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13.06.2015 Lindauer Bürgerzeitung

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6 13. Juni 2015 · BZ Nr. 24/15<br />

ENERGIE, VERKEHR UND KOMMUNIKATION<br />

– Anzeige –<br />

Helfer und Einsatzkräfte für Gefahren sensibilisiert<br />

Notfallübung: Unfälle mit Strom erfordern spezielle Kenntnisse und Maßnahmen<br />

Es ist Montagabend 20 Uhr. Kurz<br />

vor der Insel ereignet sich ein<br />

Unfall: Ein Auto rast in die 10kV-<br />

Trafo-Station der Stadtwerke an<br />

der Ecke Hasenweidweg/Langenweg,<br />

ein anderes überschlägt<br />

sich und liegt auf dem Dach.<br />

Menschen sind verletzt und in<br />

den Unfallwagen eingeklemmt.<br />

Rauch quillt aus der Trafostation.<br />

Ramón Aroca von den Stadtwerken<br />

Lindau hat Bereitschaftsdienst.<br />

Er weiß, dass es jetzt um<br />

Menschenleben geht – nicht nur<br />

um die der Unfallbeteiligten,<br />

sondern auch um die der Helfer.<br />

Im schlimmsten aller anzunehmenden<br />

Unfälle mit Strom<br />

steht das Unfallfahrzeug unter<br />

Hochspannung. In diesem Fall<br />

können die Feuerwehreinsatzkräfte<br />

erst dann tätig werden,<br />

wenn die Techniker der Stadtwerke<br />

die Trafostation stromlos<br />

geschaltet haben. Dem<br />

Auto vorher zu nahe zu kommen<br />

oder es gar zu berühren,<br />

würde den sicheren Tod für die<br />

Helfer bedeuten.<br />

Rund 80 Einsatzkräfte von<br />

BRK und Feuerwehr sind mit<br />

15 Fahrzeugen am Einsatzort.<br />

Es ist ein sehr real nachgestellter<br />

Großeinsatz, bei dem die<br />

Zusammenarbeit aller Beteiligten<br />

extrem wichtig ist.<br />

„Da schießt dir das Adrenalin<br />

literweise durch den Körper<br />

und die drei Minuten an<br />

der Schranke werden zur Ewigkeit“,<br />

berichtet Ramón Aroca.<br />

Als Bereitschaft habender Elektromeister<br />

muss er in einem<br />

Zeitraum von einer halben<br />

Stunde vor Ort sein, genauso<br />

wie sein Kollege Jürgen Doll.<br />

Von Seiten der Stadtwerke-<br />

Bereitschaft funktioniert bei<br />

diesem Einsatz alles wie am<br />

Schnürchen. Dennoch ist den<br />

beiden Technikern die Erleichterung<br />

anzusehen, als sie erfahren,<br />

dass es sich um eine<br />

Übung und nicht um einen<br />

Ernstfall handelt. Denn die<br />

Überlebenschance der beiden<br />

Menschen in dem Unfallauto,<br />

das in die Trafostation gekracht<br />

war, schätzt der Elektromeister<br />

Ramón Aroca im<br />

Ernstfall gering ein: „Das Auto<br />

liegt auf der Seite, die isolierende<br />

Wirkung der Autoreifen<br />

ist dadurch aufgehoben. Der<br />

sogenannte ‚faradaysche<br />

Käfig‘ (auch Faradaykäfig),<br />

eine allseitig geschlossene<br />

Hülle aus einem elektrischen<br />

Leiter wie z.B. Drahtgeflecht<br />

oder Blech, die als elektrische<br />

Abschirmung wirkt, hätte in<br />

diesem Fall nicht mehr funktioniert.<br />

Ganz wichtig ist hier<br />

jetzt der Selbstschutz der Helfer“,<br />

so Aroca weiter. „Ersthelfer<br />

und Feuerwehreinsatzkräfte<br />

hätten sich dem Unfallfahrzeug<br />

nur bis auf drei Meter<br />

nähern dürfen. Jeder weitere<br />

Schritt hätte für sie in dieser<br />

Situation Lebensgefahr bedeutet.“<br />

Lieber einmal zu viel ausrücken<br />

Der Einsatzleiter der Feuerwehr<br />

beurteilt bei einer Alarmierung<br />

die Lage und entscheidet,<br />

ob die Bereitschaft der Stadtwerke<br />

benachrichtigt wird.<br />

Entscheidet er sich dafür, geht<br />

die Alarmierung wieder über<br />

die Integrierte Leitstelle in<br />

Kempten und von dort an die<br />

Stadtwerke-Störungsstelle. Erst<br />

von dort aus werden dann die<br />

<strong>Lindauer</strong> Bereitschaftler alarmiert.<br />

Anhand der Angaben<br />

der Kollegen und des Umfangs<br />

des Unglücks hatte sich Aroca<br />

sofort entschieden, auch den<br />

Elektromeister Ramón Aroca (li.) von den Stadtwerken erfährt von<br />

der Einsatzleitung vor Ort: „Das ist eine Übung.“<br />

Ein Unfallfahrzeug unter Spannung: Dem Auto zu nahe zu kommen oder es gar zu berühren, würde den<br />

sicheren Tod für die Helfer bedeuten.<br />

BZ-Fotos: SWLi<br />

zweiten Bereitschafler, Jürgen<br />

Doll, zur Unterstützung anzufordern.<br />

„In diesem Fall hätten<br />

wir, wäre die Alarmierung<br />

direkt auch an die Stadtwerke<br />

gegangen, gut zwanzig Minuten<br />

schneller am Unfallort<br />

sein können“, erläutert Ramón<br />

Aroca und ergänzt: „Lieber<br />

einmal zu viel oder umsonst<br />

ausrücken, als etwas zu riskieren!“<br />

Er stellt die Umorganisation<br />

der Alarmierungskette<br />

aus dem Jahr 2010 in Frage.<br />

„Früher wurden wir zusammen<br />

mit der Feuerwehr alarmiert.“<br />

Erst stromlos schalten<br />

Am Einsatzort ist es die Aufgabe<br />

der Stadtwerke-Bereitschaft,<br />

schnell zu entscheiden und zu<br />

reagieren. „Im Ernstfall hätten<br />

wir an der nächstgelegenen<br />

Trafostation in der Kemptener<br />

Straße den Bereich Stadtverwaltung,<br />

Karl-Bever-Platz und<br />

Aeschacher Ufer bis zur Minigolfanlage<br />

stromlos geschaltet“,<br />

so Aroca. Zuvor spricht<br />

der Techniker mit dem Bereitschafler<br />

der Stadtwerke-Netzleitwarte.<br />

Diese Aufgabe liegt am<br />

Übungsabend bei Berthold<br />

Geiger. Auf seinem Display<br />

überblickt er alle Leitungen<br />

und Umschaltungen, Ausfälle<br />

und Störungen. Von den 150<br />

Trafostationen der Stadtwerke<br />

sind 15 „fernwirkbar“, das<br />

heißt, Berthold Geiger könnte<br />

sie von der Leitstelle aus stromlos<br />

schalten. Das Trafohäuschen<br />

Ecke Hasenweidweg/<br />

Langenweg gehört nicht dazu<br />

und muss nach wie vor manuell<br />

bedient werden. Erst wenn<br />

der Stadtwerke-Mitarbeiter abgeschaltet<br />

hat und die Netzleitwarte<br />

sieht, dass die Leitung<br />

außer Betrieb ist, kann er den<br />

Feuerwehrleuten grünes Licht<br />

geben. Erst dann kann gelöscht,<br />

geborgen und geräumt<br />

werden, ohne dass sich die<br />

Einsatzkräfte selbst in Gefahr<br />

bringen.<br />

Mit Strom ist nicht zu spaßen<br />

„Solche Übungen sind für uns<br />

sehr wichtig“, weiß Berthold<br />

Geiger. „Wir trainieren dabei<br />

unsere Abläufe und diskutieren<br />

hinterher, was wir noch<br />

besser machen können.“ Von<br />

der Übung haben im Vorfeld<br />

nur der Leiter Ausführung und<br />

Planung Strom bei den Stadtwerken<br />

Lindau, Roland Schäfler,<br />

und der Elektroexperte der<br />

<strong>Lindauer</strong> Feuerwehr, Christian<br />

Bauch, gewusst. Sie hatten die<br />

Übung organisiert.<br />

Mit dem Einsatz seiner<br />

Stadtwerke-Kollegen ist Schäfler<br />

restlos zufrieden: „Alles hat<br />

super funktioniert.“ Ein wichtiges<br />

Ergebnis aus der Übung<br />

und der gemeinsamen Nach-<br />

besprechung ist in jedem Fall,<br />

dass künftig die Feuerwehr bei<br />

der Leitstelle in Kempten bei<br />

Unfällen mit Strom direkt<br />

auch die Alarmierung der<br />

Stadtwerke fordert. Denn:<br />

„Mit Strom ist nicht zu spaßen!“<br />

SWLi/Manu<br />

Elektromonteur Jürgen Doll ist<br />

erleichtert: Vom Alarm bis zum<br />

Einsatz wäre im Ernstfall bei den<br />

Stadtwerken Lindau alles gut<br />

organisiert.<br />

Aktuelle und interessante Informationen<br />

rund um die Versorgung<br />

durch die Stadtwerke<br />

Lindau finden Sie unter:<br />

@ www.sw-lindau.de

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