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BILDUNGSMÄNGEL<br />
GEFÄHRDEN IHRE<br />
GESUNDHEIT<br />
„Jetzt bin ich sensibler für dieses Thema<br />
geworden“, erklärte ein Arzt einige Wochen<br />
nach dem Vortrag „Bildungsmängel gefährden<br />
Ihre Gesundheit“, den Mag. Otto Rath<br />
im <strong>SMZ</strong> hielt. „Ich hab bei einem Patientengespräch<br />
erklärt, dass die Patientin die Tabletten<br />
so nehmen muss, wie beim letzten<br />
Mal. Als ich ihren fragenden Blick sah, hab<br />
ich mir gedacht: vielleicht hat sie damals<br />
schon den Beipacktext nicht verstanden<br />
und habe es ihr nochmals erklärt.“<br />
Beipacktexte:<br />
für 5 – 10 % unverständlich<br />
So selbstverständlich Gesundheitsinformationen<br />
für viele (besonders ÄrztInnen und<br />
ApothekerInnen) sind, so unverständlich<br />
sind diese Informationen für einen Teil der<br />
PatientInnen. „Menschen mit geringer Bildung<br />
haben oft gesundheitliche Probleme<br />
bzw. Probleme mit dem Gesundheitssystem“<br />
schildert Mag. Rath die Erfahrungen,<br />
die bei Basisbildungsangeboten des Vereins<br />
ISOP gemacht wurden. „Über die Zahl<br />
der Menschen, die unzureichend gebildet<br />
sind, gibt es leider nur Schätzungen“, bedauert<br />
Rath.<br />
Laut PISA-Studie können rund 20 % der<br />
SchülerInnen nicht ausreichend lesen, laut<br />
IALS (International Adult Literacy Survey)<br />
sind 5 – 10 % der Erwachsenen nicht in der<br />
Lage, einfachste Informationen wie z.B. die<br />
maximale Einnahmedauer aus Beipackzettel<br />
herauszufi ltern.<br />
Gesundheitskompetenz halbiert<br />
die Sterblichkeit<br />
Auch Informationen der Gesundheitsförderung<br />
kommen nur selten bei denen an, die<br />
sie dringend brauchen würden: Menschen<br />
<strong>SMZ</strong> INFO DEZEMBER 2008<br />
mit mangelnder Bildung, die u. a. durch unsichere<br />
oder fehlende Beschäftigungsverhältnisse,<br />
schlechtere Lebensbedingungen<br />
aufgrund niedriger Einkommen, usw. statistisch<br />
gefährdeter sind, krank zu werden.<br />
Viel diskutiert wird in diesem Zusammenhang<br />
der Begriff der „Health Literacy“,<br />
der so genannten Gesundheitskompetenz,<br />
also jene Fähigkeit, Informationen zu fi nden<br />
und zu gebrauchen auf eine Art und Weise,<br />
die Gesundheit bewahrt und fördert (angelehnt<br />
an die Defi nition der WHO).<br />
Untersuchungen ergaben beispielsweise,<br />
dass die Sterblichkeit bei älteren Patienten<br />
mit geringer Gesundheitskompetenz fast<br />
doppelt so hoch ist wie bei Personen mit höherer<br />
Bildung. Außerdem führt eine bessere<br />
„Health Literacy“ bei verschiedenen Erkrankungen<br />
zu verstärkter Annahme von Präventionsangeboten<br />
und teilweise sogar zur<br />
Verbesserung des Gesundheitszustands<br />
der Betroffenen. 1<br />
Bildungsreform<br />
als Gesundheitsreform<br />
„Eine Bildungsreform wäre die beste Gesundheitsreform“,<br />
so treffend fasste Univ.<br />
Prof. Horst Noack, Teilnehmer an diesem<br />
Vortrag, mögliche Maßnahmen zusammen.<br />
Auch Mag. Otto Rath wie darauf hin, dass<br />
Ansätze auf individueller Ebene, wie die<br />
Stärkung der betroffenen Menschen, wichtig<br />
sind. Doch ohne Änderungen auf der Ebene<br />
des Gesundheitssystems – die Abstimmung<br />
der Angebote auf ihre NutzerInnen, vor allem<br />
ohne gesamtgesellschaftliche Veränderungen<br />
– sind diese Maßnahmen vollkommen<br />
unzureichend.<br />
Barbara Gruber<br />
1 Bernard Braun, http://www.forum-gesundheitspolitik.de/artikel/artikel.pl?artikel= 0850, Stand 26.11.2008 fasst Untersuchungen<br />
im Journal of General Internal Medicine, 21, Heft 8/ 2006 zusammen<br />
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