Unmittelbarkeit und Vorrang von EU - Recht vor nationalem Recht ...
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! Entscheidungen des EuGH! 1<br />
<strong>Unmittelbarkeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorrang</strong> <strong>von</strong> <strong>EU</strong> - <strong>Recht</strong> <strong>vor</strong> <strong>nationalem</strong> <strong>Recht</strong><br />
• Van Gend & Loos (Thiele Fall 3-S.102, Pechstein S.62) (unmittelbare Anwendbarkeit) SV: Niederlande<br />
erhob auf bestimmte chemische Erzeugnisse einen Einfuhrzoll <strong>von</strong> 8%. Die Firma Van Gend & Loos berief<br />
sich auf Art. 30A<strong>EU</strong> („Zollunion“). EuGH: hat hier die unmittelbare Wirkung des Vertrages für MS <strong>und</strong> die<br />
Begründung individueller <strong>Recht</strong>e der Einzelnen durch Art. 30A<strong>EU</strong>V bejaht. Anm: EuGH nimmt hier<br />
erstmals Stellung zur unmittelbaren Wirkung. Die <strong>EU</strong>-Verträge binden nicht nur die Mitgliedstaaten selbst,<br />
sondern begründen auch unmittelbar subjektive öffentliche <strong>Recht</strong>e <strong>und</strong> Pflichten, ohne dass es einen<br />
weiteren Ausführungsakt <strong>von</strong> nationalen Behörden oder Gerichten bedarf. „self-executing-Effekt“.<br />
Voraussetzung für die unmittelbare Anwendbarkeit <strong>von</strong> Vertragsbestimmungen: 1) Norm hinreichend<br />
bestimmt <strong>und</strong> formuliert 2) muss dem Staat Handlungs- oder Unterlassungspflichten auferlegen 3) muss<br />
inhaltlich unbedingt sein.<br />
• Costa/ENEL (Pechstein S.1) SV: Italien hat die Erzeugung <strong>und</strong> Verteilung <strong>von</strong> Strom verstaatlicht <strong>und</strong> die<br />
jur. Person ENEL gegründet. Es kam zu einem <strong>Recht</strong>sstreit mit dem Anwalt Cosa bezüglich einer<br />
Stromrechnung. Costa strebte eine Vorabentscheidung, da er meinte dass Artikeln aus dem EWGV<br />
verletzt werden durch diese Verstaatlichung. EuGH: stellte fest, dass die Verstaatlichung eine nach Art. 31<br />
EWGV verbotene Maßnahme darstellt, sofern der Strom tatslächlich für die Ein- <strong>und</strong> Ausfuhr zwischen<br />
Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten <strong>von</strong> Bedeutung sein kann, was das Gericht des Hauptprozesses<br />
festzustellen hat. „...folgt, dass dem Vom Vertrag geschaffenen, somit aus einer autonomen <strong>Recht</strong>squelle<br />
(dies sieht das D-BVerG anders!) fließenden <strong>Recht</strong> wegen dieser seiner Eigenständigkeit keine wie immer<br />
gearteten innerstaatlichen <strong>Recht</strong>s<strong>vor</strong>schriften <strong>vor</strong>gehen können....“ Anm: <strong>Vorrang</strong> <strong>von</strong> Eu-<strong>Recht</strong> <strong>vor</strong><br />
<strong>nationalem</strong> <strong>Recht</strong>. Keine „lex posterior derogat legi priori“-Regelung etc.<br />
• Simmenthal II (Thiele S 123, Pechstein S 3) --> nachlesen im Pechstein. (effet utile <strong>und</strong> Geltungs/<br />
Anwendungs<strong>vor</strong>rang)<br />
Geltung <strong>und</strong> unmittelbare Anwendbarkeit der völkerrechtlichen Abkommen<br />
Betrifft Kapitel „Auswertiges Handeln der Union“ - Gemeinsame Handelspolitik Art 207 A<strong>EU</strong>V<br />
• Kupferberg (Pechstein S. 194) SV: Die Firma Kupferberg aus Portugal fertigte (<strong>vor</strong> dem <strong>EU</strong> Beitritt) eine<br />
Ladung Portwein zum freien Verkehr in D ab. Das D Hauptzollamt erhob dafür den sog. Monopolausgleich<br />
in Höhe der Branntweinsteuer. Kupferberg erhob dagegen Klage <strong>und</strong> das Finanzgericht berief sich auf ein<br />
abgeschlossenes Freihandelsabkommen der <strong>EU</strong> mit Portukal <strong>und</strong> stützte sich auf die unmittelbare<br />
Wirkung <strong>und</strong> Anwendbarkeit der Bestimmung. Es kam zu einem Vorabentscheidungsverfahren. EuGH:<br />
bejahte ebenfalls die unmittelbare Anwendbarkeit, sowie die Geeignetheit, den einzelnen<br />
Wirtschafsteilnehmern <strong>Recht</strong>e zu verleiehn, die <strong>von</strong> den nationalen Gerichten zu schützen sind. Anm: Es<br />
stellte sich hier die Frage, ob das Freihandelsabkommen, das auf Gr<strong>und</strong>lage des Art. 207 A<strong>EU</strong>V<br />
geschlossen worden war, unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht sein kann <strong>und</strong> ob das Abkommen<br />
den einzelnen Marktbürgern <strong>Recht</strong>e verleiehen kann. Dies bejahte der EuGH, es muss allerdings auch<br />
eine unbedingte <strong>und</strong> eindeutige Verpflichtung im Abkommen gegeben sein.<br />
Kompetenzen der Europäischen Union<br />
<strong>EU</strong> + Völkerrecht. Die Vertragsabschließungskompetenzen der <strong>EU</strong><br />
• AETR (Thiele 107+134, Pechstein 173) (AETR <strong>Recht</strong>sprechung -> Anwendungsfall der „implied-powers-<br />
Doktrin) SV: Hier hatte sich der Gerichtshof mit der Frage der Zuständigkeit der <strong>EU</strong> im Verhältnis zu den<br />
MS hinsichtlich des Abschlusses des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit der im<br />
internationalen Straßenverkäehr beschäftigten Fahrzeugbesatzungen zu beschäftigen. Der Rat legte eine<br />
gemeinsame Position fest, welche <strong>von</strong> den MS in den Verhandlungen einnehmen sollte. Die Kommission<br />
erhob Nichtigkeitsklage, da sie meine es handle sich um eine alleinige Kompetenz der <strong>EU</strong>. EuGH die<br />
Klage wurde wegen mangelnder Begründung abgewiesen. Anm: Gr<strong>und</strong>sätzlich hat die <strong>EU</strong> nur solche<br />
völkerrechtliche Vertragsabschlusskompetenzen, welche ausdrücklich in den Verträgen aufgezählt sind.<br />
Unter Inanspruchnahme der „Implied Powers-Doktrin“ (Annexkompetenz) hat der EugH hier in der<br />
AETR <strong>Recht</strong>sprechung eine Parallelität zwischen Innen <strong>und</strong> Außenkompetenz entwickelt, somit nicht nur<br />
die explizit festgelegten Kompetenzen. Damit wurden die Vertragschließungskompetenzen der <strong>EU</strong> grds<br />
auf das gesamte innergemeinschaftliche Tätigkeitsfeld ausgedehnt. (zu klären gilt noch, ob die<br />
Innenkompetenz bereits ausgeübt sein muss für die Außenkompetenz).<br />
DURCH DEN VERTRAG VON LISSABON ist diese Rspr kodifiziert worden in Art 3/2 A<strong>EU</strong>.
! Entscheidungen des EuGH! 2<br />
Unmittelbare Wirkung <strong>von</strong> Richtlinien<br />
• Faccini Dori<br />
• Van Dyn<br />
• Unilever (Thiele S.116) (eine horizontale Wirkung <strong>von</strong> nicht umgesetzten Richtlinien kommt grds nicht zu)<br />
SV: Die italienische Firma Unilvever lieferte an die Firma Central Food r<strong>und</strong> 600 Liter Olivenöl. Allerdings<br />
entsprach d Etikettierung nicht den nationalen Vorschriften. Sie entsprach dagen einer <strong>von</strong> Italien trotz<br />
Fristablauf nicht umgesetzten Richtlinie. Central Food verweigerte die Zahlung mit Hinweis auf die<br />
fehlerhafte Etikettierung. EuGH: gab der Klage Unilevers auf Zahlung dennoch statt. Anm: Es handelt sich<br />
um keine unmittelbare Wirkung. Vielmehr wird auch Central Food zugemutet, sich gegenüber den<br />
Behörden ebenfalls auf die Richtlinie zu berufen.<br />
! In diesem Zusammenhang auch sog RL mit Doppelwirkung beachten: Für einen begünstigend, für<br />
! anderen mittelbar belastend. sehr umstritten. EuGH bejaht eher die Wirkung wg Zwischenschaltung<br />
! eine staatlichen Behörde.<br />
Staatshaftung<br />
• Francovic (Thiele S.117+156; Pechstein S.225+236) SV: Es handelt sich um die Nichtumsetzung einer<br />
Richtlinie, die einen Mindestschutz für Arbeiter bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers <strong>vor</strong>sieht. Erfasst<br />
werden Garantien für Lohnansprüche der Arbeitnehmer. Francovich klagt den italienischen Staat auf<br />
Schadenersatz, nach erfolgloser Zwangsvollstreckung des AG. EuGH: Unmittelbare Anwendung der<br />
Richtlinie ist hier nicht möglich, da die Richtlinie nicht hinreichend bestimmt ist (nicht erkennbar, wer<br />
Schuldner der Garantieansprüche sein soll, nur klar dass Staat Garantiefond einrichten soll). EuGH<br />
entwickelte die Staatshaftung. Erfasst ist auch legislatives Unrecht.<br />
• Köbler (Thiele S.157;Pechstein S.249) SV: Österreichischer Prof. Köbler war insgesammt 15 Jahre<br />
Hochschullehrer <strong>und</strong> beantragte eine besondere Dinstalterszulage, welche nach 15 Jahren zustehen. Der<br />
VerwGH verneinte diese, da Köbler zwischenzeitig auch in Deutschland unterrichtete. EuGH: bejahte im<br />
Zuge des Vorabentscheidungsverfahrens eine gr<strong>und</strong>sätzliche Haftung auch für Gemeinschaftsrechtsverstößen<br />
durch letztinstanzliche Gerichte, im konkreten Fall liege jedoch kein hinreichend<br />
qualifizierter Verstoß <strong>vor</strong>.<br />
EuGH - <strong>Recht</strong>sschutzverfahren<br />
• Plaumann (Thiele S.173; Pechstein S.324) SV: D beantragte bei der Kommission auf Clementinen statt<br />
des gemeinsamen Zolltarifs <strong>von</strong> 13% einen Zolltarif <strong>von</strong> 10% zu erheben. Kommission lehnte dies ab,<br />
dagegen erhob die Firma Plaumann Nichtigkeitsklage. EuGH: hat die Klage mangels individueller<br />
Betroffenheit als unzulässig abgewiesen. --> Plaumann-Formel: Der EuGH hat hier Kriterien entworfen,<br />
die bestimmen wann individuelle Betroffenheit <strong>vor</strong>liegt, welche für natürliche <strong>und</strong> juristische Personen<br />
notwendig ist, um eine Nichtigkeitsklage gem Art 263 A<strong>EU</strong>V zu erheben. “Wer nicht Adressat einer Ent. ist,<br />
kann nur dann geltend machen, <strong>von</strong> ihr individeuell betroffen zu sein, wenn die Ent. ihn wegen best. pers.<br />
Eigenschaften oder esonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen ersonen heraushebender Umstände<br />
berührt <strong>und</strong> ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert, wie den Adressaten.“ -> Vergleich zwischen dem<br />
Kläger <strong>und</strong> den sonstigen Betroffen, Erfordernis „Besonderer Umstände“. (<strong>Recht</strong>sschutzlücken insb. bei<br />
VO, da es hier meist mehr als einen Konkurrenten geben wird <strong>und</strong> es so an der nötigen Individualisierung<br />
fehlt. --> große Kritik an dieser engen Rspr, Forderung der Änderung.) Jetzt Besserung durch<br />
Klagemöglichkeit durch <strong>Recht</strong>sakte mit „Verordnungscharakter“.<br />
• C.I.L.F.I.T (Pechstein S.275) SV: Ein italienisches Gesetz sieht bei der Einfuhr <strong>von</strong> Wolle<br />
ges<strong>und</strong>heitspolizieliche Untersuchungen <strong>vor</strong>, dafür werden vom Ges<strong>und</strong>heitsministerium <strong>von</strong><br />
wollimportierenden Unternehmen entsprechende Untersuchungsgebühren eingehoben. Eine solche Firma<br />
C.I.L.F.I.T hielt dies für unvereinbar mit den Regeln des gemeinsamen Marktes <strong>und</strong> daher für<br />
unanwendbar. Nach zweiter Instanz regte CILFIT eine Vorlageantrag an, das Ges<strong>und</strong>heitsministerium<br />
lehnte dies allerdings ab, da es keine Auslegungszweifel gäbe, da die importierte Wolle in Anbetracht des<br />
klaren Wortlautes eindeutig nicht <strong>von</strong> der betreffenden Marktordnung erfasst werde. EuGH: Ein
! Entscheidungen des EuGH! 3<br />
mitgliedstaatliches Gericht ist selbst dann, wenn die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht erfüllt sind, nicht<br />
zur Einleitung eines Vorabentschedungsverfahrens verpflichtet, wenn eine gesicherte<br />
gemeinschaftsrechtlliche Rectsprechung <strong>vor</strong>liegt, durch welche die betreffende <strong>Recht</strong>sfrage geklärt ist,<br />
oder wenn die richtige Auslegung des Gemeinschaftsrechts so offensichtlich ist, dass kein Raum für<br />
vernünftige Zweifel an der Entsch. der sich stellenden Frage bleibt <strong>und</strong> weder der Gerichtshof selbst, noch<br />
die übrigen Gerichte der Mitgliedstaaten Zweifel an dieser Auslegung haben würden. ----> acte-clairedoctrin<br />
(gilt nur für Auslegungsfragen)<br />
! ! ! ! ! ! FRAGE VON WEISS war hierzu: „CILFIT - Kriterien?“<br />
Warenverkehrsfreiheit<br />
• Dassonville (Pechstein S.427) SV: Händler Dassonville kaufte in Frankreich den aus GB stammenden<br />
„Scotch Whisky“ <strong>und</strong> führte in nach Belgien ein. Es wurden die nach französischen Bestimmungen<br />
entsprechende amtliche Ursprungsbezeichnung aufgeklebt, jedoch verlangten die belgischen Vorschriften<br />
auch eine britische Ursprungsbescheinigung, also aus dem Ursprungsland. Deswegen erhob die<br />
Staatsanwaltschaft gegen Dassonville Anklage. Dassonville trug <strong>vor</strong>, dass diese belgische Regelung eine<br />
Einfuhr aus einem anderen Land als dem Herkunftsland nach Belgien ausschließe, falls dieses Land keine<br />
machden belgischen <strong>Recht</strong>s<strong>vor</strong>schriften über Ursprungsbescheinigungen vergleichbare Regelung kenne,<br />
dies führe zu einer Abschottung des belgischen Marktes. EuGH: „jede Regelung der MS, die geeignet ist,<br />
den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern ist<br />
als Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen“ (Dassonville -<br />
Formel) ---> Beschränkungsverbot<br />
• Keck (Pechstein S.436) SV: Zwei Kaufleute verkauften Waren unter dem Einkaufspreis, was in Frankreich<br />
verboten ist <strong>und</strong> sie wurden deswegen strafrechtlich belangt. Die Kaufleute beriefen sich darauf dass<br />
Billigangebote den Umsatz förderten <strong>und</strong> dass das Verbot den freien Warenverkehr beeinträchtige. EuGH:<br />
Dieser meinte, dass diese Beschränkung mit Art 30A<strong>EU</strong>V vereinbar ist --> Er führt eine Trennung<br />
zwischen produktbezogenen Beschränkungen <strong>und</strong> verkaufsbezogenen Beschränkungen durch. Er nimmt<br />
letztere aus dem Begriff der „Maßnahmen mit gleicher Wirkung“ nach Art. 28 EG heraus <strong>und</strong> schränkt<br />
dadurch die Dassonville - Formel mittels der Keck - Formel ein, sofern sie nicht diskriminierend wirken!!!<br />
• Cassis de Dijon (Pechstein S.464, Rz 795 Streinz) SV: Das Unternehmen REWE aus Köln beantragt die<br />
Einfuhr eines französichen Likörs Cassis de Dijon mit 15-20%Alc. nach Dt. In Fr ist der Likör frei<br />
erhältlich,aber in Dt ist ein Mindestalkoholgehalt <strong>von</strong> etwa 30% für Fruchtliköre <strong>vor</strong>gesehen. Ist das mit der<br />
Warenverkehrsfreiheit vereinbar? EuGH: Diese Beschränkung ist nicht mit Art 30 A<strong>EU</strong>V vereinbar <strong>und</strong><br />
lässt sich mit den RF aus Art 36A<strong>EU</strong>V nicht nicht rechtfertigen. Es wurde eine neue <strong>Recht</strong>sfigur entwickelt<br />
die „zwingenden Erfrodernisse“ --> Cassis - Formel (Erfordernis zur wirksamen steuerlichen Kontrolle,<br />
zum Verbraucherschutz, zum Schutz der Lauterkeit des Handelsverkehrs, dem Umweltschutz) Gilt nur für<br />
unterschiedslose Maßnahmen, bei diskriminierenden Maßnahmen gilt die Dassonville - Formel<br />
uneingeschränkt!! (strittig, ob sie nicht bei mittelbarer Diskriminierung doch gilt --> S.199 Thiele!!) Anders<br />
als nach Art. 36 A<strong>EU</strong>V sind die vom EuGH aufgezählten zwingenden Erfordernisse nicht abschließend!<br />
(besonders häufig die Begründung mit dem Schutz der Verbraucher). Im Konkreten Fall scheiterte aber die<br />
RF an der Verhältnismäßigkeit eines Verkehrsverbotes, da zur Erreichung des Ziels des<br />
Verbraucherschutzes eine angemessene Etikettierung reicht.<br />
• Buy Irish (Pechstein S 424) SV: Die irische Regierung startete 1978 ein Dreijahresprogramm zur<br />
Verbesserung der wirtschaftl. Lage im Land. Im Wesentlichen war die Kampagne darauf gerichtet,<br />
Verbraucher mittels Plakataktionen <strong>und</strong> kostenloser Auskunftservices zum Kauf <strong>von</strong> einheimischer Waren<br />
zu bewegen. Die Kommission sah hierin einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit <strong>und</strong> leitete ein<br />
Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland ein. EuGH: Führte hier aus, dass Maßnahmen nur <strong>von</strong> einem<br />
Hoheitsträger erlassen werden können (keine Drittwirkung im Bereich der Warenverkehrsfreiheit). Weiters<br />
bedarf es keiner tatsächlichen Behinderung des Handels, eine bloße Eignung der Maßnahme genügt. Dies<br />
Maßnahmen sind geeignet, das Handelsvolumen zwischen den MS zu beeinträchtigen.Irland hat somit<br />
durch diese Kampagne gegen seine Verpflichtung aus dem Vertrag verstoßen.<br />
• Mars (Pechstein S.440) SV: Firma Mars vertrieb europaweit in F produzierte Eisriegel mit einer<br />
einheitlichen Verpackung, auf der sich der Aufdruck <strong>von</strong> 10% befand. In D wurde auf Unterlassung wegen<br />
Verstoß gegen das UWG geklagt, da die Werbung irreführend sei da der gekennzeichnete Teil der<br />
Verpackung den Eindruck erwecken könnte, dass der Riegel um diesen Teil vergrößert wurde, was<br />
allerdings deutlich größer war als 10%. EuGH: musst hier die Schnittstelle zwischen Warenverkersfreiheit<br />
<strong>und</strong> grenzüberschreitender Werbung im Binnenmarkt neu definieren: Nationale Werberegelungen haben<br />
oft doppelte Natur - einerseits können sie nur allgemein die auf einem bestimmten Markt herrschenden<br />
Bedinungen regeln - <strong>und</strong> auf der anderen Seite können sie sich auch unmittelbar auf das Produkt
! Entscheidungen des EuGH! 4<br />
auswirken (dh auf seine physische Erscheinung) --> nur in diesem letzen Fall sind die Beschränkungen als<br />
Maßnahmen gleicher Wirkung iS des A<strong>EU</strong>V zu verstehen -> so wurde es hier gewertet.<br />
• Doc Morris (Pechstein S.444) SV: Niederländische Apotheke will in D Arzneimittel direkt an den<br />
Endverbraucher versenden <strong>und</strong> beginnt damit. Deutsche Apothekerverband berief sich auf das<br />
ausdrückliche Verbot des Arzneimittelversandes im AMG. EuGH entschied, dass Versandverbot für nicht<br />
zugelassene Medikamente gerechtfertigt sei, aber nicht für zugelassene Arzneimittel (KEIN<br />
<strong>Recht</strong>fertigungsgr<strong>und</strong>) Anm: EuGH liefert hier einen Beitrag zur Reichweite der Keck-Formel, inwieweit<br />
nationale Regelungen <strong>von</strong> Verkaufsmodalitäten den Absatz der inländischen <strong>und</strong> ausländischen<br />
Erzeugnissen rechtlich wie tatsächlich in der gleiche Weise berühren. (hier gr<strong>und</strong>s. gleiche Behandlung,<br />
aber Ausländer faktisch benachteiligt, da er gar keinen Zugang zum D-Markt dadruch hat!!) faktische<br />
Diskriminierung, da gilt die Dassonville -Formel uneingeschränkt<br />
• Froggy (Thiele Fall 9) SV: Bierexporteur Froggy aus Fr möchte sein Bier in Deutschland unter der<br />
Bezeichnung „Bier“ absetzen. Wird <strong>von</strong> D untersagt, da es nicht dem deutschen Reinheitsgebot<br />
entspreche. EuGH: Ist nicht mit der Warenverkehrsfreiheit (Art 34 ff A<strong>EU</strong>V) vereinbar. --> Daraufhin<br />
wendete sich G aus Deutschland ebenfalls an den EuGH mit der Auffassung, dass das Reinheitsgebot<br />
auch seine <strong>Recht</strong>e verletzte --> EuGH nicht zuständig, da kein grenzüberschrietendes Element --><br />
nationale Behörden (bzw auf verfassungsrechtlicher Ebene,nicht unionsrecht)-->Inländerdiskriminierung<br />
• Spanische Erdbeeren SV: Proteste französicher Bauern richteten sich gegen den Transitverkehr mit<br />
landwirtschaftlichen Erzeugnissen, indem sie die LKWs anhielten <strong>und</strong> auch die Ladung vernichteten sowie<br />
die Händler bedrohten, um so das Angebot zu kontrollieren. Kommission hatte schon Jahre da<strong>vor</strong> Fr<br />
aufgefordert erforderliche Maßnahmen zum Schutz des freien Warenverkehrs zu treffen. Jedoch ohne<br />
Erfolg, die Polizeikräfte blieben untätig. In weiterer Folge rief die Kommission den Gerichtshof an um<br />
feststellen zu lassen, dass Art. 34 A<strong>EU</strong>V verletzt wird. EuGH: Hat hier bestätigt, dass eine Verletzung<br />
durch Unterlassung <strong>vor</strong>liegt. Die MS haben auch Schutzpflichten. --> Schutzpflichtverletzung<br />
Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />
• Bosman (S.213 Thiele, Pechstein S.507, RZ 796 Streinz) SV: Fußballstar Bosman aus Frankreich spielt in<br />
Belgien Fußball. Hier sitzt er ständig auf der Bank da bereits 3 Stammspieler fix spielen <strong>und</strong> dies die<br />
Höchstzahl an Ausländern pro Mannschaft ist, laut den Regeln des europäischen Fußballverbandes. Er<br />
möchte daher nach Ablauf seines Vertrages den Verein wechseln, allerdings ist kein Verein aus anderen<br />
EG-Ländern bereit, die fällige Ablösesumme in Millionenhöhe an seinen „Noch-Verein“ zu bezahlen. Daher<br />
wendet er sich zum EuGH <strong>und</strong> behauptet, dass beide Regelungen (Höchstzahl <strong>von</strong> Ausländern <strong>und</strong><br />
Ablösesumme) gegen den Art. 45 A<strong>EU</strong>V verstoßen. EuGH: Beschränkungsverbot auch im Bereich der<br />
Arbeitnehmerfreizügigkeit, nicht nur für Diskriminierung: „Bestimmungen, die einen Staatsangehörigen<br />
eines Mitgliedstaats daran hindern oder da<strong>von</strong> abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um <strong>von</strong> seinem<br />
<strong>Recht</strong> auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen ..... Beenträchtigungen dieser Freiheit dar, auch<br />
wenn sie unabhängig <strong>von</strong> der Staatsanghörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden.“<br />
Weiters ist die Entscheidung wichtig für die Frage einer Drittwirkung: Hier stellte der EuGH fest, dass Art<br />
45 A<strong>EU</strong> nicht nur für behördliche Maßnahmen gilt, sondern auch auf Vorschriften anderer Art erstreckt, die<br />
zur kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit dienen. (noch weiter geht die <strong>Recht</strong>ssache Angonese). Da<br />
auch die Privatautonomie beachtet werden muss, gilt für private AG nur das Diskriminierungsverbot.<br />
• Angonese (Pechstein S.498) SV: Italienischer Staatsangehöriger deutscher Muttersprache hat sein<br />
Studium in Ö absolviert. Er hat sich um eine Arbeitsstelle bei der der beklagten privaten Bank in Bozen<br />
beworben, welche Zweisprachigkeit (deutsch/iatlienisch) mit einem Diplom der öffentlichen Verwaltung in<br />
Bozen verlangte. Die Bewerbung des Klägers wurde abgewiesen, da er diese Bescheinigung nicht<br />
beibrachte. Der EuGH sah in der Beschränkung des Nachweises der Spracheknntnisse auf eine einzige<br />
Bescheinigung, die in einer einzigen Provinz eines Mitgliedstaats ausgestellt wird, einen Verstoß gegen die<br />
Arbeitnehmerfreizügigkeit. --> Verpflichtung privater aus den Gr<strong>und</strong>freiheiten, unmittelbare Drittwirkung.<br />
Geht weiter als <strong>Recht</strong>ssache Bosman, da hier nicht nur Verbände, sondern auch private Arbeitgeber. Aber<br />
auch hier nur für das Diskriminierungsverbot, nicht für Beschränkungen! (Wäre zu weiter Eingriff in die<br />
Privatssphäre. Nur bei staatlichen Maßnahmen <strong>und</strong> bei kollektiven Regelungen!!!)<br />
Niederlassungsfreiheit:
! Entscheidungen des EuGH! 5<br />
• Gebhard (Pechstein S.556) SV: Der deutsche <strong>Recht</strong>sanwalt Gebhard war seit 1977 in D als Anwalt<br />
zugelassen. 1989 eröffnete er auch in Mailand eine Kanzlei. In einem Disziplinarverfahren wurde ihm die<br />
Ausübung für 6 Monate untersagt, weil er unberechtigterweise den Titel „avvocato“ geführt habe.<br />
Hiergegen <strong>und</strong> wegen eines nicht beschiedenen Antrags auf Zulassung als <strong>Recht</strong>sanwalt, bracht Gebhard<br />
Klage ein. EuGH: hat die Voraussetzungen aufgezeigt, an denen die Beschränkungen der<br />
Niederlassungsfreiheit zu messen sind, welche die Ausübung dieser Freiheit „beschränken oder weiniger<br />
attraktiv machen“. Solche Beschränkungen sind nur möglich, wenn sie:<br />
1) nichtdiskriminierend sind<br />
2) aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind<br />
3) <strong>und</strong> verhältnismäßig sind<br />
Dies wird als Gebhard - Formel bezeichnet <strong>und</strong> dadurch hat der EuGH auch für die Niederlassungsfreiheit<br />
das Diskriminierungsverbot auf ein Beschränkungsverbot ausgeweitet!!! Somit eine Gleichstellung wie bei<br />
Warenverkehrsfreihet! (Dassonville Formel), Einschränkung der Keck Formel wurde adaptiert <strong>und</strong> so auch<br />
hier möglich!<br />
Auch zwingende Erfordernisse nach der Cassis Formel!<br />
Dienstleistungsfreiheit:<br />
• Laserdrome Urteil (Thiele S.208) SV: D hielt das „gespielte Töten“ mit Lasern in extra dafür<br />
<strong>vor</strong>gesehenen Hallen für unvereinbar mit der Menschenwürde. In anderen Ländern ist das Spiel allerdings<br />
erlaubt. Frage der Vereinbarung des Verbots mit den Gr<strong>und</strong>freiheiten (konkret Dienstleistungsfreieheit).<br />
EuGH: Entschied, dass auf <strong>Recht</strong>fertigungsebene dieses Verbot gem Art 36 A<strong>EU</strong>V gerechtfertigt ist „aus<br />
Gründen der öffentlichen Ordnung“. ---> es zeigt die Tendenz, dass nationale Besonderheiten<br />
berücksichtigt werden (in diesem Fall wird die Menschenwürde der Mitgliedstaaten geachtet, der Maßstab<br />
kann <strong>von</strong> Staat zu Staat unterschiedlich sein!)