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Die Qual der Wahl - WiM

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SPECIAL: PERSONALWIRTSCHAFT<br />

ZEITARBEIT<br />

Flexible Personalpolitik<br />

<strong>Die</strong> Branche profi tiert stark vom wirtschaftlichen Aufschwung. Sorgen bereiten aber<br />

<strong>der</strong> Fachkräftemangel und die „Equal Pay“-Regelung.<br />

<strong>Die</strong> gute konjunkturelle Lage gibt <strong>der</strong><br />

Zeitarbeit Rückenwind, sie fährt auf<br />

Wachstumskurs. Das bestätigt auch<br />

die neueste Statistik <strong>der</strong> Bundesagentur für<br />

Arbeit (BA): Zum Stichtag 30. Juni 2010 waren<br />

in Deutschland rund 806 000 Leiharbeitnehmer<br />

beschäftigt, 196 000 mehr als zum<br />

Jahresende 2009. Auch in Bayern stehen die<br />

Zeichen auf Expansion: Zum 30. Juni 2010<br />

gab es hier knapp 136 000 Leiharbeitnehmer,<br />

27 Prozent mehr als Ende 2009.<br />

<strong>Die</strong> Zahlen belegen erneut die These, dass<br />

die Zeitarbeit ein wichtiger Seismograf <strong>der</strong><br />

wirtschaftlichen Entwicklung ist. Richard<br />

Hofmann bringt es an<strong>der</strong>s auf den Punkt:<br />

„Wir sind das Schmiermittel für den Konjunkturmotor.“<br />

Der Grün<strong>der</strong> und Geschäftsführer<br />

<strong>der</strong> in Nürnberg ansässigen addon<br />

Personal- und Lösungen GmbH ist seit vier<br />

Monaten <strong>der</strong> Bezirkssprecher des BZA (Bundesverband<br />

Zeitarbeit Personal-<strong>Die</strong>nstleistungen<br />

e.V.). Der 37-Jährige betont, dass sich<br />

die Zeitarbeit in vielen Branchen zum unver-<br />

26 02 | 11<br />

zichtbaren Instrument einer fl exiblen Personalpolitik<br />

entwickelt habe.<br />

<strong>Die</strong> Talsohle <strong>der</strong> Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

2008/2009 haben die Zeitarbeitsunternehmen<br />

schon längst durchschritten; sie<br />

freuen sich über ein gutes zweites Halbjahr<br />

2010. So auch die Einschätzung von Petra Eisen,<br />

Geschäftsführerin von Eisen Personal<br />

Service in Nürnberg. Wie die bayerische Landessprecherin<br />

des Interessensverbands Deutscher<br />

Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) erklärt,<br />

sei <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>aufl ebende Boom <strong>der</strong> Zeitarbeit<br />

vor allem auf die Nachfrage aus den<br />

Branchen Automotive, Elektrotechnik sowie<br />

Maschinen- und Anlagenbau zurückzuführen:<br />

„<strong>Die</strong>se Branchen melden uns einen stark<br />

wachsenden Bedarf an Facharbeitern und<br />

angelernten Kräften.“ Auch in <strong>der</strong> Logistik<br />

würden wie<strong>der</strong> viel Beschäftigte gebraucht.<br />

Fachkräftemangel<br />

<strong>Die</strong> Auftragslage bereitet den meisten iGZ-<br />

und BZA-Mitgliedsbetrieben deshalb aktuell<br />

keine Sorgen, wohl aber die ersten Anzeichen<br />

des Fachkräftemangels auf dem Arbeitsmarkt.<br />

„Es wird auch für uns immer<br />

schwieriger, geeignetes Personal zu<br />

fi nden“, stellt Petra Eisen fest.<br />

<strong>Die</strong>se Herausfor<strong>der</strong>ung können<br />

die Zeitarbeitsunternehmen<br />

nur meistern,<br />

wenn sie in die Personalentwicklunginvestieren.<br />

Wie die<br />

iGZ-Landessprecherin<br />

berichtet,<br />

gibt es inzwischenzunehmendAngebote,<br />

um beispielsweise<br />

Helfer durch<br />

Zusatzqualifi<br />

kationen fi t<br />

für die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Kundenunternehmen<br />

zu machen.<br />

Ein Stichwort,<br />

das bei Personaldienstleisterngemischte<br />

Gefühle auslöst,<br />

ist „Equal Pay“, also die gesetzliche<br />

Festlegung, dass<br />

Stammbelegschaft und Leih-<br />

arbeitnehmer, die in einem Unternehmen<br />

dieselben Aufgaben erfüllen, gleich entlohnt<br />

werden sollen. Richard Hofmann bezeichnet<br />

sich zwar als energischer Verfechter des Prinzips<br />

„gleicher Lohn für gleiche Leistung“,<br />

lehnt aber die Equal-Pay-Initiative ab:<br />

Stammmitarbeiter mit einigen Jahren Erfahrung<br />

an einem Arbeitsplatz arbeiteten effi zienter,<br />

und das müsse sich auch in <strong>der</strong> Bezahlung<br />

wi<strong>der</strong>spiegeln. Das Argument, dass<br />

ohne Equal-Pay-Gesetzgebung Unternehmen<br />

ihre Stammbelegschaft durch billigere<br />

Leiharbeiter ersetzen, hält Hofmann nicht<br />

für stichhaltig. Zeitarbeit sei für den Großteil<br />

<strong>der</strong> Unternehmen im Wesentlichen ein Instrument,<br />

um fl exibel auf Nachfragespitzen zu<br />

reagieren, Teams für zeitlich begrenzte Projekte<br />

zu rekrutieren o<strong>der</strong> den Prozess <strong>der</strong> Personalsuche<br />

zu vereinfachen.<br />

Vielfältige <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

BZA-Sprecher Hofmann ärgert sich, dass die<br />

wenigen Ausnahmefälle, die Zeitarbeit als<br />

Mittel zur Lohndrückerei <strong>der</strong> Stammbelegschaft<br />

missbrauchen, das Image <strong>der</strong> gesamten<br />

Branche beschädigen. Das Klischee von <strong>der</strong><br />

Schmuddelecke des Arbeitsmarktes verstelle<br />

den Blick auf differenzierte Entwicklungen:<br />

„<strong>Die</strong> Zeitarbeit beschränkt sich schon lange<br />

nicht mehr darauf, auf die Schnelle Mitarbeiter<br />

heranzuschaffen, son<strong>der</strong>n übernimmt für<br />

Unternehmen komplexe Aufgaben im Personalmanagement<br />

wie Recruiting, Mitarbeiterentwicklung<br />

und Weiterbildung. Zeitarbeitsfi<br />

rmen sind zugleich Arbeitgeber, Ausbil<strong>der</strong>,<br />

Türöffner und Karriereberater.“<br />

Gerade von den Rollen als „Türöffner“ und<br />

„Karriereberater“ können Bewerber profi tieren:<br />

<strong>Die</strong> Zeitarbeit ebnet nicht wenigen Kandidaten<br />

den Weg für den (Wie<strong>der</strong>-)Einstieg<br />

in den Arbeitsmarkt. Von den 806 000 Zeitarbeitern<br />

(Stichtag 30. Juni) kamen 326 000 direkt<br />

aus <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit. Aber auch für in<br />

einer Festanstellung „etablierte“ Arbeitnehmer<br />

wie Techniker o<strong>der</strong> Ingenieure sind Personaldienstleister<br />

immer häufi ger Anlaufstelle,<br />

wenn sie ihrem Berufsweg eine neue Richtung<br />

und neuen Schwung geben wollen: „Gerade<br />

die Gruppe <strong>der</strong> 35- bis 50-Jährigen ist<br />

bei uns gut vertreten“, berichtet Richard Hofmann.<br />

<strong>Die</strong>ser Klientel bieten Personaldienstleister<br />

den Vorteil, dass sie gute Kontakte zu<br />

den Personalverantwortlichen haben und<br />

deshalb auch die Stellen kennen, die nicht in<br />

Zeitungsanzeigen o<strong>der</strong> Internet-Stellenbörsen<br />

auftauchen. aw. ■<br />

Foto: Kaarsten/Fotolia.com

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