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2010 - Haus Schlesien

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Geschichte BRIEF AUS DEM HAUS SCHLESIEN – SEPTEMBER <strong>2010</strong><br />

Werners „Scenographia“<br />

Aufmerksamen Besuchern des HAU-<br />

SES SCHLESIEN ist sicherlich schon<br />

aufgefallen, dass seit einiger Zeit im<br />

Treppenaufgang zur Wechselausstellung<br />

großformatige Drucke mit schlesischen<br />

Veduten hängen. Sie sind<br />

wegen ihrer prächtigen Kolorierung<br />

eine Augenweide. Dabei handelt es<br />

sich um Kupferstiche des Nürnberger<br />

Verlags Homann Erben, die 1737 unter<br />

dem Titel „Scenographia Urbium<br />

Silesiae“ auf den Markt gebracht worden<br />

waren. Das HAUS SCHLESIEN<br />

ist seit einigen Jahren stolzer Besitzer<br />

der sehr seltenen Kupferstichdrucke.<br />

Die Entwürfe stammen von dem bedeutenden<br />

schlesischen Vedutenzeichner<br />

Friedrich Bernhard Werner<br />

(1690-1776). Er führte ein unstetes<br />

Wanderleben, das ihn quer durch Europa<br />

führte. Während dieser langjährigen<br />

Reisen hielt er in seinem Skizzenbuch<br />

viele Stadtansichten, öffentliche<br />

Bauten, Kirchen und Klöster<br />

fest. Nach seinen Entwürfen „ad vivum“<br />

produzierten die Augsburger<br />

Verleger Wolff, Leopold, Engelbrecht<br />

und Merz ihre Kupferstichdrucke von<br />

deutschen Städten.<br />

Eine nicht alltägliche Reise aus<br />

der Vergangenheit<br />

Am 02.10.1999 wurde mit der polnischen<br />

Staatsbahn PKP eine Reise<br />

nach Jesenik/Freiwaldau in Tschechien<br />

organisiert.<br />

Die Reise erfolgte im Rahmen der 200-<br />

Jahr-Feier zu Ehren von Herrn Vincenz<br />

Priessnitz. Die Fahrt begann an der alten<br />

schlesischen Eisenbahnmetropole<br />

Königszelt und führte über Schweidnitz<br />

– Reichenbach – Neisse – Bad Ziegenhals<br />

nach Freiwaldau. Morgens gegen<br />

4.30 Uhr setzte sich die alte deutsche<br />

Lok aus der Baureihe 5, Baujahr 1921,<br />

in Berlin gebaut, mit 9 Wagen, angefangen<br />

von alten, preußischen Abteilwagen<br />

bis zu alten, restaurierten, polnischen<br />

Modellen, in Bewegung. Die alte<br />

Lok, bestens gepflegt und betriebsbereit<br />

gehalten von dem polnischen Lokpersonal<br />

auf dem Bahnhof Königszelt,<br />

bewältigte mit Bravour die bergige Strecke.<br />

An der Grenze wurde nach dem<br />

Wasserfassen mit Hilfe der örtlichen<br />

Feuerwehr noch der Salonwagen des<br />

tschechischen Staatspräsidenten an erster<br />

Stelle hinter die Lok gekoppelt.<br />

Nun ging es mit Volldampf und laufendem<br />

Kohleschaufeln auf der Lok mit<br />

dem langen Zug auf der eingleisigen<br />

18<br />

Lateinschule Maria-Magdalena in Breslau, Friedrich Bernhard Werner 1737<br />

Im Jahre 1739 wurde Werner als „Hofgeometer“<br />

und „Scenograph“ des<br />

preußischen Bau- und Landbau-Departements<br />

der Kriegs- und Domänenkammer<br />

in Breslau sesshaft. In<br />

Zedlers Universal-Lexikon 1748 liest<br />

man über Werner, dass „wir von ihm<br />

einen accuraten Abriß und Vorstellung<br />

der merkwürdigsten Prospecte<br />

sowohl der berühmtesten und prächtigsten<br />

Plätze als Kirchen und anderer<br />

publiquen Gebäude der Welt-gepriesenen<br />

Stadt Breslau, nach der Natur<br />

Bergstrecke Richtung Tschechien. Die<br />

Lok musste mit dieser Anhängelast gewaltig<br />

arbeiten. In der Steilstrecke kamen<br />

wir fast zum Stillstand. Nur durch<br />

die gekonnte Arbeit des polnischen<br />

Lokführers aus Königszelt bewegte uns<br />

die Lok mit äußerster Kraft über die<br />

Steilstrecke. Sicherheitshalber fuhr in<br />

gebührendem Abstand eine kleine Motordraisine<br />

mit Werkzeug und Reparaturpersonal<br />

in der Steilstrecke bis nach<br />

Tschechien hinter uns her. Wir nahmen<br />

diesem Gefährt aber total die Sicht<br />

durch den gewaltigen Dampfausstoß<br />

unserer alten Dampflok. Es entstand eine<br />

richtige Nebelwand.<br />

Mit der geschmückten Lok, dem Jubiläums-Schild<br />

und dem Bild von Vincenz<br />

Priessnitz liefen wir im Bahnhof<br />

Freiwaldau-Jesenik ein. Wir wurden<br />

vom tschechischen Fernsehen und vielen<br />

Zuschauern begrüßt. Die auf dem<br />

Bahnhof stehenden tschechischen<br />

Dampfloks begrüßten uns mit anhaltendem<br />

Pfeifkonzert. Ein Besuch des<br />

bestens gepflegten Sanatoriums war<br />

selbstverständlich in unserem Besuchsprogramm<br />

enthalten. Nach fünfstündigem<br />

Aufenthalt traten wir die<br />

Rückreise an. Wir hatten nun wieder<br />

Gelegenheit, das polnische Lokpersonal<br />

etwas zu unterstützen. Nachdem<br />

und Situation auf das fleißigste gezeichnet“<br />

erhalten haben. Eines seiner<br />

Hauptwerke, die umfangreiche<br />

Topographie von <strong>Schlesien</strong>, umfasst<br />

eine Fülle an schlesischen Veduten,<br />

die auf elf großen Tafeln der „Scenographia“<br />

gedruckt wurden; sie zieren<br />

nun den Treppenaufgang des HAU-<br />

SES SCHLESIEN.<br />

Manfred Spata<br />

der tschechische Lotse von Bord gegangen<br />

war, übernahmen wir die<br />

Brennstoff- und Wasserversorgung der<br />

Lok. Unaufhörlich musste wieder die<br />

im Tender befindliche Steinkohle in die<br />

Feuerbüchse geschaufelt werden. Bei<br />

unserem zu beobachtenden Dampfdruckmanometer<br />

mit einer Druckanzeige<br />

von 15 Bar und voller Leistung<br />

der Lok hatten wir einen enormen<br />

Wasserverbrauch, was dann dazu führte,<br />

dass wir in Neisse unerwartet Wasser<br />

fassen mussten. Aber es war keine<br />

Wasserfüllstation für Dampfloks mehr<br />

in Betrieb. Mit einem starken Schlauch<br />

haben wir dann den Wasserkasten der<br />

Lok gefüllt. Rußgeschwärzt kamen wir<br />

nach einem erlebnisreichen Tag und<br />

schönem Wetter gegen 23.00 Uhr wieder<br />

an dem alten Lokschuppen im<br />

Bahnhof Königszelt zum Stillstand. Ohne<br />

Probleme hat die alte Lok die Hinund<br />

Rückreise überstanden. Sie steht<br />

nun wieder unter pflegenden Händen<br />

des polnischen Lokpersonals im alten<br />

Ringschuppen des ehemaligen Bahnbetriebswerks<br />

Königszelt. Danke, liebe,<br />

alte Lok. Ein paar schlesische Dampf -<br />

lok fanatiker aus Berlin und Neuss halten<br />

Dich in Erinnerung und werden<br />

Dich demnächst wieder besuchen.<br />

Reinhard Blaschke

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