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Batterie – zwar Kosten- und Gewichtsnachteile,<br />
dürfte im Hinblick auf immer weiter<br />
reichende Assistenzsysteme mittelfristig aber<br />
ohnehin vonnöten sein. Im Klartext: Der<br />
electric turbo kommt. Und zwar bald.<br />
Bis es so weit ist, steckt er im Concept-Car,<br />
in einem von aktuell zweien. Und das schaut<br />
zunächst verdächtig nach einem kriegsbemalten<br />
RS5 aus – und ist im Grunde auch nichts<br />
anderes. Heißt: Permanentallrad mit Quersperre<br />
im Heck, Bremskeramik vorn und<br />
Pirelli P Zero in 20 Zoll. Erst die Akustik<br />
Rundenzeit Hockenheim<br />
Audi RS5 TDI Concept<br />
QUERSPANGE<br />
166 km/h 1,15 g<br />
GP-KURS<br />
AMEISENKURVE<br />
12,00 m/s 2 SACHSKURVE<br />
82 km/h 1,25 g<br />
NORDKURVE<br />
121 km/h 1,10 g<br />
MEINE MEINUNG<br />
Testfahrer: Uwe Sener<br />
Wie hat es Audi gleich gesagt? Man<br />
zeige den electric turbo an einem<br />
Dieselmotor, weil sich die Vorzüge<br />
dort klarer darstellen. Jetzt wissen<br />
wir warum! Denn der Reiz des RS5<br />
1.15,0 min<br />
FAHRERLAGER<br />
ZIELGERADE<br />
186 km/h<br />
BOXENGASSE<br />
GP-KURS<br />
demaskiert die Besonderheit – zumindest<br />
wenn man auf Höhe der Schnauze steht. Dort<br />
werkelt – gut hörbar – ein V6-TDI, dessen<br />
Räuspern eine dem S Q5 entlehnte Abgasanlage<br />
im weiteren Fahrzeugverlauf aber zu einem<br />
vauachtlichen Wummern umvertont.<br />
Einhellige Meinung: leider geil.<br />
Drinnen mischt sich dann Vertrautheit<br />
unter die ungewohnte Klangkulisse. Zwei<br />
Notfallknöpfe glimmen zusammen mit einem<br />
illuminierten Schriftzug aus dem Aschenbecher,<br />
das TDI-Logo im Drehzahlmesser ist<br />
AUSGANG QUERSPANGE<br />
78 km/h 1,05 g<br />
EINGANG MOTODROM<br />
121 km/h 1,15 g Kurvengeschwindigkeit<br />
Querbeschleunigung<br />
Bremsverzögerung<br />
SENKE<br />
95 km/h 1,15 g erreichte Vmax im<br />
Streckenabschnitt<br />
SÜDKURVE<br />
106 km/h 1,05 g<br />
TDI liegt nicht im E-Verdichter an<br />
sich, der den Schleier zwischen<br />
Motor und Gaspedal eben auch<br />
nicht wegzaubern kann; sondern<br />
in der ungewohnt weitläufigen Leistungsentfaltung<br />
des Biturbos, die er<br />
ihm verdankt. Noch debattieren sie<br />
in Neckarsulm, ob ein Diesel einmal<br />
das RS-Siegel tragen darf. Mir fallen<br />
keine Argumente mehr dagegen ein.<br />
Testredakteur Stefan Helmreich<br />
mit der roten Sportraute signiert, ansonsten<br />
bleibt alles beim Alten: gute, wenngleich nicht<br />
sonderlich spartanische Ledersitze, abgeflachtes<br />
Lenkrad mit strammer Anbindung und als<br />
Deko die unvermeidlichen Kohlefasereinlagen,<br />
mit denen man „Leichtbau sichtbar macht“.<br />
Nun ja: 1860 Kilo wiegt der RS5 TDI, gemessene<br />
83 mehr als sein Serienpendant mit<br />
4,2-Liter-V8-Sauger. Noch ist das letzte Wort<br />
dazu aber noch nicht gesprochen. Laut Audi<br />
durchläuft das Concept in den nächsten<br />
Monaten diverse Entwicklungsprozesse.<br />
Im Klartext: Da geht noch was.<br />
Der TDI zieht bis über 5500/min<br />
Die Spannung steigt beim Anfahren – in<br />
doppelter Hinsicht. Und tatsächlich: Der TDI<br />
spritzt spontan los, spontaner als die meisten,<br />
vielleicht spontaner als jeder Diesel zuvor, aber<br />
eben nicht unmittelbar. Gut 200 Millisekunden<br />
braucht der E-Verdichter, um seine<br />
Höchstdrehzahl von 72 000/min zu erreichen<br />
– und die spürt man eben. Unterdessen setzt<br />
jedoch auch die konventionelle Aufladung ein<br />
– und mit ihr die Sensation. Der springende<br />
Punkt: Dadurch dass sich die Abgasturbos<br />
nicht mehr ums Ansprechverhalten kümmern<br />
müssen, konzentrieren sie sich voll und ganz<br />
auf das, wofür man sie einst erfunden hat. Genau:<br />
Dampf zu machen. Mit bis zu 2,4 bar –<br />
Atmosphärendruck bereits abgezogen – blasen<br />
sie voran, ohne Initialzünder ergäbe sich davor<br />
ein tiefschwarzes Turboloch wie weiland im<br />
Ur-Quattro. Allermindestens. Stattdessen tobt<br />
der RS5 derart vom Fleck, dass alle vier Räder<br />
erst mal kurz die Fassung verlieren. Kraft ist<br />
überall: untenrum, in der Mitte sowieso, aber<br />
vor allem obenraus, wo Selbstzünder ja gern<br />
auch mal einknicken. Unter Volllast zieht er<br />
die kleinen Gänge ohne Durchhänger bis über<br />
5500/min – und am Ende allem davon, was es<br />
mit Selbstzündung gab, gibt und in naher Zukunft<br />
geben wird. Denn auch auf der Strecke<br />
zahlen sich die langen Drehzahlbänder aus.<br />
Normalerweise bewegen sich Diesel dort<br />
immer auf der Kippe zwischen Leistungsgipfel<br />
und dem Ladeluftloch danach, müssen shortshiften,<br />
um an Kraft zu gelangen. Dieser hier<br />
jedoch muskelt mächtig aus engen Kurven<br />
und zerrt gallig aus weiteren – obwohl man<br />
sich drehzahlbedingt dann weit jenseits des<br />
Einsatzgebiets des E-Boosters bewegt.<br />
Nun ist der V8 des serienmäßigen RS5<br />
bestimmt nicht das Musterbeispiel eines<br />
Saugmotors. Dass man ihn einmal wegen<br />
eines TDI infrage stellt, hätten wir aber nie<br />
gedacht. Nicht mal eine Sekunde rettet er im<br />
imaginären Vergleich über den Start-Ziel-<br />
Strich – trotz Gewichtsvorteil, trotz Mehrleistung,<br />
trotz des schärferen Getriebes und obwohl<br />
der e-TDI wegen des klammen Wetters<br />
noch ein, zwei Zehntel auf der Strecke liegen<br />
gelassen haben könnte. Halleluja.<br />
Dennoch: Das Turboloch – Quatsch: das<br />
Turbolöchchen – hat auch diesen Test überlebt,<br />
wenn auch nur mit knapper Not. Die<br />
Vorurteile dem Diesel gegenüber erklären wir<br />
hiermit jedoch offiziell für tot. ◾<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 49