LANGSTRECKENMEISTERSCHAFT PORTRÄT: KARL MAUER Karl Mauer weiß, wovon er redet: Er fuhr selbst jahrelang in der VLN und beim 24h-Rennen Minimal unentspannt Karl Mauer ist für Späße durchaus zu haben. Blöd nur, wenn der Gegner die Prozedur maximal entspannt absolviert … 110 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
Geschäftsführers. Mauer dabei egoistisches Machtstreben zu unterstellen, wäre ungerecht: Wer sich wie er für eine Sache einsetzt, will nicht gegen Windmühlen kämpfen. Die Begründung, warum Mauer von vielen als Idealbesetzung für den Führungsposten gesehen wird, findet sich in seiner beruflichen Karriere. Er kennt aus seiner Arbeit als Journalist die Ansprüche der Medien, saß aber auch lange auf der anderen Seite des Schreibtischs in verschiedenen Presseabteilungen. Später war er auch in Führungspositionen, in denen Verhandlungsgeschick und feiner Zwirn zum Tagesgeschäft gehörten. Neben all diesen beruflichen Qualifikationen ist eines noch viel entscheidender: In seiner Brust schlägt das Herz eines Rennfahrers. Mauer saß selbst jahrelang hinterm Steuer. Als gebürtiger Eifelaner hat er zudem einen Bonus bei der ganz speziellen Ring-Spezies. „Karl ist trotz seines beruflichen Erfolgs einer von uns, den man jederzeit ansprechen kann“, sagt einer, der viel mit ihm arbeitet. Berufsträume und Traumberufe Mauer, der in Ahütte geboren wurde, wusste schon als kleiner Steppke, was er später mal machen will. Er träumte vom Journalistenleben bei <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong>. „Mein Onkel hatte eine Fleischerei und fuhr einen dicken Mercedes“, sagt er. „Dort lag immer die <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong> herum. Ich habe sie damals regelrecht verschlungen.“ Aus der Bewerbung für ein Volontariat in Stuttgart wird jedoch nichts, Mauer heuert stattdessen beim „Bonner Generalanzeiger“ an und arbeitet als Sport redakteur – natürlich gehört der Nürburgring dabei zu seinen Aufgabengebieten. Später wechselt er zu Renault in die Sportpresse und schafft es, seinen Traum zu verwirklichen: Bei <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong> wird eine Stelle im Sportressort frei. In dieser Zeit macht er seine ersten Versuche hinterm Steuer. Bei einem Test mit dem Renault R5 fällt sein Talent auf. Die Verantwortlichen fragen ihn, ob er nicht Lust habe, am legendären R5- Pokal teilzunehmen. Mauer verkauft seinen Autobianchi und ersteht mit Presserabatt eine kleine R5-Rennsemmel. Im zweiten Jahr holt er im Team von Harald Grohs den Vize titel. „Mit Set-up war da nicht viel. Außer Luftdruck gab es nichts einzustellen“, sagt Mauer. Bei <strong>auto</strong> motor und <strong>sport</strong> bleibt er vier Jahre lang, legt eine kurze Zwischenstation bei Ford ein, für die er das 24h-Rennen am Nürburgring im Jahr 1979 im Ford Escort RS gewinnt, und kehrt schließlich als Chefredakteur von <strong>sport</strong> <strong>auto</strong> für vier Jahre nach Stuttgart zurück. Mauer begeistert sich auch für zwei Räder – und nimmt parallel zum <strong>sport</strong> <strong>auto</strong>-Job den Posten als Chefredakteur bei Motorrad an. „Ich bin früher gut 20 000 Kilometer im Jahr Motorrad gefahren“, sagt Mauer. Bis zu einem Unfall: Im März 1985 ist er auf seiner Honda GXR 750 am Westbahnhof in Stuttgart unterwegs. Ein Autofahrer übersieht ihn, Mauer macht eine Rolle und liegt am Boden. „Ich dachte im ersten Moment, „Ich will die VLN zukunftsfähig machen. Ihre Struktur stammt noch aus der VLN- Gründerzeit – vor 38 Jahren“ VLN-Boss Karl Mauer ich sei querschnittgelähmt“, erinnert er sich. Sein rechtes Bein ist mehrfach gebrochen, er verbringt mehrere Wochen im Krankenhaus. „Mir wurde die Verantwortung in meiner Position bewusst. Im Mai habe ich die Chefredaktion abgegeben“, sagt Mauer. Danach ist er mit Ausnahme seiner restaurierten 1938er DKW kein Motorrad mehr gefahren. Langer Boxenstopp bei Opel Die nächste Tür öffnet sich bei Opel. Dort heuert er zunächst als Pressechef an, wird später Direktor Presse und Information. Er verantwortet große Budgets, genießt die Führungsrolle. „Im Herzen bin ich immer Journalist geblieben. Ich habe meine Sekretärinnen mit Papierbergen auf dem Schreibtisch zur Verzweiflung gebracht. Und Zahlen sind nicht mein Ding: Für die Budgetplanung hatte ich immer meine Leute.“ Zuletzt machte er in der Europazentrale in Turin Station und pendelte zwischen Deutschland und Italien. Insgesamt 25 Jahre lang arbeitet er für die Rüsselsheimer. „Wenn mir das jemand vorhergesagt hätte, hätte ich ihn ausgelacht“, meint Mauer. Nach seiner Karriere zieht es ihn wieder zurück in die Eifel. Dorthin, wo er früher nach Schulschluss auf den Hang stürmte und das Training zum 1000-Kilometer-Rennen verfolgte. Es ist die Ruhe des kleinen Örtchens Üxheim-Ahütte mit etwas mehr als 600 Einwohnern, die Mauer gefällt. Dort lebt er gemeinsam mit seinem Hund. Die Zurückgezogenheit genießt er auch jedes Jahr bei seinem Mountainbike-Alpencross, wo er fünf Tage nur mit dem Fahrrad und einem Rucksack unterwegs ist. „Was immer man aus dem Büro mitnimmt, am zweiten Tag ist das vergessen. Die Prioritäten verschieben sich. Es geht zum Beispiel darum, ob man noch auf dem richtigen Weg ist und genug trinkt.“ Für Mauer ist es seine Art, Kraft zu schöpfen. Genauso wie seine Teilnahme am New York Marathon, den er schon zweimal gelaufen ist. Nach der Zeit bei Opel gönnte sich der Vater von zwei erwachsenen Söhnen erst mal zwei Jahre Pause. „Am Anfang konnte ich es noch nicht genießen, einfach nur auf einer Bank zu sitzen und den Sonnenschein zu genießen. Ich war immer getrieben und gezwungen – es hat ein bisschen gedauert.“ Über den MSC Adenau kommt er schließlich zur VLN und hat eine neue Aufgabe. Zunächst als Geschäftsführer für Medien und Kommunikation, heute als Geschäftsführer. Sein Ziel? „Ich will die VLN zukunftsfähig machen, denn die bisherige Struktur entspricht der vor 38 Jahren bei der Gründung. Heute läuft aber vieles anders“, sagt er. Dass er darüber genau Bescheid weiß, glaubt man ihm sofort. Mauer ist bei Facebook aktiv und ließ sich für den guten Zweck bei der „Ice Bucket Challenge“ sogar einen Eimer Eiswasser über den Kopf schütten. Die kalte Dusche erhielt er bei der Siegerehrung des VLN-6h-Rennens. Mauer schüttelte sich kurz, lachte und machte flugs Platz für die Sektdusche. Völlig unaufgeregt eben. ◾ <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 111