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VORSTELLUNG FORD GT<br />
Wer mit Ford-Ingenieuren über die Motorwahl<br />
für den GT diskutiert, bekommt gängige<br />
Glaubensgrundsätze aufgetischt: Der V6-Turbo<br />
baut kürzer, ist kleiner und damit leichter<br />
als der V8-Kompressor des Vorgänger-GT von<br />
2005. Außerdem liefert er mehr PS und mehr<br />
Nm pro Liter Hubraum und Kilogramm.<br />
Und natürlich ist er effizienter, sprich: Er säuft<br />
weniger. Aber wir wollen hier nicht wieder die<br />
Turbo-Verbreitung schelten – immerhin ist<br />
ein V6-Biturbo eine halbwegs originelle Variante<br />
des Downsizing.<br />
Auch bei der Aerodynamik des neuen Ford<br />
GT führte der Renn<strong>sport</strong> die Pinselstriche der<br />
Designer, alles ist mit Blick auf das GT-Reglement<br />
und Le Mans ausgelegt. Der Ford GT<br />
nutzt alle Tricks, um mit wenig Luftwiderstand<br />
zu glänzen: Die extrem kleine Stirnfläche<br />
wird für gute Topspeeds sorgen; die tiefen<br />
Einzüge zwischen den hinteren Radhäusern<br />
und dem Motorenabteil folgen Trends<br />
aus dem Prototypen<strong>sport</strong>; die beiden Gewölbepfeiler<br />
zwischen dem Dach und den hinteren<br />
Radhäusern kanalisieren den Luftstrom<br />
zum Heckflügel und zu den seitlich im Radhaus<br />
befindlichen Ladeluftkühlern.<br />
Weil der Ford GT mit einer Höhe von<br />
rund 1100 mm wieder ein echter Tiefflieger<br />
sein wird, dürfte die aerodynamische Effizienz<br />
– also Abtrieb bei Luftwiderstand – sowohl<br />
beim Straßen<strong>auto</strong> wie auch beim Rennableger<br />
extrem gut ausfallen. Nur im Straßen<strong>auto</strong> sind<br />
jedoch die aktiven Aero-Bauteile wie der<br />
Heckflügel erlaubt, dessen Stellung und<br />
Neigung je nach Fahrprogramm und Straßenzustand<br />
angepasst wird.<br />
Bedenkt man noch, dass der Ex-Prodrive-<br />
Techniker George Howard-Chappell, der einst<br />
die GT1-Rennwagen von Aston Martin entwickelte,<br />
heute beim kanadischen Spezialisten<br />
Multimatic im Auftrag von Ford die Grundlagenforschung<br />
für den GT lieferte und auch<br />
das Renn<strong>auto</strong> bauen wird, so darf man vermuten,<br />
dass sich die Gegner warm anziehen müssen.<br />
Einen ersten Erfolg hat der findige Ingenieur<br />
schon verbucht: Der Ford-Turbo-GT<br />
muss im Renn<strong>sport</strong> keine Luftmengenbegrenzer<br />
verwenden – zum großen Ärger der Saugmotorkonkurrenz<br />
von Porsche oder Corvette.<br />
Mit Carbon gegen Fettleibigkeit<br />
Neben Motor und Aerodynamik lag der dritte<br />
Fokus der GT-Entwicklung auf dem Gewicht.<br />
Ford peilt beim Leistungsgewicht ein Ziel von<br />
2,3 Kilo/PS an. Gehen wir von 600 PS aus,<br />
bedeutet das ein Leergewicht im Bereich von<br />
1400 Kilogramm – fast 200 Kilo weniger als<br />
beim Vorgänger. Erreicht wird dies durch üppige<br />
Verwendung von Kohlefaser: Das zentrale<br />
Monocoque ist komplett aus Carbon gefertigt,<br />
der Armaturenträger ist als tragendes Element<br />
integriert und ebenfalls aus Carbon. Nur der<br />
vordere und der hintere Hilfsrahmen bestehen<br />
aus Aluminium. Alle Karosserieteile sind wiederum<br />
aus Carbon gefertigt.<br />
Ford meint es ernst mit dem Leichtbau –<br />
sogar die Sitze sind starr ins Monocoque integriert,<br />
der Fahrer kann also nur Lenkrad und<br />
Pedalerie verstellen. Auch bei anderen Themen<br />
dominieren ungewöhnlich radikale Ansätze:<br />
Das Fahrwerk mit Doppelquerlenkern,<br />
Pushrods, Drehstabfederung, einstellbarer<br />
Fahrzeughöhe und extrem aufwendigen, im<br />
Renn<strong>sport</strong> entwickelten Multimatic-Stoßdämpfern<br />
zählt ebenso dazu wie Keramikbremsen<br />
rundum und Michelin-20-Zoll-<br />
UHP-Reifen der Spezifikation Super Sport<br />
Cup 2 – mit eigens für das Ford-GT-Modell<br />
entwickelter Konstruktion und Mischung!<br />
Während dem Vorgänger von 2005 der Ruf<br />
einer Poser-Karre anhaftete, stehen die Zeichen<br />
bei Ford jetzt auf Sturm: das interne<br />
Benchmarking positioniert den neuen GT<br />
gegen – Achtung! – den Ferrari 458 Speciale.<br />
So wird schlagartig klar, dass der radikale GT<br />
nichts weiter ist als ein Trackday-Auto. Es gibt<br />
also wieder Hoffnung – nur beim Preis leider<br />
nicht: 400 000 Dollar sind happig und fast<br />
dreimal so hoch wie beim Vorgänger. Ford<br />
glaubt, der Neue sei auch dreimal so gut. ◾<br />
DER V6-BITURBO DES FORD GT<br />
WURDE IM LANGSTRECKENSPORT<br />
ENTWICKELT UND ABGESPECKT<br />
Ausgeklügelte Aerodynamik<br />
Die Dachpfeiler kanalisieren<br />
die Luft zum Heckspoiler und<br />
zu den Ladeluftkühlern in den<br />
hinteren Radhäusern<br />
54 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015