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<strong>Die</strong> Schatten der Felsen bedecken das Tal und hüllen es in samtiges<br />
Dunkel. Doch die Gipfel, hoch oben über allem, glänzen und gleißen<br />
in kalter, weißer Pracht. Diamantengleich funkelt das Eis an den Hängen.<br />
<strong>Die</strong> Luft gefriert zu Blau, der Himmel scheint endlos. Es ist Winter.<br />
TEXT: ANKE BRACHT<br />
LIFESTYLE I GESPÜR FÜR SCHNEE<br />
Ein Gespür<br />
für<br />
Schnee<br />
„<strong>Die</strong> Wiege aller Silbertöne“ nannte Friedrich Nietzsche die winterlich verschneite Schweiz,<br />
denn er wusste: Weiß ist nicht einfach Weiß. Wie um den Beweis anzutreten, rollt der<br />
Glacier-Express seit 77 Jahren und unbeirrbar durch atemraubende Winterlandschaften,<br />
über elegante Viadukte und meterhoch verschneite Alpenpässe. Und siehe da: Das Kaleidoskop<br />
an Weißtönen scheint unendlich. <strong>Die</strong> Zahl der Tunnel, die die in Schweizerrot getauchte<br />
Bahn dabei natürlich auch durchfährt, ist mit 91 angegeben. Der Reisende hat also<br />
viel zu staunen und zu genießen auf seinem Weg von Zermatt nach Davos und St. Moritz<br />
– um nur eine der Reiserouten zu nennen, die die Rhätische Bahn durch diese majestätische<br />
Bergwelt anbietet.<br />
Wer ebendiese Route wählt, besteigt den Zug direkt zu Füßen des Matterhorns, in Zermatt.<br />
Das einzige moderne Verkehrsmittel übrigens, denn Zermatt ist bis heute motorfahrzeugfrei<br />
und verweist für Transport auf Kutsche und Schlitten. Bis zum Ziel, dem Piz Bernina<br />
bei St. Moritz, bleiben der Schweizer Bergwelt nun mehr als sieben Stunden Zeit, um sich<br />
den dahingleitenden Gästen im Glacier-Express von ihren schönsten Seiten zu zeigen.<br />
Der rotgelackte Zug indes scheint keine Eile zu haben. Mit stoischer Langsamkeit<br />
nimmt er, eng an seine Schienen geschmiegt, Biegung um Biegung und zeigt dem Betrachter<br />
im glasbedachten Waggon eine Welt aus Ruhe und Licht und Schnee. Da sind<br />
leichte, fl aumweiße Decken, die sich schützend über Almwiesen breiten, ein kantiger<br />
Block, eishart gefroren, spiegelnd. Und da, ein Gletscher… Kurz vor Davos beginnt es ein<br />
wenig zu schneien. <strong>Die</strong> zarten Kristalle zerlaufen an den Fensterscheiben der Wagen, und<br />
der Reisende lernt: Der Schnee in den Schweizer Alpen hat viele Gesichter. Und die wollen<br />
entdeckt werden. Wem dazu die Muße fehlt, der könnte die Brücken auf der Reise zählen.<br />
Es sind 291 bis St. Moritz.<br />
I NVESTING I OKTOBER 2007 49