60 I NNVESTING V E S T I N G I OOKTOBER K T O B E R 22007 0 0 7
<strong>Die</strong> meisten Frauen können ohne sie nicht mehr leben. Handtaschen sind nicht einfach nur Behältnisse unserer persönlichen Lebensnotwendigkeiten für die nächsten paar Stunden fern von zu Hause. Sie sind Hüter unserer Geheimnisse, Begleiter in wichtigen Lebenslagen, unser Security-Blanket. Sie sind Ausdruck unserer Persönlichkeit, Laune und der Saison. TEXT: KATHARINA VON DER LEYEN FOTOS: ATTILA HARTWIG Manche Frauen verwenden ihre Handtasche als eine Art Überlebenskoffer, in denen sich Dinge fi nden wie: Make-up, Notizbücher, Romanbändchen, Miniausgaben von Frauenzeitschriften, Haarbänder, Parfümfl aschen, Hundespielzeug, Kugelschreiber, Pfefferminzbonbons, Haarspray, Kaugummis, Diktiergeräte, Handyhüllen ohne Handy, jahrealte, überfl üssige Proben aus Parfümerien, je nachdem entweder Schnuller oder kleine Hundekauknochen oder beides, ein vergessener iPod, Visitenkarten von Menschen, an die man sich längst nicht mehr erinnert, und hoffentlich die Visitenkarte eines Chiropraktikers. Andere sind geradezu puritanisch: <strong>Die</strong> Handtasche als Behältnis für Lippenstift, Handy, Kreditkarte, Autoschlüssel, Schluss. Vorbei die Zeiten, als man gerade mal zwei besaß: eine für täglich – möglichst in neutralem Schwarz, Dunkelbraun oder Beige gehalten – und eine „für gut“: eine kleine, unauffällige Abendtasche, die möglichst anpassungsfähig zu jedem Abendoutfi t passen sollte. Handtaschen sind die neuen Schuhe, das ultimative Accessoire, das die Trägerin mit Instant-Glamour versieht, ganz ohne Peeling oder Diät. Für die meisten Frauen besitzen Handtaschen magische Kräfte. Handtaschen werden zu Fetischen, wie man das bisher nur von Schuhen kannte, es gibt Blogs, die sich mit nichts anderem als Handtaschen beschäftigen und wo die User diskutieren, wie einzelne Taschen von anderen gesehen und bewertet werden, welcher Trend befolgt, welcher unbedingt ignoriert werden muss, ob man wirklich rosa Handtaschen tragen kann und bei wem man das allerneueste Must-Have gesehen hat. Handtaschen haben Schuhe, Jeans und Schmuck als Statement-Accessoire längst überholt. Alle 30 Sekunden wird bei Ebay eine Frauenhandtasche ersteigert, der Umsatz von Handtaschen hat sich seit 2003 jedes Jahr um zehn Prozent gesteigert. Mittlerweile machen die großen Modefi rmen ihren Umsatz nicht mehr mit ihrer Bekleidung, sondern den Accessoires, die die jeweilige Firma und deren Status symbolisieren; absurd, aber Tatsache. Handtaschen sind das tragbarste, vorzeigbarste aller Accessoires, ein kompaktes Abbild von Stil und Stellung der jeweiligen Trägerin. Heutzutage spricht die Handtasche Bände über unser persönliches Modeempfi nden und verrät dem, der genau hinsieht, wer wir sind, was wir machen und was wir sein wollen. LIFESTYLE I HANDTASCHEN Gucci, Hermès, Chloé, Yves Saint Laurent? Bei Labels wie Gucci, Prada, Tod’s, Chloé oder Bottega Veneta werden für eine vernünftige Taschengröße ab 1.000 Euro aufwärts bezahlt. Wem das viel vorkommt, der sollte bedenken, dass nicht nur die Designs und ihre Machart unwiderstehlich sind: Taschen können harte Frauenherzen zum Schmelzen bringen, böse Hexen in gurrende Täubchen verwandeln und It-Girls in Frauen mit Wiedererkennungswert, und das ist beinahe unbezahlbar. Mit bestimmten Handtaschen gehört man zu einem bestimmten Klub: gut, besser oder unerreichbar. Handtaschen werden zu Fetischen, wie man das bisher nur von Schuhen kannte, Blogs beschäftigen sich mit nichts anderem als Handtaschen. Ausgelöst haben den Taschen-Craze die Herrschaften von Louis Vuitton. <strong>Die</strong> waren es leid, dass ihre Taschen so gut kopiert wurden, dass sie das Original fast erreichten, erhältlich für einen Bruchteil des eigentlichen Preises bei Straßenhändlern von Madison Avenue bis zu den Sandstränden der Costa Smeralda. LV entwarf daraufhin Taschen, die so aufwendig hergestellt wurden, dass es unmöglich wurde, sie einfach zu kopieren: <strong>Die</strong>se Taschen machte ihnen so schnell keiner nach. <strong>Die</strong> Damen der Hautevolee waren begeistert: Nun hatte es wirklich einen Sinn, 2.000 Euro für eine Handtasche zu bezahlen, weil auf den allerersten Blick erkennbar war, was man sich wert war. <strong>Die</strong> anderen Designerlabels zogen bald nach und erschufen ihre eigenen Klassiker: Als Galliano die Saddle Bag für Dior kreierte, war sie eigentlich als Saisonartikel geplant. Aufgrund des großen Erfolgs gibt es sie nun in jeder Saison neu erfunden mit winzigen Abweichungen. Klassiker sind dabei in Wirklichkeit natürlich andere Taschen: allen voran die Kelly und die Birkin Bag von Hermès. <strong>Die</strong> Kelly Bag ist eine trapezförmige Tasche mit festem Boden, die Hermès bereits in den 30er Jahren herausgebracht hat. Als Grace Kelly zur Verlobung mit dem Grimaldi-Fürsten Rainier diese Tasche trug und später immer wieder mit verschiedenen Ausgaben der Tasche auf- I NVESTING I OKTOBER 2007 61