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Sportchef Fehan hatte Neueinstufungen<br />
für Corvette massiv<br />
gefordert – und bekommen<br />
Kyle Larson noch an der vierten Position.<br />
Trotzdem hatte man sich bereits fürs Finale in<br />
Stellung gebracht: Bei zwei der 18 Gelbphasen<br />
schindete Ganassi am Sonntag Stints von 29<br />
Runden Reichweite heraus, während Wayne<br />
Taylor nur 27 Runden weit kam. Die Spritknauserei<br />
brachte Vorteile bei der Taktik, sodass<br />
man durch kürzere Tankstopps an der<br />
Corvette-DP von Wayne Taylor vorbeiziehen<br />
konnte, ohne sie auf der Rennstrecke überholen<br />
zu müssen – und obwohl beide Fahrzeuge<br />
bei normalen Stints unter Grün die gleiche<br />
Reichweite von 26 Runden aufwiesen.<br />
Was für ein Ford-Schritt: Topspeed<br />
Der zweite Joker beim Ganassi-Sieg war der<br />
dreifache IndyCar-Champion Scott Dixon,<br />
der in den letzten drei Stunden die Verantwortung<br />
im Sieger<strong>auto</strong> übernahm. Dixon war<br />
erstens der schnellste Ganassi-Pilot, zweitens<br />
sparte er mit viel Könnerschaft Kraftstoff, und<br />
drittens machte er nicht den geringsten Fehler,<br />
als ihm WTR-Pilot Jordan Taylor im direkten<br />
Duell über einen vollen Stint im Genick saß.<br />
Natürlich gehört es auch zu den Geschäftsregeln<br />
im Langstrecken<strong>sport</strong>, immer ein paar<br />
Extrapatronen im Lauf zu haben, wenn es am<br />
Schluss um die Beute geht: So hatten die beiden<br />
Ford-DP von Chip Ganassi einen klaren<br />
Topspeedvorteil gegenüber den Corvette-DP<br />
(siehe Analyse unten), was es natürlich viel<br />
leichter macht, die Spitze zu verteidigen.<br />
Ein genauer Blick in die nicht öffentlichen<br />
Detailsektorzeiten enthüllt zudem, dass die<br />
Ford-Turbomotoren offenbar auch bei der Beschleunigung<br />
leicht überlegen sind: Vom Herausbeschleunigen<br />
aus dem Infield ins Banking<br />
bis zum Bremspunkt der Bus-Stop-Schikane<br />
gewann der siegreiche Ganassi-DP im Schnitt<br />
der 50 schnellsten Sektoren gut anderthalb<br />
Zehntel auf den Wayne-Taylor-DP, und exakt<br />
die gleiche Marge kommt im Sektor, der von<br />
der Bus-Stop-Schikane bis zu Start-Ziel reicht,<br />
noch mal dazu.<br />
Betrachtet man nun die letzten drei Rennstunden,<br />
die außer einer letzten Gelbphase 20<br />
Minuten vor Rennende fast vollständig unter<br />
Grün abliefen, so war Scott Dixon im Mittel<br />
seiner zehn schnellsten Runden im Schnitt<br />
zwei Zehntel fixer als sein Gegenspieler Jordan<br />
Taylor. Und das Chip-Ganassi-Auto schaffte<br />
in den letzten vier Rennstunden acht seiner 50<br />
schnellsten Rennrunden – die Wayne-Taylor-<br />
Corvette-DP nur zwei. Man darf also davon<br />
ausgehen, dass das Ganassi-Team seine Ressourcen<br />
und die vorhandenen Vor teile punktgenau<br />
zum Rennende einsetzte – so, wie es<br />
sich für ein Topteam eben gehört.<br />
DP-Vorteile: Power und Abtrieb<br />
Zur Stärke von Ganassi kam die Schwäche der<br />
Gegner: Mitten im Zweikampf mit dem führenden<br />
Ganassi-Auto spannt man beim Verfolger<br />
Wayne Taylor Racing, dass ihr Pilot Jordan<br />
Taylor zu viel Fahrzeit hinterm Lenkrad<br />
verbracht hat. Daher muss man bei der letzten<br />
Gelbphase und trotz geschlossener Boxengasse<br />
nochmals die Pits anlaufen, den Fahrer tauschen<br />
– und hinterher auch noch einen Strafstopp<br />
absitzen.<br />
So fällt die Truppe von Taylor im Endspurt<br />
sogar noch von Platz zwei auf Position drei ab.<br />
Hat aber alles nichts geholfen, denn nach dem<br />
Rennen wird dem WRT-Auto von Jordan und<br />
Ricky Taylor sowie Max Angelelli trotzdem<br />
der dritte Platz aberkannt, denn Jordan Taylor<br />
saß während der letzten sechs Rennstunden<br />
4.17 Stunden hinterm Steuer – das erlaubte<br />
Maximum beträgt aber nur vier Stunden.<br />
Man könnte es zusammenfassend auch so formulieren:<br />
Nicht alle Gegner von Chip Ganassi<br />
Racing agieren auf dem Niveau von Chip<br />
Ganassi Racing.<br />
Bleibt die leidige Frage zu klären, wie es<br />
um die Balance bei den Einstufungen zwischen<br />
den Daytona-Prototypen und den<br />
LMP2-Wagen stand. Immerhin holte ja der<br />
Ligier-JS-PS2-Honda des Teams von Michael<br />
Shank die Pole Position. Er blieb im Rennen<br />
bis zur Halbzeit mit Mühe und Not und dank<br />
der vielen Gelbphasen in der Führungsrunde<br />
– danach spielten die Le-Mans-Prototypen<br />
dann aber wirklich keine Rolle mehr.<br />
Wir kennen das Muster vom letzten Jahr:<br />
Zwar hat die Balance of Performance tendenziell<br />
dafür gesorgt, dass die Daytona-Prototypen<br />
und die LMP2-Wagen über eine schnelle<br />
Runde halbwegs gleich schnell sind, doch<br />
im Rennen haben die DP weiterhin klar die<br />
Oberhand. Im Verkehr sind die DP-Turbotriebwerke<br />
von Ford und die großvolumigen<br />
DP-Sauger von Corvette den brustschwachen<br />
LMP2-Motoren überlegen. Dazu haben die<br />
Daytona-Prototypen mehr Abtrieb, die Kombination<br />
aus beiden Faktoren bringt Vorteile<br />
im direkten Duell – und natürlich im dichten<br />
Überrundungsverkehr der United SportsCar<br />
Championship.<br />
Außer bei den Topspeeds, wo die LMP2<br />
auf die Ford-Ganassi konstant zwischen 4 und<br />
6 km/h verloren, scheint der Nachteil der<br />
LMP2 jedoch kaum konkret in den Daten<br />
auf, denn reine Mittelwerte, also zum Beispiel<br />
der Durchschnitt der 50 schnellsten Runden<br />
oder der 50 schnellsten Sektorzeiten, erfassen<br />
den Nachteil nicht oder nur unzureichend –<br />
eben weil nur die schnellsten Zeiten zählen.<br />
!<br />
Im Detail<br />
24h-Rennen Daytona 2015: Rennanalyse Prototypenklasse<br />
Wir ersparen uns hier den Vergleich DP gegen<br />
LMP2, denn die Aussage ist immer die gleiche.<br />
Stattdessen steht das Duell Ford-Riley (Ganassi)<br />
gegen Corvette-DP (Action Express und Wayne<br />
Taylor) im Fokus. Wayne Taylor stellte zwar das<br />
schnellste Auto im Feld, doch das galt nicht für das<br />
letzte Renndrittel, wo Ganassi aufdrehte und sich<br />
dank cleverer Strategie und guter Spritspartaktik<br />
einen Vorteil herausarbeitete. Einmal in Führung,<br />
konnte das 02er-Auto die Spitze halten, auch dank<br />
der höheren Topspeeds und der tollen Performance<br />
von Pilot Scott Dixon. Ganassi verlor am Samstagabend<br />
gut zehn Minuten bei einer längeren Reparatur<br />
unter Gelb, konnte die Runde Rückstand aber<br />
schnell wieder wettmachen.<br />
Team/Fahrzeug Ø 100 schnellste Ø 20 % schnellste Ø 100 höchste Anzahl der Boxenstopps<br />
(Startnummer) Rennrunden Rennrunden Topspeeds Boxenstopps (Dauer)<br />
1. Ganassi-Riley-Ford-DP (#02) 1.40,290 min. 1.40,369 min. 309,8 km/h 34 51,00 Minuten<br />
2. Ganassi-Riley-Ford-DP (#01) 1.40,535 min. 1.40,583 min. 307,9 km/h 33 DNF<br />
3. Action-Express-Corvette-DP (#5) 1.40,472 min. 1.40,549 min. 305,8 km/h 30 49,12 Minuten<br />
4. Wayne-Taylor-Corvette-DP (#10) 1.40,253 min. 1.40,323 min. 305,6 km/h 33 40,46 Minuten<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 105