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Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 04/2013

Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 04/2013

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ein wenig Zeit, die Gesellschaft auf<br />

die Veränderungen vorzubereiten.<br />

Diese sollte keinesfalls ungenutzt<br />

verstreichen, betonen Technikphilosophen.<br />

Zumal die Bevölkerung den<br />

Wandel nur dann akzeptieren und<br />

mittragen wird, wenn sie in die Entscheidungen<br />

darüber eingebunden<br />

ist. Werde dies verabsäumt, könne<br />

es statt zur industriellen Revolution<br />

zu gesellschaftlichem Widerstand<br />

kommen. Nicht alle Involvierten verstehen<br />

Industrie 4.0 als Revolution,<br />

einige sprechen von Evolution. Wobei<br />

die Weiterentwicklung primär<br />

aus der IT kommt. Auf den Punkt gebracht:<br />

Software wird sich künftig eigenständig<br />

weiterentwickeln.<br />

Fahrzeuge suchen<br />

sich eigenständig<br />

Aufgaben und Wege<br />

Am praktischen Beispiel des Gepäck-Handling<br />

auf Flughäfen: Die<br />

Steuerung von Fördersystemen, zum<br />

Beispiel das Anlaufen der Förderbänder,<br />

funktioniert bereits heute weitgehend<br />

automatisiert. Das klappt wie<br />

geschmiert, es sei denn, der Flughafen<br />

wächst und die Förderkapazitäten<br />

für Gepäck geraten an ihre Grenzen.<br />

„Denn bevor das bestehende System<br />

auch nur um einen Meter Förderband<br />

erweitert wird, müssen zunächst<br />

zirka 300.000 Euro ins Programmieren<br />

der Software gesteckt werden“,<br />

betont Kamagaew. In Zukunft wird<br />

sich bei einer Verlängerung des Förderbandes<br />

dieses eigenständig an<br />

die neuen Gegebenheiten anpassen.<br />

Softwarelösungen werden also immer<br />

besser werden (müssen) und adaptiv<br />

reagieren. Konnten in früheren Forschungsprojekten<br />

fahrerlose Transportfahrzeuge<br />

nur entlang einer<br />

Magnetspur steuern, nehmen sie<br />

heute Umgebungsinformationen auf.<br />

Am Fraunhofer IML wuseln in einer<br />

großen Halle 50 solcher Fahrzeuge<br />

herum, suchen sich eigenständig ihre<br />

Aufgaben und Wege, ja rittern quasi<br />

um neue Jobs. Wer ihn bekommt,<br />

folgt klaren <strong>Regeln</strong>: Der Transporter<br />

mit dem kürzesten Weg und/oder<br />

dem vollsten Akku. Dieses System<br />

organisiert sich selbst, es sei denn,<br />

der Mensch greift ein und zieht einen<br />

bestimmten Auftrag vor. „Der Mensch<br />

und seine Entscheidung bleibt letztendlich<br />

wichtiger“, betont Kamagaew.<br />

Intelligente<br />

Kiste meldet<br />

ihren Füllzustand<br />

Eine smarte Logistiklösung, die bereits<br />

in Serie erzeugt wird, ist der intelligente<br />

Behälter inBin, eine Kooperation<br />

zwischen dem Fraunhofer IML<br />

und dem Würth-Konzern, Spezialist<br />

für Schrauben und kleine Montageteile.<br />

Die tolle Kiste verfügt über ein<br />

Display, Tasten, eine Funkschnittstelle<br />

sowie eine integrierte Kamera und<br />

beherrscht Energy Harvesting, das<br />

heißt sie ist energieautark. Im Behälter<br />

sind Zähl- und Bestellfunktion bereits<br />

integriert, der Füllstand aller in<br />

ihm befindlichen Artikel wird automatisch<br />

ans Warenwirtschaftssystem<br />

übermittelt. Geht eine Schraubenart<br />

zur Neige, bestellt das Behältnis<br />

selbst nach. Wird ein iBin gerade<br />

nicht gebraucht, erteilt es den Auftrag,<br />

abgeholt zu werden.<br />

Der intelligente Container kann eine<br />

kleine Kiste oder ein 40-Fuß-Container<br />

mit einem Volumen von 67 m 3<br />

sein, der Platz für mehr als 10.000<br />

Schuhkartons bieten würde. Auch<br />

Lufthansa Cargo entwickelt zurzeit<br />

die Containerlogistik in diese Richtung.<br />

„Man ist dadurch nicht mehr<br />

von einem übergeordneten System<br />

abhängig“, betont Kamagaew. Der<br />

Container selbst ist das System.<br />

Roboter scheitern<br />

am Griff in<br />

die Kiste<br />

Zwar fallen jeder Automatisierung als<br />

erstes die Routinejobs zum Opfer,<br />

doch es gibt nach wie vor Tätigkeiten,<br />

denen Maschinen einfach nicht gewachsen<br />

sind und für die man trotzdem<br />

keinen Hochschulabschluss<br />

braucht – etwa Dinge aus der iBin<br />

herauszunehmen. Roboter scheitern<br />

kläglich am gezielten Griff in die Kiste.<br />

„Es gibt eben kein universell einsetzbareres<br />

Werkzeug als den Menschen“,<br />

sagt Kamagaew. Der Mensch wird allerdings<br />

künftig durch die Unterstützung<br />

kluger, teamfähiger Maschinen<br />

viel produktiver arbeiten. Smarte Lieferketten<br />

und -systeme spielen naturgemäß<br />

im Transport von Frischware<br />

eine wichtige Rolle, vor allem dabei,<br />

die nach wie vor hohen Verluste zu reduzieren.<br />

Das passiert bereits heute,<br />

etwa wenn Bananen während ihrer<br />

Schiffsreise so kühl gelagert werden,<br />

dass sie nicht weiter reifen, und erst<br />

in der Lagerhalle am Zielort quasi<br />

„aufgeweckt“ werden.<br />

SMARTE LIEFERKETTE:<br />

DER REIFEGRAD von<br />

Obst ENTSCHEIDET<br />

ÜBER DEN ZIELORT<br />

Der Reifegrad von Obst wird an seinem<br />

Ethylenausstoß bemessen. Im<br />

Monitoring von Frischware liegt noch<br />

enormes Optimierungspotenzial.<br />

„Denn bis zu 50 Prozent davon kommt<br />

verdorben im Geschäft an und wird<br />

weggeworfen“, betont Christiane<br />

Auffermann, Expertin für Handelslogistik<br />

am Fraunhofer IML. Wird<br />

jedoch bereits in Spanien der Reifegrad<br />

der Tomaten gemessen, kann<br />

der Großhändler kurzfristig entscheiden,<br />

dass die Ware den Transport<br />

nach Österreich nicht frisch überstehen<br />

wird, und die Ladung stattdessen<br />

regional verkaufen.<br />

Auch in der Handelslogistik geht es<br />

also in Zukunft darum, flexibler, nachhaltiger<br />

und kosteneffizienter zu liefern.<br />

So arbeitet Auffermann aktuell an<br />

einem Projekt für drei deutsche<br />

Lebensmittelhandelskonzerne. Von<br />

einem gemeinsamen Hub aus werden<br />

umliegende Geschäfte mit Waren aller<br />

drei Anbieter beliefert. Damit wird<br />

nicht nur die Auslastung der Transportfahrzeuge<br />

erhöht, Touren können<br />

effizienter geplant werden, und das<br />

spart Zeit, Geld und Verkehr. •<br />

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