Kapitel 2. Das Resonator-QED-Experimentwobei T ν die optische Periodendauer bezeichnet. Äquivalent kann der Gütefaktor als Quotientzwischen Resonanzfrequenz ν 0 und der Linienbreite der Resonanz ∆ν definiert werden:Q = ν 0∆ν . (2.2)Je höher also die Güte eines Mikroresonators ist, desto schmäler ist die Linienbreite derModen. Ein weiterer wichtiger Parameter ist das Modenvolumen V m des Resonators, alsodas von der betrachteten Mode des Lichtes eingenommene Volumen:∫V m =n(⃗r) I(⃗r)I maxd 3 r. (2.3)Dabei bezeichnet n(⃗r) den Brechungsindex, I(⃗r) die Intensität des elektromagnetischenFeldes und I max die maximale Intensität. Aufgrund des kleinen Modenvolumens kombiniertmit sehr hohen Gütefaktoren Q (Abbildung 2.1) ist das Verhältnis Q/V m bei optischenMikroresonatoren sehr groß und ermöglicht somit eine Kopplung zwischen Lichtund Atomen im Bereich starker Kopplung (siehe Abschnitt 2.2.2). Auch im Bereich schwacherKopplung kommt es zu interessanten Effekten, wie einer Modifizierung der spontanenEmissionsrate, ausgelöst durch den so genannten Purcell-Effekt [38]: Dabei wird die Rateder spontanen Emission, welche proportional zur Modendichte ist, durch Einbringendes Atoms in ein System mit Randbedingungen verändert, da in diesem Fall die Modendichtenicht mehr kontinuierlich ist, sondern durch das System vorgegeben wird. Es istsomit mit einem Resonator zum Beispiel möglich, die Rate der spontane Emission einesÜbergangs deutlich zu verstärken [39, 6]. Da außerdem die Intensität I des Lichtfeldesinnerhalb des Resonators proportional zum Verhältnis Q/V m ist, lassen sich in optischenMikroresonatoren bei relativ kleiner Eingangsleistung extrem hohe Feldstärken innerhalbdes Resonators erzeugen, welche sich für die unterschiedlichsten Anwendungen, z. B. dieUntersuchung nichtlinearer Effekte [40], nutzen lassen.Optische Mikroresonatoren existieren in einer Vielzahl unterschiedlicher Ausführungen,wobei sich drei prinzipiell verschiedene Funktionsmechanismen herauskristallisieren, welchein Abbildung 2.1 dargestellt sind. In Fabry-Pérot-Resonatoren wird das Licht zwischenzwei Spiegeln sehr hoher Reflektivität gespeichert, wobei das Modenvolumen durchden Abstand der Spiegel verändert werden kann. In photonischen Kristallen entsteht derEinschluss des Lichtfeldes durch die periodische, dielektrische Struktur, in der sich eineBandstruktur ausbildet, mit Hilfe derer die Lichtausbreitung beeinflusst und das Lichteingeschlossen werden kann.Den dritten Bereich nehmen die Flüstergaleriemoden-Mikroresonatoren (WGM-Mikroresonatoren)ein. Es handelt sich dabei um dielektrische, zylindersymmetrische Strukturen,in welchen Licht durch interne Totalreflexion, also nach dem gleichen Prinzip wie beimFühren von Licht in einer optischen Glasfaser, eingeschlossen ist. WGM-Mikroresonatorenerreichen die höchsten Gütefaktoren im optische Bereich (bis zu 8 × 10 9 [42]) und existierenin mehreren unterschiedlichen Ausführungen, z. B. Mikrosphäre, Mikrotorus undFlaschenresonator. Dabei eignen sich im Prinzip alle Typen sehr gut für Resonator-QED-Experimente, jedoch hat letzterer den Vorteil, über mehr als einen freien Spektralbereichund damit auf beliebige Frequenzen abstimmbar zu sein. Der Flaschenresonator wird indiesem Experiment eingesetzt und daher im folgenden Abschnitt genauer beleuchtet.18
2.1. Optische MikroresonatorenFabry-Pérot Flüstergalerie Photonischer KristallUltrahohe Güte Hohe Güte5Q: 2x10 3Q III‐V : 7x10 3V: 5 (λ/n) 3 Q: 5x10V: 5 (λ/n) 3 Q Poly : 1,3x10 5 Q: 2,5x10V: 1,4 (λ/n) 3V: 1690 μm 3 V: 3000 μm 3V: 180 μm 3V: 1200 μm 3F: 4,8x10 5Q: 8x10 9Q: 4x10 8Q: 3,6x10 8Abbildung 2.1: Übersicht über die wichtigsten Mikroresonatorkonzepte im Bereich hoher undultrahoher (Q > 10 8 ) Güte. Oben von links nach rechts: Mikrosäule, Mikroscheibe, add-dropFilter und photonischer Kristall. Unten: Fabry-Pérot-Resonator, Mikrokugel, Mikrotorus und Flaschenresonator.Neben dem Gütefaktor Q ist das Modenvolumen V m angegeben und n bezeichnetden Brechungsindex des Materials. Die Abbildung stammt ürsprünglich aus [7] und wurde in [41]adaptiert.Ein Effekt, welcher Flüstergalerie-Mikroresonatoren im Allgemeinen besonders attraktivfür Experimente zur Licht-Atom-Wechselwirkung macht ist, dass aufgrund der internenTotalreflexion das Lichtfeld zu einem kleinen Teil in das umgebende Medium eindringt.Dieser Teil wird evaneszentes Feld genannt und kann trotz seines exponentiellen AbfallsEindringtiefen in das umgebende Medium in der Größenordnung der Wellenlänge des verwendetenLichts erreichen. Dieses evaneszente Feld kann zum einen verwendet werden,um mit Hilfe von ultradünnen Glasfasern (tapered optical fibers) Licht in den Resonatorzu koppeln [43], eignet sich aber auch hervorragend dazu, die Wechselwirkung zwischenLicht und einzelnen Atome zu untersuchen. Bei der Einkopplung von Licht in den Resonatorwird der ultradünne Teil einer Glasfaser, welcher ebenfalls ein evaneszentes Feldbesitzt, räumlich mit dem evaneszenten Feld des Resonators überlagert. Zusätzlich musseine Phasenanpassung zwischen den Lichtfeldern stattfinden, das heißt die ⃗ k-Vektorenmüssen identisch sein. Mit dieser Methode lassen sich sehr hohe Koppeleffizienzen erreichen,im Fall des Flaschenresonators kann über 99 % des in der ultradünnnen Glasfasergeführten Lichts in den Resonator eingekoppelt werden [44].Besonders interessant ist nun der Fall, dass ein einzelnes Atom in das evaneszente Feld desMikroresonators gebracht wird, da so ein gekoppeltes System aus Atom und im Resonatorgespeichertem Lichtfeld entsteht, welches in Abschnitt 2.2 näher beschrieben wird.19