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Physiologie des Schmerzes Physiologie des Schmerzes

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<strong>Physiologie</strong> hysiologie <strong>des</strong><br />

<strong>Schmerzes</strong><br />

OA Dr Maria Lorünser Lor nser<br />

LKH Bludenz<br />

<strong>Physiologie</strong> hysiologie <strong>des</strong><br />

<strong>Schmerzes</strong><br />

OA Dr Maria Lorünser Lor nser<br />

LKH Bludenz<br />

1


International Association for the<br />

Study of Pain<br />

„„Schmerz Schmerz ist ist ein ein unangenehmes unangenehmes Sinnes-- Sinnes<br />

oder oder Gefüühlserlebnis, Gef hlserlebnis, das das mit mit tatsäächlicher<br />

tats chlicher<br />

oder oder potenzieller potenzieller Gewebeschäädigung<br />

Gewebesch digung<br />

einhergeht einhergeht oder oder von von betroffenen betroffenen Personen Personen<br />

so so beschrieben beschrieben wird, wird, als als wääre w re eine eine solche solche<br />

Gewebeschäädigung Gewebesch digung die die Ursache.““ Ursache.<br />

Schmerz = Gehirnleistung<br />

• Die Empfindung Schmerz Schmerz wird als komplexe<br />

Wechselwirkungen zwischen biologischen,<br />

biologischen,<br />

psychischen<br />

und sozialen Faktoren angenommen (biopsychosoziales<br />

( biopsychosoziales<br />

Schmerzkonzept).<br />

Schmerzkonzept).<br />

• Schmerz ist eine subjektive Wahrnehmung, die nicht<br />

alleine von den neuronalen Signalen aus den<br />

Schmerznervenfasern an das Gehirn bestimmt wird.<br />

Vielmehr sorgen Filterprozesse unseres<br />

Zentralnervensystems dafür, daf r, dass eine körperliche k rperliche<br />

Schädigung Sch digung nicht zwangsläufig zwangsl ufig zu Schmerz führt f hrt<br />

(Stressanalgesie<br />

Stressanalgesie; ; z. B. werden Verletzungen während w hrend eines<br />

Verkehrsunfalls,<br />

Verkehrsunfalls,<br />

Wettkampfes, Wettkampfes,<br />

im Gefecht oder beim<br />

Geschlechtsverkehr oft nicht bemerkt)<br />

• Schmerzen können k nnen auch ohne körperliche k rperliche Schädigung<br />

Sch digung<br />

bestehen (z. B. Phantomschmerz )<br />

2


Subjektivität<br />

Subjektivit<br />

• Schmerz ist demnach das, was der Patient<br />

als solchen empfindet. Dabei kann es zu<br />

Verständigungsschwierigkeit Verst ndigungsschwierigkeit zwischen ihm<br />

und dem Behandelnden über ber das Leiden<br />

kommen, weil es sich um eine stark<br />

subjektiv gefärbte gef rbte Wahrnehmung handelt.<br />

Unabhängig Unabh ngig von der persönlichen<br />

pers nlichen<br />

Fähigkeit, higkeit, sie verständlich verst ndlich und eindeutig<br />

dem Behandelnden mitzuteilen.<br />

Lokalisation Schmerzrezeptoren<br />

• Nervenschmerz,<br />

Nervenschmerz<br />

• Zentralen entralen Schmerz<br />

• Psychosomatischen<br />

sychosomatischen Schmerz<br />

3


Reaktion auf Schmerz<br />

Motorische Reaktionen: Reflexe, bevor Schmerz<br />

empfunden wird<br />

Vegetative Reaktionen: Aktivierung <strong>des</strong> Sympathikus<br />

(höhere Herzfrequenz, Schweißausbruch, Abfall <strong>des</strong><br />

Blutdrucks, stärkere Durchblutung)<br />

Affektive (emotionale) Reaktionen: z.B. Unlust<br />

Sensorische Komponente: Lokalisierung und<br />

Intensität <strong>des</strong> Reizes<br />

Art <strong>des</strong> <strong>Schmerzes</strong><br />

4


Nozizeptoren<br />

• Sie sind die Schmerzrezeptoren <strong>des</strong> Körpers. K rpers. Sie<br />

registrieren eine Verletzung und leiten diese als<br />

elektrischen Impuls an das ZNS weiter.<br />

• Sie reagieren auf Reize von außen au en wie: Druck,<br />

Zug, Hitze oder Kälte. K lte.<br />

• Der Schmerzreiz kann aber auch von innen<br />

kommen. Hier lösen l sen körpereigene<br />

k rpereigene<br />

Entzündungsmediatoren<br />

Entz ndungsmediatoren sogenannte<br />

chemische Schmerzreize aus.<br />

Nozizeptoren<br />

• Hohe Dichte<br />

• In allen Organen außer au er der Leber und<br />

Gehirn<br />

1. Dentriten<br />

2.Zellkörper<br />

3. Axon<br />

4. Zellkern<br />

5


Nozizeptoren<br />

• Freie Nervenendigungen in der Dermis. Dermis.<br />

• Freie Nervenendigungen zeichnen sich durch<br />

eine periphere Endverzweigung aus.<br />

• Sie besitzen eine fenestrierte Ummantelung<br />

aus Schwann-Zellen<br />

Schwann Zellen und weisen zahlreiche<br />

Varikositäten<br />

Varikosit ten (Auftreibungen) auf. Diese<br />

liegen meist in der Nähe N he von Blutgefäß Blutgefäßen<br />

en und<br />

Mastzellen. Mastzellen.<br />

Teilweise dringen sie in die<br />

Epidermis ein.<br />

6


Entzündungssuppe<br />

Histamine,Granulozytenmigration<br />

Bradykinine, Prostaglandine<br />

Sensitivierung<br />

Nozizeptor<br />

Glutamat, Substanz P(aktiviert Mastzellen)<br />

Calcitonin Gen related Peptid (bewirkt Einsprossen von Blutgefäßen, erhöht<br />

Gefäßpermeabilität, Ausschüttung von Proteinen und Flüssigkeit aus dem Blutstrom<br />

Reizleitung<br />

• Trifft auf den präsynaptischen<br />

pr synaptischen Bereich ein<br />

Impuls, werden Neurotransmitter in den<br />

synaptischen Spalt ausgeschüttet.<br />

ausgesch ttet.<br />

• Diese treffen in einem Bruchteil einer Sekunde<br />

auf Rezeptoren auf der anderen Seite <strong>des</strong><br />

Spaltes,wo erneut ein Aktionspotential=Impuls<br />

ausgelöst ausgel st wird.<br />

• Die Neurotransmitter werden dann genauso<br />

schnell wieder neutralisiert<br />

7


Neurotransmitter<br />

• Glutamat gilt als wichtigster<br />

Neurotransmitter in schmerzleitenden<br />

Axonen und zählt z hlt mit Aspartat (NMDA=N NMDA=Nmethyl--DD--Aspartatmethyl<br />

Aspartat) ) zu den exzitatorischen<br />

Aminosäuren. Aminos uren. Sie werden sowohl von<br />

afferenten Fasern als auch von<br />

Rückenmarksneuronen ckenmarksneuronen freigesetzt<br />

Hemmende Transmitter<br />

• Serotonin (55--hydroxytryptamin<br />

hydroxytryptamin), ),<br />

Noradrenalin und Dopamin vermitteln die<br />

<strong>des</strong>zendierende Hemmung im<br />

Rückenmark. ckenmark. Ebenfalls hemmend in<br />

nozizeptiven Neuronen wirken GABA und<br />

Glyzin. Glyzin.<br />

8


• Bei den Neuropeptiden mit hemmender<br />

Wirkung handelt es sich um die<br />

endogenen Opioide (met- (met u. leu- leu<br />

Enkephalin,<br />

Enkephalin,<br />

Dynorphin),<br />

Dynorphin),<br />

Opioid- Opioid<br />

Rezeptoren in Nervensystem wirken.<br />

Nozizeption Nervenleitung<br />

Nociception leitende Fasern: Neurogener Schmerz<br />

A-delta-Faser<br />

Dünn, markhaltig (ca 3-5 µm):<br />

Schnell NLG (5 - 50 m/s)<br />

Erster Schmerz: stechend /<br />

brennend, lokalisierbar<br />

C-Faser<br />

Marklos (ca 1 µm):<br />

Langsam NLG 1 m/s<br />

Zweiter Schmerz bohrend<br />

/ dumpf, nicht lokalisierbar<br />

Doppelschmerzphänomen<br />

9


Fasertyp<br />

Aα<br />

Aβ<br />

Aγ<br />

Aδ<br />

B<br />

C<br />

Funktion<br />

Mot Efferenzen<br />

Druck,Berührung<br />

Druck,Ber hrung<br />

Muskelspindelaffere<br />

nzen<br />

Temp/schneller<br />

Schmerz<br />

SympFasern<br />

prägangl pr gangl<br />

Langs.Schmerz<br />

symp postgangl<br />

D (µm)<br />

15<br />

8<br />

5<br />

3<br />

3<br />

1(marklos)<br />

Schmerz im Rückenmark<br />

R ckenmark<br />

Leitungsgesch<br />

w(m/s)<br />

17 - 120<br />

30 - 70<br />

15 - 30<br />

12 - 30<br />

3 - 15<br />

0,5 - 2<br />

• Aktivität Hinterhornneurone<br />

• 1. afferenten Nervenbahnen<br />

• 2. inhibitorische Interneurone (GABA)<br />

10


Im Rückenmark<br />

R ckenmark<br />

• Exzitatorisch (Glutamat + Substanz P) =><br />

NMDA-Rezeptoren =><br />

• Erregung Hinterhornneurone ↑ =><br />

Schmerz<br />

12


Periph Verletzung<br />

• 1.Gewebsverletzung => Entzündung (ATP(Adenosintriphosphat),<br />

Protone, SauerstoffRadikale, KaliumIonen, Arachidonsäure<br />

(Cyclooxygenase)<br />

• 2. Axonverletzung => Neurogene Enzündung (Prostaglandine,<br />

• proinflamatorische Zytokine, TNF, NGF, Phosphokinase => aktiviert<br />

• Capsain-/ATP-Receptor) =><br />

• Na-Kanäle Aktivierung ↑ + K-Kanälen Aktivierung ↓ =><br />

• Path. Spontanaktivität (Reizschwelle ↓ –> Aktionspotential ↑) =><br />

• Dysästhesien (Aβ) / Druckhyperalgesie (Ad) / Hitzehyperalgesie (C)<br />

• Therapeutisch<br />

• • Cyclooxygenase-Inhibitoren, Glukokortikoide, Capsaicin, Lidocain<br />

• • Antikonvulsiva, Lidocain, trizyklische Antidepressive<br />

Zentrale Sensitivierung<br />

• 5<br />

• Nervenläsion-> Schmerzreize sensibilisieren<br />

Hinterhornneurone<br />

• Inhibitorische Transmitter GABA ↓<br />

• GABA-Rezeptoren ↓, µ-Opioid Rezeptoren ↓<br />

• Nerv Exzitatorische Transmitter (Glutamat + Substanz P)<br />

↑<br />

• Erregbarkeit der Hinterhornneurone ↑ => Schmerz<br />

(NMDA-Rezeptoren) ↑<br />

• Rezeptive Feld ↑ (expression immediate early gene)<br />

• Erregungsschwelle ↓ -> Entladung ↑ (Allodynie)<br />

• Berührungsfasern entwickeln Eigenschaften von<br />

Schmerzfasern durch Neuropeptide + zentr Sensibilis<br />

13


Weg der Schmerzempfindung<br />

• 1. Neuron<br />

• Nozizeptor<br />

• 2. (Projektions-) Neuron<br />

• Hinterhorn (RM)<br />

• 3. Neuron<br />

• Thalamuskerne<br />

• 4. Neuron<br />

• Somatosensorischer Cortex<br />

• Schmerz und wo,wie<br />

Schmerzverarbeitung im Gehirn<br />

• 4.Neuron:Gyrus postcentralis:<br />

Schmerzwahrnehmung<br />

• Limbische System: Emotionale Bewertung<br />

(akut: Insel, ACC,<br />

• langzeit: präf. Cortex)<br />

• Amygdala: Emotionen (Agression)<br />

• Hippocampus: Erinnerungen<br />

• Hypothalamus: Endokrinum<br />

• Thalamus: Relaisstation<br />

14


Kortikale Wahrnehmung Plastizität Plastizit<br />

• Chronische Schmerzreize verändern<br />

die somato-sensorische<br />

Repräsentation, das Körperteil<br />

expandiert in benachbarte<br />

Repräsentationszentren<br />

15


Schmerz im Großhirn Gro hirn<br />

Nozizeptor<br />

Stresshormone,<br />

Sympathikusaktivierung<br />

RR ↑,Herzfrequenz ↑<br />

Schwitzen,<br />

Entzündungsreaktion<br />

Rückenmark<br />

Gehirn<br />

Schmerzverarbeitung<br />

Hypothalamus<br />

Gehirnveränderung<br />

16


Therapie<br />

• Beseitigung der Noxe<br />

• Glucocorticoide („Kortisone Kortisone“ = Steroidale<br />

Antirheumatika) Antirheumatika)<br />

und nichtsteroidale<br />

Antirheumatika hemmen die Entzündung.<br />

Entz ndung.<br />

• Spasmolytika und Metamizol heben<br />

schmerzhafte Verkrampfungen der glatten<br />

Muskulatur auf.<br />

• Nitrate und Molsidomin erweitern die arteriellen<br />

Gefäß Gefäße,<br />

e, verbessern z.B. die Herzdurchblutung<br />

und können k nnen den Ischämie Isch mie-Schmerz Schmerz aufheben<br />

• Lokalanästhetika Lokalan sthetika betäuben bet uben die<br />

Schmerzrezeptoren (Infiltrationsanästhesie).<br />

(Infiltrationsan sthesie).<br />

• Nicht-Opioid<br />

Nicht Opioid-Analgetika Analgetika setzen die Sensibilität Sensibilit t<br />

der Schmerzrezeptoren herab.<br />

• Lokalanästhetika Lokalan sthetika unterbrechen die Weiterleitung<br />

von Schmerzimpulsen in peripheren Nerven<br />

(Leitungsanästhesie) (Leitungsan sthesie) und zentralen<br />

Nervenbahnen (Rückenmarksan<br />

(R ckenmarksanästhesie sthesie<br />

17


Opiate<br />

• Opiatanalgetika hemmen die Weiterleitung von<br />

Schmerzimpulsen im Rückenmark R ckenmark und Gehirn<br />

(Thalamus Thalamus) ) durch Unterstützung Unterst tzung der absteigenden<br />

hemmenden Bahnen. Sie wirken über ber Opioidrezeptoren<br />

(µ, , kappa, kappa,<br />

delta, delta,<br />

tau). Von der aufsteigenden<br />

Schmerzbahn zweigen Fasern ab, die direkt zur<br />

Steigerung von Aufmerksamkeit/Wachheitsgrad und zur<br />

Anregung <strong>des</strong> Herzkreislaufsystems und <strong>des</strong><br />

Atmungssystems führen. f hren. Eine weitere direkte<br />

Verbindung besteht zum limbischen System und den<br />

entsprechenden Emotionen<br />

• Ketamin bewirkt u. a. über ber den NMDA- NMDA<br />

Rezeptor eine dissoziative Analgesie. Analgesie.<br />

• Psychopharmaka (Sedativa wie<br />

Antidepressiva, Benzodiazepine und<br />

Neuroleptika) Neuroleptika)<br />

beeinflussen die<br />

Schmerzverarbeitung im Gehirn<br />

18


SCN9A chanellopathy:<br />

Ein 14-jähriger, pakistanischer<br />

Straßenkünstler wird zur<br />

Hoffnung für Millionen<br />

Er steckte sich Messer durch die Arme, lief über glühende Kohlen und<br />

war <strong>des</strong>wegen in der Gegend für sein “street theatre” allbekannt:<br />

Der Junge “litt”unter einer extrem seltenen, genetischen<br />

Erkrankung, einer Mutation am NaV1.7,<br />

welche ihn für jedweden Schmerz absolut immun machte…<br />

• Pharmaunternehmen weltweit arbeiten jetzt fieberhaft an der<br />

Entwicklung von Substanzen, die genau diesen neuentdeckten<br />

Natrium-Kanal Natrium Kanal blockieren sollen.<br />

• Eine Substanz, die möglicherweise zu den bahnbrechendsten,<br />

medizinischen Veränderungen in unserem Jahrhundert werden<br />

könnte. Und wahrscheinlich jeden Anästhesisten zwangsläufig<br />

arbeitslos machen würde…<br />

19

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