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Schana Tova - Abraham Geiger Kolleg

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Bücher<br />

Ein Blick zurück – Neuerscheinungen zur deutsch-jüdischen Geschichte<br />

Meike Berg: Jüdische Schulen in Niedersachsen.<br />

Tradition-Emanzipation-Assimilation. Böhlau<br />

Verlag, Wien-Köln-Weimar 2003, 287 S.<br />

Aufklärerische Schulreform meint in der<br />

Erziehungs- wie in der Geschichtswissenschaft<br />

vor allem die schulischen Reformen, die in den<br />

deutschen Kleinstaaten seit den 1760er und<br />

1770er Jahren von christlichen Pädagogen,<br />

Beamten und Kirchenmännern durchgeführt<br />

wurden. Kaum bekannt ist dagegen, dass es<br />

in der deutsch-jüdischen Bildungsgeschichte<br />

vergleichbare Ansätze zur Erziehungsreform<br />

gegeben hat, die parallel zur christlichen<br />

Entwicklung verliefen und von der jüdischen<br />

Aufklärung, der Haskala, ausgingen. Meike<br />

Berg verfolgt in ihrer Studie die Geschichte der<br />

Jacobson-Schule in Seesen (1801-1922) und der<br />

Samsonschule in Wolfenbüttel (1807-19289<br />

– zwei Freischulen, in der jüdische Kinder aus<br />

armen Verhältnissen unentgeltlich aufgenommen<br />

wurden. Die Jacobson-Schule wurde Vorbild<br />

für soziale und religiöse Neuerungen in der<br />

jüdischen Lebenswelt weit über Niedersachsen<br />

hinaus und war die erste Simultanschule, die<br />

auch christliche Schüler aufnahm. (H. B.)<br />

<strong>Schana</strong> <strong>Tova</strong>!<br />

Dipl. Pol. Matthias Cohn<br />

Human Resources Management<br />

Personal- und<br />

Organisationsentwicklung<br />

Beratung – Training – Coaching<br />

www.cohnsulting.de<br />

info@cohnsulting.de<br />

Andreas Brämer: Judentum und religiöse Reform.<br />

Der Hamburger Israelitische Tempel 1817–1938,<br />

Dölling und Gallitz Verlag. Hamburg 2000, 304 S.<br />

„Die ersten Erneuerer des Judentums hatten<br />

nicht die Absicht, eine eigene „reformierte“<br />

jüdische Glaubensgemeinschaft zu gründen“,<br />

sagte Michael A. Meyer bei seinem Berliner<br />

Festvorrag im Juli. „Sie glaubten an die Möglichkeit<br />

der Entstehung eines einzigen modernen<br />

Judentums, das potentiell alle im Westen<br />

lebenden Juden einschlösse. Sehr bald jedoch<br />

wurde deutlich, dass selbst unter Juden, die<br />

der europäischen und deutschen Gesellschaft<br />

und Kultur angehören wollten, tiefgreifende<br />

Meinungsverschiedenheiten über Wesen und<br />

Umfang der verbleibenden jüdischen Sphäre<br />

bestanden. Der Hamburger Tempelverein, der<br />

im Jahre 1817 gegründet worden war, zog mit<br />

seinem reformierten Gottesdienst nur einen<br />

vergleichsweise kleinen Teil der Juden der<br />

Stadt an, während die traditionsverhaftete Gemeinde<br />

ihre eigenen, wenn auch eingeschränkten<br />

Anpassungen an die Moderne vollzog..<br />

So haben wir in Hamburg zum ersten Mal auf<br />

Dauer eine Spaltung in zwei Richtungen, deren<br />

jede von der Moderne beeinflußt ist: die von<br />

Issak Bernays geleitete Synagogengemeinde<br />

auf der einen Seite und den Tempelverein auf<br />

der anderen.“ Das Beispiel des Hamburger<br />

Tempels, der sich als Verein getrennt von der<br />

übrigen Gemeinde konstituierte, machte, so<br />

Meyer, aber keine Schule; der Tempelverein<br />

trat schließlich wieder mit der übrigen jüdischen<br />

Gemeinschaft in Verbindung, indem er<br />

unter dem Dach der Deutsch-Israelitischen Gemeinde<br />

die Stellung eines anerkannten Kultusverbandes<br />

errang. Andreas Brämer, Mitarbeiter<br />

des Hamburger Instituts für die Geschichte<br />

der deutschen Juden, dokumentiert in seiner<br />

Studie die Geschichte des Hamburger Tempels<br />

von den Ursprüngen bis zu seinem Untergang<br />

anhand einer Vielzahl schwer zugänglicher gedruckter<br />

oder unveröffentlichter Quellen nach.<br />

Heutzutage erinnert in Hamburg nur noch der<br />

Sendesaal des Norddeutschen Rundfunks in<br />

der Oberstraße an den Tempel: das Gebäude,<br />

das als der bedeutendste erhaltene jüdische<br />

Saalbau der Moderne in Deutschland gilt,<br />

wurde 1930/31 nach Plänen von Felix Ascher<br />

und Robert Friedmann für den Israelitischen<br />

Tempelverband errichtet. (H. B.)<br />

7<br />

9. Jahrgang | Ausgabe 1<br />

Ludwig Feuchtwanger: Gesammelte<br />

Aufsätze zur jüdischen Geschichte.<br />

Herausgegeben von Rolf Rieß. Duncker<br />

& Humblot Verlag, Berlin 2003, 249 S.<br />

Ludwig Feuchtwanger, der jüngere Bruder des<br />

Schriftstellers Lion Feuchtwanger, war in München<br />

vor der Shoah ein jüdischer Historiker und<br />

Publizist von Rang. Er stammte, wie Michael<br />

Brenner im Vorwort schreibt, „aus einer der<br />

angesehensten Münchner jüdischen Familien,<br />

einer Familie, in der bayerische Traditionen und<br />

orthodoxes Judentum sich nie widersprochen<br />

haben.“ – einer Familie, von der nach Verfolgung<br />

und Emigration nur sechs Mitglieder nach<br />

München zurückkehrten, darunter der Bankier<br />

Walter Feuchtwanger s.A., Mitglied der liberalen<br />

Münchner Gemeinde Beth Shalom.<br />

Ludwig Feuchtwanger arbeitete von 1914 bis<br />

1933 als Verlagsleiter bei Duncker & Humblot<br />

und von 1930 bis 1938 als Herausgeber der<br />

Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung.<br />

Es ist das Verdienst des vorliegenden Bandes,<br />

seine Aufsätze zur jüdischen Geschichte in<br />

Erinnerung zu rufen und eine repräsentative,<br />

sorgfältig annotierte Auswahl daraus sowie<br />

eine 376 Positionen umfassende Bibliographie<br />

aller Arbeiten Feuchtwangers und der<br />

Sekundärliteratur zu veröffentlichen. Die<br />

Themen der publizierten Aufsätze umfassen<br />

Moses Mendelsohn, jüdische Geschichte und<br />

Rechtsgeschichte in Bayern und in Österreich<br />

im Mittelalter und in der Neuzeit sowie die Situation<br />

des deutschen Judentums in der Zeit des<br />

Nationalsozialismus. Gerade weil die Ernsthaftigkeit<br />

und das Pathos von Feuchtwangers<br />

Sprache uns eher fremd geworden sind, sind<br />

seine Arbeiten auch heute noch lesenswert.<br />

Das Nachwort des Herausgebers ist in vielen<br />

Punkten sehr informativ. Er beschreibt Feuchtwangers<br />

Arbeiten für Duncker & Humblot, in<br />

dem er unter anderen Carl Schmitt zu betreuen<br />

hatte, und schildert die Tragik des Exils in Großbritannien,<br />

wo Feuchtwanger nie wieder eine<br />

adäquate Stellung erhielt und unter großen<br />

Entbehrungen zu leiden hatte. Sehr interessant<br />

sind auch seine Briefe, die er als Berater und<br />

Übersetzer der amerikanischen Beatzung<br />

1945 aus Deutschland schrieb. Leider erfährt<br />

der Leser jedoch nichts über Feuchtwangers<br />

Lehrtätigkeit im Münchner Jüdischen Lehrhaus.<br />

Auch sind einige Formulierungen von Rieß eher<br />

ungenau, etwa wenn er pro-nationalsozialistische<br />

Äußerungen von Elie Munk erwähnt, ohne<br />

diese zu erklären. Darüber hinaus erläutert er<br />

an keiner Stelle die Kriterien für seine Auswahl.<br />

Bei dem im Zusammenhang mit dem Raub<br />

von Feuchtwangers Bibliothek durch die SS-<br />

Stiftung Ahnenerbe und deren anschließenden<br />

Transport erwähnten „Professor Dr. Viktor“<br />

handelte es sich übrigens um den Wiener Orientalisten<br />

Viktor Christian. Genauer nachzulesen<br />

ist diese Geschichte in dem Buch der Verfasserin:<br />

„Der Raub der Bücher“, Wien 2002, S.157ff.<br />

Evelyn Adunka

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