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haben im Gegensatz zu Männern nicht die<br />
Möglichkeit, ein Bordell zu besuchen, da es<br />
für sie diesbezüglich kein Angebot gibt“, so<br />
ein Diskussionsbeitrag.<br />
Allerdings ergaben die empirischen Untersuchungen<br />
von Frau Jessner und ihrer Kollegin,<br />
dass sich viele Frauen der Generation<br />
über 70 eher „Seelenverwandte“ als Sexualpartner<br />
wünschen. Sie suchen Geborgenheit,<br />
Zärtlichkeit und Körperkontakt und<br />
betonen dabei auch die zentrale Bedeutung<br />
der Pfl egepersonen. Manche Frauen<br />
empfi nden es auch als Ausdruck einer neu<br />
gewonnenen Unabhängigkeit, nicht mehr<br />
jemandem sexuell verpfl ichtet zu sein. Vor<br />
allem in den beiden privaten Institutionen,<br />
in denen sich Frauen aus höheren Gesellschaftsschichten<br />
befi nden, wurde Sexualität<br />
nicht wirklich thematisiert; dies lässt auch<br />
Rückschlüsse auf biographische Aspekte<br />
wie Erziehung und Sozialisation zu.<br />
In den interessanten und zahlreichen Diskussionsbeiträgen<br />
wurde unter anderem<br />
das Nahverhältnis von Sexualität, Liebe,<br />
Pfl ege und Abhängigkeit angesprochen. Ein<br />
Altenpfl eger, der gerade die Ausbildung zum<br />
Sexualassistenten absolviert, meinte: „Es<br />
gibt genügend alte Menschen mit Behinderung,<br />
die sich nach Zärtlichkeit sehnen. Die<br />
Pfl ege darf jedoch nicht für die Sexualität<br />
verantwortlich sein!“.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO DEZEMBER 2008<br />
Holland: Prostitution auf Krankenschein<br />
Rainer Possert (<strong>SMZ</strong>) interessierte sich<br />
dafür, ob das Ausleben von homosexueller<br />
und heterosexueller Sexualität im Altersheim<br />
überhaupt möglich sei. Die Referentin<br />
verwies in diesem Zusammenhang auf die<br />
mangelnde Privatsphäre in solchen Institutionen.<br />
Vorschläge aus dem Publikum bezogen<br />
sich einerseits auf das holländische<br />
Modell, wonach Menschen, deren Auslebung<br />
von Sexualität durch verschiedene<br />
Faktoren erschwert wird, „Prostituierte auf<br />
Krankenschein“ erhalten. Die Einrichtung<br />
spezieller Räume in Institutionen, in denen<br />
auch körperliche Intimitäten möglich wären,<br />
sei allerdings mit Vorsicht zu genießen: die<br />
Schwelle, so einen Raum aufzusuchen und<br />
dabei möglicherweise beobachtet zu werden,<br />
sei sehr hoch.<br />
Von Seiten des Pfl egepersonals wurde abschließend<br />
die Forderung erhoben: „Man<br />
sollte lieber Sex in Einrichtungen sponsern,<br />
statt Unsummen für die Verschreibung von<br />
Pillen und Antidepressiva auszugeben!“.<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
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