24H DAYTONA SAISONAUFTAKT USC Guter Saisonstart Dirk Werner, Bruno Spengler, Bill Auberlen und Augusto Farfus holten mit Platz zwei das Maximum für BMW Die alte LMP2-Leier Die LMP2-Autos wurden so eingestellt, dass sie über eine Runde schnell sind – aber nicht über die Renndistanz 106 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015
BMW-Sportchef Marquardt war zufrieden: mehr Topspeed, gute Performance, viele Punkte Eine weitere Auffälligkeit in diesem Zusammenhang: Während die DP von Ford und Corvette bis zum Rennende konstant schnell fahren konnten, fielen die LMP2 mit zunehmender Renndauer immer stärker ab: War der Ligier von Michael Shank im ersten Renndrittel noch gleich schnell wie die DP von Ganassi, fehlte im letzten Renndrittel fast eine volle Sekunde. Die beiden Fahrzeugkonzepte – es wurde schon oft genug gesagt und geschrieben – sind in Summe viel zu unterschiedlich, um in einer gemeinsamen Klasse gewertet zu werden. Die USCPrototypenklasse bleibt also ein fauler Kompromiss. GTE: Nur Corvette siegfähig? Für die GTEKlasse muss immerhin festgehalten werden, dass die Gesamtbalance deutlich besser funktionierte als in der Prototypenklasse. Alle GTEHersteller waren zumindest podestfähig, wenngleich in einem Rennen ohne besondere Vorkommnisse vermutlich nur Corvette auch wirklich siegfähig war. Betrachtet man die klassische Datenanalyse (siehe Kasten unten), so liegen BMW, Aston Martin und Porsche bei den 20 Prozent der schnellsten Rennrunden in einem engen Korridor von circa zwei Zehntelsekunden. Ferrari taucht wegen der frühen Ausfälle seiner beiden 458 GTE hier nicht auf – doch auch die Italiener fügten sich in dieses Delta. Auffällig aber, dass nur die beiden CorvetteC7.RWerkswagen beim Mittelwert unter 1.45 Minuten lagen. Die Differenz der siegreichen Corvette (<strong>#3</strong>) von Jan Magnussen, Antonio García und Ryan Briscoe zum zweitplatzierten BMW (#25) und zum schnellsten Porsche (#911) betrug jeweils knapp über zwei Zehntelsekunden. Das entspricht zwar nur einer Abweichung von 0,2 Prozent bei der Rundenzeit, doch BMWWerkspilot Dirk Werner, der im Schluss sprint nach der letzten Gelbphase gegen García um 0,478 Sekunden unterlag, ließ keinen Zweifel daran, dass er die Corvette nicht aus eigener Kraft hätte überholen können. Verantwortlich dafür sind weniger die TopspeedUnterschiede, die im Gegensatz zum letzten Jahr deutlich geringer ausfielen, als die bessere Beschleunigung der Corvette. BMWWerkspilot Lucas Luhr notierte: „Die Corvette ziehen beim Beschleunigen aus niedrigen Geschwindigkeiten erst weg, dann bleibt der Abstand konstant, um sich vor dem Bremspunkt wieder leicht zu reduzieren.“ Das wäre auch physikalisch gut zu erklären, denn mit 5,5 Litern Hubraum überflügelt Corvette die GTEWettbewerber BMW, Ferrari und Porsche um mindestens einen Liter. Umso verwunderter musste die Konkurrenz vor Daytona zur Kenntnis nehmen, dass das USWerksteam seine V8Restriktoren um jeweils 0,6 mm vergrößern durfte, obendrein lud man auch noch 25 Kilo Gewicht aus. Im Fahrerlager war man sich einig: Das war ein wenig zu viel des Guten. Corvette versteht es zudem, seine Vorteile so zu nutzen, dass man bei den Daten kaum auffällig wird. Als es im Schlussspurt gegen BMW eng wurde, schaffte García bei seinen zehn schnells ten Runden einen Schnitt von 1.44,6 Minuten – schneller als der Mittelwert im Rennen, schneller auch als der Mittelwert der Corvette im ersten Renndrittel. Dirk Werner schaffte bei seinen zehn schnellsten Rennrunden vor der letzten Gelbphase nur einen Mittelwert von 1.45,0 Minuten, war aber exakt genauso schnell wie im ersten Renndrittel. Corvette erzielte 20 seiner 50 schnellsten Rennrunden in den letzten vier Stunden – BMW schaffte in der gleichen Phase nur zwölf ihrer 50 schnellsten Runden. Ein Schuft, wer Arges dabei denkt? IMSA hat immerhin angekündigt, auf Basis der Daten von Daytona für den zweiten USCLauf in Sebring eine Neueinstufung zu erarbeiten. In aller Fairness sollte auch erwähnt werden, dass die siegreiche Corvette fast ohne Probleme durchs Rennen tingelte – mit der geringsten Boxenstoppzeit aller GTEWagen. Die Gegner stellten sich oft selbst ein Bein: BMW verlor in der Schlussphase bei einem Boxenstopp durch einen Kommunikationsfehler 30 Sekunden auf Corvette. Und Porsche, die beim Speed auf BMWNiveau lagen, wurde durch eine unglückliche teaminterne Kollision der WerksElfer ebenso zurückgeworfen wie durch zwei Motorschäden. Den Plan neu geplant: LMP2 Können wir da also wirklich von einer unangemessenen Bevorzugung der amerikanischen Hersteller sprechen? Beim ViperSieg in der GTDKlasse vermutlich schon. Corvette hatte in der GTEKlasse leichte Vorteile. Und ein LMP2Auto wird bei einem 24hRennen eh nie eine Chance gegen die DPPanzer haben. Und wie steht es um die Zukunft? Beim großen Meeting nach dem Rennen ruderten die Verschwörer wieder zurück. Ab 2017 bildet – wie geplant – die LMP2Klasse die Topkategorie der USC. Mit dem Unterschied, dass die Motoren freigestellt sind und die Her steller die Möglichkeit erhalten, eine Frontpartie zu homologieren, die den Look ihrer Straßen<strong>auto</strong>s nachempfindet. Die Vernunftehe wurde also nicht geschieden. ◾ ! Im Detail 24h-Rennen Daytona 2015: Rennanalyse GTE-Klasse Zur Rennanalyse wurden die Daten des jeweils besten Fahrzeugs einer Marke herangezogen. Ferrari fehlt in dieser Aufstellung, da beide Fahrzeuge früh ausfielen. Alle GTE-Hersteller hatten für den Saisonstart Zugeständnisse erhalten, meist in Form größerer Restriktoren und weniger Gewicht, mit Ausnahme von Porsche, weil sie beim letzten USC- Rennen in Atlanta 2014 das schnellste Auto stellten. Corvette stellte in Daytona das schnellste Auto, der Abstand zwischen BMW und Porsche war gering. BMW war erstmals bei den Topspeeds wettbewerbsfähig, dank eigener Aero-Entwicklung und größerer Restriktoren. Die Topspeeds wurden auf Höhe der Boxeneinfahrt gemessen und sind damit keine Maximalwerte, erlauben aber Vergleiche. Team/Fahrzeug Ø 100 schnellste Ø 20 % schnellste Ø 100 höchste Anzahl der Gesamtzeit in (Startnummer) Rennrunden Rennrunden Topspeeds Boxenstopps der Boxengasse 1. Corvette C7.R (<strong>#3</strong>) 1.44,716 min. 1.44,784 min. 291,1 km/h 28 36,05 Minuten 2. BMW Z4 GTE (#25) 1.44,948 min. 1.45,001 min. 292,1 km/h 29 43,27 Minuten 3. Porsche 911 RSR (#911) 1.45,001 min. 1.45,039 min. 290,5 km/h 27 3:22,57 Stunden 4. Aston Martin Vantage (#98) 1.45,225 min. 1.45,254 min. 290,5 km/h 32 3:48,04 Stunden <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 107