Teruko Yokoi Mond · Sonne · Jahreszeiten · - Wolfsberg
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West-östliche Vielfalt<br />
Dieses Baums Blatt der von Osten<br />
Meinem Garten anvertraut<br />
Gibt geheimen Sinn zu kosten<br />
Wie’s den Wissenden erbaut.<br />
Ist es Ein lebendig Wesen<br />
Das sich in sich selbst getrennt?<br />
Sind es Zwei die sich erlesen<br />
Daß man sie als Eines kennt?<br />
Solche Frage zu erwidern<br />
Fand ich wohl den rechten Sinn;<br />
Fühlst du nicht an meinen Liedern<br />
Daß ich Eins und doppelt bin.<br />
Johann Wolfgang von Goethe, «Gingo biloba»<br />
West-östlicher Divan (1815 –1819) 7<br />
<strong>Teruko</strong> <strong>Yokoi</strong> hat sich selbst einmal mit einem aus der Tiefe Kräfte schöpfenden<br />
Baum verglichen. Einem Ginkgoblatt ähnlich fliessen in ihrer Malerei die<br />
unterschiedlichen Strömungen zu einem unverkennbaren Stil in ein ander. Eine<br />
Dualität entsteht, die sie zeitlebens begleiten sollte. Bereits 1964 nahm sie<br />
Rüdlinger, der inzwischen von Bern an die Basler Kunsthalle ge wech selt<br />
hatte, in eine wegweisende Ausstellung auf und betonte im Ka talog, dass<br />
ihre Bilder zwar «Malerei auf der Fläche im westlichen Sinne» blieben, aber<br />
zugleich – angereichert durch das Ausdrucksvermögen der ja pa nischen Lyrik<br />
– «räumliche Spannungen» zeigten, wie sie uns von der asiatischen Kunst her<br />
bekannt seien. 8 So heimisch sie hier auch geworden ist, die japanische Herkunft<br />
bleibt in ihrer Kunst deutlich erkennbar.<br />
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte eine grosse Woge des Japonismus<br />
die europäische Malerei und Grafik überrollt. Ausgelöst durch japanische<br />
Holzschnitte, entwickelten sich neue Sehgewohnheiten und machten Monets<br />
Seerosen und van Goghs Mandelzweige, aber auch Toulouse-Lautrecs Plakate<br />
oder die Raumauffassung der Nabis erst möglich. 9<br />
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