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Ornamente der Fassade

ISBN 978-3-86859-233-7

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114 Zeitgenössische <strong>Ornamente</strong> 115<br />

Branding-Zweck hinausweisende Relevanz von <strong>Ornamente</strong>n <strong>der</strong> Konsumbranche<br />

zeigte sich an <strong>der</strong> Diskussion um die <strong>Fassade</strong>ngestaltung eines Kaufhaus-<br />

Neubaus, <strong>der</strong> 2007-2009 an Stelle des abgerissenen Centrum Warenhauses in<br />

Dresden errichtet wurde (Abb. 29-30). Das Centrum Warenhaus in <strong>der</strong> Prager<br />

Straße, 1973-1978 von den ungarischen Architekten Ferenc Simon und Ivan<br />

Fokvari entworfen, galt mit seiner Vorhang-<strong>Fassade</strong> aus rhomboiden, eloxierten<br />

Aluminiumelementen als Vorzeigebau <strong>der</strong> Kaufhaus-Architektur in <strong>der</strong> DDR.<br />

Peter Kulka gewann im Wettbewerb für die Neu- und Umgestaltung den ersten<br />

Preis, weil er die Wie<strong>der</strong>verwendung <strong>der</strong> <strong>Fassade</strong>nwaben des Altbaus zu 80 Prozent<br />

vorsah und, so die Begründung des Preisgerichtes, mit dem »Einsatz <strong>der</strong><br />

identifikationsstiftenden <strong>Fassade</strong>nelemente auf das historische Bewusstsein <strong>der</strong><br />

Dresdner« 587 reagiere.<br />

Regionale Bezüge<br />

29<br />

Begriffsverwendung – lokal, global, »glokal«<br />

29, 30 Peter Kulka: Centrum Warenhaus (Neu- und Umgestaltung)<br />

in Dresden (D), 2007-2009<br />

wi<strong>der</strong>zuspiegeln. Architektur müsse, so Gautrand, »manchmal selbst ein Signal<br />

werden: Sie hat die Macht und die Eigenschaft, eine Marke zu repräsentieren,<br />

und diese Art von Signaletik ist viel bedeuten<strong>der</strong> als irgendetwas, das lediglich<br />

auf das Gebäude appliziert wird.« 586 Emotion, Spektakel und Kommerz bilden<br />

im Hinblick auf Konsumarchitektur oftmals eine Wirkungseinheit; Konsum<br />

wird durch spektakuläre Architektur zu einem mehrdimensionalen, sinnlichästhetischen<br />

Ereignis.<br />

Das Ornament in seiner ganzen Bandbreite eignet sich für wirtschaftliche Strategien<br />

des branding, indem es dem Gebäude o<strong>der</strong> <strong>der</strong> darin ansässigen Firma<br />

o<strong>der</strong> Institution zu größerer Bekanntheit, einer Profilschärfung o<strong>der</strong> Prestige-<br />

Verbesserung verhelfen kann. An<strong>der</strong>erseits kommt es dem heutigen Bedürfnis<br />

nach Atmosphäre, Ereignis, emotionaler Involviertheit und individuellem Erleben<br />

entgegen. So wie die Zeichenhaftigkeit <strong>der</strong> Architektur ganz allgemein<br />

zu einer Verbindung zwischen Wirtschaft und menschlicher Psyche führt,<br />

so kann das einzelne Ornament-Zeichen als Bindeglied zwischen wirtschaftlichem<br />

Kalkül und emotionalen Belangen dienen. Die kulturprägende, über den<br />

30<br />

Auf <strong>der</strong> Suche nach neuen architektonischen Erscheinungsformen nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg bemühten sich einzelne Architekten um eine Ortsbindung<br />

und Kontextualisierung ihrer Bauten, indem sie auf vormo<strong>der</strong>ne, lokal verankerte<br />

Bauweisen, Gestaltungselemente und Motive zurückgriffen. In Abgrenzung<br />

zum »Universalismus <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne« wurde die Rückbesinnung auf die<br />

»nationalen und regionalen Beson<strong>der</strong>heiten des Bauens« mit <strong>der</strong> Postmo<strong>der</strong>ne<br />

wie<strong>der</strong> zu einem zentralen Anliegen. 588 In den letzten zwei Jahrzehnten führte<br />

dann die zunehmende Einbindung in globale künstlerische Austauschprozesse<br />

zu <strong>der</strong> Herausbildung einer hybriden, global wie lokal orientierten Baukultur.<br />

Dabei kommt <strong>Ornamente</strong>n eine entscheidende Rolle zu, denn sie können aufgrund<br />

ihrer kulturellen Bedeutung und kommunikativen Funktion die entstandene<br />

»Dichotomie zwischen Tabula rasa und Kontextualisierung« überbrücken<br />

und eine »Artikulation zwischen dem Lokalen und dem Globalen« beför<strong>der</strong>n. 589<br />

Der Neologismus »glokal«, eine Zusammenziehung von global und lokal, wurde<br />

Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre in Kalifornien im soziopolitischen Zusammenhang<br />

kreiert, um die Debatte zwischen Globalisierungsbefürwortern und Globalisierungsgegnern<br />

zu beschreiben. Robert Robertson, auf den <strong>der</strong> Terminus<br />

glocalisation zurückgeführt wird, vertritt die Position, dass »Globalisierung die<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung, in bestimmter Hinsicht sogar die Produktion von ›Heimat‹,<br />

›Gemeinschaft‹ und ›Lokalität‹ mit sich gebracht« 590 habe. Aus diesem Grund<br />

ist das Lokale »nicht als Gegenspieler des Globalen«, son<strong>der</strong>n vielmehr als »ein<br />

Aspekt von Globalisierung« 591 , als »konstitutiver Bestandteil des Globalen« 592 zu<br />

verstehen. Im Unterschied zur postmo<strong>der</strong>nen Architektur, die größtenteils Wert

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