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Reihensechser und zwei V8 (4,4 oder 4,7<br />
Liter) zur Wahl. Die Kraftübertragung erfolgte<br />
serienmäßig per manuellem Dreiganggetriebe.<br />
Gegen Aufpreis gab es ein manuelles Viergang-Toploader-Getriebe<br />
sowie die Dreigang<strong>auto</strong>matik<br />
namens Cruise-O-Matic.<br />
Klack, Geschichtsstunde beendet – die historische<br />
Mustang-Tür öffnet mit mechanischem<br />
Begrüßungston. Reinplumpsen in den<br />
bequemen, kopfstützenfreien Ledersessel und<br />
erst mal genießen. Die von Digitalinstrumenten<br />
abgestumpften Sinne werden hier von sexy<br />
verchromten Analoganzeigen betört. Links die<br />
Tank- und rechts die Temperaturanzeige, dazwischen<br />
liegt der breit gefächerte 120-Meilen-<br />
Tacho. Drehzahlmesser? Trägt unser Pony<br />
nicht, da der Erstkäufer damals das 69,30 Dollar<br />
Aufpreis kostende Rally-Pac samt Drehzahlmesser<br />
links liegen ließ. Egal, auch ohne diese<br />
Anzeige wecken wir den 289er-V8 mit 4,7<br />
Litern Hubraum aus dem brummelnden Leerlaufdösen.<br />
Noch schlummern 225 SAE-PS.<br />
Ein Ruck am T-Bar genannten Wählhebel der<br />
Cruise-O-Matic, und das mit vollem Tank<br />
1318 Kilo schwere Coupé legt los.<br />
Gaspedal küsst Bodengruppe<br />
Schon küssen sich Gaspedal und Bodengruppe.<br />
Aus hintergründigem Blubbern wird sattes<br />
V8-Stampfen. Ein Trommelfell-Zerstörer ist<br />
der 230 Kilo schwere Windsor-V8 mit klassischer<br />
Vergasertechnik aber keineswegs. Überraschender,<br />
wie gut der Oldie am Gas hängt<br />
und aus dem Drehzahlkeller losmarschiert.<br />
Einziger Spielverderber aus <strong>sport</strong>licher Sicht:<br />
die Dreigang<strong>auto</strong>matik, die zwar kaum spürbar<br />
die Fahrstufen wechselt, aber über 100<br />
km/h, pardon, 62 Meilen pro Stunde, den<br />
Vortrieb zäh wie Kaugummi werden lässt.<br />
Während die Tachonadel fast unablesbar<br />
hin- und herzuckt, erobert das Pony-Car unsere<br />
Messstrecke auf der Hockenheimer Parabolica.<br />
Blick auf den Anachronismus, der in<br />
Form eines digitalen GPS-Messgerätes an der<br />
Windschutzscheibe hängt. Messwerte für den<br />
0–100-km/h-Sprint: Respekt, 8,2 Sekunden.<br />
Okay, den Kaugummiwert liefern wir auch:<br />
0–160 km/h in 25,5 Sekunden. Der aktuelle<br />
435-PS-V8 braucht dafür nur 10,8 Sekunden.<br />
Klassikfans werden unsere Längsdynamik-<br />
Orgie wahrscheinlich als <strong>auto</strong>mobile Vergewaltigung<br />
bezeichnen, aber wenn der V8-Opa<br />
schon hier ist, muss auch eine flotte Runde<br />
auf dem Kleinen Kurs drin sein. Lieber Mustang,<br />
wir wollen ja nicht gleich zu persönlich<br />
werden, dein geschüsseltes Dreispeichen-<br />
Lenkrad ist bildhübsch, aber die Präzision deiner<br />
leichtgängigen, gefühllos und indirekt<br />
übersetzten Lenkung dahinter ist gruselig.<br />
Eine viertel Umdrehung Lenkradeinschlag –<br />
und es passiert nichts. Mit der Sturheit der<br />
transkontinentalen Eisenbahn geht’s geradeaus<br />
weiter. Erst mit weiter ansteigendem Lenkwinkel<br />
lenkt der historische Mustang endlich ein.<br />
Die nächste fahrerische Herausforderung<br />
wartet hinter den damals Styled-Steel-Wheels<br />
genannten Original-Zubehörrädern. Serienmäßig<br />
trug der Mustang Radkappen, doch die<br />
<strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015 9