />
ist, dass derzeit kein anderer Super<strong>sport</strong>wagen<br />
am Start steht, der<br />
den Ansprüchen des Alltags mit<br />
solcher Geschmeidigkeit begegnet.<br />
Federungs- und Abrollkomfort<br />
sind erste Sahne, obwohl der<br />
650S mit gegenüber dem Basismodell<br />
strafferen Federraten unterwegs<br />
ist.<br />
So gewissenhaft, wie das aktive,<br />
mit den Einstellungen Normal,<br />
Sport und Track aufwartende<br />
Dämpfersystem selbst im „härteren“<br />
Sport-Modus Unebenheiten<br />
wegfiltert, möchte man fast<br />
glauben, einem fliegenden Teppich<br />
anvertraut zu sein.<br />
Was bei ebener Topografie,<br />
also auf normalen Autobahnen<br />
oder auch auf Strecken wie dem<br />
Kleinen Kurs in Hockenheim<br />
Wunder wirkt, weil die Karosseriebewegungen<br />
auch im Extremmodus<br />
per Dämpfer-Impuls effektvoll<br />
auf ein Minimum reduziert<br />
werden, zeigt auf Berg-und-<br />
Tal-Kursen, die starke vertikale<br />
Fahrzeugbewegungen hervorrufen<br />
– also speziell auf der Nürburgring-Nordscheife<br />
–, doch eher<br />
Schwächen als Stärken auf. Dem<br />
Fahrer wird hier ein starker Glaube<br />
an die Technik abverlangt.<br />
Vom Aktionismus des sogenannten<br />
ProActive Chassis Control-Systems<br />
werden nämlich<br />
auch die rückwärtigen Aerodynamik-Komponenten<br />
angesteckt:<br />
Schön luftig<br />
Sechs Kilo Gewichtseinsparung durch<br />
typbezogene Leichtmetallfelgen<br />
Die Airbrake, die sich beim MP4-<br />
12C ausschließlich bei starken<br />
Bremsmanövern in den Wind<br />
stellte, um die Hinterachse mit<br />
zusätzlichem Abtrieb zu beaufschlagen,<br />
tritt beim 650S nun<br />
auch dann in Aktion, wenn es in<br />
engen Biegungen darum geht, die<br />
Hinterachse durch zusätzlichem<br />
Anpressdruck zu stabilisieren.<br />
Zu guter Letzt greift auch ein<br />
Brake-Steer-System aktiv ins Geschehen<br />
ein, indem es die Fahrzeugnase<br />
mittels einer verstärkten<br />
Bremskrafteinwirkung am kurveninneren<br />
Hinterrad in Richtung<br />
Scheitelpunkt zwingt.<br />
Etwaiges Untersteuern soll auf<br />
diese Weise schon im Ansatz verhindert<br />
werden.<br />
Die vage Vermutung, dass die<br />
diversen Einflussnahmen vielleicht<br />
doch etwas zu viel der Aktivitäten<br />
sind, ist nicht ganz von<br />
der Hand zu weisen. Denn dass<br />
sich im Unter- und Hintergrund<br />
des hochkarätigen Technik-Komplexes<br />
namens 650S im Grenzbereich<br />
fortwährend etwas tut,<br />
bleibt sensiblen Fahrern durchaus<br />
nicht verborgen.<br />
Weil sich somit der Status quo<br />
im Grenzbereich laufend verändert,<br />
kommen auf der letzten<br />
Rille zuweilen leise Zweifel an der<br />
Verlässlichkeit auf. So erfordert<br />
das Eigenlenkverhalten in seiner<br />
angedeuteten Variabilität mehr<br />
Eingewöhnung, als man es von<br />
gut entwickelten, konventionellen<br />
Fahrwerksystemen mit zwei<br />
mechanischen Stabilisatoren gewohnt<br />
ist.<br />
Damit wir uns hier aber nicht<br />
falsch verstehen: Kritische Verhaltensweisen<br />
sind dem McLaren<br />
650S nicht anzulasten. Die Hinterachse<br />
ist das krasse Gegenteil<br />
von aktiv – soll heißen: Sie bleibt<br />
selbst bei Lastwecheln stets stabil<br />
in der Spur.<br />
Wer also mit dem McLaren in<br />
den Ring steigt, muss bei der<br />
Suche nach dem Optimum<br />
einfach darauf gefasst sein, dass<br />
sich da noch einer recht aktiv ins<br />
Geschehen mit einbringt: der<br />
650S selber. ◾<br />
64 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
TECHNISCHE DATEN<br />
McLaren<br />
650S Spider<br />
Motor<br />
Typ, Aufladung<br />
V8, Turbo<br />
Bohrung x Hub (mm) 93,0 x 69,9<br />
Hubraum (cm³)/Verdicht. 3799 / 8,7<br />
PS/kW/Drehzahl 650 / 478 / 7250<br />
Nm max. 678 / 3000<br />
PS/Liter Hubraum 171,1<br />
Kraftübertragung<br />
Antriebsart<br />
Hinterrad<br />
Getriebeart, Gänge DKG, 7<br />
Differenzialsperre<br />
elektronisch<br />
Übersetzungen<br />
I./II./III./IV./V./VI./VII.<br />
Achsübersetzungen<br />
Fahrwerk<br />
Vorderachse<br />
Hinterachse<br />
Bremsen<br />
Bremsscheibenbauart<br />
4,00/2,60/1,90/1,50/<br />
1,20/0,90/0,70<br />
2,80<br />
Doppelquerlenker,<br />
Schraubenfedern,<br />
Stoßdämpfer<br />
Doppelquerlenker,<br />
Schraubenfedern,<br />
Stoßdämpfer<br />
Keramik, innenbelüftet<br />
und gelocht<br />
Scheiben Ø v./h. (mm) 394 / 380<br />
Bremssättel v./h. 6Kolben/4Kolben<br />
Räder<br />
Bereifung<br />
vorn<br />
hinten<br />
235/35 R 19<br />
305/30 R 20<br />
Pirelli P Zero Corsa<br />
Felgenbreite v./h. (Zoll) 8,5 / 11,0<br />
Karosserie<br />
L x B x H (mm) 4509 x 1908 x 1203<br />
Radstand (mm) 2670<br />
Tankvolumen (l) 72<br />
Preise<br />
Grundpreis (Euro) 255 000<br />
Testwagenpreis (Euro) 313 600<br />
Fahrdynamisch relevante Extras<br />
Diverse<br />
(Euro)<br />
Carbon-Karosserieteile<br />
Sportauspuffanlage<br />
50 830<br />
5500<br />
Unterhaltskosten<br />
Kfz-Steuer 436<br />
Haftpflicht<br />
Teilkasko<br />
Vollkasko<br />
indiv. Einstufung<br />
indiv. Einstufung<br />
indiv. Einstufung<br />
Fahrleistungen (Werksangaben)<br />
0 – 100 km/h (s) 3,0<br />
Vmax (km/h) 329<br />
Messwerte<br />
Gewicht vollgetankt (kg) 1486<br />
Verteilung v./h. (%) 41,7 / 58,3<br />
Leistungsgewicht (kg/PS) 2,3<br />
Verbräuche (l/100 km)<br />
minimal<br />
maximal<br />
Durchschnittsverbrauch<br />
Beschleunigung (s)<br />
0 – 40 km/h<br />
1,3<br />
0 – 100 km/h<br />
3,2<br />
0 – 160 km/h<br />
6,1<br />
0 – 200 km/h<br />
9,0<br />
Elastizität<br />
(s)<br />
80 – 120 km/h<br />
80 – 160 km/h<br />
Slalom 18 m (km/h) 70,8<br />
Bremsweg/Verzögerung<br />
aus 100 km/h kalt<br />
aus 100 km/h warm<br />
aus 200 km/h<br />
Messbedingungen<br />
Lufttemperatur (°C)<br />
Asphalttemp. (°C)<br />
Luftdruck (mbar)<br />
Super Plus<br />
12,4<br />
23,3<br />
17,1<br />
4./5./6./7. Gang<br />
2,7/4,1/7,2/15,3<br />
5,2/7,6/12,1/26,2<br />
(m) / (m/s²)<br />
38,6 / 10,0<br />
33,2 / 11,6<br />
128,7 / 12,0<br />
16<br />
19<br />
1014<br />
MESSDATEN MOTOR & FAHRWERK<br />
ACHSGEOMETRIE<br />
Bei der Messung traten keine Auffälligkeiten<br />
in Form von extremen Werten<br />
auf. Mit leichter Vorspur an beiden<br />
Achsen und negativem Sturz rundum<br />
liegen die Einstellungen im üblichen<br />
Rahmen. Die Vorgaben vom Werk wurden<br />
unter Berücksichtigung der Messtoleranz<br />
bis auf etwas mehr Vorspur an<br />
der Vorderachse eingehalten.<br />
Die Messungen erfolgen auf einem Prüfstand des<br />
Ingenieurbüros „Müller prüft“ in Backnang<br />
LEISTUNGSMESSUNG<br />
Auf dem Prüfstand<br />
600 PS hinkt der 650S den<br />
offiziellen Angaben<br />
um 50 PS und 56 Nm hinterher. Laut<br />
McLaren liegt das an nicht zureichender<br />
Belüftung der Ladeluftkühler<br />
während der Messung. Im normalen<br />
Fahrbetrieb soll die Einlasslufttemperatur<br />
unter 30 Grad Celsius liegen, wo<br />
der Motor seine volle Leistung erreicht.<br />
Vermutlich gilt das für Autobahnfahrten<br />
mit hohen Geschwindigkeiten<br />
und folglich viel Kühlluft. Vor der Leistungsmessung<br />
wurde eine Einlasslufttemperatur<br />
von 49 Grad im Fahrbetrieb<br />
über das bordeigene OBDSystem ermittelt.<br />
Mit dieser Temperatur erfolgte<br />
dann auch die Messung.<br />
MEINE MEINUNG<br />
Der hehre<br />
Anspruch,<br />
bereits erbrachte<br />
Leistungen<br />
auf<br />
höchstem Niveau<br />
noch<br />
mal übertreffen<br />
zu wollen,<br />
Testredakteur Horst von Saurma<br />
ist aller Ehren wert, aber ohne die Bedienung<br />
wesentlicher Stellhebel nur<br />
schwer umsetzbar. Was nicht heißen<br />
soll, dass der Entwicklungsaufwand<br />
umsonst gewesen wäre: Was die liebenswerten<br />
Umgangsformen im Alltag<br />
angeht, macht dem 650S keiner etwas<br />
vor – kein Gerappel, kein Krach, keine<br />
Verrenkungen. Der offene Super<strong>sport</strong>ler<br />
macht als gepflegteste Erscheinung<br />
im Rennbetrieb Furore – und ist trotzdem<br />
immer vorn mit dabei.<br />
LEISTUNGSMESSUNG<br />
Gemessener Wert<br />
Sollwert laut Hersteller<br />
Vorderachse Spur: 0°06’ –0°04’ bis 0°00’<br />
Sturz: –2°06’ –1°56’ bis –1°44’<br />
Hinterachse Spur: 0°04’ 0°06’ bis 0°10’<br />
Sturz: –1°12’ –1°06’ bis –0°54’<br />
Messbedingungen: UmgebungsLufttemperatur 17° Celsius Einlasslufttemperatur<br />
(OBD) 49° Celsius Luftdruck Atmosphäre 989 hPa<br />
SUPERTEST-<br />
BILANZ<br />
96<br />
von 100<br />
erreichbaren<br />
Punkten<br />
SUPERTEST McLAREN 650S SPIDER<br />
SUPERTEST-CHART<br />
▶ Porsche 911 Turbo S 98 Pkt.<br />
▶ McLaren MP4-12C<br />
97 Pkt.<br />
▶ McLaren 650S Spider 96 Pkt.<br />
▶ Lamborghini Gallardo Superl. 92 Pkt.<br />
▶ Mercedes SLS AMG Bl. Series 89 Pkt.<br />
▶ Ferrari 458 Italia<br />
87 Pkt.<br />
▶ Audi R8 V10 plus<br />
87 Pkt.<br />
▶ mit Sportreifen<br />
<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 65
TECHNIK HONDA NSX<br />
NSX UND FERTIG<br />
Dass der neue Sportwagen von Honda mit Hybridantrieb kommt, überrascht nicht.<br />
Dass die Technik nicht für niedrige CO 2<br />
-Werte angewendet wird, dagegen schon.<br />
Text Jens Dralle<br />
Wir waren vorbereitet,<br />
hielten sämtliche<br />
Gegenargumente zum<br />
Abfeuern bereit, und<br />
dann kam das: „Beim<br />
Hybrid antrieb des NSX<br />
geht es uns nicht primär um<br />
einen niedrigen CO 2<br />
-Ausstoß“,<br />
sagt Ted Klaus, Projektverantwortlicher<br />
Chefingenieur von<br />
Honda R&D America. Bitte?<br />
Da stecken drei Elektromotoren<br />
im neuen Super<strong>sport</strong>wagen,<br />
dessen Vorgänger vor allem für<br />
sein niedriges Gewicht bekannt<br />
war, und es geht dabei nicht um<br />
Effizienz? Klaus berichtet: „Den<br />
wenigsten Sportwagenfahrern<br />
ist bewusst, welch mühelose Antriebsart<br />
die Kombination von<br />
E-Motoren und Verbrenner darstellt,<br />
da die Elektroaggregate ihr<br />
Drehmoment sofort beim Start<br />
bereitstellen.“ Und dazu käme<br />
noch der Geräuschkomfort im<br />
reinen Elektrobetrieb: „Als ich<br />
meine Tochter mit einem potenziellen<br />
Wettbewerbsfahrzeug zur<br />
Schule gefahren habe, kamen<br />
danach Beschwerden von Lehrern<br />
und anderen Eltern, weil das<br />
Auto so laut war“, erzählt Klaus.<br />
Leistung gepaart mit<br />
Alltagstauglichkeit<br />
Ob er mal über einen Wechsel<br />
der Schule nachgedacht habe?<br />
Klaus schüttelt verständnislos<br />
den Kopf. „Der erste NSX war<br />
bekannt für seine hohe Alltagstauglichkeit.<br />
Wir sind der Meinung,<br />
dass sich das heutzutage<br />
am besten mit einem Hybridkonzept<br />
realisieren lässt“, sagt der<br />
Chefentwickler bestimmt. Nun<br />
gut, der zusätzliche E-Schub kann<br />
schon beeindrucken, das haben ja<br />
bereits einige andere Modelle wie<br />
Porsche 918 und Ferrari LaFerrari<br />
bewiesen. Der NSX hingegen<br />
zielt mit einer Systemleistung von<br />
deutlich über 500 PS – präziser<br />
wird der Hersteller aktuell nicht<br />
– auf Sportler wie den Porsche<br />
911 Turbo, den Ferrari 458 und<br />
Audi R8 V10. Gleiches gilt für<br />
den Preis, der in Europa bei rund<br />
160 000 Euro liegen dürfte. Aber<br />
VORFÜHLEN<br />
Redakteur Dralle durfte schon mal Platz nehmen – er passt tatsächlich rein<br />
66 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
wie war das jetzt gleich noch mit<br />
dem Gewicht? „Nun, wenn sich<br />
das Gewicht nahe am Fahrer und<br />
tief positionieren lässt, kann das<br />
durchaus positive Auswirkungen<br />
auf das Handling haben“, erklärt<br />
Klaus – und verspricht, dass der<br />
NSX den niedrigsten Schwerpunkt<br />
in seinem Segment aufweisen<br />
wird.<br />
Zumindest die Sitzposition<br />
lässt darauf schließen, dass es<br />
Honda ernst damit meint, denn<br />
man muss sich schon weit herunterbequemen,<br />
um in den NSX zu<br />
kommen. Hinter dem motor<strong>sport</strong>lich<br />
angedetschten Lenkrad<br />
bleibt ausreichend Bewegungsfreiheit,<br />
das Platzangebot ist wirklich<br />
okay. Gleiches gilt für die<br />
Aussicht nach vorne. Michelle<br />
Christensen, verantwortlich für<br />
das Exterior-Design, war es jedenfalls<br />
wichtig, die „sehr schmalen<br />
A-Säulen der Studien für das<br />
Serienmodell zu übernehmen“.<br />
DAS ANTRIEBSKONZEPT<br />
Dem längs eingebauten V6-Biturbo-<br />
Benziner in der Fahrzeugmitte springt<br />
ein Elektromotor bei, zwei weitere<br />
treiben die Vorderachse an. Damit soll<br />
sogenanntes Torque-Steering möglich<br />
sein, also ein gezielter Kraftfluss zum<br />
kurvenäußeren Rad für ein agileres<br />
Einlenkverhalten. Ein eigens entwickeltes<br />
Neungang-Doppelkupplungs-<br />
getriebe übernimmt die<br />
Kraftverteilung.<br />
den angepeilten Preis sowie die<br />
technischen Eckdaten zugrunde,<br />
bleibt kein Spielraum für aufwendigen<br />
Leichtbau. Demnach dürfte<br />
sich das Gewicht des 4,47 Meter<br />
langen, 1,94 Meter breiten<br />
und 1,22 Meter hohen NSX bei<br />
rund 1,7 Tonnen einpendeln.<br />
Dennoch muss er in der Lage<br />
sein, in nur knapp über drei Sekunden<br />
von 0 auf 100 km/h zu<br />
sprinten. Bezüglich des Handlings<br />
könnten die Prophezeiungen<br />
des Herstellers durchaus wahr<br />
werden, denn mit seiner Spurweite<br />
von 1655 mm vorne und 1615<br />
mm hinten übertrifft der NSX<br />
Audi R8 und 911 Turbo. Der<br />
Radstand fällt mit 2,63 Metern<br />
zwei Zentimeter kürzer aus als<br />
der des R8. Vorne steht der Honda<br />
auf 245/35-19-Rädern, hinten<br />
auf 295/30-20, ein durchaus übliches<br />
Format.<br />
Und wie kommt die Kraft<br />
dorthin? An die Hinterachse per<br />
Neungang-Doppelkupplungsgetriebe,<br />
die Verteilung an alle vier<br />
Räder erfolgt über die Elektronik.<br />
Sie bietet vier Modi: Quiet,<br />
Sport, Sport+ und Track. Welcher<br />
davon am meisten Spaß bietet?<br />
Im Sommer wissen wir mehr.<br />
Hoffentlich. ◾<br />
Der Fokus liegt auf der<br />
Gewichtsbalance<br />
Doch zurück zum Gewicht. Die<br />
Balance sei das Entscheidende,<br />
nicht die schiere Kraft, betont<br />
Klaus – und: „Der Fahrer muss<br />
der cleverste Bestandteil des<br />
Autos bleiben. Wir würden nie so<br />
weit gehen, einen Sportwagen zu<br />
entwickeln, der dem Menschen<br />
hinsichtlich des logischen Denkens<br />
und des Fühlens zu nahe<br />
kommt“, betont Klaus.<br />
Balance hin oder her, eine<br />
Gewichtsangabe bleibt Honda<br />
derzeit noch schuldig – wie so<br />
vieles rund um den NSX. Nach<br />
dem beinahe zehn Jahre währenden<br />
Eiertanz rund um den Super<strong>sport</strong>wagen<br />
kommt es auf die<br />
paar Monate bis zur Fahrvorstellung<br />
nun auch nicht mehr an.<br />
Bleibt also noch ein bisschen<br />
Luft zum Spekulieren: Legt man<br />
! IM DETAIL<br />
Der Vorgänger<br />
Unter 1,4 Tonnen wog der Ur-NSX,<br />
der von 1990 bis 2005 gebaut<br />
wurde – so gesehen fiel die<br />
Motorleistung von zuletzt 280 PS<br />
gar nicht mal so mickrig aus. Der<br />
V6-Sauger saß längs im Heck,<br />
drehte bis 8200/min und verfügte<br />
über edle Zutaten wie Titan-Pleuel<br />
und Platin-Zündkerzen. An der<br />
Fahrwerksabstimmung feilte sogar<br />
Formel-1-Legende Ayrton Senna<br />
mit. Der NSX galt als alltagstauglich<br />
– aber ähnlich agil wie seine<br />
damaligen Konkurrenten.<br />
REINDENKEN<br />
Auf den ersten Blick wirkt alles clean, auf den zweiten verwirren viele Schalter<br />
ABSCHLIESSEN<br />
Auf wilde Flügel verzichtet der NSX, aber vier Endrohre müssen wohl sein<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 67
RATGEBER GEBRAUCHTE SPORTWAGEN: MERCEDES SLS AMG UND PORSCHE 911 TURBO<br />
GERMAN<br />
ENGINEERING<br />
Porsche oder AMG? 911 Turbo oder Flügeltürer? Die beiden schwäbischen Performance-<br />
Marken gehen höchst unterschiedliche Wege im Super<strong>sport</strong>wagen-Segment. Was kosten<br />
997 Turbo und SLS AMG als Gebrauchtwagen – und worauf sollte man achten?<br />
Text Frank Mühling · Fotos Arturo Rivas<br />
68 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Lions Club<br />
Eine ganze Halle voller<br />
kraftstrotzender Supercars<br />
bei Auto Zitzmann in<br />
Nürnberg<br />
1<br />
2<br />
Ab 80 000 Euro: 911 Turbo S<br />
Ab 125 000 Euro: SLS AMG<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 69
RATGEBER GEBRAUCHTE SPORTWAGEN: MERCEDES SLS AMG UND PORSCHE 911 TURBO<br />
1<br />
IM GEBRAUCHT-CHECK: MERCEDES SLS AMG<br />
Technische Daten<br />
Achtzylinder-V-Motor, Hubraum 6208 cm 3 , Leistung 571 PS (420 kW) bei 6800/min, maximales<br />
Drehmoment 650 Nm bei 4750/min, Heckantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe,<br />
Höchstgeschwindigkeit 317 km/h, <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Messwerte (5/2010): 0 – 100 km/h in 4,0 s,<br />
Bremsweg 100 – 0 km/h, warm: 34,3 m, Rundenzeit Kleiner Kurs Hockenheim 1.10,8 min,<br />
Testverbrauch (Super Plus) 22,5 l/100 km, Gewicht (vollgetankt): 1647 kg<br />
Unterhaltskosten<br />
Inspektion klein/groß .............................................................................................. 480/600 Euro<br />
Zahnriemenwechsel ...................................................................................... entfällt (Kette) Euro<br />
Bremsscheiben/-beläge vorn (Keramik, Satz) ...............................................................7358 Euro<br />
Lichtmaschine (AT) ..........................................................................................................785 Euro<br />
Wasserpumpe .................................................................................................................418 Euro<br />
Anlasser (AT) ...................................................................................................................730 Euro<br />
Auspuff-Endschalldämpfer............................................................................................2700 Euro<br />
Getriebe.........................................................................................................................8939 Euro<br />
Kotflügel vorn ................................................................................................................1760 Euro<br />
Stoßfänger vorn ............................................................................................................2339 Euro<br />
Scheinwerfer Xenon (Stück)..........................................................................................1866 Euro<br />
Alu-Felge v./h. (Stück) .......................................................................................... 950/1050 Euro<br />
Wertentwicklung<br />
2010: 177 300 Euro<br />
2012: 140 000 Euro<br />
2014: 110 000<br />
Euro<br />
2015: 125 000 Euro<br />
„Gepfl egter Innenraum im gebrauchten SLS AMG – trotz<br />
Marktlage<br />
Knapp 100 gebrauchte SLS AMG stehen in Deutschland zum Verkauf. Das Coupé kam 2010 und<br />
ist häufiger anzutreffen als der Roadster (ab 2011). Start bei 125 000 bzw. 160 000 Euro.<br />
Sammler-Pech<br />
Lange Standzeiten können die Batterie frühzeitig killen.<br />
Also ein paar Euro in einen Erhaltungslader investieren<br />
Auf die Knie<br />
Die Verbundbremsscheiben müssen auf Risse zwischen<br />
den Löchern geprüft werden<br />
Unter Tage<br />
Um die Fahrwerksbuchsen checken zu können, muss<br />
das Auto auf die Hebebühne<br />
Bekannte Größe gegen<br />
Neuzugang? Understatement<br />
oder Showeffekt?<br />
Dauerbrenner kontra Eintagsfliege?<br />
Den 911 Turbo<br />
produziert Porsche seit<br />
1974, ein Ende ist nicht abzusehen.<br />
Der Gegenspieler von<br />
Mercedes in Gestalt des SLS<br />
AMG war nur von 2010 bis<br />
2014 auf dem Markt. Aktuell<br />
tritt der neue AMG GT gegen<br />
den Klassiker aus Stuttgart an.<br />
Ob am Stammtisch oder auf<br />
dem Nordschleifen-Parkplatz:<br />
Wer den besseren Super<strong>sport</strong>ler<br />
baut – das wird wohl immer<br />
hitzige Diskussionen entfachen.<br />
Zuffenhausen und Affalterbach<br />
sind zwar nur 22,9 Kilometer<br />
voneinander entfernt, konzeptionell<br />
trennen beide jedoch Lichtjahre<br />
voneinander.<br />
41 000 Kilometern und Mietwagen-Status “<br />
„Die Story des<br />
Hier der Biturbo-Heckmotor<br />
in Boxer-Konfiguration mit nur<br />
3,8 Litern Hubraum, dort der<br />
hinter der Vorderachse als Frontmittelmotor<br />
installierte, frei saugende<br />
V8-Krösus mit 6,2 Litern<br />
Hubraum. Heck- kontra Allradantrieb,<br />
Stahl- gegen Alukarosse.<br />
Die Unterschiede ließen sich<br />
schier endlos fortführen – wo<br />
aber sind die Gemeinsamkeiten?<br />
Okay, die Trockensumpfschmierung<br />
gilt in dieser Liga als gesetzt,<br />
deutlich über 500 PS Leistung<br />
und rund 700 Newtonmeter<br />
Drehmoment auch. Sogar das<br />
Doppelkupplungsgetriebe verwaltet<br />
hier wie da sieben Gänge –<br />
beim 911er optional, beim SLS<br />
AMG als Standard. Wir biegen<br />
kurz ab in die Seitenstraße namens<br />
Modellhistorie: Der Flügeltürer<br />
kam 2010 auf die Welt.<br />
Mit 571 PS gab es anfangs nur<br />
eine Leistungsstufe. Als fahrdynamisch<br />
relevante Optionen konnte<br />
der solvente Kunde die Keramikbremse<br />
mit bronzefarbenen Sätteln,<br />
Schalensitze und ein Performance-Fahrwerk<br />
wählen. Dieses<br />
Extra flog, weil sehr straff, Ende<br />
911 Turbo beginnt<br />
1974 mit der<br />
Ölkrise und hört mit<br />
dem nächsten GT2<br />
noch nicht auf“<br />
2011 aus dem Programm und<br />
wurde durch ein Fahrwerk mit<br />
variabler Dämpfung und drei<br />
Stufen ersetzt. Zeitgleich debütierte<br />
der Roadster. Mitte 2012<br />
kam der SLS AMG GT mit<br />
591 PS und reaktionsschnellerem<br />
Getriebe. Hier war die variable<br />
Dämpfung serienmäßig, verzichtete<br />
aber auf die Stufe Comfort.<br />
Der Über-SLS Black Series<br />
mit 631 PS, komplett geänderter<br />
Aerodynamik sowie verschärftem<br />
Fahrwerk und Antrieb debütierte<br />
erst 2013.<br />
Zum Porsche 911 Turbo: Wo<br />
anfangen, wo aufhören? Bevor<br />
wir die ganze Geschichte erzählen,<br />
von der Ölkrise bis zum<br />
nächsten GT2 (den es noch gar<br />
nicht gibt), beschränken wir uns<br />
auf das Modell 997. Als Turbo<br />
kam der Allradler 2006 auf den<br />
70 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
„Der SLS AMG ist<br />
ein Mietwagen, der<br />
911 Turbo ein Kunden<strong>auto</strong>.<br />
Hier sind<br />
die Schlüssel“<br />
Markt, der damals noch 3,6 Liter<br />
große Boxer leistete 480 PS. Ein<br />
Novum: die VTG-Lader. 2007<br />
folgte das Cabrio. Zum Facelift<br />
2009 ersetzte ein neuer 3,8 Liter<br />
großer Direkteinspritzer das Vorgänger-Triebwerk.<br />
Glatte 500 PS<br />
standen nun im Datenblatt.<br />
Gleichzeitig flog die Wandler<strong>auto</strong>matik<br />
zugunsten des Doppelkupplungsgetriebes<br />
PDK aus<br />
dem Sortiment. Der 997 Turbo S<br />
mit 530 PS kam 2010 und hatte<br />
PDK, Keramikbremse, Sperrdifferenzial<br />
und das Sport-Chrono-Paket<br />
serienmäßig. Preislich<br />
trennten beide über 20 000 Euro.<br />
So weit so gut – und so verwirrend.<br />
Denn wer sich für einen<br />
gebrauchten 911 Turbo interessiert,<br />
sollte die Baujahre und die<br />
technischen Unterschiede im<br />
Blick haben. Auch, um dem einen<br />
oder anderen kreativen Verkäufer<br />
nicht auf den Leim zu gehen<br />
(„Ey, krasser 700-PS-Turbo,<br />
extrem selten, gab’s so ab Werk!“).<br />
Weg von der Seitenstraße,<br />
zurück auf die Hauptstraße. Genauer:<br />
in die Fuggerstraße nach<br />
Nürn berg. Hier hat Auto Zitzmann<br />
seine Zelte aufgeschlagen.<br />
Zelte? Ganze Hallen! Alle gefüllt<br />
mit feinsten Luxus<strong>auto</strong>s und<br />
Sportwagen. Zwischen Maserati,<br />
Maybach, McLaren, Ferrari,<br />
Rolls-Royce und Lamborghini<br />
warten ein SLS AMG und ein<br />
911 Turbo S auf die <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-<br />
Crew. Werkstattleiter Herbert<br />
Fiegl begrüßt uns mit zwei Cappuccino<br />
und zwei Autoschlüsseln.<br />
„Der SLS ist bei uns in der Vermietung,<br />
der 911er ist ein Kunden<strong>auto</strong>.<br />
Der Besitzer braucht ihn<br />
gerade nicht und fährt was anderes.“<br />
Na, da greifen wir doch ohne<br />
Zögern zu und sagen artig Danke<br />
schön. Der nette Kunde hat<br />
Geschmack: Sein 997 Turbo S<br />
stammt von Ende 2011, ist außen<br />
und innen schwarz, unverbastelt<br />
und hat erst 15 000 Kilometer auf<br />
der Uhr. Die gelben Bremssättel<br />
stehen dem Sportwagen-Urmeter<br />
ebenso gut wie die 19-Zöller mit<br />
Zentralverschluss.<br />
Turbo passt auf Anhieb<br />
Also, rein in die gute Stube. Einen<br />
Elfer vom Typ 997 zieht man<br />
sich wie einen gut sitzenden<br />
Handschuh an. Wer Golf fahren<br />
kann, kommt auch mit einem<br />
Porsche Turbo zurecht. Die Inneneinrichtung<br />
ist pragmatisch<br />
und unauffällig, im SLS gibt es<br />
mehr Drama. Dafür carvt man<br />
mit dem 911 Turbo S völlig unspektakulär<br />
durch den dichten<br />
Verkehr der Frankenmetropole.<br />
Übersicht, Sitzposition, Abmessungen,<br />
Federungskomfort<br />
(adaptive Dämpfung!) – alles zu<br />
100 Prozent alltagstauglich. Dafür<br />
ist der Porsche 911 seit jeher<br />
bekannt. Doch wehe, man gibt<br />
ihm die Sporen: Aberwitzig<br />
Augen auf<br />
Der tief und mittig angeordnete Ladeluftkühler ist dem<br />
Beschuss von Steinchen und Streusalz ausgeliefert<br />
Geht ins Geld<br />
Extremer Rennstreckeneinsatz kann zu verformten<br />
Verbindungen an den Keramikscheiben führen<br />
Im Spritzwasser<br />
Die Regelstangen an den VTG-Turboladern können<br />
festrosten, dann geht der Motor ins Notlaufprogramm<br />
IM GEBRAUCHT-CHECK: PORSCHE 911 TURBO S<br />
Technische Daten<br />
Sechszylinder-Boxermotor mit zwei Turboladern, Hubraum 3800 cm 3 , Leistung 530 PS (390 kW) bei<br />
6250/min, max. Drehmoment 700 Nm bei 2100 – 4250/min, Allradantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe,<br />
Höchstgeschwindigkeit 315 km/h, <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Messwerte (3/2011): 0 – 100<br />
km/h in 3,1 s, Bremsweg 100 – 0 km/h, warm: 34,1 m, Rundenzeit Kleiner Kurs Hockenheim<br />
1.10,9 min, Testverbrauch (Super Plus) 15,8 l/100 km, Gewicht (vollgetankt): 1569 kg<br />
Unterhaltskosten<br />
Inspektion groß ...............................................................................................................850 Euro<br />
Zahnriemenwechsel ...............................................................................................entfällt (Kette)<br />
Bremsscheiben/-beläge vorn (Keramik, Satz) ............................................................ 16 400 Euro<br />
Lichtmaschine (AT) ..........................................................................................................850 Euro<br />
Wasserpumpe .................................................................................................................370 Euro<br />
Anlasser (AT) ...................................................................................................................500 Euro<br />
Auspuff-Endschalldämpfer..............................................................................................690 Euro<br />
Getriebe.........................................................................................................................9000 Euro<br />
Kotflügel vorn ..................................................................................................................490 Euro<br />
Stoßfänger vorn ..............................................................................................................890 Euro<br />
Scheinwerfer Xenon (Stück)..........................................................................................1100 Euro<br />
Alu-Felge v./h. (Stück) ........................................................................................ 2200/2300 Euro<br />
Wertentwicklung<br />
Marktlage<br />
2006: 133 600 Euro<br />
2009: 100600 Euro<br />
2012: 75 000 Euro<br />
2015: 48 000 Euro<br />
Der von 2006 bis 2012 gebaute 997 Turbo ist etwas häufiger verfügbar als der SLS AMG. Start<br />
mit 480 PS bei knapp 50 000 Euro. Der Turbo S kam 2010 und kostet mindestens 80 000 Euro.<br />
2<br />
„Typisch Elfer: Der 911 Turbo überzeugt durch top Alltagstauglichkeit<br />
– fast wie ein VW Golf “<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 71
1<br />
RATGEBER GEBRAUCHTE SPORTWAGEN: MERCEDES SLS AMG UND PORSCHE 911 TURBO<br />
„Evergreen: Der Porsche 911 Turbo erfreut Dynamik-Fetischisten seit 1974, ein Ende ist nicht in Sicht “<br />
2<br />
„Kurzes Vergnügen: Der AMG-Langschnauzer mit V8-Sauger wurde nur vier Jahre lang gebaut “<br />
72 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
spannt er seine Muskeln und<br />
schießt gen Horizont. Ansatzlos<br />
pressen die Turbos das Gemisch<br />
in die sechs Brennräume, nur begleitet<br />
von einem leicht rauschenden<br />
Brodeln.<br />
Dank Allrad geht nichts von<br />
der schieren Kraft in Rauch auf,<br />
das PDK wechselt die Gänge fix<br />
und unauffällig. Kurz gesagt: Das<br />
Gerät geht ab wie die sprichwörtliche<br />
Sau. Im Supertest legte ein<br />
gelber 997 Turbo S einen fabelhaften<br />
Beschleunigungswert von<br />
3,1 Sekunden aufs Parkett. Sein<br />
schwächerer Bruder ohne „S“ war<br />
„3,1 Sekunden<br />
für den Sprint auf<br />
Tempo 100 und in<br />
7.44 Minuten über<br />
die Nürburgring-<br />
Nordschleife“<br />
nur eine Zehntel langsamer. Auf<br />
der Nordschleife lagen drei Sekunden<br />
zwischen beiden Modellen<br />
(7.44 zu 7.47 Minuten). In<br />
Hockenheim distanzierte der<br />
Stärkere mit einer Rundenzeit<br />
von 1.12,1 min den Schwächeren<br />
aber um 1,1 Sekunden.<br />
Mindestens 80 000 Euro muss<br />
man für einen 997 Turbo S ausgeben.<br />
Die laufenden Kosten für<br />
Unterhalt, Verschleiß und Ersatzteile<br />
können bei PorscheNeulingen<br />
spontane Schwindelanfälle<br />
auslösen. Dafür lässt sich der<br />
SPORTLICHE ALTERNATIVEN<br />
Ferrari 458 Italia<br />
Knapp fünf Jahre verdreht uns der<br />
Einstiegs-Ferrari schon den Kopf. Der<br />
V8-Saugmotor dreht wie entfesselt bis<br />
maximal 9000 Umdrehungen, schreit<br />
wie verrückt und mobilisiert 570 PS.<br />
Perfektes Rennstrecken-Tool, dabei<br />
gute Alltagstauglichkeit. Start bei rund<br />
125 000 Euro, ordentliche Auswahl.<br />
VERTRAUENSFRAGE<br />
Welcher Typ Sportwagen-Fan sind<br />
Sie? Understatement oder großes<br />
Kino? Wer den dezenten Auftritt<br />
bevorzugt, greift eher zum Porsche<br />
Turbo als zum Mercedes SLS AMG.<br />
Der 911er fällt im Straßenverkehr<br />
kaum auf, die Form des Coupés ist<br />
seit Jahrzehnten präsent. Sozialneid<br />
kann sicherlich auch er auslösen,<br />
doch wer im Silberpfeil vorfährt und<br />
dann noch die effektheischenden<br />
Flügeltüren öffnet, darf nicht damit<br />
rechnen, dass das alle Umstehenden<br />
total super finden. Typisch<br />
deutsch? Wie auch immer: Der SLS<br />
AMG mit seinem auffälligen Design<br />
und den dramatischen Proportionen<br />
verkörpert viel eher das Symbol<br />
für Reichtum als Porsches ewiger<br />
Heck motor-Sportler. Preislich dürfte<br />
der 911 Turbo vom Typ 997 die<br />
Tal sohle bald erreicht haben.<br />
Boxer (Downsizing!) verbrauchsgünstig<br />
bewegen.<br />
Typischer Schwachpunkt: der<br />
Ladeluftkühler in der Mitte. Tief<br />
angeordnet, ist er dem Beschuss<br />
von Steinchen und Streusalz ausgeliefert.<br />
Wenn es hart kommt,<br />
verformt er sich und wird undicht.<br />
Die Regelstangen der<br />
VTGTurbos leiden auch unter<br />
Spritzwasser und rosten gerne<br />
fest. Dann kann der Motor in<br />
den Notlauf gehen, im Einzelfall<br />
sind neue Lader fällig. Einen<br />
Blick wert sind die Reifen, sie<br />
McLaren MP4-12C<br />
Der Brite kam erst vor drei Jahren auf<br />
den Markt und ist als Secondhand-<br />
Auto nur in homöopathischen Dosen<br />
verfügbar. Mit 625 PS steht der 3,8<br />
Liter große V8-Biturbo des McLaren<br />
gut im Futter. Auch fahrdynamisch<br />
überzeugt der Mittelmotor<strong>sport</strong>ler. Unter<br />
120 000 Euro nicht zu bekommen.<br />
Die Nachfrage ist<br />
aktuell eher<br />
schwach, bei<br />
knapp 50 000<br />
Euro geht es los.<br />
Wie (fast) jeder<br />
Porsche hat auch<br />
der 911 Turbo<br />
das Zeug zum<br />
sehr begehrten<br />
Klassiker. Beim<br />
Flügeltürer sieht<br />
die Situation ganz anders aus. Noch<br />
vor einem Jahr gab es 2010 produzierte<br />
SLS AMG bereits ab rund 110 000<br />
Euro, aktuell sind mindestens 15 000<br />
Euro mehr fällig. Dass die Preise jetzt<br />
anziehen, dürfte auch am neuen GT<br />
liegen, der eben keine Flügeltüren<br />
mehr hat und dem SLS AMG einen<br />
außergewöhnlichen, ja ikonenhaften<br />
Status sichern könnte. Außerdem<br />
wurde der Affalterbacher in einer<br />
vergleichsweise geringen Stückzahl<br />
gebaut, was grundsätzlich immer für<br />
steigendes Interesse bei Autosammlern<br />
sorgt. Egal ob Porsche oder Mer -<br />
cedes: Kenner der Materie kaufen<br />
einen Sportwagen übrigens nicht jetzt<br />
im Winter, sondern zwischen August<br />
und Oktober – dann, wenn keiner<br />
sucht. Geringe Nachfrage trifft auf ein<br />
größeres Angebot, was bekanntlich<br />
die Preise drückt.<br />
fahren sich innen stärker ab als<br />
außen. Beachtung verdienen auch<br />
die inneren Manschetten der vorderen<br />
Antriebswellen (löchrig),<br />
die Lager von Koppelstangen und<br />
Stabis (Geräusche) sowie die Verbindungen<br />
zwischen Keramikscheibe<br />
und Bremsentopf. Sind<br />
sie verformt, war der Vorbesitzer<br />
ein exzessiver und hart bremsender<br />
Rennstreckenliebhaber.<br />
Das scheint bei unserem fränkischen<br />
Kunden nicht der Fall zu<br />
sein, an seiner Keramikbremse ist<br />
alles frisch. Ein letzter Gasstoß –<br />
Audi R8 5.2 FSI Quattro<br />
Bei ihrem ersten Sportwagen haben<br />
sich die Audianer am klassischen Ferrari-<br />
und Lamborghini-Layout orientiert.<br />
Der V10-Mittelmotor leistet zwischen<br />
525 und 570 PS. Frühe R8 V10<br />
von 2009 sind bereits für gut 60 000<br />
Euro zu haben. Aktuell stehen hierzulande<br />
gut 200 Autos zum Verkauf.<br />
und rein in die Luxushalle zum<br />
Fahrzeugtausch. Inhaber Christoph<br />
Zitzmann schlägt jährlich<br />
über 700 Autos um, „vom geleasten<br />
VW Touran bis zum Rolls<br />
Royce Wraith“, so der Autofan,<br />
der eine eigene Leasingfirma betreibt<br />
und sein Hobby vor fast 30<br />
Jahren zum Beruf gemacht hat.<br />
„Der SLS AMG ist im seltenen<br />
Farbton Alubeam, dieses Extra<br />
hat alleine gut 10 000 Euro<br />
gekostet.“ 136 000 Euro soll der<br />
2011 zugelassene Flügeltürer mit<br />
41 000 Kilometern kosten. Wer<br />
den Motor startet, wird vom klassischen<br />
V8Donnerhall begrüßt.<br />
Dagegen wirkt der kleine PorscheBoxer<br />
geradezu schüchtern.<br />
Flügeltür auf, rein in das appetitliche<br />
Cockpit. Sitzposition und<br />
Übersicht erfordern mehr Gewöhnung,<br />
auch die lange, breite<br />
Haube verlangt Konzentration.<br />
Pure Freude verströmen Sound<br />
und Ansprechverhalten des V8<br />
Saugers. DrehmomentPunch<br />
und Spaß an hohen Drehzahlen<br />
vermischen sich zu einem feurigen<br />
Motorvergnügen, das schlicht<br />
süchtig macht. Dass der SLS mit<br />
4,0 Sekunden im Supertest klar<br />
langsamer beschleunigte als der<br />
Tur bo S, spürte man subjektiv<br />
kaum.<br />
Dafür war er auf der Nordschleife<br />
exakt vier Sekunden<br />
schneller. Zu spüren sind dagegen<br />
die verzögerten Reaktionen auf<br />
manuelle Schaltbefehle. Und<br />
der enorme Durst des Hubraum <br />
Dinos.<br />
Wenig Sorgen beim SLS<br />
TechnikÄrger kennen FlügeltürerEigner<br />
kaum. Hin und wieder<br />
können Sensoren Probleme<br />
verursachen. Durch lange Standzeiten<br />
stirbt die eine oder andere<br />
Starterbatterie einen frühen Tod.<br />
Prüfen sollte man in jedem<br />
Fall, ob die Bremsscheiben Risse<br />
zwischen den Löchern aufweisen.<br />
Sind Keramikscheiben montiert,<br />
lohnt ein Blick auf deren Innenseite:<br />
Wie beim Porsche und anderen<br />
Sportlern deuten Abplatzer<br />
auf Abstecher ins Kiesbett hin.<br />
Dann wird’s richtig teuer. Auch<br />
beim SLS AMG können Koppelstangen<br />
und Stabis Geräusche<br />
machen. Beim Reifenverschleiß<br />
hingegen ist er unauffällig.<br />
Somit gebührt AMG unterm<br />
Strich ehrlicher Respekt: Schließlich<br />
ist der SLS das erste eigenständig<br />
entwickelte Auto der<br />
Firmengeschichte. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 73
IMPRESSION MIT DEM LEXUS RC F AN DAS ENDE DER ALTEN WELT<br />
Fast forward<br />
Die flüssigen Windungen rauf nach Ronda<br />
stehen dem RC F vorzüglich, in engen Radien<br />
helfen die Torque-Vektoren spürbar mit<br />
Vorspiel<br />
Nur noch ein paar Kreisverkehre, dann zwirbelt<br />
sich die Straße auf über 700 Meter hoch. Im<br />
Winter ist man dabei fast mutterseelenallein<br />
SUNRISE<br />
74 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Mit seinem Fünfliter-V8<br />
ist der Lexus RC F so etwas<br />
wie das letzte Aufbäumen des<br />
Saugmotors. Ob er noch<br />
mithalten kann, wird er im<br />
Test beweisen müssen, vorher<br />
darf er nur mal faszinieren.<br />
Eine Reisereportage zwischen<br />
Hoffnungsschimmern und<br />
aufgehender Wonne entlang<br />
der Costa del Sol.<br />
Text Stefan Helmreich · Fotos Rossen Gargolov<br />
AVENUE<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 75
IMPRESSION MIT DEM LEXUS RC F AN DAS ENDE DER ALTEN WELT<br />
Mit tiefen Furchen und windgeschliffenen Oberflächen<br />
imitiert der RC F die Felsformationen am Streckenrand<br />
Tradition trifft Sci-Fi<br />
Inmitten der maurisch geprägten Kleinstadt<br />
Ronda erscheint der extrovertierte Lexus wie<br />
ein Souvenir aus einer fernen Galaxie<br />
Fang des Tages<br />
Statt Südfrüchten bieten die Straßenhändler<br />
gebrauchte Golfbälle feil. Sie werden aus den<br />
Teichen der Plätze getaucht – und gehen gut<br />
76 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015<br />
Europa, Afrika, Asien<br />
Von Süden weht die Exotik Afrikas nach<br />
Gibraltar, den Lexus umgibt seine eigene.<br />
Der Fels ist befahrbar – aber uneinnehmbar
Unterschätzt<br />
Mit launigen Tafeln werden Motorradfahrer vor<br />
langsamen Autos gewarnt – an jenem Tag war<br />
das genaue Gegenteil der Fall<br />
Fahrt ins Blaue<br />
Für den Werbespot des Films „Die Schlümpfe“<br />
tünchte man 2011 alle Häuser in Júzcar blau.<br />
Die Einwohner wollten, dass es so bleibt<br />
Schmugglerware<br />
Den Trip ins Vereinigte Königreich versüßten<br />
goldene Kugeln – ein großer Teil davon wurde<br />
unverzollt eingeführt, ein kleinerer reimportiert<br />
Reisereportage – da denkt man sofort an<br />
Exotik, Abenteuer und Strapazen. Ohne<br />
Sie enttäuschen zu wollen: Von all dem<br />
ist zunächst herzlich wenig zu spüren an<br />
jenem südspanischen Winterdienstag,<br />
als wir vor einem der unzähligen Golf-<br />
Ressorts in die Klimakomfortsessel des Lexus<br />
RC F sacken und uns von der Navi-Dame<br />
nicht mal 60 Kilometer bis Gibraltar durchplanen<br />
lassen. Ein Lexus-Mitarbeiter schleppt<br />
hastig noch ein paar Lunchpakete heran,<br />
ein anderer erkundigt sich mit mahnender<br />
Stimme nach den Wasservorräten an Bord.<br />
Die Fahrzeit soll 49 Minuten betragen.<br />
Einer der besten Pässe der Welt?<br />
Und da man ja wirklich nie wissen kann, was<br />
einem auf einer Expedition mitten durch die<br />
Zivilisation so alles widerfährt, schickt man<br />
uns sicherheitshalber noch ein Begleitfahrzeug<br />
hinterher – einen Toyota Auris Hybrid, der<br />
die Aussicht auf Abenteuer nun auch nicht<br />
unbedingt erhöht. Dass es am Ende doch kein<br />
dröges Tempomat-Gebummel von Mautstation<br />
zu Mautstation geworden ist, verdanken<br />
wir der Maurenstadt Ronda, der man<br />
einst eine gut 40 Kilometer lange Passstraße<br />
vor die Tore zwirbelte. Eine der besten in<br />
Europa, sagen die einen; eine der besten weltweit,<br />
sagen andere.<br />
Vorher noch schnell einen Sonnenaufgangs-Burn-out<br />
in die Villenkolonie rings um<br />
das Hotel gelegt, dann schleunigst los. Erst<br />
ein Stückchen Richtung Küste, dann hoch bis<br />
auf über 700 Meter – angefangen bei Normalnull.<br />
Noch brodelt der RC F verhalten durch<br />
die Ausläufer Malagas, dämmert im defensiven<br />
Eco-Modus und zeigt sich von der klassischen<br />
Lexus-Seite, jener Komfortfinesse, die<br />
die Toyota-Tochter immer ganz besonders betont.<br />
Zu Recht? Nun ja, bequem ist der RC F<br />
in der Tat, gar so wattebauschig, wie man tut,<br />
aber nicht. Und das meinen wir ausdrücklich<br />
als Kompliment.<br />
Überhaupt hat man ein bisschen den Eindruck,<br />
als ob er seine Rolle noch nicht so<br />
recht gefunden hat. Einerseits macht er auf<br />
Next Generation, illustriert sein Drehzahlmesser-Display<br />
in vier verschiedenen Themes<br />
und lässt das Infotainment mit einer Art<br />
Maus bedienen. Andererseits hängt er den<br />
Trends ein bisschen hinterher: mit seinem antiquierten<br />
Navigationssystem etwa, und vor<br />
allem mit seinem frei durchschnaufenden<br />
V8, der je<br />
nach Vorliebe entweder als K.-o.-Kriterium<br />
oder Must-have-Impuls fungiert. Traditionalisten<br />
feiern den Fünfliter als Hoffnungsschimmer,<br />
als Beweis dafür, dass es so vorbei,<br />
wie alle immer sagen, mit den Saugern noch<br />
gar nicht sein kann. Zeitgeistigen hingegen<br />
fehlt etwas der Kick – emotional ebenso wie<br />
faktisch. Nüchtern betrachtet liegt er genau<br />
zwischen dem vergangenen V8-M3 und dem<br />
RS5 – allerdings ohne die beiden zu übertreffen.<br />
Untenrum drückt er nicht ganz so<br />
elastisch wie der Audi, oben fehlt ihm die<br />
Athletik, wie sie einst der BMW zelebrierte.<br />
Noch spielt all das jedoch keine Rolle: Wir<br />
gurren durch die schmucklose Dritte-Reihe-<br />
Bebauung der Costa del Sol. Kreisverkehr<br />
dritte Ausfahrt, Kreisverkehr geradeaus, Kreisverkehr<br />
zweite Ausfahrt. Alles ist mit Werbetafeln<br />
irgendwelcher Touristenfallen vollgestellt,<br />
links und rechts der Route erholen<br />
sich Ferienanlagen mit heruntergelassenen<br />
Rollos von der Hektik der Hauptsaison, während<br />
Händler am Straßenrand Früchte der<br />
Saison anbieten – frisch geklaubte Golfbälle.<br />
Nach ein paar Kilometern durch die Rushhour<br />
reißt die Bebauung ebenso auf wie der<br />
Verkehr. Die Höhenmeter steigen – und mit<br />
ihnen Kurvenfrequenz und Drehzahl niveau.<br />
Vereinzelt schaukeln mitgenommene Geländewagen<br />
die Sierra hinauf, ansonsten bremst<br />
den Gipfelsturm nur das Gewissen. Der Begleit-Auris?<br />
Welcher Auris?<br />
Und der RC F passt wunderbar hierher.<br />
Nicht nur wegen seiner bizarren Formensprache,<br />
die mit ihren Furchen und windgeschliffenen<br />
Rundungen fast so aussieht, als habe<br />
man sie aus den Felsstrukturen am Streckenrand<br />
gehauen. Sondern vor allem, weil ihm<br />
die schnellen Schwünge in den spanischen<br />
Bergen wohl besser liegen als strenges Ideallinieren<br />
im kantigen Hockenheim. Mit anderen<br />
Worten: Auch wenn er im Sport-Plus-Modus<br />
alle Schnittstellen spürbar intensiviert, für<br />
seine Torsensperre auf der Hinterachse sogar<br />
eine extraspitze Slalom-Einstellung aufbietet,<br />
wäre es nichts anderes als eine Riesensensation,<br />
wenn er den BMW M4, den er insgeheim ja<br />
anvisiert, im Test ins Wanken brächte.<br />
Zumal er im Getriebe seltsam<br />
pomadig wirkt. Der Achtstufer<br />
nennt sich zwar recht vielversprechend<br />
Direct-Shift, braucht<br />
jedoch schlicht zu lang, um<br />
Paddelbefehle umzusetzen.<br />
Magnet der Affen<br />
250 Berberaffen bevölkern den Fels von<br />
Gibraltar. Sie turnen ungeniert über Autos, vor<br />
allem das fruchtige Novaorange zieht sie an<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 77
IMPRESSION MIT DEM LEXUS RC F AN DAS ENDE DER ALTEN WELT<br />
Konkurrenzfähig oder nicht – gäbe es eine Sauger-<br />
Petition, der RC F wäre Grund genug für eine Unterschrift<br />
Schnäppchen-Häppchen<br />
Die Bar Torricheli in Júzcar serviert sensationelle<br />
Sandwiches fernab touristischen Nepps.<br />
Wachtelei, Speck, Maronenkompott – 1 Euro<br />
Animateur<br />
Der Drehzahlmesser verändert den Look je<br />
nach Fahrprogramm, ab knapp 3000/min kommt<br />
der Ansaugsound, ab 4500/min die Power<br />
Leuchtturmeffekt?<br />
Inmitten des Turbozeitalters traut sich Lexus<br />
noch mal ein Saugmotorcoupé mit Vollfett-V8.<br />
Wir wünschen uns, dass das Schule macht<br />
78 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015<br />
DATEN & FAKTEN<br />
Lexus RC F<br />
MOTOR Achtzylinder-V-Motor, Bohrung mal Hub (mm) 94,0 x 89,5,<br />
Hubraum 4969 cm³, Verdichtung 12,3 : 1, Leistung 477 PS (351 kW)<br />
bei 7100/min, Drehmoment 530 Nm bei 4800–5600/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb, Achtgang-Automatikge-<br />
triebe, Torsen-Differenzialsperre, VDIM<br />
BREMSEN Innenbelüftete Scheiben rundum, Durchmesser<br />
380/345 mm, vorn Sechs-, hinten Vierkolben-Festsättel, ABS<br />
BEREIFUNG 255/35 R 19 vorn und 275/35 R 19 hinten auf 9,0- und<br />
10,0-Zoll-Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Viersitziges Coupé, L x B x H (mm) 4705 x 1845 x<br />
1390, Radstand 2730 mm, Tankvolumen 66 l, Gewicht 1840 kg,<br />
Leistungsgewicht 3,9 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h in 4,5 Sekunden, Höchst-<br />
geschwindigkeit 270 km/h, Verbrauch 10,8 l Superbenzin/<br />
100 km<br />
GRUNDPREIS 74 900 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Außerdem wälzt er beim Runterschalten jedes<br />
Mal das volle Schleppmoment des Motors vor<br />
sich her – so wie die 63er von AMG, wovon<br />
die Sache aber auch nicht dynamischer wird.<br />
Immer wilder twistet das Asphaltband nun<br />
durchs Gebirge, schlägt Haken, taucht zwischendurch<br />
in dichte Nebelschwaden, klatscht<br />
am Gipfelkreuz ab, um sich wenig später aufzuspalten.<br />
Der eine Weg führt als geradliniger<br />
Hochplateau-Sprint auf Ronda zu, der andere<br />
über Sträßchen in Fahrzeugbreite und das<br />
schrullige Schlumpfdorf Júzcar unterhaltsamer<br />
ans gleiche Ziel. Ronda selbst nimmt gerade<br />
eine ausgiebige Regendusche, sodass wir nach<br />
einer obligatorischen Runde über die Kopfsteine<br />
im casco histórico schnell talwärts fliehen.<br />
Vorn pocht der V8 knapp mit Ruhepuls<br />
dahin, hinten keucht der Auris, während sich<br />
die Strecke in Bögen gen Costa schlängelt.<br />
Kurz hinter Estepona tröpfeln wir mit den<br />
wenigen Bergtourlern auf eine völlig verwaiste<br />
A 7 – jetzt oder nie: Einmal laden wir heimlich<br />
bis Zwonochwas durch, lassen uns das per<br />
Resonator verstärkte Ansauggeräusch entgegenhämmern<br />
und fräsen hinauf bis zur Maximaldrehzahl<br />
bei 7300/min. Ob konkurrenzfähig<br />
oder nicht – gäbe es eine Petition für den<br />
Erhalt des Saugmotors, der RC F wäre Grund<br />
genug für eine sofortige Unterschrift.<br />
Briten, Berberaffen, Briefkästen<br />
Als sich die alte Welt dann nach und nach ihrem<br />
Ende zuneigt, taucht er auf, der Fels von<br />
Gibraltar, jener neuralgische Punkt, der sich<br />
seit dem Mittelalter als uneinnehmbar erwiesen<br />
hat und deshalb noch immer Großbritannien<br />
gehört. Die einzige Zufahrt zur Enklave<br />
führt über das Rollfeld des Flughafens, um<br />
danach in engen Straßen und noch engeren<br />
Gässchen zu zerfasern. Knapp 29 000 Kontinentalbriten<br />
leben hier, zusammen mit einigen<br />
Dutzend Berberaffen und Heerscharen<br />
von Touristen, die tagtäglich aufs Neue einfallen.<br />
Entsprechend langatmig ist es, sich zwischen<br />
Pubs, Hotelkomplexen, Banken, Briefkastenfirmen<br />
und alten Militäranlagen bis zur<br />
wichtigsten Straße Gibraltars vorzudrängen<br />
– zu jener, die Europa von Afrika trennt.<br />
Noch ein, zwei Mal knurrt der RC F durch<br />
seine übereinander gestapelten Endrohre,<br />
dann steht er goldrichtig für das finale Bild<br />
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BMW<br />
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Ausgabe 8/2014<br />
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Subaru gegen Audi und BMW Aston Martin V12 Vantage S Mini Cooper S vs Ford Fiesta ST Studiotorino-Porsche<br />
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EXKLUSIV<br />
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auf der Rennstrecke<br />
MOTORSPORT<br />
IM HEFT<br />
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32 29. Juli 2014<br />
€ 2,00 / Österreich € 2,10 / Spanien, Italien € 2,70 /<br />
Kan. Inseln € 2,80 / Benelux € 2,30<br />
24h Spa-Francorchamps<br />
MotoGP<br />
FORMEL 1 / Mercedes bei Ungarn-GP besiegt von Ricciardo (Red Bull) und Alonso (Ferrari)<br />
Langstrecken-WM<br />
LMP2: Nur noch<br />
mit Dach?<br />
Ricciardo<br />
Jeden<br />
Dienstag<br />
neu<br />
Vor dem Start in Budapest kam<br />
der Regen, dann das Safety Car<br />
und alles durcheinander: Pole-<br />
Mann und WM-Leader Rosberg<br />
MotoGP<br />
Honda: Der Mann<br />
hinterm Erfolg<br />
Alonso<br />
fiel zurück. Mercedes-Kollege<br />
Hamilton stürmte vom vorletzten<br />
Platz in die Spitze. Weltmeister<br />
Vettel kreiselte knapp Red Bull: Ricciardo.<br />
DTM<br />
BMW und Audi:<br />
Mit Stallregie? S. 22<br />
Hamilton<br />
an der Boxenmauer vorbei. Und<br />
Ferrari gewann fast mit Alonso.<br />
Der Sieger fuhr am Ende doch<br />
Langstrecken-WM<br />
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IM HEFT<br />
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Faszination: Goodwood-Reise So fährt der 510-PS-Prototyp Dauertest über 85000 Kilometer Deshalb war Audi so schnell!<br />
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Kan. Inseln € 2,80 / Benelux € 2,30<br />
Jeden<br />
Dienstag<br />
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24h Spa-Francorchamps<br />
MotoGP<br />
FORMEL 1 / Mercedes bei Ungarn-GP besiegt von Ricciardo (Red Bull) und Alonso (Ferrari)<br />
Ricciardo<br />
Langstrecken-WM<br />
LMP2: Nur noch<br />
mit Dach? S. 16<br />
Alonso<br />
Vor dem Start in Budapest kam<br />
der Regen, dann das Safety Car<br />
und alles durcheinander: Pole-<br />
Mann und WM-Leader Rosberg<br />
MotoGP<br />
Honda: Der Mann<br />
hinterm Erfolg S. 26<br />
Hamilton<br />
fiel zurück. Mercedes-Kollege<br />
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„Die Bremsleistungen entwickeln sich sehr<br />
verhalten, aber auf den wichtigsten Grund<br />
dafür gehen Sie nicht ein: das Gewicht!“<br />
Severin Austerschmidt über den Kommentar zur Stagnation der Bremsleistung<br />
Jeder Vergleich ein Volltreffer?<br />
Zum Testbericht des BMW ACS6<br />
möchte ich eine kleine mathematische<br />
Fingerübung beisteuern, natürlich<br />
mit einem Augenzwinkern. Im<br />
Text heißt es: „Sicher ist die in diesem<br />
System versteckte kinetische<br />
Energie äquivalent zu einem mittelgroßen<br />
Asteroiden auf dem Weg in<br />
unsere Atmosphäre.“<br />
Das ist herrlich formuliert und<br />
amüsant, aber stimmt das denn?<br />
Autos bewegen sich mit einer Geschwindigkeit<br />
von einigen hundert<br />
km/h, während ein Asteroid locker in<br />
die Dimension von 10 000 km/h und<br />
mehr vordringt.<br />
Wie schwer dürfte ein Asteroid<br />
sein, der mit der gleichen kinetischen<br />
Energie (bei 20 000 km/h) unterwegs<br />
ist wie dieses Auto (2000 kg bei 200<br />
km/h)? Nun, das wäre ein Kerlchen<br />
von nur 200 Gramm, also eher ein<br />
kleiner Meteorit als ein Asteroid. Bis<br />
zur Erde würde der nie vordringen.<br />
Werner Struth, Benningen<br />
Kein Schnitzer im Rückspiegel<br />
Beeindruckend, wie das BMW-Coupé<br />
seine Bahn zieht. Beeindruckend<br />
auch die Leistungswerte und die<br />
Rundenzeiten in Hockenheim.<br />
Aber man nehme Folgendes: Audi<br />
RS6 MTM: 0–200 km/h in 10,9 sek<br />
(BMW 12,2); Drehmoment: 880<br />
Nm (BMW 848 Nm); Rundenzeit<br />
Hockenheim Kleiner Kurs: 1.11,6<br />
min (BMW 1.12,5 min).<br />
Ich spreche von einem getunten<br />
Kombi, nicht von einem auf Rundenzeit<br />
getunten Coupé. Noch Fragen?<br />
Und auf der Autobahn? Dort<br />
wird mein Rückspiegel schnell leer –<br />
und der BMW ACS6 ist Geschichte.<br />
Dietmar Gilgen, Lyss (Schweiz)<br />
tet neben den von Ihnen beschriebenen<br />
Motor- und Auspuffmodifikationen<br />
einen zusätzlichen dritten<br />
Wasserkühler unterhalb des Nummernschildes.<br />
Der Frontspoiler ist zu<br />
diesem Zweck in dem Bereich ausgeschnitten.<br />
Dies ist das einzige Erkennungsmerkmal<br />
von außen.<br />
Diese Modifikation war am Testwagen<br />
Carrera S (Supertest 12/2011)<br />
nicht sichtbar und widerspricht deshalb<br />
Ihrer geäußerten Vermutung,<br />
dass Sie ein Fahrzeug mit Leistungssteigerung<br />
getestet haben. Gott sei<br />
Dank gibt es ja noch eine „Leistungsstreuung<br />
nach oben!“<br />
Dr. Michael Schubert, per E-Mail<br />
Wie schwer ist ein Fettpolster?<br />
Danke für diese sehr gelungene und<br />
in allen Bereichen toll zu lesende<br />
zweite Ausgabe 2015. Besonders auf<br />
den Test der neuen Corvette Z06 bin<br />
ich gespannt, die Fahrdynamik dürfte<br />
der Konkurrenz des Alten Kontinents<br />
ÜBER DIESE KANÄLE KÖNNEN SIE UNS ERREICHEN<br />
Gut gestreut, halb gewonnen<br />
Als langjähriger 911er-Fahrer (über<br />
35 Jahre!) habe ich mit Freude Ihren<br />
Artikel über den Vergleichstest der<br />
verschiedenen 911-Modelle im letzten<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> 2/2015 gelesen.<br />
Ich fahre täglich selbst seit Januar<br />
2013 einen 991 4S mit der Leistungssteigerung<br />
X51. Diese beinhalwieder<br />
einmal ziemlich einheizen,<br />
und das zu einem klasse Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Einzig die erhebliche<br />
Gewichtszunahme ist ein fast<br />
trauriger Aspekt, und ich würde bei<br />
160 Kilo auch nicht mehr von „Fettpölsterchen“<br />
sprechen – wie Redakteur<br />
Christian Gebhardt –, da die<br />
Z06 bislang eine der wenigen ernst<br />
zu nehmenden Alternativen zu den<br />
(leider ebenfalls immer schwerer werdenden)<br />
GT3- und GT3-RS-Leichtbaumodellen<br />
von Porsche war.<br />
Ein witziger Aspekt war im Heft<br />
auch zu lesen: Wenn man im Vergleich<br />
Panamera GTS und Audi S7<br />
den Porsche die ganze Zeit wegen<br />
seines Saugers lobpreist, sollte ihm in<br />
den technischen Daten keine Turboaufladung<br />
angedichtet werden …<br />
Stefan Zeller, Stuttgart<br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
Touché, Leser Zeller hat recht: Der Panamera<br />
GTS hat einen Saugmotor. Da haben wir beim<br />
Datenkasten wohl einen Bock geschossen …<br />
leserbriefe_<strong>sport</strong>_<strong>auto</strong>@motorpresse.de www.<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de<br />
www.facebook.com/<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de<br />
Eine Veröffentlichung erfolgt nur bei<br />
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Angabe der vollständigen Adresse.<br />
Bei Zuschriften per E-Mail bitten wir<br />
www.youtube.com/user/<strong>sport</strong><strong>auto</strong>s<br />
um Angabe der Postadresse.<br />
Redaktion <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>, Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart, Fax: 0711/182-1786<br />
Ausgesaugt und aufgeblasen?<br />
Ich teile Ihre Einschätzung, dass der<br />
Turbo der Genickbruch des Sportwagens<br />
sein wird, uneingeschränkt! Der<br />
Audi RS4 (B5), seinerzeit und heute<br />
im Konkurrenzumfeld eine Ikone,<br />
konnte durch eigenständigen Sound<br />
und brachiale, nichtlineare Kraftentfaltung<br />
begeistern.<br />
Hochmoderne Turbotriebwerke<br />
wie der S55 des BMW M3/4 hingegen<br />
opfern dem Hinterherhecheln<br />
nach Saugereigenschaften direkt die<br />
beiden vormals beeindruckenden<br />
Turbo-Wesenszüge: Das Ansprechverhalten<br />
ist jetzt fast gut (aber eben<br />
nur fast). Und der Sound???<br />
Da im hocheffizienten Motor des<br />
M3/4 die Abgase – anstatt Sound zu<br />
produzieren und über das Wastegate<br />
abgelassen zu werden – lieber die<br />
kleinen Turbinen für das saugerähnliche<br />
Ansprechverhalten unter Vorspannung<br />
halten, bleiben sowohl der<br />
sym pathische Turbo-Bums als auch –<br />
das eigentliche Drama – der gute<br />
Sound auf der Strecke. Nicht umsonst<br />
wird dem M3/4 weltweit immense<br />
Kraft attestiert, diese aber im<br />
Charakter als dieselähnlich und mit<br />
einem eindimensionalen Sound ohne<br />
Herz und Seele eingestuft!<br />
Nicht einmal als ein R6 ist er zu<br />
erkennen, der S55, einfach nur laut,<br />
der Klappenauspuff muss es richten.<br />
Aber nein, nicht mal das, den Active<br />
Sound aus dem Lautsprecher gibt es<br />
ja noch on top! Ein minimal weniger<br />
„effizienter“ Motor wie im M135i/<br />
M235i, von Ihnen bei jeder Gelegenheit<br />
hochgelobt, klingt im Vergleich<br />
ungleich besser und, man mag es<br />
nicht glauben, muss als das emotionalere<br />
Triebwerk angesehen werden!<br />
Ihre Randnotiz ein paar Seiten<br />
später, dass der Weggang des Chefentwicklers<br />
Biermann eine Flucht vor<br />
dem „kühl rechnenden“ neuen Chef<br />
der M GmbH sein könnte, lässt nur<br />
Ungutes ahnen für die Zukunft.<br />
Ingo Lühr, Gummersbach<br />
40 Jahre Tradition geopfert<br />
Vielen Dank für Ihren wirklich treffenden<br />
Kommentar zum Turbo-Flächenbrand<br />
bei Sportwagen. Ich bin<br />
technischen Innovationen gegenüber<br />
sehr auf geschlossen und finde das Mo -<br />
toren-Downsizing und den Einsatz<br />
von Turbomotoren in normalen Alltags<br />
fahrzeugen durchaus in Ordnung.<br />
Der Einsatz von drehmomentstarken<br />
Turbomotoren bietet im alltäglichen<br />
Fahrbetrieb durchaus Vorteile.<br />
Anders sieht die Sache, wie von<br />
Ihnen beschrieben, bei den soge-<br />
96 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
nannten Sportfahrzeugen aus. Sicher<br />
gibt es beeindruckende Sportwagen<br />
mit Turbomotoren, und ein Turbomotor<br />
ist sicher nicht per se schlecht<br />
für einen Sportwagen. Schlecht ist es<br />
allerdings, wenn Sportwagenhersteller<br />
mit dem Feigenblatt des realitätsfernen<br />
NEFZ-Zyklus glauben, dass<br />
sogenannte Baukasten-Turbomotoren<br />
wegen der günstigen Produktionskosten<br />
für einen Sportwagen ausreichen,<br />
weil sie genügend Leistung<br />
und tolles Drehmoment bieten.<br />
Den Vogel hat hier die BMW M<br />
GmbH abgeschossen, mit dem S55<br />
im neuen M3/M4, wo man überwiegend<br />
aus Kostengründen 40 Jahre<br />
Tradition und gepflegte Motorenphilosophie<br />
geopfert und über den Haufen<br />
geworfen hat. Die bisherigen M3<br />
verkörperten den M-Slogan „Renn<strong>sport</strong>technik<br />
in Straßenfahrzeugen“<br />
vor allem auch auf der Motorenseite<br />
in Reinform und waren auch ohne<br />
hohes Drehmoment der meist stärkeren<br />
Konkurrenz on track deutlich<br />
überlegen. Vielen Dank, dass Sie weiterhin<br />
für die Saugmotoren in Sportwagen<br />
kämpfen!<br />
Ulrich Lauckner, Hamburg<br />
Vom M-Jünger zum Charger<br />
Sie sprechen mir aus vollem Herzen,<br />
was die Auswahl an herzerwärmenden<br />
Triebwerken angeht. Lange Jahre<br />
war ich Jünger der M GmbH. Nach<br />
über 15 Jahren M-Mobilen habe ich<br />
mich letztes Jahr für einen Dodge<br />
Charger SRT8 entschieden. Ein<br />
ehrliches Auto mit einem ehrlichen<br />
6,4-Liter-V8 und 477 PS.<br />
Sobald man eine Freude bereitende<br />
Motorisierung auf den Internetseiten<br />
der deutschen Autohersteller<br />
konfiguriert, geht der Listenpreis<br />
durch die Decke. Ein M5 ist nicht<br />
unter 100 000 Euro zu bekommen,<br />
auch hier kann der Dodge glänzen<br />
und ist für circa 50 000 Euro zu erwerben.<br />
Der V8 ist für 5,0 sek auf 100<br />
km/h gut, erreicht 280 km/h Vmax,<br />
hat ein vernünftiges Fahrwerk und<br />
Differenzialsperre. Mir wurde auch<br />
kein scheinheiliger NEFZ-Verbrauch<br />
versprochen. 15–16 l/100 km Super<br />
E10 wurden mir zugesagt – und<br />
diese werden im Alltag auch eingehalten.<br />
Das finde ich für eine Power -<br />
Limousine mit zwei Tonnen Gewicht<br />
angemessen. Laut BMW-Internetseite<br />
verbraucht ein M5 9,9 l/100 km.<br />
Wer’s denn glaubt …<br />
Gregor Brill, Rodenberg<br />
Ungeklärte Nachfolgeregelung<br />
Der Turbo-Flächenbrand ist ein leidiges<br />
Thema, das mich und meinen gesamten<br />
Bekanntenkreis seit nunmehr<br />
über einem Jahr in Rage bringt. Wie<br />
viele leidgeplagte BMW-M-Fahrer,<br />
denen man nun einen gepimpten<br />
Turbomotor aus dem Konzernregal<br />
aufzwingen will, habe ich mich im<br />
Dezember nach einer freud- und<br />
emotionslosen Probefahrt im neuen<br />
BMW M4 das erste Mal in meiner<br />
Autofahrerkarriere für ein „altes“<br />
Modell entschieden – und mir nochmals<br />
einen der letzten E93 geholt.<br />
Dabei kommt es nicht auf die<br />
letzte Zehntelsekunde auf der Nordschleife<br />
an, und auch nicht auf 0,2<br />
Liter Normverbrauch. Immerhin<br />
handelt es sich bei diesen Fahrzeugen<br />
nicht um reine Fortbewegungsmittel,<br />
sondern um Genussmittel, bei denen<br />
Kosten meist zweitrangig sind. Der<br />
V8 ist wie ein guter Rotwein, den<br />
man immer wieder neu genießen kann:<br />
Der neue Sechszylinder-Turbo ist wie<br />
ein Fitness-Protein-Shake, strotzt vor<br />
Kraft, aber schmeckt zum Kotzen<br />
(sorry), das Ohr kauft eben auch mit!<br />
Und die Verbrauchslüge, wie Sie sie<br />
nennen, ärgert mich am allermeisten<br />
(V8: 13–16 Liter, neuer M4 bei der<br />
Probefahrt 16 Liter!), da man seine<br />
Frei zeit in diesem Auto verbringt.<br />
Langer Rede kurzer Sinn: In meiner<br />
Garage parken ein BMW V10-<br />
und ein BMW V8-M3, und die<br />
Nach folgeregelung, die bisher immer<br />
zweijährlich stattgefunden hat, ist<br />
noch nicht geklärt. Aber dem Diktat<br />
der downgesizten Turbokutschen<br />
werde ich mich nicht unterwerfen.<br />
Allein in meinem privaten<br />
Umfeld befinden sich acht E92/93-<br />
M3-Fahrer, die das neue Modell<br />
ab lehnen. Höchststrafe für BMW,<br />
vielleicht wacht in München ja mal<br />
„Vielen Dank für die Story zur F1-Saison<br />
1994! Es ist Ihnen gelungen, die spannenden<br />
und tragischen Momente zu würdigen“<br />
Marcus Würker über die Story von Michael Schmidt zur F1-Saison 1994<br />
einer auf. Und hoffentlich gibt es<br />
bald eine neue Regelung für die Verbrauchsmessung.<br />
Thilo A. Kappes, Hockenheim<br />
Die Preis-Leistungs-Relation<br />
Erlauben Sie mir bitte eine kleine<br />
Kritik: Ihre Lobeshymne an Porsche<br />
ist dermaßen übertrieben und deplatziert,<br />
dass es fast wehtut.<br />
Unter dem Strich ist der Porsche<br />
Panamera GTS auf dem Rundkurs<br />
drei Sekunden schneller – aber fast<br />
40 000 Euro teurer! Wenn man den<br />
Test liest, könnte man den Eindruck<br />
bekommen, dass ein Fiat 500 mit<br />
einem überirdischen Auto verglichen<br />
wurde. Dass Herr Helmreich ein<br />
Vollblut-Porsche-Fan ist, gönne ich<br />
ihm von Herzen, aber dann sollte er<br />
andere Marken testen, sonst wird das<br />
Ergebnis alles andere als objektiv.<br />
Und im Übrigen gäbe es da ja<br />
noch den Audi RS7! Ansonsten finde<br />
ich Ihr Magazin aber sehr gut!<br />
Giuseppe Fazzone, per E-Mail<br />
Am falschen Ende investiert<br />
Ich muss mich bedanken für ein –<br />
jedes Mal – wunderbares Heft, auf<br />
das ich mich jeden Monat freuen<br />
darf. Das journalistische Niveau liegt<br />
deutlich über dem aller anderen im<br />
Handel erhältlichen Motorzeitungen.<br />
Seien es ein Artikel von Dino Horst<br />
von Saurma, dem jungen Wilden<br />
Christian Gebhard oder dem Spitzenredakteur<br />
Jens Dralle.<br />
Dennoch, wie kann es sein, dass in<br />
dem Klassikertest 208 GTi vs. Clio<br />
RS der Gewichtsvorteil des GTi von<br />
100 kg gegenüber dem RS nicht erwähnt<br />
wird? Ich sehe hier auch einen<br />
Hauptgrund, warum der Clio der vierten<br />
Generation von jeder „Hot-Hatch-<br />
Kaufliste“ gestrichen werden sollte.<br />
Der durch Gewicht und Automatikgetriebe<br />
entstandene Nachteil<br />
lässt ihn aus dieser Klasse herausfallen.<br />
Schade eigentlich, wenn man bedenkt,<br />
dass der Nürburgring voller<br />
Clio RS der dritten Generation ist.<br />
Renault hat hier schlichtweg am<br />
falschen Ende investiert.<br />
Justus Teichmann, Neuleiningen<br />
IMPRESSUM<br />
Chefredakteur Marcus Schurig,<br />
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Test und Technik<br />
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Sport Marcus Schurig (Ltg.)<br />
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<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 97
Die europaweit größte Vereinigung von a<br />
TERMINE FREIES FAHREN<br />
Das „Hugo Emde Freie Fahren“ erfreut sich bei DSK-Mitgliedern<br />
einer immer größeren Beliebtheit, und so stehen<br />
in diesem Jahr mindestens zwölf Termine im Kalender.<br />
Gefahren wird in Deutschland und dem benachbarten<br />
Ausland, denn nach dem großen Erfolg im letzten Jahr<br />
stehen auch 2015 wieder Spa-Francorchamps in Belgien<br />
und Zandvoort in den Niederlanden auf dem Plan.<br />
Hockenheimring/GP-Kurs .............................. 7. März 2015<br />
Spa-Francorchamps ................................... 23. März 2015<br />
Nürburgring Nordschleife .............................. 9. April 2015<br />
Bilster Berg Drive Resort ............................ 20. April 2015<br />
Etropolis Arena Oschersleben ....................... 4. Mai 2015<br />
Papenburg ..................................................... 1. Juni 2015<br />
Circuit Park Zandvoort .................................. 15. Juni 2015<br />
Bilster Berg Drive Resort ...............................27. Juli 2015<br />
Circuit Park Zandvoort ............................. 24. August 2015<br />
Etropolis Arena Oschersleben ...............12. Oktober 2015<br />
Nürburgring Nordschleife ...................... 23. Oktober 2015<br />
Hockenheimring/GP-Kurs ...................14. November 2015<br />
Hinweis: Die Anmeldung ist online über www.dskev.de möglich.<br />
MITGLIEDERVERSAMMLUNG<br />
Wasch mir den Pelz...<br />
EDITORIAL<br />
Schon steht die neue Saison vor<br />
der Tür. Der DSK verstärkt sich im<br />
Interesse seiner Mitglieder. Noch<br />
mehr Freie Fahren. Kaum sind<br />
diese freigeschaltet, rauschen<br />
die Anmeldungen herein, und in<br />
wenigen Minuten sind die beliebtesten<br />
Termine ausgebucht. Mehr<br />
Veranstaltungen als je zuvor, das<br />
strapaziert alle Mitarbeiter und<br />
Präsidiumsmitglieder. Aber es beweist,<br />
dass sich <strong>sport</strong>liches Fahren,<br />
allen Unkenrufen zum Trotz,<br />
DSK-Präsident<br />
Dr. Karl-Friedrich Ziegahn<br />
großer Beliebtheit erfreut.<br />
Jetzt entrosten auch die Biker<br />
wieder ihr Gerät und hoffentlich auch die eigenen Reflexe. Es<br />
gibt kein besseres Training für die Sommermonate als ein<br />
Freies Fahren. Nur auf abgesperrter Strecke und unter Anleitung<br />
erfahrener Instruktoren können wir neue Schräglagen<br />
erkunden. Das ist unser Beitrag zur Straßenverkehrssicherheit,<br />
das sagen wir auch unseren Ministerien, die oftmals<br />
glauben, dass wild gewordene Biker auf kurvenreichen Landstraßen<br />
die große Gefahr sind.<br />
Verstärkt haben wir uns auch mit unserem Service. Rechtzeitig<br />
zum Beginn der Saison verstärkt ein DSK-Sprinter mit Werkstattausrüstung<br />
den Service, auf Rallyes, Oldtimer-Fahrten oder bei<br />
anderen Events. Der DSK wird noch präsenter vor Ort sein.<br />
Und noch was treibt uns um: Die Erlaubnis zum Befahren der Nordschleife,<br />
die für die VLN und das 24h-Rennen dieses Jahr eingeführt<br />
wird. Zahlreiche, zum Teil sehr unterschiedliche Stimmen erreichen uns.<br />
Erfahrene Nordschleifen-DSKler begrüßen die Möglichkeit, die Disziplin<br />
bei Gelbverstößen zu verbessern. Andere beklagen die Gebühren, die<br />
der DMSB dafür erhebt, oder die Einstufung von früheren und erfahrenen<br />
Piloten. Wir schauen uns die Bedingungen und die Kalkulation der<br />
Gebühren sehr genau an. Aber wir haben jetzt mehrere Jahre für die<br />
Verbesserung der Sicherheit auf der Nordschleife gekämpft. „Wasch<br />
mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ funktioniert nicht wirklich.<br />
Kürzlich saß ich in einer illustren Runde mit DMSB-Präsident Stuck,<br />
AvD-Sportpräsident Strycek und Nürburgring-Geschäftsführer Schumacher<br />
zusammen. Wir alle wollen beides: spannende Rennen bei bestmöglicher<br />
Sicherheit. Es gibt keinen goldenen Königsweg, aber es gibt<br />
ein Miteinander der fähigsten Experten. Dazu kann der DSK mit seinen<br />
kompetenten Mitgliedern entscheidend beitragen. Wir im Präsidium<br />
brauchen dazu Eure Unterstützung. Bitte schickt mir und meinen Kollegen<br />
Eure Meinung, Eure Erfahrung. Wir sehen uns bei der Mitgliederversammlung<br />
am Nürburgring. Darauf freue ich mich schon heute.<br />
Herzlichst<br />
Euer<br />
Alle Jahre wieder: Auch in diesem Jahr findet im Februar<br />
die DSK-Mitgliederversammlung statt. Am 28.<br />
Februar 2015 sind alle DSK-Mitglieder, Freunde, Förderer<br />
und Partner herzlich zur „MV“ eingeladen.<br />
Als Verein lebt der DSK vom Engagement und den<br />
Ideen seiner Mitglieder. Bei der jährlichen Mitgliederversammlung,<br />
dem obersten Organ des Vereins, werden<br />
die Weichen für die Zukunft gestellt – und jedes<br />
Mitglied ist eingeladen, sich aktiv für die Zukunft<br />
einzusetzen und mitzubestimmen. Die Tagesordnung<br />
beinhaltet neben den obligatorischen Wahlen auch die<br />
Ehrung der erfolgreichsten und langjährigen Mitglieder.<br />
Traditionell findet die „MV“ am Nürburgring statt. Der<br />
Deutsche Sportfahrer Kreis e.V. lädt alle Mitglieder zur<br />
Mitgliederversammlung am 28. Februar 2015 in das<br />
Dorint-Hotel am Nürburgring (Konferenzcenter) ein. Die<br />
Mitgliederversammlung beginnt um 15 Uhr. Die Tagesordnung<br />
ist online unter www.dskev.de zu finden.<br />
MITGLIED WERDEN<br />
Mitglied werden ist ganz einfach: Besuchen Sie uns im<br />
Internet unter www.dskev.de und klicken Sie im rechten<br />
Bereich der Website auf den entsprechenden<br />
Menüpunkt – oder<br />
scannen Sie mit Ihrem Mobiltelefon<br />
den rechts abgedruckten Code ein,<br />
der Sie <strong>auto</strong>matisch auf die richtige<br />
Seite weiterleitet.<br />
PARTNER<br />
DMSB-Pokal für „Mr. 24h-Rennen“<br />
Peter Geishecker, auch bekannt als „Mr. 24h-<br />
Rennen“, wurde mit dem DMSB-Pokal, der<br />
höchsten DMSB-Auszeichnung, für sein Lebenswerk<br />
geehrt. Geishecker wurde die Trophäe auf<br />
der Gala der Meister von DMSB-Präsident Hans-<br />
Joachim Stuck persönlich überreicht. „Peter<br />
Geishecker gehört ohne Zweifel zu den herausragenden<br />
Persönlichkeiten im Motor<strong>sport</strong>“, sagt<br />
DSK-Präsident Dr. Karl-Friedrich Ziegahn. „Die<br />
Auszeichnung ist eine verdiente Würdigung seines<br />
Schaffens in den letzten Jahrzehnten. Peter<br />
Geishecker hat mit seinen visionären Ideen viel<br />
bewegt und hat dabei nie den Kontakt zur Basis<br />
verloren. Ich gratuliere ihm – auch im Namen<br />
meiner Präsidiumsmitglieder – von ganzem Herzen<br />
zu dieser Auszeichnung.“ Bereits seit 1980<br />
ist Geishecker beim Eifel-Klassiker im Einsatz,<br />
seit 1982 als Rennleiter. Zuletzt war der heute<br />
77-Jährige Organisationsleiter, legte dieses Amt<br />
aber im Jahr 2014 in jüngere Hände. Doch nicht<br />
nur beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring war<br />
Geishecker aktiv. Auch beim ADAC Nordrhein<br />
hatte er als Sportleiter lange eine führende Position<br />
inne. 1978 gründete er die WIGE Media AG,<br />
die in vielen Bereichen für technologische Innovationen<br />
und höchste Standards sorgte, etwa<br />
bei der Zeitnahme und den TV-Übertragungen.<br />
Mit seiner Auszeichnung tritt Geishecker in die<br />
Fußstapfen von Renn<strong>sport</strong>größen wie Michael<br />
Schumacher, Walter Röhrl oder Sebastian Vettel.
DSK NACHRICHTEN AUSGABE 578<br />
ktiven Fahrern und Motor<strong>sport</strong>-Fans mit fast 13 000 Mitgliedern<br />
A little bit of everything ...<br />
Zum Abschluss der Saison 2014 durfte sich DSK-<br />
Mitglied und Kassenprüfer Bertram Hornung zum<br />
dritten Mal in seiner Karriere über den Titel „Meister<br />
Automobil Rundstrecken-Renn<strong>sport</strong>“ des ADAC<br />
Nordbaden freuen. Mit seinen Leistungen im Porsche<br />
Sports Cup sammelte Hornung so viele Punkte, dass<br />
er die starke Konkurrenz hinter sich ließ und bei der<br />
Ehrung der Meister seine Trophäe in Empfang nehmen<br />
durfte. Doch auch in anderen Kategorien war<br />
Hornung ganz vorne dabei: In der Super-Sports-Cup-<br />
Wertung (Sprintrennen) holte er Platz zwei in seiner<br />
Klasse und wurde Vierter der Gesamtwertung. In der<br />
Endurance-Wertung feierte er einen Klassensieg und<br />
wurde Zweiter im Gesamtklassement. Und im Porsche<br />
Sports Cup wurde er ebenfalls Meister.<br />
Für die DSKler Joachim Meinzer (Pilot) und<br />
Andreas Schwalié (Copilot) erfüllte sich letztes<br />
Jahr ein Traum: Mit einem Citroën C2 bestritten sie<br />
in der Klasse R2 RC4 die legendäre Rallye Monte<br />
Carlo. Bei seinem Monte-Debüt profitierte Meinzer<br />
von der Erfahrung seines Copiloten, der bereits<br />
2012 und 2013 in Monte Carlo am Start war und auch<br />
schon WM-Läufe in Deutschland, Frankreich und<br />
Spanien bestritten hat.<br />
Meinzer/Schwalié waren eines von 96 Teams, die in<br />
der Rallye an den Start gingen, und wandelten auf<br />
den Spuren von Rallye-Stars wie Walter Röhrl, der<br />
die Monte viermal gewinnen konnte, und Armin<br />
Schwarz, der 13-mal in Monte Carlo dabei war. Mit<br />
ihrem Citroën holten sie letztlich den starken 58. Platz<br />
und durften stolz zurück nach Deutschland reisen.<br />
Der ATS Formel 3 Cup, Nachfolger der Internationalen<br />
Formel-3-Meisterschaft, ist – zumindest vorübergehend<br />
– Geschichte. Die geplante internationale<br />
Nachfolgeserie German Formula Open wird – das<br />
beschloss die Formel-3-Vereinigung e. V. – zumindest<br />
2015 nicht stattfinden. Schon vor Beginn der Saison<br />
2014 hatte die FIA die Regularien für nationale Formel-<br />
3-Serien so stark eingeschränkt, dass eine Durchführung<br />
als nationale Serie nach 2014 nicht länger<br />
möglich war. Daraufhin beschloss die F3-Vereinigung<br />
bereits im November 2014, den ATS Formel 3 Cup<br />
künftig international auszuschreiben und daraus resultierend<br />
mit German Formula Open neu zu betiteln.<br />
Ein attraktives Paket wurde geschnürt, bei dem alle<br />
acht Veranstaltungen im Rahmen des ADAC GT Masters<br />
gefahren werden sollten. Doch aufgrund nicht erfüllbarer<br />
Vorgaben und neuer Vorschriften war es der<br />
Formel-3-Vereinigung nicht möglich, ein ausreichend<br />
großes Starterfeld zu garantieren. „Aus diesem Grund<br />
haben wir uns schweren Herzens entschieden, kein<br />
unkalkulierbares Risiko einzugehen und die German<br />
Formula Open 2015 nicht durchzuführen“, sagt Andreas<br />
Meyer, Vorstand der Formel-3-Vereinigung e. V.<br />
Damit verlässt – zumindest vorläufig – eine nationale<br />
Serie mit langer Historie die motor<strong>sport</strong>liche Bühne in<br />
Deutschland. „Dennoch werden wir weiter daran arbeiten,<br />
den Grundsatz der Vereinssatzung zu erfüllen<br />
und den Formel-3-Sport in Deutschland zu fördern“,<br />
so Meyer.<br />
Der Renault Clio Cup (Bild oben) 2015 ist zum ersten<br />
Mal seit 2007 wieder fester Teil eines Veranstaltungspakets.<br />
Damals gehörte der beliebte Markenpokal zur<br />
BERU Top 10, doch mit dem BERU-Top-10-Aus verlor<br />
der Clio Cup vorübergehend seine Heimat. 2011<br />
kam es zur Wiederauferstehung in Form des Clio<br />
Cup Bohemia, der 2014 vom Clio Cup Central Europe<br />
abgelöst wurde und nun, abgesehen von einem<br />
Rennwochenende bei Truck-GP in Most, fester Bestandteil<br />
des ADAC GT Masters sein wird.<br />
www.sachs-race-engineering.de<br />
Vier Männer<br />
und 20 Räder<br />
Beim 24h-Rennen von Dubai schrieben vier Männer<br />
und Sorg Motor<strong>sport</strong> Geschichte: Gustav<br />
Engljähringer, Mike Smit, Marc Dilger und Matt<br />
Speakmann bestritten als erste Querschnittsgelähmte<br />
ein 24h-Rennen. Und das mit großem<br />
Erfolg: Mit seinem von Sorg Renn<strong>sport</strong> umgebauten<br />
BMW M235i Racing holte das Quartett<br />
Platz fünf in der hart umkämpften Klasse der<br />
BMW-Cup-Rennwagen und die 49. Position im<br />
Gesamtklassement.<br />
Schon im Training setzten die vier mit der viertschnellsten<br />
Zeit ein Ausrufezeichen, doch zu diesem<br />
Zeitpunkt stand noch nicht fest, ob sie auch<br />
der Belastung von 490 Runden über 24 Stunden<br />
gewachsen sein würden. Was anschließend mit<br />
einem klaren Ja beantwortet werden konnte.<br />
Auch die anderen beiden Sorg-Autos fuhren ein<br />
starkes Rennen. Zander/Sczepansky/Stigler/Konnerth<br />
in einem weiteren Zweier-BMW lagen lange<br />
an der Spitze, fielen durch einen Radträgerschaden<br />
bis auf Platz vier zurück und wurden dennoch<br />
Zweite. Und der M3 GT4 von Follet/Bender/<br />
Beyer/Elsässer lag ebenfalls auf Podiumskurs, bis<br />
er von einem Konkurrenten torpediert wurde. Die<br />
Truppe fiel auf den siebten Platz zurück, kam aber<br />
letztlich doch noch als Vierter ins Ziel.<br />
IMPRESSUM<br />
Geschäftsstelle: Karl-Wirth-Str. 16, 76694 Forst,<br />
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C. Koretzky, Patrik Koziolek, Thorsten Schlottmann Fotografen:<br />
Jochen Merkle, Jörg Schanz, Miguel Villa
24H DAYTONA SAISONAUFTAKT USC<br />
STOP<br />
&<br />
GO<br />
Komisch: Beim 24h-Rennen in Daytona<br />
siegten die amerikanischen Hersteller<br />
in allen Klassen. Eine Steilvorlage für<br />
die USC-Kritiker? Nein, denn die<br />
Amis halten Wort: Ab 2017 bilden die<br />
Le-Mans-Wagen die Topklasse.<br />
Text Marcus Schurig, Andrew Cotton, Paul Truswell · Fotos David Lister, LAT (3)<br />
100 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Eine Gasse für Ganassi<br />
Ganassi holte seinen<br />
sechsten Daytona-24h-<br />
Sieg – vor allem dank<br />
cleverer Boxenstrategie<br />
und Spritspartechnik<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 101
24H DAYTONA SAISONAUFTAKT USC<br />
Eine Vernunftehe endet in den seltensten<br />
Fällen mit großer Zuneigung. Als 2014<br />
die gegnerischen US-Sportwagenserien<br />
Grand Am und ALMS zur United Sports-<br />
Car Championship (USC) verschmolzen<br />
wurden, sprachen viele sogar von einer<br />
Zwangsheirat, denn es tauschten nicht nur<br />
zwei erbitterte Gegner die Ringe, nein, das<br />
neue Produkt wurde auch noch mit dem Le-<br />
Mans-Veranstalter ACO vermählt – es heirateten<br />
also gleich drei Parteien, deren Mentalitäten<br />
unterschiedlicher kaum sein konnten.<br />
Hier die alte ALMS, geboren aus der Leidenschaft<br />
des milliardenschweren Fans Don<br />
Panoz, der Le Mans für den Gral des Sportwagen<strong>sport</strong>s<br />
hielt. Er trug dieses Konstrukt, das<br />
phasenweise zur besten Sportwagenserie der<br />
Welt reifte, mit seinem Gewicht – und seinem<br />
Geld. Dort die Grand Am von Jim France, die<br />
eigentlich nur den Zweck hatte, den Machtanspruch<br />
von NASCAR im US-Motor<strong>sport</strong><br />
zu dokumentieren, <strong>sport</strong>lich zwar weniger<br />
wertvoll, finanziell aber nicht minder stark als<br />
die ALMS. Fast 15 Jahre lang rangelten diese<br />
Sportwagenserien um die Gunst der Fans –<br />
bis der altersschwache Don Panoz aufgab und<br />
einen Merger einfädelte, um wenigstens einen<br />
Teil seines Lebenswerks zu retten.<br />
Ränkespiele und Rausschmisse<br />
Doch einverheiratet wurde auch der ACO, ein<br />
kleiner französischer Club, der dank des berühmten<br />
24h-Rennens in Le Mans eine weltweite<br />
Deutungshoheit über den Langstrecken<strong>sport</strong><br />
beansprucht. Der flotte Dreier war perfekt:<br />
die frankophilen Amis der ALMS, die<br />
Südstaaten-Cowboys von NASCAR und zu<br />
guter Letzt die Frenchies aus Le Mans, die eh<br />
alles besser wissen.<br />
Das klingt wirklich eher nach Zwangsheirat,<br />
und unter den Folgen wird die Serie noch<br />
eine Weile leiden. Der Start in die zweite<br />
USC-Saison beim 24h-Rennen in Daytona<br />
war denn auch überschattet von politischen<br />
Ränkespielen im Hintergrund: Nicht wenige<br />
Grand-Am-Teamchefs, die die altertümlichen<br />
Daytona-Prototypen einsetzen, machten einen<br />
neuerlichen Anlauf, die für Ende 2016 geplante<br />
Verbannung ihrer Fahrzeuge aufzuhalten.<br />
„Wir haben so viel Geld in die Autos investiert,<br />
da wäre es absoluter Blödsinn, die<br />
Klasse jetzt einfach zu killen, nur weil ein paar<br />
Franzosen das so wollen“, nörgelte ein DP-<br />
Teamchef in herzhaft klarer US-Diktion.<br />
Stellungskriege auch an anderen Fronten:<br />
Scot Elkins, der seit dem Merger für die Technik<br />
der Fahrzeuge und ihre Einstufungen<br />
(BOP) verantwortlich war, musste seinen Hut<br />
nehmen. Ihm wurde im Fahrerlager alles angekreidet:<br />
die unstete BOP in der GTE-Klasse<br />
2014, die gescheiterte BOP in der Prototypenklasse,<br />
wo ein Ausgleich zwischen den Daytona-Prototypen<br />
und den LMP2-Autos nach<br />
Le-Mans-Reglement eh nie möglich war,<br />
schließlich das diffuse Bild der GTD-Klasse,<br />
wo alte Grand-Am-Karren, neue GT3-Wummen<br />
und aufgepimpte Markenpokal<strong>auto</strong>s nie<br />
unter einen Hut gebracht werden konnten.<br />
So stand beim ersten Rennen der zweiten<br />
Saison auf einmal der ganze Grundkompromiss<br />
dieser Vernunftehe infrage. Denn ursprünglich<br />
hatte man sich darauf verständigt,<br />
ab 2016/17 alles neu aufzustellen: Die Daytona-Prototypen<br />
sollten ausgemustert werden,<br />
die neu definierten LMP2-Wagen sollten ganz<br />
Duell um den Sieg<br />
In den letzten Rennstunden<br />
trennte die Taylor-<br />
Corvette (vorne) und den<br />
Ganassi-DP selten mehr<br />
als ein paar Sekunden<br />
102 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
allein die Prototypenklasse bilden, die GTD-<br />
Klasse sollte abgeschafft und durch GT3-<br />
Fahrzeuge ersetzt werden. Nur die GTE-<br />
Klasse sollte bleiben, was sie ist, nämlich die<br />
Topklasse des GT-Sports in der USC.<br />
Ein Hauch von Umsturz lag in der Luft,<br />
mindestens jedoch eine (neuerliche) Entscheidung<br />
über die Zukunft: „Wir werden uns am<br />
Dienstag nach dem Rennen mit allen Herstellern<br />
in Daytona zusammensetzen, um die Zukunft<br />
zu besprechen und Entscheidungen zu<br />
treffen“, so USC-CEO Ed Bennett. „Unsere<br />
Teams brauchen Klarheit, damit sie ihre Investments<br />
machen können.“<br />
Vorher galt es aber erst mal, ein 24h-Rennen<br />
über die Bühne zu bringen, und das Resultat<br />
war irgendwie Wasser auf die Mühlen<br />
der Skeptiker aus Europa: Die Prototypenklasse<br />
wurde von den altersschwachen Daytona-<br />
Prototypen dominiert, Ford und GM hatten<br />
alles im Griff. In der GTD-Klasse fuhr mit<br />
Viper wiederum ein amerikanischer Hersteller<br />
allen davon, und in der GTE-Klasse stellte<br />
Corvette die Europäer (Porsche, Ferrari,<br />
BMW) an die Wand. War das Rennen vielleicht<br />
ein schlechtes Omen für die Zukunft?<br />
Ganassi-Trümpfe am Schluss<br />
Chip Ganassi Racing holte den sechsten Sieg<br />
beim 24h-Rennen in Daytona, und wie immer,<br />
wenn ein Team sich über Jahre hinweg<br />
auf eine spezielle Aufgabe eingroovt, haben es<br />
die Gegner schwer, dagegenzuhalten – selbst<br />
wenn technischer Gleichstand herrscht.<br />
Details machten den Unterschied zwischen<br />
Sieg und Niederlage aus, auch wenn der Vorsprung<br />
von „nur“ 1,3 Sekunden im Ziel etwas<br />
anderes glauben machen könnte. 18 Gelbphasen<br />
mit einer Dauer von 5.06,48 Stunden<br />
sorgten dafür, dass niemand enteilen konnte<br />
oder durfte. Ganassi kennt die Regeln – und<br />
hebt sich das Beste immer für den Schluss auf.<br />
Damit ist aber keineswegs die letzte Rennstunde<br />
gemeint: „Das Rennen wird im letzten<br />
Drittel vorentschieden“, erklärt Chip Ganassi.<br />
Und genau so kam es auch: Bis drei Stunden<br />
vor Schluss lagen zwei Ford-Riley-Ganassi und<br />
zwei Corvette-DP von Wayne Taylor und<br />
Action Express in der Führungsrunde. Zu diesem<br />
Zeitpunkt lag der Ganassi-DP von Scott<br />
Dixon, Tony Kanaan, Jamie McMurray und<br />
Als beide Werkswagen im Aus<br />
standen, war allen klar: kein<br />
gutes Wochenende für Porsche!<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 103
24H DAYTONA SAISONAUFTAKT USC<br />
Blitzsaubere Vorstellung<br />
Das Corvette-Trio Ryan<br />
Briscoe, Jan Magnussen<br />
und Antonio García<br />
siegte deutlicher, als es<br />
das Resultat ausweist<br />
Kein Tag im Paradies<br />
Lichtmaschinen-Defekt,<br />
teaminterne Kollision,<br />
Motorschäden –<br />
Porsche war in Daytona<br />
abgemeldet<br />
104 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Sportchef Fehan hatte Neueinstufungen<br />
für Corvette massiv<br />
gefordert – und bekommen<br />
Kyle Larson noch an der vierten Position.<br />
Trotzdem hatte man sich bereits fürs Finale in<br />
Stellung gebracht: Bei zwei der 18 Gelbphasen<br />
schindete Ganassi am Sonntag Stints von 29<br />
Runden Reichweite heraus, während Wayne<br />
Taylor nur 27 Runden weit kam. Die Spritknauserei<br />
brachte Vorteile bei der Taktik, sodass<br />
man durch kürzere Tankstopps an der<br />
Corvette-DP von Wayne Taylor vorbeiziehen<br />
konnte, ohne sie auf der Rennstrecke überholen<br />
zu müssen – und obwohl beide Fahrzeuge<br />
bei normalen Stints unter Grün die gleiche<br />
Reichweite von 26 Runden aufwiesen.<br />
Was für ein Ford-Schritt: Topspeed<br />
Der zweite Joker beim Ganassi-Sieg war der<br />
dreifache IndyCar-Champion Scott Dixon,<br />
der in den letzten drei Stunden die Verantwortung<br />
im Sieger<strong>auto</strong> übernahm. Dixon war<br />
erstens der schnellste Ganassi-Pilot, zweitens<br />
sparte er mit viel Könnerschaft Kraftstoff, und<br />
drittens machte er nicht den geringsten Fehler,<br />
als ihm WTR-Pilot Jordan Taylor im direkten<br />
Duell über einen vollen Stint im Genick saß.<br />
Natürlich gehört es auch zu den Geschäftsregeln<br />
im Langstrecken<strong>sport</strong>, immer ein paar<br />
Extrapatronen im Lauf zu haben, wenn es am<br />
Schluss um die Beute geht: So hatten die beiden<br />
Ford-DP von Chip Ganassi einen klaren<br />
Topspeedvorteil gegenüber den Corvette-DP<br />
(siehe Analyse unten), was es natürlich viel<br />
leichter macht, die Spitze zu verteidigen.<br />
Ein genauer Blick in die nicht öffentlichen<br />
Detailsektorzeiten enthüllt zudem, dass die<br />
Ford-Turbomotoren offenbar auch bei der Beschleunigung<br />
leicht überlegen sind: Vom Herausbeschleunigen<br />
aus dem Infield ins Banking<br />
bis zum Bremspunkt der Bus-Stop-Schikane<br />
gewann der siegreiche Ganassi-DP im Schnitt<br />
der 50 schnellsten Sektoren gut anderthalb<br />
Zehntel auf den Wayne-Taylor-DP, und exakt<br />
die gleiche Marge kommt im Sektor, der von<br />
der Bus-Stop-Schikane bis zu Start-Ziel reicht,<br />
noch mal dazu.<br />
Betrachtet man nun die letzten drei Rennstunden,<br />
die außer einer letzten Gelbphase 20<br />
Minuten vor Rennende fast vollständig unter<br />
Grün abliefen, so war Scott Dixon im Mittel<br />
seiner zehn schnellsten Runden im Schnitt<br />
zwei Zehntel fixer als sein Gegenspieler Jordan<br />
Taylor. Und das Chip-Ganassi-Auto schaffte<br />
in den letzten vier Rennstunden acht seiner 50<br />
schnellsten Rennrunden – die Wayne-Taylor-<br />
Corvette-DP nur zwei. Man darf also davon<br />
ausgehen, dass das Ganassi-Team seine Ressourcen<br />
und die vorhandenen Vor teile punktgenau<br />
zum Rennende einsetzte – so, wie es<br />
sich für ein Topteam eben gehört.<br />
DP-Vorteile: Power und Abtrieb<br />
Zur Stärke von Ganassi kam die Schwäche der<br />
Gegner: Mitten im Zweikampf mit dem führenden<br />
Ganassi-Auto spannt man beim Verfolger<br />
Wayne Taylor Racing, dass ihr Pilot Jordan<br />
Taylor zu viel Fahrzeit hinterm Lenkrad<br />
verbracht hat. Daher muss man bei der letzten<br />
Gelbphase und trotz geschlossener Boxengasse<br />
nochmals die Pits anlaufen, den Fahrer tauschen<br />
– und hinterher auch noch einen Strafstopp<br />
absitzen.<br />
So fällt die Truppe von Taylor im Endspurt<br />
sogar noch von Platz zwei auf Position drei ab.<br />
Hat aber alles nichts geholfen, denn nach dem<br />
Rennen wird dem WRT-Auto von Jordan und<br />
Ricky Taylor sowie Max Angelelli trotzdem<br />
der dritte Platz aberkannt, denn Jordan Taylor<br />
saß während der letzten sechs Rennstunden<br />
4.17 Stunden hinterm Steuer – das erlaubte<br />
Maximum beträgt aber nur vier Stunden.<br />
Man könnte es zusammenfassend auch so formulieren:<br />
Nicht alle Gegner von Chip Ganassi<br />
Racing agieren auf dem Niveau von Chip<br />
Ganassi Racing.<br />
Bleibt die leidige Frage zu klären, wie es<br />
um die Balance bei den Einstufungen zwischen<br />
den Daytona-Prototypen und den<br />
LMP2-Wagen stand. Immerhin holte ja der<br />
Ligier-JS-PS2-Honda des Teams von Michael<br />
Shank die Pole Position. Er blieb im Rennen<br />
bis zur Halbzeit mit Mühe und Not und dank<br />
der vielen Gelbphasen in der Führungsrunde<br />
– danach spielten die Le-Mans-Prototypen<br />
dann aber wirklich keine Rolle mehr.<br />
Wir kennen das Muster vom letzten Jahr:<br />
Zwar hat die Balance of Performance tendenziell<br />
dafür gesorgt, dass die Daytona-Prototypen<br />
und die LMP2-Wagen über eine schnelle<br />
Runde halbwegs gleich schnell sind, doch<br />
im Rennen haben die DP weiterhin klar die<br />
Oberhand. Im Verkehr sind die DP-Turbotriebwerke<br />
von Ford und die großvolumigen<br />
DP-Sauger von Corvette den brustschwachen<br />
LMP2-Motoren überlegen. Dazu haben die<br />
Daytona-Prototypen mehr Abtrieb, die Kombination<br />
aus beiden Faktoren bringt Vorteile<br />
im direkten Duell – und natürlich im dichten<br />
Überrundungsverkehr der United SportsCar<br />
Championship.<br />
Außer bei den Topspeeds, wo die LMP2<br />
auf die Ford-Ganassi konstant zwischen 4 und<br />
6 km/h verloren, scheint der Nachteil der<br />
LMP2 jedoch kaum konkret in den Daten<br />
auf, denn reine Mittelwerte, also zum Beispiel<br />
der Durchschnitt der 50 schnellsten Runden<br />
oder der 50 schnellsten Sektorzeiten, erfassen<br />
den Nachteil nicht oder nur unzureichend –<br />
eben weil nur die schnellsten Zeiten zählen.<br />
!<br />
Im Detail<br />
24h-Rennen Daytona 2015: Rennanalyse Prototypenklasse<br />
Wir ersparen uns hier den Vergleich DP gegen<br />
LMP2, denn die Aussage ist immer die gleiche.<br />
Stattdessen steht das Duell Ford-Riley (Ganassi)<br />
gegen Corvette-DP (Action Express und Wayne<br />
Taylor) im Fokus. Wayne Taylor stellte zwar das<br />
schnellste Auto im Feld, doch das galt nicht für das<br />
letzte Renndrittel, wo Ganassi aufdrehte und sich<br />
dank cleverer Strategie und guter Spritspartaktik<br />
einen Vorteil herausarbeitete. Einmal in Führung,<br />
konnte das 02er-Auto die Spitze halten, auch dank<br />
der höheren Topspeeds und der tollen Performance<br />
von Pilot Scott Dixon. Ganassi verlor am Samstagabend<br />
gut zehn Minuten bei einer längeren Reparatur<br />
unter Gelb, konnte die Runde Rückstand aber<br />
schnell wieder wettmachen.<br />
Team/Fahrzeug Ø 100 schnellste Ø 20 % schnellste Ø 100 höchste Anzahl der Boxenstopps<br />
(Startnummer) Rennrunden Rennrunden Topspeeds Boxenstopps (Dauer)<br />
1. Ganassi-Riley-Ford-DP (#02) 1.40,290 min. 1.40,369 min. 309,8 km/h 34 51,00 Minuten<br />
2. Ganassi-Riley-Ford-DP (#01) 1.40,535 min. 1.40,583 min. 307,9 km/h 33 DNF<br />
3. Action-Express-Corvette-DP (#5) 1.40,472 min. 1.40,549 min. 305,8 km/h 30 49,12 Minuten<br />
4. Wayne-Taylor-Corvette-DP (#10) 1.40,253 min. 1.40,323 min. 305,6 km/h 33 40,46 Minuten<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 105
24H DAYTONA SAISONAUFTAKT USC<br />
Guter Saisonstart<br />
Dirk Werner, Bruno<br />
Spengler, Bill Auberlen<br />
und Augusto Farfus<br />
holten mit Platz zwei das<br />
Maximum für BMW<br />
Die alte LMP2-Leier<br />
Die LMP2-Autos wurden<br />
so eingestellt, dass sie<br />
über eine Runde schnell<br />
sind – aber nicht über<br />
die Renndistanz<br />
106 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
BMW-Sportchef Marquardt war<br />
zufrieden: mehr Topspeed, gute<br />
Performance, viele Punkte<br />
Eine weitere Auffälligkeit in diesem Zusammenhang:<br />
Während die DP von Ford und<br />
Corvette bis zum Rennende konstant schnell<br />
fahren konnten, fielen die LMP2 mit zunehmender<br />
Renndauer immer stärker ab: War<br />
der Ligier von Michael Shank im ersten Renndrittel<br />
noch gleich schnell wie die DP von Ganassi,<br />
fehlte im letzten Renndrittel fast eine<br />
volle Sekunde. Die beiden Fahrzeugkonzepte<br />
– es wurde schon oft genug gesagt und geschrieben<br />
– sind in Summe viel zu unterschiedlich,<br />
um in einer gemeinsamen Klasse<br />
gewertet zu werden. Die USCPrototypenklasse<br />
bleibt also ein fauler Kompromiss.<br />
GTE: Nur Corvette siegfähig?<br />
Für die GTEKlasse muss immerhin festgehalten<br />
werden, dass die Gesamtbalance deutlich<br />
besser funktionierte als in der Prototypenklasse.<br />
Alle GTEHersteller waren zumindest<br />
podestfähig, wenngleich in einem Rennen<br />
ohne besondere Vorkommnisse vermutlich<br />
nur Corvette auch wirklich siegfähig war.<br />
Betrachtet man die klassische Datenanalyse<br />
(siehe Kasten unten), so liegen BMW, Aston<br />
Martin und Porsche bei den 20 Prozent der<br />
schnellsten Rennrunden in einem engen Korridor<br />
von circa zwei Zehntelsekunden. Ferrari<br />
taucht wegen der frühen Ausfälle seiner beiden<br />
458 GTE hier nicht auf – doch auch die<br />
Italiener fügten sich in dieses Delta.<br />
Auffällig aber, dass nur die beiden CorvetteC7.RWerkswagen<br />
beim Mittelwert unter<br />
1.45 Minuten lagen. Die Differenz der siegreichen<br />
Corvette (<strong>#3</strong>) von Jan Magnussen,<br />
Antonio García und Ryan Briscoe zum zweitplatzierten<br />
BMW (#25) und zum schnellsten<br />
Porsche (#911) betrug jeweils knapp über zwei<br />
Zehntelsekunden.<br />
Das entspricht zwar nur einer Abweichung<br />
von 0,2 Prozent bei der Rundenzeit, doch<br />
BMWWerkspilot Dirk Werner, der im<br />
Schluss sprint nach der letzten Gelbphase gegen<br />
García um 0,478 Sekunden unterlag, ließ<br />
keinen Zweifel daran, dass er die Corvette<br />
nicht aus eigener Kraft hätte überholen können.<br />
Verantwortlich dafür sind weniger die<br />
TopspeedUnterschiede, die im Gegensatz<br />
zum letzten Jahr deutlich geringer ausfielen,<br />
als die bessere Beschleunigung der Corvette.<br />
BMWWerkspilot Lucas Luhr notierte:<br />
„Die Corvette ziehen beim Beschleunigen aus<br />
niedrigen Geschwindigkeiten erst weg, dann<br />
bleibt der Abstand konstant, um sich vor dem<br />
Bremspunkt wieder leicht zu reduzieren.“ Das<br />
wäre auch physikalisch gut zu erklären, denn<br />
mit 5,5 Litern Hubraum überflügelt Corvette<br />
die GTEWettbewerber BMW, Ferrari und<br />
Porsche um mindestens einen Liter.<br />
Umso verwunderter musste die Konkurrenz<br />
vor Daytona zur Kenntnis nehmen, dass<br />
das USWerksteam seine V8Restriktoren um<br />
jeweils 0,6 mm vergrößern durfte, obendrein<br />
lud man auch noch 25 Kilo Gewicht aus. Im<br />
Fahrerlager war man sich einig: Das war ein<br />
wenig zu viel des Guten. Corvette versteht es<br />
zudem, seine Vorteile so zu nutzen, dass man<br />
bei den Daten kaum auffällig wird.<br />
Als es im Schlussspurt gegen BMW eng<br />
wurde, schaffte García bei seinen zehn<br />
schnells ten Runden einen Schnitt von 1.44,6<br />
Minuten – schneller als der Mittelwert im<br />
Rennen, schneller auch als der Mittelwert der<br />
Corvette im ersten Renndrittel. Dirk Werner<br />
schaffte bei seinen zehn schnellsten Rennrunden<br />
vor der letzten Gelbphase nur einen<br />
Mittelwert von 1.45,0 Minuten, war aber exakt<br />
genauso schnell wie im ersten Renndrittel.<br />
Corvette erzielte 20 seiner 50 schnellsten<br />
Rennrunden in den letzten vier Stunden –<br />
BMW schaffte in der gleichen Phase nur zwölf<br />
ihrer 50 schnellsten Runden. Ein Schuft, wer<br />
Arges dabei denkt? IMSA hat immerhin angekündigt,<br />
auf Basis der Daten von Daytona für<br />
den zweiten USCLauf in Sebring eine Neueinstufung<br />
zu erarbeiten.<br />
In aller Fairness sollte auch erwähnt werden,<br />
dass die siegreiche Corvette fast ohne<br />
Probleme durchs Rennen tingelte – mit der<br />
geringsten Boxenstoppzeit aller GTEWagen.<br />
Die Gegner stellten sich oft selbst ein Bein:<br />
BMW verlor in der Schlussphase bei einem<br />
Boxenstopp durch einen Kommunikationsfehler<br />
30 Sekunden auf Corvette. Und Porsche,<br />
die beim Speed auf BMWNiveau lagen,<br />
wurde durch eine unglückliche teaminterne<br />
Kollision der WerksElfer ebenso zurückgeworfen<br />
wie durch zwei Motorschäden.<br />
Den Plan neu geplant: LMP2<br />
Können wir da also wirklich von einer unangemessenen<br />
Bevorzugung der amerikanischen<br />
Hersteller sprechen? Beim ViperSieg in der<br />
GTDKlasse vermutlich schon. Corvette hatte<br />
in der GTEKlasse leichte Vorteile. Und ein<br />
LMP2Auto wird bei einem 24hRennen eh<br />
nie eine Chance gegen die DPPanzer haben.<br />
Und wie steht es um die Zukunft? Beim<br />
großen Meeting nach dem Rennen ruderten<br />
die Verschwörer wieder zurück. Ab 2017<br />
bildet – wie geplant – die LMP2Klasse die<br />
Topkategorie der USC. Mit dem Unterschied,<br />
dass die Motoren freigestellt sind und die<br />
Her steller die Möglichkeit erhalten, eine<br />
Frontpartie zu homologieren, die den Look<br />
ihrer Straßen<strong>auto</strong>s nachempfindet. Die Vernunftehe<br />
wurde also nicht geschieden. ◾<br />
!<br />
Im Detail<br />
24h-Rennen Daytona 2015: Rennanalyse GTE-Klasse<br />
Zur Rennanalyse wurden die Daten des jeweils<br />
besten Fahrzeugs einer Marke herangezogen. Ferrari<br />
fehlt in dieser Aufstellung, da beide Fahrzeuge<br />
früh ausfielen. Alle GTE-Hersteller hatten für den<br />
Saisonstart Zugeständnisse erhalten, meist in Form<br />
größerer Restriktoren und weniger Gewicht, mit<br />
Ausnahme von Porsche, weil sie beim letzten USC-<br />
Rennen in Atlanta 2014 das schnellste Auto stellten.<br />
Corvette stellte in Daytona das schnellste Auto, der<br />
Abstand zwischen BMW und Porsche war gering.<br />
BMW war erstmals bei den Topspeeds wettbewerbsfähig,<br />
dank eigener Aero-Entwicklung und<br />
größerer Restriktoren. Die Topspeeds wurden auf<br />
Höhe der Boxeneinfahrt gemessen und sind damit<br />
keine Maximalwerte, erlauben aber Vergleiche.<br />
Team/Fahrzeug Ø 100 schnellste Ø 20 % schnellste Ø 100 höchste Anzahl der Gesamtzeit in<br />
(Startnummer) Rennrunden Rennrunden Topspeeds Boxenstopps der Boxengasse<br />
1. Corvette C7.R (<strong>#3</strong>) 1.44,716 min. 1.44,784 min. 291,1 km/h 28 36,05 Minuten<br />
2. BMW Z4 GTE (#25) 1.44,948 min. 1.45,001 min. 292,1 km/h 29 43,27 Minuten<br />
3. Porsche 911 RSR (#911) 1.45,001 min. 1.45,039 min. 290,5 km/h 27 3:22,57 Stunden<br />
4. Aston Martin Vantage (#98) 1.45,225 min. 1.45,254 min. 290,5 km/h 32 3:48,04 Stunden<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 107
LANGSTRECKENMEISTERSCHAFT PORTRÄT: KARL MAUER<br />
108 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
KARLS<br />
Karl Mauer kennt als<br />
Geschäftsführer der VLN<br />
seine Schäfchen – doch<br />
nicht jeder kennt seinen<br />
Hintergrund. Als ehemaliger<br />
Rennfahrer, Journalist<br />
und Manager bringt<br />
er die perfekten Voraussetzungen<br />
für den Job als<br />
VLN-Häuptling mit.<br />
Text Bianca Leppert · Fotos BR-Foto<br />
!<br />
STECKBRIEF<br />
Name Karl Mauer<br />
Geburtsort Ahütte (bei Adenau)<br />
Geburtstag 07.03.1948<br />
Beruf Journalist/Manager<br />
Karl Mauer absolvierte sein<br />
Volontariat beim „Bonner Generalanzeiger“<br />
und arbeitete danach als<br />
Sportredakteur für <strong>auto</strong> motor und<br />
<strong>sport</strong>. Nach einer Zwischenstation<br />
in der Presseabteilung bei Ford<br />
übernahm er die Chefredaktion für<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong>. Schließlich heuerte er<br />
bei Opel als Pressechef an, wurde<br />
Direktor für Presse und Information<br />
und beendete seine Konzern-<br />
Karriere in der Opel-Europazentrale<br />
in Turin.<br />
PREIS<br />
Manche sagen, er sei der unaufgeregteste<br />
Mensch der Welt. Andere behaupten,<br />
er sei kompetent und führungsstark.<br />
Alle jedenfalls glauben, er sei das Beste,<br />
das der VLN passieren konnte: Karl<br />
Mauer steht seit Anfang August vergangenen<br />
Jahres an der Spitze der Langstreckenmeisterschaft<br />
am Nürburgring, als alleiniger<br />
Geschäftsführer. Und eines ist er dabei ganz<br />
und gar nicht: ein Sonnenkönig.<br />
Sein Rücktritt aus der VLN wenige Wochen<br />
vor seinem Comeback als Alleinherrscher löste<br />
in der Szene Bestürzung aus. „Karl will gehen?<br />
Das kann er doch nicht machen“, lauteten die<br />
Reaktionen. Sie nennen ihn alle nur Karl,<br />
denn wenn etwas nicht zu ihm passt, dann<br />
sein Nachname: Mauer. Kaum eine Person<br />
wird am Nürburgring so geschätzt und akzeptiert.<br />
Das Besondere: Er hat den Respekt der<br />
klassischen Garagen-Teams – und das<br />
Ansehen der Anzug- und Schlipsträger.<br />
Als der achte VLN-Lauf wegen Nebel nach<br />
zwei Stunden Wartezeit abgesagt werden<br />
muss, hat Kommunikator Mauer bereits wieder<br />
viele Gespräche hinter sich, er muss es<br />
erklären – und zwar allen. Danach kämpft er<br />
sich mit seinem Auto durchs Fahrerlager, das<br />
durch die Auflieger blockiert ist, weil alle<br />
plötzlich aufbrechen. Für die 300 Meter zum<br />
Lindner-Hotel braucht er eine halbe Stunde.<br />
Dort angekommen, spaziert er völlig entspannt<br />
durch die Eingangshalle, schaut sich<br />
um und lacht, als er sich in den Sessel niederlässt.<br />
Seine Bewegungen wirken ein bisschen,<br />
als habe jemand die Zeitlupentaste gedrückt.<br />
Und er scheint seine Umgebung gleich mit in<br />
den Zeitraffermodus zu versetzen – wo vorher<br />
noch Hektik war, herrscht jetzt Ruhe.<br />
Es gibt Menschen, die vermitteln einem<br />
auf Anhieb ein angenehmes Gefühl – ohne<br />
dass man sie kennt. Claus Kleber vom „heutejournal“<br />
ist so ein Beispiel. Karl Mauer gehört<br />
dazu und hätte, wenn man sich Fotos aus früheren<br />
Zeiten anschaut, auch als Nachrichtenmoderator<br />
eine gute Figur abgegeben. Mittlerweile<br />
hat er etwas weniger Haare auf dem<br />
Kopf und ein paar Falten mehr, aber mit seinen<br />
Jeans, den modernen blauen Wildleder-<br />
Schnürschuhen und seiner VLN-Funktionsjacke<br />
wirkt der 66-Jährige jung geblieben.<br />
Die englische Fahrerbesprechung am Freitagabend<br />
des VLN-Wochenendes ist inzwischen<br />
seine Messe. Seit Karl Mauer sie leitet,<br />
mag sich kaum noch jemand für die deutsche<br />
Version am Samstagmorgen erwärmen – und<br />
aus dem Bett muss man sich auch nicht mehr<br />
quälen. Jedes Mal sitzt Mauer nach der Besprechung<br />
mindestens noch eine Viertelstunde<br />
in Einzelgesprächen mit jenen zusammen, die<br />
Fragen haben oder einfach ihr Leid klagen<br />
wollen. „Ich versuche, den kleinen Dingen<br />
nachzugehen“, sagt Mauer. „Und ich kümmere<br />
mich gerne persönlich darum.“<br />
Aber zupacken kann er auch: Nach all den<br />
Unfällen und Diskussionen in der vergangenen<br />
VLN-Saison hatte Mauer einiges zu tun.<br />
Er ist ein Mann, der Taten sehen will, der was<br />
bewegen möchte. Leere Worte passen nicht zu<br />
ihm. Deshalb setzte er nach den chaotischen<br />
Zuständen beim 5. VLN-Lauf alle Hebel in<br />
Bewegung, um eine Lösung zu finden.<br />
Weil es zunächst nicht danach aussah, dass<br />
der Vorstand seine Vorschläge zum nächsten<br />
Rennen umsetzt, zog er die Notbremse. Sein<br />
Rücktritt hatte einen Knalleffekt und war<br />
zugleich der Türöffner zum Posten des alleinigen<br />
Schäfchen zählen<br />
Die Popularität der VLN steht außer Zweifel –<br />
Rennfahrzeuge bis zum Horizont beweisen es<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 109
LANGSTRECKENMEISTERSCHAFT PORTRÄT: KARL MAUER<br />
Karl Mauer weiß, wovon er redet: Er fuhr selbst<br />
jahrelang in der VLN und beim 24h-Rennen<br />
Minimal unentspannt<br />
Karl Mauer ist für Späße<br />
durchaus zu haben. Blöd<br />
nur, wenn der Gegner<br />
die Prozedur maximal<br />
entspannt absolviert …<br />
110 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Geschäftsführers. Mauer dabei egoistisches<br />
Machtstreben zu unterstellen, wäre ungerecht:<br />
Wer sich wie er für eine Sache einsetzt, will<br />
nicht gegen Windmühlen kämpfen.<br />
Die Begründung, warum Mauer von vielen<br />
als Idealbesetzung für den Führungsposten<br />
gesehen wird, findet sich in seiner beruflichen<br />
Karriere. Er kennt aus seiner Arbeit als Journalist<br />
die Ansprüche der Medien, saß aber<br />
auch lange auf der anderen Seite des Schreibtischs<br />
in verschiedenen Presseabteilungen.<br />
Später war er auch in Führungspositionen,<br />
in denen Verhandlungsgeschick und feiner<br />
Zwirn zum Tagesgeschäft gehörten. Neben all<br />
diesen beruflichen Qualifikationen ist eines<br />
noch viel entscheidender: In seiner Brust<br />
schlägt das Herz eines Rennfahrers. Mauer saß<br />
selbst jahrelang hinterm Steuer. Als gebürtiger<br />
Eifelaner hat er zudem einen Bonus bei der<br />
ganz speziellen Ring-Spezies. „Karl ist trotz<br />
seines beruflichen Erfolgs einer von uns, den<br />
man jederzeit ansprechen kann“, sagt einer,<br />
der viel mit ihm arbeitet.<br />
Berufsträume und Traumberufe<br />
Mauer, der in Ahütte geboren wurde, wusste<br />
schon als kleiner Steppke, was er später mal<br />
machen will. Er träumte vom Journalistenleben<br />
bei <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong>. „Mein Onkel<br />
hatte eine Fleischerei und fuhr einen dicken<br />
Mercedes“, sagt er. „Dort lag immer die <strong>auto</strong><br />
motor und <strong>sport</strong> herum. Ich habe sie damals<br />
regelrecht verschlungen.“ Aus der Bewerbung<br />
für ein Volontariat in Stuttgart wird jedoch<br />
nichts, Mauer heuert stattdessen beim „Bonner<br />
Generalanzeiger“ an und arbeitet als<br />
Sport redakteur – natürlich gehört der Nürburgring<br />
dabei zu seinen Aufgabengebieten.<br />
Später wechselt er zu Renault in die Sportpresse<br />
und schafft es, seinen Traum zu verwirklichen:<br />
Bei <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong> wird<br />
eine Stelle im Sportressort frei. In dieser Zeit<br />
macht er seine ersten Versuche hinterm Steuer.<br />
Bei einem Test mit dem Renault R5 fällt sein<br />
Talent auf. Die Verantwortlichen fragen ihn,<br />
ob er nicht Lust habe, am legendären R5-<br />
Pokal teilzunehmen. Mauer verkauft seinen<br />
Autobianchi und ersteht mit Presserabatt eine<br />
kleine R5-Rennsemmel. Im zweiten Jahr holt<br />
er im Team von Harald Grohs den Vize titel.<br />
„Mit Set-up war da nicht viel. Außer Luftdruck<br />
gab es nichts einzustellen“, sagt Mauer.<br />
Bei <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong> bleibt er vier Jahre<br />
lang, legt eine kurze Zwischenstation bei Ford<br />
ein, für die er das 24h-Rennen am Nürburgring<br />
im Jahr 1979 im Ford Escort RS gewinnt,<br />
und kehrt schließlich als Chefredakteur von<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> für vier Jahre nach Stuttgart zurück.<br />
Mauer begeistert sich auch für zwei Räder<br />
– und nimmt parallel zum <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Job<br />
den Posten als Chefredakteur bei Motorrad<br />
an. „Ich bin früher gut 20 000 Kilometer im<br />
Jahr Motorrad gefahren“, sagt Mauer.<br />
Bis zu einem Unfall: Im März 1985 ist er<br />
auf seiner Honda GXR 750 am Westbahnhof<br />
in Stuttgart unterwegs. Ein Autofahrer übersieht<br />
ihn, Mauer macht eine Rolle und liegt<br />
am Boden. „Ich dachte im ersten Moment,<br />
„Ich will die<br />
VLN zukunftsfähig<br />
machen.<br />
Ihre Struktur<br />
stammt noch<br />
aus der VLN-<br />
Gründerzeit –<br />
vor 38 Jahren“<br />
VLN-Boss Karl Mauer<br />
ich sei querschnittgelähmt“, erinnert er sich.<br />
Sein rechtes Bein ist mehrfach gebrochen, er<br />
verbringt mehrere Wochen im Krankenhaus.<br />
„Mir wurde die Verantwortung in meiner<br />
Position bewusst. Im Mai habe ich die Chefredaktion<br />
abgegeben“, sagt Mauer. Danach ist<br />
er mit Ausnahme seiner restaurierten 1938er<br />
DKW kein Motorrad mehr gefahren.<br />
Langer Boxenstopp bei Opel<br />
Die nächste Tür öffnet sich bei Opel. Dort<br />
heuert er zunächst als Pressechef an, wird später<br />
Direktor Presse und Information. Er<br />
verantwortet große Budgets, genießt die Führungsrolle.<br />
„Im Herzen bin ich immer Journalist<br />
geblieben. Ich habe meine Sekretärinnen<br />
mit Papierbergen auf dem Schreibtisch zur<br />
Verzweiflung gebracht. Und Zahlen sind nicht<br />
mein Ding: Für die Budgetplanung hatte ich<br />
immer meine Leute.“ Zuletzt machte er in der<br />
Europazentrale in Turin Station und pendelte<br />
zwischen Deutschland und Italien. Insgesamt<br />
25 Jahre lang arbeitet er für die Rüsselsheimer.<br />
„Wenn mir das jemand vorhergesagt hätte,<br />
hätte ich ihn ausgelacht“, meint Mauer.<br />
Nach seiner Karriere zieht es ihn wieder<br />
zurück in die Eifel. Dorthin, wo er früher<br />
nach Schulschluss auf den Hang stürmte und<br />
das Training zum 1000-Kilometer-Rennen<br />
verfolgte. Es ist die Ruhe des kleinen Örtchens<br />
Üxheim-Ahütte mit etwas mehr als 600<br />
Einwohnern, die Mauer gefällt. Dort lebt er<br />
gemeinsam mit seinem Hund. Die Zurückgezogenheit<br />
genießt er auch jedes Jahr bei<br />
seinem Mountainbike-Alpencross, wo er fünf<br />
Tage nur mit dem Fahrrad und einem Rucksack<br />
unterwegs ist. „Was immer man aus dem<br />
Büro mitnimmt, am zweiten Tag ist das vergessen.<br />
Die Prioritäten verschieben sich. Es<br />
geht zum Beispiel darum, ob man noch auf<br />
dem richtigen Weg ist und genug trinkt.“<br />
Für Mauer ist es seine Art, Kraft zu schöpfen.<br />
Genauso wie seine Teilnahme am New<br />
York Marathon, den er schon zweimal gelaufen<br />
ist. Nach der Zeit bei Opel gönnte sich<br />
der Vater von zwei erwachsenen Söhnen erst<br />
mal zwei Jahre Pause. „Am Anfang konnte ich<br />
es noch nicht genießen, einfach nur auf einer<br />
Bank zu sitzen und den Sonnenschein zu genießen.<br />
Ich war immer getrieben und gezwungen<br />
– es hat ein bisschen gedauert.“<br />
Über den MSC Adenau kommt er schließlich<br />
zur VLN und hat eine neue Aufgabe.<br />
Zunächst als Geschäftsführer für Medien und<br />
Kommunikation, heute als Geschäftsführer.<br />
Sein Ziel? „Ich will die VLN zukunftsfähig<br />
machen, denn die bisherige Struktur entspricht<br />
der vor 38 Jahren bei der Gründung.<br />
Heute läuft aber vieles anders“, sagt er.<br />
Dass er darüber genau Bescheid weiß,<br />
glaubt man ihm sofort. Mauer ist bei Facebook<br />
aktiv und ließ sich für den guten Zweck<br />
bei der „Ice Bucket Challenge“ sogar einen<br />
Eimer Eiswasser über den Kopf schütten. Die<br />
kalte Dusche erhielt er bei der Siegerehrung<br />
des VLN-6h-Rennens. Mauer schüttelte sich<br />
kurz, lachte und machte flugs Platz für die<br />
Sektdusche. Völlig unaufgeregt eben. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 111
INTERVIEW MIT MASAAKI BANDOH, CHEF DER JAPANISCHEN SUPER-GT-MEISTERSCHAFT<br />
„DIE JAPANISCHEN HERSTELLER<br />
SETZEN AUF WEITERENTWICKLUNG“<br />
Masaaki Bandoh<br />
bilanziert die erste<br />
Saison mit den neuen<br />
GT-500-Rennwagen,<br />
die Komponenten aus<br />
der DTM verwenden,<br />
und blickt nach vorn<br />
auf das zukünftige<br />
Klasse-1-Reglement.<br />
Foto Getty Images<br />
112 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de xx/2015
Das Interview führte Andrew Cotton<br />
Wie steht es um die GT-500-Klasse in der japanischen<br />
Super-GT-Serie, nachdem seit 2014 neue<br />
Autos im Einsatz und neue Regeln in Kraft sind,<br />
die auf dem DTM-Konzept aufbauen?<br />
Bandoh: Der Sinn der Vereinheitlichung der<br />
technischen Regularien mit denen der DTM<br />
bestand darin, die Kosten zu senken. Betroffen<br />
sind drei Bereiche: Einheitsbauteile,<br />
Standardbauteile und diejenigen Baugruppen,<br />
die wir in Japan herstellen. In den ersten<br />
beiden Bereichen sehen wir zum Teil deutliche<br />
Einsparungen. Bei den Baugruppen, die wir in<br />
Japan selbst herstellen, konnten wir aber keine<br />
signifikante Kostensenkung registrieren. Der<br />
zweite Kernpunkt der Vereinheitlichung war<br />
die Globalisierung des Technikkonzepts; hier<br />
hat der Lenkungsausschuss mehrfach getagt,<br />
in Deutschland, in Amerika und in Japan.<br />
Wir diskutieren darüber, ein Weltfinale mit<br />
WM-Prädikat abzuhalten, mit den besten<br />
Piloten aus den beteiligten Serien.<br />
Sind die neuen GT-500-Autos der Super GT jetzt<br />
schneller als noch im Jahr 2013?<br />
Bandoh: Im Durchschnitt sind die neuen GT<br />
500 zwischen 1,5 und 3 Sekunden pro Runde<br />
schneller, je nach Strecke. Das liegt zum einen<br />
daran, dass die GT 500 mehr Abtrieb haben,<br />
was auch mit dem neuen Chassis zu tun hat.<br />
Zum anderen haben die Zweiliter-Turbomotoren<br />
mehr Leistung. Dazu gibt es in unserer<br />
Serie ja noch einen echten Reifenwettbewerb.<br />
Daher ist es schwierig einzuschätzen, wie groß<br />
der exakte Anteil der genannten Faktoren an<br />
der Rundenzeitenverbesserung ist.<br />
Kann man denn nach der ersten Saison über eine<br />
deutliche Kostensenkung reden?<br />
Bandoh: Bis jetzt sind die Einsparungen nicht<br />
sehr groß, aber wir sehen eine Verbesserung.<br />
Die japanische Super-GT-Serie ist jedoch sehr<br />
speziell: Im Unterschied zur DTM stecken wir<br />
wenig Geld in die Vermarktung, aber viel<br />
Geld in die Technik, weil die Ingenieure die<br />
treibende Kraft sind. Selbst wenn man mehr<br />
sparen könnte, würden es die Ingenieure in<br />
Japan einfach nicht tun, das ist eine andere<br />
Mentalität als in Deutschland. Somit fällt<br />
dann auch das Sparpotenzial geringer aus.<br />
Honda hinkte 2014 deutlich hinterher. Woran lag<br />
das genau?<br />
Bandoh: Es liegt weniger an der Motorleistung<br />
als daran, dass Honda als einziger<br />
Hersteller mit einem Mittelmotorkonzept<br />
antritt. Das Chassis ist aber für Frontmotoren<br />
designt worden, und die Umbaumaßnahmen<br />
haben offenbar auch die Steifigkeit negativ<br />
beeinflusst. Dazu kämpft Honda mit massiven<br />
thermischen Problemen, und obendrein<br />
verwenden sie zusätzlich noch ein Hybridsystem,<br />
was zu einer gesonderten Einstufung<br />
bei der BOP führt. Alle Faktoren spielen hier<br />
zusammen, aber über die Saison hat Honda<br />
die Motorkühlung optimiert und damit die<br />
Performance verbessert.<br />
„Wir diskutieren<br />
über ein Weltfinale<br />
mit WM-Prädikat –<br />
mit den besten<br />
Piloten der<br />
beteiligten Serien“<br />
Ab 2017 soll ja das Klasse-1-Reglement gelten.<br />
Wie sind die technischen Regeln dann verzahnt?<br />
Bandoh: Wir diskutieren darüber, wie weit<br />
wir kooperieren und die Reglements konsolidieren<br />
können. Unser Rennformat unterscheidet<br />
sich deutlich von der DTM, die Sprintrennen<br />
fährt, trotzdem wollen wir ab 2017<br />
einheitliche Regeln. Dazu wünschen wir uns<br />
gemeinsame Events zwischen DTM und<br />
Super GT, wo die Autos im gleichen Rennen<br />
fahren. Ursprünglich sollte so etwas schon in<br />
China stattfinden, aber dann hat die DTM<br />
das Rennen abgesagt. Jetzt versuchen wir, ein<br />
gemeinsames Rennen 2017 in Japan auf die<br />
Beine zu stellen. Dabei sollten alle Autos auch<br />
auf den gleichen Reifen antreten. Honda wird<br />
aber eine Ausnahmegenehmigung benötigen,<br />
um daran teilzunehmen, denn ihr Auto wird<br />
ein bisschen anders sein als die anderen.<br />
In Japan wird viel Geld in die Motorenentwicklung<br />
investiert, in Deutschland aus<br />
Kostengründen eher nicht. Ist das ein Problem?<br />
Bandoh: Ja, das ist ein Problem. Die japanischen<br />
Hersteller wollen für den Motor eine<br />
Homologationsperiode von nur einem Jahr,<br />
die deutschen wollen drei Jahre. Da wird man<br />
einen Kompromiss finden müssen, aber das<br />
wird schwierig, weil die japanischen Hersteller<br />
im Renn<strong>sport</strong> immer auf die Karte Weiterentwicklung<br />
setzen.<br />
Werden die zukünftigen Klasse-1-Wagen über<br />
Hybridtechnik verfügen?<br />
Bandoh: Ich werde niemals Hybrid<strong>auto</strong>s<br />
akzeptieren! In Europa kreist die Diskussion<br />
hier um Einheitsbauteile und Kostenkontrolle,<br />
mit einem milden Hybridsystem könnte man<br />
die Leistung im Bereich von bis zu 100 PS<br />
steigern. In Japan verfolgt aber jeder Hersteller<br />
sein eigenes Hybridkonzept, das bekommen<br />
wir niemals unter einen Hut.<br />
Es gab Gerüchte, dass BMW eventuell sogar<br />
schon 2016 in der Super GT antritt?<br />
Bandoh: Dafür müsste es wegen der unterschiedlichen<br />
Motorisierung logischerweise<br />
eine Fahrzeugeinstufung geben, aber BMW<br />
lehnt jede Form von BOP in dieser Tourenwagenkategorie<br />
strikt ab. BMW kann natürlich<br />
gerne 2016 in der Super-GT-Serie antreten,<br />
aber dann müssten sie auch unsere BOP<br />
akzeptieren.<br />
Welche Reifen sollen denn bei gemeinsamen<br />
Rennen verwendet werden?<br />
Bandoh: Das ist recht einfach: Es wird eine<br />
Ausschreibung geben, und derjenige Reifenhersteller,<br />
der am meisten Geld bietet, wird<br />
das Starterfeld ausrüsten! Das Geld spielt hier<br />
deshalb eine große Rolle, weil die GT-500-<br />
Teams zu einem großen Teil über die Reifenpartner<br />
als Sponsoren mitfinanziert werden.<br />
Daher müssen die Super-GT-Teams, die nicht<br />
mit ihren vertraglichen Reifenpartnern<br />
antreten, ein Startgeld aufbringen.<br />
Hat die DTM-Kooperation zu einem Image -<br />
verlust der japanischen Hersteller geführt?<br />
Bandoh: Die Mission der japanischen<br />
Hersteller lautet Weiterentwicklung ihrer<br />
Technologien. Daher mussten sie ein paar<br />
Kompromisse machen, um die Kooperation<br />
mit der DTM eingehen zu können, das<br />
stimmt. Wenn es in 2017 zu gemeinsamen<br />
Rennen kommen sollte, müssen sie womöglich<br />
weitere Kompromisse eingehen. Demgegenüber<br />
hilft uns ein gemeinsames Technikgerüst,<br />
die Globalisierung voranzutreiben.<br />
Aber die japanischen Hersteller werden nie<br />
auf die Weiterenetwicklung verzichten, eher<br />
verzichten sie ganz auf den Motor<strong>sport</strong>.<br />
Wie wichtig sind Rennen in den USA?<br />
Bandoh: Ohne ein konkretes Engagement der<br />
amerikanischen Hersteller wie GM, Ford oder<br />
Chrysler sehen wir in Amerika-Rennen nach<br />
DTM-Muster keinerlei Wert. Und ich kann<br />
auch nicht erkennen, dass sich da etwaige<br />
Veränderungen anbahnen. Ohne das Engagement<br />
amerikanischer Hersteller werden sie<br />
niemals Super-GT-Wagen in den USA sehen,<br />
so viel kann ich sicher sagen. Das ist natürlich<br />
schade, denn die Grundidee der gemeinsamen<br />
Klasse-1-Rennen für 2017 bestand ja darin,<br />
dass das Starterfeld aus drei europäischen, drei<br />
japanischen und drei amerikanischen Herstellern<br />
besteht.<br />
In der kleineren GT-300-Klasse haben Sie jüngst<br />
das Konzept eines sogennanten Mutter-Chassis<br />
vorgestellt, in dem alle möglichen Triebwerke<br />
zum Einsatz kommen könnten. Wie soll so etwas<br />
funktionieren?<br />
Bandoh: Wir wollten in der GT-300-Klasse<br />
neue Akzente setzen, sodass Teams neben den<br />
homologierten GT3-Wagen und den homologierten<br />
GT-300-Autos auch noch ein dritte<br />
Option haben, bei der sie Motor, Fahrwerk<br />
oder die Silhouette des Fahrzeuges frei wählen<br />
oder ihre bestehenden GT-300-Autos auf<br />
diesem Weg modifizieren oder updaten<br />
können. Im nächsten Jahr planen wir, das<br />
Konzept voll zu integrieren; dann wird die<br />
GTA als Ausrichter der japanischen Super-<br />
GT-Meisterschaft auch der Hersteller dieser<br />
GT-300-Mutter-Chassis werden.<br />
Werden dort Hybrid<strong>auto</strong>s erlaubt sein?<br />
Bandoh: Auf gar keinen Fall! Ich mag keine<br />
Hybrid<strong>auto</strong>s, und werde sie in der GT-300-<br />
Klasse niemals zulassen! ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 113
RALLYE-WM SAISONBEGINN<br />
GEPUT<br />
FISCHE<br />
Alte Zicke<br />
Mads Östberg musste sich<br />
in Monte Carlo noch mit dem<br />
heiklen Citroën-Vorjahresmodell<br />
begnügen, das<br />
zuweilen schlagartig auskeilt<br />
114 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
ZTE<br />
Blaue<br />
Stunde<br />
Das VW-Team knüpft 2015 da an, wo es 2014 aufgehört hat, und belegt beim<br />
Saisonauftakt in Monaco die Plätze eins bis drei<br />
Eigentlich hätte die FIA<br />
die Siegerehrung in der<br />
Marken-Weltmeisterschaft<br />
schon am Abend nach<br />
der Rallye Monte Carlo<br />
durchführen können.<br />
Die Konkurrenz versucht<br />
gar nicht erst, dem Titelverteidiger<br />
VW die Krone<br />
abspenstig zu machen.<br />
Text Markus Stier · Fotos McKlein<br />
Zutiefst verankert in der deutschen Seele<br />
ist der Grundsatz, dass Müßiggang aller<br />
Laster Anfang sei. Aus preußischer und<br />
protestantischer Sicht ist Xavier<br />
Mestelan-Pinon daher ein Mann, wie er<br />
glücklicher nicht sein dürfte: Er hat gut<br />
zu tun. Während das katholische Frankreich<br />
trotz Wirtschaftskrise erbittert um die<br />
35-Stunden-Woche kämpft, brannte im Büro<br />
des Technikdirektors von Citroën Racing in<br />
der vergangenen Saison bis spätabends Licht.<br />
Eigentlich für die Entwicklung von Rallye-<br />
Autos eingestellt, stampfte der drahtige Franzose<br />
mal eben innerhalb eines Jahres den<br />
Tourenwagen Elysée für die WTCC aus dem<br />
Boden. Ganz nebenbei übernahm er den Posten<br />
des stellvertretenden Teamdirektors, der<br />
Sportchef Yves Matton vertritt, wenn der bei<br />
Terminkollisionen bei der Rallye-WM weilt.<br />
Als das WTCC-Auto in der ersten Saisonhälfte<br />
jede Konkurrenz mühelos niederrannte,<br />
kehrte Mestelan an den Schreibtisch zurück<br />
und begann sich wieder seinem vorletzten<br />
Baby zu widmen: dem DS3 WRC.<br />
Es wurde Zeit. Seit der ersten kompletten<br />
WRC-Saison 2003 gewann die Marke mit<br />
dem Doppelwinkel in zwölf Jahren acht Marken-Titel.<br />
Bei 183 WM-Starts siegten die<br />
Franzosen 93 Mal. 2014 war die erste Saison,<br />
in der die erfolgsverwöhnte Mannschaft aus<br />
Versailles keine WM-Rallye gewinnen konnte.<br />
Mestelan drehte jede Schraube des DS3<br />
noch einmal herum. Es lag nahe, den jüngeren<br />
und konsequenter ausgelegten Rennmotor<br />
des Tourenwagens ins Rallye-Auto zu bauen<br />
und anzupassen. Auch in der WTCC wird<br />
mit 1,6-Liter-Turbomotoren gefahren, wenn<br />
auch mit 38 Millimeter großem Luftmassenbegrenzer.<br />
Auch mit nur 33 Millimetern<br />
Querschnitt ist der überarbeitete DS3 nicht<br />
zuletzt dank neuer Motorelektronik spürbar<br />
erstarkt. Selbstredend hat das Team eine Wippenschaltung<br />
entwickelt, die das Reglement<br />
seit dieser Saison wieder erlaubt.<br />
Giftige Diva<br />
Wer nicht Sébastien Loeb heißt, der litt im<br />
DS3 immer am giftigen Fahrverhalten und<br />
dem sensiblen Fahrwerk. Mestelan konstruierte<br />
im Herbst eine neue Hinterachse mit leicht<br />
veränderten Anlenkpunkten der Dämpfer.<br />
Ziel war vor allem, mehr Spielmöglichkeiten<br />
bei der Standhöhe zu haben und den eher für<br />
Asphalt-Rallyes konzipierten Kleinwagen bei<br />
Bedarf mehr zum Schotter<strong>auto</strong> zu machen.<br />
Ein neuer Heckflügel ist eine weitere Maßnahme.<br />
Die Flosse an der Dachkante soll<br />
nicht nur mit verstärktem Abtrieb das Heck<br />
besser stabilisieren, es galt auch, den Luftstrom<br />
bei größeren Driftwinkeln besser anliegen<br />
zu lassen. Werksfahrer Mads Östberg<br />
bestätigte nach den ersten Tests: „Das neue<br />
Auto ist deutlich gutmütiger.“<br />
Dennoch ist das Auto noch Flickwerk. Als<br />
Nächstes ist die Vorderachse fällig, und auch<br />
dort wird es mit einem neuen Frontspoiler<br />
und geänderten Kotflügeln eine überarbeitete<br />
Aerodynamik geben, die besser zum Gesamtkonzept<br />
passt. Schließlich will sich Mestelan<br />
noch den Stoßdämpfern widmen, einer<br />
Schlüsselkomponente bei modernen Rallye-<br />
Autos, die Citroën anders als die Konkurrenz<br />
weitgehend selbst fertigt.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 115
RALLYE-WM SAISONBEGINN<br />
Warteschleife<br />
Der Hyundai i20 ist nahezu<br />
unverändert. Thierry und<br />
Teamchef Michel Nandan<br />
warten aufs neue Modell<br />
Bescheidener Auftritt<br />
Der Ford Fiesta hat nun eine<br />
Wippenschaltung, aber der neue<br />
Motor lässt auf sich warten.<br />
Asphalt-Ass Bryan Bouffier<br />
war bei der Monte nicht für die<br />
Marken-WM nominiert<br />
116 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Stolz auf das schon Erledigte und die noch<br />
geplanten Vorhaben berief das Team beim<br />
Saisonauftakt in Monte Carlo eine Pressekonferenz<br />
ein. Doch anstatt einer Kampfansage<br />
an das übermächtige VW-Team servierte Yves<br />
Matton zu pikantem Raclette-Buffet nur kleine<br />
Brötchen: „Unser Ziel ist es, mehr Punkte<br />
zu holen als im Vorjahr und mindestens einen<br />
Sieg.“ 2014 konnte Citroën beim letzten Lauf<br />
in Wales das privat finanzierte M-Sport-Team<br />
mit seinem seit 2010 nicht nennenswert<br />
weiterentwickelten Fiesta gerade mal um zwei<br />
Pünktchen hinter sich lassen. Titelkampf hört<br />
sich anders an.<br />
Misslungener Coup<br />
Einen Sieg hätte das Team mit der einmaligen<br />
Rückbeorderung des siebenmaligen Monte-<br />
Carlo-Siegers Sébastien Loeb an seinen alten<br />
Arbeitsplatz gut und gern schon beim Auftakt<br />
holen können, aber der vor knapp eineinhalb<br />
Jahren auf die Rundstrecke gewechselte Rekordweltmeister<br />
überzog das Tempo, und mit<br />
einer zerstörten Hinterradaufhängung war der<br />
Traum vom Überraschungs-Coup ausgeträumt.<br />
Loeb war früh Risiken bei der Reifenwahl<br />
eingegangen, als klar wurde, dass sich der<br />
aktuelle Weltmeister nicht so einfach im<br />
Handstreich überrumpeln lassen ließ.<br />
Sébastien Ogier konnte seine zweite Titelverteidigung<br />
mit einem völlig überarbeiteten<br />
Polo angehen. Unter Technikdirektor Willy<br />
Rampf und Projektleiter François-Xavier<br />
Demaison wurde der Polo WRC in einigen<br />
Bereichen am Fahrwerk verstärkt, für die<br />
Mechaniker mit mehr Gleichteilen die<br />
Servicefreundlichkeit verbessert sowie durch<br />
eine neue Form des Tanks und eine tiefer und<br />
weiter vorn angeordnete Position der Reserveräder<br />
der Schwerpunkt abgesenkt. Motoren-<br />
Guru Donatus Wichelhaus betrieb Feintuning<br />
am VW-Vierzylinder. Alle in der Branche<br />
waren sich schon im Vorjahr einig, dass der<br />
Motor aus Hannover das stärkste Triebwerk<br />
aller WRC sei.<br />
Holpriger Beginn<br />
Trotz der Verbesserungen des ohnehin schon<br />
überlegenen Autos wünschten sich die Fahrer<br />
bei den ersten Tests ihr 2014er-Arbeitsgerät<br />
zurück. Zwar schwören die Ingenieure, das<br />
Fahrwerk sei unverändert geblieben, dennoch<br />
taten sich die Piloten schwer, eine passende<br />
Stoßdämpferabstimmung zu finden. Das<br />
Geheimnis liegt in der Gewichtsverteilung,<br />
die im neuen Auto frontlastiger ausgefallen ist.<br />
Gewicht zu verschieben ist in den WRC kein<br />
Problem, sämtliche vier aktuellen Autos liegen<br />
unter der Mindestmasse von 1200 Kilogramm.<br />
Mit der Maßnahme soll das Einlenkverhalten<br />
verbessert werden; außerdem klagten<br />
die Fahrer gerade bei nassen Bedingungen<br />
auf Schotter über ein zu tief hängendes Heck,<br />
wenn sich die Radkästen mit Schlamm<br />
füllten. Um das erleichterte Hinterteil nicht<br />
unnötig nervös zu machen, sorgt ein neuer<br />
Heckflügel für mehr Abtrieb, ohne den Luftwiderstand<br />
nennenswert zu erhöhen.<br />
Nachdem Weltmeister Ogier und Vize Latvala<br />
sich bei Dämpfern und Federn sortiert<br />
haben, sind sie voll des Lobes, und das schlägt<br />
sich auch im Ergebnis des Saisonauftakts nieder:<br />
Obwohl die Titelverteidiger bei der Reifenwahl<br />
meist auf Nummer sicher gingen und<br />
dennoch nicht selten falschlagen, hatten die<br />
drei Polo-Besatzungen außer einem Dreher<br />
von Latvala trotz zuweilen heikler Straßenverhältnisse<br />
bei der Monte keinerlei besondere<br />
Vorkommnisse zu vermelden. Der Polo ist<br />
nicht etwa so viel leichter beherrschbar als die<br />
Autos der Konkurrenz, aber Ogier und Co.<br />
müssen nicht so sehr ans Limit gehen.<br />
Keine besonderen Vorkommnisse<br />
Da lag die Situation für Bryan Bouffier ganz<br />
anders. Der Monte-Carlo-Zweite des Vorjahres<br />
kehrte nach zwei erfolglosen Einsätzen<br />
im Hyundai zum M-Sport-Team zurück, hatte<br />
dank eines Geflügelfarmers gerade einmal<br />
das Geld für diese eine Rallye aufgetrieben<br />
und kämpfte auf bestens vertrautem Gelände<br />
um seine Karriere. Aber der Monte-Sieger<br />
von 2011 flog schon am ersten Abend so<br />
nach haltig vor einen Baum, dass sein Fiesta<br />
irreparabel blieb.<br />
Bezeichnend an dem Malheur ist, dass<br />
Bouffier trotz bester Chancen, aufs Treppchen<br />
zu fahren, von seinem Team nicht einmal für<br />
die Hersteller-Wertung nominiert war.<br />
Frontlastiger<br />
Mit neuer Gewichtsverteilung<br />
und tieferem Schwerpunkt<br />
soll der VW Polo noch agiler<br />
werden<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 117
RALLYE-WM SAISONBEGINN<br />
Geplatzter Traum<br />
Der Citroën-Technikchef<br />
machte den DS3 schneller,<br />
Superstar Loeb aber machte<br />
ihn versehentlich langsamer<br />
„Die hat für mich keine Bedeutung“,<br />
sagt Teamchef Malcolm<br />
Wilson.<br />
Schaufenster Rallye<br />
Der Engländer baut im Lake<br />
District seine Fabrik aus, um<br />
mehr Geschäft von der Rundstrecke<br />
zu generieren. Sein Sohn<br />
Matthew beendete seine aktive Rallye-Karriere,<br />
um das Bentley-GT-Projekt zu leiten. Dennoch<br />
sagt Wilson senior: „Die Rallye-WM ist<br />
mein Schaufenster.“ Dem Mann, der seit<br />
1997 für die Geschicke des Ford-Rallye-Programms<br />
verantwortlich ist, versucht sein Möglichstes,<br />
um mit Achtungserfolgen weiter im<br />
Gespräch zu bleiben. Sein Technik-Tausendsassa<br />
Christian Loriaux kümmert sich weitgehend<br />
um die Rundstrecke, neuer Technikchef des<br />
Rallye-Projekts ist Chris Williams, der schon<br />
den erfolgreichen Fiesta R5 entwickelt hat.<br />
Zusammen mit Loriaux hat er ohne jede<br />
Hilfe von Ford einen reinen Rennmotor entwickelt,<br />
der mit dem ursprünglichen Ecotec-<br />
Vierzylinder nichts mehr gemeinsam haben<br />
soll. Doch die Entwicklung verlief holpriger<br />
als erhofft und hat schon ein Jahr Verspätung.<br />
Aus logistischen Gründen debütiert das<br />
stärkere Aggregat erst im Mai in Portugal,<br />
wenn der WM-Zirkus die Überseereise nach<br />
Südamerika hinter sich hat. Dann ist bereits<br />
ein Saisondrittel vorbei.<br />
Immerhin haben die Piloten des schmal<br />
finanzierten Privatteams dank Wippenschaltung<br />
schon jetzt ein bisschen mehr Arbeitskomfort,<br />
während der echte Werksfahrer<br />
Thierry Neuville seinen Dienst noch mit konventionellem<br />
Schalthebel verrichtet. Erst ab<br />
dem dritten Lauf in Mexiko können auch die<br />
Hyundai-Mannen am Lenkrad schalten. Obwohl<br />
die Technikabteilung in Alzenau über<br />
ein Jahr lang ständig aufgestockt wurde, ist die<br />
Mannschaft nicht groß genug und das Jahr zu<br />
kurz, um parallel zwei WRC gleichzeitig zu<br />
entwickeln. Teamchef Michel Nandan ist<br />
gelernter Ingenieur und hat frühzeitig befohlen,<br />
die Kräfte für den Nachfolger des aktuellen<br />
i20 zu bündeln, dessen Basis<strong>auto</strong> mit zwei<br />
Türen Anfang März auf dem Auto salon in<br />
Genf präsentiert wird.<br />
Stagnation seit Sommer<br />
Der bisherige i20 war 2014 immerhin gut genug<br />
für einen Abstaubersieg in Deutschland,<br />
aber seitdem stagniert das Auto. Der Motor<br />
hat trotz Hilfe des rallyeerfahrenen Tuners<br />
Pipo deutlich zu wenig Leistung. Die Federwege<br />
sind begrenzt, die Fahrwerkskinematik<br />
nicht optimal. Obwohl auf den durch Eis oder<br />
Dreck auf den Fahrbahnen rutschigen Monte-<br />
Carlo-Strecken für die Traktion eher eine<br />
weichere Abstimmung gefragt war, fühlte sich<br />
Thierry Neuville erst wohl im Auto, als er die<br />
Dämpfer härter eingestellt hatte. Die Ränge<br />
sechs und sieben im Fürstentum spiegeln<br />
durchaus wider, wo Hyundai derzeit steht.<br />
Michel Nandan bereitet das allerdings keine<br />
schlaflosen Nächte: „2015 ist für uns ein<br />
Übergangsjahr.“ Die Fahrer haben die Order,<br />
bei den ersten Rallyes weiter Kilometer und<br />
Daten zu sammeln, ansonsten hat die Testarbeit<br />
mit dem neuen Auto Priorität, das bereits<br />
drei Schottertests auf den Knüppelpfaden<br />
im französischen Château Lastours hinter sich<br />
hat. Das neue Auto soll in der zweiten Saisonhälfte<br />
ab der Finnland-Rallye eingesetzt<br />
werden. Mit dem von Peugeot abgeworbenen<br />
Niederländer Kevin Abbring hat man einen<br />
vierten Fahrer eingekauft.<br />
Bis das VW-Team einen ernsthaften Herausforderer<br />
findet, wird es also mindestens<br />
Herbst werden, und bis dahin ist es sehr wahrscheinlich,<br />
dass der Marken-Titel bereits wieder<br />
nach Wolfsburg gegangen ist. Lang weilig<br />
muss die Saison 2015 aber trotz allem nicht<br />
werden: Es gibt ja zum Glück noch eine<br />
Fahrer-WM. ◾<br />
118 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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TRACKTEST RALLYE-PORSCHE 911 GT3<br />
Zeltner hat gut lachen<br />
Mit seinem Porsche fuhr<br />
Ruben Zeltner 2014 die<br />
Saison seines Lebens.<br />
Acht DRM-Siege und der<br />
Titel gingen an den <strong>sport</strong><br />
<strong>auto</strong>-Chefinstruktor vom<br />
Sachsenring<br />
Selten hat ein Auto die<br />
deutsche Rallye-Szene so überrollt<br />
wie der Porsche 911 GT3 von<br />
Ruben Zeltner. Wir versuchen<br />
herauszufinden, warum.<br />
Wer aber dem Meister<strong>auto</strong> auf den<br />
scharfen Zahn fühlen will, muss<br />
erst mal das eigene Zähneklappern<br />
in den Griff kriegen.<br />
SCHNEE
Eigentlich ganz leicht<br />
Driften mit dem Rallye-Porsche ist einfach –<br />
sich dabei nicht zu drehen ist das Schwierige daran!<br />
TIGERmal wieder<br />
Text Markus Stier · Fotos Julius Tannert<br />
Irgendwas passt hier nicht. Das ist doch alles<br />
irreführend harmlos. Sind es die Felgen, die<br />
nur fünf kleine Löchlein zeigen, wo einst<br />
ein wuchtiger Zentralverschluss für reine<br />
Rennoptik sorgte? Sind es die mickrigen<br />
Reifen auf der Hinterachse, die statt der<br />
erlaubten 295 Millimeter heute nur schmächtige<br />
225 mm messen und damit die ausladende<br />
Hüfte nur noch halb so aufregend erscheinen<br />
lassen? Oder ist es der Motor, der sich tief<br />
geduckt hinter Plastikverschalungen versteckt<br />
und damit kaschieren will, welches Ungeheuer<br />
da in Wahrheit im Keller haust? Nein, jetzt<br />
hab ich’s: Es ist die Farbe.<br />
Dieses lächerlich unschuldige Weiß, gepaart<br />
mit schwarzen Streifen, macht aus dem<br />
Auto ein niedliches Zebra. Erst auf den zweiten<br />
Blick wird klar, dass die Striemen Kriegsbemalung<br />
sind und der Porsche 911 GT3 von<br />
Ruben Zeltner kein gehetztes Wild ist, sondern<br />
ein gefräßiger Räuber. Orange wäre<br />
deutlich passender gewesen. Hätte das Gebrüll<br />
eines Tigers den Auftritt des Meister<strong>auto</strong>s auf<br />
dem Erzgebirgsring angekündigt, hätte die<br />
Herde Schafe, die auf dem Hang neben der<br />
Clubgaststätte „Kolbenfresser“ lungert, wohl<br />
kaum so dreist die Piste vollgeköttelt.<br />
Die Wollewesen schnauben auf der Suche<br />
nach Gras das frische Weiß zur Seite, über<br />
Nacht hat es geschneit. Es weht ein steifer<br />
Wind aus Nordost, unter der matschigen<br />
Schneeauflage lauert an einigen Stellen ein<br />
Eisfilm. „Die Bedingungen sind Gift für das<br />
Auto“, sagt Ruben Zeltner fröhlich.<br />
Was er eigentlich sagen will, ist, dass sie<br />
Gift für den Fahrschüler sind, der sich gerade<br />
festgezurrt hat und sich wundert, wie unaufregend<br />
hier drin alles ist. Der Hintern hockt<br />
nicht wie bei einem Le-Mans-Renner auf der<br />
Straße, das Cockpit ist geräumig, die Übersicht<br />
nicht übel, und anfahren lässt sich der<br />
wilde Elfer leichter als manch Breiten<strong>sport</strong>-<br />
Gerät. Aber das ist alles Tarnung und Täuschung<br />
– dazu kommen wir später noch.<br />
Die Geschichte fing eigentlich ganz harmlos<br />
an. Nach zwei Jahren im Langstreckenpokal<br />
wollte der gelernte Rallye-Mann und<br />
hauptberufliche Fahrinstruktor Ruben Zeltner<br />
auf schmalen Landsträßchen<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 121
TRACKTEST RALLYE-PORSCHE 911 GT3<br />
Auf schmalem Fuß<br />
Mit 225 Millimeter<br />
schmalen Hinterrädern<br />
kommt der Hecktriebler<br />
auch im Schnee noch<br />
erstaunlich gut voran<br />
Echtes Monument<br />
Eindrucksvoller<br />
Handbremshebel<br />
mit eingearbeitetem<br />
Meisternamen<br />
DATEN & FAKTEN<br />
Rallye-Porsche 911 GT3<br />
MOTOR Sechszylinder-Boxermotor, Trockensumpfschmierung,<br />
Bohrung mal Hub (mm) 102,7 x<br />
76,4, Hubraum 3797 cm³, Leistung 425 PS (313 kW)<br />
bei 7300/min (elektronisch begrenzt), Maximaldrehzahl<br />
8400/min, Drehmoment 433 Nm bei<br />
6400/min<br />
KRAFTÜBERTRAGUNG Hinterradantrieb, sequenzielles<br />
Sechsganggetriebe, Differenzialsperre<br />
BREMSEN Innenbelüftete und gelochte Scheiben<br />
rundum, Durchmesser 380/355 mm, Sechskolben-<br />
Aluminium-Festsättel, Rallye-ABS<br />
BEREIFUNG 235/40 R 18 vorn, 295/30 R 18 hinten<br />
auf 9,0- bzw. 11,0-Zoll-Leichtmetallfelgen<br />
KAROSSERIE Zweisitziges Coupé, Tankvolumen<br />
85 l, Gewicht 1320 kg, Leistungsgewicht 3,1 kg/PS<br />
FAHRLEISTUNGEN* 0–100 km/h ca. 4 Sekunden,<br />
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h<br />
PREIS ca. 235 000 Euro<br />
*Herstellerangaben<br />
Geräumig<br />
Der 911 beweist,<br />
dass ein GT-Auto<br />
nicht drangvoll<br />
eng sein muss<br />
Alarmstufe Rot<br />
Auf Schnee ist<br />
der Starterknopf<br />
das wichtigste<br />
Werkzeug<br />
Maßgeschneidert<br />
Dank umgebautem<br />
Vorderwagen ist<br />
Platz für ein<br />
Ersatzrad
toben. Drei Jahre tingelte er zum Entzücken<br />
der Fans mit einem BMW M3 durch die Lande,<br />
dann hatte er das haltlose Gerutsche der<br />
Hinterachse satt. Zeltner griff sich den VLN-<br />
Porsche und machte sich an die Arbeit. Es<br />
mag ja sein, dass die akkurat gezogenen und<br />
sorgfältig planierten deutschen Straßen einem<br />
Renn<strong>auto</strong> wie dem Cup-Carrera sehr entgegenkommen<br />
– aber das macht aus einem<br />
Rundstreckenbomber noch lange kein Deutsches<br />
Rallye-Meister<strong>auto</strong>. Abgesehen von Einzelerfolgen<br />
gab es für die Porsche-Fraktion<br />
zuvor wenig zu erben.<br />
Deutschland ist Porsche-Land<br />
Seit aber der DMSB die offizielle Meisterschaft<br />
mit dem ADAC-Masters verschmolz<br />
und sich 2014 jeder aus 14 Läufen seine acht<br />
Lieblings-Rosinen rauspicken durfte, ist<br />
Deutschland Porsche-Land – zumindest,<br />
wenn das Auto derart ausgeklügelt vorbereitet<br />
ist wie das Zeltner-Zebra.<br />
Zunächst ließ der Meister den Käfig des<br />
Cup-Autos umbauen. Die Flanken sind verstärkt<br />
und rechts weiter ausgestellt, um den<br />
im Renn<strong>auto</strong> nicht vorgesehenen Beifahrer zu<br />
schützen. Hinten musste die schräge Querstrebe<br />
weg, um Platz für ein Reserverad zu<br />
schaffen. Den Vorderwagen mitsamt Tank<br />
bauten die Spezialisten von Wiechers um, damit<br />
auch vorn ein 18-Zöller in den sogenannten<br />
Kofferraum passt. „Mein Auto ist der einzige<br />
Elfer, der zwei Ersatzräder mitnehmen<br />
kann“, behauptet Zeltner stolz. Meist hat er<br />
nur eines an Bord, und dessen 25 Kilo verstaut<br />
er vorn, denn der Porsche leidet chronisch<br />
an Hecklastigkeit.<br />
Auch beim Fahrverhalten trügt der Schein,<br />
denn der Schlüssel zu schnellen Zeiten ist<br />
nicht das Beherrschen des Hecks, die Rallye<br />
wird vorn gewonnen. „Geduld“, souffliert<br />
Zeltner vom rechten Sessel im Ton eines Therapeuten.<br />
Es gilt, gerade in engen Ecken angemessen<br />
langsam in selbige hineinzufahren.<br />
Dabei ist sanft und tief in die Kurve hineinzubremsen,<br />
um möglichst lange Gewicht auf der<br />
Vorderachse zu halten – und damit Haftung.<br />
Das ist natürlich alles graue Theorie, wenn<br />
ein Tigerdompteur-Lehrling zu seiner ersten<br />
Übungsstunde antritt und die Putzkolonne<br />
die Arena mit Bohnerwachs geschmiert hat.<br />
Das garstige Untersteuern kündigt sich immerhin<br />
früh und gut messbar an, weil dann<br />
die Reifen dröhnend rubbeln. Also wieder<br />
vom Gas und warten. Bei so einem Auto holst<br />
du die Zeit beim Beschleunigen, und dazu<br />
muss die Nase so früh wie möglich auf die<br />
nächste Gerade zeigen. Die ist auf der eigentlich<br />
für Karts gebauten Berg-und-Tal-Bahn<br />
eher kurz. Es reicht trotz der auf Topspeed<br />
200 km/h verkürzten Achse gerade mal für<br />
Tempo 125 im vierten Gang, dann muss für<br />
eine Linkskehre schon wieder der Anker geworfen<br />
werden. Den kann aber selbst der Unsensible<br />
guten Gewissens schmeißen, denn für<br />
die angemessene Sensibilität beim Verzögern<br />
sorgt die Elektronik des Porsche selbst. Zeltner<br />
war der Erste, der in seinem Rallye-Elfer<br />
mit ABS antrat. „Was im Regen auf der Nordschleife<br />
funktioniert, funktioniert auch bei<br />
Rallyes“, lautet sein Leitsatz. Hilfreich beim<br />
Bremsen sind auch der Abtrieb des mächtigen<br />
Heckflügels und natürlich der Heckmotor.<br />
Der Meister ist sich sicher: „Kein Auto bremst<br />
hinten so gut wie der Porsche 911.“<br />
Nur das Beschleunigen ist im Schneematsch<br />
einer der raren Momente, wo man<br />
sich einen hundsgewöhnlich langweiligen<br />
Allrad-Mitsubishi wünscht. Wenn man der<br />
Zeltner ist, kann man in die Doppel-Rechts<br />
vor dem Clubhaus mit einem lässigen Zupfer<br />
an der Handbremse gemütlich einschwenken,<br />
mit fein gesetzten Stakkato-Gasstößen hübsch<br />
gegenlenken und in einem Schwung ums Eck<br />
schmirgeln. Ist man bloß der Stier Markus,<br />
schnappt der Schneetiger ständig nach dem<br />
eigenen Schwanz und dreht sich ein.<br />
Der Motor hat in allen Lebenslagen mächtigen<br />
Bums, der vom Reglement beim<br />
3,8- Liter-Boxer auf 75 Millimeter festgelegte<br />
Luftmassenbegrenzer war bisher ein Witz,<br />
denn anstatt den für N/GT-Autos gestatteten<br />
400 PS plus fünf Prozent erlaubte der Durchlass<br />
nicht die vorgesehenen 428 Pferdestärken,<br />
sondern locker 500. Ein umprogrammiertes<br />
Steuergerät bremst den Elfer ein, um ihn im<br />
legalen Rahmen zu halten. Sowohl Zeltner als<br />
auch der argwöhnische DMSB ließen das<br />
Auto mehrfach prüfen. Aber mehr als 425 PS<br />
standen nie auf der Anzeige.<br />
In der kommenden Saison sind nun 55<br />
Millimeter vorgeschrieben. Die Konkurrenz<br />
hofft, dass sich damit die Porsche-Dominanz<br />
erledigt hat; Zeltner verspricht, dass die sich<br />
wundern wird – denn damit hätte er immer<br />
noch die gleiche Leistung wie im Vorjahr.<br />
Sanfte Gewalt<br />
Statt auf rohe Kräfte an den Antriebsrädern<br />
setzt Zeltner auf die sanfte Gewalt. Vom Weltmeister-Zulieferer<br />
Sachs ließ er sich weichere<br />
Dämpfer einbauen. Drexler lieferte nicht nur<br />
eine weniger aggressive Differenzialsperre,<br />
sondern auch längere Antriebswellen für größere<br />
Federwege. „Nach Sprüngen lande ich<br />
butterweich“, sagt der Meister. Aber vor allem<br />
verbessert sich die Traktion, und wenn die Pisten<br />
schmierig werden, lässt der Fuchs dem<br />
Zebra hinten die schmalen Hankook-Sohlen<br />
aufziehen. „Mit den breiten Rädern bist du<br />
sonst ständig im Dreck“, sagt Zeltner und<br />
warnt: „Wenn du auf der Hinterachse Aquaplaning<br />
kriegst, holt dich der Teufel.“<br />
Tückischer Matsch<br />
Nun, das wäre heute eigentlich überall der<br />
Fall. Das Eis ist in der Wintersonne getaut,<br />
der Matsch kaum weniger rutschig. Also noch<br />
mal: einlenken, Handbremse, gegenlenken,<br />
ein bisschen Gas. Mist, wieder zu viel.<br />
Um zur Schmierseife auf der Piste noch Öl<br />
ins Feuer zu kippen, raunt der Meister: „Und<br />
jetzt musst du dir das Ganze im fünften Gang<br />
im Wald vorstellen.“ Vielen Dank, es ist auch<br />
so aufregend genug. Aber wir wollen hier<br />
nicht künstlich dramatisieren. Der Boxer<br />
brüllt die Insassen drinnen gar nicht so grimmig<br />
an wie die Schafe draußen, zudem ist das<br />
Geschoss nicht so gemein wie befürchtet.<br />
Betreibt man nicht gerade Zeltners Aufwand,<br />
kostet der Elfer in Anschaffung und<br />
Betrieb nicht mehr als ein Gruppe-N-Allradler,<br />
macht aber viel mehr Krach, Wind und<br />
Spaß. „Porsche fahren ist immer auch ein bisschen<br />
Abenteuer“, meint der Meister.<br />
Und so fühlt sich am Ende der Fahranfänger<br />
ein bisschen wie der Indiana Jones<br />
des Erzgebirges. Wie sagt ein indisches Sprichwort:<br />
„Es ist leicht, den Tiger zu reiten; es ist<br />
nur schwer, heil wieder herunterzukommen.“<br />
So gesehen war es ein erhebender Tag. Der<br />
Fahreranzug ist durchgeschwitzt – von Reißzähnen<br />
zerfetzt ist er aber nicht. ◾<br />
Vorher – nachher<br />
Beim Ritt auf dem<br />
Tiger wird dem Reiter<br />
ganz schön warm.<br />
Immerhin sind Tester<br />
und Testwagen<br />
unversehrt geblieben<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 123
KOMMENTAR DIE PRESSE JAULT: AUDI KOMMT IN DIE FORMEL 1! WIRKLICH?<br />
AUDI IN DIE FORMEL 1?<br />
Marcus Schurig über die nicht enden wollenden Spekulationen zu einem<br />
Einstieg von Audi in die Formel 1, warum das jetzt noch Hirngespinste<br />
sind – und was passieren muss, damit aus Hirngespinsten Realität wird.<br />
Spätestens seit der Verpflichtung des<br />
ehemaligen Ferrari-Formel-1-Teamchefs<br />
Stefano Domenicali schießen die Spekulationen<br />
über einen möglichen Formel-<br />
1-Einsteig von Audi ins Kraut. Nein,<br />
nein, die Personalie habe andere Gründe,<br />
wehrt die Presse-Polizei ab. Audi-Boss Rupert<br />
Stadler kenne und schätze den Italiener sehr, er<br />
solle die italienischen Baustellen (Lamborghini,<br />
Ducati, Giugiaro) für die Ingolstädter ausfegen.<br />
Also fast ein Dienst unter Freunden.<br />
Allerspätestens seit der Berufung von Stefano<br />
Domenicali zum Präsidenten der Single<br />
Seater Commission der FIA brachen wieder<br />
alle Dämme. Nein, nein, das sei ein Missverständnis,<br />
FIA-Präsident Jean Todt kenne und<br />
schätze den Italiener sehr, daher die Berufung<br />
auf diese ehrenvolle Position. Also fast ein<br />
Dienst unter Freunden.<br />
Alles nur Blendgranaten? Was ist hier wahr<br />
– und was nicht? Zunächst sind die Spekulationen<br />
verständlich, denn der VW-Konzern entsendet<br />
aktuell lieber zwei Marken (Audi und<br />
Porsche) nach Le Mans als eine Marke in die<br />
Formel 1. Das scheint nicht sehr logisch, denn<br />
eine Marke wird dabei ja immer verlieren. Das<br />
kann bei Budgets im dreistelligen Millionenbereich<br />
auf Dauer nicht funktionieren, irgendwann<br />
werden die Shareholder die Frage stellen,<br />
was das soll.<br />
Und sie werden fragen, wo der Return of<br />
Investment liegt, denn der LMP1-Sport ist fast<br />
so teuer wie die Formel 1, bringt aber weniger<br />
Sichtbarkeit und Werbewert. Die BBC hat im<br />
Dezember folgende Rechnung aufgemacht:<br />
Mercedes investiere bis zu 200 Millionen Euro<br />
in die Formel 1 und bekomme einen Werbewert<br />
von drei Milliarden Dollar zurück – was<br />
natürlich nur stimmt, wenn man auch siegt.<br />
LMP1: toller Sport, kein Geschäft<br />
Porsche und Audi verfeuern angeblich auch<br />
bis zu 200 Millionen Euro für Le Mans und<br />
die Sportwagen-WM, aber es bekommt kaum<br />
einer mit, der Werbewert liegt laut BBC nur<br />
bei dürftigen 30 Millionen Euro – also kein<br />
gutes Geschäft. Insofern sind die Spekulationen<br />
zur Motor<strong>sport</strong>strategie des VW-Konzerns<br />
absolut nachvollziehbar. Jedoch ignorieren sie<br />
die wahren Machtverhältnisse im Konzern.<br />
Warum schickt der VW-Konzern zwei Marken<br />
nach Le Mans? Hämisch ausgedrückt: aus<br />
„Audi-Boss Stadler<br />
will in die F1, er<br />
hat eine Machbarkeitsstudie<br />
anfertigen<br />
lassen – aber er<br />
bestimmt nicht“<br />
Trotz. Bernie Ecclestone hat sich vor Jahren<br />
dem Drängen des VW-Konzerns verschlossen,<br />
den weltweiten Motor<strong>sport</strong> mit der Global<br />
Race Engine zu beglücken: Vierzylinder-<br />
Turbomotoren sollten flächendeckend und<br />
überall zum Einsatz kommen – in der F1, im<br />
LMP1-Sport, in der Tourenwagen-WM ebenso<br />
wie in der Rallye-WM. Bernie Ecclestone<br />
fand das fad und zog sein eigenes Ding durch.<br />
Seither ist der große Zampano auf der<br />
anderen Seite, Ferdinand Piëch, verschnupft.<br />
Die beiden Männer, die ihre Größe ebenso<br />
eint wie ihr Machtbewusstsein, haben seither<br />
angeblich kein Wort mehr miteinander<br />
gewechselt. Also schickt Piëch lieber zwei<br />
Marken nach Le Mans – ein Rennen, das<br />
er verehrt – als eine Marke in die Formel 1.<br />
Was nicht bedeutet, dass sich andere im<br />
Konzern ihre eigenen Gedanken machen.<br />
Audi-Boss Stadler will in die Formel 1, hat<br />
auch eine Machbarkeitsstudie anfertigen<br />
lassen, die jüngst im Vorstand diskutiert<br />
wurde. Aber der große Mann aus Salzburg<br />
hat es abgeschmettert. Er entscheidet in<br />
diesem Konzern – und niemand sonst.<br />
Kein F1-Engagement bis 2018<br />
Damit ist der VW-Konzern raus aus dem<br />
Thema Formel 1, mindestens für die nächsten<br />
drei Jahre, denn ein Formel-1-Einstieg würde<br />
Ressourcen und Vorausplanung benötigen, das<br />
geht nicht von heute auf morgen.<br />
Ein Insider formulierte etwas respektlos:<br />
„Bevor Bernie nicht ins Gras beißt, wird das<br />
nichts.“ Bernie Ecclestone, das ist eine reine<br />
Vermutung, würde vermutlich das Gleiche<br />
sagen – über seinen Widersacher. ◾<br />
RETURN TO SENDER<br />
Thema: Audi in die F1?<br />
Muss der zweitgröße Autohersteller der Welt in die<br />
Formel 1? Oder macht es mehr Sinn, zwei Marken<br />
nach Le Mans zu schicken? Der Autor freut sich auf<br />
Ihre Meinung: mschurig@motorpresse.de<br />
Illustration: ev-one<br />
124 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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MOTORSPORT
LANGSTRECKENSPORT DER NEUE PORSCHE LMP1 FÜR 2015<br />
IM TESTEN<br />
WAS NEUES<br />
Porsche greift 2015 nach den Sternen: Le-Mans-Sieg und<br />
ein WM-Titel – das wär’s. Um die Gegner zu foppen, hat<br />
Porsche ein neues LMP1-Auto gebaut, das zwar aussieht<br />
wie das alte, an dem aber trotzdem fast alles neu ist.<br />
Text Marcus Schurig<br />
Stellen Sie sich einen Neuwagenverkäufer<br />
vor, der Ihnen im Showroom einen neuen<br />
Porsche präsentiert. Der sieht (fast)<br />
genauso aus wie der alte, ist aber angeblich<br />
komplett neu. Als Kunde wären Sie<br />
vermutlich irritiert und würden fragen:<br />
Warum baut Porsche ein altes Auto noch einmal<br />
komplett neu?<br />
Nun, die Entwicklung von Motor<strong>sport</strong><strong>auto</strong>s<br />
funktioniert anders als die von Serien<strong>auto</strong>s.<br />
Die Optik muss funktionieren und soll<br />
auch keine neuen Kunden anlocken, denn<br />
LMP1-Prototypen sind unverkäufliche Renn-<br />
Unikate und unbezahlbare Image-Träger.<br />
Trotzdem ist Porsche-LMP1-Technikchef Alex<br />
Hitzinger bemüht, das Neue an seinem alten<br />
Auto in die Auslage zu stellen: „Das Grundkonzept<br />
ist das gleiche, aber grob geschätzt<br />
sind 90 bis 95 Prozent aller Bauteile überarbeitet<br />
oder komplett neu.“<br />
2014 kehrte Porsche nach 16-jähriger Abstinenz<br />
in den Le-Mans-Top<strong>sport</strong> zurück – mit<br />
einem radikalen Fahrzeugkonzept: Alles am<br />
919 Hybrid war neu, vieles extrem anders als<br />
Probe-Galopp<br />
Im Dezember fuhr Marc<br />
Lieb (oben) den Rollout<br />
des 919 in Weissach,<br />
im Januar folgte ein<br />
problemloser Test in<br />
Abu Dhabi – zur Freude<br />
der LMP1-Bosse Andreas<br />
Seidl, Wolfgang Hatz,<br />
Fritz Enzinger und Alex<br />
Hitzinger<br />
bei den LMP1-Gegnern Toyota und Audi.<br />
Porsche holte einige Trainingsbestzeiten und<br />
Podestplätze, sogar einen Sieg. „Das Auto war<br />
schnell, das Konzept funktionierte“, so Hitzinger.<br />
„Aber wir haben auch ein paar Defizite<br />
und Potenzial für Verbesserungen aufgespürt.“<br />
Zum Beispiel beim Thema Gewicht, das<br />
sich wie ein komplexes Adergeflecht übers<br />
gan ze Auto legt. „Wir lagen im letzten Jahr<br />
mit dem 919 Hybrid über dem Gewichtslimit“,<br />
gibt Hitzinger zu. Das Limit beträgt
870 Kilogramm. Nehmen wir an, der Porsche<br />
hatte 30 Kilo Übergewicht. Dann kann man<br />
als Lösung nicht einfach ein Bauteil leichter<br />
machen, denn erstens sind alle Bauteile<br />
im Renn<strong>sport</strong> bereits knallhart am Limit des<br />
Mach baren konstruiert, und zweitens zählt<br />
nicht nur das Fahrzeuggewicht als dreistellige<br />
Zahl, sondern auch die Gewichtsverteilung im<br />
Auto sowie der Gewichtsschwerpunkt. Die<br />
Gewichtsverteilung ist im LMP1-Lastenheft in<br />
Absprache mit den Reifentechnikern vorgegeben.<br />
Man kann sie nicht einfach ändern, sonst<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 127
LANGSTRECKENSPORT DER NEUE PORSCHE LMP1 FÜR 2015<br />
Stand Toyota Pate?<br />
Die Frontpartie wurde<br />
komplett überarbeitet und<br />
erinnert in Details an den<br />
Toyota von 2014<br />
verändert sich auch das Fahrverhalten, meist<br />
in eine völlig unerwünschte Richtung. Also<br />
müssen die 30 Kilo gleichmäßig übers ganze<br />
Auto verteilt weggeknapst werden – überall<br />
ein bisschen, ohne die angestrebte Balance zu<br />
vertrimmen. Und so wird aus einer simplen<br />
Abmagerungskur im Bereich von 3,4 Prozent<br />
plötzlich eine komplette Neukons truktion.<br />
Einteiliges 919-Monocoque<br />
„Wir werden in diesem Jahr voraussichtlich<br />
nicht mehr übergewichtig sein“, behauptet<br />
Hitzinger. Wie er das geschafft hat? Das zentrale<br />
Monocoque des 919 ist komplett neu, es<br />
besteht jetzt aus einem Teil, nicht mehr aus<br />
zweien. So schlägt man zwei Fliegen mit einer<br />
Klappe: Man spart Gewicht und erhöht die<br />
Steifigkeit. Aber das ist das nächste Problem:<br />
Die Gewichtsreduktion ist ja nicht das einzige<br />
Entwicklungsziel, sondern auch die Verbesserung<br />
von Effizienz, Leistung und Performance<br />
in allen Bereichen, und die belastet oftmals<br />
das Gewichtskonto. So wurde das Hybridsystem<br />
für 2015 noch mal performanter ausgelegt,<br />
die Leistungsdichte erhöht, um eventuell<br />
8 MJ Hybridpower nutzen zu können.<br />
Dafür benötigt man mehr Batteriezellen,<br />
eine stärkere Kühlung – was mehr Gewicht<br />
verursacht. Ein weiteres Problem des 919 Hybrid<br />
war 2014 das Mid-Corner-Untersteuern<br />
bei nie drigen Geschwindigkeiten. Um auch<br />
das zu beheben, wurde die Struktursteifigkeit<br />
des Chassis und der Anlenkpunkte fürs Fahrwerk<br />
erhöht – nochmals Extrapfunde. Zusätzlich<br />
wurden das gesamte Fahrwerk komplett<br />
neu kons truiert und die Kinematik verändert.<br />
Die vierte Großbaustelle bildeten die Verbesserung<br />
der aerodynamischen Effizienz (Abtrieb<br />
bei Luftwiderstand) und die Reduzierung<br />
der Aero-Sensitivität. Der aerodynamische Abtrieb<br />
soll konstanter anliegen, unempfindlicher<br />
gemacht werden gegenüber den unterschiedlichen<br />
Fahrzuständen (Bremsen, Lenken) oder<br />
Witterungseinflüssen wie Seitenwind. Gleichzeitig<br />
wurden von der FIA neue Steifigkeitswerte<br />
für einige Baugruppen wie die Motorabdeckung<br />
vorgeschrieben, um die gezielte<br />
Flexibilität zu begrenzen. Und Sie ahnen es:<br />
Auch das bedeutet zusätzliches Gewicht.<br />
Mehr Abtrieb beim Saisonstart<br />
„Fast jede Performance-Verbesserung geht mit<br />
mehr Gewicht einher – und nicht mit weniger“,<br />
so Hitzinger. Das führt dazu, dass jedes<br />
Fahrzeugbauteil auf Gewicht, Performance,<br />
Effizienz und Zuverlässigkeit überprüft werden<br />
muss. Immer wieder, und deshalb sprechen<br />
Ingenieure hier von Konstruktions-Iterationen<br />
– fortwährende Wiederholungen für<br />
jedes Bauteil, damit die Sollwerte für das Gesamtfahrzeug<br />
eingehalten werden können.<br />
Die Ergebnisse sind bisher positiv: „Wir<br />
haben beim ersten Test in Abu Dhabi über<br />
4000 Kilometer abgespult“, so Alex Hitzinger.<br />
„Wir fahren viel, und wir fahren schnell. Und<br />
das hilft natürlich, weil wir bald erste Reifenentscheidungen<br />
für die Saison 2015 treffen<br />
müssen. Das Feedback der Fahrer war positiv<br />
in Bezug auf Handling und Balance.“<br />
Die Frage, ob Porsche 2015 wirklich in die<br />
8-MJ-Klasse wechselt, fällt erst Mitte Februar:<br />
„Wir erproben das stärkere Hybridsystem<br />
gerade, dann werden wir mit den Daten Le<br />
Mans und die anderen WEC-Strecken simulieren<br />
und bewerten – und dann entscheiden.“<br />
Porsche wird übrigens – anders als noch im<br />
letzten Jahr – mit mehr Abtrieb in die Saison<br />
starten, also nicht mit der Low-Downforce-<br />
Variante für Le Mans nach Silverstone und<br />
Spa reisen. Die Zeit der Kompromisse ist bei<br />
Porsche schon nach einer Saison vorüber:<br />
„Letztes Jahr waren wir neu, da war es eher<br />
egal, mit welchem Aero-Stand wir in die Saison<br />
gegangen sind“, erklärt Hitzinger. „Jetzt<br />
wollen wir keine Performance mehr verschenken<br />
und keine Punkte verlieren – und zwar<br />
nirgendwo!“ ◾<br />
DIE AERODYNAMIK WURDE VERBESSERT, IHRE<br />
EMPFINDLICHKEIT ANGEBLICH REDUZIERT<br />
128 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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DAKAR DIE STORY VON NASSER AL-ATTIYAH<br />
GANZ OBEN<br />
130 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Atemberaubend<br />
Die Laguna Verde in Chile<br />
liegt 4200 Meter hoch.<br />
Al-Attiyah im Mini zog einsam<br />
seine Kreise – aber die Höhe<br />
machte ihm sehr zu schaffen<br />
Text Claus Mühlberger · Fotos Red Bull, Claus Mühlberger (6), dpa (3)<br />
Nasser Al-Attiyah ist DER Sportstar der arabischen Welt.<br />
Der Katarer holte 2014 den WRC2-Titel, zwei Jahre zuvor<br />
gewann er als Schütze Olympia-Bronze. Die Dakar-Rallye<br />
dominierten Al-Attiyah und Co Baumel im Mini nach Gusto.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 131
DAKAR DIE STORY VON NASSER AL-ATTIYAH DIE STORY VON NASSER AL-ATTIYAH<br />
Sven Quandt muss erst mal tief durchschnaufen.<br />
Wenn der Besitzer des Mini-<br />
Teams über seinen Fahrer Nasser Al-<br />
Attiyah spricht, mischt sich in seine sonst<br />
so klaren Sätze oft ein seufzender Unterton.<br />
So wie bei einem Lehrer, der über<br />
einen hochbegabten Schüler klagt, der zu wenig<br />
aus seinem Talent macht und auch sonst<br />
ein ziemlicher Hallodri ist. „Nasser kann fahren“,<br />
sagt Quandt. „Und das sehr gut. Aber<br />
alles andere sollte er nicht machen. Nasser hält<br />
sich an keine Regeln.“<br />
Dabei dachte der Geschäftsmann Quandt<br />
weniger ans Sportliche, sondern eher ans Geschäftliche.<br />
Denn erst spät im Herbst unterschrieb<br />
der Dakar-Sieger von 2011, damals in<br />
Diensten von VW, seinen Vertrag bei X-Raid<br />
für die Dakar-Rallye 2015.<br />
Besser gesagt: Er kaufte sich mit Geldern<br />
seines langjährigen und treuen Sponsors Red<br />
Bull und der Regierung seiner Heimat Katar<br />
ins erfolgreichsten Offroad-Rennteam der letzten<br />
Jahre ein.<br />
Für Quandt und seine Männer sind solche<br />
Last-Minute-Deals eigentlich eine Zumutung.<br />
Denn ein zusätzliches Auto einzusetzen, das<br />
bedeutet natürlich auch ein Plus an Mechanikern,<br />
Reifen und Ersatzteilen – kein Kinderspiel<br />
bei einem Event, das 12000 Kilometer<br />
von Europa entfernt stattfindet. „Red Bull und<br />
Nasser sind nur Kunden bei uns“, beeilt sich<br />
Quandt klarzustellen, den Zorn seines langjährigen<br />
Partners Monster fürchtend, wenngleich<br />
letztlich lässig ignorierend. „Er ist ein ZAH-<br />
LENDER Kunde“, wiederholte er nochmals,<br />
jede Silbe so intensiv betonend, dass selbst der<br />
begriffsstutzigste Monster-Ami den Sachverhalt<br />
kapieren musste.<br />
Der zahlende Kunde aus dem Morgenland<br />
war Quandt letztlich aber nicht nur wegen des<br />
Geldes höchst willkommen. Der alte Wüstenfuchs<br />
aus Trebur-Astheim ahnte, was später<br />
tatsächlich passieren sollte: Dass nämlich die<br />
Fahrer der drei Monster-Mini allesamt keine<br />
Siegkandidaten waren – aus unterschiedlichen<br />
Gründen. Da kam der ebenso abgezockte wie<br />
abgeklärte Routinier Al-Attiyah gerade recht.<br />
Der schnelle Araber wurde zum umjubelten<br />
Retter des Siegs für Mini, die ganze BMW-<br />
Gruppe und auch Quandts X-Raid-Team.<br />
Kuckuck im Monster-Nest<br />
Der geradlinige Deutsche und das Schlitzohr<br />
aus Arabien – das war nicht unbedingt eine<br />
Liebesheirat. Eher ein Zweckbündnis, nachdem<br />
Al-Attiyahs ehrgeiziges Projekt, mit einem<br />
eigenen Buggy die schwierigste Rallye der Welt<br />
zu gewinnen, gescheitert war. Im Sommer<br />
2014 testete Al-Attiyah alle möglichen Dakar-<br />
Autos, darunter auch den Toyota-Hilux-Prototyp<br />
mit seinem 380 PS starken Fünfliter-<br />
Benzinmotor. Obwohl der Dreiliter-Diesel des<br />
Mini 50 PS weniger leistet, fiel Al-Attiyahs<br />
Urteil klar aus: „Der Mini ist das beste Auto.“<br />
Al-Attiyah übernahm die Rolle des Red-<br />
Bull-Outlaws im Monster-gebrandeten Mini-<br />
Camp mit Wonne. „Ich frage doch keinen der<br />
Monster-Fahrer, ob sie mir im Falle eines Falles<br />
IN DER HÖHE VON BOLIVIEN bat<br />
Al-Attiyah den Arzt um Sauerstoff<br />
FABELHAFTE BILANZ Der Sieger-<br />
Mini war absolut zuverlässig<br />
132 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
MIT 200 KM/H ZUM MEER Mutprobe<br />
an der Düne bei Iquique<br />
! ZUR PERSON<br />
Nasser Al-Attiyah<br />
„Die Mutter des Emirs ist die Schwester meines<br />
Vaters.“ So beschreibt Nasser Al-Attiyah seine<br />
verwandtschaftlichen Beziehungen zum<br />
Herrscherhaus von Katar. Während der Emir<br />
und seine Entourage wegen allerlei Ungereimtheiten<br />
im Zusammenhang mit der Vergabe der<br />
Fußball-WM 2022 an das kleine Land am Golf<br />
ins Gerede kamen, gilt Nasser Al-Attiyah<br />
gleichermaßen als <strong>sport</strong>liche Galionsfigur wie<br />
auch als Sympathieträger. Selfies, Autogramme,<br />
Interviews – mit schier endloser Geduld erfüllt<br />
Al-Attiyah fast alle Wünsche. Der 44-Jährige ist<br />
in drei verschiedenen Sportarten Weltspitze:<br />
Im WRC2-Ford Fiesta (1230 Kilo, 320 PS) holte er<br />
2014 gleich zwei wichtige Titel. Im X-Raid-Mini<br />
(1950 Kilo, 330 PS) kontrollierte er die Dakar-<br />
Rallye vom zweiten Tag an fast nach Belieben.<br />
Vor lauter Rallyefahren kam das Training für<br />
das Tontaubenschießen etwas zu kurz: „55 000<br />
bis 60 000 Schuss pro Jahr müssen sein, wenn<br />
du international etwas erreichen willst“, sagt<br />
der Katarer. 2002 holte er in London bei Olympia<br />
die Bronzemedaille. „2016 will ich Gold!“, sagt<br />
er. „Ich glaube, dass ich als Schütze vom<br />
Rennfahren profitiere – und umgekehrt. Es<br />
kommt immer aufs Gleiche an: Du musst mental<br />
stark sein.“<br />
NACHTSCHICHT Der Routine-<br />
Check bei Mini dauert 4 Stunden<br />
Sportskanone<br />
Im Ford Fiesta gewann Al-Attiyah 2014 die<br />
WRC2-Wertung. Bei der Olympiade in London<br />
holte er Bronze im Tontaubenschießen<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 133
DAKAR DIE STORY VON NASSER AL-ATTIYAH<br />
! IM DETAIL<br />
Mini! Und sonst?<br />
Selten hat ein Fahrer die wohl schwierigste<br />
Rallye der Welt so klar dominiert wie Nasser<br />
Al-Attiyah. Der 44-Jährige aus Katar setzte sich<br />
am zweiten Tag an die Spitze und er kontrollierte<br />
das Geschehen scheinbar mühelos – auch<br />
weil die Technik des Mini Countryman fabelhaft<br />
zuverlässig funktionierte.<br />
Al-Attiyahs teaminterne Gegner in den drei<br />
Monster-Mini hatten Probleme: Nani Roma<br />
verlor schon zu Beginn alle Siegchancen, weil<br />
die Ölpumpe versagte. Orlando Terranova<br />
setzte vier Tagesbestzeiten, leistete sich aber<br />
auch drei Überschläge. Und Krzysztof<br />
Holowczyc fuhr etwas zu konservativ.<br />
Best of the Rest war Toyota: Giniel de Villiers<br />
lief mit dem neuen Hilux als Zweiter ein.<br />
Dakar-Rookie Yazeed Al-Rajhi verpasste Platz<br />
drei wegen eines Motorschadens am V8.<br />
Peugeot holte beim Debüt des 2008 DKR Platz<br />
elf mit Stéphane Peterhansel. Carlos Sainz<br />
schied nach Unfall aus. Der Diesel-Buggy aus<br />
Frankreich war zwar ziemlich verlässlich, aber<br />
auf den meisten Strecken schlicht zu langsam.<br />
Mini Countryman All4<br />
Al-Attiyahs Markenkollegen patzten allesamt<br />
Robby Gordons Gordini<br />
Der Amerikaner steckte ewig im Sandloch<br />
Peugeot 2008 DKR<br />
Bei der Premiere noch zu langsam<br />
„NASSER ist der beste Fahrer<br />
in der Wüste. Am meisten hat<br />
mich beeindruckt, dass er das<br />
Tempo so clever kontrollierte“<br />
Sven Quandt, Besitzer des Mini-Teams X-Raid<br />
Toyota Hilux<br />
De Villiers/von Zitzewitz kamen auf Platz zwei<br />
134 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
in der Wüste helfen“, meinte er schlau. „Das<br />
muss ich auch nicht. Dafür wird Sven gegebenenfalls<br />
schon sorgen. Schließlich will er ja,<br />
dass die Marke Mini gewinnt, oder?“ Diese<br />
Planspiele blieben aber reine Theorie: Denn<br />
Al-Attiyah war an 13 Rallyetagen nie auf<br />
fremde Hilfe angewiesen – schon gar nicht<br />
durch die „Nicht-Freunde“ im Team.<br />
Gewisse Defizite im Organisieren räumte<br />
Al-Attiyah übrigens freimütig ein. „Ich habe<br />
halt keinen Manager“, sagt er mit unschuldigem<br />
Lächeln. „Ich muss alles selbst machen.“<br />
Seinen früheren Kümmerer, so lässt er duchblicken,<br />
habe er wegen finanzieller Ungereimtheiten<br />
vor einiger Zeit feuern müssen.<br />
„Es war ein Desaster.“ Von solchen Misslichkeiten<br />
solle man sich aber nicht die gute Laune<br />
verderben lassen, findet er.<br />
Al-Attiyah war in den letzten Jahren einer<br />
der meistbeschäftigen Fahrer weltweit. „Es<br />
gibt wohl keinen, der 2014 mehr Rennkilometer<br />
gesammelt hat als Nasser“, schätzt<br />
Quandt. Der Katarer rechnete sofort sein Programm<br />
detailliert vor: Sieben Läufe zur Rallye-<br />
WM im WRC2-Ford Fiesta, weitere sieben<br />
Läufe zur Middle-East-Meisterschaft, sechs<br />
Cross-Country-Rennen und dann noch sechs<br />
Läufe zum Arabischen GT-Cup im Porsche<br />
911 des Lechner-Teams. Treuherzig fragt er:<br />
„Wie soll ich mich bei einem solchen Programm<br />
noch um Vertragsdetails kümmern?“<br />
Zumal Ende des Jahres noch ein Ehrungs-<br />
Marathon anstand: Al-Attiyah gewann nämlich<br />
in beiden Rallye-Serien jeweils den Titel.<br />
Urlaub? Dieses Wort kennt Al-Attiyah kaum.<br />
„Ich hatte 2014 nur fünf Tage am Stück frei.<br />
Im Dezember bin ich nach Mendoza in Argentinien<br />
zum Jagen geflogen.“<br />
Mit seiner Fröhlichkeit, seiner Höflichkeit<br />
und seinen angenehmen Umgangsformen ist<br />
Al-Attiyah ein Menschenfänger – außerhalb<br />
des Renn<strong>auto</strong>s, und sofern man keine Verträge<br />
mit ihm aushandeln muss. Im Wettbewerb<br />
aber mutiert er zu einem instinktgetriebenen<br />
Raubtier.<br />
Das wusste auch der damalige VW-Sportchef<br />
Kris Nissen, als sich zwei seiner Race-<br />
Touareg-Fahrer bei der Dakar-Rallye 2011 ein<br />
erbittertes Duell um den Sieg lieferten. „Ich<br />
verzichte auf Stallregie“, verkündete der Däne<br />
damals großspurig, um dann leise hinzuzufügen.<br />
„Carlos Sainz und Nasser Al-Attiyah tun<br />
doch eh, was sie wollen.“<br />
Al-Attiyah machte damals im Schlussspurt<br />
keine Gefangenen: Am vorletzten Tag fuhr er<br />
Sainz ein paar Mal mit Karacho ins Heck. Der<br />
empörte Spanier verlor den sicher geglaubten<br />
Sieg. Sainz kochte vor Wut, und ums Haar<br />
hätte er sich zu Handgreiflichkeiten hinreißen<br />
lassen. Al-Attiyah grinste schief und drehte<br />
sich ab, nach dem Motto: „Ich weiß gar nicht,<br />
was der heute hat.“<br />
Nur ein Problem gab es: die Höhe<br />
Verglichen mit dem Triumph von 2011 war<br />
Al-Attiyahs Fahrt zum Dakar-Sieg 2015 ein<br />
Spaziergang. Die drei offiziellen, von Monster<br />
gesponserten Mini hatten nichts zu melden<br />
im Kampf um den Sieg. Vorjahressieger Nani<br />
Roma verlor am ersten Tag wegen einer schadhaften<br />
Ölpumpe mehr als acht Stunden. Beim<br />
Argentinier Orlando Terranova wechselten<br />
sich Tagesbestzeiten und slapstickhafte Unfälle<br />
beinahe im Tagesrhythmus ab.<br />
Der Dritte im Monster-Bunde, der Pole<br />
Krzysztof Holowczyc, hatte in den Dünen von<br />
Copiapó seine Probleme und kämpfte mit zu<br />
geringem Grundspeed. Den Toyota Hilux<br />
fehlte das letzte Quäntchen Biss, und die neuen<br />
Peugeot-Buggys waren weder besonders<br />
zuverlässig noch besonders schnell (siehe Kasten<br />
Seite 134).<br />
Auf fünf der 13 Tagesetappen fuhr Al-Attiyah<br />
die Bestzeit, und hielt sich sonst eher zurück.<br />
Er hatte nur ein Problem: Die Höhenluft<br />
in Bolivien setzte ihm übel zu – im Wortsinne.<br />
Erst eine 30-minütige Sauerstoffdusche<br />
brachte in Bolivien Linderung. Der Mini<br />
machte gar keinen Kummer. „Zwei Platten<br />
hatten wir, und einmal verloren wir bei langsamer<br />
Fahrt ein Vorderrad“, berichtete der<br />
Katarer. Den Verdacht, die Schrauben nicht<br />
ordentlich angezogen zu haben, wies er entrüstet<br />
von sich: „Niemals!“<br />
Beim Dinner des Siegerteams war Quandts<br />
Grimm über den Schwerintegrierbaren verraucht.<br />
Nach dem vierten Dakar-Sieg des<br />
Mini-Teams in Folge gab es Umarmungen<br />
und Schulterklopfen und entspannte Heiterkeit.<br />
Und der strahlende Al-Attiyah sagte einen<br />
seiner typischen blumig-orientalischen<br />
Al-Atti yah-Sätze: „Ich bin so glücklich, dass<br />
die Leute hier alle glücklich sind.“ Grandseigneurhaft<br />
lächelte Quandt bei diesen rhetorischen<br />
Girlanden. „Nasser ist der Beste“, sagte<br />
er bestimmt und drückte das Kreuz durch.<br />
„Am meisten hat mich beeindruckt, dass er<br />
das Tempo so clever kontrolliert hat. Das hat<br />
er früher nicht so gekonnt. Nasser ist der Held<br />
der Dakar. Und das wird die nächsten fünf<br />
oder zehn Jahre auch so bleiben.“<br />
Im nächsten Jahr im Buggy?<br />
Ob die Allrad-Mini nach vier Siegen in Folge<br />
auch 2016 siegfähig sind, das steht noch in<br />
den Sternen. „Welches Team und welches Autokonzept<br />
dann Vorteile hat, entscheidet der<br />
Veranstalter ASO mit seiner Routenwahl.“<br />
Lange Sandetappen kämen den leichteren,<br />
heckgetriebenen Buggys wie den Peugeot<br />
2008 DKR entgegen, meint Quandt. Auf<br />
winkligem Terrain hingegen schlägt die Stunde<br />
der Allrad-Mini mit ihrem flinken Handling.<br />
Um Daten zu sammeln, hatte auch das<br />
X-Raid-Team einen Buggy nach Südamerika<br />
mitgeschleppt. Pikanterweise jenes Auto, mit<br />
dem Al-Attiyah und sein Teamkollege Sainz<br />
bei der Dakar-Rallye 2013 anfangs ziemlich<br />
schnell unterwegs waren, bevor sie Technik-<br />
Stress in die Knie zwang.<br />
Mangels Zuverlässigkeit des hochbeinigen<br />
Gefährts hatte Guerlain Chicherit kaum Freude<br />
am Fahren, und auch Al-Attiyah erinnert<br />
sich ungern an den Jefferies-Buggy: „Das<br />
Buggy-Projekt war mein größter Fehler.<br />
Damit habe ich zwei Jahre verplempert.“ ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 135
MOTORSPORT SHORT STORIES<br />
LMP1-Prototypen<strong>sport</strong> / 24 h Le Mans<br />
WO STEHT DER NISSAN-LMP1?<br />
In der Nacht zum 2. Februar wurde der Nissan-LMP1 GT-R LM<br />
Nismo im Rahmen eines Werbespots zum Superbowl-Finale<br />
der NFL in Amerika enthüllt. <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Leser kannten die<br />
technischen Eckdaten des Konzeptes bereits (Heft 2/2015, Seite<br />
114), mit dem Nissan die aktuellen LMP1-Wettbewerber Audi,<br />
Porsche und Toyota in der Sportwagen-WM und in Le Mans herausfordern<br />
will. Auch wenn wir im Januar an einigen Stellen<br />
noch auf Spekulationen angewiesen waren, so belegen die<br />
jetzt zur Verfügung stehenden Informationen, dass wir bei den<br />
meisten Punkten richtig lagen. Nichtsdestotrotz gibt es noch ein<br />
paar interessante Details, die der Aufarbeitung wert sind.<br />
Der 60-Grad-V6-Motor stammt in der Tat von Cosworth und<br />
baut auf der Architektur des Formel-1-Triebwerks auf, das aber<br />
bisher nie zum Einsatz gekommen ist. Der Hubraum wurde auf<br />
3,0 Liter vergrößert, das Monoturbo-Arrangement auf Biturbo-<br />
Aufladung umgestrickt. Insider haben enthüllt, dass die Maximaldrehzahlen<br />
im Bereich von 8000/min liegen sollen. Das<br />
komplexe Arrangement an der Front ist mittlerweile auch<br />
geklärt: Der Energiespeicher – ein Schwungmassensystem von<br />
Torotrak – sitzt demnach unterhalb der Fahrerbeine, bildet also<br />
einen Puffer zwischen Cockpit und Motor. Vor dem Motor sitzt<br />
ein Fünfganggetriebe von Xtrac, das die Vorderräder antreibt.<br />
Das Triebwerk soll je nach Hybridklasse bis zu 700 PS leisten.<br />
Momentan ist das Hybridsystem die größte Baustelle bei<br />
Nissan: Die Tests begannen ohne Hybridsystem, mittlerweile<br />
fährt man mit einem Schwungmassenspeicher, der die Rekuperationsenergie<br />
der vorderen Bremsen aufnimmt und mittels<br />
einer Kardanwelle an die Hinterräder weiterleitet. Das eigentliche<br />
Konzept besteht aber aus der Verwendung von zwei parallel<br />
arbeitenden Schwungmassenspeichern, die links und rechts<br />
von der Mittelachse vor dem Cockpit verstaut sind. Im Parallelbetrieb<br />
soll das duale System bei einem anvisierten Start in der<br />
höchsten Hybridklasse von 8 MJ bis zu 600 PS an die Hinterräder<br />
liefern – was die angepeilte Systemleistung von 1400 PS<br />
bestätigt. Allerdings gibt es erhebliche thermische und elektronische<br />
Probleme beim Hybridsystem, weshalb erwogen wird,<br />
2014 nur mit einem Schwungmassenspeicher und weniger<br />
Spitzenleistung anzutreten. Zudem erreicht Nissan das angepeilte<br />
Gewicht von 880 Kilo nur mit einem Torotrak-System.<br />
Der gesamte Heckbereich ähnelt einem Doppeldecker-Flugzeug:<br />
Zwischen Unterboden und Heckabdeckung klafft ein Spalt<br />
von 40 Zentimetern; hier soll die Luft vom Ausgang des<br />
Frontflügels ausströmen. Die Luftleitschächte weisen keinerlei<br />
Blockaden durch Fahrwerksteile oder Antriebswellen auf. Das<br />
Tunnelkonzept der internen Durchströmung hat historische<br />
Vorbilder (Bentley Speed 8, Audi R15 TDI), ist aber auch berühmt<br />
dafür, nicht bei allen Fahrzuständen konstanten Abtrieb<br />
zu liefern. Wie vermutet, verwendet der Nissan-LMP1 kleinere<br />
Reifen als die seiner Gegner, dafür aber mit einer höheren<br />
Flanke, um den Grip zu erhöhen. Weil die Hinterräder nur beim<br />
Boosten Antriebskraft aufnehmen müssen, sind sie deutlich<br />
schmaler (20 Zentimeter) als die Vorderräder (31 cm).<br />
Angeblich lasten über 60 Prozent des statischen Gewichtes<br />
auf der Vorderachse, und der Gewichtsschwerpunkt soll im<br />
Bereich des Lenkgetriebes liegen. Die Fahrer dürfen offiziell<br />
nicht über die Fahreigenschaften reden, aber es ist durchgesickert,<br />
dass sich der Nissan wie ein Fronttriebler fahren soll und<br />
die Reifentemperaturen bei Tests auf der F1-Strecke in Austin<br />
bereits nach wenigen Kurven durch die Decke schossen – und<br />
sich dann in der Folge extremes Untersteuern einstellte.<br />
136 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
GT-Renn<strong>sport</strong><br />
BMW startet Erprobung des M6 GT3<br />
BMW hat Anfang Februar die Erprobung des<br />
neuen GT3-Rennwagens gestartet, der auf dem<br />
BMW M6 aufbaut und den bisherigen Z4 GT3<br />
ab 2016 im GT-Sport ablösen soll.<br />
Laut BMW-Sportchef Jens Marquardt soll<br />
der M6 bis zum Sommer 2015 zulassungsreif<br />
entwickelt werden, im Juni muss das finale<br />
Datenblatt bei der FIA eingereicht werden, im<br />
September erfolgt der BOP-Einstufungstest auf<br />
dem Michelin-Testzentrum in Ladoux. Damit<br />
ist auch klar, dass Fans den M6 GT3<br />
frühestens Ende 2015 auf der Rennstrecke<br />
zu Gesicht bekommen werden –<br />
möglicherweise im Rahmen der VLN.<br />
Die endgültige technische Spezifikation<br />
ist noch offen, weil BMW erstmals<br />
mit einem Biturbo-Konzept im GT-Sport<br />
antritt und erst in der praktischen<br />
Erprobung die finale GT3-Auslegung<br />
herausgefahren werden kann. Großer<br />
Aufwand musste beim Thema Gewicht<br />
betrieben werden, denn der M6 ist in<br />
der Serie ein ziemlich großes und<br />
schweres Auto, im GT3-Sport darf er<br />
Sportwagen-Weltmeisterschaft (WEC)<br />
Steigende Kosten und schrumpfende<br />
Starterfelder sind bekannte<br />
Phänomene im weltweiten<br />
Motor<strong>sport</strong>. Erfreulicherweise<br />
hat die Sportwagen-WM darunter<br />
nicht zu leiden: 35 Teams haben<br />
sich für die WM-Saison 2015 eingeschrieben<br />
– drei mehr als das<br />
intern gesetzte Maximum von 32<br />
Teilnehmern. „Ungewöhnliche<br />
Probleme erfordern ungewöhnliche<br />
Maßnahmen“, so WEC-<br />
Boss Gérard Neveu bei der WM-<br />
LMP2-Renn<strong>sport</strong><br />
Aktuell brüten ACO und FIA ein neues LMP2-<br />
Reglement aus, das 2017 in Kraft tritt und den<br />
Spagat zwischen Kunden<strong>sport</strong> mit Kostendeckelung<br />
in Le Mans sowie der Sportwagen-WM<br />
und werksunterstütztem Prototypen<strong>sport</strong> in der<br />
United SportsCar Championship (USC) schaffen<br />
Präsentation in Paris. Die WEC-<br />
Organisatoren müssen nun wahrscheinlich<br />
eine fünfte Cargo-<br />
Maschine bei den letzten vier Flyaway-Rennen<br />
einsetzen, um die<br />
Überkapazität zu stemmen. „Aber<br />
das ist uns lieber, als Teams, die<br />
teilnehmen wollen, abzulehnen,<br />
nur weil wir irgendwann mal ein<br />
Limit von 32 Teilnehmern festgelegt<br />
hatten“, erklärte Neveu.<br />
Durch den Zutritt von Nissan<br />
erhöht sich die Starterzahl in der<br />
jedoch nicht mehr als 1300 Kilo wiegen. Die<br />
Bayern hoffen, den M6 GT3 ab 2016 auch in<br />
Amerika in der GTE-Klasse zulassen zu können,<br />
und zwar über eine nationale Homologation.<br />
„Wir beabsichtigen nicht, parallel noch eine<br />
separate GTE-Entwicklung für den BMW M6 zu<br />
betreiben“, stellte Jens Marquardt beim 24-h-<br />
Rennen in Daytona klar. Damit liegt der Ball bei<br />
der United SportsCar Championship (USC) und<br />
dem US-Veranstalter IMSA.<br />
Masse und Klasse in der Sportwagen-WM<br />
Neuer Kompromiss zur LMP2-Zukunft?<br />
LMP1-Klasse auf elf Fahrzeuge,<br />
das LMP2-Feld wuchs im Vergleich<br />
zum letzten Jahr am stärksten<br />
– hier stehen nun zehn Prototypen<br />
am Start.<br />
Zwar sind die Starterzahlen in<br />
der Amateurklasse der GTE leicht<br />
gesunken, dafür stehen mit zwei<br />
Ferrari, zwei Porsche sowie drei<br />
Aston Martin sieben Profi-Teams<br />
in der GTE-Klasse am Start. Die<br />
WEC-Saison startet am 12. April<br />
in Silverstone.<br />
soll. Nachdem ein US-Sonderweg im Prototypen<strong>sport</strong><br />
endgültig vom Tisch zu sein scheint<br />
(siehe Seite 100), sollen in Europa, Asien sowie<br />
in der Sportwagen-WM die Anzahl zugelassener<br />
LMP2-Chassis-Hersteller limitiert und zudem<br />
Einheitsmotoren eingeführt werden.<br />
In Amerika ist die Ausgangslage anders: Hier<br />
sollen die LMP2 um Gesamtsiege in Daytona,<br />
Sebring oder Road Atlanta kämpfen. Daher<br />
sollen die Motoren freigestellt sein; dazu<br />
können die Hersteller spezielle Frontpartien<br />
homologieren, um den LMP2-Wagen einen<br />
Look ähnlich dem der Straßen<strong>auto</strong>s zu verpassen.<br />
Als Motoren stehen GT3-Triebwerke zur<br />
Diskussion. Die US-LMP2 sollen dann mit einer<br />
speziellen Fahrzeugeinstufung (BOP) an die<br />
restlichen LMP2 angepasst werden, wenn sie in<br />
Le Mans gemeinsam an den Start gehen.<br />
! Meinung<br />
MARCUS SCHURIG<br />
Hauptsache,<br />
anders<br />
Warum macht ihr es euch so verdammt<br />
schwer? An dieser Frage<br />
bleibe ich dauernd kleben, wenn<br />
ich Fotos vom neuen Nissan-LMP1<br />
betrachte. Die Designer und Konstrukteure,<br />
die sich verstreut über<br />
17 Zeitzonen mit diesem Projekt<br />
abrackern, machen alles anders<br />
als die anderen – was ja prinzipiell<br />
nicht unsympathisch ist.<br />
Aber was hat sie geritten, dabei<br />
so viel Risiko einzugehen? Je mehr<br />
Risiko, umso größer die Gefahr des<br />
Scheiterns. Wenn sich ein Unternehmen<br />
von der Größe Nissans<br />
(endlich mal) dazu entschließt,<br />
gegen Audi, Porsche und Toyota<br />
in der Hochtechnologie-Klasse<br />
LMP1 anzutreten, dann sollten die<br />
Erfolgsaussichten die Richtschnur<br />
für das Design bilden. Sonst<br />
riskiert man, vom ersten Tag an<br />
keine Resultate zu produzieren –<br />
dann stirbt das Projekt drei Monate<br />
später mit einem Knall, was fraglos<br />
jammerschade wäre.<br />
Viele drücken Nissan die Daumen,<br />
dass der Frontmotor-Fronttriebler<br />
mit 1400 PS funktionieren<br />
möge, allein ich habe noch keinen<br />
einzigen Ingenieur getroffen, der<br />
auch daran glaubt – und noch keine<br />
sinnvolle Begründung gehört,<br />
warum man es so machen muss.<br />
Also bleibt nur ein Grund: Das<br />
Marketing hat die Andersartigkeit<br />
gefordert – aber Andersartigkeit<br />
ist ein schlechtes Konstruktionsprinzip.<br />
Für mich ist das selbstmörderisch,<br />
denn es hilft weder<br />
dem Unternehmen noch dem Sport.<br />
Und es ist ein Unterschied, ob ein<br />
Fan wie Don Panoz aus Jux einen<br />
Frontmotor-LMP1 baut – oder eine<br />
Weltfirma wie Nissan. Renault-<br />
Nissan-CEO Carlos Ghosn gilt als<br />
humorloser Geselle. Was passiert,<br />
wenn er den Torpedo kommen<br />
sieht? Vermutlich fliegen dann<br />
die Fetzen. Und vermutlich sehen<br />
wir seine Firma für eine lange Zeit<br />
nicht mehr im Topmotor<strong>sport</strong>.<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 137
FORMEL 1 TECHNIK: DAS ZWEITE JAHR DER HYBRID-FORMEL<br />
Die Zielscheibe<br />
Alle jagen Mercedes<br />
und Weltmeister Lewis<br />
Hamilton. Der neue<br />
Mercedes ist eine<br />
Evolution des alten<br />
138 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Text Michael Schmidt<br />
Fotos Daniel Reinhard, Wolfgang Wilhelm<br />
WER<br />
Mercedes legte auch ohne<br />
Bestzeit einen Traumstart in<br />
den Testwinter. Das neue<br />
Auto läuft wie ein Uhrwerk.<br />
Die Bestzeiten überließ der<br />
Titelverteidiger Ferrari.<br />
Und die sind deutlich besser<br />
sortiert als im Vorjahr.<br />
SCHLÄGT<br />
MERCEDES?<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 139
FORMEL 1 TECHNIK: DAS ZWEITE JAHR DER HYBRID-FORMEL<br />
Kalte Finger<br />
Massa und Bottas<br />
begutachten im kühlen<br />
Jerez den neuen<br />
Williams FW37 mit<br />
der Knubbelnase<br />
DIE MOTOREN WURDEN LAUTER. SIE KLINGEN JETZT<br />
NICHT MEHR NACH RASENMÄHER<br />
Auftakt mit Tücken<br />
Neuling Sainz junior stellt<br />
seinen Toro Rosso ab<br />
Ansteigende Formkurve<br />
Vettel war mit dem neuen<br />
Ferrari auf Anhieb zufrieden<br />
140 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Eine gute Nachricht vorweg: Die Formel 1<br />
ist lauter geworden. Und das signifikant.<br />
Auch die Klangfarbe geht in die richtige<br />
Richtung. Weniger Rasenmäher oder<br />
Haarföhn, mehr Rennmotor. Man fühlt<br />
sich schon in die erste Turbo-Ära zurückversetzt.<br />
Mercedes-Motorenchef Andy Cowell<br />
war ratlos: „Es hört sich lauter an, aber wir<br />
wissen nicht, warum. Wir haben jedenfalls<br />
bewusst nichts gemacht, das den Ton der Motoren<br />
verändern würde.“<br />
Vielleicht doch. Alle Motorenhersteller<br />
haben über den Winter ihre Auspuffsysteme<br />
optimiert. Mercedes zum Beispiel verlängerte<br />
den Auspuff, um mehr Leistung aus dem<br />
Verbrennungsmotor zu holen. Die Krümmer<br />
sind nun verschlungen wie ein Schlangennest,<br />
um sie platzsparend unterzubringen. Renault<br />
machte das Gegenteil. Ferrari vergrößerte den<br />
Turbolader. Beide wollen damit mehr Power<br />
aus der MGU-H ziehen.<br />
Den Kritikern der Hybrid-Formel gehen<br />
langsam die Argumente aus. Nicht nur der<br />
Sound ist besser. Die Rundenzeiten befinden<br />
sich im freien Fall. Vor zwölf Monaten fuhr<br />
der Schnellste nach vier Tagen eine Zeit von<br />
1.23,276 Minuten. Kimi Räikkönen pulverisierte<br />
den Wert um 2,435 Sekunden.<br />
Formel-1-Ingenieure lernen schnell. Im<br />
zweiten Jahr der Hybrid-Ära ist der Grad an<br />
Perfektion erschreckend hoch. 2014 legten<br />
zehn Teams beim Testauftakt in Jerez 1465<br />
Runden zurück. Der V6-Turbo mit seinen<br />
zwei Elektromaschinen war noch unbekanntes<br />
Terrain. Ein Jahr später spulten acht Autos<br />
2313 Runden ab. Nur McLaren-Honda<br />
schwächelte. Neuzugang Honda durchlitt die<br />
gleichen Qualen wie die Mitbewerber vor einem<br />
Jahr. Trotz einer besseren Ausgangslage.<br />
Die Japaner hatten eine Saison lang Anschauungsunterricht.<br />
Ihr Partner McLaren<br />
fuhr noch mit dem Mercedes-Motor. Honda<br />
kannte alle Leistungsdaten des Marktführers,<br />
die Architektur des Motors, die Strategien des<br />
Energiemanagements, Rundenzeiten, Sektorwerte<br />
und Geschwindigkeiten in jeder Kurve<br />
und jeder Lebenslage. „Das Ziel zu kennen,<br />
macht vieles einfacher“, behauptet der<br />
Schweizer Motorenpapst Mario Illien. „Du<br />
musst aber auch wissen, wie“, stöhnt Honda-<br />
Berater Gilles Simon. Der frühere Ferrari-Motorenchef<br />
baut einer Pleite schon vor: „Honda<br />
hatte zwei Jahre Entwicklungszeit. Unsere<br />
Gegner drei. Es wird ein hartes Jahr für uns.“<br />
Honda bekam im November 2014 auch<br />
das Geschenk, zwei Tage lang in einem Interims-McLaren<br />
in Abu Dhabi testen zu dürfen.<br />
Der Neuling nutzte sie nur unzureichend.<br />
Nach fünf Runden an zwei Tagen wussten die<br />
Motorenkonstrukteure nur, dass noch ein<br />
Berg Arbeit vor ihnen stand. Als McLaren-<br />
Honda in Jerez mit dem neuen MP4-30 ausrückte,<br />
da schien es, als hätte man nichts aus<br />
dem verunglückten Probegalopp gelernt.<br />
Sechs Runden am ersten Tag, 79 insgesamt.<br />
Dazu 6,8 Sekunden Abstand zur Bestzeit. Der<br />
Motor klang manchmal nur nach 500 PS.<br />
79 Runden an vier Tagen<br />
Den McLaren-Honda bremsten ähnliche Kinderkrankheiten<br />
wie zwei Monate zuvor in Abu<br />
Dhabi. Gilles Simon erzählte eine Leidensgeschichte<br />
auf Japanisch: „Die Elektronikboxen<br />
kommunizieren nicht miteinander. Am Prüfstand<br />
funktioniert es, aber im Auto sind die<br />
Kabel ein bisschen anders verlegt, da fällt ein<br />
Stecker ab oder steigt ein Sensor aus. Es sind<br />
nur kleine Probleme, die aber verhindern, dass<br />
wir die großen sehen. Wir brauchen Kilometer,<br />
um endlich mehr über unseren Motor zu<br />
erfahren.“ 4000 standen für zwölf Testtage im<br />
Plan. Nach vier Tagen hatte McLaren gerade<br />
mal 350 Kilometer geschafft.<br />
Um die Kritiker bei Laune zu halten, beschworen<br />
Fernando Alonso und Jenson Button<br />
die goldenen Tage der ersten Ehe von<br />
McLaren und Honda. Sie hat zwischen 1988<br />
und 1992 acht WM-Titel und 44 Grands Prix<br />
gewonnen. Und das Auto war vom ersten<br />
Testtag an außerirdisch schnell. Ayrton Senna<br />
hängte 1988 die Konkurrenz beim Stapellauf<br />
des McLaren-Honda MP4/4 um 1,5 Sekunden<br />
ab. Noch halten sich die McLaren-Stars<br />
mit Durchhalteparolen über Wasser. „Das<br />
Projekt braucht Zeit. Den anderen ging es vor<br />
einem Jahr nicht besser.“ Die Ingenieure loben,<br />
dass ihr Auto das macht, was der Windkanal<br />
verspricht, und dass die Kühlung trotz<br />
der Wespentaille im Heck funktioniert. Doch<br />
wie groß ist die Aussagekraft, wenn sich das<br />
Auto im Kriechgang bewegt?<br />
Teamchef Ron Dennis hat noch andere<br />
Sorgen. Sein McLaren fährt nahezu nackt<br />
durch die Gegend, Aufkleber Mangelware.<br />
Dennis hatte vier potenzielle Hauptsponsoren<br />
an der Angel und es sich mit allen verscherzt.<br />
Zu seinem Ärger läuft sein neuer Superstar<br />
Alonso wie ein Taliban durch die Gegend.<br />
Dennis hasst Bärte. Alonsos finstere Miene<br />
lässt erahnen, wie sehr es in dem Spanier<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 141
FORMEL 1 TECHNIK: DAS ZWEITE JAHR DER HYBRID-FORMEL<br />
Fehlstart in Jerez<br />
Der neue McLaren-<br />
Honda schaffte an vier<br />
Tagen nur 350 Kilometer<br />
und verfehlte die Bestzeit<br />
um 6,8 Sekunden<br />
FERNANDO ALONSO TRÄGT BART WIE EIN TALIBAN.<br />
SEIN CHEF RON DENNIS HASST BÄRTE<br />
Stärker als im Vorjahr<br />
Der neue Sauber C34 lief<br />
wie ein Uhrwerk<br />
Neuer Anlauf mit Mercedes<br />
Im neuen Lotus E23 schlägt<br />
das Herz eines Mercedes<br />
142 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
kocht. Ein nerviger Chef, wenig Aussicht auf<br />
schnellen Erfolg. Auf die Frage, wie lang der<br />
Geduldsfaden reiche, wenn es so weitergeht,<br />
gibt Alonso grummelnd zurück: „Ich habe bei<br />
Ferrari fünf Jahre lang Geduld bewiesen.“<br />
Ferrari ist ein Reizwort für den Weltmeister<br />
von 2005 und 2006. Alonso hat Maranello<br />
verlassen, weil er nicht mehr an das Team<br />
glaubte. Kaum ist er weg, scheint es bei den<br />
Roten bergauf zu gehen. Trotz aller Unkenrufe,<br />
dass man mit dem Austausch aller<br />
Schlüsselfiguren eher Unruhe als Konsolidierung<br />
in die Truppe bringt. Doch Sebastian<br />
Vettels positive Ausstrahlung schweißt die neu<br />
zusammengewürfelte Mannschaft zusammen.<br />
„Alonso hat nur schlechte Laune verbreitet“,<br />
heißt es im Team. Vettel markierte an zwei<br />
Testtagen überlegene Bestzeit. Kimi Räikkönen<br />
bestätigte den guten Start am Abschlusstag.<br />
Der neue Ferrari SF15T funktioniert auf<br />
Anhieb. Das war seit sechs Jahren nicht mehr<br />
der Fall. „Das Gefühl passt. Wir haben eine<br />
gute Basis“, lobte Vettel.<br />
Das neue Auto ist aerodynamisch aufgeräumter,<br />
der Abtrieb stabiler, der Motor fahrbarer,<br />
das Fahrwerk servicefreundlicher. Die<br />
Leistung setzt nicht mehr so abrupt ein, und<br />
die elektrische Bremskraftverteilung verleiht<br />
dem Auto mehr Berechenbarkeit. Kimi Räikkönen<br />
konnte im Gegensatz zu Vettel Vergleiche<br />
anstellen: „Das Auto ist in vielen Bereichen<br />
besser als das aus dem letzten Jahr. Wir<br />
haben mit den meisten Schwachstellen aufgeräumt.“<br />
Ferrari hat noch viel in der Hinterhand.<br />
Die Motorentechniker wollen am Saisonbeginn<br />
nur etwa 20 der erlaubten 32 EntwicklungsToken<br />
einsetzen. Der Rest folgt in<br />
mehreren Ausbaustufen. Auch beim Auto<br />
kommt noch ein großer Schritt – wenn Ferrari<br />
den Crashtest mit der kurzen Nase besteht.<br />
Mercedes, Lotus und Williams haben den<br />
Balanceakt bereits geschafft. „Er ist eine aero<br />
dynamische Notwendigkeit“, urteilt Williams<br />
Technikchef Pat Symonds. „Ich verdamme<br />
ungern ein Konzept, aber ich kann mir nicht<br />
vorstellen, wie man mit einer langen Nase die<br />
Abtriebswerte zurückgewinnt, die uns mit der<br />
neuen Nasenregel verloren gingen.“ Um es<br />
kurz zu machen: Die Höhe der Nase liegt wie<br />
im Vorjahr in einem Fenster zwischen 135<br />
und 220 Millimetern. Gemessen auf einer<br />
mindestens 9000 m 2 großen Fläche fünf Zentimeter<br />
hinter der Nasenspitze. Von dort muss<br />
der Querschnitt der vorderen Crashstruktur in<br />
einem harmonischen Verlauf bis auf 60 000<br />
mm 2 anwachsen.<br />
Damit sind die neuen Nasen an ihrer tiefsten<br />
Stelle voluminöser. Aerodynamiker hassen<br />
das. Je mehr die Nase den Frontflügel überlappt,<br />
umso schlimmer werden die Turbulenzen<br />
abgelenkt, die jeweils 25 Zentimeter<br />
rechts und links der Mittelachse von einem<br />
vorgeschriebenen Übergang im Flügelprofil<br />
produziert werden. Und diese sogenannten<br />
Y250Wirbel sind entscheidend für die Strömung<br />
über den Rest des Autos.<br />
So viele Crashtests wie nie<br />
Wer es schafft, die Luftschleppen in geordnete<br />
Bahnen zu lenken, ist der König. Und das<br />
geht am besten mit einer kurzen Nase. Das<br />
Mindestmaß der Knautschzone beträgt 85<br />
Zentimeter. Mercedes und Lotus sind schon<br />
dort, Red Bull fehlen noch fünf Zentimeter.<br />
Bei so wenig Carbonmasse wird die kontrollierte<br />
Verformung zur Zitterpartie. Williams<br />
schaffte den Crashtest erst im vierten Versuch.<br />
Red Bull rasselte durch. Um an den Testfahrten<br />
überhaupt teilnehmen zu dürfen, baute<br />
Technikchef Adrian Newey eine Carbon<br />
Knolle vor die Nase. Die soll bis Saisonbeginn<br />
noch weg. Ferrari und McLaren bestückten<br />
ihre Testträger gleich mit langen Nasen.<br />
Hauptsache fahren, gecrasht wird später. Die<br />
FIA hat so viele CrashAnfragen wie nie zuvor.<br />
Red Bull blickt wieder zuversichtlicher in<br />
die Zukunft. Obwohl Daniel Ricciardo und<br />
Daniil Kvyat nur 735 Kilometer zurücklegten<br />
und vieles an den Auftakt im Vorjahr erinnerte.<br />
Probleme im Umfeld des RenaultMotors<br />
sorgten vier Mal für längere Standzeiten. Red<br />
Bull richtet sich an der Datenwelt auf. Das<br />
Auto im Tarnlook geht mit deutlich besseren<br />
Aerodynamikwerten in die neue Saison. Und<br />
Renault hat über den Winter zwischen 30 und<br />
40 PS gewonnen. Der Entwicklungsaufwand<br />
entspricht 24 Token. Die restlichen acht Wertmarken<br />
liefert Ilmor nach. Mario Illien und<br />
sechs seiner Konstrukteure haben den Renault<br />
V6Turbo oberhalb des Blocks runderneuert.<br />
Das Projekt hat etwas Verspätung und wird<br />
wahrscheinlich beim GP Spanien debütieren.<br />
VettelNachfolger Kvyat touchierte in der<br />
dritten Kurve seiner ersten Runde mit kalten<br />
Reifen die Mauer. Die Frontflügelhalterung<br />
brach ab – davon gab es nur ein Exemplar.<br />
Ein Tag Pause, dann kam Nachschub aus Milton<br />
Keynes. Teamberater Helmut Marko zog<br />
seinem Schützling die Ohren lang. Vielleicht<br />
hätte Red Bull doch besser Alonso ins Team<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 143
FORMEL 1 TECHNIK: DAS ZWEITE JAHR DER HYBRID-FORMEL<br />
!<br />
IM DETAIL<br />
Das ist neu an Vettels Ferrari<br />
1<br />
Die Nase<br />
4<br />
Die Kühlung<br />
Die neue Nase ist tief und lang und<br />
überragt den Frontflügel um 30 Zentimeter.<br />
Beim Vorgänger stand der Flügel<br />
noch rund fünf Zentimeter über. Ferrari<br />
will die Nase bis zum Saisonbeginn<br />
noch dramatisch verkürzen, sodass sie<br />
den Frontflügel kaum noch überlappt.<br />
Damit wird die Strömung über dem<br />
Flügel weniger gestört.<br />
2<br />
Die Vorderradaufhängung<br />
Ferrari bleibt als einziges Team der Zugstangentechnik<br />
vorne treu. Doch beim<br />
SF15-T sind erstmals die Bremszangen<br />
unten angebracht. Zusammen mit<br />
einem unteren Dreieckslenker, der sich<br />
erst kurz vor dem Chassis spreizt, ergibt<br />
das einen tiefen Schwerpunkt und einen<br />
deutlich besseren Strömungsverlauf<br />
hinter der Vorderachse.<br />
3<br />
Die Seitenkästen<br />
Schon der alte F14-T hatte die kleinsten<br />
Seitenkästen aller Autos. Das ist<br />
auch diesmal so. Nur mit einer anderen<br />
Architektur: vorne höher,<br />
hinten kompakter.<br />
Gegen den Trend<br />
Ferrari bleibt an der Vorderachse der<br />
Pullrod-Aufhängung treu, als einziges<br />
Team im Feld. Die Bremszangen<br />
wanderten erstmals unter die<br />
Scheiben. Set-up-Änderungen können<br />
schneller umgesetzt werden<br />
Der Ladeluftkühler ist wie im Vorjahr<br />
platzsparend im V des Sechszylinders<br />
untergebracht. Dafür wanderte der Öltank<br />
aus dem Getriebegehäuse zurück<br />
an seinen angestammten Platz zwischen<br />
Chassis und Tank.<br />
5<br />
Der V6-Turbo<br />
Turbine, Verdichter und MGU-H sind<br />
weiter eine Einheit und nicht wie bei<br />
Mercedes weit voneinander getrennt.<br />
Der Turbolader wurde größer, und der<br />
Auspuff ist besser wärmeisoliert. Das<br />
bringt mehr Energie für die MGU-H.<br />
Ferrari kopiert Mercedes<br />
Der untere Querlenker (Pfeil) besteht wie<br />
beim Mercedes lange aus einem Stück. Erst<br />
kurz vor dem Chassis spreizt er sich. Das ist<br />
aerodynamisch günstiger<br />
6<br />
Die Motorabdeckung<br />
Auf den ersten Blick verläuft die Airbox<br />
im Profil identisch mit dem Vorjahres<strong>auto</strong>.<br />
Der Unterschied zeigt sich im<br />
Heck. Die neue Motorabdeckung<br />
senkt sich deutlich tiefer ab.<br />
7<br />
Der Heckflügel<br />
Die Fransen am unteren Ende der Endplatten<br />
sind nicht mehr vertikal, sondern<br />
horizontal. Das hilft dem Diffusor<br />
beim Absaugen der Luft und gibt stabileren<br />
Abtrieb.<br />
3<br />
4<br />
6 5<br />
7 2<br />
1<br />
2015<br />
2014<br />
144 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Bild mit Symbolkraft<br />
Rosberg wartet an der<br />
Boxenausfahrt, Vettel<br />
zieht vorbei. Rosberg<br />
prophezeit, dass es<br />
umgekehrt sein wird<br />
MERCEDES HAT EINEN NEUEN MOTOR GEBAUT –<br />
OBWOHL DER ALTE MARKTFÜHRER WAR<br />
gesetzt. Das Team aus Milton Keynes ist keine<br />
Fahrschule. Dafür hat man Toro Rosso.<br />
Auch Mercedes hat einen komplett neuen<br />
Motor gebaut. Er soll je nach Sprachregelung<br />
zwischen 20 und 40 PS stärker sein als das<br />
Vorjahresmodell. „Unser Ziel war es nicht, die<br />
Spitze zu halten, sondern den Vorsprung, den<br />
wir letztes Jahr hatten“, posaunt Technikchef<br />
Paddy Lowe. Beim Auto galt die Devise: Eine<br />
Evolution mit kleinen Revolutionen unter der<br />
Verkleidung. Zum Beispiel das neue Kühlsystem,<br />
das der breiter auslaufende Auspuff dem<br />
Auto aufzwang. Oder die Installation der Antriebsquelle.<br />
„Unser Chefdesigner Aldo Costa<br />
hat da ein kleines Wunder vollbracht. Da<br />
passt kein Blatt mehr zwischen Außenhaut<br />
und die Innereien“, applaudiert Teamchef<br />
Toto Wolff. Insgesamt wirkt der neue Silberpfeil<br />
wie eine Kompaktversion des alten.<br />
Außenminister Niki Lauda treibt dennoch<br />
seine Ingenieure an. „Die anderen holen auf.<br />
Ist ja auch logisch. Wir haben viel weniger<br />
Spielraum, besser zu werden, als unsere Konkurrenz.“<br />
Nico Rosberg warnte: „Ferrari hat<br />
uns die Augen geöffnet.“ Um Lowe und Costa<br />
davon zu überzeugen, wie gut der neue Ferrari<br />
und Red Bull gehen, nahm Lauda seine Obertechniker<br />
mit zum Ortstermin auf der Rennstrecke.<br />
Nico Rosberg und Lewis Hamilton<br />
glänzten nicht mit Bestzeiten, sondern mit<br />
Distanzrekorden. Sie legten an vier Tagen<br />
2285 Kilometer zurück, was 7,4 Renndistanzen<br />
entspricht. Die Gegner waren zu der Zeit<br />
noch damit beschäftigt, ihre neuen Autos kennenzulernen.<br />
McLaren-Teamchef Éric Boullier<br />
sagte neidisch: „Am meisten schreckt mich,<br />
dass Mercedes am ersten Tag schon Boxenstopps<br />
geübt hat. Das zeigt ihr Maß an Selbstbewusstsein.“<br />
Mercedes übt schon Boxenstopps<br />
Lauda fragte seine Ingenieure: „Testen wir hier<br />
für Le Mans?“ Andy Cowell antwortete: „Am<br />
Anfang sind nur Kilometer wichtig. Jeder unserer<br />
Motoren muss dieses Jahr 25 Prozent<br />
länger leben, weil es nur vier statt fünf pro<br />
Fahrer gibt.“ Ganz ohne Defekte kamen auch<br />
die Titelverteidiger nicht über die Distanz.<br />
Hamilton stoppte ein Wasserleck, Rosberg ein<br />
Datenalarm wegen zu hoher Temperaturen.<br />
Der Verzicht auf eine Zeitjagd hatte bei<br />
Mercedes auch politische Gründe: Man wollte<br />
keine schlafenden Hunde wecken. Am 5. Februar<br />
verhandelten die Teams mit Bernie<br />
Ecclestone und der FIA über die Formel 1 der<br />
Zukunft. Mercedes möchte möglichst wenig<br />
ändern. Die Verfolger möglichst viel. Wäre<br />
Mercedes in Jerez erneut in einer eigenen Liga<br />
gefahren, wäre der Wunsch auf die Beerdigung<br />
der Hybrid-Ära noch größer geworden. Am<br />
Ende bekam Mercedes, was man wollte. Es<br />
bleibt beim V6-Turbo mit Hybrid. ◾<br />
Red Bull im Tarnlook<br />
Motorprobleme behinderten<br />
das Testprogramm<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 145
TESTS & FAHRBERICHTE<br />
VORSCHAU BMW M235i IM SUPERTEST<br />
Das kleinste Coupé der BMW-M-Familie tritt mit Dreiliter-Turbomotor zum Supertest an. Sind<br />
MOTORSPORT<br />
326 PS und 450 Nm genug, um dem großen Bruder M4 Coupé das Leben schwer zu machen?<br />
HEFT<br />
4/2015<br />
AB 13. MÄRZ<br />
IM HANDEL<br />
MERCEDES-AMG C 63 S<br />
Mit der neuen Biturbo-C-Klasse will Mercedes die Mittelklasse<br />
dominieren. Der erste Fahrbericht gibt einen Vorgeschmack<br />
KÖNIGE DER KLEINWAGEN<br />
VW Polo GTI, jetzt endlich mit Sechsgang-Schaltgetriebe zu haben,<br />
gegen Ford Fiesta ST und Mini Cooper S im Vergleichstest<br />
SOMMERREIFENTEST<br />
Wer bietet die beste Mischung? Sieben verschiedene Sommerreifen<br />
im Format 235/35 R 19 auf Nässe und im Trockenen<br />
SPORTWAGEN-WM 2015<br />
<strong>sport</strong> <strong>auto</strong> blickt auf die neue Sportwagen-WM, die im April in<br />
Silverstone ihren Saisonauftakt bestreitet<br />
Aus redaktionellen Gründen sind Änderungen dieser Themen möglich. Wir bitten dafür um Verständnis und bemühen uns, entfallene Beiträge in einer späteren Ausgabe nachzureichen<br />
146 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
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