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BMW-Sportchef Marquardt war<br />
zufrieden: mehr Topspeed, gute<br />
Performance, viele Punkte<br />
Eine weitere Auffälligkeit in diesem Zusammenhang:<br />
Während die DP von Ford und<br />
Corvette bis zum Rennende konstant schnell<br />
fahren konnten, fielen die LMP2 mit zunehmender<br />
Renndauer immer stärker ab: War<br />
der Ligier von Michael Shank im ersten Renndrittel<br />
noch gleich schnell wie die DP von Ganassi,<br />
fehlte im letzten Renndrittel fast eine<br />
volle Sekunde. Die beiden Fahrzeugkonzepte<br />
– es wurde schon oft genug gesagt und geschrieben<br />
– sind in Summe viel zu unterschiedlich,<br />
um in einer gemeinsamen Klasse<br />
gewertet zu werden. Die USCPrototypenklasse<br />
bleibt also ein fauler Kompromiss.<br />
GTE: Nur Corvette siegfähig?<br />
Für die GTEKlasse muss immerhin festgehalten<br />
werden, dass die Gesamtbalance deutlich<br />
besser funktionierte als in der Prototypenklasse.<br />
Alle GTEHersteller waren zumindest<br />
podestfähig, wenngleich in einem Rennen<br />
ohne besondere Vorkommnisse vermutlich<br />
nur Corvette auch wirklich siegfähig war.<br />
Betrachtet man die klassische Datenanalyse<br />
(siehe Kasten unten), so liegen BMW, Aston<br />
Martin und Porsche bei den 20 Prozent der<br />
schnellsten Rennrunden in einem engen Korridor<br />
von circa zwei Zehntelsekunden. Ferrari<br />
taucht wegen der frühen Ausfälle seiner beiden<br />
458 GTE hier nicht auf – doch auch die<br />
Italiener fügten sich in dieses Delta.<br />
Auffällig aber, dass nur die beiden CorvetteC7.RWerkswagen<br />
beim Mittelwert unter<br />
1.45 Minuten lagen. Die Differenz der siegreichen<br />
Corvette (<strong>#3</strong>) von Jan Magnussen,<br />
Antonio García und Ryan Briscoe zum zweitplatzierten<br />
BMW (#25) und zum schnellsten<br />
Porsche (#911) betrug jeweils knapp über zwei<br />
Zehntelsekunden.<br />
Das entspricht zwar nur einer Abweichung<br />
von 0,2 Prozent bei der Rundenzeit, doch<br />
BMWWerkspilot Dirk Werner, der im<br />
Schluss sprint nach der letzten Gelbphase gegen<br />
García um 0,478 Sekunden unterlag, ließ<br />
keinen Zweifel daran, dass er die Corvette<br />
nicht aus eigener Kraft hätte überholen können.<br />
Verantwortlich dafür sind weniger die<br />
TopspeedUnterschiede, die im Gegensatz<br />
zum letzten Jahr deutlich geringer ausfielen,<br />
als die bessere Beschleunigung der Corvette.<br />
BMWWerkspilot Lucas Luhr notierte:<br />
„Die Corvette ziehen beim Beschleunigen aus<br />
niedrigen Geschwindigkeiten erst weg, dann<br />
bleibt der Abstand konstant, um sich vor dem<br />
Bremspunkt wieder leicht zu reduzieren.“ Das<br />
wäre auch physikalisch gut zu erklären, denn<br />
mit 5,5 Litern Hubraum überflügelt Corvette<br />
die GTEWettbewerber BMW, Ferrari und<br />
Porsche um mindestens einen Liter.<br />
Umso verwunderter musste die Konkurrenz<br />
vor Daytona zur Kenntnis nehmen, dass<br />
das USWerksteam seine V8Restriktoren um<br />
jeweils 0,6 mm vergrößern durfte, obendrein<br />
lud man auch noch 25 Kilo Gewicht aus. Im<br />
Fahrerlager war man sich einig: Das war ein<br />
wenig zu viel des Guten. Corvette versteht es<br />
zudem, seine Vorteile so zu nutzen, dass man<br />
bei den Daten kaum auffällig wird.<br />
Als es im Schlussspurt gegen BMW eng<br />
wurde, schaffte García bei seinen zehn<br />
schnells ten Runden einen Schnitt von 1.44,6<br />
Minuten – schneller als der Mittelwert im<br />
Rennen, schneller auch als der Mittelwert der<br />
Corvette im ersten Renndrittel. Dirk Werner<br />
schaffte bei seinen zehn schnellsten Rennrunden<br />
vor der letzten Gelbphase nur einen<br />
Mittelwert von 1.45,0 Minuten, war aber exakt<br />
genauso schnell wie im ersten Renndrittel.<br />
Corvette erzielte 20 seiner 50 schnellsten<br />
Rennrunden in den letzten vier Stunden –<br />
BMW schaffte in der gleichen Phase nur zwölf<br />
ihrer 50 schnellsten Runden. Ein Schuft, wer<br />
Arges dabei denkt? IMSA hat immerhin angekündigt,<br />
auf Basis der Daten von Daytona für<br />
den zweiten USCLauf in Sebring eine Neueinstufung<br />
zu erarbeiten.<br />
In aller Fairness sollte auch erwähnt werden,<br />
dass die siegreiche Corvette fast ohne<br />
Probleme durchs Rennen tingelte – mit der<br />
geringsten Boxenstoppzeit aller GTEWagen.<br />
Die Gegner stellten sich oft selbst ein Bein:<br />
BMW verlor in der Schlussphase bei einem<br />
Boxenstopp durch einen Kommunikationsfehler<br />
30 Sekunden auf Corvette. Und Porsche,<br />
die beim Speed auf BMWNiveau lagen,<br />
wurde durch eine unglückliche teaminterne<br />
Kollision der WerksElfer ebenso zurückgeworfen<br />
wie durch zwei Motorschäden.<br />
Den Plan neu geplant: LMP2<br />
Können wir da also wirklich von einer unangemessenen<br />
Bevorzugung der amerikanischen<br />
Hersteller sprechen? Beim ViperSieg in der<br />
GTDKlasse vermutlich schon. Corvette hatte<br />
in der GTEKlasse leichte Vorteile. Und ein<br />
LMP2Auto wird bei einem 24hRennen eh<br />
nie eine Chance gegen die DPPanzer haben.<br />
Und wie steht es um die Zukunft? Beim<br />
großen Meeting nach dem Rennen ruderten<br />
die Verschwörer wieder zurück. Ab 2017<br />
bildet – wie geplant – die LMP2Klasse die<br />
Topkategorie der USC. Mit dem Unterschied,<br />
dass die Motoren freigestellt sind und die<br />
Her steller die Möglichkeit erhalten, eine<br />
Frontpartie zu homologieren, die den Look<br />
ihrer Straßen<strong>auto</strong>s nachempfindet. Die Vernunftehe<br />
wurde also nicht geschieden. ◾<br />
!<br />
Im Detail<br />
24h-Rennen Daytona 2015: Rennanalyse GTE-Klasse<br />
Zur Rennanalyse wurden die Daten des jeweils<br />
besten Fahrzeugs einer Marke herangezogen. Ferrari<br />
fehlt in dieser Aufstellung, da beide Fahrzeuge<br />
früh ausfielen. Alle GTE-Hersteller hatten für den<br />
Saisonstart Zugeständnisse erhalten, meist in Form<br />
größerer Restriktoren und weniger Gewicht, mit<br />
Ausnahme von Porsche, weil sie beim letzten USC-<br />
Rennen in Atlanta 2014 das schnellste Auto stellten.<br />
Corvette stellte in Daytona das schnellste Auto, der<br />
Abstand zwischen BMW und Porsche war gering.<br />
BMW war erstmals bei den Topspeeds wettbewerbsfähig,<br />
dank eigener Aero-Entwicklung und<br />
größerer Restriktoren. Die Topspeeds wurden auf<br />
Höhe der Boxeneinfahrt gemessen und sind damit<br />
keine Maximalwerte, erlauben aber Vergleiche.<br />
Team/Fahrzeug Ø 100 schnellste Ø 20 % schnellste Ø 100 höchste Anzahl der Gesamtzeit in<br />
(Startnummer) Rennrunden Rennrunden Topspeeds Boxenstopps der Boxengasse<br />
1. Corvette C7.R (<strong>#3</strong>) 1.44,716 min. 1.44,784 min. 291,1 km/h 28 36,05 Minuten<br />
2. BMW Z4 GTE (#25) 1.44,948 min. 1.45,001 min. 292,1 km/h 29 43,27 Minuten<br />
3. Porsche 911 RSR (#911) 1.45,001 min. 1.45,039 min. 290,5 km/h 27 3:22,57 Stunden<br />
4. Aston Martin Vantage (#98) 1.45,225 min. 1.45,254 min. 290,5 km/h 32 3:48,04 Stunden<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 107