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KOMMENTAR DIE PRESSE JAULT: AUDI KOMMT IN DIE FORMEL 1! WIRKLICH?<br />
AUDI IN DIE FORMEL 1?<br />
Marcus Schurig über die nicht enden wollenden Spekulationen zu einem<br />
Einstieg von Audi in die Formel 1, warum das jetzt noch Hirngespinste<br />
sind – und was passieren muss, damit aus Hirngespinsten Realität wird.<br />
Spätestens seit der Verpflichtung des<br />
ehemaligen Ferrari-Formel-1-Teamchefs<br />
Stefano Domenicali schießen die Spekulationen<br />
über einen möglichen Formel-<br />
1-Einsteig von Audi ins Kraut. Nein,<br />
nein, die Personalie habe andere Gründe,<br />
wehrt die Presse-Polizei ab. Audi-Boss Rupert<br />
Stadler kenne und schätze den Italiener sehr, er<br />
solle die italienischen Baustellen (Lamborghini,<br />
Ducati, Giugiaro) für die Ingolstädter ausfegen.<br />
Also fast ein Dienst unter Freunden.<br />
Allerspätestens seit der Berufung von Stefano<br />
Domenicali zum Präsidenten der Single<br />
Seater Commission der FIA brachen wieder<br />
alle Dämme. Nein, nein, das sei ein Missverständnis,<br />
FIA-Präsident Jean Todt kenne und<br />
schätze den Italiener sehr, daher die Berufung<br />
auf diese ehrenvolle Position. Also fast ein<br />
Dienst unter Freunden.<br />
Alles nur Blendgranaten? Was ist hier wahr<br />
– und was nicht? Zunächst sind die Spekulationen<br />
verständlich, denn der VW-Konzern entsendet<br />
aktuell lieber zwei Marken (Audi und<br />
Porsche) nach Le Mans als eine Marke in die<br />
Formel 1. Das scheint nicht sehr logisch, denn<br />
eine Marke wird dabei ja immer verlieren. Das<br />
kann bei Budgets im dreistelligen Millionenbereich<br />
auf Dauer nicht funktionieren, irgendwann<br />
werden die Shareholder die Frage stellen,<br />
was das soll.<br />
Und sie werden fragen, wo der Return of<br />
Investment liegt, denn der LMP1-Sport ist fast<br />
so teuer wie die Formel 1, bringt aber weniger<br />
Sichtbarkeit und Werbewert. Die BBC hat im<br />
Dezember folgende Rechnung aufgemacht:<br />
Mercedes investiere bis zu 200 Millionen Euro<br />
in die Formel 1 und bekomme einen Werbewert<br />
von drei Milliarden Dollar zurück – was<br />
natürlich nur stimmt, wenn man auch siegt.<br />
LMP1: toller Sport, kein Geschäft<br />
Porsche und Audi verfeuern angeblich auch<br />
bis zu 200 Millionen Euro für Le Mans und<br />
die Sportwagen-WM, aber es bekommt kaum<br />
einer mit, der Werbewert liegt laut BBC nur<br />
bei dürftigen 30 Millionen Euro – also kein<br />
gutes Geschäft. Insofern sind die Spekulationen<br />
zur Motor<strong>sport</strong>strategie des VW-Konzerns<br />
absolut nachvollziehbar. Jedoch ignorieren sie<br />
die wahren Machtverhältnisse im Konzern.<br />
Warum schickt der VW-Konzern zwei Marken<br />
nach Le Mans? Hämisch ausgedrückt: aus<br />
„Audi-Boss Stadler<br />
will in die F1, er<br />
hat eine Machbarkeitsstudie<br />
anfertigen<br />
lassen – aber er<br />
bestimmt nicht“<br />
Trotz. Bernie Ecclestone hat sich vor Jahren<br />
dem Drängen des VW-Konzerns verschlossen,<br />
den weltweiten Motor<strong>sport</strong> mit der Global<br />
Race Engine zu beglücken: Vierzylinder-<br />
Turbomotoren sollten flächendeckend und<br />
überall zum Einsatz kommen – in der F1, im<br />
LMP1-Sport, in der Tourenwagen-WM ebenso<br />
wie in der Rallye-WM. Bernie Ecclestone<br />
fand das fad und zog sein eigenes Ding durch.<br />
Seither ist der große Zampano auf der<br />
anderen Seite, Ferdinand Piëch, verschnupft.<br />
Die beiden Männer, die ihre Größe ebenso<br />
eint wie ihr Machtbewusstsein, haben seither<br />
angeblich kein Wort mehr miteinander<br />
gewechselt. Also schickt Piëch lieber zwei<br />
Marken nach Le Mans – ein Rennen, das<br />
er verehrt – als eine Marke in die Formel 1.<br />
Was nicht bedeutet, dass sich andere im<br />
Konzern ihre eigenen Gedanken machen.<br />
Audi-Boss Stadler will in die Formel 1, hat<br />
auch eine Machbarkeitsstudie anfertigen<br />
lassen, die jüngst im Vorstand diskutiert<br />
wurde. Aber der große Mann aus Salzburg<br />
hat es abgeschmettert. Er entscheidet in<br />
diesem Konzern – und niemand sonst.<br />
Kein F1-Engagement bis 2018<br />
Damit ist der VW-Konzern raus aus dem<br />
Thema Formel 1, mindestens für die nächsten<br />
drei Jahre, denn ein Formel-1-Einstieg würde<br />
Ressourcen und Vorausplanung benötigen, das<br />
geht nicht von heute auf morgen.<br />
Ein Insider formulierte etwas respektlos:<br />
„Bevor Bernie nicht ins Gras beißt, wird das<br />
nichts.“ Bernie Ecclestone, das ist eine reine<br />
Vermutung, würde vermutlich das Gleiche<br />
sagen – über seinen Widersacher. ◾<br />
RETURN TO SENDER<br />
Thema: Audi in die F1?<br />
Muss der zweitgröße Autohersteller der Welt in die<br />
Formel 1? Oder macht es mehr Sinn, zwei Marken<br />
nach Le Mans zu schicken? Der Autor freut sich auf<br />
Ihre Meinung: mschurig@motorpresse.de<br />
Illustration: ev-one<br />
124 <strong>sport</strong><strong>auto</strong>.de 3/2015