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Leben in Saus & Braus

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Die andere Seite: E<strong>in</strong> <strong>Leben</strong><br />

Mal eben beim Liebl<strong>in</strong>gs-Ch<strong>in</strong>esen das Buffet stürmen, danach e<strong>in</strong> dickes Eis und abends noch das neueste<br />

Smartphone im Internet bestellen. Über solchen Luxus kann Michael Wies (31) aus Coesfeld nur lächeln. Er hat<br />

sich für e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> Armut entschieden. Das ist e<strong>in</strong>es der Gelübde, an die er sich als Kapuz<strong>in</strong>ermönch halten<br />

muss. Gerade geht für ihn e<strong>in</strong> Auslandsaufenthalt auf den Philipp<strong>in</strong>en zu Ende.<br />

Wenn du mit Freunden außerhalb des Ordens sprichst, haben<br />

die dann eher Mitleid oder beneiden sie dich um de<strong>in</strong>e<br />

Entscheidung für e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> im Kloster?<br />

Das hängt immer davon ab, welche Rolle für sie der Konsum<br />

und das Geld spielen. Die Entscheidung für e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong><br />

im Kloster stellt für viele heute e<strong>in</strong>e Herausforderung<br />

dar. Deshalb erlebe ich sowohl Bewunderung, als auch<br />

Ablehnung.<br />

Wie kommt ihr Kapuz<strong>in</strong>er an <strong>Leben</strong>smittel?<br />

Wir leben von Spenden und unserer Arbeit. Mit dem Geld<br />

kaufen wir, wie jeder andere auch, die meisten Alltagsd<strong>in</strong>ge<br />

e<strong>in</strong>. Wir haben aber auch Mitbrüder, die im Garten<br />

tätig s<strong>in</strong>d und wir ernten frisches Obst und Gemüse.<br />

Hast du auch e<strong>in</strong> persönliches Budget, über das du<br />

verfügen kannst?<br />

Ja, das habe ich. Wenn ich zum Beispiel Freunde treffe,<br />

kann ich mir auch mal e<strong>in</strong> Eis kaufen. Vor jedem Kauf stelle<br />

ich mir aber die Frage: Brauche ich das wirklich? Wozu<br />

dient das?<br />

Vermisst du irgendwelche Sachen, die du früher e<strong>in</strong>fach so<br />

kaufen konntest?<br />

Ne<strong>in</strong>, ich vermisse nichts. Ich b<strong>in</strong> heute sogar zufriedener<br />

und ausgeglichener. Man rennt nicht mehr jedem Trend<br />

h<strong>in</strong>terher. Die D<strong>in</strong>ge, die ich für me<strong>in</strong>e Arbeit benötige,<br />

stellt mir die Geme<strong>in</strong>schaft zur Verfügung.<br />

Du bist gerade auf den Philipp<strong>in</strong>en. Was hast du dort über<br />

Armut und Luxus gelernt?<br />

Hier auf den Philipp<strong>in</strong>en leben viele Menschen <strong>in</strong> bitterer<br />

Armut. Für die ist es Luxus, etwas zu essen zu haben.<br />

Gleichzeitig entstehen im ganzen Land riesige<br />

E<strong>in</strong>kaufszentren. So riesig und sauber. Da wird E<strong>in</strong>kaufen<br />

und Ausgehen richtig zelebriert. Hier trifft man die<br />

Mittel- und Oberschicht. Um re<strong>in</strong>zukommen, muss man<br />

Passkontrollen durchlaufen. Es wird geschaut, dass nur<br />

gut gekleidete Menschen E<strong>in</strong>lass f<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher<br />

Familienvater könnte hier nicht e<strong>in</strong>kaufen.<br />

Fiel es dir schwer, dich an die <strong>Leben</strong>sverhältnisse auf den<br />

Philipp<strong>in</strong>en zu gewöhnen?<br />

Die Verhältnisse s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>facher – aber auch bereichernd.<br />

Man kann viel von den Menschen lernen, die Tage im Alltag<br />

praktisch anzugehen. Ich b<strong>in</strong> gerne hier und genieße<br />

die Gastfreundschaft. Die Menschen zeigen mir, wie man<br />

sorgsamer mit D<strong>in</strong>gen umgehen kann. Sie werfen nur<br />

ungern etwas weg. E<strong>in</strong>en kaputten Gegenstand reparieren<br />

sie tausendmal. Man ist hier nie alle<strong>in</strong>e.<br />

Vermisst du irgendwelche D<strong>in</strong>ge, die du <strong>in</strong> Deutschland<br />

hattest?<br />

Spontan fällt mir nichts e<strong>in</strong>. Ich f<strong>in</strong>de es viel spannender,<br />

sich auf e<strong>in</strong> Land e<strong>in</strong>zulassen – und auf das, was es hier<br />

gibt. Es ist e<strong>in</strong> Geschenk, <strong>in</strong> die asiatische Kultur e<strong>in</strong>tauchen<br />

zu dürfen. Und wenn man dann mal nur Wasser

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