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81. § 9 VOB/A - Beschreibung der Leistung - Oeffentliche Auftraege

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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong> <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A - <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong><strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>Allgemeines1. Die <strong>Leistung</strong> ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die<strong>Beschreibung</strong> im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohneumfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Bedarfspositionen (Eventualpositionen)dürfen nur ausnahmsweise in die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufgenommen werden.Angehängte Stundenlohnarbeiten dürfen nur in dem unbedingt erfor<strong>der</strong>lichen Umfang indie <strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufgenommen werden.2. Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umständeund Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und <strong>der</strong>en Einwirkung auf die Preise undFristen er nicht im Voraus schätzen kann.3. (1) Um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, sind alle sie beeinflussendenUmstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben.(2) Erfor<strong>der</strong>lichenfalls sind auch <strong>der</strong> Zweck und die vorgesehene Beanspruchung <strong>der</strong>fertigen <strong>Leistung</strong> anzugeben.(3) Die für die Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> wesentlichen Verhältnisse <strong>der</strong> Baustelle, z.B.Boden- und Wasserverhältnisse, sind so zu beschreiben, dass <strong>der</strong> Bewerber ihreAuswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilenkann.(4) Die "Hinweise für das Aufstellen <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung" in Abschnitt 0 <strong>der</strong>Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, DIN 18299 ff., sind zubeachten.4. (1) Bei <strong>der</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> sind die verkehrsüblichen Bezeichnungen zubeachten.Technische Spezifikationen5. Die technischen Anfor<strong>der</strong>ungen (Spezifikationen - siehe Anhang TS Nr. 1) an denAuftragsgegenstand müssen allen Bietern gleichermaßen zugänglich sein und dürfen denWettbewerb nicht in unzulässiger Weise behin<strong>der</strong>n.6. Die technischen Spezifikationen sind in den Verdingungsunterlagen zu formulieren(1) entwe<strong>der</strong> unter Bezugnahme auf die in Anhang TS definierten technischenSpezifikationen in <strong>der</strong> Rangfolgea) nationale Normen, mit denen europäische Normen umgesetzt werden ,b) europäische technische Zulassungenc) gemeinsame technische Spezifikationen ),d) internationale Normen und an<strong>der</strong>e technische Bezugssysteme, die von deneuropäischen Normungsgremien erarbeitet wurden o<strong>der</strong>,


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010e) falls solche Normen und Spezifikationen fehlen, nationale Normen, nationaletechnische Zulassungen o<strong>der</strong> nationale technische Spezifikationen für die Planung,Berechnung und Ausführung von Bauwerken und den Einsatz von Produkten.Jede Bezugnahme ist mit dem Zusatz „o<strong>der</strong> gleichwertig“ zu versehen.(2) o<strong>der</strong> in Form von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen, die genau so zu fassensind, dass sie den Bewerbern o<strong>der</strong> Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstandvermitteln und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen;(3) o<strong>der</strong> als Kombination von Ziffer 1 und 2, d.h.a) in Form von <strong>Leistung</strong>sanfor<strong>der</strong>ungen unter Bezugnahme auf die Spezifikationen gemäßZiffer 1 als Mittel zur Vermutung <strong>der</strong> Konformität mit diesen <strong>Leistung</strong>s- undFunktionsanfor<strong>der</strong>ungen;b) o<strong>der</strong> mit Bezugnahme auf die Spezifikationen gemäß Ziffer 1 hinsichtlich bestimmterMerkmale und mit Bezugnahme auf die <strong>Leistung</strong>s- und Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen gemäßZiffer 2 hinsichtlich an<strong>der</strong>er Merkmale.7. Verweist <strong>der</strong> Auftraggeber in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Aufgabenbeschreibung auf die inNummer 6 Absatz 1 Buchstabe a genannten Spezifikationen, so darf er ein Angebot nichtmit <strong>der</strong> Begründung ablehnen, die angebotene <strong>Leistung</strong> entspräche nicht denherangezogenen Spezifikationen, sofern <strong>der</strong> Bieter in seinem Angebot dem Auftraggebernachweist, dass die von ihm vorgeschlagenen Lösungen den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong>technischen Spezifikation, auf die Bezug genommen wurde, gleichermaßen entsprechen.Als geeignetes Mittel kann eine technische <strong>Beschreibung</strong> des Herstellers o<strong>der</strong> einPrüfbericht einer anerkannten Stelle gelten.8. Legt <strong>der</strong> Auftraggeber die technischen Anfor<strong>der</strong>ungen in Form von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong>Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen fest, so darf er ein Angebot, das einer nationalen Norm, mit <strong>der</strong>eine europäische Norm umgesetzt wird o<strong>der</strong> einer europäischen technischen Zulassung,einer gemeinsamen technischen Spezifikation, einer internationalen Norm o<strong>der</strong> einemtechnischen Bezugssystem, das von den europäischen Normungsgremien erarbeitet wurde,entspricht, nicht zurückweisen, wenn diese Spezifikationen die von ihm gefor<strong>der</strong>ten<strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen betreffen. Der Bieter muss in seinem Angebotmit geeigneten Mitteln dem Auftraggeber nachweisen, dass die <strong>der</strong> Norm entsprechendejeweilige <strong>Leistung</strong> den <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen des Auftraggebersentspricht. Als geeignetes Mittel kann eine technische <strong>Beschreibung</strong> des Herstellers o<strong>der</strong>ein Prüfbericht einer anerkannten Stelle gelten.9. Schreibt <strong>der</strong> Auftraggeber Umwelteigenschaften in Form von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong>Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen vor, so kann er die Spezifikationen verwenden, die ineuropäischen, multinationalen Umweltgütezeichen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Umweltgütezeichendefiniert sind, wenna) sie sich zur Definition <strong>der</strong> Merkmale des Auftragsgegenstands eignen,b) die Anfor<strong>der</strong>ungen des Umweltgütezeichen auf Grundlage von wissenschaftlichabgesicherten Informationen ausgearbeitet werden;c) die Umweltgütezeichen im Rahmen eines Verfahrens erlassen werden, an deminteressierte Kreise - wie z.B. staatliche Stellen, Verbraucher, Hersteller, Händler undUmweltorganisationen - teilnehmen können, undd) wenn das Gütezeichen für alle Betroffenen zugänglich und verfügbar ist.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Der Auftraggeber kann in den Vergabeunterlagen angeben, dass bei <strong>Leistung</strong>en, die miteinem Umweltgütezeichen ausgestattet sind, vermutet wird, dass sie den in denVerdingungsunterlagen festlegten technischen Spezifikationen genügen. Der Auftraggebermuss jedoch jedes an<strong>der</strong>e geeignete Beweismittel, wie technische Unterlagen desHerstellers o<strong>der</strong> Prüfberichte anerkannter Stellen, akzeptieren. Anerkannte Stellen sind diePrüf- und Eichlaboratorien sowie die Inspektions- und Zertifizierungsstellen, die mit denanwendbaren europäischen Normen übereinstimmen. Der Auftraggeber erkenntBescheinigungen von in an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten ansässigen Stellen an.10. Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischenSpezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion o<strong>der</strong> Herkunft o<strong>der</strong> ein beson<strong>der</strong>esVerfahren o<strong>der</strong> auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs o<strong>der</strong> einerbestimmten Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen o<strong>der</strong>bestimmte Produkte begünstigt o<strong>der</strong> ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedochausnahmsweise zulässig, wenn <strong>der</strong> Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau undallgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz„o<strong>der</strong> gleichwertig“ zu versehen.<strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sverzeichnis11. Die <strong>Leistung</strong> soll in <strong>der</strong> Regel durch eine allgemeine Darstellung <strong>der</strong> Bauaufgabe(Baubeschreibung) und ein in Teilleistungen geglie<strong>der</strong>tes <strong>Leistung</strong>sverzeichnisbeschrieben werden.12. Erfor<strong>der</strong>lichenfalls ist die <strong>Leistung</strong> auch zeichnerisch o<strong>der</strong> durch Probestücke darzustelleno<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s zu erklären, z.B. durch Hinweise auf ähnliche <strong>Leistung</strong>en, durch Mengeno<strong>der</strong>statische Berechnungen. Zeichnungen und Proben, die für die Ausführungmaßgebend sein sollen, sind eindeutig zu bezeichnen.13. <strong>Leistung</strong>en, die nach den Vertragsbedingungen, den Technischen Vertragsbedingungeno<strong>der</strong> <strong>der</strong> gewerblichen Verkehrssitte zu <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> gehören (<strong>§</strong> 2 Nr. 1<strong>VOB</strong>/B), brauchen nicht beson<strong>der</strong>s aufgeführt zu werden.14. Im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis ist die <strong>Leistung</strong> <strong>der</strong>art aufzuglie<strong>der</strong>n, dass unter einerOrdnungszahl (Position) nur solche <strong>Leistung</strong>en aufgenommen werden, die nach ihrertechnischen Beschaffenheit und für die Preisbildung als in sich gleichartig anzusehen sind.Ungleichartige <strong>Leistung</strong>en sollen unter einer Ordnungszahl (Sammelposition) nurzusammengefasst werden, wenn eine Teilleistung gegenüber einer an<strong>der</strong>en für die Bildungeines Durchschnittspreises ohne nennenswerten Einfluss ist.<strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm15. Wenn es nach Abwägen aller Umstände zweckmäßig ist, abweichend von Nr. 11zusammen mit <strong>der</strong> Bauausführung auch den Entwurf für die <strong>Leistung</strong> dem Wettbewerb zuunterstellen, um die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowiefunktionsgerechte Lösung <strong>der</strong> Bauaufgabe zu ermitteln, kann die <strong>Leistung</strong> durch ein<strong>Leistung</strong>sprogramm dargestellt werden.16. (1) Das <strong>Leistung</strong>sprogramm umfasst eine <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> Bauaufgabe, aus <strong>der</strong> dieBewerber alle für die Entwurfsbearbeitung und ihr Angebot maßgebenden Bedingungen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010und Umstände erkennen können und in <strong>der</strong> sowohl <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> fertigen <strong>Leistung</strong> alsauch die an sie gestellten technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen undfunktionsbedingten Anfor<strong>der</strong>ungen angegeben sind, sowie gegebenenfalls einMusterleistungsverzeichnis, in dem die Mengenangaben ganz o<strong>der</strong> teilweise offengelassen sind.(2) Die Nummern 12 bis 14 gelten sinngemäß.17. Von dem Bieter ist ein Angebot zu verlangen, das außer <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> denEntwurf nebst eingehen<strong>der</strong> Erläuterung und eine Darstellung <strong>der</strong> Bauausführung sowieeine eingehende und zweckmäßig geglie<strong>der</strong>te <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> - gegebenenfallsmit Mengen- und Preisangaben für Teile <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> - umfasst. Bei <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong><strong>Leistung</strong> mit Mengen- und Preisangaben ist vom Bieter zu verlangen, dass era) die Vollständigkeit seiner Angaben, insbeson<strong>der</strong>e die von ihm selbst ermitteltenMengen, entwe<strong>der</strong> ohne Einschränkung o<strong>der</strong> im Rahmen einer in denVerdingungsunterlagen anzugebenden Mengentoleranz vertritt, und dass erb) etwaige Annahmen, zu denen er in beson<strong>der</strong>en Fällen gezwungen ist, weil zumZeitpunkt <strong>der</strong> Angebotsabgabe einzelne Teilleistungen nach Art und Menge noch nichtbestimmt werden können (z.B. Aushub-, Abbruch- o<strong>der</strong> Wasserhaltungsarbeiten) -erfor<strong>der</strong>lichenfalls anhand von Plänen und Mengenermittlungen - begründet.<strong>81.</strong>1 Vergleichbare Regelungen4051Der Vorschrift des <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A vergleichbar sind im Bereich <strong>der</strong> <strong>VOB</strong> <strong>§</strong> 9b <strong>VOB</strong>/A, imBereich <strong>der</strong> VOF <strong>§</strong> 8 VOF und im Bereich <strong>der</strong> VOL <strong>§</strong><strong>§</strong> 8, 8a, 8b VOL/A. DieKommentierungen zu diesen Vorschriften können daher ergänzend zu <strong>der</strong> Kommentierungdes <strong>§</strong> 9 herangezogen werden.<strong>81.</strong>2 Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A 20064052In <strong>§</strong> 9 sind in den Nummern 5 – 10 Regelungen über technische Spezifikationen neuaufgenommen.<strong>81.</strong>3 Bieterschützende Vorschrift<strong>81.</strong>3.1 <strong>§</strong> 9 Nr. 14053Die Vorschrift zielt darauf ab, den Bietern eine klare Kalkulationsgrundlage zu liefern.Zugleich - und damit korrespondierend - hat sie den Zweck, die Vergleichbarkeit <strong>der</strong>Angebote zu sichern. Dass die eindeutige und erschöpfende <strong>Leistung</strong>sbeschreibung auchzutreffend in dem Sinne sein muss, dass die Ausführung <strong>der</strong> beschriebenen <strong>Leistung</strong> allerVoraussicht nach zur Erreichung des seitens des Auftraggebers mit dem Auftrag verfolgtenZwecks führt, wird in <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A zwar zumindest nicht ausdrücklich gesagt, kann jedoch dieGrundvoraussetzung dafür sein, dass die <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>en eine hinreichendeKalkulationsgrundlage bildet. Soweit <strong>Leistung</strong>en wegen ersichtlicher Unausführbarkeit nicht


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010verlässlich kalkuliert werden können, stellen sie keine hinreichende Basis für einen Vergleich<strong>der</strong> Angebote dar. Eine unzutreffende <strong>Leistung</strong>sbeschreibung kann insoweit Bieterrechteverletzen (VK Südbayern, B. v. 08.06.2006 - Az.: 14-05/06; VK Baden-Württemberg, B. v.26.07.2005 - Az.: 1 VK 39/05; 1. VK Bund, B. v. 6.3.2002 - Az.: VK 1 - 05/02;Saarländisches OLG, B. v. 23.11.2005 - Az.: 1 Verg 3/05; B. v. 29.09.2004 - Az.: 1 Verg6/04; VK Hamburg, B. v. 30.07.2007 - Az.: VgK FB 6/07; 1. VK Brandenburg, B. v.18.01.2007 - Az.: 1 VK 41/06 für den vergleichbaren <strong>§</strong> 8 Nr. 1 VOL/A; 2. VK Bund, B. v.16.02.2004 - Az.: VK 2 – 22/04). Der Wortlaut <strong>der</strong> Nr. 1 des <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A hat also eindeutigeine bieterschützende Tendenz. Ist das Nachprüfungsverfahren im Falle europaweiterPublizität des Vergabeverfahrens eröffnet, so kann ein Bieter im Falle eines Verstoßes gegen<strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A die Wie<strong>der</strong>holung des Vergabeverfahrens erzwingen (VK Lüneburg, B. v.29.1.2004 - Az.: 203-VgK-40/ 2003, B. v. 30.10.2003 - Az.: 203-VgK-21/2003).<strong>81.</strong>3.2 <strong>§</strong> 9 Nr. 2, Nr. 3 Abs. 1, Nr. 4 Abs. 1, Nr. 1040544055Die entsprechenden Vorschriften <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A dienen <strong>der</strong> Chancengleichheit <strong>der</strong> Bieter unddem Schutz vor einer unangemessenen Überbürdung von Risiken durch den Auftraggeber(Saarländisches OLG, B. v. 29.09.2004 - Az.: 1 Verg 6/04; OLG Düsseldorf, B. v. 5.12.2001 -Az.: Verg 32/01).<strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A hat bieterschützende Funktion. Die Aufrechterhaltung einesfunktionierenden Wettbewerbes dient <strong>der</strong> Wahrung <strong>der</strong> Bieterrechte; diese können sichauf die Verletzung des Gebots zur produktneutralen Ausschreibung berufen (BayObLG, B. v.15.09.2004 - Az.: Verg 026/03; im Ergebnis ebenso VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.:39-12/06; B. v. 28.04.2005 - Az.: 13-03/05).<strong>81.</strong>4 Grundsatz<strong>81.</strong>4.1 Rechtsprechung40564056/1Die in <strong>§</strong> 9 geregelten Anfor<strong>der</strong>ungen an die Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung sindsowohl für das Vergabeverfahren als auch für die spätere Vertragsdurchführung mitdem erfolgreichen Bieter von fundamentaler Bedeutung. Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibungbildet dabei das Kernstück <strong>der</strong> Vergabeunterlagen (VK Lüneburg, B. v. 12.01.2007 - Az.:VgK-33/2006; B. v. 12.4.2002 - Az.: 203-VgK-05/2002; VK Südbayern, B. v. 26.06.2008 -Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08).Die Regelung des <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A zählt zu den Zentralnormen des Vergaberechts. Siestellt nicht nur inhaltliche Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>, die als "invitatioad offerendum" den wesentlichen Inhalt des zu schließenden Vertrages bestimmt. <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/Aist darüber hinaus unmittelbarer Ausfluss <strong>der</strong> in <strong>§</strong> 97 Abs. 1 und 2 GWB enthaltenenGrundsätze einer transparenten, die Bieter gleich behandelnden Vergabe imWettbewerb (2. VK Hessen, B. v. 26.04.2007 - Az.: 69 d VK - 08/2007; VK Südbayern, B.v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08).Kennzeichnend für den Inhalt einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung sind individuell aufgestellteRegelungen zur Bauausführung, zur Verwendung und zum Einbau von Materialien und


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Stoffen, die sich in einer solchen Ausführlichkeit nicht im <strong>Leistung</strong>sverzeichniswie<strong>der</strong>finden. Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist daher unverzichtbarer Erklärungsinhaltjeden Angebotes (1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 17.04.2007 - Az.: 1 VK LVwA 04/07).4057leer<strong>81.</strong>5 Festlegung <strong>der</strong> Bauaufgabe und damit Festlegung des Inhalts<strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung<strong>81.</strong>5.1 Allgemeines4058Es ist Sache des Auftraggebers, zu entscheiden, welche Bauaufgabe verwirklicht werdensoll. Der öffentliche Auftraggeber ist also grundsätzlich frei in <strong>der</strong> Definition dessen, was erbeschaffen möchte (OLG Düsseldorf, B. v. 17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09; B. v.09.12.2009 - Az.: VII-Verg 37/09; B. v. 22.10.2009 - Az.: VII-Verg 25/09; B. v. 04.03.2009 -Az.: VII-Verg 67/08; B. v. 17.11.2008 - Az.: VII-Verg 52/08; B. v. 26.07.2006 - Az.: VII -Verg 19/06; B. v. 14.04.2005 - Az.: VII - Verg 93/04; OLG München, B. v. 05.11.2009 - Az.:Verg 15/09; B. v. 02.03.2009 - Az.: Verg 01/09; B. v. 28.07.2008 - Az.: Verg 10/08; OLGNaumburg, B. v. 05.12.2008 - Az.: 1 Verg 9/08; OLG Schleswig-Holstein, B. v. 19.01.2007 -Az.: 1 Verg 14/06; Thüringer OLG, B. v. 06.06.2007 - Az.: 9 Verg 3/07; B. v. 26.06.2006 -Az.: 9 Verg 2/06; LSG Baden-Württemberg, B. v. 17.02.2009 - Az.: L 11 WB 381/09; LSGNordrhein-Westfalen, B. v. 19.11.2009 - Az.: L 21 KR 55/09 SFB; B. v. 08.10.2009 - Az.: L21 KR 39/09 SFB; B. v. 24.08.2009 - Az.: L 21 KR 45/09 SFB; VK Baden-Württemberg, B.v. 28.05.2009 - Az.: 1 VK 21/09; VK Brandenburg, B. v. 17.12.2009 - Az.: VK 21/09; B. v.15.02.2006 - Az.: 2 VK 82/05; B. v. 21.09.2005 - Az.: 2 VK 54/05; VK Berlin, B. v.09.02.2009 - Az.: VK-B 1-28/08; 1. VK Bund, B. v. 20.01.2010 - Az.: VK 1 - 233/09; B. v.10.12.2009 - Az.: VK 1 - 188/09; B. v. 04.12.2009 - Az.: VK 1 - 203/09; B. v. 26.11.2009 -Az.: VK 1 - 197/09; B. v. 10.11.2009 – Az.: VK 1 – 191/09; B. v. 30.07.2008 - Az.: VK 1 -90/08; 2. VK Bund, B. v. 09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09; B. v. 14.10.2009 - Az.: VK 2 –174/09; B. v. 31.08.2009 - Az.: VK 2 – 108/09; B. v. 15.05.2009 - Az.: VK 2 – 21/09; B. v.20.04.2009 - Az.: VK 1 - 13/09; B. v. 15.09.2008 - Az.: VK 2 – 94/08; B. v. 22.08.2008 - Az.:VK 2 – 73/08; 3. VK Bund, B. v. 01.10.2009 - Az.: VK 3 - 172/09; B. v. 21.08.2009 - Az.:VK 3 - 154/09; B. v. 26.03.2009 - Az.: VK 3 – 43/09; B. v. 20.03.2009 - Az.: VK 3 - 40/09;B. v. 20.03.2009 – Az.: VK 3 – 34/09; B. v. 20.03.2009 – Az.: VK 3 – 22/09; B. v.23.01.2009 - Az.: VK 3 - 194/08; B. v. 05.03.2008 - Az.: VK 3 - 32/08; VK Hessen, B. v.10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007; VKMünster, B. v. 18.03.2010 - Az.: VK 1/10; B. v. 07.10.2009 - Az.: VK 18/09; B. v.20.04.2005 - Az.: VK 6/05; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 16.11.2009 - Az.: VgK-62/2009; VKNordbayern, B. v. 10.02.2010 - Az.: 21.VK - 3194 - 01/10; B. v. 28.10.2009 - Az.: 21.VK -3194 - 46/09; B. v. 21.04.2009 - Az.: 21.VK - 3194 - 10/09; B. v. 16.04.2008 - Az.: 21.VK -3194 – 14/08; B. v. 13.02.2007 – Az.: 21.VK - 3194 - 02/07; B. v. 16.01.2007 - Az.: 21.VK -3194 - 43/06; 3. VK Saarland, B. v. 07.09.2009 - Az.: 3 VK 01/2009; 1. VK Sachsen, B. v.06.03.2009 - Az.: 1/SVK/001-09; B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/042-08; B. v. 29.08.2008 -Az.: 1/SVK/041-08; VK Schleswig-Holstein, B. v. 22.07.2009 - Az.: VK-SH 06/09; B. v.28.11.2006 – Az.: VK-SH 25/06; VK Südbayern, B. v. 21.07.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-23-06/08; B. v. 29.01.2007 - Az.: 39-12/06; B. v. 29.05.2006 - Az.: 12-04/06). Das Risiko, dass<strong>der</strong> von ihm bestimmte <strong>Leistung</strong>sgegenstand sich als nicht geeignet zur Erreichung <strong>der</strong> mitihm verfolgten Zwecke erweist, trägt <strong>der</strong> Auftraggeber (1. VK Bund, B. v. 6.3.2002 - Az.: VK


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20101 - 05/02; im Ergebnis ebenso VK Lüneburg, B. v. 18.06.2004 - Az.: 203-VgK-29/2004, B. v.18.12.2003 - Az.: 203-VgK-35/2003). We<strong>der</strong> im Vergabeverfahren noch imNachprüfungsverfahren ist für die am Auftrag interessierten Unternehmen Raum, eigene,insbeson<strong>der</strong>e abän<strong>der</strong>nde Vorstellungen hinsichtlich des Auftragsgegenstandesanzubringen o<strong>der</strong> gar gegen den Auftraggeber durchzusetzen (OLG Düsseldorf, B. v.17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09; B. v. 04.03.2009 - Az.: VII-Verg 67/08).4058/14058/24059Das Vergabeverfahren und ein sich daran anschließendes Vergabenachprüfungsverfahrendienen grundsätzlich allein dazu, den Vertragspartner für den vom Auftraggebereinseitig festgesetzten Auftragsgegenstand zu finden. Sie können nicht dazu benutztwerden, um Vorstellungen des Unternehmers über einen an<strong>der</strong>en Auftragsgegenstand zuverfolgen o<strong>der</strong> gar durchzusetzen. An<strong>der</strong>s ist dies in gewissem Umfange nur dann, wenn <strong>der</strong>Auftraggeber den Auftragsgegenstand nicht vollständig selbst beschreibt und demUnternehmer Raum für eigene Vorstellungen (z.B. mittels <strong>der</strong> Zulassung vonNebenangeboten, Alternativpositionen o<strong>der</strong> einer funktionellen Ausschreibung) zubilligt(OLG Düsseldorf, B. v. 04.03.2009 - Az.: VII-Verg 67/08).Die Bestimmung des Auftragsgegenstands ist einer etwaigen Ausschreibung undVergabe vorgelagert und muss vom öffentlichen Auftraggeber erst einmal in einer zu einerNachfrage führenden Weise getroffen werden, bevor die Vergabe und das Vergabeverfahrenbetreffende Belange <strong>der</strong> an <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>serbringung interessierten Unternehmen berührt seinkönnen. Dagegen können Bieter nicht mit Erfolg beanspruchen, dem Auftraggeber einean<strong>der</strong>e <strong>Leistung</strong> mit an<strong>der</strong>en Beschaffungsmerkmalen und Eigenschaften, als von ihm in denVerdingungsunterlagen festgelegt worden ist, anzudienen (OLG Düsseldorf, B. v. 17.02.2010- Az.: VII-Verg 42/09).Schon in Ermangelung entsprechen<strong>der</strong> vergaberechtlicher Vorschriften, <strong>der</strong>en Einhaltungüberprüft werden könnte, ist es auch nicht Aufgabe vergaberechtlicherNachprüfungsinstanzen und liegt auch nicht in <strong>der</strong>en Kompetenz, zu überprüfen, obdieser Bedarf in sinnvoller Weise definiert wurde o<strong>der</strong> ob an<strong>der</strong>e als die nachgefragtenVarianten vorteilhafter bzw. wirtschaftlicher wären (OLG Düsseldorf, B. v. 09.12.2009 -Az.: VII-Verg 37/09; B. v. 17.11.2008 - Az.: VII-Verg 52/08; B. v. 06.07.2005 - Az.: VII -Verg 26/05; B. v. 14.04.2005 - Az.: VII - Verg 93/04; OLG München, B. v. 02.03.2009 - Az.:Verg 01/09; B. v. 28.07.2008 - Az.: Verg 10/08; VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 -Az.: 1 VK 21/09; 3. VK Bund, B. v. 26.03.2009 - Az.: VK 3 – 43/09; VK Hessen, B. v.10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007; 2. VKBund, B. v. 15.09.2008 - Az.: VK 2 – 94/08; VK Münster, B. v. 20.04.2005 - Az.: VK 6/05;1. VK Sachsen, B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/042-08; B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/041-08; VK Schleswig-Holstein, B. v. 22.07.2009 - Az.: VK-SH 06/09; B. v. 28.11.2006 – Az.:VK-SH 25/06; VK Südbayern, B. v. 21.07.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-23-06/08; B. v.29.01.2007 - Az.: 39-12/06; VK Thüringen, B. v. 08.05.2008 - Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G). An<strong>der</strong>s als z. B. bei <strong>der</strong> Frage, in welcher Weise die <strong>Leistung</strong> auszuschreiben ist o<strong>der</strong>welcher Bieter im Einklang mit dem Vergaberecht den Zuschlag erhalten darf, ist <strong>der</strong>Auftraggeber bei <strong>der</strong> Formulierung des Bedarfs grundsätzlich autonom. Der öffentlicheAuftraggeber muss als späterer Nutzer <strong>der</strong> nachgefragten <strong>Leistung</strong> schließlich ambesten wissen, was er braucht (VK Baden-Württemberg, B. v. 17.03.2004 - Az.: 1 VK12/04; 1. VK Bund, B. v. 30.07.2008 - Az.: VK 1 - 90/08; B. v. 8.1.2004 - Az.: VK 1 -117/03; 2. VK Bund, B. v. 15.09.2008 - Az.: VK 2 – 94/08; B. v. 22.08.2008 - Az.: VK 2 –73/08; 3. VK Bund, B. v. 05.03.2008 - Az.: VK 3 - 32/08; 1. VK Sachsen, B. v. 06.03.2009 -Az.: 1/SVK/001-09; B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/042-08; B. v. 29.08.2008 - Az.:1/SVK/041-08; VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.: 39-12/06).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201040604060/0406140624062/14062/1,14062/2Dies gilt selbst dann, wenn eine vom Bieter angebotene Technologie zwar nicht den sich ausdem <strong>Leistung</strong>sverzeichnis konkludent ergebenden, objektiven gesetzlichen Konsequenzen,wohl aber den im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis nie<strong>der</strong>gelegten Anfor<strong>der</strong>ungen entspricht. Beschließtalso beispielsweise eine Vergabestelle, ein Auto zu beschaffen, ohne im <strong>Leistung</strong>sverzeichniseine TÜV-Zulassung zu verlangen, so braucht auch nur ein Auto ohne TÜV-Zulassungangeboten zu werden, auch wenn die Vergabestelle erkennbar vorhat, später damit amöffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen. Ob und wie sich die Vergabestelle diese TÜV-Zulassung später besorgt, ist nicht Sache des Bieters (VK Baden-Württemberg, B. v.17.03.2004 - Az.: 1 VK 12/04).Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben we<strong>der</strong> eine bestmögliche noch eine möglichstrisikolose Beschaffung durch den öffentlichen Auftraggeber sicherzustellen. Wie einPrivater hat <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber allein die Art <strong>der</strong> zu vergebenden <strong>Leistung</strong> und denAuftragsgegenstand zu bestimmen. Wenn <strong>der</strong> Auftraggeber durch die <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong><strong>Leistung</strong> - z.B. durch Aufstellen bestimmter, von den Angeboten (lediglich) einzuhalten<strong>der</strong>Mindestanfor<strong>der</strong>ungen - gewisse Risiken im Hinblick auf den angestrebten <strong>Leistung</strong>serfolg inKauf nehmen will, ist dies von den Vergabenachprüfungsinstanzen hinzunehmen (OLGDüsseldorf, B. v. 09.12.2009 - Az.: VII-Verg 37/09).Das Vergaberecht regelt grundsätzlich nicht das "Ob" o<strong>der</strong> "Was" einer Beschaffung, son<strong>der</strong>nlediglich das "Wie". Sofern an die Beschaffenheit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> keine ungewöhnlichenAnfor<strong>der</strong>ungen gestellt werden, ist es deshalb vergaberechtlich auch nicht zu beanstanden,wenn <strong>der</strong> Auftraggeber mit <strong>der</strong> bisherigen Bedarfsdeckung zufrieden ist und daher dennunmehr zu vergebenden neuen öffentlichen Auftrag unter Verwendung ähnlicher o<strong>der</strong>gleicher Bedingungen dem Wettbewerb unterstellt (VK Lüneburg, B. v. 07.09.2005 - Az.:VgK-38/2005).Die Vergabestelle ist auch nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichstalle auf dem Markt agierenden Teilnehmer leistungs- und angebotsfähig sind (LSGNordrhein-Westfalen, B. v. 19.11.2009 - Az.: L 21 KR 55/09 SFB; VK Hessen, B. v.10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007; VKMünster, B. v. 20.04.2005 - Az.: VK 6/05; VK Nordbayern, B. v. 16.04.2008 - Az.: 21.VK -3194 – 14/08; 3. VK Saarland, B. v. 07.09.2009 - Az.: 3 VK 01/2009; 1. VK Sachsen, B. v.06.03.2009 - Az.: 1/SVK/001-09; B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/042-08; B. v. 29.08.2008 -Az.: 1/SVK/041-08; VK Schleswig-Holstein, B. v. 22.07.2009 - Az.: VK-SH 06/09; B. v.28.11.2006 – Az.: VK-SH 25/06; VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.: 39-12/06; VKThüringen, B. v. 08.05.2008 - Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G).Dies gilt auch im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs (OLG Schleswig-Holstein, B. v.19.01.2007 - Az.: 1 Verg 14/06; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 – Az.: VK-SH25/06).Der Auftraggeber darf in <strong>der</strong> Beschaffenheit seines Produktes auch von technischenRegelwerken abweichen (VK Brandenburg, B. v. 17.12.2009 - Az.: VK 21/09).Dem öffentlichen Auftraggeber muss es darüber hinaus möglich sein, im Verlaufe desVerfahrens gewonnenen Erkenntnisse zu verwerten; an<strong>der</strong>enfalls würde <strong>der</strong>Auftraggeber dazu verpflichtet, ein Produkt zu kaufen, von dem er bereits im Zeitpunkt<strong>der</strong> Zuschlagserteilung weiß, dass es seine Bedürfnisse nicht optimal befriedigt. Ein<strong>der</strong>artiges Ergebnis stünde nicht im Einklang mit den Grundsätzen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit und


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Sparsamkeit, zu <strong>der</strong>en Einhaltung öffentliche Stellen verpflichtet sind (3. VK Bund, B. v.21.08.2009 - Az.: VK 3 - 154/09).4062/34062/4Was ein öffentlicher Auftraggeber beschafft, obliegt grundsätzlich allein seiner Entscheidung,er bestimmt, welche <strong>Leistung</strong>seigenschaften und -inhalte <strong>der</strong> Auftragsgegenstand seinerAuffassung nach haben soll und umgekehrt, welche weiteren Kriterien für ihn möglicherweisenicht relevant sind. Ein Vergaberechtsverstoß liegt also nicht bereits darin, dass einöffentlicher Auftraggeber Vorgaben an den Inhalt <strong>der</strong> Angebote stellt, die auch solcheAngebote erfüllen, die aus Sicht eines Bieters die Beson<strong>der</strong>heiten des von ihmangebotenen Produkts nicht hinreichend berücksichtigen (1. VK Bund, B. v. 26.11.2009 -Az.: VK 1 - 197/09).Ausgangspunkt <strong>der</strong> Angebotsvergleichbarkeit ist die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung, <strong>der</strong>en ErstellungSache des öffentlichen Auftraggebers ist, <strong>der</strong> sich an seinem Beschaffungsbedarf orientiert.Daher obliegt es zunächst ihm allein festzulegen, welche <strong>Leistung</strong>seigenschaften und -inhalte <strong>der</strong> Auftragsgegenstand seiner Auffassung nach haben soll und umgekehrt,welche weiteren Kriterien für ihn möglicherweise nicht relevant sind, soweit dies nur füralle Bieter hinreichend deutlich und transparent wird. Solche weiteren Kriterien, die für denöffentlichen Auftraggeber nicht relevant sind, können bei objektiver Betrachtung daherdurchaus Produktunterschiede charakterisieren; sie führen jedoch nicht dazu, dass dieseProdukte im Rahmen <strong>der</strong> betreffenden Ausschreibung nicht miteinan<strong>der</strong> verglichen werdenkönnten – vorausgesetzt, diese Güter genügen gleichermaßen den Anfor<strong>der</strong>ungen desöffentlichen Auftraggebers. Ein Vergaberechtsverstoß liegt also nicht bereits darin, dass einöffentlicher Auftraggeber Vorgaben an den Inhalt <strong>der</strong> Angebote stellt, die auch solcheAngebote erfüllen, die aus Sicht eines Bieters unterschiedliche Eigenschaften aufweisen undsomit (ebenfalls aus Sicht des Bieters) nicht untereinan<strong>der</strong> vergleichbar sind. Maßgeblich istvielmehr die Sicht des öffentlichen Auftraggebers als Nachfrager. Die abgegebenenAngebote müssen daher lediglich geeignet sein, den in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibungeindeutig und erschöpfend beschriebenen Bedarf des öffentlichen Auftraggebers zudecken (1. VK Bund, B. v. 20.01.2010 - Az.: VK 1 - 233/09).<strong>81.</strong>5.2 Begrenzung durch die Grundsätze des Wettbewerbs, <strong>der</strong>Transparenz und <strong>der</strong> Gleichbehandlung4063Die Definitionsmacht des öffentlichen Auftraggebers hinsichtlich desBeschaffungsgegenstandes wird allerdings begrenzt durch die Verpflichtung, denvergaberechtlichen Grundsätzen des Wettbewerbs, <strong>der</strong> Transparenz und <strong>der</strong>Gleichbehandlung Rechnung zu tragen (VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 - Az.: 1VK 21/09; 2. VK Bund, B. v. 09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09; B. v. 31.08.2009 - Az.: VK 2– 108/09; B. v. 15.05.2009 - Az.: VK 2 – 21/09; B. v. 20.04.2009 - Az.: VK 1 - 13/09B. v.22.08.2008 - Az.: VK 2 – 73/08; 3. VK Bund, B. v. 01.10.2009 - Az.: VK 3 - 172/09; VKNordbayern, B. v. 10.02.2010 - Az.: 21.VK - 3194 - 01/10; B. v. 16.04.2008 - Az.: 21.VK -3194 – 14/08; VK Hessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.:69 d VK – 29/2007; 1. VK Sachsen, B. v. 06.03.2009 - Az.: 1/SVK/001-09; VK Schleswig-Holstein, B. v. 22.07.2009 - Az.: VK-SH 06/09). Eine willkürliche Diskriminierung vonBietern im Wege <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist daher unzulässig, und eine<strong>Leistung</strong>sbeschreibung darf nicht in solchem Maße fehlerhaft sein, dass eine Vergleichbarkeit<strong>der</strong> auf ihr basierenden Angebote schlechterdings ausgeschlossen erscheint (2. VK Bund, B.v. 22.08.2008 - Az.: VK 2 – 73/08; 1. VK Bund, B. v. 6.3.2002 - Az.: VK 1 - 05/02; VKLüneburg, B. v. 18.12.2003 - Az.: 203-VgK-35/2003).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201040644064/14064/24064/3Der öffentliche Auftraggeber und die Vergabenachprüfungsinstanzen müssen auch auf dieAbgrenzung achten, ob das einer Ausschreibung zugrunde gelegte <strong>Leistung</strong>sprofil <strong>der</strong>allein <strong>der</strong> Disposition <strong>der</strong> Vergabestelle überlassenen "Bauleistung" im Sinn von <strong>§</strong> 1<strong>VOB</strong>/A zuzurechnen ist o<strong>der</strong> aber innerhalb dieses Rahmens als produkt- bzw.verfahrensspezifische Beschränkung zu gelten hat, die den bieterschützendenAnfor<strong>der</strong>ungen des <strong>§</strong> 9 Nr. 5 <strong>VOB</strong>/A unterliegt. Maßgebend für diese Abgrenzung sind die -anhand <strong>der</strong> Einzelfallumstände zu ermittelnden - mit dem Beschaffungsprojekt verfolgtenZiele und Zwecke (Thüringer OLG, B. v. 26.06.2006 - Az.: 9 Verg 2/06; VK Nordbayern, B.v. 16.04.2008 - Az.: 21.VK - 3194 – 14/08).Seine Grenzen findet die Dispositionsfreiheit auch im Gebot <strong>der</strong> Losaufteilung, wie er in<strong>§</strong> 97 Abs. 3 GWB bzw. <strong>§</strong> 5 Nr. 1 VOL/A nie<strong>der</strong>gelegt ist (2. VK Bund, B. v. 15.09.2008 -Az.: VK 2 – 94/08). Vgl. dazu die Kommentierung zu <strong>§</strong> 97 Abs. 3 GWB RZ 268.Seine Grenzen findet die Dispositionsfreiheit auch dann, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber eine ausrechtlichen Gründen unmögliche, objektiv nicht erfüllbare <strong>Leistung</strong> ausgeschriebenhätte, o<strong>der</strong> er - um im Sinne des <strong>§</strong> 16 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A bzw. VOL/A eine Vergabereifeherzustellen - verpflichtet gewesen wäre, eine gegebenenfalls erfor<strong>der</strong>liche öffentlichrechtlicheGenehmigung z.B. für eine von ihm geplante Entsorgung herbeizuführen o<strong>der</strong>insoweit wenigstens die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit zu klären (OLG Düsseldorf, B. v.17.11.2008 - Az.: VII-Verg 52/08).Die Freiheit des öffentlichen Auftraggebers, seinen Bedarf autonom zu definieren, besteht nurinnerhalb <strong>der</strong> Grenzen des Vergaberechts. Diese Grenzen sind überschritten, wenn dieBestimmung des Beschaffungsgegenstandes gegen den Grundsatz <strong>der</strong> produktneutralenAusschreibung verstößt (OLG München, B. v. 05.11.2009 - Az.: Verg 15/09; 2. VK Bund,B. v. 09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09; B. v. 14.10.2009 - Az.: VK 2 – 174/09; B. v.20.04.2009 - Az.: VK 1 - 13/09).<strong>81.</strong>5.3 Festlegung des Sicherheitsniveaus einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung40654066Es ist Aufgabe <strong>der</strong> Vergabestelle bereits in <strong>der</strong> Vorphase eines Vergabeverfahrens, dasSicherheitsniveau festzulegen, nach dem die ausgeschriebenen Bauarbeiten auszuführensind. Diese Festlegung gilt in allererster Linie bereits für das <strong>der</strong> Ausschreibungskonzeptionzugrunde zu legende Sicherheitskonzept.Hierbei verbleibt <strong>der</strong> Vergabestelle bei allen die Sicherheit <strong>der</strong> Baumaßnahmen z. B. imKanalbau betreffenden Fragen auch nach Klärung <strong>der</strong> technischen Aspekte, die mit einzelnenLösungsvorschlägen verbunden sind, grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum, den sie mitihren Wertungen ausfüllen kann. Die Vergabestelle kann sich ohne Verstoß gegenvergaberechtliche Vorschriften unter mehreren möglichen Lösungen, die alle technischdurchführbar und innerhalb einer bestimmten Bandbreite sicher sind, entwe<strong>der</strong> für die eherkonservative, dafür aber bewährte Lösung o<strong>der</strong> für die eher fortschrittliche, dafür aber ausSicht <strong>der</strong> Vergabestelle mit gewissen Risiken behaftete Lösung entscheiden (VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 – Az.: VK-SH 25/06; 2. VK Bund, B. v. 8.10.2003 - Az.: VK 2 -78/03).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>5.4 Bekanntgabe auch <strong>der</strong> später auszuschreibenden Lose?4067Bei <strong>der</strong> getrennten Ausschreibung und Vergabe eines einzelnen Loses ist den Bieternnicht bekannt zu geben, dass <strong>der</strong> Gesamtbedarf ein weiteres, getrennt ausgeschriebenesund zu vergebendes Los umfasst. Dies kann zwar kalkulationsrelevant sein, weil bei <strong>der</strong>Preisermittlung für das erste Angebot die reelle Chance auf die Erteilung des Zuschlags fürden nachfolgenden <strong>Leistung</strong>szeitraum mit berücksichtigt werden kann. Im Ergebnis wirddamit aber die Eröffnung einer Spekulationsmöglichkeit begehrt, denn es ist völlig unsicher,wer den Zuschlag für den Zweitauftrag erhält. Dies ist vom Schutzzweck desTransparenzgebots jedoch nicht umfasst. Die Eröffnung solcherSpekulationsmöglichkeiten steht <strong>der</strong> Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote <strong>der</strong> beteiligten Bieter unddamit den Grundsätzen <strong>der</strong> Gleichbehandlung und Transparenz geradezu entgegen: Um einemöglichst weitgehende Vergleichbarkeit <strong>der</strong> abgegebenen Angebote zu erreichen, sind durchdas Vergaberecht nicht nur Pflichten für den Auftraggeber, z.B. bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>sbeschreibung, festgelegt. Vielmehr ist auch <strong>der</strong> Bieter gehalten, seine Preise seriösund auskömmlich zu kalkulieren (3. VK Bund, B. v. 29.09.2005 - Az.: VK 3 - 121/05).<strong>81.</strong>5.5 Literatur4068• Erdl, Cornelia, Unklare <strong>Leistung</strong>sbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers imVergabe- und im Nachprüfungsverfahren, BauR 2004, 166• Kenter, Carolin, / Brügmann, Klaus, Dominierendes Bestimmungsrecht desAuftraggebers, BauR 2004, 395• Kummermehr, Wolfgang, Angebotsbearbeitung und Kalkulation des Bieters bei unklarer<strong>Leistung</strong>sbeschreibung, BauR 2004, 161• Markus, Jochen, Ansprüche des Auftragnehmers nach wirksamer Zuschlagserteilung bei„unklarer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung“ des Auftraggebers, BauR 2004, 180• Noch, Rainer, nicht immer zwingend – <strong>Leistung</strong>sbeschreibung und subjektive Rechte,Behörden Spiegel, September 2005, 21• Prieß, Hans-Joachim, Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung – Kernstück des Vergabeverfahrens(Teil 1), NZBau 2004, 20• Prieß, Hans-Joachim, Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung – Kernstück des Vergabeverfahrens(Teil 2), NZBau 2004, 87• Quack, Friedrich, Über die Eindeutigkeit von Gesetzen, Vertragstexten und sonstigen<strong>Beschreibung</strong>en einschließlich <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen, ZfBR 2009, 411<strong>81.</strong>6 Notwendigkeit <strong>der</strong> Festlegung strategischer Ziele und<strong>Leistung</strong>sanfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung4069Ein Auftraggeber, <strong>der</strong> im Vorfeld einer Ausschreibung, noch unbeeinflusst von <strong>der</strong>Kenntnis möglicher Angebote <strong>der</strong> Bieter, nicht zumindest eigene strategische Ziele und<strong>Leistung</strong>sanfor<strong>der</strong>ungen definiert, ist im Rahmen einer späteren Wertung <strong>der</strong> Angeboteregelmäßig auch nicht in <strong>der</strong> Lage, die für ihn wesentlichen Nutzen- und Kostenaspekte <strong>der</strong>einzelnen Angebote zu analysieren. Er setzt sich <strong>der</strong> Gefahr aus, seine Zuschlagentscheidungletztlich fremdbestimmt zu treffen. Hierin liegt eine Verletzung des Wettbewerbsprinzips


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010und auch des Diskriminierungsverbotes, weil eine Gleichbehandlung aller Angebote aufdieser Grundlage nicht gewährleistet ist (OLG Naumburg, B. v. 16.9.2002 - Az.: 1 Verg02/02; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 – Az.: VK-SH 25/06).<strong>81.</strong>7 Pflicht <strong>der</strong> Vergabestelle, bestehende Wettbewerbsvorteileund -nachteile potentieller Bieter durch die Gestaltung <strong>der</strong>Vergabeunterlagen "auszugleichen"?<strong>81.</strong>7.1 Allgemeines4070407140724072/1Es ist letztlich Sache <strong>der</strong> Unternehmen, auf welche technischen Verfahren sie sich am Marktspezialisieren. Dies kann in Vergabeverfahren grundsätzlich nicht dazu führen, dassihnen eine wirtschaftliche Ausnutzung eines möglicherweise bestehenden Marktvorteilszum Nachteil ausgelegt wird und ihre Teilnahmechancen am vergaberechtlichenWettbewerb beschnitten werden. Dies liefe dem Wettbewerbsprinzip des <strong>§</strong> 97 Abs. 1 GWBgerade zuwi<strong>der</strong> (OLG Naumburg, B. v. 05.12.2008 - Az.: 1 Verg 9/08; VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 - Az.: 1 VK 21/09; 2. VK Bund, B. v. 14.10.2009 - Az.: VK 2– 174/09; VK Hessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69d VK – 29/2007; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 – Az.: VK-SH 25/06; 2. VKBund, B. v. 8.10.2003 - Az.: VK 2 - 78/03).Auch ist ein Informationsvorsprung nicht per se wettbewerbswidrig (BayObLG, B. v.5.11.2002 - Az.: Verg 22/02; VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 - Az.: 1 VK 21/09).Es ist eine Tatsache, die we<strong>der</strong> abän<strong>der</strong>bar noch zu beanstanden, son<strong>der</strong>n im Gegenteilwünschenswert ist, dass die Bieter in einem Vergabeverfahren unterschiedlicheWettbewerbsvoraussetzungen mitbringen. Es ist die praktische Umsetzung des auch demVergaberecht zugrunde liegenden allgemeinen Wettbewerbsgedankens, <strong>§</strong> 97 Abs. 1 GWB,dass diese vorhandenen Wettbewerbsvorteile bei <strong>der</strong> Angebotserstellung - und zwar auch imRahmen von Nebenangeboten - nutzbar gemacht werden. Es wäre lebensfremd und würdedem Wettbewerbsprinzip zuwi<strong>der</strong>laufen, die Ausnutzung eines <strong>der</strong>artigenWettbewerbsvorteils zu bestrafen, indem <strong>der</strong> Vergabestelle verboten wird, ein daraufbasierendes Angebot zu werten und gegebenenfalls den Zuschlag hierauf zu erteilen, solangedie Vergabestelle nicht ihrerseits den Wettbewerbsvorteil in diskriminieren<strong>der</strong> Weiseverschafft hat (OLG Naumburg, B. v. 05.12.2008 - Az.: 1 Verg 9/08; 2. VK Bund, B. v.14.10.2009 - Az.: VK 2 – 174/09; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 – Az.: VK-SH25/06; VK Hessen, B. v. 13.10.2005 - Az.: 69 d VK – 69/2005; 1. VK Bund, B. v. 11.6.2002 -Az.: VK 1 - 25/02).Ebenso ist ein Kostenvorteil durch mehrere Aufträge nicht zu beanstanden (2. VK Bund,B. v. 18.11.2004 - Az.: VK 2 – 169/04).Die Verpflichtung <strong>der</strong> Vergabestelle, den Auftrag in einem fairen Wettbewerb zuvergeben, beinhaltet nicht die Schaffung identischer Ausgangsbedingungen. Potentiellkalkulationserhebliche Unterschiede, die sich aus <strong>der</strong> Vielfalt privatrechtlicherOrganisationsformen mit verschiedenen Steuerregeln ergeben, können mit demInstrumentarium des Vergaberechts ebenso wenig beseitigt werden wie standortabhängigeUnterschiede (z.B. unterschiedliche Hebesätze bei <strong>der</strong> Gewerbesteuer o<strong>der</strong> niedrigere Steuernim Ausland) (OLG Koblenz, B. v. 28.10.2009 - Az.: 1 Verg 8/09).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104073Vgl. hierzu auch die Kommentierung zu <strong>§</strong> 7 <strong>VOB</strong>/A RZ 3812.<strong>81.</strong>7.2 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung4074• sind vom früheren Betriebsinhaber betriebliche Versorgungsanwartschaften fürArbeitnehmer begründet worden, so haftet dieser im Falle einesBetriebsübergangs nach <strong>§</strong> 613a Abs. 2 Satz 1 BGB nur für die innerhalb einesJahres nach dem Betriebsübergang fällig werdenden Betriebsrentenansprüche.Dies gilt auch, wenn <strong>der</strong> (Teil-)Betriebsübergang (hier: Neuberee<strong>der</strong>ung einesForschungsschiffes) auf <strong>der</strong> Grundlage eines vergaberechtlichenAusschreibungsverfahrens erfolgt ist. Der Betriebsübernehmer ist den ihn treffendennachteiligen Folgen in einem solchen Fall nicht schutzlos ausgeliefert. Zwar können<strong>der</strong> Betriebsübernehmer und <strong>der</strong> alte Betriebsinhaber die zu erwartendenVersorgungslasten nicht - wie bei einem direkten Erwerb - bei <strong>der</strong> Gestaltung desKaufpreises berücksichtigen. Jedoch bleibt es dem Übernehmer im Rahmen desVergabeverfahrens unbenommen, die mit dem Betriebsübergang einhergehendenBelastungen bei seinem Angebot zu berücksichtigen. Der Einwand, ein Bieter seidann aber bei <strong>der</strong> Kalkulierung seines Angebots gegenüber einem an<strong>der</strong>en Bieter, <strong>der</strong>bereits entsprechende Rückstellungen getroffen habe, im Nachteil, hätte, wennüberhaupt, allenfalls im Vergabeverfahren von Bedeutung sein können (BGH, B.v. 19.03.2009 - Az.: III ZR 106/08)• aus <strong>der</strong> Möglichkeit sowohl neue als auch gebrauchte Abfallbehälter in dieAngebote <strong>der</strong> Lose 1 und 2 aufzunehmen, ergibt sich kein unzulässigerWettbewerbsvorteil. Grundsätzlich bleibt es allen Bietern unbenommen, ganz o<strong>der</strong>teilweise neue o<strong>der</strong> gebrauche Behälter aus dem eigenen Unternehmen zur Verfügungzu stellen o<strong>der</strong> - neu o<strong>der</strong> gebraucht - zu erwerben. Möglicherweise entsteht hierausein Vorteil für diejenigen Bewerber, die bereits über einen ausreichenden Vorratgebrauchter Behälter auch in den erfor<strong>der</strong>lichen Farben und Erhaltungszustandverfügen. Allerdings müssten auch diese die Behälter zu einem früheren Zeitpunktangeschafft und die Kosten hierfür aufgewendet haben (VK Hessen, B. v. 01.06.2005 -Az.: 69 d VK - 33/200)• <strong>der</strong> Auftraggeber ist nicht verpflichtet, <strong>Leistung</strong>en, die er aufgrund eigenerErfahrungen in <strong>der</strong> Vergangenheit bedarfsgerecht ausgeschrieben und bewertet hat,bei je<strong>der</strong> Neuausschreibung abzuän<strong>der</strong>n nur um den bisherigen Anbietern keinen(vermeintlichen) Wettbewerbsvorteil zu eröffnen (3. VK Bund, B. v. 28.01.2005 - Az.:VK 3 - 221/04 – für den Bereich <strong>der</strong> VOL/A)• patentrechtlich gesicherte Bauverfahren (2. VK Bund, B. v. 8.10.2003 - Az.: VK 2- 78/03)• ein aufgrund beson<strong>der</strong>er Geschäftsbeziehungen erlangter Informationsvorsprung<strong>der</strong> hier in Frage stehenden Art ist nicht per se wettbewerbswidrig. Beson<strong>der</strong>eUmstände, die das Verhalten etwa als unlauter o<strong>der</strong> kartellrechtswidrig erscheinenlassen könnten, sind we<strong>der</strong> dem Sachvortrag <strong>der</strong> Beteiligten noch dem sonstigenAkteninhalt zu entnehmen (BayObLG, B. v. 5.11.2002 - Az.: Verg 22/02)• allein die Tatsache, dass ein Bieter bereits durch frühere ForschungstätigkeitErfahrungen gesammelt hat und damit im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Bietern einenWettbewerbsvorteil besitzt, bedeutet noch keinen Verstoß gegen dasGleichbehandlungsgebot. Denn bei <strong>der</strong>artigen Erfahrungen handelt es sich um Werte,die aufgrund eigener wirtschaftlicher <strong>Leistung</strong> erworben wurden und damit auch


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010in <strong>der</strong> Vergabeentscheidung positiv berücksichtigt werden können (2. VK Bund,B. v. 26.9.2003 - Az.: VK 2 - 66/03)• die Möglichkeit, ein Pauschalangebot zu kalkulieren, hatte lediglich <strong>der</strong> Bieter, <strong>der</strong>aufgrund <strong>der</strong> bei ihm vorhandenen Kenntnisse - allgemeine Ortskenntnis infolgevorangegangener Aufträge, konkrete Kenntnisse bezüglich des Auftrags infolgeOrtsbesichtigung - über Informationen verfügte, die über die <strong>Leistung</strong>sbeschreibunghinausgingen. Ihm kam ein - zulässiger - Wissensvorsprung und damit einWettbewerbsvorteil im Verhältnis zu den Konkurrenten um den Auftrag zu (1. VKBund, B. v. 11.6.2002 - Az.: VK 1 - 25/02)• <strong>der</strong> Eignungsgrad und die unternehmensspezifischen Kosten, die mit einerAuftragsübernahme verbunden wären, differieren je nach personeller und materiellerAusstattung, Lage <strong>der</strong> Betriebsstätten, <strong>der</strong> Auslastung und unternehmensspezifischenErfahrungen. Ein an den Auftraggeber gerichtetes Gebot, <strong>der</strong>artigeWettbewerbsvorteile bereits bei <strong>der</strong> Entscheidung über die <strong>Leistung</strong>, die beschafftwerden soll, auszugleichen, gibt es grundsätzlich nicht. Vielmehr kann einAuftraggeber, wenn es vernünftige Gründe dafür gibt, den <strong>Leistung</strong>sinhalt sobestimmen, dass einzelne Bieter Wettbewerbsvorteile gegenüber an<strong>der</strong>en haben.Der Auftraggeber darf sich dabei z. B. von Erwägungen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit leitenlassen, selbstredend jedoch nicht von <strong>der</strong> Absicht <strong>der</strong> Bevorzugung eines bestimmtenUnternehmens (VK Münster, B. v. 14.11.2002 - Az.: VK 16/02)<strong>81.</strong>8 Auslegung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung<strong>81.</strong>8.1 Objektiver Empfängerhorizont4075Beim Vergabeverfahren nach <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A ist maßgebend <strong>der</strong> objektiveEmpfängerhorizont, also die Sicht <strong>der</strong> potentiellen Bieter (BGH, Urteil vom 23.1.2003 -Az.: VII ZR 10/01, Urteil vom 18.4.2002 - Az: VII ZR 38/01, Urteil vom 28.2.2002 - Az.: VIIZR 376/00; Brandenburgisches OLG, B. v. 05.01.2006 - Az.: Verg W 12/05; OLG Celle, B.v. 13.12.2007 - Az.: 13 Verg 10/07; OLG Düsseldorf, B. v. 31.07.2007 - Az.: VII - Verg25/07; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.07.2007 - Az.: 11 U 54/06; OLG Koblenz, B. v.05.12.2007 - Az.: 1 Verg 7/07; Urteil v. 19.05.2006 - Az.: 8 U 69/05; OLG Köln, B. v.23.12.2009 - Az.: 11 U 173/09; OLG München, B. v. 10.09.2009 - Az.: Verg 10/09; B. v.19.12.2007 - Az.: Verg 12/07; B. v. 29.11.2007 - Az.: Verg 13/07; B. v. 11.08.2005 - Az.:Verg 012/05; OLG Saarbrücken, Urteil v. 24.06.2008 - Az.: 4 U 478/07; B. v. 13.11.2002 -Az.: 5 Verg 1/02; Thüringer OLG, B. v. 30.03.2009 - Az.: 9 Verg 12/08; B. v. 29.08.2008 -Az.: 9 Verg 5/08; LSG Hessen, B. v. 15.12.2009 - Az.: L 1 KR 337/09 ER Verg; 1. VK Bund,B. v. 11.11.2003 - Az.: VK 1 - 103/03; 3. VK Bund, B. v. 04.02.2010 - Az.: VK 3 – 3/10; VKLüneburg, B. v. 12.01.2007 - Az.: VgK-33/2006; 3. VK Bund, B. v. 14.07.2006 - Az.: VK 3 -63/06; VK Münster, B. v. 11.02.2010 - Az.: VK 29/09; B. v. 14.01.2010 - Az.: VK 26/09; B.v. 22.09.2009 - Az.: VK 16/09; B. v. 16.01.2008 - Az.: VK 28/07; VK Rheinland-Pfalz, B. v.07.12.2007 - Az.: VK 39/07; B. v. 08.11.2007 - Az.: VK 43/07; 1. VK Sachsen, B. v.07.03.2008 - Az.: 1/SVK/003-08; VK Schleswig-Holstein, B. v. 12.02.2010 - Az.: VK-SH27/09; B. v. 26.05.2009 - Az.: VK-SH 04/09; B. v. 14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08; B. v.12.06.2006 - Az.: VK-SH 12/06; B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH 05/06; VK Südbayern, B. v.26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08; B. v. 03.08.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-32-07/07; B.v. 08.06.2006 - Az.: 14-05/06; B. v. 27.04.2006 - Az.: 04-02/06; B. v. 07.04.2006 - Az.: 07-


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201003/06; B. v. 13.07.2004 - Az.: 46-06/04), die mit <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> in technischerHinsicht vertraut sind (Brandenburgisches OLG, B. v. 14.09.2004 - Az.: Verg W 5/04; OLGCelle, B. v. 13.12.2007 - Az.: 13 Verg 10/07; OLG Düsseldorf, B. v. 18.11.2009 - Az.: VII-Verg 19/09; B. v. 08.02.2005 - Az.: VII - Verg 100/04; B. v. 15.5.2002 - Az.: Verg 4/01, B. v.29.12.2001 - Az.: Verg 22/01; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.07.2007 - Az.: 11 U 54/06;OLG Koblenz, B. v. 05.12.2007 - Az.: 1 Verg 7/07; OLG München, B. v. 29.03.2007 - Az.:Verg 02/07; B. v. 11.08.2005 - Az.: Verg 012/05; BayObLG, B. v. 17.02.2005 - Verg 027/04;Saarländisches OLG, Urteil v. 24.06.2008 - Az.: 4 U 478/07; Thüringer OLG, B. v.30.03.2009 - Az.: 9 Verg 12/08; B. v. 29.08.2008 - Az.: 9 Verg 5/08; LSG Hessen, B. v.15.12.2009 - Az.: L 1 KR 337/09 ER Verg; 3. VK Bund, B. v. 01.08.2006 - Az.: VK 3 -72/06; B. v. 14.07.2006 - Az.: VK 3 - 63/06; B. v. 22.03.2005 - Az.: VK 3 - 13/05; VKMünster, B. v. 11.02.2010 - Az.: VK 29/09; B. v. 14.01.2010 - Az.: VK 26/09; B. v.22.09.2009 - Az.: VK 16/09; B. v. 16.01.2008 - Az.: VK 28/07; B. v. 19.06.2007 - Az.: VK12/07; B. v. 05.04.2006 - Az.: VK 5/06; ; B. v. 17.11.2005 - Az.: VK 21/05; 1. VK Sachsen,B. v. 07.03.2008 - Az.: 1/SVK/003-08; VK Schleswig-Holstein, B. v. 26.05.2009 - Az.: VK-SH 04/09; B. v. 12.06.2006 - Az.: VK-SH 12/06; B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH 05/06; VKSüdbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08; B. v. 03.08.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-32-07/07; B. v. 08.06.2006 - Az.: 14-05/06; B. v. 27.04.2006 - Az.: 04-02/06; B. v.07.04.2006 - Az.: 07-03/06; B. v. 10.05.2005 - Az.: 14-03/05). Das mögliche Verständnisnur einzelner Empfänger kann nicht berücksichtigt werden (OLG Düsseldorf, B. v.23.03.2005 - Az.: VII - Verg 02/05; OLG Koblenz, B. v. 05.12.2007 - Az.: 1 Verg 7/07;Urteil v. 19.05.2006 - Az.: 8 U 69/05; B. v. 26.10.2005 - Az.: 1 Verg 4/05; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH 05/06; VK Südbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08).4075/140764077Erweist sich die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung in den strittigen Punkten aber als eindeutig, ist fürdie Auslegung kein Raum (VK Brandenburg, B. v. 30.01.2008 - Az.: VK 56/07, VK 58/07;VK Südbayern, B. v. 07.04.2006 - Az.: 07-03/06).Dabei ist zu berücksichtigen, dass <strong>der</strong> jeweils für die Abgabe eines Angebots in Fragekommende Bieterkreis über ein erhebliches Fachwissen verfügen muss. Das bedeutet,dass beispielsweise selbstverständliche fachliche Zusammenhänge, die für jeden Bieteroffensichtlich sind o<strong>der</strong> von ihm ohne weiteres erkannt werden können, nicht eigensdargestellt und erläutert zu werden brauchen. Dies gilt umso mehr, weil es <strong>der</strong> Bieter in<strong>der</strong> Hand hat, vor Abgabe seines Angebots etwaige für ihn bestehende Unklarheiten zumInhalt <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung durch eine Anfrage bei <strong>der</strong> Vergabestelle aufzuklären (VKLüneburg, B. v. 12.01.2007 - Az.: VgK-33/2006; VK Münster, B. v. 17.11.2005 - Az.: VK21/05; VK Schleswig-Holstein, B. v. 26.05.2009 - Az.: VK-SH 04/09; B. v. 12.06.2006 - Az.:VK-SH 12/06; B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH 05/06; B. v. 14.09.2005 - Az.: VK-SH 21/05;VK Südbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08).Neben dem Wortlaut sind bei <strong>der</strong> Auslegung die Umstände des Einzelfalls, unter an<strong>der</strong>emdie konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 13.03.2008 -Az.: VII ZR 194/06; Urteil vom 18.4.2002 - Az: VII ZR 38/01; 1. VK Bund, B. v. 11.11.2003- Az.: VK 1 - 103/03; VK Münster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 16/09; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH 05/06). Beson<strong>der</strong>s bedeutsam ist auch <strong>der</strong>Wortlaut (BGH, Urteil vom 13.03.2008 - Az.: VII ZR 194/06; Urteil vom 9.1.1997 - Az.: VIIZR 259/95; KG Berlin, B. v. 21.12.2009 - Az.: 2 Verg 11/09; Brandenburgisches OLG, B. v.14.09.2004 - Az.: Verg W 5/04; OLG Braunschweig, Urteil vom 19.7.2001 - Az.: 8 U 134/00;OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.1.2001 - Az.: U (Kart) 9/00; OLG Koblenz, B. v. 05.12.2007- Az.: 1 Verg 7/07; Urteil v. 19.05.2006 - Az.: 8 U 69/05; B. v. 26.10.2005 - Az.: 1 Verg 4/05;


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Thüringer OLG, B. v. 30.03.2009 - Az.: 9 Verg 12/08; B. v. 29.08.2008 - Az.: 9 Verg 5/08;VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH 05/06; VK Südbayern, B. v.13.07.2004 - Az.: 46-06/04).40784078/140794079/1Bei <strong>der</strong> Frage, wie ein <strong>Leistung</strong>sverzeichnis zu verstehen ist, darf <strong>der</strong> Bieter nicht einfachvon <strong>der</strong> für ihn günstigsten Auslegungsmöglichkeit ausgehen und unterstellen, nur diesekönnte gemeint sein. Er muss sich stattdessen ernsthaft fragen, was die Vergabestelle ausihrer Interessenlage heraus wirklich gewollt hat. Wenn ihm bei dieser Überlegung Zweifelkommen müssen, ob seine Auslegung tatsächlich dem Willen <strong>der</strong> Vergabestelle entspricht, istes ihm zumutbar, diese Zweifel durch eine Anfrage bei <strong>der</strong> Vergabestelle aufzuklären(OLG Brandenburg, B. v. 04.03.2008 - Az.: Verg W 3/08; OLG Köln, B. v. 23.12.2009 - Az.:11 U 173/09; 2. VK Bund, B. v. 22.1.2003 - Az.: VK 2 - 94/02; VK Schleswig-Holstein, B. v.11.02.2010 - Az.: VK-SH 29/09; B. v. 26.05.2009 - Az.: VK-SH 04/09; B. v. 14.05.2008 -Az.: VK-SH 06/08; B. v. 12.06.2006 - Az.: VK-SH 12/06; B. v. 28.04.2006 - Az.: VK-SH05/06; VK Südbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08). Um die Abgabevergleichbarer Angebote sicherzustellen und damit einen fairen Wettbewerb zugewährleisten, ist es nämlich zwingend erfor<strong>der</strong>lich, dass sämtliche Bieter einesVergabeverfahrens die ausgeschriebenen <strong>Leistung</strong>smerkmale in gleicher Weise verstehen unddemzufolge vergleichbare Angebote abgeben können. Dieser das Vergabeverfahren tragendeGrundsatz würde ausgehebelt werden, wollte man jedem Bieter bei Zweifeln am Wortlaut <strong>der</strong>Ausschreibungsunterlagen zugestehen, diese nach eigenem Gutdünken auszulegen und seinAngebot darauf abzustellen (OLG Brandenburg, B. v. 04.03.2008 - Az.: Verg W 3/08; VKSüdbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08).Erkennt ein Bieter, dass ein bestimmtes Produkt verlangt und damit anzubieten ist und ist ihmnur ein Hersteller bekannt, dessen Produkt die Vorgaben erfüllen kann, darf er aus demvermeintlichen Vergaberechtsverstoß einer verdeckten Leitfabrikatsausschreibungnicht schließen, dass er diesen Umstand nicht rügen muss, son<strong>der</strong>n – dieVerdingungsunterlagen auslegend - ein abweichendes Produkt anbieten darf. Diegegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu erhebende Rüge gemäß <strong>§</strong> 107 Abs. 3 GWBdient <strong>der</strong> möglichst frühzeitigen Beseitigung erkannter Vergaberechtsverstöße. DieseObliegenheit kann nicht durch Auslegung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen ersetzt werden(VK Brandenburg, B. v. 30.01.2008 - Az.: VK 56/07, VK 58/07).Intensive Auslegungsbemühungen, wie sie im Streitfall einem Gericht obliegen, sind voneinem Bieter regelmäßig nicht zu erwarten (OLG Koblenz, B. v. 26.10.2005 - Az.: 1 Verg4/05).Nachträglich – z.B. im Laufe eines Vergabenachprüfungsverfahrens – auftretende Zweifelbei <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen gehen zu Lasten <strong>der</strong> Vergabestelle(Thüringer OLG, B. v. 29.08.2008 - Az.: 9 Verg 5/08).<strong>81.</strong>8.2 <strong>VOB</strong>-konforme Auslegung4080Der Bieter einer Ausschreibung nach <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A darf bei möglichen Auslegungszweifelneine Ausschreibung als den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A entsprechend verstehen. Kannalso beispielsweise ein <strong>Leistung</strong>sverzeichnis unter an<strong>der</strong>em auch in einer Weise verstandenwerden, dass dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis zugemutet wird, so darf <strong>der</strong> Bieter dieAusschreibung in diesem, mit den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A übereinstimmenden Sinneverstehen (BGH, Urteil vom 9.1.1997 - Az.: VII ZR 259/95, Urteil vom 11.11.1993 - VII ZR


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201047/93; OLG Koblenz, Urteil v. 19.05.2006 - Az.: 8 U 69/05; VK Schleswig-Holstein, B. v.12.06.2006 - Az.: VK-SH 12/06;).<strong>81.</strong>8.3 Kein Vorrang des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses vor denVorbemerkungen4081Es gibt innerhalb <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (<strong>§</strong> 1 Nr. 2 a <strong>VOB</strong>/B) keinengrundsätzlichen Vorrang des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses vor den Vorbemerkungen. Zur<strong>Leistung</strong>sbeschreibung gehören sowohl die Vorbemerkungen als auch die einzelnenPositionen des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses. In aller Regel enthalten die Vorbemerkungenwesentliche Angaben, die zum Verständnis <strong>der</strong> Bauaufgabe und zur Preisermittlungerfor<strong>der</strong>lich sind. Diese Angaben sind in Verbindung mit dem <strong>Leistung</strong>sverzeichnis und auchan<strong>der</strong>en vertraglichen Unterlagen als sinnvolles Ganzes auszulegen. Konkret auf dasBauvorhaben bezogenen Vorbemerkungen kann bei <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>sbeschreibung allerdings größeres Gewicht zukommen als nicht genügend angepassteFormulierungen eines Standardleistungsverzeichnisses (BGH, Urteil vom 11.3.1999 - Az.:VII ZR 179/98).<strong>81.</strong>8.4 Heranziehung <strong>der</strong> Eigenschaften von Leitfabrikaten40824082/0,1Soweit die verbale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung über eine wesentliche Eigenschaft eines zuliefernden Produkts keine ausreichend differenzierte Aussage trifft, ist im Zweifel auf dieentsprechende Produkteigenschaft des Leitfabrikats zurückzugreifen (OLG Naumburg,B. v. 08.02.2005 - Az.: 1 Verg 20/04).Werden Anfor<strong>der</strong>ungen an eine <strong>Leistung</strong> durch nicht genannte Eigenschaften vonLeitfabrikaten beschrieben, sind diejenigen Eigenschaften dieser Leitfabrikate, die Bezugzu Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und Gesundheit haben, zwingend für dieausgeschriebene <strong>Leistung</strong>. Sonst wäre durch ausdrückliche Benennung deutlich zu machenmüssen, welche Eigenschaften zwingend und welche entbehrlich sind (VK Berlin, B. v.05.11.2009 - Az.: VK - B 2 – 35/09).<strong>81.</strong>8.5 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung4082/1• aus <strong>der</strong> Sicht des potentiellen Bieter ist es eindeutig o<strong>der</strong> zumindest nahe liegend, dassmit <strong>der</strong> im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis enthaltenen Kennzeichnung <strong>der</strong> Fugenspalten mit denMaßen "28 - 30 mm" bzw. "8 - 40 mm" die Minimal- und Maximalbreite <strong>der</strong>Fugespalten bezeichnet worden ist. Für einen potentiellen Bieter ist es offenkundig,dass bei einer zu sanierenden Fahrbahn infolge <strong>der</strong> langjährigen Abnutzung dieFugenspaltbreite nicht - wie beim Neubau - konstant, son<strong>der</strong>n variabel ist (OLGKöln, B. v. 23.12.2009 - Az.: 11 U 173/09)• for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Auftraggeber ein funktionales Angebot des Auftragnehmers zurErstellung einer technischen Anlage für ein Bauwerk unter Vorlage <strong>der</strong> von ihm biszu diesem Zeitpunkt erstellten Bauwerksplanung, so wird diese grundsätzlichGegenstand des Angebots (BGH, Urteil vom 13.03.2008 - Az.: VII ZR 194/06)


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010• verwendet die Straßenbauverwaltung für die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung <strong>der</strong> Position„Verkehrssicherung“ bei <strong>der</strong> Erstellung von Vergabeunterlagen die Textbausteine desStandardleistungskataloges für den Straßen- und Brückenbau, <strong>Leistung</strong>sbereich 105 -Verkehrssicherung, Ausgabe 1974 (und ist danach die Vergütung für die Maßnahmen<strong>der</strong> Verkehrssicherung automatisch gemäß dem Wortlaut <strong>der</strong> Ausschreibungpauschaliert) und wird zum 10.05.2005 das AVA-Programm „Arriba planen VersionV 11.1“ eingeführt, wobei gleichzeitig <strong>der</strong> bereits im August 2003 neu eingeführteStandardleistungskatalog <strong>Leistung</strong>sbereich 105 – Verkehrssicherung an Arbeitsstellen– für jeden Anwen<strong>der</strong> in <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung verbindlich wird, gemäß demgrundsätzlich ein Wechsel von <strong>der</strong> Pauschalierung hin zu Einheitspreisen erfolgte undgibt an<strong>der</strong>s als in den weiteren Ausschreibungen die Straßenbauverwaltung dieStückzahl in den streitgegenständlichen Ausschreibungen allerdings mit „1,00“ undnicht mit einer größeren Mengenangabe an (vgl. die Langtextverzeichnisse für dieProjekte 03-05-001V1 [B…], 05_106 [Be…] und 05_106 [Br…], Bl. 30, 59 f., 72 f. d.A.), weil sie versehentlich entgegen behördeninternen Vorgaben die Angabe „Stück“nicht in „pauschal“ än<strong>der</strong>te, bleibt es hinsichtlich <strong>der</strong> Abrechnung bei <strong>der</strong>Menegeneinheit „1 Stück“; eine Pauschalierung kann darin nicht gesehenwerden (OLG Brandenburg, Urteil v. 04.06.2008 - Az.: 4 U 122/07)<strong>81.</strong>9 Eindeutigkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 1)<strong>81.</strong>9.1 Grundsätze (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 1)40834084Nach <strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 1 <strong>VOB</strong>/A bezweckt das Gebot <strong>der</strong> eindeutigen und erschöpfenden<strong>Leistung</strong>sbeschreibung, die Vorstellungen des Auftraggebers von <strong>der</strong> gewünschten<strong>Leistung</strong> in Bezug auf technische Merkmale o<strong>der</strong> Funktionen, Menge und Qualität fürden Auftragnehmer so deutlich werden zu lassen, dass dieser Gegenstand, Art undUmfang <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> zweifelsfrei erkennen kann. Dieses Gebot hat sich an <strong>der</strong>Durchführbarkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> zu orientieren und soll die exakte Preisermittlung sowie dieVergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote gewährleisten (1. VK Bund, B. v. 7.4.2004 - Az.: VK 1 -15/04, B. v. 1.4.2004 - Az.: VK 1 - 11/04, B. v. 30.3.2004 - Az.: VK 1 - 05/04).<strong>Leistung</strong>sbeschreibungen sind also klar und eindeutig abzufassen, dass - abgestellt aufeinen durchschnittlichen und mit <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> ausgeschriebenen <strong>Leistung</strong> vertrautenEmpfänger - alle Bewerber sie notwendig in einem gleichen Sinn verstehen müssen (OLGDüsseldorf, B. v. 2.8.2002 - Az.: Verg 25/02; VK Hamburg, B. v. 30.07.2007 - Az.: VgK FB6/07; 3. VK Bund, B. v. 29.03.2006 - Az.: VK 3 - 15/06; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 22.10.2009- Az.: VgK-49/2009; VK Nordbayern, B. v. 30.11.2009 - Az.: 21.VK - 3194 - 41/09; B. v.30.11.2009 - Az.: 21.VK - 3194 - 40/09). Diese Anfor<strong>der</strong>ungen sind nicht erfüllt, wenn die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung Angaben lediglich allgemeiner Natur enthält o<strong>der</strong> verschiedeneAuslegungsmöglichkeiten zulässt o<strong>der</strong> Zweifelsfragen aufkommen lässt (2. VK Bund, B.v. 11.11.2004 - Az.: VK 2 - 196/04). Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass <strong>der</strong> jeweils fürdie Abgabe eines Angebots in Frage kommende Bieterkreis über ein erheblichesFachwissen verfügen muss. Das bedeutet, dass selbstverständliche fachlicheZusammenhänge, die für jeden Bieter offensichtlich sind o<strong>der</strong> von ihm ohne weitereserkannt werden können, nicht eigens dargestellt und erläutert zu werden brauchen (VK


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Nordbayern, B. v. 30.11.2009 - Az.: 21.VK - 3194 - 41/09; B. v. 30.11.2009 - Az.: 21.VK -3194 - 40/09).4085Eindeutig und erschöpfend bedeutet, dass die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung klar undunmissverständlich, aber auch gründlich und vollständig sein muss (VK Düsseldorf, B. v.22.7.2002 - Az.: VK - 19/2002 - L). Es gilt somit <strong>der</strong> Grundsatz: Je detaillierter, destobesser (OLG Koblenz, B. v. 5.9.2002 - Az.: 1 Verg. 2/02). Eindeutig heißt auch, dass die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung so beschaffen sein muss, dass aus <strong>der</strong> Perspektive des Bieters beiAnlegung eines professionellen Sorgfaltsmaßstabes auch ohne „intensiveAuslegungsbemühungen„ ohne weiteres klar ist, welche <strong>Leistung</strong> von ihm in welcherForm gefor<strong>der</strong>t wird. Erschöpfend bedeutet, dass keine Restbereiche verbleiben dürfen, dieseitens <strong>der</strong> Vergabestelle nicht schon klar umrissen sind (Saarländisches OLG, B. v.29.09.2004 - Az.: 1 Verg 6/04; 3. VK Bund, B. v. 23.11.2009 - Az.: VK 3 - 199/09; B. v.28.10.2009 - Az.: VK 3 - 187/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 22.10.2009 - Az.: VgK-49/2009).Allerdings liegt allein darin, dass <strong>der</strong> Inhalt <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung auslegungsfähigist, noch kein Verstoß gegen <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A. Auch bei sorgfältiger Erstellung eines<strong>Leistung</strong>sverzeichnisses kann nie ausgeschlossen werden, dass geringe Unklarheitenauftreten, da je<strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Sprache auslegungsfähig ist und das genaue Verständnis stetsvom Empfängerhorizont abhängt. Würde man bei je<strong>der</strong> noch so geringen Unklarheit demAuftraggeber die Verantwortung aufbürden, bestünde die Gefahr, dass die Bieter durchgeschickte Argumentation nachträglich Unklarheiten in die <strong>Leistung</strong>sbeschreibunghineininterpretieren könnten, um Vorteile aus diesem „Fehler“ <strong>der</strong> Vergabestelle bei <strong>der</strong>Erstellung des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses unverhältnismäßig zu erhöhen (BrandenburgischesOLG, B. v. 14.09.2004 - Az.: Verg W 5/04). Der Auftraggeber muss also den Bietern alleAngaben und Daten mitteilen, die für eine sachgerechte Kalkulation einerseits und füreine Vergleichbarkeit und Wertbarkeit <strong>der</strong> Angebote an<strong>der</strong>erseits erfor<strong>der</strong>lich sind (3.VK Bund, B. v. 23.11.2009 - Az.: VK 3 - 199/09; B. v. 29.03.2006 - Az.: VK 3 - 15/06).Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist also dann eindeutig und vollständig, wenn sie Art undUmfang <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> mit allen dafür maßgebenden Bedingungen zur Ermittlungdes <strong>Leistung</strong>sumfangs zweifelsfrei erkennen lässt, keine Wi<strong>der</strong>sprüche in sich o<strong>der</strong> zuan<strong>der</strong>en Regelungen enthält und für die <strong>Leistung</strong> spezifische Bedingungen undAnfor<strong>der</strong>ungen darstellt (VK Münster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 16/09).4085/140864086/0Nur wenn die <strong>Leistung</strong> eindeutig und so erschöpfend beschrieben ist, dass alle Bewerber die<strong>Beschreibung</strong> im gleichen Sinne verstehen müssen und die Angebote miteinan<strong>der</strong> verglichenwerden können und alle kalkulationsrelevanten Umstände in den Verdingungsunterlagenangegeben sind, können die Verdingungsunterlagen ihrer Funktion genügen, eine klareund unzweifelhafte Grundlage für die vom Auftragnehmer erwartete <strong>Leistung</strong> und<strong>der</strong>en Kalkulation zu bilden. Darüber hinaus sollen diese Regelungen gewährleisten, dassdie Angebote aller Bieter überhaupt vergleichbar sind, was wie<strong>der</strong>um unabdingbareVoraussetzung für eine faire und transparente Entscheidung über den Zuschlag ist(OLG Koblenz, B. v. 05.12.2007 - Az.: 1 Verg 7/07; im Ergebnis ebenso 1. VK Bund, B. v.10.12.2009 - Az.: VK 1 - 188/09; 3. VK Bund, B. v. 28.10.2009 - Az.: VK 3 - 187/09).Dieses Gebot <strong>der</strong> eindeutigen und erschöpfenden <strong>Leistung</strong>sbeschreibung gilt auch für dasVerhandlungsverfahren (OLG Düsseldorf, B. v. 2.8.2002 - Az.: Verg 25/02) und diefunktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (1. VK Bund, B. v. 7.4.2004 - Az.: VK 1 - 15/04).Die Bestimmung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>, z.B. des Materials des gefor<strong>der</strong>ten Schotters, kann gerade ineiner EU-weiten Ausschreibung nicht in einer Form erfolgen, die den Bieter zwingt,


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010umfangreiche Nachforschungen potentiell anwendbarer Erlasse und Regelwerke aus <strong>der</strong>deutschen Fachwelt zu betreiben und ggf. gutachterlich zu klären, was gemeint seinkönnte. Die notwendige Ermittlung <strong>der</strong>artiger fachlicher Begriffe über Gutachten ist auch alsnicht zulässige umfangreiche Vorarbeit anzusehen. Die Anfor<strong>der</strong>ung in einer<strong>Leistung</strong>sbeschreibung "Tragschichtschotter liefern, einbauen 2200 m³ SchottertragschichtZTV-T-STB, Verformungsmodul EV 2 mind. 120 MM/m² aus Schottersplitt-Brechsand-Gemisch, Körnung 0/56, Schichtdicke bis 45 cm" lässt nicht eindeutig erkennen, dassNaturschotter geliefert und eingebaut werden muss. Auch ein Recycling-Schotter erfülltdie Anfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (VK Arnsberg, B. v. 04.09.2009 - Az.: VK20/09).4086/1Die Vorschrift des <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A soll lediglich sicherstellen, dass die Bieter die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung in gleicher Weise verstehen und daher miteinan<strong>der</strong>vergleichbare Angebote einreichen. Nur so ist gewährleistet, dass <strong>der</strong> Auftraggeber dieAngebote unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Zuschlagskriterien diskriminierungsfrei werten kann.Mängel <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung sind daher vergaberechtlich nur insoweit relevant,als sie diese Funktion beeinträchtigen. Soweit allgemein eine Kontrolle daraufhinvorgenommen wird, ob die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung den allgemein anerkanntentechnischen Regeln entspricht, insbeson<strong>der</strong>e nicht zu Sachmängeln des geplanten Baus(<strong>§</strong> 633 Abs. 2 BGB) führt, ist dem nicht zu folgen. Es ist allein Sache des Auftraggebers,den Gegenstand des Auftrages zu bestimmen. Das Vergaberecht dient, jedenfalls soweit esden Schutz <strong>der</strong> Bieter betrifft, nicht dazu, den Auftraggeber vor technisch o<strong>der</strong>wirtschaftlich unsinnigen Aufträgen zu schützen. Wenn die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung zutechnischen Mängeln des Werks führt, hat dies <strong>der</strong> Auftragnehmer – nach Anmeldung seinerBedenken (vgl. nach Vertragsabschluss <strong>§</strong> 4 Nr. 3 <strong>VOB</strong>/B und im Vergabeverfahren gemäß<strong>der</strong> vorvertraglichen Hinweispflicht) – ebenso hinzunehmen wie die Ausschreibung einer –überflüssigen und den haushaltsrechtlichen Vorschriften wi<strong>der</strong>streitenden - Luxusausführung.Der Auftraggeber trägt dann die sich daraus ergebenden Risiken, und zwar unabhängig davon,ob er sie bewusst übernimmt o<strong>der</strong> die Risiken – möglicherweise zu Unrecht – leugnet. Injedem Falle kann <strong>der</strong> Auftraggeber aus etwaigen auf seine <strong>Leistung</strong>sbeschreibungzurückzuführende technische Mängel keine Rechte gegen den Auftragnehmer herleiten (vgl. <strong>§</strong>13 Nr. 3 <strong>VOB</strong>/B) und vielmehr nur die Herstellung eines Werks entsprechend den konkretenAngaben in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung verlangen, und zwar auch dann, wenn diese mit demRisiko z.B. des Entstehens von Durchfeuchtung und <strong>der</strong> Nichteinhaltung <strong>der</strong> – in <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>sbeschreibung allgemein als einzuhaltend aufgeführten - EnVO verbunden ist. DieAngebote bleiben damit vergleichbar, und zwar auch dann, wenn die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung –unweigerlich o<strong>der</strong> möglicherweise – zu technischen Mängeln des Werks führt (OLGDüsseldorf, B. v. 13.01.2010 - Az.: I-27 U 1/09).<strong>81.</strong>9.2 Wi<strong>der</strong>sprüchliche <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen, die keine Wertungzulassen4087Enthält das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis eine unerfüllbare For<strong>der</strong>ung, muss <strong>der</strong> Auftraggeber daseingeleitete Vergabeverfahren entwe<strong>der</strong> gemäß <strong>§</strong> 26 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A aufheben o<strong>der</strong>diskriminierungsfrei das <strong>Leistung</strong>sprogramm, soweit zur Beseitigung unerfüllbarerAnfor<strong>der</strong>ungen erfor<strong>der</strong>lich, än<strong>der</strong>n und den Bietern angemessene Gelegenheit zur Abgabeneuer Angebote auf <strong>der</strong> Basis des verän<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong>sprogramms geben (BGH, B. v.26.09.2006 - Az.: X ZB 14/06; Urteil v. 01.08.2006 - Az.: X ZR 115/04; OLG Düsseldorf, B.v. 05.07.2007 - Az.: VII - Verg 12/07; B. v. 24.05.2007 - Az.: VII - Verg 12/07; OLGKarlsruhe, B. v. 06.02.2007 - Az.: 17 Verg 5/06; OLG München, B. v. 28.07.2008 - Az.: Verg


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201012/08; LG Frankfurt (O<strong>der</strong>), Urteil v. 14.11.2007 - Az.: 13 O 360/07; VK Baden-Württemberg, B. v. 29.06.2009 - Az.: 1 VK 27/09; VK Brandenburg, B. v. 19.12.2008 - Az.:VK 40/08; VK Düsseldorf, B. v. 29.03.2007 - Az.: VK - 08/2007 – B; B. v. 02.03.2007 - Az.:VK - 05/2007 – L; 1. VK Sachsen, B. v. 10.10.2008 - Az.: 1/SVK/051-08; VK Schleswig-Holstein, B. v. 07.03.2008 - Az.: VK-SH 02/08; VK Thüringen, B. v. 11.02.2010 - Az.: 250-4002.20-253/2010-001-EF). Ein Ausschluss des Angebots darf nicht erfolgen (VK Baden-Württemberg, B. v. 29.06.2009 - Az.: 1 VK 27/09; VK Düsseldorf, B. v. 29.03.2007 - Az.:VK - 08/2007 – B; 1. VK Sachsen, B. v. 10.04.2007 – Az.: 1/SVK/020-07; VK Schleswig-Holstein, B. v. 07.03.2008 - Az.: VK-SH 02/08; VK Thüringen, B. v. 11.02.2010 - Az.: 250-4002.20-253/2010-001-EF). Es kann einem Bieter auch nicht zugemutet werden, für einenicht baubare Position dennoch kommentarlos einen Preis anzubieten und die Frage <strong>der</strong>Herstellbarkeit auf einen eventuellen Rechtsstreit mit dem Auftraggeber nachZuschlagserteilung zu verlagern (VK Baden-Württemberg, B. v. 29.06.2009 - Az.: 1 VK27/09).4087/14087/24087/34088Das gilt gleichermaßen, wenn bestimmte Nachweise über die Beschaffenheit <strong>der</strong>angebotenen <strong>Leistung</strong> verlangt werden, aber nicht rechtzeitig beigebracht werdenkönnen. Denn auch dann fehlt eine vom öffentlichen Auftraggeber für wesentlich gehalteneGrundlage für den Vergleich <strong>der</strong> abgegebenen Angebote und damit für die sachgerechteEntscheidung, <strong>der</strong> das eingeleitete Vergabeverfahren dienen soll. In einem unter an<strong>der</strong>emdurch eine unmöglich zu erfüllende Vorgabe gekennzeichneten Vergabeverfahren darfdeshalb auch in einem solchen Fall kein Auftrag vergeben werden. Kann <strong>der</strong> grundlegendeMangel des eingeleiteten Vergabeverfahrens nicht durch transparente unddiskriminierungsfreie Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> betreffenden Vorgabe behoben werden und/o<strong>der</strong>macht <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, ist erdeshalb gehalten, die Ausschreibung wegen des ihr anhaftenden Mangels aufzuheben(OLG Karlsruhe, B. v. 06.02.2007 - Az.: 17 Verg 5/06; 1. VK Sachsen, B. v. 11.12.2009 -Az.: 1/SVK/054-09).Das gilt gleichermaßen, wenn sonstige Nachweise über die Beschaffenheit <strong>der</strong>angebotenen <strong>Leistung</strong> verlangt werden, aber überhaupt nicht beigebracht werdenkönnen. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, die Än<strong>der</strong>ung und damit auch dieAbstandnahme von einer objektiv unmöglichen Anfor<strong>der</strong>ung in einem transparenten unddiskriminierungsfreien Verfahren vorzunehmen, z.B. durch den Verzicht auf die Vorlageeiner gefor<strong>der</strong>ten Bestätigung (OLG München, B. v. 28.07.2008 - Az.: Verg 12/08; OLGDüsseldorf, B. v. 05.07.2007 - Az.: VII - Verg 12/07; B. v. 24.05.2007 - Az.: VII - Verg12/07; VK Düsseldorf, B. v. 02.06.2008 - Az.: VK – 15/2008 – L; VK Schleswig-Holstein, B.v. 07.03.2008 - Az.: VK-SH 02/08).Das gilt gleichermaßen, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber eine zunächst eindeutigeLeitungsbeschreibung durch Mitteilungen an die Bieter während <strong>der</strong> Ausschreibungmehrdeutig macht (3. VK Bund, B. v. 26.05.2008 - Az.: VK 3 - 59/08).Ist ein Auftraggeber aufgrund von wi<strong>der</strong>sprüchlichen Angaben in den Verdingungsunterlagennicht in <strong>der</strong> Lage, überhaupt ein zuschlagfähiges Hauptangebot zu ermitteln, das die vonihm verbindlich vorgegebene Qualitätsanfor<strong>der</strong>ung durchweg einhält, muss dieAusschreibung aufgehoben werden (VK Lüneburg, B. v. 29.1.2004 - Az.: 203-VgK-40/2003).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>9.3 Fehlerhafte <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen, die von Bietern erkanntwerden4089Zu den Rechtsfolgen einer unterlassenen Aufklärung durch den Bieter vgl. dieKommentierung zu <strong>§</strong> 17 <strong>VOB</strong>/A.<strong>81.</strong>9.4 Fehlerhafte <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen, die von Bietern nichterkannt werden409040914091/1In solchen Fällen ist diejenige bieterfreundliche und praktikable Anpassung desfehlerhaften Textes <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung vorzunehmen, die den Interessen einesobjektiven Betrachters entgegen kommt. Verdingungsunterlagen müssen nach dieserEntscheidung nur insoweit unverän<strong>der</strong>t bleiben wie sie rechtmäßig sind. Danach kann beieinem <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, was eine längst außer Kraft getretene DIN benennt, entwe<strong>der</strong>nur eine Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung wegen fehlerhaften <strong>Leistung</strong>sverzeichnisseserfolgen o<strong>der</strong> die Anfor<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> DIN muss vollständig bei <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong>Angebote entfallen. Eine nur teilweise Geltung dieser Vorgabe erscheint nicht sachgerecht(1. VK Sachsen, B. v. 9.4.2002 - Az.: 1/SVK/021-02).In Betracht kommt auch, die Bieter auf fehlerhafte Erklärungen im Angebot, die auf einerfehlerhaften <strong>Leistung</strong>sbeschreibung beruhen, hinzuweisen und ihnen im Rahmen <strong>der</strong> Prüfungund Wertung Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Dem steht auch nicht eine in denVergabeunterlagen gesetzte Nachfragefrist entgegen, die die Bewerber einhalten mussten,wenn die Vergabeunterlagen nach ihrer Auffassung Unklarheiten enthielten. Mit dieserVergabebestimmung kann sich <strong>der</strong> Auftraggeber nicht seiner Verantwortung für objektivnicht eindeutig genug formulierte Vergabebedingungen entledigen (OLG Düsseldorf, B. v.19.12.2001 - Az.: Verg 42/01).Jedenfalls erfor<strong>der</strong>t es in Fällen, in denen wegen Unklarheiten <strong>der</strong>Ausschreibungsunterlagen Bieter aufgrund einer nachvollziehbaren unterschiedlichenInterpretation <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen voneinan<strong>der</strong> abweichende Angebote unterbreiten, dasPrinzip <strong>der</strong> Gleichbehandlung, die objektive Mehrdeutigkeit <strong>der</strong>Ausschreibungsunterlagen nicht zum Nachteil eines Bieters ausschlagen zu lassen (VKNordbayern, B. v. 30.11.2009 - Az.: 21.VK - 3194 - 41/09; B. v. 30.11.2009 - Az.: 21.VK -3194 - 40/09).<strong>81.</strong>9.5 Unschädlichkeit einer fehlerhaften <strong>Leistung</strong>sbeschreibung4092Eine unzureichende <strong>Leistung</strong>sbeschreibung kann ausnahmsweise dann, wenn alle Bietersie einheitlich und richtig verstehen, für das Vergabeverfahren unschädlich sein (OLGNaumburg, B. v. 16.9.2002 - Az.: 1 Verg 02/02; VK Düsseldorf, B. v. 22.7.2002 - Az.: VK -19/2002 - L).<strong>81.</strong>9.6 Verwendung eines nicht mehr am Markt erhältlichenFabrikates


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201040934094Der Auftraggeber verstößt zu Lasten <strong>der</strong> Bieter gegen das Gebot <strong>der</strong> eindeutigen<strong>Leistung</strong>sbeschreibung gemäß <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A und damit gegen das Transparenzgebotgemäß <strong>§</strong> 97 Abs. 1 GWB, wenn er für eine Position ein Leitfabrikat vorgibt, das nicht nuram Markt nicht mehr erhältlich ist, son<strong>der</strong>n mit dem sich vor allem das von ihr gleichfallsin den Verdingungsunterlagen gefor<strong>der</strong>te <strong>Leistung</strong>sziel (z. B. ein bestimmtesSchalldämmmaß) faktisch nicht einhalten lässt (VK Lüneburg, B. v. 30.10.2003 - Az.: 203-VgK-21/2003).Der Bieter darf in solchen Fällen jedoch nicht von sich aus ein an<strong>der</strong>es Fabrikat in das<strong>Leistung</strong>sverzeichnis einsetzen. Er ist vielmehr gehalten, den Auftraggeber auf diesenUmstand hinzuweisen und eine entsprechende Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen zuerwirken (VK Lüneburg, B. v. 29.10.2002 - Az.: 23/02).<strong>81.</strong>9.7 Fehlende Vorgabe <strong>der</strong> Lieferung von Bauteilen ausungebrauchtem Material4095Enthalten we<strong>der</strong> die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung noch <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sverzeichnistext selbstAngaben dazu, ob die zu liefernden Bauteile (z. B. Schienen, Betonschwellen undBremsprellböcke) aus neuem o<strong>der</strong> altem Material sein müssen, ist dies kein Verstoßgegen das Gebot <strong>der</strong> eindeutigen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung. Nach <strong>§</strong> 9 Nr. 13 <strong>VOB</strong>/Abrauchen <strong>Leistung</strong>en, die nach den Technischen Vertragsbedingungen zu <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten<strong>Leistung</strong> gehören, nicht beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufgeführt werden. DieVorgabe <strong>der</strong> Lieferung von Bauteilen aus ungebrauchtem Material ergibt sich aus <strong>der</strong><strong>VOB</strong>/C, Ziffer 2.3.1 <strong>der</strong> ATV DIN 18299, welche nach <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (Ziffer0.10.4) - entsprechend <strong>§</strong> 10 Nr. 1 Abs. 2 <strong>VOB</strong>/A - Vertragsbestandteil sein soll. Dabei geltenals ungebrauchte Materialien auch wie<strong>der</strong>aufbereitete (Recycling-) Stoffe unter <strong>der</strong>Voraussetzung, dass sie für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet und aufeinan<strong>der</strong>abgestimmt sind. Die ATV DIN 18299 unterscheiden jedoch ausdrücklich zwischensolchermaßen wie<strong>der</strong>aufbereiteten und gebrauchten Stoffen. Letztere sind eindeutig nichtzugelassen. Im Folgenden sind mit ungebrauchten Materialien auch wie<strong>der</strong>aufbereitetegemeint, die die genannten Voraussetzungen erfüllen (1. VK Bund, B. v. 19.4.2002 - Az.: VK1 - 09/02).<strong>81.</strong>9.8 Unzulässig hoher Umfang von Wahlpositionen40964097Eine Ausschreibung von Wahl- o<strong>der</strong> Alternativleistungen stellt deswegen jedenfalls danneinen Verstoß gegen das Vergaberecht dar, wenn diese - was ihren aus <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>sbeschreibung ersichtlichen Umfang und die Wertung <strong>der</strong> Angebote anbelangt -keinen mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> geringfügigen Teil <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>en betreffen, son<strong>der</strong>n im Vergleichzu den Haupt- o<strong>der</strong> Grundleistungen ein gleich großes Gewicht erhalten, und sie <strong>der</strong>Bedeutung <strong>der</strong> Haupt- o<strong>der</strong> Grundleistungen für die Zuschlagsentscheidung daher gleichgestellt sind. In einem solchen Fall ist das Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden<strong>Leistung</strong>sbeschreibung verletzt (OLG Düsseldorf, B. v. 2.8.2002 - Az.: Verg 25/02; VKMagdeburg, B. v. 22.2.2001 - Az: 33-32571/07 VK 15/00 MD).Das Gebot <strong>der</strong> eindeutigen und erschöpfenden <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist auch dann verletzt,wenn die Ausschreibung mit zahlreichen <strong>Leistung</strong>svarianten erst dazu diese soll, einKonzept für die erwartete <strong>Leistung</strong> zu erarbeiten, das im Zeitpunkt <strong>der</strong> Ausschreibung


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010noch nicht vorliegt (z.B. 80 unterschiedliche Varianten für ein Stadtbuslinie). In einemsolchen Fall liegt kein anerkennenswertes Bedürfnis des Auftraggebers für dieAusschreibung verschiedener Wahlleistungen vor (VK Hessen, B. v. 28.07.2004 - Az.: 69d VK – 49/2004).<strong>81.</strong>9.9 Keine eindeutige Bezeichnung von Bedarfspositionen4098Behandelt ein Auftraggeber verschiedene Einzelpositionen eines <strong>Leistung</strong>sverzeichnissesals Bedarfspositionen, obwohl er diese im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis nicht alsBedarfspositionen gekennzeichnet hat, verstößt er sowohl gegen die Verpflichtung gemäß<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 1 <strong>VOB</strong>/A, die <strong>Leistung</strong> eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dassalle Bewerber die <strong>Beschreibung</strong> im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicherund ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen zu können. Er verstößt ferner gegen das Gebotgemäß <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A, dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden fürUmstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und <strong>der</strong>en Einwirkung auf die Preiseund Fristen er nicht im Voraus schätzen kann. Der Auftraggeber hat ferner gemäß <strong>§</strong> 9 Nr. 3Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A zur Ermöglichung einer einwandfreien Preisermittlung alle siebeeinflussenden Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben. Dazugehört zweifelsohne auch die Kennzeichnung sämtlicher Bedarfspositionen, da <strong>der</strong> Bieter bei<strong>der</strong> Kalkulation seines Gesamtangebotes wissen muss, von welchem Umfang einerBeauftragung er ausgehen kann bzw. welche abgefragten Positionen gegebenenfalls entfallenkönnen (VK Lüneburg, B. v. 10.3.2003 - Az.: 203-VgK-01/2003).<strong>81.</strong>9.10 Bezeichnung von Alternativpositionen als Bedarfspositionen4099Können die Bieter aus <strong>der</strong> Formulierung <strong>der</strong> Positionen erkennen, dass es sich hier nichtum Bedarfspositionen, son<strong>der</strong>n um Alternativpositionen handelt, verletzt die Tatsache,dass <strong>der</strong> Auftraggeber einige Positionen als Alternativpositionen gewertet hat, obwohl erdiese irrtümlich im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis als Bedarfspositionen bezeichnet hat, die Bieternicht in ihren Rechten (VK Lüneburg, B. v. 17.9.2001 - Az.: 203-VgK-18/2001).<strong>81.</strong>9.11 Keine eindeutigen Zuschlagskriterien4100Bei unklaren Zuschlagskriterien (z. B. Preis- und Zahlungsbedingungen) sowiewi<strong>der</strong>sprüchlichen Kriterien (z. B. fehlende Abgrenzung zwischen "Lieferbedingungen"und "logistische Abwicklung <strong>der</strong> Lieferung in die einzelnen Anlieferungsstellen") fehlt es aneiner eindeutigen und erschöpfenden <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (VK Düsseldorf, B. v. 22.7.2002- Az.: VK - 19/2002 - L).<strong>81.</strong>9.12 Keine eindeutigen Eignungskriterien4101Bei unklaren Eignungskriterien (z. B. wechselweise For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Eignungsnachweisegleichzeitig mit dem Angebot o<strong>der</strong> teilweise auf Verlangen) fehlt es an einer eindeutigen un<strong>der</strong>schöpfenden <strong>Leistung</strong>sbeschreibung. Der Auftraggeber hätte es in <strong>der</strong> Hand, sich nachBelieben auf die For<strong>der</strong>ung nach gleichzeitiger Vorlage o<strong>der</strong> die Vorlage auf Verlangen zuberufen. Der Bieter kann nicht erkennen, ob er mit seinem Angebot Gefahr läuft, wegen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Unvollständigkeit ausgeschlossen zu werden o<strong>der</strong> ob er seine Reaktionszeit voll zurkaufmännischen Erstellung des Angebotes nutzen kann, weil ihm für die Beschaffung <strong>der</strong>Eignungsnachweise noch nach dem Angebotsabgabetermin Zeit genug bleibt (VK Düsseldorf,B. v. 22.7.2002 - Az.: VK - 19/2002 - L).<strong>81.</strong>9.13 Keine eindeutigen Kriterien für einen Wartungsvertrag4102Ist <strong>der</strong> Inhalt eines Wartungsvertrages nicht vorgegeben, sind die Vertragsangebote perse nicht vergleichbar. Soweit sie allerdings vorgelegt werden, enthalten sieselbstverständlich Preisangebote. Diese Preise aber sind Grundlage <strong>der</strong> Kalkulation desjeweiligen Bieters. Damit sind die Angebote mit und ohne Wartungsvertrag nicht mehrvergleichbar. Die zwingende For<strong>der</strong>ung nach einem Wartungsvertrag mag zum Einen weitereBieter, die nicht im unmittelbaren Umfeld von dem <strong>Leistung</strong>sort ihren Sitz haben, zumAngebot abschrecken, weil die Wartung über mehrere Jahre auf längere Distanz kaumkalkulierbar und leistbar ist. Dies schränkt den Wettbewerb also auf ortsnahe Bieter ein nochdazu, wo <strong>der</strong> Bieterkreis für diese Art Aufträge in <strong>der</strong> Regel den kleinen undmittelständischen Unternehmen zuzurechnen ist. Soweit die Bieter dann ohneWartungsangebot anbieten, riskieren sie den Ausschluss, so dass sich die Erarbeitung einesAngebots als unsinnig o<strong>der</strong> als unrentabel darstellt. Diese For<strong>der</strong>ung des<strong>Leistung</strong>sverzeichnisses ist mithin wettbewerbsverzerrend (VK Arnsberg, B. v.05.04.2004 - Az.: VK 1-4/04).<strong>81.</strong>9.14 Keine Verpflichtung, alle denkbaren Rahmenbedingungen füreventuelle Nebenangebote aufzuführen4103Wenn ein Bieter im Rahmen eines Nebenangebots Annahmen - sei es in negativer o<strong>der</strong>positiver Ausprägung - trifft, die durch den Inhalt <strong>der</strong> Ausschreibung nicht bzw. nichteindeutig bestimmt werden, so trägt allein er das Risiko entsprechen<strong>der</strong>Fehleinschätzungen. Er weicht in einem solchen Falle - bei späterer Konkretisierungmöglicher bzw. nicht erkennbarer ausgeschlossener Vorstellungen durch den Auftraggeber -mit seinem Angebot vom Inhalt des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses und den darin enthaltenenZielbestimmungen des Auftraggebers ab. Will er dies vermeiden, besteht die Möglichkeit imHinblick auf von ihm beabsichtigte Än<strong>der</strong>ung im Nebenangebot entsprechende Informationzum Zwecke <strong>der</strong> Verifizierung seiner - zunächst spekulativen - Annahme einzuholen(VK Hessen, B. v. 14.3.2002 - Az.: 69 d VK - 07/2002; VK Baden-Württemberg, B. v.21.5.2001 - Az.: 1 VK 7/01).<strong>81.</strong>9.15 Begriff <strong>der</strong> Baustelleneinrichtung4104Der Begriff <strong>der</strong> Baustelleneinrichtung ist nicht gesetzlich definiert. Er wird in<strong>Leistung</strong>sverzeichnissen auch nicht stets in übereinstimmen<strong>der</strong> Bedeutung gebraucht.Anhand <strong>der</strong> Definitionen <strong>der</strong> Baustelleneinrichtung in <strong>der</strong> Literatur kann keine zwingendeAbleitung hinsichtlich <strong>der</strong> Zuordnung einzelner <strong>Leistung</strong>en erfolgen (2. VK Bund, B. v.03.05.2007 – Az.: VK 2 – 33/07; B. v. 03.05.2007 - Az.: VK 2 – 27/07). Nach einerverbreiteten Definition umfasst die Baustelleneinrichtung die Bereitstellung, Aufstellung,Instandhaltung und den Abbau aller Gerüste, Geräte und Maschinen undEinrichtungen, die für die vertragsgemäße Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> erfor<strong>der</strong>lich sind.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Nach dieser Definition wäre <strong>der</strong> Betrieb eines Kranes während <strong>der</strong> Bauzeit nicht erfasst (OLGMünchen, B. v.24.05.2006 - Az.: Verg 10/06).4104/1Abzustellen ist bei Streitfällen z.B. über den Inhalt des Begriffs im Rahmen einer<strong>Leistung</strong>sbeschreibung daher allein auf die in <strong>der</strong> jeweiligen Ausschreibung gewählte<strong>Leistung</strong>sbeschreibung (2. VK Bund, B. v. 03.05.2007 – Az.: VK 2 – 33/07; B. v.03.05.2007 - Az.: VK 2 – 27/07).<strong>81.</strong>9.16 weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung4105• ein wi<strong>der</strong>sprüchliches <strong>Leistung</strong>sverzeichnis (hier: konkrete Produktvorgabe o<strong>der</strong>Leitfabrikat) ist anhand einer Zusammenschau aller relevanten Bestandteile ausSicht eines verständigen, fachkundigen und mit <strong>Leistung</strong>en <strong>der</strong> ausgeschriebenenArt vertrauten Bieters auszulegen (VK Berlin, B. v. 05.11.2009 - Az.: VK - B 2 –35/09)• durch die Formulierung, dass ein Bauprodukt „eine CE-Zertifizierungnachweisen“ müsse, tritt zu Lasten <strong>der</strong> Bieter eine Unklarheit dahingehend ein,ob das Produkt (z.B. eine Dichtungsmatte) zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Angebotsabgabe„nur“ ein CE-Kennzeichen aufweisen o<strong>der</strong> ob ein an<strong>der</strong>weitiger„Zertifizierungsnachweis“ geführt werden muss. Der Begriff <strong>der</strong> CE-Zertifizierung existiert im BauPG jedoch we<strong>der</strong> im Allgemeinen noch konkretfür das in diesem Fall zu führende Nachweisverfahren. Das hier anwendbareNachweisverfahren für Geotextilien ergibt sich gemäß <strong>§</strong> 8 Abs. 4 BauPG aus denentsprechenden harmonisierten (technischen) Normen o<strong>der</strong> den europäischentechnischen Zulassungen. Unstreitig ist bei geosynthetischen Dichtungsbahnen dassog. System 2+ als Nachweisverfahren anzuwenden. Danach muss zum Nachweis,dass die Dichtungsbahn den Normungsanfor<strong>der</strong>ungen genügt, <strong>der</strong> Hersteller eineKonformitätserklärung (vgl. <strong>§</strong> 8 Abs. 3 i.V.m. <strong>§</strong> 9 BauPG) abgeben. Bestandteil dieserKonformitätserklärung des Herstellers ist neben einer <strong>Beschreibung</strong> des Produkts eineZertifizierung <strong>der</strong> werkseigenen Produktionskontrolle des Herstellers durch einenDritten, eine notifizierte Körperschaft. Diese führt eine Erstinspektion des Werks und<strong>der</strong> werkseigenen Produktionskontrolle beim Hersteller durch bzw. stelltgegebenenfalls eine kontinuierliche Überwachung, Beurteilung und Bestätigung <strong>der</strong>werkseigenen Produktionskontrolle sicher. Hierfür wird ein Zertifikat ausgestellt. Dadas Nachweisverfahren hier auch ein Zertifizierungsverfahren, nämlich das <strong>der</strong>werkseigenen Produktionskontrolle, enthält, ist die Begrifflichkeit des Nachweiseseiner „CE-Zertifizierung“ nicht hinreichend klar. Es ist daher nicht auszuschließen,dass ein durchschnittlicher Bieter davon ausgeht, dass über das CE-Kennzeichenhinaus mit Angebotsabgabe die Zertifizierung <strong>der</strong> werkseigenen Produktionskontrolleals Teil des Konformitätsnachweisverfahrens nach <strong>§</strong> 9 BauPG vorzulegen ist. DerAuftraggeber verhin<strong>der</strong>t durch die von ihm gewählte unklare Terminologie, dassalle Bieter die Anfor<strong>der</strong>ungen des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses in einer transparentenWeise gleich verstehen können und so auf gleicher Basis Angebote kalkulierenkönnen (3. VK Bund, B. v. 19.01.2009 - Az.: VK 3 - 182/08)• fehlen in einem <strong>Leistung</strong>sverzeichnis für Baumsicherungsarbeiten die<strong>Beschreibung</strong>en für die Positionen "Baumsicherungsschnitt", "Kronensicherungliefern und einbauen", "Kronenpflege nach Windbruch durchführen", "Wurzelstöckeausfräsen", "Baumaufarbeitung" und "Stubbenbeseitigung nach Baumwindbruch",obwohl diese <strong>Leistung</strong>en typisch für Landschaftsbauarbeiten im Havarie- o<strong>der</strong>


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Sturmfall sind, und fehlen außerdem Angaben bzw. Festlegungen zu den örtlichenVerhältnissen, zu den Nebenkosten durch Stromabschaltungen, denSicherungsanfor<strong>der</strong>ungen im Bereich von Geh- und Radwegen sowie Aussagenzu dem Abruf <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>, sind die Voraussetzungen von <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A nichterfüllt (LG Cottbus, Urteil v. 24.10.2007 - Az.: 5 O 99/07)• ein behördlich gefor<strong>der</strong>tes Schadstoffkataster ist bereits vor Ausschreibung <strong>der</strong>zu beauftragenden <strong>Leistung</strong>en durch den Auftraggeber anfertigen zu lassen (LGStralsund, Urteil vom 12.04.2005 - Az: 3 O 73/03)<strong>81.</strong>9.17 Richtlinie des VHB 20084106Eine <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist eindeutig, wenn sie• Art und Umfang <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong>en mit allen dafür maßgebendenBedingungen, z. B. hinsichtlich Qualität, Beanspruchungsgrad, technische undbauphysikalische Bedingungen, zu erwartende Erschwernisse, beson<strong>der</strong>e Bedingungen<strong>der</strong> Ausführung und etwa notwendige Regelungen zur Ermittlung des<strong>Leistung</strong>sumfanges zweifelsfrei erkennen lässt,• keine Wi<strong>der</strong>sprüche in sich, zu den Plänen o<strong>der</strong> zu an<strong>der</strong>en technischen Vorgaben undvertragsrechtlichen Regelungen enthält (Richtlinien zu 100 – Allgemeine RichtlinienVergabeverfahren - Ziffer 4.2.1.1).4107Eine <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist vollständig, wenn sie• Art und Zweck des Bauwerks bzw. <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>,• Art und Umfang aller zur Herstellung des Werks erfor<strong>der</strong>lichen Teilleistungen,• alle für die Herstellung des Werks spezifische Bedingungen und Anfor<strong>der</strong>ungendarstellt (Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.2.1.2).<strong>81.</strong>10 Positionsarten einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung4108In einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung können mehrere Positionsarten verwendet werden. Man kannunterscheiden zwischen:• Normalpositionen,• Grundpositionen,• Bedarfspositionen (Eventualpositionen)• Wahlpositionen (Alternativpositionen)• Zulagepositionen.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>10.1 Normalpositionen4109Sie sind in <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A nicht ausdrücklich geregelt. Mit "Normalpositionen" sind alleTeilleistungen zu beschreiben, die ausgeführt werden sollen. Sie werden nicht beson<strong>der</strong>sgekennzeichnet.<strong>81.</strong>10.2 Grundpositionen4110"Grundpositionen" beschreiben Teilleistungen, die durch "Wahlpositionen" ersetzt werdenkönnen. Grund- und Wahlpositionen werden als solche gekennzeichnet; <strong>der</strong> jeweiligenOrdnungszahl (OZ) können z. B. ein "G" bzw. "W" beigefügt werden.<strong>81.</strong>10.3 Bedarfspositionen/Eventualpositionen/Optionen (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz2)4111Bedarfspositionen (Eventualpositionen bzw. Optionen) dürfen nur ausnahmsweise in die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufgenommen werden.<strong>81.</strong>10.3.1 Allgemeines411241134114Nur solche Positionen, bei denen trotz Ausschöpfung aller örtlichen und technischenErkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt <strong>der</strong> Ausschreibung objektiv nicht feststellbar ist,ob und in welchem Umfang <strong>Leistung</strong>en zur Ausführung gelangen (BGH, Urteil vom23.1.2003 - Az.: VII ZR 10/01; OLG München, B. v. 15.07.2005 - Az.: Verg 014/05;Saarländisches OLG, Urteil v. 24.06.2008 - Az.: 4 U 478/07; 2. VK Bremen, B. v. 10.09.2004- Az.: VK 03/04) dürfen als Eventualpositionen ausgeschrieben und bei <strong>der</strong> Wertungberücksichtigt werden (VK Nordbayern, B. v. 04.10.2005 - Az.: 320.VK - 3194 - 30/05; VKSchleswig-Holstein, B. v. 03.11.2004 - Az.: VK-SH 28/04; VK Arnsberg, B. v. 28.1.2004 -Az.: VK 1-30/2003; VK Hessen, B. v. 5.5.2003 - Az.: 69 d VK - 16/2003; VK Baden-Württemberg, B. v. 15.1.2003 - Az.: 1 VK 71/02; 2. VK Mecklenburg-Vorpommern, B. v.27.11.2001 - Az.: 2 VK 15/01).Der Auftraggeber befindet hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen (VK Nordbayern, B. v.04.10.2005 - Az.: 320.VK - 3194 - 30/05).Bedarfsleistungen beinhalten also <strong>Leistung</strong>en mit dem Vorbehalt, dass sie unter Umständenzusätzlich zu einer im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis enthaltenen <strong>Leistung</strong> auszuführen sind. Eshandelt sich um <strong>Leistung</strong>en mit dem Anspruch des Auftraggebers, auf ihre Ausführungverzichten zu können, ohne dass dadurch die Notwendigkeit einer Teilkündigung entsteht.Deshalb sind die Bedarfspositionen nicht mit dem Zuschlag, son<strong>der</strong>n erst bei Bedarf inAuftrag zu geben (VK Nordbayern, B. v. 04.10.2005 - Az.: 320.VK - 3194 - 30/05).<strong>81.</strong>10.3.2 Bezeichnung als "nEP-Position"


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104115Es ist verbreitet, mit <strong>der</strong> Abkürzung "nEP" Eventualpositionen zu bezeichnen (BGH, Urteilvom 23.1.2003 - Az.: VII ZR 10/01).<strong>81.</strong>10.3.3 Zulässigkeit in einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung4116411741184119Zwar dürfen Bedarfs- o<strong>der</strong> Eventualpositionen nur im Ausnahmefall und in begrenztemUmfang ausgeschrieben werden, <strong>der</strong>en grundsätzliche Zulässigkeit steht aber nicht mehraußer Zweifel. Sie dürfen allerdings nicht dazu führen, Mängel einer unzureichendenPlanung auszugleichen. Ein Grund für eine restriktive Handhabung von Bedarfspositionen ist,dass sie den Grundsätzen einer eindeutigen und erschöpfenden <strong>Leistung</strong>sbeschreibungwi<strong>der</strong>sprechen, die den Bieter in die Lage versetzen soll, seine Preise sicher zu berechnen.Der Auftraggeber soll nicht das Risiko von Fehlbestellungen auf den Auftragnehmerabwälzen können (VK Schleswig-Holstein, B. v. 03.11.2004 - Az.: VK-SH 28/04; imErgebnis ebenso Saarländisches OLG, Urteil v. 24.06.2008 - Az.: 4 U 478/07; VK Berlin, B.v. 04.05.2009 - Az.: VK - B 2 - 5/09).Bedarfspositionen sind unzulässig, wenn sie von <strong>der</strong> Zahl o<strong>der</strong> ihrem Gewicht her keinesichere Beurteilung mehr erlauben, welches Angebot das wirtschaftlichste ist, insbeson<strong>der</strong>edann, wenn diese Bestandteile <strong>der</strong> Ausschreibung ein solches Gewicht in <strong>der</strong> Wertungerhalten sollen, dass sie <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Haupt- und Grundpositionen für dieZuschlagserteilungen gleichkommen (OLG Celle, B. v. 18.12.2003 - Az.: 13 Verg 22/03).Außerdem muss <strong>der</strong> Auftraggeber hinsichtlich <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Bedarfsposition eineernsthafte Durchführungsabsicht haben (1. VK Bund, B. v. 15.7.2003 - Az.: VK 1 - 53/03).Gegen die Ausschreibung von Wahl- o<strong>der</strong> Bedarfspositionen sind außerdem Bedenkenangebracht, wenn sie den Grundsätzen einer eindeutigen und erschöpfenden<strong>Leistung</strong>sbeschreibung wi<strong>der</strong>sprechen, die Gefahr von Angebotsmanipulationenerhöhen o<strong>der</strong> zur Undurchsichtigkeit <strong>der</strong> Transparenz des Wettbewerbes führen können(VK Hessen, B. v. 28.07.2004 - Az.: 69 d VK – 49/2004).Unabhängig davon, ob man die Zulässigkeitsgrenze für Bedarfspositionen nun bei in <strong>der</strong>Regel 10% des geschätzten Auftragsvolumens ansetzt, wird eine absolute, keine Ausnahmemehr zulassende Obergrenze jedenfalls bei 15% anzusetzen sein (1. VK Bund, B. v.14.07.2005 - Az.: VK 1 - 50/05).<strong>81.</strong>10.3.4 Wartung als Bedarfsposition41204120/1Bereits die Angabe <strong>der</strong> Wartung als Zuschlagskriterium wi<strong>der</strong>spricht dem Verständnis<strong>der</strong> Bedarfsposition, denn das Zuschlagskriterium selbst kann nicht je nach Bedarf wegfalleno<strong>der</strong> zur Anwendung gelangen (VK Hessen, B. v. 5.5.2003 - Az.: 69 d VK - 16/2003).Die VK Südbayern geht ins soweit davon aus, dass die Wartung rechtlich alsBedarfsposition einzuordnen ist, da die <strong>Leistung</strong>en des Wartungsvertrages zum Vertragssolldes künftigen Auftragnehmers gehören können, dies aber von einer weiteren Anordnung <strong>der</strong>Vergabestelle bzw. des späteren Nutzers abhängt. Es ist nicht nur zulässig,Bedarfspositionen zu werten, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en Wertung ist aus Gründen <strong>der</strong> Transparenzund <strong>der</strong> Wettbewerbsgerechtigkeit zwingend geboten (VK Südbayern, B. v. 07.04.2006 -Az.: 07-03/06).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>10.3.5 Keine eindeutige Bezeichnung von Bedarfspositionen4121Bedarfspositionen müssen als Bedarfspositionen gekennzeichnet sein; ansonsten verstößt<strong>der</strong> Auftraggeber mindestens gegen das Gebot <strong>der</strong> eindeutigen und erschöpfenden<strong>Leistung</strong>sbeschreibung; vgl. im Einzelnen die Kommentierung RZ 4098.<strong>81.</strong>10.3.6 Beauftragung einer Bedarfspositionen4122Die Option bei <strong>der</strong> Beauftragung einer Wahlposition liegt für den Auftraggeber alleindarin, dass es ihm freigestellt ist, die Eventualposition überhaupt in Auftrag zu geben;wenn er sie aber in Anspruch nimmt, muss er sie bei seinem Vertragspartner abrufen, es seidenn, er entzieht ihm den Auftrag. Nur in diesem Sinne ist eine Eventualposition als"Angebotsblanken" zu begreifen, für <strong>der</strong>en Ausführung es einer Anordnung desAuftraggebers bedarf. Meinungsstreit besteht in <strong>der</strong> Literatur auch nur darüber, ob dieEventualposition bei <strong>der</strong> Auftragsvergabe bereits als zusätzliche <strong>Leistung</strong> aufschiebendbedingt beauftragt worden ist o<strong>der</strong> ob dies durch geson<strong>der</strong>te Anordnung des Auftraggeberswährend <strong>der</strong> Bauausführung bei Bedarf zu erfolgen hat (Hanseatisches OLG Hamburg, Urteilvom 07.11.2003 - Az.: 1 U 108/02).<strong>81.</strong>10.3.7 Richtlinie des VHB 200841234124Wahl- und Bedarfspositionen dürfen we<strong>der</strong> in das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis noch in die übrigenVergabeunterlagen aufgenommen werden (Richtlinien zu 100 – Allgemeine RichtlinienVergabeverfahren - Ziffer 4.6).leer<strong>81.</strong>10.3.8 Regelung des HVA B-StB 03/2006 zu Bedarfspositionen4125Bedarfspositionen (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 2 <strong>VOB</strong>/A) sind nicht zu verwenden (Ziffer 1.4 Nr. 32).<strong>81.</strong>10.4 Angehängte Stundenlohnarbeiten (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 3)4126Angehängte Stundenlohnarbeiten dürfen nur in dem unbedingt erfor<strong>der</strong>lichen Umfang in die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufgenommen werden.<strong>81.</strong>10.4.1 Richtlinie des VHB 20084127Angehängte Stundenlohnarbeiten (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 3 <strong>VOB</strong>/A) dürfen nur in dem unbedingterfor<strong>der</strong>lichen Umfang (Stundenanzahl und Lohngruppen, ggf. Geräte) aufgenommen werden(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.7).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>10.4.2 Regelung des HVA B-StB 03/2006 zu angehängtenStundenlohnarbeiten4128Positionen (Verrechnungssätze) für Stundenlohnarbeiten (<strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 3 <strong>VOB</strong>/A) sind nichtzu verwenden (Ziffer 1.4 Nr. 32).<strong>81.</strong>10.5 Wahlpositionen/Alternativpositionen4129Sie sind in <strong>§</strong> 9 nicht ausdrücklich geregelt.<strong>81.</strong>10.5.1 Begriff41304131Wahl- o<strong>der</strong> Alternativleistungen sind generell dadurch gekennzeichnet, dass beiFertigstellung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen noch nicht feststeht, ob die <strong>Leistung</strong> in <strong>der</strong> eineno<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ausführungsart tatsächlich erbracht werden soll, und <strong>der</strong> Auftraggeber sich -darin liegt <strong>der</strong> wirtschaftliche Sinn - die dahingehende Entscheidung bis zurAuftragserteilung vorbehalten will - Wahlschuldverhältnis - (OLG Düsseldorf, B. v.2.8.2002 - Az.: Verg 25/02; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 17.2.2000 - Az: 11 U91/98; VK Arnsberg, B. v. 28.1.2004 - Az.: VK 1-30/2003).Wahlpositionen kommen grundsätzlich nur an Stelle <strong>der</strong> alternativ im<strong>Leistung</strong>sverzeichnis aufgeführten Grundposition zur Ausführung. WerdenWahlpositionen ausgeführt, verdrängen sie somit die entsprechende Hauptposition (OLGMünchen, B. v. 27.01.2006 - Az.: VII - Verg 1/06; VK Nordbayern, B. v. 12.12.2001 - Az.:320.VK-3194-41/01).<strong>81.</strong>10.5.2 Zulässigkeit in einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung41324132/1Die Aufnahme von Wahlpositionen in das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis ist nicht per severgaberechtlich unstatthaft. Sie beeinträchtigt allerdings die Bestimmtheit undEindeutigkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung. Die Verwendung von Wahlpositionen tangiertüberdies die Transparenz des Vergabeverfahrens. Denn sie versetzt den öffentlichenAuftraggeber in die Lage, vermöge seiner Entscheidung für o<strong>der</strong> gegen eine Wahlposition dasWertungsergebnis aus vergaberechtsfremden Erwägungen zu beeinflussen. Aus diesem Grundist <strong>der</strong> Ansatz von Wahlpositionen nur unter engen Voraussetzungen statthaft. Er kommtnur in Betracht, wenn und soweit ein berechtigtes Bedürfnis des öffentlichen Auftraggebersbesteht, die zu beauftragende <strong>Leistung</strong> in den betreffenden Punkten einstweilen offen zuhalten (OLG München, B. v. 27.01.2006 - Az.: VII - Verg 1/06; OLG Düsseldorf, B. v.24.3.2004 - Az.: Verg 7/04) bzw. wenn diese nur mehr o<strong>der</strong> weniger geringfügige Teile<strong>der</strong> ausgeschriebenen <strong>Leistung</strong> betreffen und ihnen we<strong>der</strong> in Bezug auf den<strong>Leistung</strong>sumfang noch auf die Zuschlagsentscheidung ein gleich großes Gewicht wie denGrundleistungen zukommt (VK Münster, B. v. 11.02.2010 - Az.: VK 29/09).Eine Ausschreibung von <strong>Leistung</strong>spositionen als Grund- und Alternativpositionen istunzulässig, wenn bei ordnungsgemäßer Vorbereitung <strong>der</strong> Ausschreibung eineFestlegung auf eine <strong>der</strong> beiden Alternativen möglich und zumutbar ist (OLG Naumburg,B. v. 01.02.2008 - Az.: 1 U 99/07).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104133413441354136Alternativpositionen in <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen sind nicht zulässig, um Mängel einerunzureichenden Planung auszugleichen (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom17.2.2000 - Az: 11 U 91/98; VK Arnsberg, B. v. 28.1.2004 - Az.: VK 1-30/2003). Ebensosind sie unzulässig, wenn sie von <strong>der</strong> Zahl o<strong>der</strong> ihrem Gewicht her keine sichereBeurteilung mehr erlauben, welches Angebot das wirtschaftlichste ist (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 17.2.2000 - Az: 11 U 91/98), insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn dieseBestandteile <strong>der</strong> Ausschreibung ein solches Gewicht in <strong>der</strong> Wertung erhalten sollen, dass sie<strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Haupt- und Grundpositionen für die Zuschlagserteilungengleichkommen (VK Lüneburg, B. v. 17.9.2001 - Az.: 203-VgK-18/2001).Gegen die Ausschreibung von Wahl- o<strong>der</strong> Bedarfspositionen sind außerdem Bedenkenangebracht, wenn sie die Gefahr von Angebotsmanipulationen erhöhen (VK Hessen, B. v.28.07.2004 - Az.: 69 d VK – 49/2004).Eine Bedarfsposition muss sich außerdem an den Erfor<strong>der</strong>nissen des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A messenlassen. Sie darf somit kein ungewöhnliches Wagnis darstellen (1. VK Bund, B. v.23.09.2004 - Az.: VK 1 – 132/04).Eröffnet das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis das Angebot von Wahlpositionen, müssen auch diese dentechnischen Mindestbedingungen entsprechen, die das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis for<strong>der</strong>t, undzwar zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Angebotsabgabe (OLG München, B. v. 27.01.2006 - Az.: VII - Verg1/06).<strong>81.</strong>10.5.3 Formale Anfor<strong>der</strong>ungen im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis4137Da das Austauschen und Zusammenstellen verschiedener Alternativen sehr wohl mit demBlick auf einen favorisierten Bieter erfolgen kann und Manipulationsmöglichkeiten damiteröffnet werden, sind sie sorgfältig zu kennzeichnen, möglichst genaue Mengenanzugeben und auf keinen Fall in den Gesamtbetrag einzubeziehen. Aus diesem Grunde mussdie Gesamtbetragsspalte bei <strong>der</strong> Aufstellung des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses entsprechendgesperrt werden (VK Arnsberg, B. v. 28.1.2004 - Az.: VK 1-30/2003).<strong>81.</strong>10.5.4 Bekanntgabe <strong>der</strong> Kriterien, die für die Inanspruchnahme <strong>der</strong>ausgeschriebenen Wahlpositionen maßgebend sein sollen4138Zur Gewährleistung eines transparenten Vergabeverfahrens bei Verwendung einer nichtunbeachtlichen Anzahl von Wahlpositionen muss <strong>der</strong> Auftraggeber dem Bieterkreis vorabdie Kriterien bekannt geben, die für die Inanspruchnahme <strong>der</strong> ausgeschriebenenWahlpositionen maßgebend sein sollen. Er muss dazu z. B. in den Verdingungsunterlagenauf begrenzte Haushaltsmittel als entscheiden<strong>der</strong> Maßstab für die Inanspruchnahme <strong>der</strong>Grund- o<strong>der</strong> einer <strong>der</strong> Wahlpositionen hinweisen sowie festlegen, in welcher Reihenfolge dieaufgrund <strong>der</strong> Wahlpositionen in Betracht kommenden Ausführungsvarianten von ihmbevorzugt werden. Hierdurch wird nicht nur die Transparenz des Vergabeverfahrensgewährleistet, son<strong>der</strong>n auch ausgeschlossen, dass die Zuschlagsentscheidung mit Hilfe <strong>der</strong>Wahlpositionen manipuliert werden kann. Überdies stehen bei einer solchen Vorgehensweisedie Bieter letztlich nicht an<strong>der</strong>s, als wenn <strong>der</strong> Auftraggeber die von ihm in Aussichtgenommenen Ausführungsvarianten nacheinan<strong>der</strong> in jeweils separaten Vergabeverfahrenausschreibt (OLG Düsseldorf, B. v. 24.3.2004 - Az.: Verg 7/04).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>10.5.5 Richtlinie des VHB 20084139Wahl- und Bedarfspositionen dürfen we<strong>der</strong> in das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis noch in die übrigenVergabeunterlagen aufgenommen werden (Richtlinien zu 100 – Allgemeine RichtlinienVergabeverfahren - Ziffer 4.6).<strong>81.</strong>10.5.6 Regelung des HVA B-StB 03/2006 zu Wahlpositionen4140"Wahlpositionen" sind nur vorzusehen, wenn sich von mehreren brauchbaren und technischgleichwertigen Bauweisen nicht von vornherein die wirtschaftlichste bestimmen lässt (Ziffer1.4 Nr. 34).<strong>81.</strong>10.6 Zulagepositionen4141Zulagen sind Positionen, bei denen bestimmte Voraussetzungen festgelegt sind, unterdenen eine zusätzliche Vergütung gezahlt werden soll. Im Fall einer Zulagenposition wird<strong>der</strong> Auftrag zur Hauptposition unter <strong>der</strong> aufschiebenden Bedingung (<strong>§</strong> 158 BGB) erteilt,dass die zusätzliche Vergütung bezahlt wird, wenn im einzelnen vom späteren Auftragnehmernachgewiesen wird, dass und inwieweit die von <strong>der</strong> Zulage erfassten Erschwernisseeingetreten sind. Die Zulagenpositionen weisen also bedingte Mehrkosten aus, die auf <strong>der</strong>vierten Wertungsstufe bei Beurteilung <strong>der</strong> Frage, welches Angebot das wirtschaftlichste ist,sowie in <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> Abrechnung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> eine Bedeutung erlangen können (OLGDüsseldorf, B. v. 05.04.2006 - Az.: VII - Verg 3/06).<strong>81.</strong>11 Verbot <strong>der</strong> Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnissesauf den Auftragnehmer (<strong>§</strong> 9 Nr. 2)4142Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umständeund Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und <strong>der</strong>en Einwirkung auf die Preise und Fristener nicht im Voraus schätzen kann.<strong>81.</strong>11.1 Sinn und Zweck <strong>der</strong> Regelung4143Hintergrund <strong>der</strong> Regelung des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A ist, dass die öffentliche Hand alsNachfrager regelmäßig über erweiterte Handlungsspielräume verfügt. Daher kann sie dieVertragsbedingungen oftmals ihre Vertragspartner diktieren und somit dem Auftragnehmerauf dem betreffenden Markt Wagnisse je<strong>der</strong> Art aufbürden. Aufgabe des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A istdaher, angesichts dieses Ungleichgewichts zwischen den Vertragsparteien die Lauterkeitdes Rechtsverkehrs zu wahren (Saarländisches OLG, B. v. 29.09.2004 - Az.: 1 Verg 6/04;1. VK Bund, B. v. 29.10.2009 - Az.: VK 1 - 185/09; 2. VK Bund, B. v. 14.09.2009 - Az.: VK2 – 153/09; B. v. 26.3.2003 - Az.: VK 2 - 06/03; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 15.01.2010 - Az.:VgK-74/2009).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>11.2 Grundsatz4143/0,34143/14144Die Ungewöhnlichkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> kann sowohl im rechtlichen Bereich, nämlich in <strong>der</strong>Art <strong>der</strong> Vertragsgestaltung, als auch im tatsächlichen Bereich liegen (OLG Düsseldorf, B. v.29.09.2008 - Az.: VII-Verg 50/08; VK Brandenburg, B. v. 08.09.2009 - Az.: VK 33/09; VKMünster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 16/09).Das Vorliegen eines vergaberechtswidrigen ungewöhnlichen Wagnisses ist an zweiVoraussetzungen geknüpft, nämlich zum einen an das Vorhandensein von Umständen,auf die <strong>der</strong> Bieter keinen Einfluss hat, und zum an<strong>der</strong>en die Auswirkung dieser Umständeauf die Preiskalkulation des Bieters. Die Vorschrift des <strong>§</strong> 9 Nr. 3 <strong>VOB</strong>/A stellt mithin fürdie Vergaberechtswidrigkeit eines auf einem öffentlichen Auftrag basierendenVertragsverhältnisses nicht allein auf die mit einer Vertragsbedingung möglicherweiseverbundenen Ungewissheiten ab, son<strong>der</strong>n for<strong>der</strong>t zusätzlich, dass diese Ungewissheiten einekaufmännisch vernünftige Kalkulation des Angebotspreises für den Bieter unzumutbarmachen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen <strong>der</strong> vergaberechtlichenPrüfung einer Vertragsbedingung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens vor <strong>der</strong>Vergabekammer und <strong>der</strong> sich an <strong>§</strong><strong>§</strong> 305 ff. BGB orientierenden Inhaltskontrolle vonAllgemeinen Geschäftsbedingungen durch die Zivilgerichte. Vor dem Hintergrund dieserDifferenzierung zwischen dem Prüfungsmaßstab <strong>der</strong> vergaberechtlichenNachprüfungsinstanzen einerseits und den Zivilgerichten an<strong>der</strong>erseits sind vergaberechtlichalle Regelungen eines auf einem öffentlichen Auftrag basierenden <strong>Leistung</strong>sverhältnisseshinzunehmen, soweit diese dem Bieter noch eine kaufmännisch vernünftige Kalkulationseines Angebotspreises ermöglichen (OLG Düsseldorf, B. v. 18.11.2009 - Az.: VII-Verg19/09; 2. VK Bund, B. v. 14.09.2009 - Az.: VK 2 – 153/09; B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 -123/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 120/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 117/07, B. v.15.11.2007 - Az.: VK 2 - 114/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 108/07, B. v. 15.11.2007 -Az.: VK 2 - 105/07; B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 102/07; 1. VK Bund, B. v. 26.11.2009 -Az.: VK 1 - 197/09; B. v. 14.09.2007 - Az.: VK 1 - 101/07; B. v. 31.08.2007 - Az.: VK 1 -92/07; B. v. 09.05.2007 - Az.: VK 1 - 26/07; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.:1/SVK/071-08).Aus <strong>der</strong> Vorschrift folgt also nicht, dass dem Auftragnehmer kein Wagnis auferlegtwerden darf. Die Verlagerung eines Wagnisses, das auf Umständen und Ereignissen beruht,auf die <strong>der</strong> Auftragnehmer einen Einfluss hat, und dessen Einwirkung auf die Preise erschätzen kann, ist vergaberechtlich nicht unzulässig. Dies folgt schon aus dem Wortlaut <strong>der</strong>Norm, wonach dem Auftragnehmer Schätzungen zuzumuten sind (OLG Düsseldorf, B. v.18.11.2009 - Az.: VII-Verg 19/09; B. v. 19.10.2006 - Az.: VII - Verg 39/06; VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 - Az.: 1 VK 21/09; 1. VK Bund, B. v. 20.01.2010 - Az.: VK 1- 233/09; 2. VK Bund, B. v. 14.09.2009 - Az.: VK 2 – 153/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v.15.01.2010 - Az.: VgK-74/2009; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.: 1/SVK/071-08).Maßstab <strong>der</strong> Regelung ist, welche Risiken ein Auftragnehmer üblicherweise in <strong>der</strong>Branche zu tragen hat (VK Baden-Württemberg, B. v. 30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08; VKLüneburg, B. v. 12.01.2007 – Az.: VgK-33/2006; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 15.01.2010 - Az.:VgK-74/2009; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.: 1/SVK/071-08). Folglich ist zurKlärung <strong>der</strong> Frage, welches Wagnis ungewöhnlich und damit vergaberechtlich nicht zulässigist, einzelfallbezogen vorzugehen (Saarländisches OLG, B. v. 29.09.2004 - Az.: 1 Verg 6/04;LSG Hessen, B. v. 15.12.2009 - Az.: L 1 KR 337/09 ER Verg; VK Baden-Württemberg, B. v.30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08; 1. VK Bund, B. v. 29.10.2009 - Az.: VK 1 - 185/09; 2. VKBund, B. v. 26.3.2003 - Az.: VK 2 - 06/03; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 15.01.2010 - Az.: VgK-74/2009; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.: 1/SVK/071-08).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010414541464146/1Der Auftragnehmer kann nur dann im Sinne von <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A die Einwirkung des ihmüberbürdeten Wagnisses auf die Preise schätzen, wenn er im konkreten Fall das Risikoselbst abzusehen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Preis zuermessen vermag (OLG Düsseldorf, B. v. 18.11.2009 - Az.: VII-Verg 19/09; B. v.19.10.2006 - Az.: VII - Verg 39/06). Hierzu muss für ihn überschaubar sein, mit welcherWahrscheinlichkeit sich das Wagnis voraussichtlich realisieren und wirtschaftlich für ihnauswirken wird (OLG Düsseldorf, B. v. 09.06.2004 - Az.: VII - Verg 18/04; VK Lüneburg, B.v. 15.05.2008 - Az.: VgK-12/2008; 2. VK Brandenburg, B. v. 08.12.2005 - Az.: 2 VK 72/05;3. VK Bund, B. v. 06.05.2005 - Az.: VK 3 – 28/05).Unter <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A fallen we<strong>der</strong> allgemeine Bauwagnisse noch beson<strong>der</strong>e Wagnisse,die mit einer bestimmten Bauausführung o<strong>der</strong> einem Teil <strong>der</strong>selben ursächlichverbunden sind. Nicht "ungewöhnlich" i. S. des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A sind in <strong>der</strong> Regel auchsolche Wagnisse und Risiken, auf die <strong>der</strong> Auftraggeber ausdrücklich hinweist, so dass<strong>der</strong> Auftragnehmer sich entscheiden kann, ob er sie übernehmen möchte (OLG Naumburg,Urteil vom 15.12.2005 - Az.: 1 U 5/05).Gewöhnliche Wagnisse sind solche, die - wie die Beschaffenheit und Finanzierbarkeit vonMaterialien o<strong>der</strong> technische Schwierigkeiten <strong>der</strong> Ausführung - zum typischen Risikoeines Unternehmers, zu seiner Sphäre, gehören und die im Prinzip von ihm beherrschbarsind (VK Brandenburg, B. v. 30.09.2008 - Az.: VK 30/08).Für die Frage, ob den Bietern in unzulässiger Weise ein ungewöhnliches Kalkulationswagnisaufgebürdet wird, ist insbeson<strong>der</strong>e maßgeblich, welchen Umfang das Risiko hat und wiewahrscheinlich seine Verwirklichung ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, welcheMöglichkeiten Auftraggeber und Auftragnehmer haben, das Risiko zu beherrschen.Schließlich können sich Indizien für ein entsprechendes Wagnis daraus ergeben, dass dasfragliche Risiko den Bietern in <strong>der</strong> Vergangenheit o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Vergabeverfahrennicht aufgebürdet wurde/wird. Schlichte Äußerungen im politischen Raum sind hingegenfür sich genommen nicht geeignet, stichhaltige Anhaltspunkte für o<strong>der</strong> gegen die Annahmeeines ungewöhnlichen Wagnisses im Rahmen <strong>der</strong> rechtlichen Prüfung zu geben (2. VK Bund,B. v. 14.08.2009 - Az.: VK 2 – 93/09).4147Die Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses liegt vor, wenn dem AuftragnehmerRisiken aufgebürdet werden, die er nach <strong>der</strong> in dem jeweiligen Vertragstypüblicherweise geltenden Wagnisverteilung an sich nicht zu tragen hat (LSG Hessen, B. v.15.12.2009 - Az.: L 1 KR 337/09 ER Verg). Zu <strong>der</strong>artigen Umständen und Ereignissenkönnen beispielsweise Beistellungen, <strong>Leistung</strong>en vorgeschriebener Unterauftragnehmer,Ersatzteilbedarf und Wartungsaufwand in <strong>der</strong> Nutzungsphase sowie an<strong>der</strong>e<strong>Leistung</strong>sziele zählen. Zu einem ungewöhnlichem Wagnis wird aber auch in diesen Fällendas dem Auftragnehmer auferlegte Risiko erst dann, wenn es darüber hinaus nach Art <strong>der</strong>Vertragsgestaltung und nach dem allgemein geplanten Ablauf nicht zu erwarten ist und imEinzelfall wirtschaftlich schwerwiegende Folgen für den Auftragnehmer mit sich bringenkann (OLG Düsseldorf, B. v. 19.10.2006 - Az.: VII - Verg 39/06; OLG Naumburg, B. v.05.12.2008 - Az.: 1 Verg 9/08; VK Baden-Württemberg, B. v. 30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08;VK Lüneburg, B. v. 15.05.2008 - Az.: VgK-12/2008; B. v. 12.01.2007 – Az.: VgK-33/2006;B. v. 18.06.2004 - Az.: 203-VgK-29/2004 – für den Bereich <strong>der</strong> VOL/A). Die Vorschriftfindet deshalb von vornherein auf solche Risiken keine Anwendung, die vertragstypischohnehin den Auftragnehmer treffen (OLG Düsseldorf, B. v. 9.7.2003 - Az.: Verg 26/03;


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010OLG Naumburg, B. v. 05.12.2008 - Az.: 1 Verg 9/08; VK Lüneburg, B. v. 12.01.2007 – Az.:VgK-33/2006).4148So ist z. B. die Munitionsberäumung eines ehemaligen militärischenTruppenübungsplatzes typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass <strong>der</strong> Aufwand zurAbarbeitung des Auftrages vorab nicht hinreichend sicher zu ermitteln ist. Die Erstellungeiner <strong>Leistung</strong>sbeschreibung für den Auftrag auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> "Hochrechnung" <strong>der</strong>Ergebnisse <strong>der</strong> Beräumung eines repräsentativen Testfeldes ist insoweit nicht als fehlerhaft imSinne von <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber im<strong>Leistung</strong>sverzeichnis nicht die Anzahl <strong>der</strong> Arbeitsstunden, son<strong>der</strong>n die Zahl bzw. das Gewicht<strong>der</strong> Fundstücke zur Grundlage <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Vergütung erhebt. Es ist dann dieureigenste Aufgabe <strong>der</strong> Bieter, diesem für die hier zu erbringende Arbeit typischenRisiko durch eine entsprechend angepasste Kalkulation Rechnung zu tragen, etwa indem aufgrund des diesem Vertrag immanenten, nicht zu vermeidenden und daher auch nichtungewöhnlichen "Wagnisses" angemessene Zuschläge einkalkuliert werden (OLG Naumburg,Urteil vom 15.12.2005 - Az.: 1 U 5/05; Urteil vom 22.1.2002 - Az.: 1 U (Kart) 2/01).<strong>81.</strong>11.3 Weite Auslegung zugunsten des Bieters4149Die Regelung dient dem Schutz des Auftragnehmers vor unangemessenenVertragsbedingungen (VK Hamburg, B. v. 25.7.2002 - Az.: VgK FB 1/02). Entsprechenddiesem Normzweck des <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A ist die Vorschrift nicht eng, son<strong>der</strong>n eher weitauszulegen (2. VK Bund, B. v. 13.07.2005 - Az.: VK 2 – 69/05; B. v. 19.3.2002 - Az.: VK 2 -06/02; 1. VK Bund, B. v. 19.7.2002 - Az.: VK 1 - 37/02).<strong>81.</strong>11.4 <strong>Leistung</strong>s- und Erfüllungsrisiko4150Die Übertragung eines ungewöhnlichen Risikos liegt nicht im <strong>Leistung</strong>s- undErfüllungsrisiko (VK Lüneburg, B. v. 15.05.2008 - Az.: VgK-12/2008). Der Auftragnehmereines Bauauftrags trägt nach allgemeinen Grundsätzen nicht nur das Risiko, seine vertraglichübernommen Verpflichtungen erfüllen zu können; ihm ist nach allgemeinem Vertragsrechtüberdies auch das Risiko zugewiesen, die versprochene <strong>Leistung</strong> über die gesamteVertragslaufzeit zu dem vereinbarten Preis kostendeckend erbringen zu können. Es fälltmithin auch in seinen Risikobereich, wenn bei einem unverän<strong>der</strong>t bleibenden<strong>Leistung</strong>sgegenstand seine Kosten aufgrund verän<strong>der</strong>ter gesetzlicher (o<strong>der</strong>wirtschaftlicher) Rahmenbedingungen steigen, so dass er seine Vertragsleistung mit einemerhöhten Kostenaufwand erbringen muss. Es ist nach <strong>der</strong> vertragstypischen Risikoverteilung -auch im Bauvertrag - vielmehr Sache des Auftragnehmers, für <strong>der</strong>artige KostensteigerungenVorsorge zu treffen und sie durch einen entsprechenden Wagniszuschlag in seinerPreiskalkulation zu berücksichtigen (OLG Düsseldorf, B. v. 9.7.2003 - Az.: Verg 26/03).<strong>81.</strong>11.5 Bestehen eines Auftragsbedarfes und Finanzierbarkeit4151Behält sich <strong>der</strong> Auftraggeber die Möglichkeit vor, die Vertragsdauer durch einseitigeErklärung um ein Jahr zu verlängern, unter <strong>der</strong> Voraussetzung eines entsprechendenBedarfs und <strong>der</strong> Finanzierbarkeit, wird das Risiko, dass nach einem bestimmten Zeitpunktnoch Bedarf für die Beratungsleistung besteht o<strong>der</strong> dass diese zu diesem Zeitpunkt


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010finanzierbar ist - das ein Risiko darstellt, das grundsätzlich vom Auftraggeber zu tragen ist -entgegen <strong>der</strong> leistungstypischen Risikostruktur des Dienstleistungsvertrages auf denAuftragnehmer übertragen. Das hierdurch für den Auftragnehmer begründeteungewöhnliche Wagnis beruht auf Umständen und Ereignissen, auf die <strong>der</strong> Auftragnehmerkeinen Einfluss nehmen kann (3. VK Bund, B. v. 19.4.2004 - Az.: VK 3 - 44/04).41524152/1Ein außergewöhnliches Kündigungsrecht des Auftraggebers aus Haushaltsgründen beinhaltetgrundsätzlich ein vergaberechtswidriges ungewöhnliches Wagnis für den Auftragnehmer. Esist nicht zu rechtfertigen, dem Auftragnehmer das Haushaltsrisiko des Auftraggebers zuüberbürden (VK Lüneburg, B. v. 10.03.2006 - Az.: VgK-06/2006).Die Bestimmung, wonach eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werdenkann, wenn ein Gericht rechtskräftig festgestellt hat, dass <strong>der</strong> Abschluss bzw. dieAufrechterhaltung des Vertrages gegen Vergaberecht verstößt, berücksichtigt eben sowenig, in wessen Verantwortungsbereich es liegt, wenn es zu einer solchen Feststellungkommt. Abgesehen davon vermag nicht jede Feststellung, dass <strong>der</strong> Abschluss einesVertrages gegen Vergaberecht verstößt, eine Kündigung zu rechtfertigen. Lediglichsoweit ein Sachverhalt vorliegt, wonach eine Vertragsaufhebung unter Berücksichtigung <strong>der</strong>Entscheidung des EuGH vom 18.7.2007, Rs. 503/4 erfor<strong>der</strong>lich wird, mag eineaußerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein (VK Baden-Württemberg, B. v. 07.11.2007 -Az.: 1 VK 43/07).<strong>81.</strong>11.6 Abnahme- bzw. Verwendungsrisiko415341544154/1Die Rechtsprechung ist nicht einheitlich.Nach einer Auffassung ist nicht jegliche, und sei es auch eine nur geringfügigeVerlagerung des Verwendungsrisikos auf den Auftragnehmer mit einem unzulässigenWagnis gleichzusetzen. Das Vergaberecht selbst trägt mit <strong>der</strong> grundsätzlichen Zulassung vonBedarfs- o<strong>der</strong> Alternativpositionen dem Umstand Rechnung, dass <strong>der</strong> Auftraggeber zumZeitpunkt <strong>der</strong> Ausschreibung noch nicht in vollem Umfang Klarheit über seinen Bedarf hatund setzt für einen solchen Fall dem Auftraggeber lediglich Grenzen für die Aufnahme<strong>der</strong>artiger Positionen. Entsprechend ist auch zu verfahren, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber eineVertragsgestaltung wählen möchte, die von <strong>der</strong> herkömmlichen Risikostruktur des Vertragsabweicht. Eine Risikoverlagerung in Höhe von 10% des Gesamtauftragswertes, für die <strong>der</strong>Auftragnehmer das Verwendungsrisiko trägt, erscheint hinnehmbar, wenn es sich um einbestimmtes und quantitativ eingegrenztes Risiko handelt, das in <strong>der</strong> Kalkulation mitberücksichtigt werden kann, und wenn Möglichkeiten bestehen, die nachteiligenwirtschaftlichen Folgen, die aus <strong>der</strong> Risikoverlagerung entstehen können, abzumil<strong>der</strong>n, z.B.durch Übernahme des Belegungsrisikos o<strong>der</strong> durch einen erheblichen gestalterischen undorganisatorischen Spielraum des Auftragnehmers bei <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Teilnehmer aufdie Berufsfel<strong>der</strong> und damit auch auf die von ihm für die Erbringung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> eingeplantenund vorgehaltenen Personal- und Sachmittel (3. VK Bund, B. v. 06.05.2005 - Az.: VK 3 –28/05; B. v. 24.3.2004 - Az.: VK 3 - 36/04; 1. VK Bund, B. v 08.08.2006 - Az.: VK 1 - 67/06;B. v. 7.4.2004 - Az.: VK 1 - 15/04, B. v. 1.4.2004 - Az.: VK 1 - 11/04).Nach Auffassung des OLG Düsseldorf können aufgrund <strong>der</strong> allgemeinen Vertragsfreiheitund des Nichtbestehens eines Formen- und Typenzwangs im Zivilrecht dieVertragsparteien eine Verlagerung des Verwendungsrisikos <strong>der</strong> Dienstleistung vom


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Dienstherrn auf den Auftragnehmer bis zur Grenze <strong>der</strong> Sittenwidrigkeit (<strong>§</strong> 138 BGB)vereinbaren (OLG Düsseldorf, B. v. 18.11.2009 - Az.: VII-Verg 19/09).4155415641574158Jedoch ist eine Abweichung von <strong>der</strong> gesetzlichen Risikoverteilung, nach <strong>der</strong> <strong>der</strong>Auftragnehmer 20% <strong>der</strong> vereinbarten Vertragsleistung zusätzlich vorzuhalten hat,nicht unerheblich und bedeutet die Überwälzung eines unzulässigen Wagnisses (1. VKBund, B. v. 20.10.2004 - Az.: VK 1 – 123/04; B. v. 29.09.2004 - Az.: VK 1 – 162/04; B. v.23.09.2004 - Az.: VK 1 – 132/04; B. v. 23.09.2004 - Az.: VK 1 – 129/04; B. v. 23.09.2004 -Az.: VK 1 – 126/04; B. v. 26.08.2004 - Az.: VK 1 – 111/04; B. v. 26.08.2004 - Az.: VK 1 –105/04; B. v. 26.08.2004 - Az.: VK 1 – 108/04); ebenso bei einer Überwälzung von 30% desVerwendungsrisikos (OLG Düsseldorf, B. v. 09.06.2004 - Az.: VII - Verg 18/04). In dieserEntscheidung tendiert das OLG Düsseldorf sogar dazu, grundsätzlich jegliche Überwälzungdes Verwendungsrisikos für unzulässig zu erachten; mit Beschluss vom 23.03.2005 (Az.:VII – Verg 77/04) entscheidet das OLG im Sinne dieses Grundsatzes. In einer späterenEntscheidung korrigiert das OLG Düsseldorf diese Interpretation. Entscheidend sind jeweilsdie Umstände des Einzelfalls (instruktiv OLG Düsseldorf, B. v. 19.10.2006 - Az.: VII - Verg39/06).Wenn jedoch die grundsätzliche Gefahrenverteilung bei Bauverträgen, die darin besteht,dass <strong>der</strong> Auftraggeber das Abnahmerisiko trägt (was bestellt ist, wird auch bezahlt), durchdie Ausschreibungsbedingungen im Ergebnis umgekehrt wird, handelt es sich um dieAufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses selbst dann, wenn diese Risikoverlagerungin sehr begrenztem Umfang durch geringfügige Kostengarantien abgefe<strong>der</strong>t wird (2. VKBund, B. v. 19.3.2002 - Az.: VK 2 - 06/02).Auch wird durch eine Vergütungsregelung das Risiko mengenmäßigerBedarfsschwankungen in nicht unerheblichem Umfang auf den Auftragnehmerüberwälzt, wenn z. B. eine Vergütung pro Kunde und Monat gezahlt werden soll, sich alsodanach richtet, wie viele Kunden tatsächlich betreut werden und im Vertragszeitraummindestens 1150 und höchstens 2100 Bewerber zu betreuen sein werden, wobei dieMindestzahl von 1150 Bewerbern garantiert ist. Der Abstand zwischen <strong>der</strong> garantiertenMindestzahl und <strong>der</strong> Höchstzahl von Bewerbern ist dann so hoch, dass sich <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong>zu erbringenden <strong>Leistung</strong> nicht im Voraus abschätzen lässt. Es handelt sich um eineAbweichung, die fast 50% beträgt. In diesem Umfang übernimmt <strong>der</strong> Auftragnehmer dasRisiko, dass Bewerber in ausreichen<strong>der</strong> Zahl vorhanden sind, von dem Auftraggeberzugewiesen werden und auch tatsächlich erscheinen. Entscheidet dann allein <strong>der</strong> Auftraggeberüber die Zuweisung <strong>der</strong> Bewerber, handelt es sich um die Übertragung eines ungewöhnlichenRisikos (3. VK Bund, B. v. 19.4.2004 - Az.: VK 3 - 44/04).Wenn die grundsätzliche Gefahrenverteilung bei <strong>Leistung</strong>sverträgen, die darin besteht,dass <strong>der</strong> Auftraggeber das Abnahmerisiko trägt (was bestellt ist, wird auch bezahlt), durchdie Ausschreibungsbedingungen im Ergebnis umgekehrt wird, handelt es sich um dieAufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses selbst dann, wenn diese Risikoverlagerungin sehr begrenztem Umfang durch geringfügige Kostengarantien abgefe<strong>der</strong>t wird (2. VKBund, B. v. 19.3.2002, Az.: VK 2 - 06/02).<strong>81.</strong>11.7 Absicherung eines Risikos über die Vergütung4159Ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A liegt dann nicht vor, wenn <strong>der</strong>Auftragnehmer die Möglichkeit hat, das Wagnis in wirtschaftlicher, also in


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010vergütungsmäßiger Hinsicht, abzusichern (OLG Koblenz, Urteil v. 19.05.2006 - Az.: 8 U69/05; OLG Naumburg, Urteil vom 22.1.2002 - Az.: 1 U (Kart) 2/01; 3. VK Saarland, B. v.10.08.2009 - Az.: 3 VK 03/2008).<strong>81.</strong>11.8 Zeitlicher Vorlauf zwischen Angebotseröffnung und<strong>Leistung</strong>sbeginn41604161Für einen umfangreichen Auftrag für die Sammlung und den Transport von Abfällen,Behälterwirtschaftung, Verwertung von Altpapier pp. hat die Rechtsprechungentschieden, dass ein zeitlicher Vorlauf von 17 Monaten bzw. 24 Monaten nicht nur denfachkundigen Bietern zumutbar, son<strong>der</strong>n für den Auftraggeber auch geboten ist. Zumeinen ist zu berücksichtigen, dass <strong>der</strong> Bieter, <strong>der</strong> den Auftrag letztlich erhält, eineumfangreiche Logistik und gegebenenfalls einen Standort im Entsorgungsgebiet aufbauenmuss. Ferner muss <strong>der</strong> Auftraggeber, wie die Praxis <strong>der</strong> Vergabekammern zeigt, bei einem<strong>der</strong>artig umfangreichen, auch von <strong>der</strong> Auftragssumme bedeutenden Auftrag, berücksichtigen,dass sich die Auftragserteilung durch Wahrnehmung <strong>der</strong> Bieterrechte gemäß <strong>§</strong> 97 ff. GWBund Stellung eines Nachprüfungsantrages erheblich verzögert (VK Lüneburg, B. v.08.05.2006 - Az.: VgK-07/2006; B. v. 12.11.2001 - Az.: VgK-19/2001).Entsprechende Beschlüsse für den Bereich <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A gibt es nicht.<strong>81.</strong>11.9 Zulässigkeit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung einer Mischkalkulation4162Die Bildung einer Mischkalkulation bedeutet für die Bieter keine Übernahme einesungewöhnlichen und unzumutbaren Risikos, wenn <strong>der</strong> tatsächliche Umfang <strong>der</strong>erfor<strong>der</strong>lichen Arbeiten zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erstellung <strong>der</strong> Kalkulation <strong>der</strong> Größenordnungnach erkennbar gewesen ist (BGH, Urteil vom 18.4.2002 - Az: VII ZR 38/01).<strong>81.</strong>11.10 Zulässigkeit von Umsatzrabatten4163Im Grundsatz ist es sachgerecht und nicht zu beanstanden, dass <strong>der</strong> öffentlicheAuftraggeber Umsatzrabatte nach bestimmten Jahresumsatzzahlen gestaffelt bei denBietern abfragt. Je nachdem, ob und welche Angaben die Bieter hierzu machen, kann sichein bestimmtes Angebot als wirtschaftlich vorzugswürdig erweisen. Voraussetzung für einevergaberechtskonforme Angebotswertung ist dann jedoch, dass die den Rabatten zugrundegelegten (gestaffelten) Umsätze im Rahmen <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Vergabestelle vorzunehmendenPrognose genügend abgesichert sind, das heißt, mit genügen<strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit aucherreicht werden können (OLG Düsseldorf, B. v. 1.10.2003 - Az.: Verg 45/03).<strong>81.</strong>11.11 Keine eindeutige Bezeichnung von Bedarfspositionen4164Bedarfspositionen müssen als Bedarfspositionen gekennzeichnet sein; ansonsten verstößt <strong>der</strong>Auftraggeber mindestens gegen das Gebot <strong>der</strong> eindeutigen und erschöpfenden<strong>Leistung</strong>sbeschreibung; vgl. im Einzelnen die Kommentierung RZ 4098.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>11.12 Vorhaltung von Personal4165Ein öffentlicher Auftraggeber bürdet Bietern mit seiner Auffassung, dass bereits die Abgabeeines Angebots in einem an<strong>der</strong>en Vergabeverfahren unter Benennung des jeweiligenPersonals als eine Verplanung des Personals anzusehen ist, ein ungewöhnliches Wagnisauf. Er zwingt damit die Bieter, ihr Personal bis zum Ablauf <strong>der</strong> Bindefrist zugunsten <strong>der</strong>Vergabestelle vorzuhalten, so dass sich die Bieter nicht gleichzeitig mit diesem Personal uman<strong>der</strong>e Maßnahmen bewerben können. Da die Teilnahme an einem Vergabeverfahren für denBieter letztlich nur die Chance auf Zuschlagserteilung bedeutet, er aber darauf angewiesenist, sein Personal auszulasten, muss ihm die Möglichkeit offen stehen, durch gleichzeitigeAbgabe mehrerer Angebote die Chancen auf Erlangung wenigstens einiger Aufträge zuerhöhen. Indem ein öffentlicher Auftraggeber die Bieter hinsichtlich dieser Möglichkeiteinengt, beschränkt er <strong>der</strong>en wettbewerbliche Handlungsfreiheit in nicht hinnehmbarer Weise.Darin liegt gleichzeitig auch eine für die Bieter unangemessene Bedingung (1. VK Bund, B.v. 19.7.2002 - Az.: VK 1 - 37/02).<strong>81.</strong>11.13 Gerüstvorhaltung für an<strong>der</strong>e Unternehmen4166Es begegnet auch keinen Bedenken, wenn ein öffentlicher Auftraggeber in <strong>der</strong>Ausschreibung for<strong>der</strong>t, dass die Gerüste für die Dauer <strong>der</strong> Arbeiten auch an<strong>der</strong>en genaubezeichneten Unternehmern "vorzuhalten" sind, weil es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist,dass je<strong>der</strong> Unternehmer, <strong>der</strong> tätig wird und ein Gerüst benötigt, mit entsprechendemKostenaufwand sein Gerüst selbst stellt und wie<strong>der</strong> abbaut und auf diese Weise <strong>der</strong>Auftraggeber mehr bezahlen muss, als wenn ein Gerüst einmal gestellt wird. Entgegen <strong>der</strong>Auffassung des Berufungsgerichts überbürdet ein Auftraggeber dem Anbieter keinunüberschaubares und für ihn in keiner Weise beeinflussbares Preisrisiko, wenn er beidem Vorhalten von Gerüsten keine Angaben über die Dauer <strong>der</strong> Arbeiten macht.Hiergegen spricht schon <strong>der</strong> Umstand, dass üblicherweise in einer Ausschreibung auchAusführungsfristen genannt sind. Selbst wenn für das den Bieter betreffende Gewerk diehierauf vorgesehene Ausführungsfrist genannt ist und nicht für die nachfolgenden, än<strong>der</strong>t diesnichts an <strong>der</strong> Beurteilung. Der Bieter hat verschiedene Möglichkeiten, sich Aufschlussüber die voraussichtliche Dauer <strong>der</strong> Gerüstvorhaltung zu verschaffen und <strong>der</strong>en Wertzu kalkulieren. Er kann sich beim öffentlichen Auftraggeber erkundigen. Er hat auch dieMöglichkeit, einen Einheitspreis zu kalkulieren, <strong>der</strong> für die Zeit nach Abschluss <strong>der</strong> eigenenArbeiten nach Zeiteinheiten berechnet wird. Er hat die Möglichkeit, hierauf in denAnmerkungen zum Angebot hinzuweisen. Schließlich darf auch nicht die unternehmerischeErfahrung außer Acht gelassen werden. Ein Bieter ist als Fachunternehmen damit vertraut,wie sich <strong>der</strong> Ablauf bei Übernahme eines solchen Auftrages auch mit Nachfolgearbeitenan<strong>der</strong>er Handwerker und Unternehmer gestaltet (BGH, Urteil vom 8.9.1998 - Az.: X ZR85/97).<strong>81.</strong>11.14 Keine Mehrfor<strong>der</strong>ungen bei Mehr- o<strong>der</strong> Min<strong>der</strong>leistungenauch über 10%?4167Hat ein öffentlicher Auftraggeber in seinen Verdingungsunterlagen, ohne dies optisch o<strong>der</strong>sonst wie hervorzuheben, die Bestimmung getroffen, dass Mehr- o<strong>der</strong> Min<strong>der</strong>leistungenauch über 10% nicht zu Mehrfor<strong>der</strong>ungen berechtigen, bürdet dies den Bietern einungewöhnliches Wagnis auf und wi<strong>der</strong>spricht dem einzubeziehenden Regelwerk <strong>der</strong>


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>VOB</strong>/B. Das Wagnis wird dadurch verstärkt, dass auch alle angegebenen Maße nicht ohnePrüfung übernommen werden dürfen und die Bieter die Eignung <strong>der</strong> Verfahren undMaterialien fortwährend zu überprüfen haben. Die Verdingungsunterlagen verlagern dasRisiko <strong>der</strong> Arbeiten an einem nicht im Einzelnen von <strong>der</strong> Konsistenz, Stärke und Neigung herbekannten Mauerwerk auf den Bieter, versagen ihm aber die Mehrfor<strong>der</strong>ungen beiMehrleistungen. Dies verstößt nicht nur gegen die bieterschützende Vorschrift aus <strong>§</strong> 9 Nr. 2<strong>VOB</strong>/A, son<strong>der</strong>n lässt auch berechtigte Zweifel daran aufkommen, ob alle Bieter dieAbweichung von <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/B erkannt und in ihre Preiskalkulation miteinbezogen haben.Die vorliegende Unsicherheit, was den Bieter an Anfor<strong>der</strong>ungen erwartet, kann durchausverglichen werden etwa mit den Wasser- und Bodenverhältnissen, <strong>der</strong>en Unwägbarkeitenauch nicht komplett auf den Bieter übergewälzt werden dürfen (VK Düsseldorf, B. v.24.1.2001 - Az.: VK - 31/2000 - B).<strong>81.</strong>11.15 Abrechnung von losem Material als festes Material ohneAngabe eines Umrechnungsschlüssels4168Eine Vertragsklausel, nach <strong>der</strong> tatsächlich lose anfallendes Material ohne Angabe einesUmrechnungsschlüssels fiktiv als fest abzurechnen ist, schiebt dem Auftragnehmer unterVerstoß gegen die <strong>VOB</strong>/A ein unangemessenes Wagnis zu, indem sie ihm zumutet, aufeigenes Risiko einen Umrechnungsmodus anzunehmen und zur Grundlage seines Angeboteszu machen. Da es für diesen Umrechnungsmodus verschiedene Möglichkeiten gibt und nachAuffassung des Berufungsgerichts sogar Experimente erfor<strong>der</strong>lich sein können, wäre zudemnicht gewährleistet, dass alle Bieter die Ausschreibung im gleichen Sinne verstehen (<strong>§</strong> 9 Nr. 1<strong>VOB</strong>/A). Schließlich würde die Ausschreibung auch gegen die Vorgabe verstoßen, dassPreise leicht zu ermitteln sein sollen. Im Ergebnis müsste bei <strong>der</strong> vom Berufungsgericht fürrichtig gehaltenen Auslegung <strong>der</strong> Bieter selbst zunächst einmal für den Einbau ggf. auch nachProbewägungen den zu beschaffenden Materialbedarf abschätzen (BGH, Urteil vom 9.1.1997- Az.: VII ZR 259/95).<strong>81.</strong>11.16 Vorgabe von Standards durch den Auftraggeber4169Ein öffentlicher Auftraggeber kann Anfor<strong>der</strong>ungen stellen, die über die gesetzlichenMindesterfor<strong>der</strong>nisse hinausgehen und für die er einen höheren Preis zu zahlen bereit ist.Solche Anfor<strong>der</strong>ungen sind nicht zwangsläufig als "ungewöhnliche Wagnisse" anzusehen. Esist dem Auftraggeber überlassen, welche Qualität einer <strong>Leistung</strong> er haben möchte; ermuss sich nicht mit Mindeststandards begnügen. Er muss dabei allerdings z. B. beachten,dass die <strong>Leistung</strong> eindeutig beschrieben und <strong>der</strong> Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt wirdund die höheren Anfor<strong>der</strong>ungen nicht nur gestellt werden, um den Wettbewerb auszuschaltenund einem bestimmten bevorzugten Bewerber den Auftrag zukommen lassen zu können. DieFor<strong>der</strong>ung nach Vorlage aller erfor<strong>der</strong>lichen Genehmigungen etc. o<strong>der</strong> die Verpflichtungzur Duldung von Probenahmen erscheint legitim, zumindest aber nicht überzogen (VKHessen, B. v. 20.2.2002 - Az.: 69 d VK - 47/2001).<strong>81.</strong>11.17 Parallelausschreibung4170


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Parallelausschreibung gegen das Gebot <strong>der</strong>eindeutigen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung verstoßen. Vgl. hierzu im Einzelnen die Kommentierungzu <strong>§</strong> 16 <strong>VOB</strong>/A RZ 4619.<strong>81.</strong>11.18 Vereinbarung einer Vertragsstrafe4171Die Vereinbarung von Vertragsstrafen ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich. Damit mussein Auftragnehmer rechnen. Ergibt sich außerdem die Höhe <strong>der</strong> Vertragstrafe aus einergesetzlichen Regelung (z.B. einem Tariftreuegesetz) und übernimmt die vertraglicheRegelung lediglich die gesetzliche Vorgabe, so „überbürdet“ o<strong>der</strong> verlagert <strong>der</strong> Auftraggebermit dieser Regelung kein Risiko auf die Bieter, mit dessen Eintritt nach dem allgemeinen undvorhersehbaren Ablauf einer Vertragsbeziehung bzw. bei <strong>der</strong> Durchführung des Vertragesnicht gerechnet werden muss, wobei dem Bieter die Möglichkeit genommen wird, die für ihnnachteiligen wirtschaftlichen Folgen abzuwenden (VK Münster, B. v. 24.09.2004 - Az.: VK24/04; im Ergebnis ebenso 3. VK Bund, B. v. 28.01.2008 - Az.: VK 3 - 154/07; B. v.24.01.2008 - Az.: VK 3 - 151/07).<strong>81.</strong>11.19 Vereinbarung einer Vertragsstrafe und Kündigung beiillegalen Praktiken im Baugewerbe4171/1Es dürfte allgemein bekannt sein, dass illegale Praktiken im Baugewerbe ein Problemdarstellen und dass <strong>der</strong> Auftraggeber ein anerkennenswertes Interesse daran hat, solcheVerstöße zu verhin<strong>der</strong>n. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei solchen Verstößenist grundsätzlich zulässig. Hierdurch wird im konkreten Fall auch kein ungewöhnlichesWagnis auf den Auftragnehmer überwälzt. Illegale Beschäftigung und Verstöße gegenarbeits- und sozialrechtliche Vorschriften gehören eher zum Risikobereich desAuftragnehmers, <strong>der</strong> auf die Beschäftigungsverhältnisse auf <strong>der</strong> Baustelle mehr Einfluss hatals <strong>der</strong> Auftraggeber und <strong>der</strong> sich ja <strong>der</strong> Nachunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichenVerpflichtungen bedient. Zwar ist die Zurechnung jeglichen Verschuldens in <strong>der</strong>Nachunternehmerkette sehr weitgehend und begründet unter Umständen – je nachAnzahl <strong>der</strong> einzusetzenden Nachunternehmer – ein Wagnis für den Auftragnehmer.Dieses Wagnis ist hier aber nicht ungewöhnlich im Sinne des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A. Dass demAuftragnehmer das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen auch im Rahmen vereinbarterVertragsstrafen gemäß <strong>§</strong> 278 BGB zugerechnet wird, ist <strong>der</strong> Regelfall. Wenn Vorschriften,die mit deliktischen Sanktionen belegt sind, zum Gegenstand <strong>der</strong> vertraglich geschuldeten<strong>Leistung</strong> gemacht werden, ist die Anwendung des <strong>§</strong> 278 BGB nicht systemwidrig, son<strong>der</strong>n imGegenteil folgerichtig. Das Risiko, dass <strong>der</strong> Auftragnehmer die vereinbarteVertragsstrafe nicht an seine Nachunternehmer durchreichen o<strong>der</strong> von diesen Regressverlangen kann, besteht auch in an<strong>der</strong>en Fällen vereinbarter Vertragsstrafen,beispielsweise wenn ein Nachunternehmer eine bedeutende Verzögerung desFertigstellungstermins verschuldet. Das übernommene Wagnis ist auch kalkulierbar, wenneine mit <strong>der</strong> Rechtsprechung des BGH vereinbare Höchstsumme festgelegt wird; diesekann <strong>der</strong> Auftragnehmer in seinen Angebotspreis mit einkalkulieren (3. VK Bund, B. v.28.01.2008 - Az.: VK 3 - 154/07; B. v. 24.01.2008 - Az.: VK 3 - 151/07).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>11.20 Vereinbarung einer Vertragsstrafe für nicht rechtzeitigeMitteilungen über organisatorische o<strong>der</strong> strukturelle Verän<strong>der</strong>ungenbeim Auftragnehmer o<strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Zusammensetzungeiner AuftragnehmergemeinschaftAn <strong>der</strong> Bestimmung einer Vertragsstrafe für den Fall, dass <strong>Leistung</strong>serbringerorganisatorische o<strong>der</strong> strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen in ihrem Unternehmen o<strong>der</strong>Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Zusammensetzung einer Auftragnehmergemeinschaft nicht o<strong>der</strong>nicht rechtzeitig mitteilen, ist nichts auszusetzen. Der Auftraggeber will sich während <strong>der</strong>Vertragslaufzeit über Verän<strong>der</strong>ungen im Unternehmen <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>serbringer unterrichtethalten, welche die Fachkunde, die <strong>Leistung</strong>sfähigkeit o<strong>der</strong> die Zuverlässigkeit beeinträchtigenkönnen. Dazu ist er bei einem für mehrere Jahre einzugehenden Dauerschuldverhältnisberechtigt. Ebenso wenig kann davon gesprochen werden, die von dem Auftraggebergetroffene Vertragsstrafenregelung bleibe hinter den gesetzlichen Anfor<strong>der</strong>ungen anVertragsstrafen nach den <strong>§</strong><strong>§</strong> 339 ff. BGB zurück o<strong>der</strong> überbürde dem <strong>Leistung</strong>serbringer zuUnrecht den Nachweis, dass ihn an einem Vertragsverstoß kein Verschulden trifft. DieBestimmungen <strong>der</strong> <strong>§</strong><strong>§</strong> 339 bis 343 BGB sind auf die in Vertragsbedingungen desAuftraggebers geregelten Vertragsstrafen ohne Weiteres anzuwenden (OLG Düsseldorf, B. v.17.04.2008 - Az.: VII - Verg 15/08).<strong>81.</strong>11.21 Vereinbarung einer Bürgschaft als Sicherheit für dieVertragserfüllungSoll eine Bürgschaft als Sicherheit für die Vertragserfüllung gestellt werden, ist ein<strong>der</strong>artiges Verlangen des Auftraggebers legitim, und die Erfüllung ist für den späteren<strong>Leistung</strong>serbringer nicht unzumutbar. Das Sicherungsbedürfnis des Auftraggebers umfasstselbstverständlich auch etwaige Schadensersatzansprüche. Eine Sicherheitsleistung ist<strong>Leistung</strong>serbringern <strong>der</strong> Höhe nach zuzumuten, wenn sie fünf Prozent <strong>der</strong> pauschal zuzahlenden monatlichen Vergütung beträgt (OLG Düsseldorf, B. v. 17.04.2008 - Az.: VII -Verg 15/08).<strong>81.</strong>11.22 Vorweggenommene Zustimmung zur Verlängerung <strong>der</strong>Bindefrist für den Fall eines Nachprüfungsverfahrens zum Zeitpunkt<strong>der</strong> Angebotsabgabe4172Die Verpflichtung <strong>der</strong> Beter durch den Auftraggeber, bereits zum Zeitpunkt <strong>der</strong>Angebotsabgabe die vorweggenommene Zustimmung zur Verlängerung <strong>der</strong> Bindefristmindestens bis zur Rechtskraft des letzten Beschlusses im Nachprüfungsverfahren zuverlangen, sofern <strong>der</strong> Bieter Beteiligter des Nachprüfungsverfahrens ist, stellt keinungewöhnliches Wagnis dar. Nicht nur ein öffentlicher Auftraggeber, son<strong>der</strong>n auch dieBieter müssen bei europaweiten Vergabeverfahren stets damit rechnen, dass ein Bieter vonseinem Rechtsschutz nach den <strong>§</strong><strong>§</strong> 107 ff. GWB Gebrauch macht. Darin liegt keinungewöhnliches Kalkulationsrisiko. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich die For<strong>der</strong>ungnach <strong>der</strong> antizipierten Zustimmung zur Bindefristverlängerung ausdrücklich nur auf die Bieterbeschränkt, die Beteiligte eines Nachprüfungsverfahrens werden. Dies sind neben demjeweiligen Antragsteller regelmäßig nur die Bieter, die nach dem <strong>der</strong>zeitigen Stand desVergabeverfahrens die aussichtsreichsten Angebote abgegeben haben und deshalb von


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>der</strong> Vergabekammer gemäß 109 GWB zum Nachprüfungsverfahren beigeladen werden.Eine Rechtsverletzung im Sinne des <strong>§</strong> 114 Abs. 1 Satz 1 GWB durch die antizipierteZustimmungserklärung scheidet für diesen Bieterkreis aus. Für den Antragsteller folgt diesschon daraus, dass er ohne Zustimmung zur Bindefristverlängerung bis zum rechtskräftigenAbschluss des Nachprüfungsverfahrens die Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahrengemäß <strong>§</strong> 107 Abs. 2 GWB verliert, wenn das Zuschlagsverbot gemäß <strong>§</strong> 115 Abs. 1 GWB dieZuschlags- und Bindefrist nach <strong>§</strong> 19 VOL/A bzw. <strong>VOB</strong>/A überholt. Das Zuschlagsverbot des<strong>§</strong> 115 Abs. 1 GWB und die damit verbundene Verzögerung des Vergabeverfahrens dient jagerade den Interessen des Antragstellers und ist die zentrale Regelung des vergaberechtlichenPrimärrechtsschutzes. Der damit verbundene Bieterschutz aber läuft ins Leere, wenn <strong>der</strong>Antragsteller den Zuschlag nach rechtskräftigem Abschluss des Nachprüfungsverfahrensschon deshalb nicht erhalten kann, weil er mangels Verlängerung <strong>der</strong> Bindefrist keinwirksames Angebot mehr vorweisen kann. Da <strong>der</strong> Gesetzgeber bislang <strong>der</strong> Problematik,dass die Wirkung des Zuschlagsverbots gemäß <strong>§</strong> 115 Abs. 1 GWB die Zuschlags- undBindefrist überholt, nicht Rechnung getragen hat, ist die Lösung über eine antizipierteZustimmungserklärung zur Bindefristverlängerung eine recht- und zweckmäßigeRegelung, die den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (VK Lüneburg, B. v.08.05.2006 - Az.: VgK-07/2006).4173Diese Auffassung muss differenziert betrachtet werden; sie ist mit Blick z.B. auf möglicheMaterialpreissteigerungen bei Stahl o<strong>der</strong> Nichteisenmetalle (Kupfer) nicht haltbar.<strong>81.</strong>11.23 Ausschreibungsbedingung, als Zeitraum für die spätesteAuffor<strong>der</strong>ung zum Beginn <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Bauleistungenpauschal vier Monate nach Ablauf <strong>der</strong> Bindefrist des Angebotesvorzusehen4173/1Die Ausschreibungsbedingung, als Zeitraum für die späteste Auffor<strong>der</strong>ung zum Beginn<strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Bauleistungen pauschal vier Monate nach Ablauf <strong>der</strong> Bindefrist desAngebotes vorzusehen, stellt ein ungewöhnliches Wagnis dar und verstößt gegen <strong>§</strong> 9 Nr. 2<strong>VOB</strong>/A. Die Eintragung des Auftraggebers in den Beson<strong>der</strong>en Vertragsbedingungen, diespäteste Auffor<strong>der</strong>ung zur Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> erfolgt ca. vier Monate nach Ablauf <strong>der</strong>Zuschlags- und Bindefrist, enthält mehrere Varianten, sodass eine Kalkulation des Preisesmehr auf Schätzungen als auf einer eindeutigen und erschöpfenden <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (<strong>§</strong>9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A) beruhen muss. So ist ungewiss, zu welchem Zeitpunkt <strong>der</strong> Auftragnehmervom Auftraggeber in Anspruch genommen wird. Erstreckt sich z.B. dieAusführungsdauer über zwei Winterphasen, ist <strong>der</strong> Gesamtaufwand und mithin auch<strong>der</strong> Gesamtpreis, den die Antragstellerin anbieten kann, wesentlich höher als <strong>der</strong> Preis,<strong>der</strong> angeboten werden kann, wenn nur eine Winterphase zu berücksichtigen ist.Derjenige Bieter, <strong>der</strong> zwei Winterphasen seiner Kalkulation zugrunde legt, wird gegenüberBietern, die nur einen Winter einkalkulieren, im Ergebnis keine Chance auf dieZuschlagserteilung haben. Für die Bieter muss aber überschaubar sein, mit welcherWahrscheinlichkeit sich das Wagnis - Bauausführung während einer o<strong>der</strong> zweiWinterperioden - voraussichtlich realisieren wird und mit welchem Ergebnis sich das Risikosodann preislich entwickelt. Allein <strong>der</strong> Umstand, dass sich das theoretisch aufgebürdeteMaximalrisiko benennen und preislich beziffern lässt, nimmt einer Auftragsbedingung, durchdie ein Auftragnehmer im Sinne von <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A ein ungewöhnliches und seinemEinfluss entzogenes Risiko aufgebürdet wird, noch nicht ihre Unangemessenheit. Erst dann,wenn <strong>der</strong> Auftragnehmer in <strong>der</strong> Lage ist, das zu überschauende Wagnis konkret abzuschätzen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010und die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts zu ermessen, ist es gerechtfertigt, die betreffendeAuftragsbedingung vom Verbot des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A freizustellen. Das ist nicht <strong>der</strong> Fall,wenn Inhalt <strong>der</strong> Angebotskalkulation auch <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Ausschreibung vorgegebenegünstige o<strong>der</strong> ungünstige Zeitraum <strong>der</strong> Bauausführung ist. Ungünstige Zeiträumebedingen Verän<strong>der</strong>ungen in den <strong>Leistung</strong>sanfor<strong>der</strong>ungen (an<strong>der</strong>e Beton- undBindemittelzusätze wegen Bauarbeiten in <strong>der</strong> Winterzeit, winterbedingte etwaigeUnterbrechungen in <strong>der</strong> Bauausführung mit an<strong>der</strong>weitiger Verkehrsführung). Die zeitlicheVerschiebung <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Bauleistungen kann deshalb nicht ohne Einfluss aufdie Preisgrundlage bleiben (VK Brandenburg, B. v. 30.09.2008 - Az.: VK 30/08).<strong>81.</strong>11.24 Bedingter Zuschlag4173/1,5Ein bedingter Zuschlag z.B. dahingehend, dass bei einem einheitlichen Bauvorhaben, das inLosen ausgeschrieben ist, <strong>der</strong> Auftraggeber berechtigt ist, die Zuschlagserteilung eines Losesunter die aufschiebende Bedingung <strong>der</strong> Zuschlagserteilung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Lose zu stellen,überträgt dem Bieter ein ungewöhnliches Wagnis und ist daher unzulässig. Ein Bieterkann den Ablauf <strong>der</strong> Vergabe grundsätzlich nicht beeinflussen und auch nicht für einezusammenhängende Vergabe <strong>der</strong> Lose Sorge tragen. Die wesentlichen für eine Vergabebedeutsamen Umstände hat <strong>der</strong> Auftraggeber in <strong>der</strong> Hand. Er schafft die Voraussetzungen fürdas Vorhaben, gestaltet die Verdingungsunterlagen und prüft und wertet die Angebote. Dieaus <strong>der</strong> Sicht des Auftraggebers entscheidende Motivation für dieses Konstrukt, nämlichdie zeitliche Verschiebung <strong>der</strong> Zuschlagserteilung in einem Los durch einenNachprüfungsantrag, ist von dem im Parallelverfahren für den Zuschlag vorgesehenenBieter ebenfalls nicht beeinflussbar. Durch die vorgesehene Möglichkeit, den Zuschlagunter die aufschiebende Bedingung <strong>der</strong> Zuschlagserteilung im Parallelverfahren zu stellen,wird dem Auftragnehmer das zeitliche Risiko des Nachprüfungsverfahrens bei <strong>der</strong>Parallelvergabe mit aufgebürdet. Zwar ist die Dauer des Nachprüfungsverfahrens vor <strong>der</strong>Vergabekammer wegen <strong>der</strong> 5-Wochen Frist des <strong>§</strong> 113 Abs. 1 Satz 1 GWB noch einigermaßenvoraussehbar. Für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens vor dem OLG trifft dies aber bereitsnicht mehr zu. Für den Bieter ist damit nicht voraussehbar, wann er mit den Bauarbeiten wirdbeginnen können. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass dies auch die Planbarkeit <strong>der</strong>Auftragsausführung und unter Umständen auch die Verfügbarkeit von Ressourcen beeinflusst.Das dadurch dem Auftragnehmer überbürdete Wagnis ist auch in mehrfacher Hinsichtungewöhnlich: Zutreffend ist zwar, dass Terminverschiebungen in <strong>der</strong> Baubranche nichtsUngewöhnliches sind. Aus <strong>der</strong> Regelung des <strong>§</strong> 5 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B ergibt sich auch, dass einAuftraggeber nicht zwingend vor Vertragsabschluss den Termin für den Baubeginnangeben muss. Ist <strong>der</strong> Vertrag zustande gekommen, gibt <strong>§</strong> 5 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B demAuftragnehmer aber das Recht, Auskunft über den voraussichtlichen <strong>Leistung</strong>sbeginn zuverlangen. Diese Bestimmung berücksichtigt das wohlverstandene Interesse desAuftragnehmers, zumindest über den voraussichtlichen Baubeginn Bescheid zu wissen, umseine betrieblichen Planungen auf die Erfüllung <strong>der</strong> bauvertraglichen Pflichten einstellen zukönnen. Richtet <strong>der</strong> Auftragnehmer ordnungsgemäß die Frage über den Baubeginn an denAuftraggeber, so ist dieser verpflichtet, die gefor<strong>der</strong>te Auskunft zu erteilen. Diese Rechtebestehen bei <strong>der</strong> bedingten Zuschlagserteilung nicht. Für den Fall, dass <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong>Ausführung von einer Auffor<strong>der</strong>ung des Auftraggebers abhängt, bestimmt <strong>§</strong> 11 <strong>VOB</strong>/ANr. 1 Abs. 3, dass die Frist innerhalb <strong>der</strong>er die Auffor<strong>der</strong>ung auszusprechen ist, in denVerdingungsunterlagen festgelegt sein muss. In Verbindung mit <strong>§</strong> 5 Nr. 2 Satz 2 <strong>VOB</strong>/B,wonach <strong>der</strong> Auftragnehmer innerhalb von 12 Werktagen nach Auffor<strong>der</strong>ung zu beginnen hat,ist damit <strong>der</strong> Baubeginn und <strong>der</strong> Bauablauf planbar und kalkulierbar. Teilt <strong>der</strong> Auftraggeberinsoweit mit, dass die Auffor<strong>der</strong>ung mit Erteilung des Zuschlags erfolgt, läuft im Ergebnis


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010diese Mitteilung aber bei einer bedingten Zuschlagserteilung ins Leere, denn dieAuffor<strong>der</strong>ung ist damit unmittelbar selbst von einem zukünftigen ungewissen Ereignisabhängig. Im Ergebnis steht sich <strong>der</strong> Auftragnehmer so, als sei die Frist innerhalb <strong>der</strong>er dieAuffor<strong>der</strong>ung ausgesprochen werden kann, entgegen <strong>§</strong> 11 <strong>VOB</strong>/A Nr. 1 Abs. 3 nichtfestgelegt worden. Auch <strong>der</strong> Einwand, dass <strong>der</strong> Baubeginn auch ohne bedingteZuschlagserteilung dadurch auf unbestimmte Zeit verschoben werden kann, dass <strong>der</strong>Auftraggeber auf die Erteilung des Zuschlags zunächst verzichtet, ist nicht zielführend.An<strong>der</strong>s als im Fall <strong>der</strong> Zuschlagserteilung unter einer aufschiebenden Bedingung ist in diesemFall <strong>der</strong> Bieter nur bis zum Ablauf <strong>der</strong> Bindefrist gezwungen, die angebotenenRessourcen vorzuhalten. Da er die Bindefrist von Anfang an kennt, hat er insoweit einesichere Kalkulationsgrundlage. Nach Ablauf <strong>der</strong> Bindefrist hat er die Möglichkeit, dieerfor<strong>der</strong>liche Verlängerung <strong>der</strong> Bindefrist zu verweigern, wenn die Auswirkungen <strong>der</strong>Verzögerung das von ihm kalkulierte Risiko überschreiten. Kommt <strong>der</strong> Vertrag unter <strong>der</strong>aufschiebenden Bedingung <strong>der</strong> Zuschlagserteilung im Parallelverfahren zustande, so hater dieses Recht nicht. Der Vertrag ist voll gültig, <strong>der</strong> Eintritt seiner Rechtswirkungen hängtnur vom Eintritt <strong>der</strong> aufschiebenden Bedingung ab und <strong>der</strong> Bieter kann sich hier nicht mehrohne weiteres vom Vertrag lösen, wenn <strong>der</strong> Eintritt <strong>der</strong> aufschiebenden Bedingung sich längerals erwartet (und kalkuliert) verschiebt. Da bei einem bedingten Zuschlag keine gesichertenEckpunkte für den Baubeginn und die Bauausführung zur Verfügung stehen und <strong>der</strong>Auftragnehmer sie sich auch nicht verschaffen kann, ist das überbürdete Wagnis fürden Auftragnehmer auch nicht kalkulierbar. Auch die Kalkulation von Risikozuschlägenkann nicht völlig aus <strong>der</strong> Luft gegriffen werden, son<strong>der</strong>n muss sich an gewissen minimalenVorgaben orientieren, die hier fehlen (3. VK Bund, B. v. 28.01.2008 - Az.: VK 3 - 154/07; B.v. 24.01.2008 - Az.: VK 3 - 151/07).4173/2Im Ergebnis ist diese Rechtsprechung mit <strong>der</strong> Rechtsprechung zu <strong>der</strong> Frage, wer letztlichdie Mehrkosten aus einer Verschiebung des Baubeginns wegen einesNachprüfungsverfahrens zu tragen hat, vergleichbar; vgl. insoweit die Kommentierung zu<strong>§</strong> 19 <strong>VOB</strong>/A RZ 4951/1.<strong>81.</strong>11.25 Übertragung des Risikos <strong>der</strong> Verfügbarkeit undBebaubarkeit <strong>der</strong> Bauflächen4173/3Die Verfügbarkeit und Bebaubarkeit <strong>der</strong> Bauflächen ist vom Auftraggeber vor <strong>der</strong>Ausschreibung sicherzustellen. Der Auftragnehmer hat hierauf typischerweise keinenEinfluss. Kommt es diesbezüglich zu Problemen, so wird im Regelfall eine Behin<strong>der</strong>ung imSinne des <strong>§</strong> 6 <strong>VOB</strong>/B vorliegen, mit <strong>der</strong> Möglichkeit unter den dort genanntenVoraussetzungen die Fristen anzupassen bzw. Schadensersatz zu verlangen. Soll aber keineBehin<strong>der</strong>ung vorliegen, wenn <strong>der</strong> Auftragnehmer die Arbeiten gleichwohl beginnen undausführen kann, entfällt die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des <strong>§</strong> 6 <strong>VOB</strong>/B,unabhängig davon, ob die Arbeiten nur teilweise o<strong>der</strong> unter erschwerten Bedingungendurchgeführt werden können. Die Verantwortung für die termingerechte Fertigstellungtrotz dieser Schwierigkeiten wird damit in vollem Umfang auf den Auftragnehmerübertragen. Für den Auftragnehmer ist jedoch nicht einschätzbar, in welchem Umfangmit Problemen bezüglich <strong>der</strong> Verfügbarkeit <strong>der</strong> Bauflächen zu rechnen ist und inwieweitdadurch im Einzelfall die Bauausführung beeinflusst werden kann. Er hat damit keinerleiInformationen, die es ihm ermöglichen würden, das zeitliche und finanzielle Risikoeinzuschätzen (3. VK Bund, B. v. 24.01.2008 - Az.: VK 3 - 151/07; VK Düsseldorf, B. v.28.01.2010 - Az.: VK - 37/2009 – B).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104173/3,1Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob <strong>der</strong> Auftragnehmer gegen direktes Entgeltdes Auftraggebers ein Bauwerk errichten soll o<strong>der</strong> ob er die Möglichkeit erhält, sichdurch die Nutzung des Bauwerks zu refinanzieren. Die mangelnde Verfügbarkeit undBebaubarkeit <strong>der</strong> Bauflächen lässt in beiden Fällen seinen wirtschaftlichen Erfolg entfallen(VK Düsseldorf, B. v. 28.01.2010 - Az.: VK - 37/2009 – B).<strong>81.</strong>11.26 Übertragung des Risikos <strong>der</strong> Vollständigkeit undWi<strong>der</strong>spruchsfreiheit <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen4173/4Das Risiko <strong>der</strong> Vollständigkeit und Fehlerfreiheit <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen trägt <strong>der</strong>Auftraggeber (vgl. <strong>§</strong> 9 Nr. 1 und 3 <strong>VOB</strong>/A). Führt die Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit undLückenhaftigkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung dazu, dass bei AuftragsausführungenMehrleistungen zu erbringen sind, so sind diese zu vergüten; kommt es zuVerzögerungen, so geht dies ebenfalls zu Lasten des Auftraggebers. Zwar hat <strong>der</strong> Bietergewisse Mitwirkungspflichten. Er muss, wenn er während des Vergabeverfahrens feststellt,dass die Verdingungsunterlagen unklar, lückenhaft o<strong>der</strong> sonst fehlerhaft sind, dieVergabestelle unverzüglich darauf hinweisen. Bei erkannter o<strong>der</strong> erkennbarerUnvollständigkeit soll <strong>der</strong> Bieter sich nicht im Nachhinein hierauf berufen können. Die vomBieter verlangte Vollständigkeitserklärung geht aber weit über eine solcheMitwirkungspflicht hinaus, wenn <strong>der</strong> Bieter mit Abgabe des Angebots "versichern"muss, "dass die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und Angaben ausreichend waren,um die übernommenen <strong>Leistung</strong>en abnahmereif und funktionsfähig nach Ausführungsart undUmfang erbringen zu können." Die abzugebende Erklärung bezieht sich also nicht nur aufdie Vollständigkeit <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen, son<strong>der</strong>n weitergehend auf dieHerstellung <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit und <strong>der</strong> Abnahmereife. Sollte sich herausstellen, dassdas errichtete Bauwerk mangels vollständiger Angaben in den Verdingungsunterlagen nichtvoll funktionsfähig und abnahmereif zu erbringen war, so hat die abgegebene Erklärung zurFolge, dass <strong>der</strong> Auftragnehmer hierfür mit verantwortlich ist, und zwar unabhängig davon, ober die Lückenhaftigkeit <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen bei Erstellung des Angebotsüberhaupt hätte erkennen können. Bei erfor<strong>der</strong>lichen Mehrleistungen zur Herstellung einerabnahmereifen <strong>Leistung</strong> kann <strong>der</strong> Auftraggeber dem Ansinnen des Auftragnehmers nachMehrvergütung die streitige Klausel entgegenhalten. Wenn es infolge <strong>der</strong>Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen Zweifel am Umfang <strong>der</strong> geschuldeten<strong>Leistung</strong> gibt, soll <strong>der</strong> Auftraggeber bestimmen, wie die Verdingungsunterlagen hier zuverstehen waren und was die vereinbarte <strong>Leistung</strong> ist. Da die so im Nachhinein bestimmte<strong>Leistung</strong> dann die vertraglich vereinbarte <strong>Leistung</strong> im Sinne des <strong>§</strong> 2 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/B ist, stehendem Auftragnehmer keinerlei Mehrvergütungsansprüche zu. Im Ergebnis beansprucht <strong>der</strong>Auftraggeber damit aber das Recht, den in den Verdingungsunterlagen liegenden Fehler imNachhinein zu seinen Gunsten zu korrigieren, ohne dass dem AuftragnehmerAusgleichsansprüche zustehen. In ihren finanziellen Auswirkungen ist die Belastung durchbeide Regelungen nicht absehbar o<strong>der</strong> gar kalkulierbar (3. VK Bund, B. v. 28.01.2008 -Az.: VK 3 - 154/07; B. v. 24.01.2008 - Az.: VK 3 - 151/07).<strong>81.</strong>11.27 Vorabzustimmung des Bieters zur Übertragung <strong>der</strong> Rechteund Pflichten des Auftraggebers auf eine Projektgesellschaft4173/5Eine vorgesehene Vorabzustimmung des Bieters zur Übertragung <strong>der</strong> Rechte undPflichten des Auftraggebers auf eine Projektgesellschaft überträgt ein ungewöhnliches


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Wagnis auf den Auftragnehmer. Nach <strong>§</strong> 415 BGB ist eine Schuldübernahme, um die essich handelt, nur wirksam, wenn <strong>der</strong> Gläubiger zustimmt. Dies dient seinem Schutz, denn dieBonität des Schuldners ist für den Wert <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung von ausschlaggeben<strong>der</strong>Bedeutung und er muss sich nicht auf einen Schuldner einlassen, den er sich nicht selbstausgesucht hat. Die vorgesehene Vorabzustimmung ohne Kenntnis des Übernehmersnimmt dem Bieter jede Möglichkeit, sich von <strong>der</strong> Bonität seines neuen Schuldners zuüberzeugen. Die bloße Mitteilung des Auftraggebers, die Werklohnfor<strong>der</strong>ung desAuftragnehmers könne vollständig abgesichert werden, ist nicht ausreichend. Das Risiko, das<strong>der</strong> Auftragnehmer mit einer Vorabzustimmung eingeht, kann er nur dann einschätzen, wennihm nähere Informationen zur Zusammensetzung <strong>der</strong> Projektgesellschaft, zu <strong>der</strong>enKapitalausstattung o<strong>der</strong> zu sonstigen Absicherungen <strong>der</strong> Werklohnfor<strong>der</strong>ungen gegebenwerden (3. VK Bund, B. v. 28.01.2008 - Az.: VK 3 - 154/07; B. v. 24.01.2008 - Az.: VK 3 -151/07).<strong>81.</strong>11.28 Belastung des Bieters mit <strong>der</strong> Umsatzsteuer4173/6Die Umsatzsteuer ist regelmäßig Bestandteil des vom Bieter zu bestimmendenAngebotspreises. Der Bieter berechnet den Preis für seine <strong>Leistung</strong> und hat damit auchEinfluss auf die Berechnung <strong>der</strong> Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist ein typisches Risikoeines Unternehmers, gehört zu seiner Sphäre und stellt sich damit nicht alsungewöhnliches, son<strong>der</strong>n vielmehr gewöhnliches Wagnis dar. Das Risiko <strong>der</strong> richtigenErmittlung <strong>der</strong> Umsatzsteuer liegt damit aufseiten des Auftragnehmers. Zweifel o<strong>der</strong>Unklarheiten bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Umsatzsteuer hat <strong>der</strong> Bieter - ggf. durchKontaktaufnahme mit dem zuständigen Finanzamt – zu beseitigen (VK Brandenburg, B. v.28.01.2008 - Az.: VK 59/07).<strong>81.</strong>11.29 Kündigungsrechte des Auftraggebers4173/74173/7,2Setzen sämtliche Gründe für eine außerordentliche Kündigung durch die Auftraggeberausdrücklich ein Verschulden des Auftragnehmers voraus o<strong>der</strong> liegen sie zumindestausdrücklich in <strong>der</strong> Sphäre des Auftragnehmers, so dass hier Eintritt o<strong>der</strong> Nichteintrittausschließlich durch den Auftragnehmer beeinflussbar ist, wird den Bietern durch das demAuftraggeber eingeräumte Kündigungsrecht kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet (VKLüneburg, B. v. 15.05.2008 - Az.: VgK-12/2008).Die Aufnahme eines Kündigungsrechts für den Fall des endgültigen Scheiterns vonnotwendigen Vertragsverhandlungen nach <strong>§</strong> 2 Nr. 3 VOL/B ist vergaberechtlich nichtzu beanstanden, insbeson<strong>der</strong>e wird hierdurch dem Auftragnehmer kein ungewöhnlichesWagnis <strong>der</strong> Vertragsgestaltung aufgebürdet. Das Kündigungsrecht soll nur für den Fallbestehen, dass die Voraussetzungen des <strong>§</strong> 2 Nr. 3 VOL/B vorliegen, also Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong>Beschaffenheit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>en o<strong>der</strong> z.B. für Entsorgungsleistungen in <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong>Entleerungen pro Jahr o<strong>der</strong> eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jahresgesamtmengen. Es ist schon zweifelhaft,inwieweit diese ausdrückliche Regelung eines Kündigungsrechts eine nicht unerheblicheAbweichung gegenüber <strong>der</strong> rechtlichen Situation ohne diese Regelung darstellt. Dennscheitern die Vertragsverhandlungen, steht eine Beendigung des Vertragsverhältnissesohnehin im Raum. Maßgeblich für die Frage <strong>der</strong> Risikoverteilung ist jedoch auch, dassdas Kündigungsrecht beiden Vertragspartnern eingeräumt wird, so dass dieVerhandlungssituation ausgeglichen bleibt (OLG Naumburg, B. v. 05.12.2008 - Az.: 1Verg 9/08).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>11.30 For<strong>der</strong>ung nach einer zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Angebotsabgabebereits abgeschlossenen Versicherung4173/8Verlangt <strong>der</strong> Auftraggeber, dass <strong>der</strong> Bieter bereits vor dem Zuschlag eine abgeschlossenePolice vorlegen muss, dient diese For<strong>der</strong>ung nicht mehr <strong>der</strong> abstrakten Eignungsprüfungund <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong> wirtschaftlichen <strong>Leistung</strong>sfähigkeit. Damit aber wird dem Bieter, <strong>der</strong>zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Angebotsabgabe seine Erfolgschancen denklogischer Weise noch nichteinschätzen kann, ein erhebliches wirtschaftliches Risiko des Abschlusses einerVersicherung auferlegt, die er womöglich später nicht benötigt. Die von den Bieter mitAngebotsabgabe verlangte Versicherungsbescheinigung stellt einen Verstoß gegen <strong>§</strong> 8 Nr.1 Abs. 3 VOL/A dar (1. VK Sachsen, 30.04.2008 - Az.: 1/SVK/020-08).<strong>81.</strong>11.31 For<strong>der</strong>ung nach einer zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Abgabe desTeilnahmeantrags bereits abgeschlossenen Versicherung4173/94173/10Auch für einen Teilnahmewettbewerb stellt es eine nicht zumutbare Einschränkung <strong>der</strong>Bieterrechte dar, wollte man im Hinblick auf den im Ergebnis des Vergabeverfahrensabzuschließenden z.B. Dienstleistungsvertrag schon für das Stadium desAuswahlverfahrens verlangen, dass <strong>der</strong> Bieter rechtliche und finanzielle Bindungen eingeht,obwohl erst mit dem Abschluss des Vertrages auch <strong>der</strong> Abschluss einer entsprechendenBerufshaftpflichtversicherung nachzuweisen ist (VK Thüringen, B. v. 02.03.2009 - Az.:250-4004.20-584/2009-002-EF).Auch nach Auffassung <strong>der</strong> VK Baden-Württemberg kann darin, dass sich <strong>der</strong> Auftraggebervorbehält, zur Bietereignung den Nachweis über das Bestehen einerHaftpflichtversicherung über Deckungssummen von 7,5 Mio. € für Personenschädenbzw. 50 Mio. € für Sachschäden vorlegen zu lassen, ein Vergabefehler zu sehen sein. Eshandelt sich insoweit um eine unzumutbare For<strong>der</strong>ung. Es kann von den Bietern nichterwartet werden, dass sie, ohne dass feststeht, dass sie den Zuschlag erhalten,Versicherungsverträge über solche Summen abschließen, die weit über das übliche Maßhinausgehen (VK Baden-Württemberg, B. v. 13.08.2009 - Az.: 1 VK 31/09).<strong>81.</strong>11.32 Richtlinie des VHB 20084174Dem Auftragnehmer dürfen grundsätzlich keine Aufgaben <strong>der</strong> Planung und <strong>der</strong>Bauvorbereitung, die je nach Art <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung dem Auftraggeber obliegen,übertragen und keine Garantien für die Vollständigkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung abverlangtwerden (Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.2.1.1).<strong>81.</strong>11.33 Literatur4175• Roth, Frank, Die Risikoverteilung bei Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP) ausvergaberechtlicher Sicht, NZBau 2006, 84


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>12 Angabe aller die Preisermittlung beeinflussenden Umstände(<strong>§</strong> 9 Nr. 3 Abs. 1)4176Um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, sind alle sie beeinflussendenUmstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben.<strong>81.</strong>12.1 Umfangreiche Prüfungen41774178Der For<strong>der</strong>ung an die Vergabestelle, "alle" die Preisermittlung beeinflussenden Umständefestzustellen, ist zu entnehmen, dass <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber umfangreiche Prüfungengegebenenfalls durch Sachverständige vorzunehmen hat, um den Bietern auch tatsächlichalle Umstände mitteilen zu können, die sich auf die Preisermittlung auswirken können (2. VKBund, B. v. 24.6.2003 - Az.: VK 2 - 46/03).Die Pflicht des Auftraggebers, alle kalkulationsrelevanten Parameter zu ermitteln undzusammenzustellen und damit den genauen <strong>Leistung</strong>sgegenstand und -umfang vor Erstellung<strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufzuklären, unterliegt <strong>der</strong> Grenze des Mach- undZumutbaren. Er ist daher einerseits verpflichtet, zumutbaren finanziellen Aufwand zutreiben, um die kalkulationsrelevanten Grundlagen <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung zu ermitteln.Diese Pflicht des Auftraggebers endet jedoch, wo eine in allen Punkten eindeutige<strong>Leistung</strong>sbeschreibung nur mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand möglich ist (VKSchleswig-Holstein, B. v. 17.09.2008 - Az.: VK-SH 10/08). Soweit <strong>der</strong> Auftraggebertatsächlich bestehende Möglichkeiten zu einer vollständigen Ermittlung nicht nutzt, obliegtihm <strong>der</strong> konkrete Nachweis, dass eine vollständige Aufklärung wegen des damitverbundenen Aufwands trotz Aufklärungspflicht unzumutbar ist (VK Lüneburg, B. v.07.09.2005 - Az.: VgK-38/2005).<strong>81.</strong>12.2 Genaue Kennzeichnung <strong>der</strong> Bestandteile des Vertrages4179Der Auftraggeber ist verpflichtet, genau zu kennzeichnen, welche Teile <strong>der</strong>Verdingungsunterlagen Bestandteil des Vertrages werden und also die Bewertungbeeinflussen können. Ein Vertragsmuster für einen Wartungsvertrag, welches vom Bietermit Preisen zu versehen ist, muss dies deutlich erkennen lassen. Es wird nicht bereitsdadurch zum Vertragsbestandteil, dass es den Verdingungsunterlagen beigefügt ist, son<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Bieter muss auf diese Tatsache hingewiesen werden sowie darauf, dass er bereitsjetzt verpflichtet ist, Preisangaben für einen zu einem späteren Zeitpunktabzuschließenden Wartungsvertrag zu machen. Hierfür sind die anzukreuzenden Optionenauf dem Vorblatt des üblichen Wartungsvertragsmusters sowie gegebenenfalls sonstigeAngaben (z. B. EVM(B)Ang) vorgesehen. Unterlässt <strong>der</strong> Auftraggeber es, hier diegefor<strong>der</strong>ten Angaben zu machen, entspricht dies nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen, die gemäß <strong>§</strong> 9 Nr.3 <strong>VOB</strong>/A an den Auftraggeber zu stellen sind (1. VK Sachsen, B. v. 11.10.2001 - Az.:1/SVK/94-01).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>12.3 Hinweise auf Asbestzementmaterial4180Ein nach <strong>VOB</strong>/A erstelltes <strong>Leistung</strong>sverzeichnis über die Demontage von Abflussrohrenmuss auf etwaig erfor<strong>der</strong>liche beson<strong>der</strong>e Schutz- und Entsorgungsmaßnahmen aus <strong>der</strong>Behandlung und Beseitigung von Asbestzementmaterial ausdrücklich hinweisen (OLGCelle, Urteil vom 3.5.2001 - Az.: 13 U 186/00).<strong>81.</strong>12.4 Genaue Kennzeichnung <strong>der</strong> Kostenbestandteile desgefor<strong>der</strong>ten Angebotspreises4181Aus den Verdingungsunterlagen muss deutlich werden, aus welchen Kostenbestandteilensich <strong>der</strong> im Preisblatt anzugebende Angebotspreis zusammensetzen soll (3. VK Bund, B.v. 24.09.2004 - Az.: VK 3 - 161/04).<strong>81.</strong>12.5 Richtlinie des VHB 2008<strong>81.</strong>12.5.1 Technische Richtigkeit einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung4182Eine <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist technisch richtig, wenn sie Art, Qualität und Modalitäten <strong>der</strong>Ausführung <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> entsprechend den anerkannten Regeln <strong>der</strong> Technik, denAllgemeinen Technischen Vertragsbedingungen o<strong>der</strong> etwaigen leistungs- undproduktspezifischen Vorgaben zutreffend festlegt (Richtlinien zu 100 – AllgemeineRichtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.2.1.3).<strong>81.</strong>12.5.2 Arbeiten in belegten Anlagen4183Wenn <strong>Leistung</strong>en in Bauwerken/Anlagen ausgeführt werden sollen, in denen <strong>der</strong> Betriebweitergeführt wird, ist vor Aufstellung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>der</strong> nutzendenVerwaltung abzustimmen, welche beson<strong>der</strong>en Vorkehrungen bei <strong>der</strong> Ausführung getroffenwerden müssen, siehe Nr. 0.2.2 <strong>der</strong> ATV DIN 18299 (Ziffer 6.1).<strong>81.</strong>12.5.3 Auswertung von Gutachten4184Wenn Gutachten - z. B. über Baugrund, Grundwasser o<strong>der</strong> Altlasten - eingeholt werden, sind<strong>der</strong>en Ergebnisse und die dadurch begründeten Anfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibungvollständig und eindeutig anzugeben; das bloße Beifügen des Gutachtens reicht für eineordnungsgemäße <strong>Leistung</strong>sbeschreibung nicht aus (Ziffer 6.2).<strong>81.</strong>12.6 Beson<strong>der</strong>e Hinweise für die Ausschreibung vonLebenszeitkosten


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104185Im Rahmen von Lebenszeitkosten eines Produktes o<strong>der</strong> einer Anlage, die vom Bieteranzugeben ist, kann ein Auftraggeber Art, Umfang und Häufigkeit von Wartungsarbeitennicht im Einzelnen vorgeben, weil diese in technischer Hinsicht von <strong>der</strong> Konstruktion und dengewählten Materialien/Komponenten des jeweiligen zum Einsatz kommenden Produktsabhängen. Hieraus folgt zwangsläufig und liegt es in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache, dass <strong>der</strong> jeweiligeBieter die erfor<strong>der</strong>lichen Wartungsarbeiten individuell bestimmt und die hierfüranfallenden Kosten in seine Berechnung mit einbezieht. Der Auftraggeber kann daherlediglich die Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong>sfähigkeit und Nutzungsdauer des Produktsim <strong>Leistung</strong>sverzeichnis definieren. Dies macht er hinreichend dadurch, dass er for<strong>der</strong>t, dassdie Teile und Komponenten des Systems auf eine Nutzungsdauer von z.B. 10 Jahrenauszulegen – und bei geringerer Nutzungsdauer einzelner Teile – <strong>der</strong>en Wartungs- undAustauschaufwand als Folgekosten in die Rechnung einzustellen sind (Saarländisches OLG,B. v. 09.11.2005 - Az.: 1 Verg 4/05).<strong>81.</strong>12.7 Ausnahme4186Schützenswerte Interessen eines Auftraggebers können es in Ausnahmefällen rechtfertigen,von <strong>der</strong> Verpflichtung aus <strong>§</strong> 9 Nr. 3 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A abzusehen. Dies kommt nur dann inBetracht, wenn die Bieter sich die Informationen mit verhältnismäßig geringem,jedenfalls geringerem Aufwand als <strong>der</strong> Auftraggeber selbst beschaffen können und dieVergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote darunter nicht leidet (OLG Celle, B. v. 15.12.2005 - Az.:13 Verg 14/05).<strong>81.</strong>13 Hinweise für das Aufstellen <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung inden DIN 18299 ff. (<strong>§</strong> 9 Nr. 3 Abs. 4)<strong>81.</strong>13.1 Aufbringen einer Haftbrücke4187Wenn eine Haftbrücke aufgebracht werden soll, muss dies im <strong>Leistung</strong>sverzeichnisverzeichnet sein; denn es handelt sich hier um eine Beson<strong>der</strong>e <strong>Leistung</strong> - <strong>VOB</strong>/C, DIN18353 Nr. 4.2.6, DIN 18299 Nr. 4.2 - (VK Münster, B. v. 25.2.2003 - Az.: VK 01/03).<strong>81.</strong>13.2 Literatur4187/1• Quack, Friedrich, Überlegungen zu Erfor<strong>der</strong>nissen des Einzelfalls o<strong>der</strong>: Wasverlangen die 0-Abschnitte <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/C wirklich?, ZfBR 2007, 211<strong>81.</strong>14 Technische Spezifikationen (<strong>§</strong> 9 Nr. 5)<strong>81.</strong>14.1 Allgemeines


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104188In <strong>§</strong> 9 sind in den Nummern 5 – 10 Regelungen über technische Spezifikationen neuaufgenommen worden. Diese Regelungen entsprechen <strong>der</strong> Vorschrift des Art. 23 <strong>der</strong>Vergabekoordinierungsrichtlinie.<strong>81.</strong>14.2 Begriff <strong>der</strong> Technischen Spezifikationen418941904191Der Begriff "technische Spezifikation" wird unterschiedlich verwendet: Teilweise werdendie konkreten technischen Anfor<strong>der</strong>ungen im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis als "technischeSpezifikationen" angesehen, teilweise werden darunter nur die technischen Regelwerkeverstanden. Die Begriffsbestimmungen im Anhang TS zur <strong>VOB</strong>/A sind insoweit nichteindeutig. Nach Nr. 1 des Anhangs TS sind technische Spezifikationen sämtliche,insbeson<strong>der</strong>e in den Verdingungsunterlagen enthaltenen, technischen Anfor<strong>der</strong>ungen an eineBauleistung, ein Material, ein Erzeugnis o<strong>der</strong> eine Lieferung, mit <strong>der</strong>en Hilfe die Bauleistung,das Material, das Erzeugnis o<strong>der</strong> die Lieferung so bezeichnet werden können, dass sie ihrendurch den öffentlichen Auftraggeber festgelegten Verwendungszweck erfüllen. Danachkönnten auch die technischen Anfor<strong>der</strong>ungen im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis als "technischeSpezifikation" angesehen werden. Nach Nr. 2 des Anhangs TS wird dagegen eine "Norm" alstechnische Spezifikation bezeichnet (OLG Koblenz, B. v. 15.5.2003 - Az.: 1 Verg. 3/03;Brandenburgisches OLG, B. v. 20.8.2002 - Az.: Verg W 6/02; VK Südbayern, B. v.10.06.2005 - Az.: 20-04/05).Nach einer an<strong>der</strong>en Auffassung zählen individuelle Festlegungen des<strong>Leistung</strong>sverzeichnisses an die zu erbringende <strong>Leistung</strong> nicht zu den technischenSpezifikationen. Dies ergibt sich aus <strong>§</strong> 9 Nr. 4 Abs. 2 und 3 <strong>VOB</strong>/A (a.F.), wonach in denVerdingungsunterlagen auf die technischen Spezifikationen Bezug zu nehmen ist (OLGMünchen, B. v. 11.08.2005 - Az.: Verg 012/05; VK Münster, B. v. 17.06.2005 - Az.: VK12/05; VK Südbayern, B. v. 10.06.2005 - Az.: 20-04/05; VK Nordbayern, B. v. 13.02.2007 –Az.: 21.VK - 3194 - 02/07; B. v. 18.01.2005 - Az.: 320.VK - 3194 - 54/04). Bei eineman<strong>der</strong>en Verständnis (RZ 4189) könnte außerdem <strong>der</strong> Auftraggeber individuelle auf dasBauvorhaben bezogene technische Vorgaben, auf welche er Wert legt, nicht mehrverbindlich festlegen. Denn jedes von den Angaben abweichende Angebot wäre dann alsHauptangebot nach <strong>§</strong> 21 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A zu werten, sofern es dem gefor<strong>der</strong>ten Schutzniveau inBezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit entspricht (OLG München, B. v.28.07.2008 - Az.: Verg 10/08).Diese unterschiedliche Rechtsprechung hat weiterhin Bestand, da sich an denDefinitionen des Anhangs TS insoweit nichts geän<strong>der</strong>t hat und die technischenSpezifikationen in den Verdingungsunterlagen zu formulieren sind entwe<strong>der</strong> unter Bezugauf die in Anhang TS definierten technischen Spezifikationen in einer bestimmtenReihenfolge o<strong>der</strong> in Form von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen, die genau so zufassen sind, dass sie den Bewerbern o<strong>der</strong> Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstandvermitteln und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen o<strong>der</strong> alsKombination von beidem (<strong>§</strong> 9 Nr. 6).<strong>81.</strong>14.3 DIN-Normen4192Bei <strong>der</strong> Normreihe DIN handelt es sich um technische Spezifikationen im Sinne von <strong>§</strong> 9Nr. 4 Abs. 2 <strong>VOB</strong>/A entsprechend <strong>der</strong> Begriffsbestimmung im Anhang TS Ziffer 1. Sie sindproduktbezogen. Die DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, son<strong>der</strong>n private technische


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Regelungen mit Empfehlungscharakter. DIN-Normen können die anerkannten Regeln <strong>der</strong>Technik wie<strong>der</strong>geben o<strong>der</strong> hinter diesen zurückbleiben. Sie werden von dem gemeinnützigenVerein Deutsche Normen erarbeitet und von ihm herausgegeben. Dass bei Stoffen undBauteilen, für die DIN-Normen bestehen, die <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> DIN-Güte- undMaßbestimmungen entsprechen muss, ergibt sich aus <strong>§</strong> 9 Nr. 3 Abs. 4 <strong>VOB</strong>/A, wonach dieDIN 18299 ff. zu beachten sind (VK Brandenburg, B. v. 24.1.2002 - Az.: 2 VK 114/01).41934193/1Der Auftraggeber ist nicht gehin<strong>der</strong>t, bei den Anfor<strong>der</strong>ungen an eine <strong>Leistung</strong> im Rahmen<strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung über die Vorgaben <strong>der</strong> jeweiligen DIN hinauszugehen. DIN-Normen spiegeln einen bestimmten technischen Standard wie<strong>der</strong>, <strong>der</strong> aber durch die laufendeFortentwicklung von Produkten überholt werden kann (VK Münster, B. v. 20.04.2005 - Az.:VK 6/05).Ist eine geplante europäische Norm für ein Produkt, die ein einheitliches Prüfungsverfahrenfür Europa enthalten und die Vergleichbarkeit garantieren soll, nicht bekannt gemacht undin Kraft getreten, kann diese auch nicht einer Ausschreibung zugrunde gelegt werden(VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06).<strong>81.</strong>14.4 Vergleichbarkeit des GS-Prüfzeichens mit <strong>der</strong> CE-Kennzeichnung4194Nach <strong>§</strong> 12 Abs. 3 Bauproduktengesetz (BauPG) hat ein Bauprodukt, das die CE-Kennzeichnung trägt, die wi<strong>der</strong>legbare Vermutung für sich, dass es im Sinne des <strong>§</strong> 5 BauPGbrauchbar ist und dass die Konformität nach <strong>§</strong> 8 BauPG nachgewiesen worden ist. Der durchdie Konformitätserklärung und die CE-Kennzeichnung dokumentierteSicherheitsstandard ist gleichwertig mit dem GS-Prüfzeichen, das vom Prüf- undZertifizierungsinstitut des Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE) vergeben wird, denndie Bedeutung <strong>der</strong> Europäischen Normen entspricht den DIN-Normen in ihremVerhältnis zu den anerkannten Regeln <strong>der</strong> Technik (VK Brandenburg, B. v. 24.1.2002 -Az.: 2 VK 114/01).<strong>81.</strong>14.5 For<strong>der</strong>ung nach einer RAL-Zertifizierung von Produkten4195Die For<strong>der</strong>ung eines Auftraggebers nach RAL-Zertifizierung stellt nicht eine Vorgabebestimmter Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren im Sinne des <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A dar, dagrundsätzlich jedem Hersteller die Möglichkeit offen steht, seine Produkte RAL zertifizierenzu lassen. Es liegt jedoch ein Verstoß gegen <strong>§</strong> 9 Nr. 4 <strong>VOB</strong>/A vor. Danach sind bei <strong>der</strong><strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> die verkehrsüblichen Bezeichnungen zu verwenden, wobei auf"einschlägige Normen" dabei Bezug genommen werden darf. Diese müssen jedoch allgemeinanerkannt sein und dürfen Anbieter aus an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten nicht benachteiligen, was beieuropaweit eingeführten Normen durch einen Zusatz (z. B. - EN) angezeigt wird. Bei nurnationalen Normen und Zertifizierungen wie z. B. dem RAL-Gütezeichen, die naturgemäßProdukten aus dem EU-Ausland nicht zu eigen sind, muss hingegen zwingend <strong>der</strong> Zusatz"o<strong>der</strong> gleichwertig" erfolgen, nur dann können die im Bezug genommenen Normen alsdiskriminierungsfreie Richtwerte verstanden werden (OLG Koblenz, B. v. 15.3.2001 -Az.: 1 Verg. 1/01; VK Berlin, B. v. 15.02.206 - Az.: VK - B 1 - 63/05; VK Thüringen, B. v.07.02.2006 - Az.: 360-4002.20-063/05-EF-S; 3. VK Saarland, B. v. 19.01.2004 - Az.: 3 VK


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201005/2003; VK Köln, B. v. 3.7.2002 - Az.: VK VOL 4/2002; VK Hessen, B. v. Juni 2001 - Az.:69 d VK 14/2001; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 13.2.2001 - Az.: VK 28/00).<strong>81.</strong>14.6 NATO-Vorschriften4196Es ist fraglich, ob auf einer NATO-Vorschrift basierende technische Vorgaben technischeSpezifikationen im Sinne des insoweit maßgeblichen Anhangs TS (TechnischeSpezifikationen) <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A sind (1. VK Bund, B. v. 11.11.2003 - Az.: VK 1 - 103/03).<strong>81.</strong>15 Formulierung von technischen Spezifikationen unterBezugnahme auf die in Anhang TS definierten technischenSpezifikationen (<strong>§</strong> 9 Nr. 6 Abs. 1)41974198Werden technische Spezifikationen in den Verdingungsunterlagen unter Bezug auf die inAnhang TS definierten technischen Spezifikationen formuliert und zwar durch Bezugnahmeauf nationale Normen, mit denen europäische Normen umgesetzt werden, europäischetechnische Zulassungen, gemeinsame technische Spezifikationen, internationale Normenund an<strong>der</strong>e technische Bezugssysteme, die von den europäischen Normungsgremienerarbeitet wurden o<strong>der</strong>, falls solche Normen und Spezifikationen fehlen, nationale Normen,nationale technische Zulassungen o<strong>der</strong> nationale technische Spezifikationen für diePlanung, Berechnung und Ausführung von Bauwerken und den Einsatz von Produkten,ist jede Bezugnahme mit dem Zusatz „o<strong>der</strong> gleichwertig“ zu versehen.Werden technische Spezifikationen in den Verdingungsunterlagen dagegen formuliert inForm von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen, entfällt <strong>der</strong> Zusatz „o<strong>der</strong> gleichwertig“.<strong>81.</strong>16 Ersetzung von nationalen Normen (<strong>§</strong> 9 Nr. 7)4199Verweist <strong>der</strong> Auftraggeber in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Aufgabenbeschreibung auf die innationalen Normen genannten Spezifikationen, so darf er ein Angebot nicht mit <strong>der</strong>Begründung ablehnen, die angebotene <strong>Leistung</strong> entspräche nicht den herangezogenenSpezifikationen, sofern <strong>der</strong> Bieter in seinem Angebot dem Auftraggeber nachweist, dassdie von ihm vorgeschlagenen Lösungen den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> technischenSpezifikation, auf die Bezug genommen wurde, gleichermaßen entsprechen. Alsgeeignetes Mittel kann eine technische <strong>Beschreibung</strong> des Herstellers o<strong>der</strong> ein Prüfberichteiner anerkannten Stelle gelten. Die Nachweispflicht liegt also beim Bieter.<strong>81.</strong>17 Ersetzung von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen (<strong>§</strong> 9Nr. 8)4200Nimmt ein Bieter zur Darlegung <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> vom Auftraggeber gefor<strong>der</strong>ten<strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen auf nationale Normen, mit <strong>der</strong> eine europäischeNorm umgesetzt wird o<strong>der</strong> eine europäische technische Zulassung, eine gemeinsametechnische Spezifikation, eine internationale Norm o<strong>der</strong> ein technisches Bezugssystem, dasvon den europäischen Normungsgremien erarbeitet wurde, Bezug, muss er dem


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Auftraggeber nachweisen, dass die <strong>der</strong> Norm entsprechende jeweilige <strong>Leistung</strong> den<strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong> Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen des Auftraggebers entspricht. Die Bestimmungstimmt mit den Regelungen in Art. 23 Abs. 5 <strong>der</strong> Richtlinie 2004/18/EG überein (OLGDüsseldorf, B. v. 22.10.2009 - Az.: VII-Verg 25/09).<strong>81.</strong>18 Spezifikationen für Umwelteigenschaften (<strong>§</strong> 9 Nr. 9)4201Schreibt <strong>der</strong> Auftraggeber Umwelteigenschaften in Form von <strong>Leistung</strong>s- o<strong>der</strong>Funktionsanfor<strong>der</strong>ungen vor, so kann er unter bestimmten Bedingungen die Spezifikationenverwenden, die in europäischen, multinationalen Umweltgütezeichen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>enUmweltgütezeichen definiert sind.<strong>81.</strong>19 Nennung von Bezeichnungen für Produktion o<strong>der</strong> Herkunfto<strong>der</strong> ein beson<strong>der</strong>es Verfahren o<strong>der</strong> auf Marken, Patente, Typeneines bestimmten Ursprungs o<strong>der</strong> einer bestimmten Produktion (<strong>§</strong>9 Nr. 10)42024202/14202/2Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischenSpezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion o<strong>der</strong> Herkunft o<strong>der</strong> ein beson<strong>der</strong>esVerfahren o<strong>der</strong> auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs o<strong>der</strong> einerbestimmten Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen o<strong>der</strong>bestimmte Produkte begünstigt o<strong>der</strong> ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedochausnahmsweise zulässig, wenn <strong>der</strong> Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau undallgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz „o<strong>der</strong>gleichwertig“ zu versehen.<strong>§</strong> 97 Nr. 2 GWB verpflichtet die öffentlichen Auftraggeber, alle Teilnehmer an einemVergabeverfahren grundsätzlich gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist aufGrund des GWB ausdrücklich geboten o<strong>der</strong> gestattet. Es handelt sich hierbei um einen <strong>der</strong>zentralen vergaberechtlichen Grundsätze schlechthin. Das diesen Grundsatz flankierendeGebot <strong>der</strong> Produktneutralität gem. <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A soll sicherstellen, dass eine<strong>Leistung</strong>sbeschreibung die Herstellung von Chancengleichheit im Vergabewettbewerbgewährleistet. Ziel ist es, dass alle Bieter die gleiche Ausgangsposition haben. DieChancengleichheit bedingt, dass hinsichtlich bestimmter Erzeugnisse, Produkte, Verfahren,Hersteller etc. nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werden darf. Daher gilt <strong>der</strong> Grundsatz<strong>der</strong> Produktneutralität. Gemäß <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A dürfen daher bestimmte Erzeugnisse o<strong>der</strong>Verfahren sowie bestimmte Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklichvorgeschrieben werden, wenn dies durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist (2. VKBund, B. v. 09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 16.11.2009 - Az.:VgK-62/2009; B. v. 08.07.2009 - Az.: VgK-29/2009).Darüber hinaus darf die <strong>Beschreibung</strong> technischer Merkmale nicht die Wirkung haben, dassbestimmte Unternehmen o<strong>der</strong> Erzeugnisse bevorzugt o<strong>der</strong> ausgeschlossen werden, es seidenn, dass eine solche <strong>Beschreibung</strong> durch die zu vergebende <strong>Leistung</strong> gerechtfertigt ist. DieReichweite <strong>der</strong> Zulässigkeit <strong>der</strong> Angabe von bestimmten Erzeugnissen, Verfahren,Produktnamen und Herstellerbezeichnungen hängt maßgeblich von dem<strong>Leistung</strong>sgegenstand ab, aber auch von <strong>der</strong> Verwendung am konkreten Einsatzort. Als


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010maßgeblich zugrunde zu legen ist dabei <strong>der</strong> Auftraggeberwille in Bezug auf den konkretenAuftragsgegenstand, den Einsatzort und den individuellen Verwendungszweck. Dabei trägtdiese Regelung dem Umstand Rechnung, dass <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen auch in sehrsubtiler Weise zu einer verbotenen Bevorzugung bestimmter Unternehmen o<strong>der</strong>Erzeugnisse führen können. Dabei können sich bei <strong>der</strong> <strong>Beschreibung</strong> technischer Merkmalesehr schnell diskriminierend wirkende Passagen einschleichen, ohne das die Vergabestelledies beabsichtigt hat o<strong>der</strong> merkt (VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 16.11.2009 - Az.: VgK-62/2009).4202/3Die Rechtfertigungsbedürftigkeit von in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung aufgestelltenAnfor<strong>der</strong>ungen, die bestimmte Produkte bevorzugen o<strong>der</strong> benachteiligen, folgt aus <strong>der</strong>einerseits bestehenden Freiheit des Auftraggebers, seinen Beschaffungsbedarf und damit denAuftragsgegenstand festzulegen, und den an<strong>der</strong>erseits zu beachtenden vergaberechtlichenGrundsätzen des Wettbewerbs und <strong>der</strong> Diskriminierungsfreiheit und ist daher nicht auftechnische Spezifikationen in einem engen Sinne zu beschränken. Sie erstreckt sichvielmehr auch auf an<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen, die geeignet sind, die gleichewettbewerbsbeschränkende o<strong>der</strong> diskriminierende Wirkung zu entfalten. Es ist dahernicht entscheidend, ob man das Verlangen nach einer allgemeinen bauaufsichtlichenZulassung von ausgeschriebenen Türen als technische Spezifikation auffasst und ob,falls dies <strong>der</strong> Fall ist, diese Spezifikation die in <strong>§</strong> 9 Nr. 10 S. 1 <strong>VOB</strong>/A genanntenParameter betrifft. Maßgeblich ist vielmehr, ob Vorgaben in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung diein <strong>§</strong> 9 Nr. 10 S. 1 <strong>VOB</strong>/A beschriebene Wirkung haben. Ist dies <strong>der</strong> Fall, so bedürfen sie einersachlichen Rechtfertigung, wobei offen bleiben kann, ob dies aus einer unmittelbaren o<strong>der</strong>analogen Anwendung von <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A o<strong>der</strong> unmittelbar aus den vergaberechtlichenGrundsätzen <strong>der</strong> <strong>§</strong><strong>§</strong> 97 Abs. 1 und 2 GWB, 2 Nr. 1 und 2 <strong>VOB</strong>/A folgt (2. VK Bund, B. v.09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09).<strong>81.</strong>19.1 Allgemeines42034203/1Nach seinem Wortlaut lässt <strong>§</strong> 9 Nr. 10 zwei Ausnahmen von dem Verbot <strong>der</strong> Verweisungauf eine bestimmte Produktion o<strong>der</strong> Herkunft o<strong>der</strong> ein beson<strong>der</strong>es Verfahren o<strong>der</strong> aufMarken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs o<strong>der</strong> einer bestimmten Produktion zu;einmal ist eine Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand möglich; zweitens ist eineVerweisung dann zulässig, wenn <strong>der</strong> Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau undallgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz„o<strong>der</strong> gleichwertig“ zu versehen.Der Auftraggeber ist also nicht verpflichtet, z.B. Fabrikatsangaben im Angebot zuverlangen; er darf sie nach <strong>der</strong> Angebotsöffnung im Rahmen <strong>der</strong> Aufklärungnachfragen (VK Nordbayern, B. v. 21.07.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 27/08; B. v. 23.04.2008- Az.: 21.VK - 3194 - 15/08).<strong>81.</strong>19.2 Erster Ausnahmetatbestand<strong>81.</strong>19.2.1 Sinn und Zweck4204Die <strong>VOB</strong> kann ein legitimes Interesse des Auftraggebers, ein bestimmtes Produkt zuverwenden o<strong>der</strong> eine bestimmte Art <strong>der</strong> Ausführung zu erhalten, nicht einschränken


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010(OLG Düsseldorf, B. v. 17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09; B. v. 22.10.2009 - Az.: VII-Verg25/09; OLG Frankfurt, B. v. 28.10.2003 - Az.: 11 Verg 9/03; Saarländisches OLG, B. v.29.10.2003 - Az.: 1 Verg 2/03; 2. VK Bund, B. v. 09.08.2006 - Az.: VK 2 - 77/06; VKLüneburg, B. v. 12.05.2005 - Az.: VgK-15/2005; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 16.11.2009 - Az.:VgK-62/2009; VK Nordbayern, B. v. 09.07.2009 - Az.: 21.VK - 3194 - 15/09; B. v.13.02.2007 – Az.: 21.VK - 3194 - 02/07; B. v. 16.01.2007 - Az.: 21.VK - 3194 - 43/06; VKSchleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 - Az.: VK-SH 25/06). Gründe für die Vorgabe einesbestimmten Fabrikats können insbeson<strong>der</strong>e in technischen Zwängen liegen, gestalterischenGründen folgen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zweckmäßigkeit einer einheitlichen Wartung dienen (OLG Celle, B.v. 22.05.2008 - Az.: 13 Verg 1/08; OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06; B.v. 28.10.2003 - Az.: 11 Verg 9/03; 2. VK Bund, B. v. 09.08.2006 - Az.: VK 2 - 77/06; 1. VKHessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK –29/2007; B. v. 11.12.2006 – Az.: 69 d VK 60/2006; VK Lüneburg, B. v. 12.05.2005 - Az.:VgK-15/2005; B. v. 29.1.2004 - Az.: 203-VgK-40/2003; VK Münster, B. v. 18.02.2010 - Az.:VK 28/09; VK Nordbayern, B. v. 16.01.2007 - Az.: 21.VK - 3194 - 43/06; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 - Az.: VK-SH 25/06; VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06; B. v. 19.10.2004, Az.: 120.3-3194.1-60-08/04; VK Thüringen, B. v.08.05.2008 - Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G). Auch die Erweiterung eines Gebäudes kannein tragfähiger Grund sein (VK Südbayern, B. v. 28.04.2005 - Az.: 13-03/05). Hat einAuftraggeber jedoch bei <strong>der</strong> Abfassung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen aufgrund eigenerVorstellungen o<strong>der</strong> aufgrund einer Beratung durch den Architekten o<strong>der</strong> ein Ingenieurbüro einkonkretes Leitfabrikat im Auge, genügt es nicht, die technischen Spezifikationen diesesBaustoffes in allen Einzelheiten in das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis zu übernehmen, weil an<strong>der</strong>eProdukte diese technischen Spezifikationen nicht in Gänze erfüllen könnten. Angebote unterVerwendung an<strong>der</strong>er Fabrikate könnten dann nur als Nebenangebote gewertet werden, dieaber nicht in allen Punkten gleichwertig wären. Eine <strong>der</strong>artige Ausschreibungspraxis würdesowohl gegen <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A als auch gegen den Wettbewerbsgrundsatz des <strong>§</strong> 2 Nr. 1Abs. 2 <strong>VOB</strong>/A und das Diskriminierungsverbot des <strong>§</strong> 2 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A verstoßen (VKLüneburg, B. v. 30.10.2003 - Az.: 203-VgK-21/2003).4205Die Vorschriften <strong>der</strong> Verdingungsordnungen schränken die in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibungvorgenommene Festlegung auf ein bestimmtes Produkt o<strong>der</strong> eine bestimmte <strong>Leistung</strong>lediglich dahin ein, dass es dafür einer sachlichen Rechtfertigung durch die Art <strong>der</strong> zuvergebenden <strong>Leistung</strong> bedarf. Zu einer sachlichen Rechtfertigung bedarf es objektiver, in<strong>der</strong> Sache selbst liegen<strong>der</strong> Gründe, die sich zum Beispiel aus <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>enAufgabenstellung des Auftraggebers, aus technischen o<strong>der</strong> gestalterischen Anfor<strong>der</strong>ungen(OLG Düsseldorf, B. v. 17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09; B. v. 22.10.2009 - Az.: VII-Verg25/09; 2. VK Bund, B. v. 14.10.2009 - Az.: VK 2 – 174/09; 3. VK Bund, B. v. 01.10.2009 -Az.: VK 3 - 172/09; 1. VK Hessen, B. v. 11.12.2006 – Az.: 69 d VK 60/2006 – instruktiverGrenzfall; VK Münster, B. v. 18.02.2010 - Az.: VK 28/09; VK Nordbayern, B. v. 09.07.2009- Az.: 21.VK - 3194 - 15/09; B. v. 13.02.2007 – Az.: 21.VK - 3194 - 02/07; VK Südbayern,B. v. 29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06; VK Thüringen, B. v. 08.05.2008 - Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G) o<strong>der</strong> auch aus <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Sache ergeben können. Allerdingsgenügt, dass sich die For<strong>der</strong>ung beson<strong>der</strong>er <strong>Leistung</strong>smerkmale, bezogen auf die Art <strong>der</strong> zuvergebenden <strong>Leistung</strong>, „rechtfertigen“ lässt, mithin sachlich vertretbar ist, womit demUmstand Rechnung zu tragen ist, dass in die (auch) kaufmännische Entscheidung desAuftraggebers, welche <strong>Leistung</strong> mit welchen Merkmalen beschafft werden soll, regelmäßigeine Vielzahl von Gesichtspunkten einfließt, die sich etwa daraus ergeben können, dass sichdie auf dem Markt angebotenen <strong>Leistung</strong>en trotz grundsätzlicher Gleichartigkeit regelmäßigin einer Reihe von Eigenschaften voneinan<strong>der</strong> unterscheiden (OLG Düsseldorf, B. v.17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09; B. v. 22.10.2009 - Az.: VII-Verg 25/09; VK Münster, B. v.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201018.02.2010 - Az.: VK 28/09; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 - Az.: VK-SH 25/06;VK Südbayern, B. v. 19.10.2004, Az.: 120.3-3194.1-60-08/04). Eine Differenzierung nachsolchen Kriterien, soweit sie auf die Art <strong>der</strong> zu vergebenden <strong>Leistung</strong> bezogen sind,kann dem Auftraggeber nicht verwehrt werden. Nach welchen sachbezogenen Kriteriendie Beschaffungsentscheidung auszurichten ist, ist ihm (auch in einemNachprüfungsverfahren) nicht vorzuschreiben. Dem Auftraggeber steht hierbei ein - letztlichin <strong>der</strong> Privatautonomie wurzelndes - Beurteilungsermessen zu, dessen Ausübung imErgebnis nur darauf kontrolliert werden kann, ob seine Entscheidung sachlich vertretbar ist(OLG Düsseldorf, B. v. 17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09; B. v. 22.10.2009 - Az.: VII-Verg25/09; B. v. 14.04.2005 - Az.: VII - Verg 93/04; OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11Verg. 12/06; 2. VK Bund, B. v. 14.10.2009 - Az.: VK 2 – 174/09; 3. VK Bund, B. v.01.10.2009 - Az.: VK 3 - 172/09; B. v. 05.03.2008 - Az.: VK 3 - 32/08; VK Hessen, B. v.10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007; VKSchleswig-Holstein, B. v. 28.11.2006 - Az.: VK-SH 25/06; VK Thüringen, B. v. 08.05.2008 -Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G). Der Auftraggeber als Initiator des Vergabeverfahrensträgt ja auch die Verantwortung für jede Art unklarer <strong>Leistung</strong>sbeschreibung und <strong>der</strong>damit verbundenen Folgen (OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06; VKHessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK –29/2007).4205/14205/2Der dem Auftraggeber zustehende Beurteilungsspielraum hinsichtlich <strong>der</strong> Festlegungen <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>sbeschreibung (das Bestehen eines sachlichen Grunds für die Wahl einer bestimmtenAusführungsart) ist zwar nur einer eingeschränkten Kontrolle durch dieNachprüfungsinstanzen zugänglich. Die Vergabekammer kann die Festlegung nur daraufhinprüfen, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraumes überschritten sind. EineÜberschreitung des Beurteilungsspielraumes ist beispielsweise anzunehmen, wenn dasvorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wird, nicht von einem zutreffenden undvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird, sachwidrige Erwägungen in dieWertung einbezogen werden o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beurteilungsmaßstab nicht zutreffendangewendet wird (3. VK Bund, B. v. 01.10.2009 - Az.: VK 3 - 172/09 – instruktiveEntscheidung für die Notwendigkeit einer umfassenden Darstellung).Das OLG Düsseldorf hebt die Entscheidung <strong>der</strong> VK Bund auf und definiert dieÜberprüfungsmöglichkeit deutlich enger. Hinsichtlich des an eineBeschaffungsentscheidung, die zu einer Wettbewerbsbeschränkung führt, anzulegendenPrüfungsmaßstabs und <strong>der</strong> Prüfungsdichte ist die Entscheidung des öffentlichenAuftraggebers im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nicht inhaltlich aufVertretbarkeit, Nachvollziehbarkeit o<strong>der</strong> erst recht auf Richtigkeit, son<strong>der</strong>n nurdaraufhin zu kontrollieren ist, ob sie auf sach- und auftragsbezogenen Gründen beruht.Ist ein <strong>der</strong>artiger sachlicher Bezug zum Auftragsgegenstand zu bejahen, findet keineÜberprüfung nach den Maßstäben statt, die für die Ausübung einesBeurteilungsspielraums entwickelt worden sind. Insbeson<strong>der</strong>e müssen <strong>der</strong>Beschaffungsentscheidung keine Untersuchungen in Form von Markterforschungen o<strong>der</strong>Marktanalysen vorangehen, die das Ziel haben zu erforschen, ob sich ein vertretbaresAusschreibungsergebnis auch durch eine produkt- o<strong>der</strong> technikoffene Ausschreibungerreichen lässt. Durch das Erfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> sachlichen Auftragsbezogenheit wird im Sinneeiner Negativabgrenzung sichergestellt, dass <strong>der</strong> Auswahl- undBeschaffungsentscheidung des Auftraggebers nicht sachfremde, willkürliche o<strong>der</strong>diskriminierende Erwägungen zugrunde liegen. Eine weitergehende Überprüfunginsbeson<strong>der</strong>e auf sachliche Richtigkeit o<strong>der</strong> Nachvollziehbarkeit <strong>der</strong> vom Auftraggebergenannten Gründe hätte dagegen zur Folge, dass im vergaberechtlichen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Nachprüfungsverfahren – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - ermittelt würde, obalternative Anfor<strong>der</strong>ungen seinem Beschaffungsziel genauso o<strong>der</strong> besser entsprechen und ergegebenenfalls verpflichtet würde, eine <strong>Leistung</strong> mit an<strong>der</strong>en als den von ihm festgelegtenMerkmalen und Eigenschaften zu beschaffen. Dieses wäre mit dem Bestimmungsrecht desAuftraggebers unvereinbar (OLG Düsseldorf, B. v. 17.02.2010 - Az.: VII-Verg 42/09)<strong>81.</strong>19.2.2 Objektive Kriterien4206Maßgebend für die Vorgabe von bestimmten Erzeugnissen o<strong>der</strong> Verfahren dürfen hierbeiimmer nur die Eigenart und Beschaffenheit <strong>der</strong> zu vergebenden <strong>Leistung</strong> und nicht diesubjektiven Erwägungen und Überlegungen des öffentlichen Auftraggebers sein (2. VKBund, B. v. 8.8.2003 - Az.: VK 2 - 52/03; OLG Düsseldorf, B. v. 14.3.2001 - Az.: Verg32/00).<strong>81.</strong>19.2.3 Sachliche Vertretbarkeit42074208Bestimmte Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren dürfen nur dann vorgeschrieben werden, wenn diesdurch die Art <strong>der</strong> zu vergebenden <strong>Leistung</strong> gerechtfertigt ist. Hierbei genügt grundsätzlich,dass sich eine solche Ausnahme unter technischen Gesichtspunkten rechtfertigen lässt,also sachlich vertretbar ist (OLG Düsseldorf, B. v. 06.07.2005 - Az.: VII - Verg 26/05; 2.VK Bund, B. v. 8.8.2003 - Az.: VK 2 - 52/03; VK Hessen, B. v. 19.10.2006 - Az.: 69 d VK –51/2006; B. v. 13.10.2005 - Az.: 69d VK – 69/2005; VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.:Z3-3-3194-1-37-11/06). Entscheidend ist also, ob aufgrund <strong>der</strong> vom Auftraggeber geltendgemachten beson<strong>der</strong>en Umstände des Einzelfalls ein legitimes Interesse anzuerkennen ist,ein bestimmtes Produkt vorzuschreiben (OLG Frankfurt, B. v. 28.10.2003 - Az.: 11 Verg9/03).Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in die (auch kaufmännische)Entscheidung des Auftraggebers, welche <strong>Leistung</strong> mit welchen Merkmalen nachgefragt undausgeschrieben werden soll, regelmäßig eine Vielzahl von Gesichtspunkten einfließt, diesich etwa daraus ergeben, dass sich die auf dem Markt angebotenen <strong>Leistung</strong>en trotzgrundsätzlicher Gleichartigkeit regelmäßig in einer Reihe von Eigenschaften unterscheiden.Eine Differenzierung nach solchen Kriterien, soweit sie auf die Art <strong>der</strong> zu vergebenden<strong>Leistung</strong> bezogen sind, kann dem Auftraggeber nicht verwehrt werden, und nach welchensachbezogenen Kriterien er seine Entscheidung auszurichten hat, ist ihm imNachprüfungsverfahren nicht vorzuschreiben (OLG Düsseldorf, B. v. 14.3.2001 - Az.:Verg 32/00).<strong>81.</strong>19.2.4 Aufwand in Bezug auf Ersatzteilhaltung, Mitarbeiterschulungund Wartungsarbeiten4209Von dem grundsätzlichen Gebot <strong>der</strong> Produktneutralität darf nur abgewichen werden, wenndies ausnahmsweise durch die Art <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> gerechtfertigt ist. Muss sich z. B.eine ausgeschriebene Anlage in eine Gesamtliegenschaft einfügen, die bereits mitGeräten von bestimmten Herstellern ausgestattet ist, bestehen berechtigte Interessen an<strong>der</strong> konkreten Produktvorgabe. Die Gründe, z.B. den mit <strong>der</strong> MSR-Technik für dieUniversität und die Universitätskliniken verbundenen Aufwand in Bezug auf


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Ersatzteilhaltung, Mitarbeiterschulung und Wartungsarbeiten in einem wirtschaftlichvertretbaren Rahmen zu halten, entsprechen <strong>der</strong> gebotenen wirtschaftlichen Beschaffungund genügen für die Zulässigkeit <strong>der</strong> Produktvorgabe. In dieser beson<strong>der</strong>en Situationerscheint eine auf spezielle Produkte zugeschnittene Ausschreibung gerechtfertigt (BayObLG,B. v. 15.09.2004 - Az.: Verg 026/03; Saarländisches OLG, B. v. 29.10.2003 - Az.: 1 Verg2/03; OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06; B. v. 28.10.2003 - Az.: 11 Verg9/03; VK Hessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 dVK – 29/2007; 1. VK Sachsen, B. v. 23.1.2004 - Az.: 1/SVK/160-03; im Ergebnis ebenso VKSüdbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06).42104210/1In solchen Fällen muss <strong>der</strong> Auftraggeber darlegen, inwieweit und nach welchen Kriteriener eine Ersatzteillagerung vornimmt. Ersatzteile sind nämlich je<strong>der</strong>zeit bei den Herstellernz.B. von Beschlägen bestellbar. Aus Sicht <strong>der</strong> Vergabekammer ist bei einem Defekt daherweniger eine Lagerhaltung bei dem Auftraggeber notwendig, als vorrangig eine Beschaffungbei dem Hersteller zu gewährleisten. Der Auftraggeber kann sich hierfür zur Absicherung bei<strong>der</strong> Auftragsvergabe die Gewährleistung einer Ersatzteilversorgung über einen bestimmtenZeitraum vertraglich zusichern lassen. Aber selbst wenn man unterstellt, es ist eine gewisseVorhaltung von Ersatzteilen erfor<strong>der</strong>lich, so sind in bestimmten Fällen nur relativ wenige undvor allem kleine Ersatzteile von z.B. bestimmten anfälligeren Teilen <strong>der</strong> Beschläge (z.B.Schließmechanismus <strong>der</strong> Auszugssperre) vorzuhalten. Hierfür ist keine umfangreicheBereithaltung von Lagerkapazitäten erfor<strong>der</strong>lich, die einen Ausschluss des Wettbewerbsrechtfertigt (2. VK Bund, B. v. 23.01.2006 - Az.: VK 2 - 168/05).Sehr viel restriktiver beurteilt die 1. VK Hessen eine mögliche Rechtfertigung mit Blick aufVereinfachung von Wartungsverträgen. Das Ziel <strong>der</strong> „Vereinfachung vonWartungsverträgen“ betrifft zwar ein durchaus berechtigtes Interesse des Auftraggebers.Jedoch reicht dieses Kriterium nicht als Rechtfertigung für die ausnahmsweise Zulassungeines bestimmten Erzeugnisses aus: Die Vergabestelle hat diesbezüglich die Möglichkeit,die eingehenden Angebote (bei Aufnahme entsprechen<strong>der</strong> Wertungskriterien in denAusschreibungsbedingungen) auch nach <strong>der</strong> Wartungsfreundlichkeit, <strong>der</strong>Erfor<strong>der</strong>lichkeit von Schulungen <strong>der</strong> Hausmeister etc. zu bewerten. EntsprechendeZuschlagskriterien sind beispielsweise Folgekosten, Bedienungsfreundlichkeit, etc. (1. VKHessen, B. v. 11.12.2006 – Az.: 69 d VK 60/2006).<strong>81.</strong>19.2.5 Schnittstellenrisiko42114212Ein öffentlicher Auftraggeber muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass ein Bieteranbietet, durch Installation einer produktneutralen Schnittstelle die Kompatibilität - etwa imMess-, Steuer- und Regeltechnikbereich bzw. Elektronikbereich - erst herzustellen. Allein dieNotwendigkeit einer zusätzlichen Anbindung begründet ein Risiko, welches <strong>der</strong>Auftraggeber unter Berücksichtigung seiner legitimen Risiken nicht übernehmen muss(OLG Frankfurt, B. v. 28.10.2003 - Az.: 11 Verg 9/03; VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 -Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06; 1. VK Sachsen, B. v. 23.1.2004 - Az.: 1/SVK/160-03).Zu Abwägungsfragen bei Schnittstellenrisiken im IuK- und EDV-Bereich vgl. dieKommentierung zu <strong>§</strong> 8 VOL/A RZ 6665.<strong>81.</strong>19.2.6 Wahl zwischen nur zwei Systemen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201042134213/1Stehen nur zwei innovative Systeme zu Gebote und besitzt noch keines eine allgemeineZulassung, so sind keine durchgreifenden Gründe erkennbar, dass die Vergabestelle nichtsich für eines entscheiden, die Einzelzulassung aus Gründen <strong>der</strong> Verfahrensbeschleunigungund <strong>der</strong> Kostenbegrenzung betreiben und einzelsystemspezifisch ausschreiben dürfte.An<strong>der</strong>nfalls stünde sie in <strong>der</strong> Gefahr, die auf die beiden innovativen Systeme hinausgerichteten Angebote, welche sie breit abgerufen hatte, selbst einer Zulassung zuführen zumüssen. In dieser aufgezeigten beson<strong>der</strong>en Situation erscheint eine auf ein spezielles Systemzugeschnittene Ausschreibung gerechtfertigt (OLG Stuttgart, B. v. 15.1.2003 - Az.: 2 Verg17/02).Der Umstand, dass eine Vergabestelle <strong>der</strong> Ausschreibung in technischer Hinsichtunterschiedliche <strong>Leistung</strong>svarianten zugrunde legt, ist in bestimmten Fällenvergaberechtlich nicht zu beanstanden. Der <strong>Leistung</strong>sgegenstand unterliegt <strong>der</strong> autonomenBestimmung des Auftraggebers. Dabei hat <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber im Prinzip freilichtechnikoffen auszuschreiben. Dem wird von <strong>der</strong> Vergabestelle jedoch entsprochen, wenn dieaufgrund sachverständiger Beratung als technisch machbar in Betracht kommendenBauarten (z.B. Ersatz <strong>der</strong> vorhandenen Betondecke und <strong>der</strong> oberen HGT-Lage durch einenbituminösen Aufbau = Ausschreibung 05T0536 sowie Ersatz <strong>der</strong> vorhandenen Betondeckeund HGT-Schicht durch Schottertragschicht und bituminösen Aufbau = Ausschreibung05T0537) parallel ausgeschrieben werden. Die Parallelausschreibung sicherte einengrößtmöglichen Wettbewerb. Sie soll eine Auftragsvergabe auf das in je<strong>der</strong> Hinsichtwirtschaftlichste Angebot vorbereiten (OLG Düsseldorf, B. v. 26.07.2006 - Az.: VII - Verg19/06).<strong>81.</strong>19.2.7 Festlegung auf nur ein Produkt4214Nach Auffassung <strong>der</strong> VK Münster kann auch eine <strong>Leistung</strong>sbeschreibung auf ein alseinziges <strong>der</strong>zeit marktgängiges Produkt hinauslaufen. Dies führt nicht per se zu einerwettbewerbsfeindlichen Verengung des Angebotsmarktes, die durch <strong>§</strong> 9 Nr. 5 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/Averhin<strong>der</strong>t werden soll. Wenn nämlich die Bieter sich dieses Produkt besorgen können und dieBieter von <strong>der</strong> Möglichkeit eines Bezugs von <strong>der</strong> Herstellerfirma we<strong>der</strong> aus rechtlichen nochaus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sind, haben sie auch die Möglichkeit, sich diesesProdukt zu “besorgen“ und in ihrem Angebot anzubieten. Dass dies nicht wirtschaftlich ist,wenn man selbst ein ähnliches Produkt herstellt, kann nicht zum Anlass genommen werden,<strong>der</strong> Vergabestelle vorzuhalten, dass sie ein Produkt mit ganz bestimmten technischenMerkmalen nicht for<strong>der</strong>n darf (VK Münster, B. v. 20.04.2005 - Az.: VK 6/05).<strong>81.</strong>19.2.8 Bestimmte Art <strong>der</strong> Ausführung4215Die gefor<strong>der</strong>te <strong>Leistung</strong> (Ausführung einer Sprinkleranlage) rechtfertigt eine Festlegung aufeine bestimmte Art <strong>der</strong> Ausführung (Bau einer Sprinkleranlage nur durch einUnternehmen, das auf <strong>der</strong> Errichterliste <strong>der</strong> VdS Schadensverhütung GmbH steht) aber nur,wenn eine an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Ausführung für den Bauherrn unzumutbare Härten o<strong>der</strong>wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen würden. Findet sich dafür kein Hinweis und istdie entsprechende Position des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses auch nicht mit dem Zusatz "o<strong>der</strong>gleichwertiger Art" versehen, stellt dies einen Verstoß gegen <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A dar, <strong>der</strong> denBieter in seinen Rechten verletzt (VK Südbayern, B. v. 4.10.2001 - Az.: 31-09/01).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104215/142164216/1Wird in <strong>der</strong> Baugenehmigung (Brandschutzgutachten) o<strong>der</strong> von Seiten <strong>der</strong> Versicherer füreine Baumaßnahme eine Sprinkleranlage (z.B. Sprinkleranlage mit Zumischung filmbilden<strong>der</strong>Schaummittel) gemäß den VdS CEA- Richtlinien für Sprinkleranlagen gefor<strong>der</strong>t, ist unstreitigdie Richtlinie VdS CEA 4001 Prüfgrundlage für die Abnahme. Dem steht auch nichtentgegen, dass im Fall <strong>der</strong> Prüfung einer Löschanlage (z. B. einer Sprinkleranlage mitZumischung filmbilden<strong>der</strong> Schaummittel) durch die beauftragte VdS, die installierteLöschanlage auf Konformität mit den als Prüfungsgrundlage vorgegebenen Regelwerken(z.B. VdS CEA 4001) geprüft wird. Etwaige Abweichungen von den Prüfungsgrundlagenwerden als Mängel dokumentiert und bewertet. Dennoch sind Sprinkleranlagen inÜbereinstimmung mit diesen Richtlinien von VdS-anerkannten Errichtern unter VerwendungVdS-anerkannter Bauteile und Verfahren für die Dimensionierung <strong>der</strong> Rohrleitungen zuinstallieren. Der Errichter muss für jeden Anlagentyp, den er installiert, anerkannt sein (1.4.1<strong>der</strong> VdS CEA-Richtlinien). Zudem müssen die Errichtung, Erweiterungen, Än<strong>der</strong>ungen undWartungen von Sprinkleranlagen von durch die Versicherer anerkannten Errichtern unterVerwendung von anerkannten Bauteilen durchgeführt werden (3.1 <strong>der</strong> VdS CEA-Richtlinien).Wird zwischen Vertragspartnern o<strong>der</strong> in einer Ausschreibung eine Sprinkleranlage (mitSchaumzumischung) nach den VdS CEA-Richtlinien gefor<strong>der</strong>t, so gelten auch hier dieentsprechenden Abschnitte <strong>der</strong> Richtlinien. Das heißt, die Errichterfirma muss anerkanntsein (VK Südbayern, B. v. 25.07.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-30-06/07).Das Thüringer OLG zieht die Grenzen insoweit deutlich enger. Der öffentlicheAuftraggeber darf nicht nur ein spezielles technologisches - unter mehreren für dieAufgabenstellung theoretisch in Betracht kommenden - Verfahren (z.B. Hochdruck- o<strong>der</strong>Nie<strong>der</strong>druckwassernebelsystem) näher untersuchen und zur Feststellung gelangen, dassgerade dieses Verfahren exakt seinen Wünschen und Anfor<strong>der</strong>ungen genügt. Eine solcheVorgehensweise entspricht we<strong>der</strong> den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichenHaushaltsführung noch den Vorgaben des Wettbewerbsprinzips. Hiernach ist <strong>der</strong>Auftraggeber vielmehr gehalten, vor Festlegung <strong>der</strong> Ausschreibungsbedingungen sich einenmöglichst breiten Überblick über die in Betracht kommenden Lösungsvarianten zuverschaffen und diese nicht gleichsam schon ex ante auszublenden. Nur so ist gewährleistet,dass die Beschaffung tatsächlich in <strong>der</strong> technisch und wirtschaftlich effizientesten Weiseerfolgt. Schließt daher die Vergabestelle kraft <strong>der</strong> Definition ihrerAusschreibungsbedingungen ausdrücklich o<strong>der</strong> inzident - durch Vorgabe bestimmterParameter - ein Verfahren aus, hat sie nicht nur zu prüfen, ob die zugelassene Lösungden Ausschreibungszweck erfüllt, son<strong>der</strong>n darüber hinaus zu prüfen und positivfestzustellen, dass und aus welchen Gründen ein hiernach ausgeschlossenes Verfahrennicht geeignet erscheint. Zwar wird man <strong>der</strong> Vergabestelle im Rahmen einer solchenPrüfung eine gewisse Einschätzungsprärogative zubilligen müssen, da sie die Schwerpunkteund Nuancen ihrer Wünsche und Vorstellungen bezogen auf die <strong>Leistung</strong>sanfor<strong>der</strong>ungen ambesten kennt. Das entbindet sie aber an<strong>der</strong>erseits nicht, ihren zur Verfügung stehendenBeurteilungsspielraum auch auszuschöpfen und in eigener Verantwortung eine substantiierteEinschätzung zu treffen (Thüringer OLG, B. v. 26.06.2006 - Az.: 9 Verg 2/06).Bei <strong>der</strong> <strong>Beschreibung</strong> von brandschutztechnischen Anlagen ist die Bezeichnung für diesebestimmten Erzeugnisse in Form <strong>der</strong> Angabe eines Leitfabrikats nicht notwendig. Dennes ist möglich, die <strong>Leistung</strong> und die hierfür verwendeten Erzeugnisse durch hinreichendgenaue und allgemein verständliche Bezeichnungen zu beschreiben (VK Südbayern, B. v.29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>19.2.9 Technische Unvereinbarkeit o<strong>der</strong> unverhältnismäßige technischeSchwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung4216/2Der EuGH zieht die Grenze für eine Produkt- bzw. Herstellerangabe etwas enger. DieVorteile z.B. einer Interoperabilität genügen nicht. Vielmehr muss ein Lieferantenwechselden Auftraggeber zwingen, Material unterschiedlicher technischer Merkmale zu kaufen, unddadurch müssen eine technische Unvereinbarkeit o<strong>der</strong> unverhältnismäßige technischeSchwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung entstehen, wobei <strong>der</strong> Auftraggeber dieDarlegungs- und Beweislast für die entstehenden Nachteile trägt (EuGH, Urteil v. 08.04.2008- Az.: C-337/05).<strong>81.</strong>19.2.10 Architektonisches Farbkonzept4216/3Der Auftragsgegenstand kann es rechtfertigen, dass eine Vergabestelle - allerdings allein -hinsichtlich des „Farbtons“ und <strong>der</strong> „Struktur <strong>der</strong> Farbgestaltung“ des Gegenstandes <strong>der</strong>Ausschreibung, sowohl zu den nicht ableitfähigen Linoleumbelägen als auch zu denableitfähigen Linoleum- und Vinylbelägen hinsichtlich ihrer Farbe und Struktur und demOberflächenschutz mit ihren Angaben nicht bloß die Farbtöne nach standardisiertenKlassifizierungen bestimmt, son<strong>der</strong>n auch ein konkretes Produkt eines bestimmt bezeichnetenHerstellers zur Kennzeichnung verwendet. Existiert z.B. ein Farbkonzept für einBauprojekt, das die Vergabestelle anwendet und schon in Teilen realisiert hat undentsprechen die vorgesehenen Farbtöne und Strukturen desAusschreibungsgegenstandes eben diesem Farbkonzept, ist gegen eineproduktgebundene Ausschreibung mit dem Zusatz "o<strong>der</strong> gleichwertig" nichtseinzuwenden (VK Thüringen, B. v. 08.05.2008 - Az.: 250-4002.20-899/2008-006-G).<strong>81.</strong>19.2.11 Angabe von Leitfabrikaten für die Art <strong>der</strong> Dachabdichtung beiFlachdächern4217Die Montage eines Flachdaches mag zwar bestimmte Erzeugnisse, wie Plastomerbitumen-Schweißbahnen, bedingen. Nicht unumgänglich notwendig ist aber die Bezeichnung fürdiese bestimmten Erzeugnisse in Form <strong>der</strong> Angabe eines Leitfabrikats. Denn es istmöglich, die Art <strong>der</strong> Dachabdichtung und die hierfür verwendeten Erzeugnisse durchhinreichend genaue und allgemein verständliche Bezeichnungen zu beschreiben. Auch<strong>der</strong> Zusatz „o<strong>der</strong> gleichwertiger Art“ bzw. die Vorgaben im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, welchenAnfor<strong>der</strong>ungen an<strong>der</strong>e als die angegebenen Fabrikate genügen sollten, führt deshalb nicht zueiner ordnungsgemäßen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung (BayObLG, B. v. 15.09.2004 - Az.: Verg026/03).<strong>81.</strong>19.2.12 For<strong>der</strong>ung nach einer bauaufsichtlichen Zulassung4217/0Die For<strong>der</strong>ung nach einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung z.B. vonausgeschriebenen Türen ist unzulässig, wenn auch eine Zulassung im Einzelfall o<strong>der</strong> einallgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis den Anfor<strong>der</strong>ungen des Auftraggebers genügen(2. VK Bund, B. v. 09.12.2009 - Az.: VK 2 – 192/09).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>19.3 Zweiter Ausnahmetatbestand<strong>81.</strong>19.3.1 Sinn und Zweck42184219Leitfabrikate dürfen nur ausnahmsweise verwendet werden, wenn eine <strong>Beschreibung</strong>durch hinreichend genaue, allgemein verständliche Bezeichnungen nicht möglich ist. Grundfür diese Einschränkung ist, dass man im Allgemeinen davon ausgehen muss, dass es Sache<strong>der</strong> Bieter ist, aufgrund ihrer Sach- und Fachkunde die für die Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>notwendigen Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren auszuwählen. Dies ergibt sich daraus, dass sieinsoweit die <strong>Leistung</strong> unter eigener Verantwortung eigenständig und selbstständigauszuführen haben (<strong>§</strong> 4 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B). Außerdem schließt <strong>der</strong> Auftraggeber - oft zumeigenen Nachteil - den technischen und kaufmännischen Wettbewerb aus, wenn erbestimmte Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren vorschreibt, da die unnötige Nennung einesRichtfabrikates die potenziellen Bewerber in Richtung dieses Richtfabrikates lenkt und somitden Wettbewerb negativ beeinflusst (OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06;BayObLG, B. v. 15.09.2004 - Az.: Verg 026/03; VK Halle, B. v. 21.12.2000 - Az.: VK Hal22/00; VK Hessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 dVK – 29/2007; VK Lüneburg, B. v. 12.05.2005 - Az.: VgK-15/2005; B. v. 29.1.2004 - Az.:203-VgK-40/2003; VK Südbayern, B. v. 03.08.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-32-07/07; B. v.29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06; B. v. 28.04.2005 - Az.: 13-03/05; B. v. 19.10.2004,Az.: 120.3-3194.1-60-08/04). Eine zusätzliche negative Begleiterscheinung <strong>der</strong> Nennungeines Richtfabrikates ist auch, dass es potenziellen Bewerbern nur sehr schwer möglich ist,die Gleichwertigkeit eines an<strong>der</strong>en Produktes o<strong>der</strong> Systems gegenüber dem Richtfabrikatnachzuweisen (VK Halle, B. v. 21.12.2000 - Az.: VK Hal 22/00).Aus dem Wortlaut „sind nur ausnahmsweise zulässig“ folgt, dass eine Ausschreibung fürbestimmte Produkte jedenfalls die Ausnahme zu sein hat; <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A ist engauszulegen (OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06; BayObLG, B. v.15.09.2004 - Az.: Verg 026/03; VK Arnsberg, B. v. 10.08.2009 - Az.: VK 17/09; VK Hessen,B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007; VKBerlin, B. v. 15.02.2006 - Az.: VK - B 1 - 63/05; VK Lüneburg, B. v. 12.05.2005 - Az.: VgK-15/2005; VK Südbayern, B. v. 03.08.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-32-07/07).<strong>81.</strong>19.3.2 Inhaltliche Konsequenzen aus <strong>der</strong> Verwendung vonLeitfabrikaten4220Werden die Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong> nicht nur durch die ausdrückliche Angabe vonAnfor<strong>der</strong>ungen im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, son<strong>der</strong>n erkennbar auch durch nicht genannteEigenschaften von Leitfabrikaten beschrieben, sind alle Eigenschaften <strong>der</strong> Leitfabrikate,die Bezug zu Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und Gesundheit haben, zwingendeAnfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong>. Ist dies nicht gewollt, muss <strong>der</strong> Auftraggeberverdeutlichen, welche Eigenschaften des Leitfabrikats zwingend und welche entbehrlich sind.Bereits geringfügige Unterschreitungen <strong>der</strong> durch die Vorgabe des Leitfabrikatsgeschaffenen Anfor<strong>der</strong>ungen bedeuten, dass die betreffende Anfor<strong>der</strong>ung nicht imgleichen Maße erfüllt wird und das Fabrikat hinsichtlich dieser Anfor<strong>der</strong>ung nicht dengleichen Wert besitzt (VK Thüringen, B. v. 1.3.2002 - Az.: 216-4002.20-004/02-EF-S). Dieskann auch nicht durch eine höhere Wertigkeit bei einer an<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ung ausgeglichen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010werden. Beispielsweise ist ein Weniger an Brandsicherheit nicht durch ein Mehr anSchallschutz kompensierbar (VK Münster, B. v. 15.1.2003 - Az.: VK 22/02).<strong>81.</strong>19.3.3 Praxis <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen4221Eine Vorgabe von Leitfabrikaten ist ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn eine<strong>Beschreibung</strong> durch hinreichend genaue, allgemein verständliche Vorschriften nicht möglichist. Dies müsste eigentlich in den seltensten Fällen einschlägig sein. Diese Einschränkung <strong>der</strong>Vorschrift wird jedoch nach Kenntnis <strong>der</strong> Vergabekammern nicht immer wahrgenommen: Esentspricht vielfältiger Praxis, dass sich Vergabestellen, ob mit o<strong>der</strong> ohne Unterstützungdurch Planungsbüros, bereits vor <strong>der</strong> Ausschreibung für ein bestimmtes Produkt o<strong>der</strong>System entscheiden. Die technischen Spezifikationen werden sodann - mehr o<strong>der</strong> wenigerkleinteilig - in das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis übernommen (1. VK Sachsen, B. v. 13.9.2002 - Az.:1/SVK/080-02).<strong>81.</strong>19.3.4 Zwingende Verwendung des Zusatzes "o<strong>der</strong> gleichwertiger Art"42224222/1Voraussetzung für die ausnahmsweise Zulässigkeit o<strong>der</strong> Verwendung von Herstellerund/o<strong>der</strong>Markennamen u.ä. ist, dass diese mit dem Zusatz "o<strong>der</strong> gleichwertiger Art"verwendet werden (VK Arnsberg, B. v. 10.08.2009 - Az.: VK 17/09; VK Berlin, B. v.15.02.206 - Az.: VK - B 1 - 63/05; VK Lüneburg, B. v. 30.10.2003 - Az.: 203-VgK-21/2003).Die europäische Richtlinie 2004/18/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DESRATES vom 31. März 2004 über die Koordinierung <strong>der</strong> Verfahren zur Vergabe öffentlicherBauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge hat den Wortlaut für die Vorgabetechnischer Spezifikationen in Art. 23 Abs. 8 zwar übernommen („Soweit es nicht durch denAuftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf...“), hat aber die Ausnahme <strong>der</strong>produktscharfen Spezifikation uneingeschränkt unter die Vorgabe des Zusatzes „o.glw.“gestellt: ("solche Verweise sind mit dem Zusatz „o<strong>der</strong> gleichwertig“ zu versehen.“). Diefür den nationalen Bereich noch weit auslegbare Aussage des <strong>§</strong> 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A wirddamit für die EU-weite Vergabe nur unter diesem Vorbehalt möglich. Der scheinbareWi<strong>der</strong>spruch, dass bei einem ausschließlich brauchbaren Produkt <strong>der</strong> Zusatz „o.glw.“keinen Sinn ergibt, weil ja eben nichts an<strong>der</strong>es erwünscht ist, löst sich unter <strong>der</strong>Prämisse des EU-Rechts auf, das offensichtlich davon ausgeht, dass es einenAuftraggeber gar nicht wirklich möglich ist, EU-weit abzuschätzen, welcheMöglichkeiten <strong>der</strong> Markt bietet. Das muss insbeson<strong>der</strong>e für Märkte gelten, die sichschnell verän<strong>der</strong>n wie <strong>der</strong> <strong>der</strong> IT-Beschaffung. Der wortgleiche <strong>§</strong> 8a Nr. 5 VOL/A istdaher kumulativ anzuwenden. Daher ist auch im IT-Bereich aufgrund des Vorrangs EUrechtlicherVorgaben oberhalb <strong>der</strong> Schwellenwerte eine produktscharfe Ausschreibunggrundsätzlich nicht ohne Zusatz zulässig und die Ausschreibung mangels an<strong>der</strong>erKorrekturmöglichkeiten aufzuheben. Die für Ausschreibungen oberhalb <strong>der</strong>Schwellenwerte geltende Formulierung lässt Verweise auf Produkte (nur) zu, wenn diesedurch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sind, was dann <strong>der</strong> Fall ist, wenn <strong>der</strong>Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werdenkann. Es dürfte wenige Auftragsgebiete geben, in denen <strong>der</strong> Auftragsgegenstandtechnisch präziser beschrieben werden kann als im IT-Bereich, so dass hier eineproduktscharfe Ausschreibung nur unter ganz wenigen sonstigen Voraussetzungenzulässig sein kann. Da es dem Auftraggeber mit Produktvorgabe und Zusatz auch möglichist, alle Details des Gewünschten festzulegen und im Rahmen <strong>der</strong> Gleichwertigkeitsprüfung


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010an<strong>der</strong>es abzulehnen, geht er auch kein unzumutbares Risiko ein, son<strong>der</strong>n erhält sich dieChance marktgerechte Einkaufs unter Vermeidung von Abhängigkeiten (VK Arnsberg,B. v. 10.08.2009 - Az.: VK 17/09).<strong>81.</strong>19.3.5 Ersetzung des Zusatzes "o<strong>der</strong> gleichwertiger Art" durch dieMöglichkeit <strong>der</strong> Abgabe von Nebenangeboten4223Der Umstand, dass ein öffentlicher Auftraggeber die Festlegung eines Fabrikats nicht mit demZusatz o<strong>der</strong> "gleichwertiger Art" entsprechend <strong>§</strong> 9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A versehen hat, führt nichtdazu, dass Angebote gleichwertiger Art im Sinne dieser Vorschrift von <strong>der</strong> Wertungausgeschlossen werden, da Nebenangebote ausdrücklich zugelassen waren. Hätte <strong>der</strong>Auftraggeber diesen Zusatz in die Ausschreibung jeweils bei <strong>der</strong> Angabe des gewünschtenHerstellers aufgenommen, hätte das Angebot eines Bieters und die Wertung keinen an<strong>der</strong>enInhalt gehabt (VK Hessen, B. v. 16.6.2003 - Az.: 69 d VK - 19/2003; 1. VK Sachsen, B. v.23.1.2004 - Az.: 1/SVK/160-03).<strong>81.</strong>19.3.6 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung4224• so sind z.B. im Falle von Sanierungen, Um- und Erweiterungsbauten bestimmtegestalterische Anfor<strong>der</strong>ungen hinsichtlich eines einheitlichen Gestaltungsbildesdenkbar. Die Festlegung auf einen bestimmten Farbton sowie Technische Datenhinsichtlich Druckfestigkeit, Wasseraufnahme etc. eines Steinfußbodens sind mitden Anfor<strong>der</strong>ungen für eine neutrale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung nicht vereinbar (VKHessen, B. v. 13.10.2005 - Az.: 69d VK – 69/2005)<strong>81.</strong>19.4 Unzulässige Verengung des Wettbewerbes durch Definitionen<strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung42254225/1Eine Behin<strong>der</strong>ung des Wettbewerbs liegt im Übrigen nicht erst dann vor, wenn Merkmaledes gefor<strong>der</strong>ten Produkts durch einen Produkt- o<strong>der</strong> Markennamen bezeichnet werden,son<strong>der</strong>n bereits dann, wenn das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis nach Form, Stofflichkeit, Aussehenund technischen Merkmalen so präzise definiert ist, dass dem Bieter keinerleiAusweichmöglichkeit mehr bleibt. Hierbei kommt es nicht auf die Feststellung einersubjektiven Absicht <strong>der</strong> Vergabestelle an, bestimmte Unternehmen zu bevorzugen zu wollen.Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung bei objektiverBetrachtung geeignet ist, bestimmte Unternehmen o<strong>der</strong> Erzeugnisse bevorzugen zuwollen (OLG Düsseldorf, B. v.. 11.02.2009 - Az.: VII-Verg 64/08; Thüringer OLG, B. v.26.06.2006 – Az.: 9 Verg 2/06; VK Arnsberg, B. v. 25.05.2009 - VK 08/09; 1. VK Sachsen,B. v. 7.2.2003 - Az.: 1/SVK/007-03; VK Südbayern, B. v. 21.07.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-23-06/08).Eine Behin<strong>der</strong>ung des Wettbewerbs liegt auch dann vor, wenn durch die Art <strong>der</strong>gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> nur ein Anbieter zum Zuge kommen kann und eine Rechtfertigunghierfür fehlt bzw. nicht dokumentiert ist (VK Hessen, B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK –37/2007; B. v. 10.09.2007 - Az.: 69 d VK – 29/2007).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Eine herstellergebundene <strong>Leistung</strong>sbeschreibung liegt auch dann vor, wenn durch dieVorgabe einer Eigenschaft nur ein Produkt und nur ein Hersteller für die Erfüllungdieser Eigenschaft – z.B. For<strong>der</strong>ung nach Türbän<strong>der</strong>n „gegossen (nicht gerollt)“ in Betrachtkommt (OLG Brandenburg, B. v. 14.12.2007 - Az.: Verg W 21/07).Wird die Ausschreibung eines bestimmten Produkts, z.B. einer Bentonit-Dichtungsbahn,auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Produktbeschreibung dieses bestimmten Produkts erstellt, diesesProdukt als Leitfabrikat benannt und den Bietern die Möglichkeit eingeräumt, eingleichwertiges Produkt eines an<strong>der</strong>en Herstellers anzubieten, verstößt dies gegen denvergaberechtlichen Grundsatz <strong>der</strong> produkt- und verfahrensmäßigen Neutralität nach <strong>§</strong>9 Nr. 10 <strong>VOB</strong>/A. Der Ausnahmefall für eine Zulässigkeit einer produktspezifischenAusschreibung liegt nicht vor, wenn die Verwendung eines bestimmten Produkts, z.B. einerbestimmten Bentonit-Dichtungsbahn (und <strong>der</strong>en technischer Anfor<strong>der</strong>ungen) nicht durch denAuftragsgegenstand gerechtfertigt ist. In einem solchen Fall liegt ein Mangel desVergabeverfahrens vor, aufgrund dessen allen Bietern die Möglichkeit eines neuen (Teil-)Angebotes in Bezug auf die ausgeschriebene Bentonit-Dichtungsbahn einzuräumen ist(3. VK Bund, B. v. 27.10.2008 - Az.: VK 3 - 134/08).<strong>81.</strong>19.5 Literatur4226• Ax, Thomas / Ortlinghaus, Julica, Produkt- und materialbezogene Ausschreibungen inden neuen Mitgliedstaaten, NZBau 2005, 676• Noch, Rainer, Das Leid mit den Leitfabrikaten – Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mussneutral sein, Behörden Spiegel November 2006, 27• Hattenhauer, Daniela/Steinert, Carsten, Spezielle Auftraggeberwünsche - GesetzlicheFreiräume erkennen und nutzen, Behörden Spiegel Oktober 2008, 19• Schnei<strong>der</strong>, Matthias / Häfner, Sascha, Erhebliche rechtliche Schwierigkeiten -Beschaffung von Computern für Schulen, Behörden Spiegel Februar 2006, 20<strong>81.</strong>20 <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sverzeichnis (Nr. 11 -14)<strong>81.</strong>20.1 Allgemeines4227Die <strong>Leistung</strong> soll in <strong>der</strong> Regel durch eine allgemeine Darstellung <strong>der</strong> Bauaufgabe(Baubeschreibung) und ein in Teilleistungen geglie<strong>der</strong>tes <strong>Leistung</strong>sverzeichnis beschriebenwerden.<strong>81.</strong>20.1.1 Richtlinie des VHB 20084228


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Vor dem Aufstellen <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung müssen die Ausführungspläne, soweit sienicht vom Auftragnehmer zu beschaffen sind, und die Mengenberechnungen vorliegen(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.1).4229Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist zu glie<strong>der</strong>n in• die Baubeschreibung,• das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, bestehend aus den Vorbemerkungen und <strong>der</strong> <strong>Beschreibung</strong><strong>der</strong> Teilleistungen(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.2).<strong>81.</strong>20.1.2 Regelung des HVA B-StB 03/2006 zu <strong>§</strong> 9 Nr. 1142304231Beim Aufstellen <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist insbeson<strong>der</strong>e <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A zu beachten. ImRegelfall ist die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sverzeichnis gemäß <strong>§</strong> 9 Nrn. 11 bis14 <strong>VOB</strong>/A aufzustellen. Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm gemäß <strong>§</strong> 9Nrn. 15 bis 17 <strong>VOB</strong>/A soll nur im Ausnahmefall angewendet werden (Ziffer 1.4 Nr. 1).Die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sverzeichnis umfasst im Regelfall• Titelblatt,• Baubeschreibung,• <strong>Leistung</strong>sverzeichnis,• Anlagen für Bietereintragungen,• Sonstige Anlagen4232(Ziffer 1.4 Nr. 2).<strong>81.</strong>20.2 Baubeschreibung (<strong>§</strong> 9 Nr. 11)<strong>81.</strong>20.2.1 Allgemeines4233Die Baubeschreibung, die als Teil des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses die allgemeine Darstellungdes Bauauftrags zum Gegenstand hat, enthält die Angaben, die zum Verständnis <strong>der</strong>Bauaufgabe und zur Preisermittlung erfor<strong>der</strong>lich sind und die sich nicht aus <strong>der</strong><strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> einzelnen Teilleistungen unmittelbar ergeben. Die Baubeschreibungsteht unter <strong>der</strong> zwingenden Regelung des <strong>§</strong> 9 Nr. 1 Satz 1 <strong>VOB</strong>/A, nach <strong>der</strong> die <strong>Leistung</strong>eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben ist, dass die Bewerber die <strong>Beschreibung</strong> imgleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeitenberechnen können. Sie hat sich auf technische Angaben zum Verständnis <strong>der</strong> Bauaufgabezu beschränken, dient aber nicht dazu, die Voraussetzungen aufzustellen, die für eineTeilnahme am Wettbewerb zwingend erfor<strong>der</strong>lich sind (BayObLG, B. v. 28.5.2003 - Az.:Verg 6/03). Es ist also nicht Sinn und Zweck <strong>der</strong> Baubeschreibung, festzulegen, welche


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Erklärungen im Angebot enthalten sein müssen und damit zwingend zurVertragsbedingung werden (VK Nordbayern, B. v. 1.4.2003 - Az.: 320.VK-3194-08/03).4234Deshalb gehören nicht in die Baubeschreibung rechtliche Vertragsbedingungen über diePreisermittlungen. Solche Bedingungen sind im Rahmen einer Baubeschreibungüberraschende Klauseln und damit nach <strong>§</strong> 305 c Abs. 1 BGB unwirksam (VKBrandenburg, B. v. 30.04.2004 - Az.: VK 13/04).<strong>81.</strong>20.2.2 For<strong>der</strong>ung nach einem Bauzeitenplan<strong>81.</strong>20.2.2.1 Sinn und Zweck des Bauzeitenplans42354235/1Ein Bauzeitenplan beschreibt den Bauablauf in zeitlicher Hinsicht und stellt als solcher in<strong>der</strong> Regel ein Betriebsinternum des Auftragnehmers dar; er kann zwar auch <strong>der</strong>Feststellung des Auftraggebers dienen, ob <strong>der</strong> Bieter zeitlich plausibel in <strong>der</strong> Lage ist, dieBauleistung zu bewältigen; er ermöglicht dem Auftraggeber vor Vertragsschluss, dengeplanten Ablauf auf Übereinstimmung mit etwaigen Vertragsterminen, auf innereStimmigkeit, auf korrekte Mengenansätze und auf plausible Zeitverbrauchsparameter zuüberprüfen (VK Nordbayern, B. v. 15.03.2007 - Az.: 21.VK - 3194 - 06/07). In <strong>der</strong> Regelbildet <strong>der</strong> Bauzeitenplan keinen Beleg für die Eignung, son<strong>der</strong>n soll <strong>der</strong> Vergabestelleeinen leichteren Überblick über den Ablauf <strong>der</strong> Bauleistung und <strong>der</strong>en Koordination mitan<strong>der</strong>en Unternehmen ermöglichen. Bauzeitenpläne, zumal vom Unternehmer erstellt, habenin <strong>der</strong> Regel also nur Kontrollfristenqualität. Denn im Allgemeinen hat <strong>der</strong> Auftraggeber nurein Interesse daran, dass die Vertragsleistung in ihrer Gesamtheit fristgerecht begonnen undbeendet wird; dagegen unterliegt <strong>der</strong> Zeitraum zwischen Beginn und Vollendunggrundsätzlich <strong>der</strong> Disposition des Unternehmers (BayObLG, B. v. 28.5.2003 - Az.: Verg 6/03;1. VK Sachsen, B. v. 13.06.2007 - Az.: 1/SVK/039-07).Einen in Fachkreisen anerkannten Unterschied zwischen den Begriffen "Bauzeitenplan"und "Bauablaufplan" gibt es nicht. Beide Begriffe bezeichnen eine Übersicht über diezeitliche Abfolge von Arbeiten auf einer Baustelle zur Information über den geplantenBeginn, die Dauer und das voraussichtliche Ende einzelner Tätigkeiten. Ein solcher Plan kannauch in Form eines Netz- o<strong>der</strong> Balkenplans erstellt werden (OLG München, B. v. 23.05.2007- Az.: Verg 03/07).<strong>81.</strong>20.2.2.2 For<strong>der</strong>ung nach einem Bauzeitenplan zur Angebotsabgabe<strong>81.</strong>20.2.2.2.1 Grundsatz4236Der öffentliche Auftraggeber kann auch die For<strong>der</strong>ung nach Vorlage einesBauzeitenplanes bereits zur Angebotsabgabe aufstellen. Er muss diese For<strong>der</strong>ung dannklar und eindeutig entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bekanntmachung o<strong>der</strong> im Anschreiben (Auffor<strong>der</strong>ung zurAngebotsabgabe) stellen und die für die Bieter notwendigen Fristen angeben (VKNordbayern, B. v. 15.03.2007 - Az.: 21.VK - 3194 - 06/07; B. v. 1.4.2003 - Az.: 320.VK-3194-08/03).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>20.2.2.2.2 For<strong>der</strong>ung nach einem Bauzeitenplan zur Angebotsabgabe in <strong>der</strong>Baubeschreibung4237Nach Auffassung <strong>der</strong> VK Nordbayern kann ein Bauzeitenplan zur Angebotsabgabe in <strong>der</strong>Baubeschreibung nicht gefor<strong>der</strong>t werden. Nach <strong>§</strong> 9 Nr. 11 <strong>VOB</strong>/A soll dieBaubeschreibung dazu dienen, die <strong>Leistung</strong> durch eine allgemeine Darstellung <strong>der</strong>Bauaufgabe zu beschreiben. Dazu sind von Auftraggeberseite allgemeine Angaben zumachen, die zum Verständnis <strong>der</strong> Bauaufgabe und zur Preisermittlung erfor<strong>der</strong>lich sind. Indiesem Zusammenhang steht die For<strong>der</strong>ung, vor Baubeginn einen Bauzeitenplan vorzulegen.Der Auftraggeber möchte anhand des Bauzeitenplanes prüfen, ob die in den Beson<strong>der</strong>enVertragsbedingungen festgelegte Baufrist sicher eingehalten wird. Dazu reicht es aus, dass <strong>der</strong>Bauzeitenplan rechtzeitig vor Beginn <strong>der</strong> Bauarbeiten vorgelegt wird (VK Nordbayern, B. v.1.4.2003 - Az.: 320.VK-3194-08/03).<strong>81.</strong>20.2.3 Richtlinie des VHB 20084238In <strong>der</strong> Baubeschreibung sind die allgemeinen Angaben zu machen, die zum Verständnis <strong>der</strong>Bauaufgabe und zur Preisermittlung erfor<strong>der</strong>lich sind und die sich nicht aus <strong>der</strong> <strong>Beschreibung</strong><strong>der</strong> einzelnen Teilleistungen unmittelbar ergeben. Hierzu gehören - abhängig von denErfor<strong>der</strong>nissen des Einzelfalles - z. B. Angaben über• Zweck, Art und Nutzung des Bauwerks bzw. <strong>der</strong> technischen Anlage,• ausgeführte Vorarbeiten und <strong>Leistung</strong>en,• gleichzeitig laufende Arbeiten,• Lage und örtliche Gegebenheiten, Verkehrsverhältnisse,• Konstruktion des Bauwerks bzw. Konzept <strong>der</strong> technischen Anlage.(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.2.1).<strong>81.</strong>20.2.4 Regelung des HVA B-StB 03/2006 zur Baubeschreibung42394240In <strong>der</strong> "Baubeschreibung" ist eine allgemeine Darstellung <strong>der</strong> Bauaufgabe zu geben. Darinsind alle objektbezogenen Angaben, Anfor<strong>der</strong>ungen und Bedingungen aufzunehmen, die zur<strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> neben dem "<strong>Leistung</strong>sverzeichnis" erfor<strong>der</strong>lich sind und demVerständnis <strong>der</strong> <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> einzelnen Teilleistungen dienen. <strong>Leistung</strong>en, die sich nachArt und Umfang bestimmen lassen, sind nicht in <strong>der</strong> Baubeschreibung anzugeben, son<strong>der</strong>n alsPositionen in das "<strong>Leistung</strong>sverzeichnis" aufzunehmen (Ziffer 1.4 Nr. 7).Die Baubeschreibung ist wie folgt zu glie<strong>der</strong>n:1. Allgemeine <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>2. Angaben zur Baustelle3. Angaben zur Ausführung4. Ausführungsunterlagen5. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen(Ziffer 1.4 Nr. 8)


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>20.3 In Teilleistungen geglie<strong>der</strong>tes <strong>Leistung</strong>sverzeichnis (<strong>§</strong> 9 Nr. 11)<strong>81.</strong>20.3.1 Richtlinie des VHB 20084241424242434244424542464247Im <strong>Leistung</strong>sverzeichnis sind ausschließlich Art und Umfang <strong>der</strong> zu erbringenden <strong>Leistung</strong>ensowie alle die Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> beeinflussenden Umstände zu beschreiben(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.2.2).leerIn die Vorbemerkungen zum <strong>Leistung</strong>sverzeichnis dürfen nur Regelungen technischenInhalts aufgenommen werden, die einheitlich für alle beschriebenen <strong>Leistung</strong>en gelten(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.3).leerDie Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> beeinflussende Umstände, beispielsweise technischeVorschriften, Angaben zur Baustelle, zur Ausführung o<strong>der</strong> zu Arbeitserschwernissen, sindgrundsätzlich bei <strong>der</strong> Teilleistung (Position) anzugeben. Nur wenn sie einheitlich für einenAbschnitt o<strong>der</strong> für alle <strong>Leistung</strong>en gelten, sind sie dem Abschnitt bzw. dem<strong>Leistung</strong>sverzeichnis in den Vorbemerkungen voranzustellen (Richtlinien zu 100 –Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.4).Bei <strong>der</strong> Aufglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> in Teilleistungen dürfen unter einer Ordnungszahlnur <strong>Leistung</strong>en erfasst werden, die technisch gleichartig sind und unter den gleichenUmständen ausgeführt werden, damit <strong>der</strong>en Preis auf einheitlicher Grundlage ermitteltwerden kann.Bei <strong>der</strong> Ordnungszahl sind insbeson<strong>der</strong>e anzugeben:• die Mengen aufgrund genauer Mengenberechnungen,• die Art <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>en mit den erfor<strong>der</strong>lichen Erläuterungen über Konstruktion und -Baustoffe,• die einzuhaltenden Maße mit den gegebenenfalls zulässigen Abweichungen(Festmaße, Mindestmaße, Höchstmaße),• beson<strong>der</strong>e technische und bauphysikalische For<strong>der</strong>ungen wie Lastannahmen,Mindestwerte <strong>der</strong> Wärmedämmung und des Schallschutzes,Mindestinnentemperaturen bei bestimmter Außentemperatur, an<strong>der</strong>e wesentliche,durch den Zweck <strong>der</strong> baulichen Anlage (Gebäude, Bauwerk) bestimmte Daten,• beson<strong>der</strong>s örtliche Gegebenheiten, z. B. Baugrund, Wasserverhältnisse, Altlasten,• an<strong>der</strong>e als die in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen vorgesehenenAnfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong>,• beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an die Qualitätssicherung,• die zutreffende Abrechnungseinheit entsprechend den Vorgaben im Abschnitt 05 <strong>der</strong>jeweiligen Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV),• beson<strong>der</strong>e Abrechnungsbestimmungen, soweit in <strong>VOB</strong>/C keine Regelung vorhandenist.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010(Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.3.5).<strong>81.</strong>20.4 Zeichnerische Darstellung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> o<strong>der</strong> durchProbestücke (<strong>§</strong> 9 Nr. 12)<strong>81.</strong>20.4.1 Vorrang <strong>der</strong> schriftlichen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung42484249Es kann dahinstehen, ob die schriftliche <strong>Leistung</strong>sbeschreibung den Ergänzungsmittelnzumindest dann vorgeht, wenn kein eindeutiger Hinweis auf die Maßgeblichkeit <strong>der</strong>Zeichnung in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung im Sinne von <strong>§</strong> 9 Nr. 12 <strong>VOB</strong>/A enthalten ist, obschriftliche und zeichnerische Darstellung grundsätzlich gleichwertig sind o<strong>der</strong> ob es imEinzelfall auf eine Auslegung dessen ankommt, was aus Sicht des objektiven Empfängers zuerwarten war (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.1.2002 - Az.: 12 U 126/01).Es ist jedenfalls nicht die Regel, son<strong>der</strong>n die Ausnahme, die <strong>Leistung</strong> über die allgemeine<strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> Bauaufgabe und ein in Teilleistungen geglie<strong>der</strong>tes <strong>Leistung</strong>sverzeichnishinaus vorab auch noch zeichnerisch, etwa durch Pläne, darzustellen (vgl. <strong>§</strong> 9 Nr. 11 und Nr.12 <strong>VOB</strong>/A). In <strong>der</strong> Regel sind nämlich Zeichnungen und Pläne nur notwendig, wenn diesnach <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Art <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> zu einer klaren Darstellung erfor<strong>der</strong>lich ist(BayObLG, B. v. 17.11.2004 - Az.: Verg 016/04).<strong>81.</strong>20.4.2 Darstellung in einer Entwurfsplanung4250Wesen <strong>der</strong> Entwurfsplanung ist es, dass diese nicht letztverbindlich die tatsächlich bei<strong>der</strong> Errichtung anfallenden Mengen und Massen wie<strong>der</strong>gibt. Die endgültigen Mengenund Massen sind vielmehr erst in <strong>der</strong> Ausführungsplanung enthalten, die aus <strong>der</strong>Entwurfsplanung entwickelt wird, dementsprechend allerdings auch von dieser nochabweichen kann soweit sich aus den statischen und konstruktiven Erfor<strong>der</strong>nissenÄn<strong>der</strong>ungserfor<strong>der</strong>nisse ergeben (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.1.2002 - Az.: 12 U126/01).<strong>81.</strong>20.4.3 Richtlinie des VHB 20084251Das Beifügen von Plänen zur zeichnerischen Erläuterung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> entbindet nicht von <strong>der</strong>Pflicht zur eindeutigen und erschöpfenden <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> Teilleistungen (Richtlinien zu100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.8.4).<strong>81.</strong>20.5 Nebenleistungen/Beson<strong>der</strong>e <strong>Leistung</strong>en (<strong>§</strong> 9 Nr. 13)4252<strong>Leistung</strong>en, die nach den Vertragsbedingungen, den Technischen Vertragsbedingungen o<strong>der</strong><strong>der</strong> gewerblichen Verkehrssitte zu <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> gehören (<strong>§</strong> 2 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/B),brauchen nicht beson<strong>der</strong>s aufgeführt zu werden.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>20.5.1 Gerüststellung für eigene Arbeiten42534254Soweit ein vom öffentlichen Auftraggeber verlangtes Gerüst für die eigenen Arbeiten desAuftragnehmers erfor<strong>der</strong>lich ist, handelt es sich insoweit um eine Nebenleistung, wie sie inverschiedenen DIN-Regelungen vorgesehen ist. Der Auftragnehmer kann seineVertragsleistung nur mit einem Gerüst erbringen, und deshalb gehört die Gerüststellungnotwendigerweise dazu (BGH, Urteil vom 8.9.1998 - Az.: X ZR 85/97).Zu <strong>der</strong> Vorhaltung für an<strong>der</strong>e Arbeiten vgl. die Kommentierung RZ 4166.<strong>81.</strong>20.5.2 Richtlinie des VHB 20084255425642574258Nebenleistungen sind <strong>Leistung</strong>en, die auch ohne Erwähnung im Vertrag zurvertraglichen <strong>Leistung</strong> gehören (<strong>§</strong> 2 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/B, DIN 18299 Abschnitt 4.1) und mit denPreisen abgegolten sind. Sie sind grundsätzlich nicht in die <strong>Leistung</strong>sbeschreibungaufzunehmen. Nebenleistungen, die von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für die Preisbildung sind,können als eigenständige Teilleistung aufgenommen werden (Richtlinien zu 100 –Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.5.1).leerFür Beson<strong>der</strong>e <strong>Leistung</strong>en nach DIN 18299 Abschnitte 4.2 und 0.4.2 sind in <strong>der</strong> Regeleigene Teilleistungen (Positionen) in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung vorzusehen (Richtlinien zu100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.5.2).leer<strong>81.</strong>21 <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm (<strong>§</strong> 9 Nr. 15 -17)<strong>81.</strong>21.1 Begriffe4259Die Beson<strong>der</strong>heit des <strong>Leistung</strong>sprogramms besteht darin, dass bei dieser Art von<strong>Leistung</strong>sbeschreibung nur <strong>der</strong> Zweck bzw. die Funktion <strong>der</strong> gewünschten Bauleistungvorgegeben wird. Die konstruktive Lösung <strong>der</strong> Bauaufgabe obliegt den Bietern, wodurchdiesen ein Spielraum bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> einzuräumen ist. Die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm wird in <strong>der</strong> Praxis und <strong>der</strong>Vergaberechtsprechung deshalb auch als funktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung bezeichnet(VK Saarland, B. v. 27.05.2005 - Az.: 3 VK 02/2005).<strong>81.</strong>21.2 Grundsatz4260Die Ausschreibungstechnik <strong>der</strong> funktionalen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist verbreitet und inFachkreisen allgemein bekannt. Sie kombiniert einen Wettbewerb, <strong>der</strong> eine Planung undKonzeptionierung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> verlangt, mit <strong>der</strong> Vergabe <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010(VK Brandenburg, B. v. 31.1.2003 - Az.: VK 37/02, VK 39/02, VK 41/02) und unterscheidetsich hierdurch vom reinen Wettbewerb. Jedoch unterliegt auch die funktionale<strong>Leistung</strong>sbeschreibung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung, den Beschaffungsbedarf des Auftraggebersoptimal und mit größtmöglicher Bestimmtheit zum Ausdruck zu bringen (OLGNaumburg, B. v. 16.9.2002 - Az.: 1 Verg 02/02).42614262426342644264/1Die Wahl einer funktionalen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung steht im Ermessen <strong>der</strong>ausschreibenden Stelle. Es sind dabei eingehende Überlegungen von Auftraggeberseitenotwendig, ob die Voraussetzungen für diesen Ausnahmefall vorliegen. Typischerweise isteine funktionale Ausschreibung im Bereich des „industrialisierten Bauens“ zweckmäßig,wenn es sich um Bauten des Massenbedarfs handelt, die mehrfach in <strong>der</strong> gleichen Ausführungerrichtet werden sollen. Insbeson<strong>der</strong>e ist zu berücksichtigen, dass den Bietern im Rahmen<strong>der</strong> Ausschreibung Planungsleistungen aufgebürdet werden, die Bieter dadurcherhebliche Kosten für die Ausschreibung aufzuwenden haben (VK Lüneburg, B. v.11.08.2005 - Az.: VgK-33/2005).Mit <strong>der</strong> Zulassung von funktionalen <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen wird praktischenBedürfnissen im Vergabewesen Rechnung getragen. Bei immer komplexer werdendenBeschaffungsvorgängen ist es dem Auftraggeber mangels ausreichen<strong>der</strong> Marktkenntnisoftmals nicht möglich, den <strong>Leistung</strong>sgegenstand nach Art, Beschaffenheit und Umfanghinreichend zu beschreiben. In solchen Fällen kann <strong>der</strong> Auftraggeber den Zweck und dieFunktion des Beschaffungsvorgangs beschreiben und hinsichtlich <strong>der</strong> Umsetzung auf dietechnische Vielfalt <strong>der</strong> Anbieter vertrauen. Damit werden auch traditionelleBeschaffungsvorgänge mo<strong>der</strong>nen Entwicklungen angepasst (VK Baden-Württemberg, B.v. 16.08.2005 - Az.: 1 VK 48/05).Der Auftraggeber kann hierdurch unternehmerisches "know-how" abschöpfen (OLGNaumburg, B. v. 16.9.2002 - Az.: 1 Verg 02/02; 2. VK Hessen, B. v. 26.04.2007 - Az.: 69 dVK - 08/2007; 1. VK Bund, B. v. 7.4.2004 - Az.: VK 1 - 15/04, B. v. 1.4.2004 - Az.: VK 1 -11/04).Der Auftraggeber kann auch - typisch für die funktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung - Risikenauf den Bieter verlagern (OLG Düsseldorf, B. v. 14.2.2001 - Az.: Verg 14/00; OLG Celle,Urteil vom 29.12.2000 - Az.: 7 U 249/96). Die Ausschreibungstechnik <strong>der</strong> funktionalen<strong>Leistung</strong>sbeschreibung ist verbreitet und in Fachkreisen allgemein bekannt. Einsachkundiger Auftragnehmer kann sich deshalb nicht darauf berufen, die damitverbundene Risikoverlagerung habe er nicht erkennen können o<strong>der</strong> nicht zu erkennenbrauchen (BGH, Urteil vom 27.6.1996 - Az.: VII ZR 59/95). Für die Wirksamkeit einerfunktional beschriebenen <strong>Leistung</strong>sverpflichtung kommt es also nicht darauf an, dass <strong>der</strong>Auftragnehmer den Umfang <strong>der</strong> übernommenen Verpflichtung genau kennt o<strong>der</strong>zuverlässig ermitteln kann (BGH, Urteil vom 23.1.1997 - Az: VII ZR 65/96).Ist <strong>Leistung</strong>sinhalt die Erbringung verschiedener <strong>Leistung</strong>en in einem schlüssigenBetriebskonzept, das es insbeson<strong>der</strong>e erlaubt, Synergieeffekte aufzuzeigen und die<strong>Leistung</strong> somit effizienter zu gestalten, als dies bei einer bloßen Betrachtung <strong>der</strong> Summe<strong>der</strong> Einzelleistungen möglich wäre, ist jedenfalls dieser Teil <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> nicht hinreichendgenau beschreibbar. Die Konzepte können bei solchen Ausschreibungsgegenständen vonden einzelnen Bietern weitaus besser dargestellt und ihrem jeweiligen Betrieb angepasstwerden, als dies bei einer <strong>Beschreibung</strong> durch die Vergabestelle gewährleistet wäre. Es liegthier also ein typischer Fall <strong>der</strong> funktionalen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung vor, in dem dieVergabestelle Knowhow <strong>der</strong> Bieter nutzen möchte und sie sich daher auf eine <strong>Beschreibung</strong>


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010des Zwecks <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> beschränkt und beschränken darf (2. VK Hessen, B. v. 26.04.2007 -Az.: 69 d VK - 08/2007).<strong>81.</strong>21.3 Anfor<strong>der</strong>ungen an die Transparenz des Verfahrens4265Der Gewährleistung <strong>der</strong> Transparenz des Vergabeverfahrens kommt bei Verfahren, indenen die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung in Form einer Funktionalausschreibung erfolgt und dieinsbeson<strong>der</strong>e als Verhandlungsverfahren geführt werden, eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu.Denn in solchen Verfahren ist das gemeinsame Bedürfnis von Bietern und Auftraggeber an<strong>der</strong> Gewährleistung und Transparenz einer willkürfreien Verfahrensdurchführung durch denAuftraggeber erhöht, weil die Angebote wegen <strong>der</strong> teilweisen Übertragung <strong>der</strong>konzeptionellen Arbeit auf die Bieter regelmäßig in geringerem Maße miteinan<strong>der</strong>vergleichbar sind und weil im Verhandlungsverfahren die Handlungsmöglichkeiten desAuftraggebers wegen <strong>der</strong> grundsätzlichen Verhandelbarkeit von Angebotsinhalt undAngebotspreis größer sind (OLG Naumburg, B. v. 16.9.2002 - Az.: 1 Verg 02/02).<strong>81.</strong>21.4 Anfor<strong>der</strong>ungen an die Bestimmtheit des Verfahrens42664266/1Auch die funktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung unterliegt gewissen Anfor<strong>der</strong>ungen an dieBestimmtheit. Der Auftraggeber darf nicht von je<strong>der</strong> eigenen Planungstätigkeit absehenund diese - etwa um Kostenaufwand, Zeit und/o<strong>der</strong> Personal einzusparen - gänzlich denBietern übertragen. Die eigene Planung des Auftraggebers muss vor einer Ausschreibungvielmehr insoweit feststehen, als die Kriterien für die spätere Angebotsbewertungfestliegen und das <strong>Leistung</strong>sziel, die Rahmenbedingungen sowie die wesentlichenEinzelheiten <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> in <strong>der</strong> Weise bekannt sind, dass mit Verän<strong>der</strong>ungen nichtmehr zu rechnen ist. Dies folgt aus dem selbstverständlichen Gebot, dass auch diefunktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung Missverständnisse bei den Bietern vermeiden und damitletztlich sicherstellen soll, dass miteinan<strong>der</strong> vergleichbare Angebote abgegeben werden, dienachher einer ordnungsgemäßen Bewertung zugänglich sind. Erfüllt eine funktionale<strong>Leistung</strong>sbeschreibung diese Anfor<strong>der</strong>ungen nicht, fehlt es <strong>der</strong> Ausschreibung an <strong>der</strong>Vergabereife; sie kann keine Grundlage für einen Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebotsein (OLG Düsseldorf, B. v. 14.2.2001 - Az.: Verg 14/00; OLG Naumburg, B. v. 16.9.2002 -Az.: 1 Verg 02/02).Die Vergabestelle ist auch bei einer Funktionalausschreibung an die Grundsätze des <strong>§</strong> 9Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A gebunden (2. VK Hessen, B. v. 26.04.2007 - Az.: 69 d VK - 08/2007).Auch eine Funktionalausschreibung ist deshalb eindeutig und erschöpfend zuformulieren, gegebenenfalls sind weitere Feststellungen erfor<strong>der</strong>lich. Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong>Transparenzgrundsatz hat im Rahmen <strong>der</strong> Funktionalausschreibung einen hohenStellenwert. Die Vergabestelle muss - auch im Rahmen einer Funktionalausschreibung -sorgfältig abwägen, ob die Feststellung eines bestimmten Umstandes im Verhältnis zurErleichterung einer einwandfreien Kalkulation erfor<strong>der</strong>lich ist. Bei dieser Abwägung sindfolgende Gesichtspunkte zu beachten: Der mit <strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong> maßgeblichen Umständeverbundene Aufwand ist ins Verhältnis zur Bedeutung des Auftrages zu setzen. Geht es nichtum die Ausschreibung einer isoliert zu sehenden <strong>Leistung</strong> son<strong>der</strong>n um ein Pilotprojekt, hatdie Vergabestelle einen entsprechend höheren Aufwand zu betreiben. Hier sind durchausauch Verzögerungen beim Beginn <strong>der</strong> Ausschreibung und des Beginns <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>sausführung hinzunehmen. Die Vergabestelle darf die <strong>Leistung</strong>sbeschreibung


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010ferner nicht zu einer versteckten Eignungsprüfung missbrauchen. Zwar kann dieVergabestelle eine gewisse Professionalität <strong>der</strong> Bieter erwarten. Sie darf jedoch - jedenfallsnicht grundsätzlich - von dem Satz ausgehen, <strong>der</strong> erfahrene Bieter kenne die für eineeinwandfreie Kalkulation erfor<strong>der</strong>lichen, in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung aber nichtangegebenen Umstände. Hält die Vergabestelle nur Bieter für geeignet, die Erfahrungen beimeinem solchen Pilotprojekt haben, muss sie im Rahmen <strong>der</strong> Eignungsprüfung entsprechendeAnfor<strong>der</strong>ungen stellen und gegebenenfalls ein Nichtoffenes Verfahren durchführen (2. VKHessen, B. v. 26.04.2007 - Az.: 69 d VK - 08/2007).Es ist funktionalen Ausschreibungen wesensimmanent, dass diese zu sehr unterschiedlichenAngeboten führen und daher die Wertung erschwert wird. Dieser Mangel anVergleichbarkeit - und somit an Transparenz - ist hinzunehmen, solange dieser alleinaus den unterschiedlichen operativ- konzeptionellen Ansätzen <strong>der</strong> Bieter resultiert.Weitergehende Schwierigkeiten beim Vergleich <strong>der</strong> Angebote sind jedoch zu vermeiden. Diesbedeutet zum einen, dass den Bietern ein möglichst detailliertes Raster für die Darstellungihres Konzeptes vorzugeben ist, anhand dessen die Auswirkungen des Konzeptes auf denangebotenen (Pauschal-)preis jedenfalls nachvollziehbar sind. Als Anhaltspunkt für dennotwendigen Detaillierungsgrad ist zunächst eine Orientierung an <strong>der</strong> im Rahmen einerfunktionalen Ausschreibung nach <strong>§</strong> 9 Nr. 15 <strong>VOB</strong>/A vorzulegenden Entwurfsplanungmöglich. Denkbar wäre beispielsweise, die Verdingungsunterlagen so zu gestalten, dassdie Bieter jede <strong>Leistung</strong>spauschale unmittelbar durch konzeptionelle Erläuterungennachvollziehbar darstellen müssen. Anzustreben ist dabei eine Gestaltung <strong>der</strong>Verdingungsunterlagen in einer Weise, die dem - dogmatisch konsequenten, aber in <strong>der</strong>Praxis nicht durchsetzbaren - Ziel nahekommt, dass das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis von den Bieternund nicht von <strong>der</strong> Vergabestelle zu erstellen ist. Zum an<strong>der</strong>en bedeutet dies, dass die <strong>der</strong>Funktionalausschreibung immanente Intransparenz nicht durch eine - im Ergebnisabwägungsfehlerhafte - Gewichtung <strong>der</strong> Zuschlagskriterien "Preis" und "Konzept"weiter verstärkt werden darf. Vergleichbar sind im Rahmen einer Funktionalausschreibungnur die operativ- konzeptionellen Ansätze <strong>der</strong> Bieter. Idealtypisch (keinesfalls zwingend) istdaher eine gleichrangige Gewichtung des Preises und <strong>der</strong> von den Bietern erarbeitetenKonzepte in Hinblick auf die jeweils zu erwartende Effizienz und Qualität <strong>der</strong><strong>Leistung</strong>serbringung. Bei einer hiervon abweichenden Gewichtung hat die Vergabestellestets zu prüfen, ob die (relativ) geringere Gewichtung <strong>der</strong> von den Bietern zu erarbeitendenKonzepte noch geeignet ist, eine Funktionalausschreibung zu rechtfertigen. Grundidee <strong>der</strong>Funktionalausschreibung ist es, dass ein Planungswettbewerb nicht mit <strong>der</strong> Auslobung einesPreisgeldes son<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong> Auftragserteilung verbunden ist. Je weniger Wert dieVergabestelle auf die Planungen <strong>der</strong> Bieter legt, desto eher ist davon auszugehen, dass sie diePlanung auch selbst hätte vornehmen und durch ein <strong>Leistung</strong>sverzeichnis beschreiben können(2. VK Hessen, B. v. 26.04.2007 - Az.: 69 d VK - 08/2007).<strong>81.</strong>21.5 Richtlinie des VHB 2008426742684269leerDie <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm kann sich auf das gesamte Bauwerk o<strong>der</strong>auf Teile davon erstrecken (Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren -Ziffer 4.4.1).Eine <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm kann zweckmäßig sein,


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010• wenn dies wegen <strong>der</strong> fertigungsgerechten Planung in Fällen notwendig ist, in denen esbeispielsweise bei Fertigteilbauten wegen <strong>der</strong> Verschiedenartigkeit von Systemen denBietern freigestellt sein muss, die Gesamtleistung so anzubieten, wie es ihrem Systementspricht,• wenn mehrere technische Lösungen möglich sind, die nicht im Einzelnen neutralbeschrieben werden können, und <strong>der</strong> Auftraggeber seine Entscheidung unter demGesichtspunkt <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit und Funktionsgerechtigkeit erst aufgrund <strong>der</strong>Angebote treffen will (Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren- Ziffer 4.4.1.1).42704270/1Dabei ist sorgfältig zu prüfen, ob die durch die Übertragung von Planungsaufgaben aufdie Bieter entstehenden Kosten in angemessenem Verhältnis zum Nutzen stehen, und obfür die Ausarbeitung <strong>der</strong> Pläne und Angebote leistungsfähige Unternehmer in so großer Zahlvorhanden sind, dass ein wirksamer Wettbewerb gewährleistet ist (Richtlinien zu 100 –Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.4.1.2).Eilbedürftigkeit o<strong>der</strong> Erleichterungen in <strong>der</strong> Organisation, Leitung <strong>der</strong> Baudurchführung undVertragsabwicklung sowie Gewährleistung sind für sich keine Gründe für die Wahl dieser<strong>Beschreibung</strong>sart (Richtlinien zu 100 – Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer4.4.1.3).<strong>81.</strong>21.6 Notwendiger Inhalt des <strong>Leistung</strong>sprogramms (<strong>§</strong> 9 Nr. 16)<strong>81.</strong>21.6.1 Rechtsprechung4271Das <strong>Leistung</strong>sprogramm enthält eine <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> Bauaufgabe, aus <strong>der</strong> die Bewerber allefür die Entwurfsbearbeitung und ihr Angebot maßgebenden Umstände und Bedingungenerkennen können. Der Bauherr bzw. sein Architekt erstellt neben diesen Unterlagenregelmäßig nur die Vorentwurfsplanung, teilweise nicht einmal diese. Entscheidend für dieFrage <strong>der</strong> Vollständigkeit ist, dass <strong>der</strong> Bieter mit seinem Angebot die ausgeschriebeneFunktionalität erfüllt (VK Nordbayern, B. v. 26.1.2004 - Az.: 320.VK-3194-47/03). Macht<strong>der</strong> Auftraggeber ergänzend zum <strong>Leistung</strong>sprogramm detaillierte Vorgaben, muss sich ausden Ausschreibungsunterlagen ergeben, ob diese Vorgaben zwingend sind bzw. einenMindeststandard vorgeben sollen. Es muss also feststehen, inwiefern die Detailvorgabendas vom Bieter mit seinem Angebot zu erfüllende Bausoll abschließend definieren sollen.Zentrales Problem <strong>der</strong> funktionalen Ausschreibung ist weiter regelmäßig die konkreteFeststellung, welche Planungsleistungen von dem Bieter tatsächlich erwartet werden.Einerseits muss <strong>der</strong> Bauherr das Anfor<strong>der</strong>ungsprofil genau festlegen, an<strong>der</strong>nfalls es aneiner Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote fehlt. Der Auftraggeber hat die Pflicht, eine <strong>Leistung</strong> soeindeutig und so erschöpfend wie möglich zu beschreiben, damit alle Bewerber die<strong>Beschreibung</strong> im gleichen Sinne verstehen können, ansonsten die Gefahr des Eingehens nichtvergleichbarer Angebote besteht. An<strong>der</strong>erseits müssen das <strong>Leistung</strong>sprogramm, diePlanungsunterlagen und die <strong>Beschreibung</strong>en dem Bieter einen gewissenGestaltungsfreiraum belassen, ansonsten die funktionelle Ausschreibung unzulässig ist(Brandenburgisches OLG, B. v. 19.9.2003 - Az.: Verg W 4/03).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104272Aber selbst wenn das Angebot die ausgeschriebene Funktionalität nicht gänzlich erfüllt, musses nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. In solchen Fällen ist zunächst zu klären, ob esmit einer technischen Än<strong>der</strong>ung geringen Umfangs nachgebessert werden kann. SolcheVerhandlungen sind nach <strong>§</strong> 24 Nr. 3 <strong>VOB</strong>/A bei Angeboten aufgrund eines<strong>Leistung</strong>sprogramms statthaft (VK Nordbayern, B. v. 26.1.2004 - Az.: 320.VK-3194-47/03).<strong>81.</strong>21.6.2 Auslegung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm4273Haben die Parteien nach längeren Verhandlungen die <strong>Leistung</strong> funktional vollständigbeschrieben, so kommt einem Angebot mit <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, das Grundlage <strong>der</strong>Verhandlungen bildet, hinsichtlich dem Umfang <strong>der</strong> funktional beschriebenen <strong>Leistung</strong>keine entscheidende Auslegungsbedeutung mehr zu (BGH, Urteil vom 23.1.1997 - Az: VIIZR 65/96).<strong>81.</strong>21.6.3 Richtlinie des VHB 20084274427542764277Bevor das <strong>Leistung</strong>sprogramm aufgestellt werden darf, ist sicherzustellen, dass dieGrundlagen <strong>der</strong> Ausschreibung nicht mehr geän<strong>der</strong>t werden. Die <strong>Beschreibung</strong> muss die in <strong>§</strong>9 Nr. 3 bis 5 <strong>VOB</strong>/A gefor<strong>der</strong>ten Angaben eindeutig und vollständig enthalten undgewährleisten, dass die zu erwartenden Angebote vergleichbar sind (Richtlinien zu 100 –Allgemeine Richtlinien Vergabeverfahren - Ziffer 4.4.1.4).leerAls Anhalt für Angaben zum <strong>Leistung</strong>sprogramm und <strong>der</strong>en Glie<strong>der</strong>ung kann dienachfolgende Aufstellung dienen. Dabei ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche dieserAngaben für eine genaue <strong>Beschreibung</strong> erfor<strong>der</strong>lich sind (Anhang 9 – <strong>Leistung</strong>sbeschreibungmit <strong>Leistung</strong>sprogramm).Angaben des Auftraggebers für die Ausführung:• <strong>Beschreibung</strong> des Bauwerks/<strong>der</strong> Teile des Bauwerks• allgemeine <strong>Beschreibung</strong> des Gegenstandes <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> nach Art, Zweck und Lage• <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> örtlichen Gegebenheiten wie z. B. Klimazone, Baugrund,Zufahrtswege, Anschlüsse, Versorgungseinrichtungen• <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Leistung</strong>• Flächen- und Raumprogramm, z. B. Größenangaben, Nutz- und Nebenflächen,Zuordnungen, Orientierung• Art <strong>der</strong> Nutzung, z. B. Funktion, Betriebsabläufe, Beanspruchung• Konstruktion: ggf. bestimmte grundsätzliche For<strong>der</strong>ungen, z. B. Stahl o<strong>der</strong> Stahlbeton,statisches System• Einzelangaben zur Ausführung, z. B.o Rastermaße, zulässige Toleranzen, Flexibilitäto Tragfähigkeit, Belastbarkeito Akustik (Schallerzeugung, -dämmung, -dämpfung)o Klima (Wärmedämmung, Heizung, Lüftungs- und Klimatechnik)o Licht- und Installationstechnik, Aufzüge


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010o hygienische Anfor<strong>der</strong>ungeno beson<strong>der</strong>e physikalische Anfor<strong>der</strong>ungen (Elastizität, Rutschfestigkeit,elektrostatisches Verhalten)o sonstige Eigenschaften und Qualitätsmerkmaleo vorgeschriebene Baustoffe und Bauteileo Anfor<strong>der</strong>ungen an die Gestaltung (Dachform, Fassadengestaltung, Farbgebung,Formgebung)• Abgrenzung zu Vor- und Folgeleistungen• Normen o<strong>der</strong> etwaige Richtlinien <strong>der</strong> nutzenden Verwaltung, die zusätzlich zubeachten sind• öffentlich-rechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen, z. B. spezielle planungsrechtliche,bauordnungsrechtliche, wasser- o<strong>der</strong> gewerberechtliche Bestimmungen o<strong>der</strong> Auflagen(Anhang 9 – <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm – Ziffer 1)4278427942804281Unterlagen, die <strong>der</strong> Auftraggeber zur Verfügung stellt:Dem <strong>Leistung</strong>sprogramm sind als Anlage beizufügen z. B. das Raumprogramm, Pläne,Erläuterungsberichte, Baugrundgutachten, beson<strong>der</strong>e Richtlinien <strong>der</strong> nutzenden Verwaltung.Die mit <strong>der</strong> Ausführung von Vor- und Folgeleistungen beauftragten Unternehmer sind zubenennen.Die Einzelheiten über <strong>der</strong>en <strong>Leistung</strong>en sind anzugeben, soweit sie für dieAngebotsbearbeitung und die Ausführung von Bedeutung sind, z. B.:• Belastbarkeit <strong>der</strong> vorhandenen Konstruktionen• Baufristen• Vorhaltung von Gerüsten und Versorgungseinrichtungen(Anhang 9 – <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm – Ziffer 2)4282Ergänzende Angaben des Bieters:Soweit im Einzelfall erfor<strong>der</strong>lich, kann <strong>der</strong> Bieter z. B. zur Abgabe folgen<strong>der</strong> Erklärungeno<strong>der</strong> zur Einreichung folgen<strong>der</strong> Unterlagen aufgefor<strong>der</strong>t werden:• Angaben zur Baustelleneinrichtung, z. B. Platzbedarf, Art <strong>der</strong> Fertigung• Angaben über eine für die Bauausführung erfor<strong>der</strong>liche Mitwirkung o<strong>der</strong> Zustimmungdes Auftraggebers• Baufristenplan, u. U. auch weitere Pläne abweichend von <strong>der</strong> vorgeschriebenenBauzeit• Zahlungsplan, wenn die Bestimmung <strong>der</strong> Zahlungsbedingungen dem Bieter überlassenwerden soll• Erklärung, dass und wie die nach dem öffentlichen Recht erfor<strong>der</strong>lichenGenehmigungen usw. beigebracht werden können• Wirtschaftlichkeitsberechnung unter Einbeziehung <strong>der</strong> Folgekosten, unterteilt inBetriebskosten und Unterhaltungskosten, soweit im Einzelfall


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010(Anhang 9 – <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm – Ziffer 3)<strong>81.</strong>21.7 Notwendiger Inhalt des Angebots des Bieters (<strong>§</strong> 9 Nr. 17)<strong>81.</strong>21.7.1 Mengenaufteilung4283Soll <strong>der</strong> Wille des Auftraggebers bei <strong>der</strong> Ausschreibung auf Klarstellung einer positions- undgebäudebezogenen Mengenaufteilung gerichtet sein, muss er eine Auffor<strong>der</strong>ung zurgeglie<strong>der</strong>ten Mengendarstellung in klarer, unmissverständlicher Weise imZusammenhang mit den übrigen Anfor<strong>der</strong>ungen an ein vollständiges, ordnungsgemäßesAngebot in den Ausschreibungsunterlagen formulieren. An<strong>der</strong>nfalls kann dem Bieter beiUnterlassen <strong>der</strong>artiger Darstellungen kein Nachteil bei <strong>der</strong> Wertung erwachsen. Unklarheiteno<strong>der</strong> Missverständnisse <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung fallen in den Verantwortungsbereich desAuftraggebers und können nicht zu Lasten des Bieters gehen (Brandenburgisches OLG, B. v.19.9.2003 - Az.: Verg W 4/03).<strong>81.</strong>21.7.2 Eigene Entwurfsplanung <strong>der</strong> Bieter4284Dass die eigenen planerischen <strong>Leistung</strong>en des Bieters im Rahmen einer funktionalenAusschreibung eine Selbstverständlichkeit darstellen, also auch ohne explizite For<strong>der</strong>ungdes Auftraggebers ein eigener Entwurf zu erbringen sei, ist nicht anzunehmen. <strong>§</strong> 9 Nr. 17<strong>VOB</strong>/A präzisiert diejenigen Anfor<strong>der</strong>ungen, die <strong>der</strong> Auftraggeber an den Bieter zu stellenhat. Danach soll Erstgenannter vom Bieter verlangen, dass das Angebot außer <strong>der</strong> Ausführung<strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> den Entwurf nebst eingehen<strong>der</strong> Erläuterung und eine Darstellung <strong>der</strong>Bauausführung sowie eine eingehende zweckmäßig geglie<strong>der</strong>te <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> -gegebenenfalls mit Mengen- und Preisangaben für Teile <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> - umfasst. Um dieVergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote <strong>der</strong> Bieter zu sichern, ist <strong>der</strong> Auftraggeber gehalten,diese Anfor<strong>der</strong>ungen im Hinblick auf die ihm zu unterbreitende <strong>Leistung</strong>unmissverständlich in den Ausschreibungsunterlagen darzustellen (BrandenburgischesOLG, B. v. 19.9.2003 - Az.: Verg W 4/03).<strong>81.</strong>21.7.3 Richtlinie des VHB 200842854286Es ist in <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung zur Angebotsabgabe 211 zu regeln, inwieweit Nr. 3.3 <strong>der</strong>Bewerbungsbedingungen 212 gelten soll.Außerdem ist in <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung zur Abgabe eines Angebots 211 vom Bieter zu verlangen,dass er sein Angebot so aufstellt, dass• Art und Umfang <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> eindeutig bestimmt,• die Erfüllung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen des <strong>Leistung</strong>sprogramms nachgewiesen,• die Angemessenheit <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Preise beurteilt und• nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeit die vertragsgemäße Erfüllung zweifelsfrei geprüft werdenkann.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104287428842894290Dabei ist anzugeben, wie die Angebote geglie<strong>der</strong>t und durch Angabe von Kennzahlen o<strong>der</strong><strong>der</strong>gleichen erläutert werden sollen.Der Bieter ist ferner aufzufor<strong>der</strong>n, sämtliche zur Beurteilung des Angebots erfor<strong>der</strong>lichenPläne und sonstige Unterlagen mit einer eingehenden Erläuterung, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong>Konstruktionsprinzipien und <strong>der</strong> Materialwahl seinem Angebot beizufügen.Er ist außerdem zu verpflichten, Pläne und Unterlagen, die nicht schon für die Beurteilungdes Angebots, son<strong>der</strong>n erst für die Ausführung und Abrechnung erfor<strong>der</strong>lich sind, zubezeichnen und zu erklären, dass er alle für die Ausführung und Abrechnung erfor<strong>der</strong>lichenPläne im Falle <strong>der</strong> Auftragserteilung dem Auftraggeber rechtzeitig zur Zustimmung vorlegenwerde.Der Auftraggeber hat Pläne und sonstige Unterlagen, <strong>der</strong>en Vorlage er beiAngebotsabgabe für erfor<strong>der</strong>lich hält, nach Art und Maßstab im Einzelnen anzugeben.Mengen- und Preisangaben sind zu for<strong>der</strong>n, soweit diese für einen einwandfreien Vergleichbei <strong>der</strong> Wertung notwendig sind. In diesen Fällen ist in den Vergabeunterlagen eine Regelungnach <strong>§</strong> 9 Nr. 17 Satz 2 <strong>VOB</strong>/A zu treffen (Anhang 9 – <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit<strong>Leistung</strong>sprogramm – Ziffer 5).<strong>81.</strong>21.8 Anfor<strong>der</strong>ungen an die Unklarheit einer <strong>Leistung</strong>sbeschreibungmit <strong>Leistung</strong>sprogramm4291Eine behauptete Unklarheit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung mit <strong>Leistung</strong>sprogramm istdieser Ausschreibungsart bis zu einem gewissen Grade immanent. Bei einer funktionalenAusschreibung gibt es gerade kein detailliertes <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, <strong>der</strong> Auftraggeberüberlässt vielmehr auch und gerade die Erstellung des Entwurfs <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> demWettbewerb, <strong>§</strong> 9 Nr. 15 <strong>VOB</strong>/A. Deshalb können die Bieter von dem Auftraggeberbeispielsweise nicht verlangen, dass er im Einzelnen alle auszuführenden Arbeiten beschreibt.Nach <strong>§</strong> 9 Nr. 15 <strong>VOB</strong>/A umfasst das <strong>Leistung</strong>sprogramm eine <strong>Beschreibung</strong> <strong>der</strong> Bauaufgabe,aus <strong>der</strong> die Bewerber alle für die Entwurfsbearbeitung und ihr Angebot maßgebendenBedingungen und Umstände erkennen können und in <strong>der</strong> sowohl <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> fertigen<strong>Leistung</strong> als auch die an sie gestellten technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen undfunktionsbedingten Anfor<strong>der</strong>ungen angegeben sind. Ein <strong>Leistung</strong>sverzeichnis ist nichterfor<strong>der</strong>lich, gegebenenfalls kann das <strong>Leistung</strong>sprogramm ein Musterleistungsverzeichnisenthalten, bei dem aber zulässigerweise die Mengenangaben ganz o<strong>der</strong> teilweise offengelassen werden dürfen. Angesichts dieser Charakteristika einer funktionalenAusschreibung bedarf es beson<strong>der</strong>er Anhaltspunkte dafür, dass sie <strong>der</strong>art unklar ist,dass <strong>der</strong> Auftraggeber diese Unklarheiten nicht beseitigen kann (BrandenburgischesOLG, B. v. 28.11.2002 - Az.: Verg W 8/02).<strong>81.</strong>21.9 Funktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung bei <strong>der</strong> Ausschreibung vonPionierprojekten4292Ein öffentlicher Auftraggeber muss gerade bei zukunftsbezogenen Projekten, die einegewisse Pionierfunktion haben und bei denen man nur begrenzt auf Erfahrungswertezurückgreifen kann, die Möglichkeit haben, in <strong>der</strong> Weise funktional auszuschreiben, dass


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010auch auf quantitative Vorgaben verzichtet werden kann, wenn ansonsten die Bieter inihrer Freiheit, gänzlich neue Lösungsansätze zu suchen, beschränkt würden (2. VKBund, B. v. 4.9.2002 - Az.: VK 2 - 58/02).4292/1Vgl. insoweit auch die Kommentierung RZ 4266.<strong>81.</strong>21.10 Funktionale <strong>Leistung</strong>sbeschreibung bei <strong>der</strong> Ausschreibungvon Komplettabriss und KomplettentsorgungEine funktionelle <strong>Leistung</strong>sbeschreibung für einen Komplettabriss und eineKomplettentsorgung stellt keine bewusste Irreführung von Bietern und damit keinenVerstoß nach <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A dar, wenn als Eckpunkt lediglich vorgegeben ist, dass die"Schadstoffsanierung dem eigentlichen Abbruch vorgeschaltet" sein müsse und wennkonkrete Vorgaben zu den einzelnen Teilleistungen fehlen. Dann ist die technische undtatsächliche Umsetzung des Abbruchs und <strong>der</strong> Entsorgung nach <strong>der</strong> Ausschreibungerkennbar allein Sache des Auftragnehmers. Da konkrete Vorgaben zu den einzelnen,dabei zu erbringenden <strong>Leistung</strong>en fehlten, ist es – für jeden Bieter erkennbar - Sache desBieters als potentiellem Auftragnehmer, die nötigen Informationen zu Positionen des<strong>Leistung</strong>sverzeichnisses – vor Angebotsabgabe – einzuholen und vorhandene Unklarheiten zubeseitigen, ohne dass hierin ein Verstoß gegen <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A zu erblicken wäre. Ist einem Bieterals Fachbetrieb aufgrund <strong>der</strong> vorhandenen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung bekannt, dass dasAbbruchmaterial nicht unbelastet ist und kann er den genauen Belastungsgrad auch als einfachkundiger Bieter zwar nicht wissen, ist <strong>der</strong> Bieter aber dennoch in <strong>der</strong> Lage, denBelastungsgrad zur Vermeidung eines spekulativen Gebotes und damit auch zurEingrenzung des bestehenden Kalkulationsrisikos näher zu hinterfragen o<strong>der</strong> selbst –ggfls. durch Hinzuziehung eines Son<strong>der</strong>fachmannes - klären o<strong>der</strong> – falls dies nichtmöglich gewesen wäre - sein Gebot mit entsprechendem Vorbehalt einzuschränken(OLG Köln, Urteil v. 09.07.2008 - Az.: 11 U 72/07).<strong>81.</strong>21.11 Beurteilungsspielraum bei <strong>der</strong> Wertung4293Der Beurteilungsspielraum für die Entscheidung, welches Angebot das wirtschaftlichste ist,ist bei Angeboten auf <strong>der</strong> Grundlage einer funktionalen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung größerals bei Ausschreibungen auf <strong>der</strong> Grundlage eines <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses. WennAngebote auf einer funktionalen <strong>Leistung</strong>sbeschreibung beruhen, muss <strong>der</strong> Auftraggeber auchdie Variationen <strong>der</strong> angebotenen <strong>Leistung</strong>en hinsichtlich ihrer technischen undwirtschaftlichen sowie ggf. auch gestalterischen und funktionsbedingten Merkmalegegeneinan<strong>der</strong> abwägen und mit den dafür gefor<strong>der</strong>ten Preisen vergleichen. Ein direkterVergleich <strong>der</strong> Angebote untereinan<strong>der</strong> ist dabei nur bedingt möglich. Eine vergleichendeWertung scheitert bei gefor<strong>der</strong>ten Lösungskonzepten an den unterschiedlichen Wegen, diezum gefor<strong>der</strong>ten Ziel führen. Die Qualitätsstandards sind bei funktionalen<strong>Leistung</strong>sbeschreibungen weitgehend offen, so dass je<strong>der</strong> Bieter selbst entscheidet, ob er fürseine technische Lösung mit den zur Erfüllung des Zwecks hinreichenden Grundstandardsarbeitet o<strong>der</strong> aber höhere Standards zu höheren Preisen anbietet. Steht es den Bietern frei,über die Einreichung von Nebenangeboten mehrere technische Lösungen anzubieten, hängtdie Entscheidung, welchen Standard <strong>der</strong> Auftraggeber letztendlich bezuschlagt, von denkonkreten Anfor<strong>der</strong>ungen an die ausgeschriebene Lösung ab. Speziell die höheren Standardsmüssen aus Gründen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit aber immer gegen den Preis abgewogen werden


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010(VK Baden-Württemberg, B. v. 17.03.2004 - Az.: 1 VK 12/04; VK Magdeburg, B. v.1.3.2001 - Az.: VK-OFD LSA- 02/01).<strong>81.</strong>22 Än<strong>der</strong>ung des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses durch denAuftraggeber während <strong>der</strong> Ausschreibung<strong>81.</strong>22.1 Zulässigkeit einer Än<strong>der</strong>ung4293/0,64293/0,84293/1Der Auftraggeber ist nicht darauf beschränkt, Abän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ausschreibung nur inunbedingt notwendigem Umfange (etwa zur Beseitigung von Verstößen gegen dasVergaberecht) vorzunehmen. Es ist allein Sache des Auftraggebers zu bestimmen, ob,wann und mit welchem Inhalt er einen Auftrag vergibt. Er ist nicht gezwungen, denAuftrag überhaupt zu vergeben, und zwar im Allgemeinen auch dann, wenn er aufgrundordnungsgemäßer Ausschreibung wertbare Angebote erhält. Er ist insbeson<strong>der</strong>e nichtgehalten, einen Zuschlag auf Angebote mit <strong>Leistung</strong>sbeschreibungen zu erteilen, von denen erbereits während <strong>der</strong> laufenden Angebotsfrist erkennt, dass sie seinen Bedürfnissen nicht o<strong>der</strong>in geringerem Umfange als ursprünglich angenommen entsprechen. Der Auftraggeber istmithin nicht darauf beschränkt, rechtliche o<strong>der</strong> technische Mängel zu beseitigen,son<strong>der</strong>n kann auf Grund seines Bestimmungsrechts auch aus sonstigen Gründen die<strong>Leistung</strong>sbeschreibung än<strong>der</strong>n. Folge einer Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung während<strong>der</strong> laufenden Angebotsfrist kann allenfalls (bei einer wesentlichen Än<strong>der</strong>ung) dieNeubekanntmachung o<strong>der</strong> die Verlängerung <strong>der</strong> Angebotsfrist sein (OLG Düsseldorf, B.v. 13.01.2010 - Az.: I-27 U 1/09; B. v. 23.12.2009 - Az.: VII-Verg 30/09; B. v. 30.11.2009 -Az.: VII-Verg 41/09).Ein Verstoß gegen <strong>§</strong> 16 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A liegt bei solchen Än<strong>der</strong>ungen nur vor, wenn <strong>der</strong>Auftraggeber den Bieter zu Beginn <strong>der</strong> Angebotsfrist nur unvollständigeVerdingungsunterlagen zur Verfügung stellen kann, so dass diese Inhalt und Umfang <strong>der</strong>gefor<strong>der</strong>ten <strong>Leistung</strong> nicht beurteilen können. Der Vorschrift des <strong>§</strong> 16 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A lässtsich kein generelles Verbot nachträglicher Än<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> Ergänzungen <strong>der</strong>Vergabeunterlagen entnehmen. Allerdings lässt sich aus den Grundsätzen <strong>der</strong>Selbstbindung des Auftraggebers und des Vertrauensschutz für die Bewerber ableiten, dassdie Vergabeunterlagen nach ihrer Bekanntgabe grundsätzlich unverän<strong>der</strong>t bleiben müssen (3.VK Bund, B. v. 07.02.2008 - Az.: VK 3 - 169/07; B. v. 05.02.2008 - Az.: VK 3 - 17/08).Die Zulässigkeit einer Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vergabeunterlagen richtet sich nach denGrundsätzen <strong>der</strong> Selbstbindung des Auftraggebers und des Vertrauensschutzes für dieBewerber. Zwar lässt sich aus diesen Grundsätzen ableiten, dass die Vergabeunterlagennach ihrer Bekanntgabe grundsätzlich unverän<strong>der</strong>t bleiben müssen. Zum einen gibt <strong>der</strong>Auftraggeber den interessierten Unternehmen durch die Auffor<strong>der</strong>ung zur Angebotsabgabe inVerbindung mit <strong>der</strong> Überlassung <strong>der</strong> Vergabeunterlagen zu verstehen, dass er ihre Angeboteauf <strong>der</strong> Grundlage dieser Unterlagen entgegen nehmen und werten wird (Selbstbindung desAuftraggebers). Zum an<strong>der</strong>en verlassen sich Bewerber und Bieter bei <strong>der</strong> Durchsicht <strong>der</strong>Vergabeunterlagen und <strong>der</strong> Erstellung ihrer Angebote auf diese Zusage des Auftraggebers undauf die Beständigkeit <strong>der</strong> Vergabeunterlagen für die anstehende Vergabe (Vertrauensschutzfür die Bewerber). Im Hinblick auf das berechtigte Interesse des Auftraggebers, dass er die<strong>Leistung</strong> angeboten erhält, die er benötigt, sind von diesem Verbot <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong>Ergänzung während des laufenden Vergabeverfahrens in bestimmten Fällen Ausnahmen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010zuzulassen. Dies gilt zum einen für Korrekturen von Fehlern o<strong>der</strong> Ungenauigkeiten wie etwadie Berichtigung missverständlicher Formulierungen, die Ausfüllung von Lücken in <strong>der</strong>Darstellung, die Präzisierung von Angaben u.ä. Darüber hinaus sind aber auch Än<strong>der</strong>ungenund Ergänzungen geringen Umfangs als vergaberechtskonform zu erachten, sofern diesedie Grundlagen des Wettbewerbs und <strong>der</strong> Preisbildung nicht grundlegend verän<strong>der</strong>nund den Entschluss <strong>der</strong> Unternehmen zur Beteiligung o<strong>der</strong> zur Nichtbeteiligung amWettbewerb nicht berühren (1. VK Sachsen, B. v. 21.04.2008 - Az.: 1/SVK/021-08,1/SVK/021-08-G; 2. VK Bund, B. v. 16.03.2009 - Az.: VK 2 - 7/09; B. v. 27.03.2007 - Az.:VK 2 – 18/07; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, B. v. 17.04.2008 - Az.: VII - Verg15/08; 3. VK Bund, B. v. 07.02.2008 - Az.: VK 3 - 169/07; B. v. 05.02.2008 - Az.: VK 3 -17/08).4293/1,24293/24293/342944295Es begegnet auch keinen grundsätzlichen Bedenken, dass ein Auftraggeber vonMindestanfor<strong>der</strong>ungen, die im Verlauf des Verfahrens vor Angebotsabgabe als zuweitgehend erkannt werden und bei den Bietern zu Missverständnissen führen, Abstandnimmt (VK Brandenburg, B. v. 19.12.2008 - Az.: VK 40/08).Eine Än<strong>der</strong>ung ist auch dann möglich, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber ein bestimmtes Produkt alsTeil <strong>der</strong> gesamten Beschaffung vorgibt, und im Laufe des Vergabeverfahrens festgestelltwird, dass <strong>der</strong> Hersteller des vorgegebenen Produkts von einem Teil <strong>der</strong> potenziellinteressierten Bietern deutlich überhöhte Preise for<strong>der</strong>t und somit <strong>der</strong>en Angebotspreise imVergabeverfahren deutlich verteuert. Hat <strong>der</strong> Auftraggeber deshalb berechtigten Grund zu<strong>der</strong> Annahme, den vergaberechtlich gewollten Bieterwettbewerb (<strong>§</strong> 97 Abs. 1 GWB)nicht ordnungsgemäß gewährleisten zu können und setzt er sich zudem möglicherweisedem Vorwurf aus, die Pflicht zur produktneutralen Ausschreibung zu verletzen. darf <strong>der</strong>Auftraggeber die Verdingungsunterlagen entsprechend anpassen, soweit dieseAnpassung allen Bietern gegenüber transparent und diskriminierungsfrei erfolgt (1. VKBund, B. v. 30.07.2008 - Az.: VK 1 - 90/08).Ein Auftraggeber ist im Fall einer von ihm angenommenen Än<strong>der</strong>ungsbedürftigkeit <strong>der</strong>Verdingungsunterlagen nicht in jedem Fall dazu gezwungen, die Bieter erneut zurAngebotsabgabe aufzufor<strong>der</strong>n. Zumindest bei inhaltlich eng begrenzten Än<strong>der</strong>ungen hater vielmehr auch die Möglichkeit, diese den Bietern während <strong>der</strong> laufendenAngebotsfrist mitzuteilen und ihre Berücksichtigung zu verlangen. Eine solcheVorgehensweise ist in <strong>der</strong>artigen Fällen sachgerecht, um unverhältnismäßigeVerzögerungen zu vermeiden, wie sie bei einer erneuten Auffor<strong>der</strong>ung zurAngebotsabgabe wegen des dabei zu beachtenden Fristenregimes eintreten könnten.Dies ist etwa dann <strong>der</strong> Fall, wenn sich die Än<strong>der</strong>ungen auf einen kleinen Teil <strong>der</strong> Positionendes <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses beschränken, <strong>der</strong> mit einem Anteil am Wert <strong>der</strong> Gesamtleistungvon weniger als 3 % von untergeordneter Bedeutung war und dies insbeson<strong>der</strong>e keinewesentliche Än<strong>der</strong>ung des Ausschreibungsgegenstandes bewirkte und wenn dieseÄn<strong>der</strong>ungen nicht willkürlich vorgenommen, son<strong>der</strong>n mit bautechnischen Notwendigkeitenbegründet wurden, die <strong>der</strong> Auftraggeber während <strong>der</strong> Angebotsfrist erkannte (2. VK Bund, B.v. 21.09.2009 - Az.: VK 2 – 126/09).Bis zum Eröffnungstermin hat also <strong>der</strong> Auftraggeber die Möglichkeit, etwaige Fehler im<strong>Leistung</strong>sverzeichnis zu korrigieren, das heißt, er kann Teile des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisseszurückziehen o<strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen am <strong>Leistung</strong>sverzeichnis vornehmen.leer


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.201042964296/1429742984298/1Eine Än<strong>der</strong>ung des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses ist demgemäß zulässig, wenn sie vor Ablauf <strong>der</strong>Angebotsfrist erfolgt und alle Bewerber darüber informiert werden, Gleichbehandlungalso gegeben ist (1. VK Bund, B. v. 30.07.2008 - Az.: VK 1 - 90/08; B. v. 19.12.2002 - Az.:VK 1 - 95/02; 2. VK Bund, B. v. 27.03.2007 - Az.: VK 2 – 18/07; 1. VK Hessen, B. v.31.03.2008 - Az.: 69 d VK - 9/2008). Gegebenenfalls sind die Angebotsabgabefristangemessen zu verlängern (2. VK Bund, B. v. 27.03.2007 - Az.: VK 2 – 18/07; 1. VKHessen, B. v. 31.03.2008 - Az.: 69 d VK - 9/2008) und gegebenefalls die Zuschlags- undBindefrist sowie die Vertragslaufzeit anzupassen (1. VK Hessen, B. v. 31.03.2008 - Az.: 69 dVK - 9/2008).leerDie VK Hessen for<strong>der</strong>t darüber hinaus, dass einer <strong>der</strong> Tatbestände des <strong>§</strong> 26 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/Azur Rechtfertigung einer Än<strong>der</strong>ung vorliegen muss. Eine Än<strong>der</strong>ung allein aus„sachlichen Gründen“ ist dagegen nicht zulässig, denn Interessierte an einerAusschreibung müssen sich grundsätzlich darauf verlassen können, dass sie die <strong>Leistung</strong> wiezunächst gefor<strong>der</strong>t auch anbieten können. In einer Vielzahl von Fällen mag es sachlicheGründe für Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ausschreibungen geben. Wäre in all diesen Fällen eineinhaltliche Än<strong>der</strong>ung abgesehen von Korrekturen offensichtlicher Unrichtigkeiten zulässigmüssten Bieter häufig damit rechnen, dass in einem vorher nicht erkennbaren Umfang nochEinzelheiten <strong>der</strong> Ausschreibung nachträglich geän<strong>der</strong>t werden (VK Hessen, B. v. 01.06.2005 -Az.: 69 d VK - 33/2005).Nach erfolgter Eröffnung <strong>der</strong> Angebote obliegt es ihm nicht, nachträglich Korrekturenam <strong>Leistung</strong>sverzeichnis vorzunehmen (VK Halle, B. v. 25.4.2001 - Az.: VK Hal 04/01). Sokann eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kalkulationsunterlagen bzw. von Rechengrößen, die direkt in diePreisbildung einfließen kann, insbeson<strong>der</strong>e nach Ablauf <strong>der</strong> Angebotsfrist und Eröffnung <strong>der</strong>Angebote, nicht mehr erfolgen. Sie verbietet sich aufgrund <strong>der</strong> Selbstbindung <strong>der</strong>Vergabestelle und dem Vertrauensschutz <strong>der</strong> Bieter (VK Düsseldorf, B. v. 3.3.2000 - Az.:VK - 1/2000 - L).Unzulässig ist auf jeden Fall die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> bekannt gemachten Eignungsnachweise.Will <strong>der</strong> Auftraggeber also die Eignungskriterien än<strong>der</strong>n, muss eine neue Bekanntmachungerfolgen. Vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu <strong>§</strong> 17 <strong>VOB</strong>/A RZ 4670/1.Eine Än<strong>der</strong>ung ist selbstverständlich auch dann zulässig, soweit sich Än<strong>der</strong>ungsbedarf,weitergehend sogar ein Handlungszwang, aufgrund <strong>der</strong> Entscheidung einerVergabekammer o<strong>der</strong> eines Vergabesenats ergibt, wenn ausdrücklich eine Abän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>Verdingungsunterlagen gefor<strong>der</strong>t wird. Aber auch darüber hinaus ist es dem Auftraggebernicht verwehrt, bei <strong>der</strong> danach ohnehin gebotenen Anpassung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagenneue Erkenntnisse, die nicht Gegenstand des vorangegangenen Nachprüfungsverfahrensgewesen waren, zu verarbeiten und in die Verdingungsunterlagen einzubringen. So kannz.B. ein Auftraggeber Erfahrungen und Erkenntnisse einarbeiten, die er erst im Laufe desVergabeverfahrens anhand testweise erworbener <strong>Leistung</strong>sgegenstände gemacht hat. Im Sinne<strong>der</strong> Privatautonomie muss es dem öffentlichen Auftraggeber möglich sein, solchebesseren Erkenntnisse auch zu verwerten; ansonsten würde man den Auftraggeber dazuverpflichten, ein Produkt einzukaufen, von dem er bereits im Zeitpunkt <strong>der</strong>Zuschlagserteilung weiß, dass es seine Bedürfnisse nicht optimal bedient. Ein <strong>der</strong>artigesErgebnis stünde nicht in Einklang mit den Grundsätzen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit undSparsamkeit, zu <strong>der</strong>en Einhaltung öffentliche Stellen verpflichtet sind (3. VK Bund, B. v.21.08.2009 - Az.: VK 3 - 154/09; B. v. 05.03.2008 - Az.: VK 3 - 32/08).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>22.2 Information <strong>der</strong> BieterDer Auftraggeber ist verpflichtet, jedem <strong>der</strong> beteiligten o<strong>der</strong> interessierten Unternehmerwesentliche Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Angebotsgrundlagen unverzüglich bekannt zu geben (BGH,Urteil vom 24.4.1997 - Az.: VII ZR 106/95; 3. VK Bund, B. v. 14.04.2008 - Az.: VK 3 -38/08 – für das Verhandlungsverfahren). Hierbei sollte er sich auch dahingehend absichern,dass ihm alle Bewerber den Empfang <strong>der</strong> Mitteilung bestätigen (VK Halle, B. v. 25.4.2001 -Az.: VK Hal 04/01). Die Sorgfaltspflicht <strong>der</strong> Vergabestelle erfor<strong>der</strong>t es also, den Zugang vonMitteilungen über Än<strong>der</strong>ungen des <strong>Leistung</strong>sverzeichnisses auch positiv feststellen zumüssen. Unterbleibt diese Feststellung und verneint <strong>der</strong> Empfänger den Empfang dieserMitteilung, so führt die damit verbundene Feststellung, dass <strong>der</strong> Zugang <strong>der</strong> Mitteilung überdie Än<strong>der</strong>ungen bei bestimmten Bietern gerade nicht festgestellt werden kann, dazu, dass dieVergabestelle diesen Bietern nicht entgegenhalten kann, dass sie ein an<strong>der</strong>es, als das von<strong>der</strong> Vergabestelle gefor<strong>der</strong>te, Angebot abgegeben haben (VK Thüringen, B. v. 12.03.2008- Az.: 360-4002.20-414/2008-001-NDH).Eine solche Än<strong>der</strong>ung und Information ist auch in <strong>der</strong> Form zulässig, dass sie auf einerInternetseite – und dort z.B. in den FAQ – veröffentlicht werden, wenn auch dieVergabeunterlagen grundsätzlich nur zum "download" auf <strong>der</strong> Webseite des Auftraggeberszur Verfügung standen, so dass er den Kreis <strong>der</strong> Bewerber nicht kannte und diese somit nichtindividuell schriftlich informieren konnte. Der Auftraggeber sollte allerdings in solchenFällen einen Hinweis zur Än<strong>der</strong>ungsmodalität auf <strong>der</strong> Internetseite aufnehmen. Wennunter diesen Voraussetzungen ein Bieter die entsprechende Än<strong>der</strong>ung nicht bemerkt hat, istihm dies selbst zuzurechnen (2. VK Bund, B. v. 27.03.2007 - Az.: VK 2 – 18/07).Versendet <strong>der</strong> Auftraggeber die Än<strong>der</strong>ungen per Computerfax und legt <strong>der</strong> Bieter, <strong>der</strong>nach eigenen Angaben dieses Fax nicht erhalten hat, sein Fax-Journal vor und lässt sichdaraus entnehmen, dass an dem vom Auftraggeber behaupteten Tag ein 4-seitiges Faxeingegangen ist, dessen Absen<strong>der</strong> nicht angezeigt wurde, sind sowohl die Tatsache, dass dieSeitenzahl genau dem von dem Auftraggeber gefertigten Faxschreiben entspricht, wieauch die Erklärung des Auftraggebers, dass beim Versenden eines Computerfaxes <strong>der</strong>Server im Telefonnetz über keine Kennung verfügt und daher <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong> amEmpfängergerät nicht erkennbar ist, zwar Indizien für den Eingang des Faxes, siegenügen aber nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen an einen Nachweis. Im Übrigen steht selbst dann,wenn man davon ausgeht, dass das Fax <strong>der</strong> Auftraggeberin beim Bieter eingegangen ist, nichtfest, dass es <strong>der</strong> tatsächlich zuständigen Abteilung zugegangen ist. Zu beachten ist in diesemZusammenhang nämlich, dass <strong>der</strong> Auftraggeber in diesem Fall an die unzutreffende Nummergeschickt hat. Dies lässt nicht die Annahme zu, dass ein dort eingehendes Fax ordnungsgemäßzugegangen ist. Wenn es innerhalb des Unternehmens des Bieters zu Versäumnissen beieiner Weiterleitung an die konkret zuständige Stelle gekommen sein sollte, liegt dies imRisikobereich des Auftraggebers, da er eine falsche Fax-Nummer gewählt hatte.Zugegangen ist eine Willenserklärung erst dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängersgelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt <strong>der</strong>Erklärung Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören auch die von ihm zurEntgegennahme von Erklärungen bereit gehaltenen Einrichtungen; dazu zählt nur das vomBieter gegenüber dem Auftraggeber angegebene und damit zur Entgegennahme vonErklärungen des Auftraggebers bereit gehaltene Fax. Folglich kann dem Bieter nichtvorgeworfen werden, die Än<strong>der</strong>ung nicht in das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis eingearbeitet zu haben(VK Baden-Württemberg, B. v. 30.04.2008 - Az.: 1 VK 12/08).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.20104298/1,2Liegen inhaltlich unterschiedliche Angebote vor, die auf Än<strong>der</strong>ungen zurückzuführen sindund liegt dies nicht im Verantwortungsbereich <strong>der</strong> Bieter, macht eine solche Situation esunumgänglich, das Vergabeverfahren in den Stand nach <strong>der</strong> erfolgten Bekanntmachung<strong>der</strong> Vergabeabsicht durch die Vergabestelle zurückzuversetzen. Mit dieserZurückversetzung des Vergabeverfahrens wird die Vergabestelle erneut alle die Bieter zurAbgabe eines neuen Angebotes aufzufor<strong>der</strong>n haben, die schon einmal dieVerdingungsunterlagen abgefor<strong>der</strong>t hatten. Ihnen ist die – dabei notwendig zu erläuternde- Möglichkeit zu geben, anhand von eindeutigen Verdingungsunterlagen und Angaben in den<strong>Leistung</strong>sverzeichnissen <strong>der</strong> Gesamtbaumaßnahme, ein ordnungsgemäßes Angebot abgebenzu können. Die Vergabestelle hat dafür Sorge zu tragen, dass den Bewerbern eineangemessene Frist zur Ausarbeitung ihrer Angebote zur Verfügung steht (VK Thüringen, B.v. 12.03.2008 - Az.: 360-4002.20-414/2008-001-NDH). Vgl. auch die Kommentierung zu <strong>§</strong>114 GWB RZ 2263/1,3.<strong>81.</strong>22.3 Verpflichtung des Auftraggebers zur unmissverständlichenAuffor<strong>der</strong>ung an die Bieter, mit dem Angebot die aktualisierteFassung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen einzureichenIm Hinblick auf die schwerwiegende Konsequenz eines Bieterausschlusses sind an vomAuftraggeber veranlasste Än<strong>der</strong>ungsschreiben hohe Anfor<strong>der</strong>ungen zu stellen. Es musssich für einen verständigen Bieter zwanglos und unmissverständlich die For<strong>der</strong>ungergeben, dass mit dem Angebot die aktualisierte Fassung <strong>der</strong> Verdingungsunterlageneingereicht werden soll. Nur so kann sichergestellt werden, dass nach aktuellem Stand <strong>der</strong>Ausschreibungsbedingungen in je<strong>der</strong> Hinsicht identische und miteinan<strong>der</strong> ohne weiteresvergleichbare Angebote eingehen und ein fairer Bieterwettbewerb gewährleistet ist. EineBitte um „Ergänzung in den Ihnen vorliegenden Ausschreibungen“ genügt nicht.„Ergänzung“ ist nicht identisch mit „Seitenaustausch“ (VK Baden-Württemberg, B. v.30.04.2008 - Az.: 1 VK 12/08).<strong>81.</strong>22.4 Obliegenheit <strong>der</strong> Bieter zur Erkundigung bei demAuftraggeber über Än<strong>der</strong>ungenErhält ein Bieter eine Information über eine 2. Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagenund kennt er die 1. Än<strong>der</strong>ung nicht, sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend, ob<strong>der</strong> Bieter sich beim Auftraggeber nach <strong>der</strong> 1. Än<strong>der</strong>ung erkundigen muss. Trifft z.B. dieBezeichnung „2. Än<strong>der</strong>ung“ allenfalls auf das Los 1 zu, nicht jedoch auf das Los 2 ist dasAnschreiben des Auftraggebers unzutreffend bzw. missverständlich formuliert. Insbeson<strong>der</strong>eim Hinblick auf Los 2 hätte eine Nachfrage keine weitere Aufklärung bezüglich einer 1.Än<strong>der</strong>ung bringen können, da es eine solche unstreitig nicht gegeben hat. Zum an<strong>der</strong>en ist jenach Einzelfall die Beson<strong>der</strong>heit zu berücksichtigen, dass nicht einem Bieter in den ihmvorliegenden Verdingungsunterlagen „Ungereimtheiten“ aufgefallen sind, die er nicht einfachignorieren darf, ohne ggf. Nachteile in Kauf nehmen zu müssen, son<strong>der</strong>n vom Auftraggeberim Nachhinein weitere Schreiben versandt wurden, die die Bieter zu einem Handelnveranlassen sollten. Wenn es dann ein Auftraggeber unterlässt, klar darauf hinzuweisen, aufwelche Lose sich welche Än<strong>der</strong>ungen beziehen bzw. diese ggf. eindeutig zu kennzeichnen, istdas ein Sorgfaltsverstoß, <strong>der</strong> nicht zu Lasten eines Bieters gehen kann. Von Bedeutungkann auch sein, ob sich beim Auftraggeber ein eindeutiges System erkennen lässt, wie die


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Schreiben im Betreff bezeichnet o<strong>der</strong> durchnumeriert worden sind. Nimmt man eineObliegenheitsverletzung an mit <strong>der</strong> Folge eines Ausschlusses des Angebots, überspannt mandie Anfor<strong>der</strong>ungen an die Sorgfaltspflichten eines Bieters insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn einÄn<strong>der</strong>ungsschreiben des Antragsgegners selbst offensichtlich nicht den erfor<strong>der</strong>lichenSorgfaltsmaßstäben entspricht (VK Baden-Württemberg, B. v. 30.04.2008 - Az.: 1 VK12/08).<strong>81.</strong>22.5 Verlängerung <strong>der</strong> AngebotsabgabefristBeträgt die ursprüngliche Angebotsfrist 84 Tage und verbleiben nach Versand <strong>der</strong>Än<strong>der</strong>ungen an die Bieter noch 52 Tage bis Angebotsabgabe, d.h. <strong>der</strong>jenige Zeitraum, <strong>der</strong>nach <strong>§</strong> 18 Nr. 1 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A mindestens zwischen <strong>der</strong> Absendung <strong>der</strong> Bekanntmachungund dem Ende <strong>der</strong> Angebotsfrist liegen, d.h. für die erstmalige Beschäftigung mit <strong>der</strong>Ausschreibung und die komplette Ausarbeitung eines Angebots mindestens zur Verfügungstehen muss und berücksichtigt man die ursprünglich deutlich über die Mindestfristhinausgehende Zeitspanne, die für die Angebotserstellung eingeräumt wurde, und denbegrenzten Umfang <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen an <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung, so ist dieverbleibende Frist von 52 Tagen trotz <strong>der</strong> überdurchschnittlichen Komplexität desvorliegenden Auftrags nicht als unangemessen kurz einzustufen (2. VK Bund, B. v.21.09.2009 - Az.: VK 2 – 126/09).<strong>81.</strong>23 Verbot <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung des Auftraggebers nach einerMischkalkulation des BietersIst von den Bietern die Angabe gefor<strong>der</strong>t, ob sie in Bezug auf “weitere <strong>Leistung</strong>en“jeweils eine geson<strong>der</strong>te Vergütung o<strong>der</strong> keine geson<strong>der</strong>te Vergütung verlangen, stelltdies einen Vergaberechtsverstoß dar, weil die Zulassung mischkalkulierter Preiseeinerseits und die Bewertung geson<strong>der</strong>ter Einheitspreise an<strong>der</strong>erseits zu einerUnvergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote führen. Nach <strong>der</strong> fortgesetzten Rechtsprechung des BGHist, damit ein Angebot gewertet werden kann, je<strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung vorgesehenePreis so wie gefor<strong>der</strong>t vollständig und mit dem Betrag anzugeben, <strong>der</strong> für die betreffende<strong>Leistung</strong> beansprucht wird. Grundsätzlich sind deshalb Angebote, bei denen <strong>der</strong> Bieter dieEinheitspreise einzelner <strong>Leistung</strong>spositionen in "Mischkalkulationen" auf an<strong>der</strong>e<strong>Leistung</strong>spositionen umlegt, grundsätzlich von <strong>der</strong> Wertung auszuschließen. Ein Bieter,<strong>der</strong> in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne <strong>Leistung</strong>spositionen gefor<strong>der</strong>tenEinheitspreise auf verschiedene Einheitspreise an<strong>der</strong>er <strong>Leistung</strong>spositionen verteilt, benenntnämlich nicht die von ihm gefor<strong>der</strong>ten Preise, son<strong>der</strong>n "versteckt" die von ihm gefor<strong>der</strong>tenAngaben zu den Preisen <strong>der</strong> ausgeschriebenen <strong>Leistung</strong>en in <strong>der</strong> Gesamtheit seinesAngebots.. Vor dem Hintergrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung darf dieMöglichkeit einer Mischkalkulation nicht in die Option <strong>der</strong> Bieter gestellt werden (1.VK Sachsen, B. v. 30.04.2008 - Az.: 1/SVK/020-08).<strong>81.</strong>24 Schadenersatzansprüche und Nachfor<strong>der</strong>ungen wegenVerletzung <strong>der</strong> Regelungen des <strong>§</strong> 9


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>24.1 Grundsatz429943004301Ein etwaiger Verstoß einer öffentlichen Ausschreibung gegen <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A begründetallein noch keinen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss. Erfor<strong>der</strong>lich istvielmehr, dass <strong>der</strong> Auftragnehmer/Bieter in seinem schutzwürdigen Vertrauen auf dieEinhaltung <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A enttäuscht worden ist. Ein Vertrauen in diesem Sinne ist nurgegeben, wenn <strong>der</strong> Antragnehmer/Bieter den maßgeblichen Verstoß gegen die <strong>VOB</strong>/A nichterkannt hat. Darüber hinaus muss sein Vertrauen schutzwürdig sein. Das ist in <strong>der</strong> Regelnicht <strong>der</strong> Fall, wenn er den Verstoß bei <strong>der</strong> ihm im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfunghätte erkennen können. Die an die Prüfung des Bieters zu stellenden Anfor<strong>der</strong>ungen hängenvon den Umständen des Einzelfalles ab. Maßstab ist ein sorgfältiger Bieter mit dem branchenspezifischenFachwissen. Ein Bieter muss sich jedenfalls ein Bild darüber verschaffen, ob eralle für eine sichere Kalkulation erfor<strong>der</strong>lichen Angaben zur Verfügung hat. Zweifelsfragensind durch vorherige Besichtigung <strong>der</strong> Gegebenheiten vor Ort sowie durch Einsichtnahme invorhandene Planungsunterlagen o<strong>der</strong> durch entsprechende Rückfragen und Hinweise beimAuftraggeber zu klären. Diese Aufklärungspflicht besteht unabhängig davon, ob sie vomAuftraggeber in <strong>der</strong> öffentlichen Ausschreibung vorgegeben wird (OLG Naumburg, Urteilvom 30.11.2000 - Az: 2 U 149/00).Ist eine private o<strong>der</strong> öffentliche <strong>Leistung</strong>sbeschreibung erkanntermaßen o<strong>der</strong> zumindest fürden Fachmann ersichtlich unklar/risikoreich, darf <strong>der</strong> Bieter diese Lückenhaftigkeitnicht durch eigene für ihn günstige Kalkulationsannahmen ausfüllen. Tut er es dennoch,handelt er auf eigenes Risiko und kann später keine Mehrkosten beanspruchen, wenn sichseine Erwartungen als falsch erweisen. Ein etwaiger vom öffentlichen Auftraggeberbegangener Verstoß gegen <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A wird durch das spätere Verhalten des Bieterskompensiert. Etwas an<strong>der</strong>es kann in Betracht kommen, wenn die Ausschreibung den Bieternein <strong>der</strong>art ungewöhnliches Wagnis auflegt, dass es dem Auftraggeber nach Treu und Glaubenversagt wäre, sich auf die Risikoverlagerung auf den Bieter zu berufen (OLG Düsseldorf,Urteil vom 18.11.2003 - Az: I-23 U 27/03; im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt, B. v.14.10.2008 - Az.: 11 Verg 11/2008).Es existiert also kein Rechtsgrundsatz dahin, dass ein Werkunternehmer riskante<strong>Leistung</strong>en (auch im Rahmen einer <strong>VOB</strong>/A-Vergabe) nicht übernehmen könnte (OLGKoblenz, Urteil vom 17.4.2002 - Az: 1 U 829/99).<strong>81.</strong>24.2 Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung4302• eine nicht ordnungsgemäße und daher unvollständige <strong>Beschreibung</strong> einer<strong>Leistung</strong> in einem <strong>Leistung</strong>sverzeichnis kann grundsätzlich Ansprüche unterdem Gesichtspunkt <strong>der</strong> c.i.c. auslösen. Dies gilt erst Recht, wenn <strong>der</strong> Auftraggeberschuldhaft falsche o<strong>der</strong> unvollständige Angaben über solche ihm bekannte Umständemacht, die für die Preisermittlung von Bedeutung sind (OLG Naumburg, Urteil vom15.12.2005 - Az.: 1 U 5/05)• ein ungewöhnliches Wagnis i.S.v. <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A wird dem potenziellenAuftragnehmer aufgebürdet, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber die Vorerkundung auf den vorabausgewählten Testfel<strong>der</strong>n nicht vollständig durchführt und dieVorerkundungsergebnisse nicht vollständig in <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong>sbeschreibung darstellt(hier: Abbruch <strong>der</strong> Testberäumung eines von drei Testfel<strong>der</strong>n und Verschweigen <strong>der</strong>


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010Vorerkundungsergebnisse dieses beson<strong>der</strong>s hoch belasteten Testfelds). Im Fallepositiver Kenntnis außergewöhnlich hoher Bodenbelastungen in Teilbereichen<strong>der</strong> zu beräumenden Fläche verstößt es auch gegen das vergaberechtlicheTransparenzgebot, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber nur pauschal auf die Möglichkeit vonBelastungsabweichungen von einer durchschnittlichen Belastung hinweist, undzwar selbst dann, wenn er – entgegen <strong>der</strong> Auffassung des von ihm beauftragtenSachverständigen – die Ergebnisse des hoch belasteten Testfelds als nichtrepräsentativ ansieht (OLG Naumburg, Urteil vom 15.12.2005 - Az.: 1 U 5/05)• die im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrags getroffene Vereinbarung, dass für dieVertragserfüllung erfor<strong>der</strong>liche zusätzliche <strong>Leistung</strong>en auch dann nicht vergütetwerden, wenn sie bei Vertragsschluss nicht bekannt und/o<strong>der</strong> nicht absehbar waren, isttrotz eines Verstoßes gegen <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A we<strong>der</strong> sittenwidrig noch nach <strong>§</strong> 134 BGBunwirksam. Bei einer <strong>der</strong>artigen gegen <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A verstoßenden offenenRisikozuweisung stehen dem Auftragnehmer auch keine Ansprüche ausenttäuschtem Vertrauen o<strong>der</strong> wegen Wegfalls <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage zu(Landgericht Berlin, Urteil vom 12.11.2002 - Az: 13 O 264/02)• wenn ein Bodengutachten auf konkrete Risiken hinweist, darf <strong>der</strong> Bieter denNichteintritt dieses Risikos (z. B. Wassereinbrüche infolge hoherBodendurchlässigkeit) nicht als sicher unterstellen und dies seinem Angebot (bei <strong>der</strong>Einheitspreisberechnung für die Wasserhaltung) zu Grunde legen (OLG Koblenz,Urteil vom 17.4.2002 - Az: 1 U 829/99)• wenn das schriftliche <strong>Leistung</strong>sverzeichnis lediglich eine funktionale<strong>Leistung</strong>sbeschreibung ohne genaue Maße enthält und sich die endgültigen Maßeerst aus <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Entwurfsplanung zu entwickelnden Ausführungsplanung ergeben,gehören <strong>der</strong>artige Maßän<strong>der</strong>ungen zum <strong>Leistung</strong>sumfang. Sie liegen imVergütungsrisiko des Unternehmers und berechtigen ihn nicht zu einerNachfor<strong>der</strong>ung (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.1.2002 - Az: 12 U 126/01)• wenn in <strong>der</strong> erfolgsorientiert funktional gestalteten <strong>Leistung</strong>sbeschreibung füreine von einer Gemeinde ausgeschriebene Schmutzwasserkanalisation <strong>der</strong> Baugrundmit Bodenklasse 3 bis 5 angegeben ist, muss <strong>der</strong> (den Zuschlag erhaltende)Tiefbauunternehmer auch das Vorhandensein einer sog. Tonlinse (i.e. hier: eine 270 mlange und mehrere Meter dicke wasserundurchlässige tonige Schluffschicht)einkalkulieren. Das "Baugrundrisiko" trifft den Unternehmer. Er kann dann keineZusatzvergütung deshalb verlangen, weil er die Wasserhaltung durch Minifilterergänzen muss (OLG Celle, Urteil vom 29.12.2000 - Az: 7 U 249/96 - durchNichtannahmebeschluss vom Bundesgerichtshof bestätigt)• ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen lückenhafter,unvollständiger o<strong>der</strong> missverständlicher Ausschreibung <strong>der</strong> Bauleistung istausgeschlossen, wenn <strong>der</strong> Auftragnehmer den Ausschreibungsmangel kennt unddiesen in Kauf nimmt, um den Auftrag zu erhalten (OLG Bamberg, Urteil vom7.6.1999 - Az: 4 U 255/98)• gibt ein <strong>Leistung</strong>sverzeichnis, das nach den Grundsätzen <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A aufgestellt ist,eine Vergütung für das Herstellen von Mauerwerksöffnungen als Zulage vor,werden damit alle verbundenen Schwierigkeiten vollständig abgegolten. Eine solcheVereinbarung bewirkt aber nicht auch noch zusätzlich einen Ausschluss <strong>der</strong>Abrechnungsregeln nach den ATV DIN 18330 <strong>VOB</strong>/C Nr. 5.2.1 und 5.2.2. Ausfachtechnischer Sicht ist das <strong>Leistung</strong>sverzeichnis so zu verstehen, dass zwar eineZusatzvergütung erfolgen soll, das Mauerwerk selbst aber nach DIN 18330 Abschnitt5 aufgemessen werden muss (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.1.1998 - Az: 22 U149/97)


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>25 Literatur4303• Quack, Friedrich, Warum <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A keine Anspruchsgrundlage für vertraglicheKompensationsansprüche des erfolgreichen Bieters sein kann, ZfBR 2003, 107

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