Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010<strong>81.</strong>11.2 Grundsatz4143/0,34143/14144Die Ungewöhnlichkeit <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> kann sowohl im rechtlichen Bereich, nämlich in <strong>der</strong>Art <strong>der</strong> Vertragsgestaltung, als auch im tatsächlichen Bereich liegen (OLG Düsseldorf, B. v.29.09.2008 - Az.: VII-Verg 50/08; VK Brandenburg, B. v. 08.09.2009 - Az.: VK 33/09; VKMünster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 16/09).Das Vorliegen eines vergaberechtswidrigen ungewöhnlichen Wagnisses ist an zweiVoraussetzungen geknüpft, nämlich zum einen an das Vorhandensein von Umständen,auf die <strong>der</strong> Bieter keinen Einfluss hat, und zum an<strong>der</strong>en die Auswirkung dieser Umständeauf die Preiskalkulation des Bieters. Die Vorschrift des <strong>§</strong> 9 Nr. 3 <strong>VOB</strong>/A stellt mithin fürdie Vergaberechtswidrigkeit eines auf einem öffentlichen Auftrag basierendenVertragsverhältnisses nicht allein auf die mit einer Vertragsbedingung möglicherweiseverbundenen Ungewissheiten ab, son<strong>der</strong>n for<strong>der</strong>t zusätzlich, dass diese Ungewissheiten einekaufmännisch vernünftige Kalkulation des Angebotspreises für den Bieter unzumutbarmachen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen <strong>der</strong> vergaberechtlichenPrüfung einer Vertragsbedingung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens vor <strong>der</strong>Vergabekammer und <strong>der</strong> sich an <strong>§</strong><strong>§</strong> 305 ff. BGB orientierenden Inhaltskontrolle vonAllgemeinen Geschäftsbedingungen durch die Zivilgerichte. Vor dem Hintergrund dieserDifferenzierung zwischen dem Prüfungsmaßstab <strong>der</strong> vergaberechtlichenNachprüfungsinstanzen einerseits und den Zivilgerichten an<strong>der</strong>erseits sind vergaberechtlichalle Regelungen eines auf einem öffentlichen Auftrag basierenden <strong>Leistung</strong>sverhältnisseshinzunehmen, soweit diese dem Bieter noch eine kaufmännisch vernünftige Kalkulationseines Angebotspreises ermöglichen (OLG Düsseldorf, B. v. 18.11.2009 - Az.: VII-Verg19/09; 2. VK Bund, B. v. 14.09.2009 - Az.: VK 2 – 153/09; B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 -123/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 120/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 117/07, B. v.15.11.2007 - Az.: VK 2 - 114/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 108/07, B. v. 15.11.2007 -Az.: VK 2 - 105/07; B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 102/07; 1. VK Bund, B. v. 26.11.2009 -Az.: VK 1 - 197/09; B. v. 14.09.2007 - Az.: VK 1 - 101/07; B. v. 31.08.2007 - Az.: VK 1 -92/07; B. v. 09.05.2007 - Az.: VK 1 - 26/07; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.:1/SVK/071-08).Aus <strong>der</strong> Vorschrift folgt also nicht, dass dem Auftragnehmer kein Wagnis auferlegtwerden darf. Die Verlagerung eines Wagnisses, das auf Umständen und Ereignissen beruht,auf die <strong>der</strong> Auftragnehmer einen Einfluss hat, und dessen Einwirkung auf die Preise erschätzen kann, ist vergaberechtlich nicht unzulässig. Dies folgt schon aus dem Wortlaut <strong>der</strong>Norm, wonach dem Auftragnehmer Schätzungen zuzumuten sind (OLG Düsseldorf, B. v.18.11.2009 - Az.: VII-Verg 19/09; B. v. 19.10.2006 - Az.: VII - Verg 39/06; VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 - Az.: 1 VK 21/09; 1. VK Bund, B. v. 20.01.2010 - Az.: VK 1- 233/09; 2. VK Bund, B. v. 14.09.2009 - Az.: VK 2 – 153/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v.15.01.2010 - Az.: VgK-74/2009; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.: 1/SVK/071-08).Maßstab <strong>der</strong> Regelung ist, welche Risiken ein Auftragnehmer üblicherweise in <strong>der</strong>Branche zu tragen hat (VK Baden-Württemberg, B. v. 30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08; VKLüneburg, B. v. 12.01.2007 – Az.: VgK-33/2006; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 15.01.2010 - Az.:VgK-74/2009; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.: 1/SVK/071-08). Folglich ist zurKlärung <strong>der</strong> Frage, welches Wagnis ungewöhnlich und damit vergaberechtlich nicht zulässigist, einzelfallbezogen vorzugehen (Saarländisches OLG, B. v. 29.09.2004 - Az.: 1 Verg 6/04;LSG Hessen, B. v. 15.12.2009 - Az.: L 1 KR 337/09 ER Verg; VK Baden-Württemberg, B. v.30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08; 1. VK Bund, B. v. 29.10.2009 - Az.: VK 1 - 185/09; 2. VKBund, B. v. 26.3.2003 - Az.: VK 2 - 06/03; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 15.01.2010 - Az.: VgK-74/2009; 1. VK Sachsen, B. v. 09.02.2009 - Az.: 1/SVK/071-08).
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 19.04.2010414541464146/1Der Auftragnehmer kann nur dann im Sinne von <strong>§</strong> 9 Nr. 1 <strong>VOB</strong>/A die Einwirkung des ihmüberbürdeten Wagnisses auf die Preise schätzen, wenn er im konkreten Fall das Risikoselbst abzusehen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Preis zuermessen vermag (OLG Düsseldorf, B. v. 18.11.2009 - Az.: VII-Verg 19/09; B. v.19.10.2006 - Az.: VII - Verg 39/06). Hierzu muss für ihn überschaubar sein, mit welcherWahrscheinlichkeit sich das Wagnis voraussichtlich realisieren und wirtschaftlich für ihnauswirken wird (OLG Düsseldorf, B. v. 09.06.2004 - Az.: VII - Verg 18/04; VK Lüneburg, B.v. 15.05.2008 - Az.: VgK-12/2008; 2. VK Brandenburg, B. v. 08.12.2005 - Az.: 2 VK 72/05;3. VK Bund, B. v. 06.05.2005 - Az.: VK 3 – 28/05).Unter <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A fallen we<strong>der</strong> allgemeine Bauwagnisse noch beson<strong>der</strong>e Wagnisse,die mit einer bestimmten Bauausführung o<strong>der</strong> einem Teil <strong>der</strong>selben ursächlichverbunden sind. Nicht "ungewöhnlich" i. S. des <strong>§</strong> 9 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A sind in <strong>der</strong> Regel auchsolche Wagnisse und Risiken, auf die <strong>der</strong> Auftraggeber ausdrücklich hinweist, so dass<strong>der</strong> Auftragnehmer sich entscheiden kann, ob er sie übernehmen möchte (OLG Naumburg,Urteil vom 15.12.2005 - Az.: 1 U 5/05).Gewöhnliche Wagnisse sind solche, die - wie die Beschaffenheit und Finanzierbarkeit vonMaterialien o<strong>der</strong> technische Schwierigkeiten <strong>der</strong> Ausführung - zum typischen Risikoeines Unternehmers, zu seiner Sphäre, gehören und die im Prinzip von ihm beherrschbarsind (VK Brandenburg, B. v. 30.09.2008 - Az.: VK 30/08).Für die Frage, ob den Bietern in unzulässiger Weise ein ungewöhnliches Kalkulationswagnisaufgebürdet wird, ist insbeson<strong>der</strong>e maßgeblich, welchen Umfang das Risiko hat und wiewahrscheinlich seine Verwirklichung ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, welcheMöglichkeiten Auftraggeber und Auftragnehmer haben, das Risiko zu beherrschen.Schließlich können sich Indizien für ein entsprechendes Wagnis daraus ergeben, dass dasfragliche Risiko den Bietern in <strong>der</strong> Vergangenheit o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Vergabeverfahrennicht aufgebürdet wurde/wird. Schlichte Äußerungen im politischen Raum sind hingegenfür sich genommen nicht geeignet, stichhaltige Anhaltspunkte für o<strong>der</strong> gegen die Annahmeeines ungewöhnlichen Wagnisses im Rahmen <strong>der</strong> rechtlichen Prüfung zu geben (2. VK Bund,B. v. 14.08.2009 - Az.: VK 2 – 93/09).4147Die Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses liegt vor, wenn dem AuftragnehmerRisiken aufgebürdet werden, die er nach <strong>der</strong> in dem jeweiligen Vertragstypüblicherweise geltenden Wagnisverteilung an sich nicht zu tragen hat (LSG Hessen, B. v.15.12.2009 - Az.: L 1 KR 337/09 ER Verg). Zu <strong>der</strong>artigen Umständen und Ereignissenkönnen beispielsweise Beistellungen, <strong>Leistung</strong>en vorgeschriebener Unterauftragnehmer,Ersatzteilbedarf und Wartungsaufwand in <strong>der</strong> Nutzungsphase sowie an<strong>der</strong>e<strong>Leistung</strong>sziele zählen. Zu einem ungewöhnlichem Wagnis wird aber auch in diesen Fällendas dem Auftragnehmer auferlegte Risiko erst dann, wenn es darüber hinaus nach Art <strong>der</strong>Vertragsgestaltung und nach dem allgemein geplanten Ablauf nicht zu erwarten ist und imEinzelfall wirtschaftlich schwerwiegende Folgen für den Auftragnehmer mit sich bringenkann (OLG Düsseldorf, B. v. 19.10.2006 - Az.: VII - Verg 39/06; OLG Naumburg, B. v.05.12.2008 - Az.: 1 Verg 9/08; VK Baden-Württemberg, B. v. 30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08;VK Lüneburg, B. v. 15.05.2008 - Az.: VgK-12/2008; B. v. 12.01.2007 – Az.: VgK-33/2006;B. v. 18.06.2004 - Az.: 203-VgK-29/2004 – für den Bereich <strong>der</strong> VOL/A). Die Vorschriftfindet deshalb von vornherein auf solche Risiken keine Anwendung, die vertragstypischohnehin den Auftragnehmer treffen (OLG Düsseldorf, B. v. 9.7.2003 - Az.: Verg 26/03;
- Seite 1 und 2: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 3 und 4: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 5 und 6: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 7 und 8: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 9 und 10: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 11 und 12: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 13 und 14: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 15 und 16: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 17 und 18: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 19 und 20: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 21 und 22: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 23 und 24: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 25 und 26: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 27 und 28: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 29 und 30: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 31 und 32: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 33: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 37 und 38: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 39 und 40: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 41 und 42: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 43 und 44: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 45 und 46: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 47 und 48: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 49 und 50: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 51 und 52: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 53 und 54: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 55 und 56: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 57 und 58: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 59 und 60: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 61 und 62: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 63 und 64: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 65 und 66: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 67 und 68: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 69 und 70: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 71 und 72: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 73 und 74: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 75 und 76: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 77 und 78: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 79 und 80: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 81 und 82: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 83 und 84: Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 85 und 86:
Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 87 und 88:
Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 89 und 90:
Weyand, Praxiskommentar Vergaberech
- Seite 91 und 92:
Weyand, Praxiskommentar Vergaberech