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Alder (1930) - Swiss Embroidery

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ging, mit billigen Cluny - Luxeuil- und Barmen - Spi~en Vorhänge<br />

und Vitrages auf Tüll tu konfektionieren, welche, weil<br />

neuartig, zu unferem Schaden Anklang fanden. In der gleichen<br />

Zeit fchon trat die Madrasweberei als Konkurrent auf, und allmählich<br />

neigte die moderne Wohndekoration mehr und mehr<br />

auch zu andern ErzeugnHfen der Weberei,immerhin noch zögernd.<br />

Je~t aber dominieren fie, im Verein mit bedruckten Geweben,<br />

geradezu derart, dali in den Auslagen der Spezialgefchäfte in<br />

den GroliRädten die Erzeugniffe der KettenRichRickerei arg in<br />

den Hintergrund gedrängt find. Im Spi~enfach find es die<br />

duftigen, feinen Gewebe des Spi~enRuh1s von Calais in relativ<br />

billiger Preislage, welche unferen Pla~ einnehmen.<br />

Als noch bedrohlicher aber erweiR fich in le~ter Zeit die<br />

neue Wohnkultur, die fog. neue "Sachlichkeit", welche darauf<br />

ausgeht, alles Zierende auszufchalten, an den Wänden und<br />

Decken fowohl als an den Möbeln und damit auch an den<br />

FenRern. Das fchönRe Beifpiel folcher Tendenz find wohl die<br />

aus gebogenen eifernen Röhren gebildeten Tifche, Stühle und<br />

fogar Fauteuils. Da braucht man auch keine Dekorateure mehr.<br />

Das MerkwürdigRe dabei iR, da" gewiffe Küniller an der Spi~e<br />

einer folchen Bewegung Rehen, nicht einfehend, da" fie fich<br />

damit felbR das Grab fchaufeln!<br />

Ich geRehe Ihnen offen, werteRe Frau KettenRich, dali mich<br />

diefe neue Richtung beängRigt hat und ich das Gefühl bekam,<br />

es werde derleiben von feiten Ihrer Fabrikanten nicht die gebührende<br />

Aufmerkfamkeit gefchenkt, weder in der Art der<br />

Fabrikation, die Duftigkeit erheifcht, noch in der Neuartigkeit<br />

der Zeichnungen.<br />

In diefem bangen Zweifel entfchlo" ich mich, bei einigen<br />

prominenten Fabrikanten vorzufprechen und mir einen Einblick<br />

zu erwirken in ihr gegenwärtiges Schaffen. Schade, dali Sie,<br />

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Frau KettenRich, nicht dabei fein konnten; denn ich bin glücklich,<br />

ragen zu können, dab das, was man mir in freundlichRem<br />

Entgegenkommen zeigte, mich beruhigt und erfreut hat.<br />

Sowohl technifch als insbefondere auch zeichnerifch werden<br />

bei diefen Pionieren Ihrer Induilrie neue Wege befchritten in<br />

Anpaffung an die geänderte Gefchmacksrichtung. Es find Produlde,<br />

die fich fehen laffen dürfen und auch Anklang finden.<br />

Wohl iR die Zahl folcher Bahnbrecher noch befchränkt, aber<br />

es Reht zu hoffen, dali fleh aus der einen oder andern ihrer<br />

Schöpfungen nach und nach wieder ein Stapelartikel entwickle,<br />

bei welchem auch andere Fabrikanten mittun können. Das<br />

Lofungswort muli fein "Neues schaffen"! Es iR ja nicht das<br />

erilemal, dali Ihre InduRrie im Niedergang war, fich dann<br />

aber glänzend wieder erhob. Denken Sie zurück an die oben<br />

gefchilderten achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, wo auf<br />

Stagnation eine neue Blütezeit folgte. Warum? Weil man<br />

die ausgetretenen Wege verlaffen hat und Neues fchuf.<br />

Das fei auch heute die Parole Ihrer Jünger.<br />

Ich bitte Sie, fehr verehrte Frau KettenRich, rufen Sie ihnen<br />

zu: "Alle Mann auf Deck"!<br />

Ihr ergebener<br />

Otto <strong>Alder</strong>.<br />

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