Alder (1930) - Swiss Embroidery
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Textil-Zeichnungs-Ateliers mit zum Teil über dreiliig "Artifles"<br />
in den Händen von Schweizern flnd, bei welchen oft Schüler<br />
unferes Induflrie- und Gewerbemufeums ihre weitere Ausbildung<br />
genieiien.<br />
In der eben befchriebenen fortfchrittlichen Periode hatten<br />
Sie, verehrte Frau Kettenflich, unfchä~bare Hilfstruppen an<br />
der Zeichnungsfchule, die vom Kaufmännifchen Directorium<br />
Anno 1867 gegründet worden war und an deren Lehrern Schlatter<br />
und lenny. Sodann an den Schä~en des Induflrie- und Gewerbe-Mufeums,<br />
das zehn lahre fpäter, ebenfalls vom für die<br />
Induflrie je und je tatkräftig wirkenden Kaufmännifchen Directorium<br />
erbaut wurde, und diefe Zeichnungsfchule in flch aufnahm.<br />
la, Frau Kettenflich, nun konnten Sie fchmunzeln und<br />
flch des neu eingezogenen fchöpferifchen Beflrebens freuen.<br />
Nacheinander wurden bearbeitet: die flachen DenteIles de<br />
Milan und DenteIles de Venise, teils mit, teils ohne Spachteln,<br />
bei welch le~teren die einzelnen Motive der Spi~e gegenfeitig<br />
an flch felbfl Halt hatten.<br />
Dann kamen die koflbaren DenteIles de Venise a relief, bei<br />
welchen das fo charakteriflifche Relief durch den fogen. "Langflich"<br />
hervorgebracht wurde, und zwar als Handflickerei mit<br />
vielfädigem, ungezwirntem Garn, das rafch deckt.<br />
Der GrundRoff aller diefer Spi~envorhänge war der Tüll und<br />
eine Applikation von Nanzouk gab die Illuflon des Geflechtes,<br />
mit welchem die echte Handfpi~e die KontraRwirkung im Deffin<br />
hervorbringt. Diefe neuen Techniken erheifchten ein Heer von<br />
Ausfchneiderinnen, fogen. Höhlerinnen, Ausbefferinnen und<br />
Verweberinnen, womit Sie, verehrte Frau KettenRich, willkommenen<br />
neuen Verdienfl in die Bergdörfer brachten. Die Arbeit<br />
des Höhlens wurde nämlich erfl nach dem Bleichen gemacht.<br />
Dabei war abfolute Reinlichkeit unerlälilich, und wo anders<br />
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wurde diefe mehr gepflegt als in den hiefür renommierten<br />
Appenzeller Dörfern und Einzelhäuschen, vor denen man, wie<br />
auch heute noch, die Arbeiterinnen bei fchönem Wetter an<br />
ihrer heikeln Arbeit im Freien beobachten konnte.<br />
Aber noch über etwas anderes konnten Sie flch, Frau Kettenllich,<br />
zu jener Zeit freuen: Man pflegte die Solidität des neuen<br />
Fabrikates, indem man die Ränder der auszufchneidenden Pi ..<br />
guren des DeHlns "unterRickte H J d. h. in FeRonRich ausführte,<br />
wodurch ein AbreiBen der Ränder in der Wäfche abfolut vermieden<br />
wurde. Wichtig war dazu auch die Verwendung nur<br />
guter Tüllqualitäten.<br />
Das alles bedingte für die neuen Artikel hohe Preife; fle<br />
wurden indes, fpeziell von den Amerikanern, willig bezahlt,<br />
wie überhaupt diefe es waren, welche die[en Neuheiten den<br />
Erfolg bereiteten.<br />
Dali folche Herrlichkeit nicht allzulange währte, wiffen Sie,<br />
Frau Kettenllich, nur allzugut. Mit dem Begehren nach Verbilligung<br />
verfchwand das UnterRicken und damit die abfolute<br />
Solidität. Es entRand eine quafl Imitation der Imitation, ein<br />
Maffenartikel, deffen flch haupdächlich Walzenhaufen bemächtigte.<br />
Glücklicherweife tauchte in der Folge ein anderer Artikel,<br />
der Brüffeler Vorhang, auf, und gelangte zu Erfolg. Er war<br />
gänzlich auf Tüll geflickt, jedoch nicht, wie die früheren Tüllvorhänge,<br />
mit einheitlichem grobem Garn, fondern fie trugen<br />
den Charakter von Alen