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Ökonomische Analyse des Rechts - Fakultätsvertretung Jus ...

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www.fvjus.at<br />

info@fvjus.at<br />

Pbb. Verlagspostamt 1090 Wien | Nummer 04/12 | ZNr. 11Z038964M<br />

Mai 2012<br />

Zeitung der <strong>Fakultätsvertretung</strong> <strong>Jus</strong><br />

© madochab | photocase.com<br />

<strong>Ökonomische</strong><br />

<strong>Analyse</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Rechts</strong><br />

Seite 10 – 11<br />

Seite 5<br />

Studienbeihilfe<br />

Seite 12 – 14<br />

Interview mit Max Schrems<br />

Der Initiator von „europe vs facebook“ im Gespräch<br />

Seite 22<br />

Univ. Prof. Simon im Gespräch<br />

Mit freundlicher Unterstützung der


Inhalt<br />

Mai 2012<br />

Seite 7<br />

Seite 8 Seite 12<br />

Seite 3<br />

Leitartikel | Ein Jahr nach den ÖH-Wahlen<br />

Seite 4<br />

Faculty | Erfreuliche Veränderungen<br />

Seite 15<br />

ELSA Summer Law School<br />

Seite 16|17<br />

WFK Mediation<br />

Editorial<br />

Seite 5<br />

Soziales | Studienbeihilfe<br />

Seite 6<br />

Fachbibliothek | Swisslex<br />

Seite 7<br />

AbsolventInnenecke | Praxisbericht<br />

Seite 8|9<br />

Juridicum Journal<br />

Seite 10|11<br />

Die Macht der <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

Seite 12|14<br />

Interview Max Schrems<br />

Impressum<br />

Seite 18<br />

WFK Strafjustiz<br />

Seite 19<br />

Rezensionen<br />

Seite 20|21<br />

LL.M. Europäisches und Internationales<br />

Wirtschaftsrecht<br />

Seite 22<br />

Prüfer im Gespräch | Prof. Simon<br />

Seite 23<br />

News & Termine<br />

Juristl – Zeitung der <strong>Fakultätsvertretung</strong> <strong>Jus</strong> | Nr. 04/12 | ÖH Uni Wien, Spitalgasse 2, Hof 1, 1090 Wien | Chef redakteur<br />

Andreas Pacher | Anzeigen Claire-Sophie Mörsen | Graphische Gestaltung Cornelia Zelinka | Layout Andrea Krahofer |<br />

Fotos Redaktion, Andrea Krahofer | MitarbeiterInnen Mag. Simone Gloria Engelbrechtsmüller, Georg Gutfleisch, Veronika<br />

Hoppichler, Peter K., Claire-Sophie Mörsen, Teresa Schön, Mag. Isabella Wladar, Mag. Mona Zaher | Herstellung Druckerei<br />

Berger & Söhne GmbH | Offenlegung gem. §25 MedienG: Grundlegende Richtung: Information der Studierenden der rechtswissenschaftlichen<br />

Fakultät über aktuelle politische, gesellschaftliche und studienspezifische Themen.<br />

Eine seltsame Rückmeldung erhielt ich bezüglich<br />

jenes Interviews aus der letzten Ausgabe, in welchem<br />

vom unseriösen Networking, vom abschreckenden<br />

Karrierismus-Begriff und von einer drückenden<br />

Arbeitslosigkeit unter JuristInnen die<br />

Rede war: Es sei – so lautete der Vorwurf – für<br />

junge ambitionierte StudentInnen niederschmetternd,<br />

derartiges lesen zu müssen. Dieses<br />

Feedback war denkwürdig, und ich erwiderte nur,<br />

dass zwar nicht die Absicht bestehe, das Juristl zu<br />

einem Hort <strong>des</strong> Pessimismus zu konzipieren –<br />

andererseits solle es auch nicht bloß mit Er -<br />

bauungs literatur für <strong>Jus</strong>studierende gefüllt sein.<br />

Vielmehr schätzt die Redaktion eine Vielfalt an<br />

Lebenserfahrungen aus Studium, Beruf und Praxis,<br />

weswegen an dieser Stelle auch ihr, liebe<br />

Leserinnen und Leser, gebeten seid, euch an die<br />

Redaktion zu wenden, falls ihr den Wunsch hegt,<br />

selbst etwas <strong>Rechts</strong>- oder Studienbezogenes zu<br />

veröffentlichen. Mag der Artikel fachlich oder<br />

feuilletonistisch, positiv oder pessimistisch sein –<br />

die Redaktion freut sich über jede Willfährigkeit<br />

und dankt für jede neue Schreibkraft!<br />

Euer Andreas (Chefredakteur)<br />

andreas.pacher@fvjus.at<br />

2 Juristl | Mai 2012


leitartikel<br />

Ein Jahr nach den ÖH-Wahlen –<br />

und wie stehen wir da?<br />

Vor beinahe einem Jahr (24. – 26. Mai 2011) fanden<br />

die letzten ÖH-Wahlen statt. Jene Wahlen, im Zuge<br />

derer die Studierenden der Österreichischen Hochschulen<br />

die Personen gewählt haben, welche sie vor<br />

ProfessorInnen in Unigremien und ihre Interessen<br />

auch darüber hinaus in den ÖH-Gremien und vor der<br />

Bun<strong>des</strong>politik vertreten sollen. Auf einem separaten<br />

Zettel galt es den Namen einer Fraktion anzukreuzen.<br />

Damals wurden am Juridicum mit eindeutigen<br />

Stimmmehrheiten die Studienver treter kandidatInnen<br />

der AktionsGemeinschaft ge wählt.<br />

Studentische Interessenvertretung funktioniert jedoch<br />

auf mehreren Ebenen. Zum einen innerhalb der ÖH<br />

(auf Ebene der FV, der Universitätsvertretung und der<br />

Bun<strong>des</strong>vertretung), wie auch in universitären Gremien<br />

(Senat, <strong>Rechts</strong>mittelkommission, Curricularkommission).<br />

Vor allem in großen grundsätzlichen Fragen sind die<br />

Bun<strong>des</strong> -ÖH, die Universtitäsvertretung und die FV <strong>Jus</strong><br />

unterschiedlicher Meinung. Unter anderem wohl aufgrund<br />

der unterschiedlichen fraktionellen Besetzung<br />

oder aber, weil primär auf unterschiedliche Interessensgruppen<br />

Bezug genommen wird.<br />

Drittmitteln ihrer Ansicht nach eine sinnvolle, alternative<br />

Option zu Studiengebühren seien, befürworteten<br />

64,34 % <strong>des</strong>selben Personenkreises. 34,06 % beantworteten<br />

diese Fragestellung mit „Nein“.<br />

Meine persönliche Meinung zu beiden Themen ist in<br />

beiden Fragen ein wenig divergent, aber nicht relevant.<br />

Ich spreche mich im Namen der Studierenden unserer<br />

Fakultät gegen die Einführung von Studiengebühren an<br />

der Universität Wien aus.<br />

Dennoch ist mir bewusst, dass die Universität Wien,<br />

ebenso wie alle anderen Hochschuleinrichtungen chronisch<br />

unterfinanziert ist. Diese Situation wird sich in<br />

den nächsten Jahren nicht von selbst oder durch staatliche<br />

Eigeninitiative ändern. Die Umstellung <strong>des</strong><br />

Bachelor-Studienganges Internationale Entwicklung<br />

auf einen Master-Studiengang ist nur ein Zeichen<br />

dafür, wie nahe die Universität Wien mit ihren<br />

Ressourcen an einem Ende ist. Wir haben das Problem,<br />

dass unsere Universitäten unterfinanziert sind, und wir<br />

als ÖH haben das Problem, uns nicht einheitlich für<br />

eine realistische und realisierbare Lösungsmöglichkeit<br />

aussprechen zu können.<br />

Claire-Sophie Mörsen<br />

Vorsitzende<br />

claire@fvjus.at<br />

www.fvjus.at<br />

Die FV <strong>Jus</strong> am Wiener Juridicum stellt beispielsweise<br />

die Interessen der <strong>Jus</strong>studierenden in den Mittelpunkt<br />

ihrer Handlungs- und Aktionsweise. Auf sie bezieht sie<br />

sich in ihrer Arbeit.<br />

Umfrageergebnisse:<br />

Studienbegühren<br />

Zuletzt hat das Vorsitzteam der FV <strong>Jus</strong> eine Umfrage an<br />

alle <strong>Jus</strong>studierenden ausgesendet, um ein tatsächliches<br />

Bild von deren Meinung und Wünschen in Bezug auf<br />

deren Vertretung zu erfassen. Es nahmen ca. 17 % aller<br />

Inskribierten an dieser Umfrage teil.<br />

1694 Studierende – eine doch repräsentative Zahl –<br />

haben ihre Meinung zu folgenden Fragen ausgedrückt:<br />

• Studiengebühre Ja /Nein<br />

• In welcher Höhe<br />

• Drittmittelfinanzierung als Alternative Ja/Nein<br />

Die Bun<strong>des</strong>-ÖH spricht seit Jahren mit diversen<br />

BildungsministerInnen und hat nicht erreicht, dass das<br />

Budget für den Bildungssektor hinaufgesetzt wird. Ich<br />

schätze, die Chancen, dies nun zu ändern, nicht für<br />

realistisch ein. Daher spreche ich mich vor allem für<br />

eines aus: akute, lösungsorientierte Aktionsweise.<br />

Irgendetwas muss jetzt anders getan werden als in den<br />

vergangenen Jahren, denn wir wollen, dass sich jetzt<br />

etwas an der universitären und studentischen Situation<br />

ändert, die sich in den letzten Jahren so massiv verschlechtert<br />

hat.<br />

Gemeinsames, rationales, überlegtes Argumentieren<br />

von Lösungsvorschlägen, Ideen und Plänen auf allen<br />

Ebenen der ÖH erscheint mir an dieser Stelle als einziges<br />

noch aussichtsreich. Denn es ist das Einzige, was<br />

wir noch nicht versucht haben.<br />

facebook.com/FV<strong>Jus</strong><br />

Das Ergebnis darf ich an dieser Stelle nennen: 63,93 %<br />

der Studierenden am Juridicum sprechen sich gegen<br />

Studiengebühren, 34,89 % dafür aus. Wobei sich die<br />

optional gewünschte Höhe zwischen 200 und 400<br />

Euro ansiedelt.<br />

Die Frage, ob die Finanzierung der Universitäten aus<br />

Juristl | Mai 2012<br />

3


Faculty<br />

Erfreuliche Veränderungen bei<br />

UNIVIS und STEOP<br />

Abmeldung von Prüfungen<br />

Für den April-Termin gibt es sehr erfreuliche Änderungen<br />

bei der Abmeldung von Modulprüfungen. Es ist<br />

nun ab sofort möglich, sich bis zwei Werktage vor einer<br />

schriftlichen Prüfung online über das UNIVIS-System<br />

(https://univis.univie.ac.at) abzumelden.<br />

Bei mündlichen Prüfungen kannst Du Dich bis zwei<br />

Werktage vor Beginn der Prüfungswoche unter https://<br />

univis.univie.ac.at ODER Dich bis einen Werktag vor<br />

der mündlichen Modulprüfung im Sekretariat <strong>des</strong><br />

jeweiligen Instituts abmelden.<br />

infos:<br />

• Abmeldung von schriftlichen Prüfungen: bis 2<br />

Werktage vor der Prüfung über UNIVIS<br />

• Abmeldung von mündlichen Prüfungen: bis 2<br />

Werktage vor Beginn der Prüfungswoche oder bis 1<br />

Werktag vor der Prüfung im Sekretariat <strong>des</strong> Instituts<br />

Die Weitermeldung bei negativen Prüfungsergebnissen<br />

zum darauffolgenden Prüfungstermin wurde nun endgültig<br />

abgeschafft. Sollte das Ergebnis bis zum Ende<br />

der Anmeldefrist noch nicht da sein, Du aber dennoch<br />

zum nächsten Termin zur Prüfung antreten möchtest,<br />

musst Du die Anmeldung online im UNIVIS bis zum<br />

Status „anlegen“ durchführen.<br />

Verschwundene Prüfungsanmeldungen<br />

Seit der Einführung <strong>des</strong> UNIVIS–Anmel<strong>des</strong>ystem gab es<br />

einige Probleme mit scheinbar „verschwundenen“<br />

Prüfungsanmeldungen. Nach einigen Gesprächen mit<br />

dem Studienservicecenter wurde mir versichert, dass<br />

das System hundertprozentig sicher ist und es nicht<br />

sein kann, dass Anmeldungen „verschwinden“. Eine<br />

mögliche Erklärung für diese Probleme kann eine zu<br />

früh beendete Anmeldung sein. Zur Erinnerung daran,<br />

wie man sich richtig anmeldet, fin<strong>des</strong>t Du auf unserer<br />

Homepage ein Video, in dem Schritt für Schritt der<br />

Anmeldevorgang gezeigt wird. Versichere dich nach<br />

der Anmeldung immer, ob Du sie wirklich abgeschlossen<br />

hast. Das kannst Du am besten tun, indem Du Dich<br />

vom System abmel<strong>des</strong>t, nach ca. zehn Minuten wieder<br />

einsteigst und kontrollierst, ob Deine Anmeldung noch<br />

vorhanden ist. Ein guter Tipp ist es auch, am letzten Tag<br />

der Anmeldefrist nochmals einzusteigen und erneut zu<br />

überprüfen, ob die Vormerkung zur Modulprüfung<br />

wirklich vorhanden ist.<br />

Achte bitte darauf, dass Du Dich immer auf einem<br />

Gerät mit stabiler Internetverbindung anmel<strong>des</strong>t, und<br />

benutze für die Prüfungsanmeldung, wenn möglich,<br />

kein Smartphone.<br />

3. Antritt in STEOP – Eingangsphase<br />

Endlich wurde im Senat der Universität Wien eine<br />

Entschärfung der Eingangsphase beschlossen. Für<br />

uns am Juridicum bedeutet das, dass man nun einen<br />

zusätzlichen Antritt entweder für die Modulprüfung<br />

Einführung oder für die STEOP–Pflichtübung hat.<br />

Diesen Antritt darf man allerdings erst wahrnehmen,<br />

wenn eine der beiden Voraussetzungen bereits positiv<br />

abgeschlossen wurde.<br />

Solltest Du schon exmatrikuliert worden sein, musst Du<br />

Dich jetzt noch innerhalb der Zulassungsfrist neu an<br />

der Universität Wien inskribieren und Dich dann an das<br />

Dekanat wenden, um Dir etwaige schon positiv absolvierte<br />

Leistung wieder eintragen zu lassen.<br />

Neue PrüferInneneinteilungen<br />

Neue Einteilungen gibt es im Bürgerlichen Recht mündlich<br />

ab Oktober 2012. Bitte beachte, dass ab diesem<br />

Prüfungstermin jene PrüferInnen, die schriftlich zur FÜM<br />

II eingeteilt sind, zu diesem Termin auch mündlich prüfen<br />

werden! Die ErsatzprüferInnenregelung ist damit nun für<br />

beide Fächer der FÜM II abgeschafft. Als ErsatzprüferIn<br />

bei sonstiger Verhinderung kommen jeweils die drei in<br />

der Liste nachfolgenden PrüferInnen zum Einsatz.<br />

achtung!<br />

Ab dem Prüfungstermin Oktober 2012 prüfen die<br />

PrüferInnnen, die zur schriftlichen MP FÜM II eingeteilt<br />

sind auch Bürgeliches Recht mündlich und<br />

Unternehmensrecht mündlich.<br />

Bitte beachte auch, dass es bei der PrüferInneneinteilung<br />

der FÜM I eine Änderung für den Juni-Termin gegeben<br />

hat. Auch im Verfassungsrecht (ab November 2012) bei<br />

der FÜM III (für das WS 2012/13 und SS 2013) und bei<br />

den jeweiligen Prüfungskommissionen mündlich und<br />

schriftlich für das WS 2012/13 und SS 2013 gibt es<br />

neue Einteilungen.<br />

Die genauen Zuteilungen der Buchstabengruppen<br />

kannst Du auf unserer Website einsehen.<br />

Ich wünsche allen weiterhin viel Erfolg!<br />

Teresa Schön<br />

Kuriensprecherin<br />

teresa.schoen@fvjus.at<br />

Um böse Überraschungen zu<br />

vermeiden, kontrolliere am<br />

letzten Tag der Anmeldefrist, ob<br />

Du im UNIVIS für die Modulprüfung<br />

vorgemerkt bist!<br />

4 Juristl | Mai 2012


Soziales<br />

Studienbeihilfe<br />

Grundsätzlich sind deine Eltern gesetzlich dazu verpflichtet,<br />

für deinen finanziellen Bedarf bis zur<br />

Erreichung deiner Selbst erhaltungsfähigkeit aufzukommen.<br />

Sind deine Eltern aufgrund ihrer Einkommens<br />

situation nicht in der Lage, die Kosten, die<br />

mit dem Studium verbunden sind, zu tragen, besteht<br />

ein <strong>Rechts</strong>anspruch auf staatliche Studien beihilfe. Es<br />

ist also einen Versuch wert, den Antrag auf Studienbeihilfe<br />

zu stellen!<br />

Voraussetzungen für den Bezug<br />

Einen Anspruch auf Studienbeihilfe haben österreichische<br />

Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie<br />

„gleichgestellte AusländerInnen und Staatenlose“ (§ 4<br />

StudFG). Um Studienbeihilfe beziehen zu können,<br />

musst du sozial förderungswürdig sein und einen günstigen<br />

Studienerfolg nachweisen können.<br />

Bestimmungsfaktoren für die soziale Förderungswürdigkeit<br />

sind Einkommen, Familienstand und Familien<br />

größe. Für den günstigen Studienerfolg musst du<br />

Folgen<strong>des</strong> nachweisen: Für die ersten beiden<br />

Studiensemester musst du die Aufnahme als ordentlicher<br />

Studierender nachweisen. Spätestens bis zum<br />

Ende der Antragsfrist für das dritte Semester musst du<br />

Studienerfolgsnachweise (Diplomstudium: 30 ECTS-<br />

Punkte oder 14 Semester stunden) vorlegen. Sonst<br />

musst du die erhaltene Studienbeihilfe zurückzahlen!<br />

Die Anspruchsdauer beträgt die Min<strong>des</strong>tdauer <strong>des</strong><br />

Abschnitts plus ein Toleranzsemester. Es gibt folgende<br />

Gründe für die Verlängerung der Anspruchsdauer:<br />

Krankheit, Schwangerschaft, Pflege und Erziehung<br />

eines Kin<strong>des</strong> in den ersten 6 Lj, Behinderung, Präsenzoder<br />

Zivildienst, ein unvorhergesehenes oder unabwendbares<br />

Ereignis, das den Studienerfolg nachweislich<br />

beeinträchtigt hat, Auslandsstudium, überdurchschnittlich<br />

aufwendige Diplomarbeit oder Dissertation,<br />

außergewöhnliche Studien be lastung. Wenn einer dieser<br />

Gründe vorliegt, kann dir auf Ansuchen die<br />

Studienbeihilfe für ein weiteres Semester bewilligt<br />

werden.<br />

Außerdem musst du das Studiums vor dem 30. Lebensjahr<br />

beendet haben (Ausnahmen bestehen bei Selbsterhalter/innen,<br />

Studierende mit Kindern und behinderte<br />

Studierende sowie bei Aufnahme eines Masterstudiums).<br />

Um Studien beihilfe beantragen zu können,<br />

darfst du noch keine gleichwertige Ausbildung im Inoder<br />

Ausland absolviert haben. (Ausnahmen für Kurzstudien<br />

und Doktorats- sowie Masterstudien.)<br />

Weiters muss der erste Abschnitt innerhalb der doppelten<br />

vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines<br />

Semesters absolviert werden, damit für die weiteren<br />

Abschnitte noch ein Anspruch auf Studienbeihilfe<br />

besteht.<br />

Höhe der Studienbeihilfe<br />

Die mögliche Höchststudienbeihilfe beträgt für<br />

Studierende, die am Wohnort der Eltern studieren, 475<br />

Euro monatlich. Studierende, die am Studienort wohnen<br />

müssen (sowie Selbst erhalter/innen, verheiratete<br />

Studierende, Vollwaisen, Studierende mit Kind) erhalten<br />

bis zu 679 Euro im Monat. Dieser Höchstbetrag<br />

vermindert sich um die zumutbare Unter haltsleistung<br />

der Eltern und – bei Verheirateten – der Ehegattin/<strong>des</strong><br />

Ehegatten sowie um die Überschreitung der Verdienstgrenze<br />

(8000 Euro). Außerdem werden die Familienbeihilfe<br />

und der Kinderabsetzbetrag abgezogen!<br />

Antrag<br />

Anträge auf Studienbeihilfe kannst du innerhalb eines<br />

bestimmten Zeitraumes stellen, die Antragsfrist für das<br />

Sommersemester ist vom 20. Februar bis 15. Mai.<br />

Stellst du den Antrag außerhalb der Antragsfrist, wird<br />

er zwar entgegengenommen, die Bewilligung erfolgt<br />

dann ab dem Folgemonat und nicht rückwirkend.<br />

Zuständig sind die Stipendienstellen der Studienbeihilfen<br />

behörden. Die Antragsformulare erhältst du im<br />

Sozialreferat der ÖH, bei der jeweils zuständigen<br />

Stipendienstelle der Studien beihilfenbehörde oder<br />

online unter www.stipendium.at. Du kannst auch einen<br />

Online Antrag mittels BürgerInnenkarte auf help.gv.at.<br />

Stellen!<br />

Studienwechsel aufgepasst<br />

Wenn du öfter als zweimal dein Studium wechselst,<br />

verlierst du den Anspruch auf Studien beihilfe für immer.<br />

Ein Studienwechsel nach Absolvierung von mehr als<br />

zwei Studiensemestern führt zu einem vorübergehenden<br />

Anspruchs verlust.<br />

Veronika Hoppichler<br />

Sozialsprecherin der FV <strong>Jus</strong><br />

veronika.hoppichler@fvjus.at<br />

www.stipdendium.at<br />

www.stipendienrechner.at<br />

Juristl | Mai 2012<br />

5


ibliothek<br />

Swisslex<br />

Während ich diesen Beitrag schreibe, findet gerade<br />

das Finale <strong>des</strong> „International Arbitration Moot-<br />

Court“ im Juridicum statt. Das erinnert mich wie<br />

je<strong>des</strong> Jahr daran, dass unsere Wissenschaft immer<br />

internationaler wird. Dabei gibt es einerseits<br />

Bestrebungen zur <strong>Rechts</strong>verein heitlichung, andererseits<br />

aber auch immer wieder trennende Elemente<br />

und Unterschiede, wie der Fall <strong>des</strong> dänischen Vaters<br />

zeigt, der seinen Sohn aus Österreich „entführte“,<br />

weil er nach dänischem Recht das alleinige<br />

Sorgerecht hat, die Mutter aber ebenso selbiges<br />

nach österreichischem Recht.<br />

Es liegt mir fern, hier auf irgendeine Art moralisch zu<br />

werten – aber welches Recht zur Anwendung kommen<br />

wird, ist eine spannende juristische Frage, die uns<br />

sicher noch längere Zeit medial beschäftigen wird. Eine<br />

Datenbank zum dänischen Recht haben wir aber leider<br />

momentan nicht.<br />

Ein anderes topaktuelles Thema ist die „Steuerreform“,<br />

besser bekannt als „Sparpaket“. Ein wichtiger Aspekt<br />

dabei ist der Focus auf all das Geld, das illegal in die<br />

Schweiz geschafft wurde. Was das schweizerische<br />

Recht betrifft, so verfügen wir allerdings über eine<br />

juristische Datenbank, die ich Ihnen heute kurz vorstellen<br />

möchte.<br />

https://swisslex.ch/<br />

Unter dieser URL finden Sie im IP-Range der Universität<br />

Wien besagte Datenbank zum schweizerischen Recht.<br />

Für diejenigen unter Ihnen, die viel Zeit haben, empfiehlt<br />

es sich, zur Verwendung der Datenbank die<br />

Tutorials anzuschauen. Da diese als YouTube-HD-<br />

Videos ablaufen und somit der Ton wesentlicher<br />

Bestandteil der Präsentation ist, ersuche ich Sie im<br />

Interesse der anderen Studierenden, Kopfhörer zu verwenden.<br />

Für diejenigen, die eine konkrete Zeitschrift oder ein<br />

bestimmtes Buch suchen, steht ganz oben der Reiter<br />

„Publikationsliste“ zur Verfügung. Klicken Sie dort und<br />

es öffnet sich ein Pop-Up, bei dem Sie dann zwischen<br />

Zeitschriften, <strong>Rechts</strong>prechung und Büchern / Kommentaren<br />

wählen können. Dort können Sie dann entweder<br />

direkt aus einer Titelliste (Zeitschriften) oder nach<br />

Fachgebieten sortiert in einer solchen ein Medium<br />

auswählen. Alle Dokumente sind übrigens Volltext und<br />

zitierfähig abrufbar. Sie können sich auch von jedem<br />

Dokument ein Pdf-Format erzeugen lassen. Dieses<br />

können Sie dann einfach abspeichern.<br />

Achtung: Wenn Sie aus dem Pop-Up heraus ein<br />

Dokument öffnen, geschieht dies im Hintergrund auf<br />

der zuerst angewählten Seite von Swisslex – das ist<br />

anfangs etwas irritierend.<br />

Wie suchen?<br />

Nun aber zur interessantesten Variante, um an<br />

Informationen aus dieser Datenbank zu gelangen: die<br />

normale Suche. Gleich auf der Startseite links oben<br />

finden Sie die Schnellsuche. Geben Sie hier beispielsweise<br />

den Begriff „Sportler“ ein und starten Sie die<br />

Suche. Sie erhalten jetzt eine Trefferliste mit Beiträgen,<br />

in denen der Begriff „Sport“ im Wortstamm enthalten<br />

ist. Eine Trunkierung oder ähnliches ist daher nicht<br />

notwendig. Besonders erfreulich ist, dass der Begriff<br />

automatisch in weitere Dokumentensprachen übersetzt<br />

wird, soweit Sie diese Funktion nicht deaktiviert haben.<br />

Das sehen Sie gut, wenn Sie auf der Startseite auf<br />

„Suchen“ links oben klicken.<br />

Dort geht es dann auch zur erweiterten Suche, die es<br />

ermöglicht, den Suchbegriff mit einem oder mehreren<br />

bestimmten <strong>Rechts</strong>gebieten zu verknüpfen. Wenn ich<br />

jetzt beispielsweise den Begriff „Sportler“ mit der<br />

Gruppe Wettbewerbsrecht verknüpfe, erhalte ich etwas<br />

mehr als 300 Treffer. Das ist allerdings noch immer eine<br />

zu große Menge, um alle Dokumente anzusehen. Hier<br />

kommen jetzt die Filtermöglichkeiten im Frame auf der<br />

rechten Seite ins Spiel. Dort kann ich einerseits<br />

Dokumente auf die deutsche Sprache einschränken,<br />

andererseits aber vor allem den Dokumententyp filtern.<br />

Zumeist wird man an Aufsätzen in Zeitschriften interessiert<br />

sein, also filtere ich das jetzt. Als Ergebnis erhalte<br />

ich nur mehr eine Treffermenge von etwa 70.<br />

Nun bleibt meist nur mehr die intellektuelle Auswahl.<br />

Dazu bietet Swisslex den Vorteil, dass ein Abstract zu<br />

jedem Treffer angezeigt wird, der es ermöglicht, die<br />

Relevanz <strong>des</strong> Beitrages für die eigene Themenstellung<br />

zu ermitteln.<br />

Einem interessanten Vergleich mit dem Schweizer<br />

Recht steht also nichts mehr im Wege!<br />

Ich wünsche Ihnen im Namen <strong>des</strong> gesamten Bibliotheks<br />

teams ein erfolgreiches Sommersemester!<br />

Ihr Thomas Luzer<br />

Dr. Thomas Luzer<br />

Leiter der FB <strong>Rechts</strong>wissenschaften<br />

thomas.luzer@univie.ac.at<br />

http://bibliothek.univie.ac.at/<br />

fb-rewi<br />

fb-recht.ub@univie.ac.at<br />

6 Juristl | Mai 2012


Serie<br />

AbsolventInnenecke<br />

Praxisbericht: UNO in New York<br />

Ein Praktikum zu machen bietet eine gute Möglichkeit,<br />

ein Thema für eine Dissertation zu finden<br />

und Ideen zu sammeln. Wer eine Arbeit über die VN<br />

oder über internationale Beziehungen verfassen<br />

möchte, ist daher gut beraten, direkt Praxis erfahrung<br />

bei den Vertretungen der Vereinten Nationen oder<br />

ähnlichen internationalen Organ isationen zu sammeln.<br />

Da mich das DiplomatInnenwesen und die VN schon<br />

immer interessiert haben, beschloss ich, ein Praktikum<br />

bei der Ständigen Vertretung Österreichs bei den<br />

Vereinten Nationen in New York zu machen. Auf der<br />

Suche nach einem geeigneten Dissertationsthema im<br />

Bereich der internationalen Beziehungen wird man hier<br />

nicht nur sicher fündig, sondern regelrecht mit Ideen<br />

überflutet. Das Praktikum ermöglicht es darüber<br />

hinaus, einen idealen Einblick in die Arbeit eines/-r<br />

Diplomaten/-in bei den VN zu bekommen. Wer glaubt,<br />

mit Kaffeekochen und Kopier arbeiten beschäftigt zu<br />

werden, irrt gewaltig.<br />

Operationen (PKO), Peacebuilding, dem Afrika Desk<br />

sowie Nachhaltiger Entwicklung und Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Das dritte Komitee beinhaltet die<br />

Agenden der Sozialfragen, Women, Peace & Security<br />

und UNODC. Im vierten Komitee werden ua die<br />

Agenden <strong>des</strong> Nahost Desk, der Karibik und<br />

Lateinamerikas behandelt. Das fünfte Komitee umfasst<br />

ua Budget,- Finanz,- und Personalfragen und schließlich<br />

gibt es das sechste Komitee, welches ua<br />

Angelegenheiten <strong>des</strong> Völkerrechts, der Tribunale und<br />

die Rule of Law umfasst.<br />

im Sicherheitsrat<br />

Meine Arbeit bei der Österreichischen Vertretung<br />

fokussiert sich hauptsächlich auf die Tätigkeiten im<br />

Sicherheitsrat. Deshalb befasse ich mich mit den<br />

Agenden dreier verschiedener Komitees. Den monatlichen<br />

Sitzungsplan <strong>des</strong> SR kann man unter www.<br />

un.org/Docs/sc/powe.htm abrufen. Dieser Sitzungsplan<br />

wird aber je nach aktuellen Vorkommnissen auch<br />

erweitert und abgeändert. Meine Arbeit ist daher von<br />

der Tätigkeit <strong>des</strong> Sicherheitsrates (SR) abhängig und<br />

man befindet sich mitten im Geschehen der aktuellsten<br />

außenpolitischen Ereignisse. Meine Hauptauf gabe<br />

besteht darin, zu den SR-Meetings – hiermit sind vor<br />

allem offene Debatten und Briefings gemeint – zu<br />

gehen und zu notieren, was im SR besprochen wurde.<br />

An Konsultationen kann man nur als SR-Mitglied teilnehmen.<br />

Nach den Konsultationen gibt es aber für<br />

EU-Mitglieds staaten ein Debriefing, in welchem diese<br />

über die wesentlichen Punkte von einem EU Mit gliedsstaat,<br />

welches im SR sitzt, informiert werden. Danach<br />

werden diese Informationen in Form einer (meist)<br />

schrift lichen Zusammen fassung an die SupervisorInnen<br />

weitergeleitet.<br />

Mag. Isabella Wladar<br />

isabella.wladar@fvjus.at<br />

Doktoratsberatung im Büro der<br />

FV <strong>Jus</strong>: jeden Donnerstag von<br />

17 bis 19 Uhr<br />

Komitees der<br />

Österreichischen Vertretung<br />

Generell wird die Arbeit hier in den Missionen unterschiedlich<br />

aufgeteilt. Meistens ist diese aber in<br />

Komitees unterteilt. Die Österreichische Vertretung in<br />

New York umfasst sechs Komitees. Das erste Komitee<br />

befasst sich mit Abrüstung, Nonproliferation, atomaren<br />

Fragen sowie dem Asien und Europa Desk. Das zweite<br />

Komitee beschäftigt sich mit Friedenserhaltenden<br />

Generell lässt sich zusammenfassen, dass das<br />

Praktikum bei der ÖV der VN in New York in vielen<br />

Bereichen eine große Bereicherung für mich darstellt.<br />

Man gewinnt nicht nur tolle Einblicke in die Tätigkeit<br />

der VN sowie der Österreichischen Vertretung und<br />

befasst sich mit hochaktuellen, spannenden Themen,<br />

sondern sammelt auch immense Erfahrung im Umgang<br />

mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen.<br />

Danebenhat die Möglichkeit, die eigenen Sprachkenntnisse<br />

zu verbessern und gleichzeitig Ideen für die<br />

Dissertation zu sammeln.<br />

Juristl | Mai 2012<br />

7


Juridicum Journal<br />

Das <strong>Jus</strong>tiz-Programm der EU-Kommission<br />

für 2012 bringt zahlreiche Neuerungen<br />

bericht<br />

Carine Nsiona | Juridicum Journal Redakteurin | carine.nsiona@univie.ac.at<br />

Das <strong>Jus</strong>tizministerium hat einen Bericht zum<br />

Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen<br />

Kommission und zum 18-Monate-<br />

Programm <strong>des</strong> polnischen, dänischen und<br />

zypriotischen Ratsvorsitzes vorgelegt. Die<br />

zahlreiche zivil- und strafrechtlichen Neuerungen<br />

werden grundsätzlich begrüßt, sehr<br />

skeptisch zeigt sich das <strong>Jus</strong>tizministerium<br />

allerdings zur geplanten Verordnung über die<br />

Europäische Stiftung.<br />

Auf der Grundlage <strong>des</strong> Legislativ- und Arbeitsprogramms<br />

der Europäischen Kommission für<br />

das Jahr 2012 sowie <strong>des</strong> 18-Monate-Programms<br />

<strong>des</strong> polnischen, dänischen und zypriotischen<br />

Ratsvorsitzes erstattete die <strong>Jus</strong>tizministerin<br />

einen Bericht, in dem die Vorhaben grundsätzlich<br />

begrüßt werden und das Bekenntnis der<br />

österreichischen <strong>Jus</strong>tizpolitik zu dem vom Europäischen<br />

Rat im Dezember 2009 gebilligten<br />

Stockholmer Programm zur Stärkung von<br />

Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen<br />

Union bekräftigt wird. Das aktuelle Programm<br />

enthält eine großen Anzahl an Initiativen, wobe<br />

manche Legislativvorhaben bei der <strong>Jus</strong>tizministerin<br />

jedoch auch auf Skepsis stoßen.<br />

Erbrechtsverordnung und<br />

Neuordnung <strong>des</strong> Ehegüter rechts<br />

Das materielle Erb- und Testamentsrecht ist<br />

derzeit noch kaum international vereinheitlicht.<br />

Nur in wenigen <strong>Rechts</strong>akten der EU und in internationalen<br />

Übereinkommen finden sich<br />

Bestimmungen zur internationalen Zuständigeit<br />

für das Verlassenschaftsverfahren und für<br />

Erbrechtsstreitigkeiten bzw. Regeln hinsichtlich<br />

der Anwendung <strong>des</strong> materiellen <strong>Rechts</strong> und der<br />

Vollstreckung von Entscheidungen in diesem<br />

Bereich. Die geplante Verordnung soll derartige<br />

Schwierigkeiten beseitigen und die <strong>Rechts</strong>lage<br />

soweit vorsehbar und sicher machen, dass auch<br />

mit Auslandsbezug die Rechte der ErbInnen und<br />

anderer mit dem/der ErblasserIn verbundener<br />

Personen und der NachbargläubigerInnen<br />

gewahrt werden können. Die österreichische<br />

Seite gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken,<br />

dass die geplante Erbrechtsverordnung<br />

möglichst nicht in gewachsene nationale<br />

Traditionen, insbesondere nicht in die nationalen<br />

Sachenrechtsordnungen und Grundbuchsysteme,<br />

eingreifen sollte. Kritisch wird von österreichischer<br />

Seite auch die geplante Echtheitsanfechtung<br />

öffentlicher Urkunden gesehen.<br />

Ein weiterer Vorschlag der Kommission betrifft<br />

den Bereich <strong>des</strong> Güterrechts im Bereich der Ehe<br />

und der Eingetragenen Partnerschaft und der<br />

vermögensrechtlichen Folgen einer Ehescheidung<br />

bzw. Auflösung einer Eingetragenen<br />

Partnerschaft. Hier soll insbesondere ein einheitliches<br />

und damit vorhersehbares Umfeld<br />

geschaffen werden, wenn ein Auslandsbezug<br />

besteht. Die neue Verordnung soll das auf das<br />

Ehegüterrecht anzuwendende Recht (IPR), die<br />

internationale Zuständigleit in Ehegütersachen<br />

sowie die Anerkennung und Vollstreckung von<br />

ehergüterrechtlichen Entscheidungen, Vergleichen<br />

und öffentlichen Urkunden einheitlich<br />

regeln. Von österreichischer Seite wird insbesondere<br />

die angedachte Vereinheitlichung <strong>des</strong> IPR<br />

und internationalen Zivilverfahrensrechts in diesem<br />

Bereich als eine sinnvolle Maßnahme zur<br />

Planung von güterrechtlichen Situationen mit<br />

Auslandsbezug begrüßt.<br />

Verordnung über die<br />

Europäische Stiftung<br />

Ablehnend zeigt sich Österreich hinsichtlich der<br />

von EU-Kommissar Barnier geplanten Verordnung<br />

über die Europäische Stiftung. Ziel der<br />

Verordnung soll die Behebung der grenzüberschreitenden<br />

Probleme, denen Stiftungen und<br />

manche gemeinnützige Organisationen und ihre<br />

GeldgeberInnen bzw StifterInnen ausgesetzt<br />

sind, insbesondere im Hinblick auf übermäßigen<br />

Verwalt ungs aufwand und „rechtliche Be -<br />

schränkungen“. Was die Kommission genau<br />

darunter versteht ist noch nicht ganz klar, da der<br />

bereits für das Jahr 2011 angekündigte<br />

Vorschlag einer entsprechenden Verordnung<br />

noch nicht von der Kommission vorgelegt wurde.<br />

Das Vorhaben wird von Kommissar Barnier trotz<br />

skeptischer Haltung einiger EU-Staaten weiter<br />

betrieben. Österreich stehe dem Vorhaben<br />

grundsätzlich „sehr skeptisch“ gegenüber. Da<br />

der Vorschlag aber nicht nicht vorliegt, sei derzeit<br />

eine genaue Beurteilung nicht möglich,<br />

heißt es im Bericht der <strong>Jus</strong>tizministerin.<br />

MaSSnahmen im Strafrecht<br />

Im Bereich <strong>des</strong> Strafrechts plant die Kommission<br />

überdies eine Stärkung der Verfahrensrechte von<br />

Verdächtigten und Beschuldigten in Strafverfahren,<br />

eine Strategie zum Kampf gegen<br />

Menschen handel, Min<strong>des</strong>tstandards im Bereich<br />

<strong>des</strong> Drogenhandels, die Kontrolle neuer psychoaktiver<br />

Substanzen, eine Reform der Struktur von<br />

Eurojust sowie Maßnahmen zum Schutz finanzieller<br />

Interessen der EU, also bestimmte Min<strong>des</strong>tstandards<br />

für das Vorliegen von Betrug, Subventions<br />

missbrauch, Korruption und Geldwäsche.<br />

© TPCOM | flickr.com<br />

8 Juristl | Mai 2012


Juridicum Journal<br />

Novelle der Strafprozessordnung bringt<br />

eine Lockerung <strong>des</strong> Berufsgeheimnisses<br />

bericht<br />

Lisa Mönichweger | Juridicum Journal Redakteurin | lisa.moenichweger@univie.ac.at<br />

© Ian-S | flickr.com<br />

Ende März stimmte der Nationalrat der heftig<br />

umstrittenen Novelle der Strafprozessordnung<br />

zu, nachdem im <strong>Jus</strong>tizausschuss ein Kompromiss<br />

in der Frage der Sichtung und Prüfung<br />

beschlagnahmter Unterlagen gefunden werden<br />

konnte. Die Durchsicht <strong>des</strong> Materials<br />

bleibt demnach einem Gericht vorbehalten,<br />

wenn ein/-e beschuldigte/-r Berufsgeheimnis-<br />

TrägerIn Widerspruch gegen die Beschlagnahmung<br />

erhebt.<br />

In der Strafprozessnovelle sind darüber hinaus<br />

auch weitere Neuerungen wie der erleichterte<br />

Zugang der Jugendwohlfahrtsträger zur Auskunft<br />

aus dem Strafregister einer Person bei<br />

konkretem Verdacht auf Gefährdung <strong>des</strong><br />

Kin<strong>des</strong>wohls sowie die Beschleunigung <strong>des</strong><br />

Austausches strafrechtlicher Informationen zwischen<br />

den EU-Ländern vorgesehen. Ferner<br />

stimmte der Nationalrat im gleichen Paket auch<br />

strengeren Regeln für die Erhebung von<br />

Gesundheitsdaten durch private Versicherungen<br />

und einem Europarats-Übereinkommen zum<br />

Thema Computerkriminalität zu.<br />

novelle soll Strafverfahren<br />

beschleunigen<br />

Bei der Bearbeitung komplizierter Verfahren vor<br />

allem im Bereich der Korruption und Wirtschaftskriminalität<br />

ist meist ein großer Kreis an<br />

Personen involviert, die aus verschiedensten<br />

Berufsgruppen stammen. In der strafjustiziellen<br />

Praxis zeigte sich hier oftmals das Problem, dass<br />

aufgrund der bloßen Behauptung eines<br />

Vorliegens eines gesetzlich anerkannten <strong>Rechts</strong><br />

auf Verschwiegenheit die Nutzung der im Zuge<br />

von Hausdurchsuchungen sichergestellten<br />

Informationen und die damit verbundene etwaige<br />

rasche Aufklärung von strafrechtlich relevanten<br />

Sachverhalten oft um einige Monate<br />

verzögert wurde. Ein Kompromiss konnte im<br />

Nationalrat dahingehend gefunden werden,<br />

dass die Prüfung <strong>des</strong> Materials nunmehr einem<br />

Gericht vorbehalten ist, wenn ein ein/-e be -<br />

schuldigte/-r Berufsgeheimnis-TrägerIn Widerspruch<br />

gegen die Beschlagnahmung erhebt.<br />

Eine beschleunigte Sichtung und Prüfung <strong>des</strong><br />

sichergestellten Materials durch den zuständigen<br />

Staatsanwalt oder durch die zuständige<br />

Staatsanwältin ist nur auf Antrag der/<strong>des</strong><br />

Betroffenen möglich. KritikerInnen befürchten<br />

nun, dass die Gefahr der zunehmenden Aushöhlung<br />

<strong>des</strong> Berufs geheimnisses trotzdem nicht<br />

auszuschließen sei.<br />

Strengere Regelungen bei der<br />

Erhebung von Gesundheitsdaten<br />

Eine weitere wichtige Neuerung betrifft die<br />

Zulässigkeit der Erhebung von Gesundheitsdaten<br />

durch private Versicherungsträger. Dies wird im<br />

Versicherungsrechts-Änderungsgesetz detailliert<br />

geregelt sein und an die Anforderungen <strong>des</strong><br />

Datenschutzes angepasst werden. Die Datenerhebung<br />

soll im Wesentlichen nur dann zulässig<br />

sein, wenn in einem konkreten Versicherungsfall<br />

die Erfüllung von Ansprüchen beurteilt werden<br />

muss. Durch die Neuregelung soll zudem<br />

gegen verschiedene Formen der Diskriminierung<br />

von behinderten Menschen durch private<br />

Versicherungen vorgegangen werden.<br />

„Hacking“ kommt ins StGB<br />

Im gleichen Paket genehmigte der Nationalrat<br />

auch das Übereinkommen <strong>des</strong> Europarats über<br />

Computerkriminalität, welches sowohl mater i-<br />

elle Straftatbestände, die ins nationale Recht<br />

umzusetzen sind, als auch umfangreiche strafprozessuale<br />

Vorschriften, die der Durchsetzung<br />

<strong>des</strong> Strafanspruchs dienen sollen, enthält. Diese<br />

strafbaren Tatbestände umfassen vor allem das<br />

„Hacking“, also den unbefugten Zugang zu<br />

einem Computersystem, die Fälschung von<br />

Computer daten sowie bestimmte Handlungen,<br />

die im Zusammenhang mit Kinderpornographie<br />

und Urheberrechtsverstößen stehen. Die Um -<br />

setzung <strong>des</strong> Artikel 2 <strong>des</strong> Übereinkommens über<br />

Computerkriminalität betreffend dem rechtswidrigen<br />

Zugang erfolgte in Österreich durch die<br />

Einführung <strong>des</strong> § 118 a StGB, welcher jene<br />

Handlungen umfasst, die man als als Hacking<br />

bezeichnet, womit der unerlaubte Zugang zu<br />

einem Computersystem oder zu einem Teil eines<br />

solchen pönalisiert wird. Der Artikel 2 <strong>des</strong> Übereinkommens<br />

über Computer kriminalität sieht<br />

auch die Möglichkeit vor, diesen Tatbestand<br />

einzuschränken indem die Strafbarkeit nur dann<br />

eintreten soll, wenn beispielsweise der unerlaubte<br />

Zugriff durch Überwindung von Sicherheitssystemen<br />

erfolgt.<br />

Befugnisse für Behörden<br />

Um die durch das Übereinkommen eingeführten<br />

Vorschriften sowie andere mit Hilfe eines<br />

Computersystems begangene Verstöße effektiv<br />

verfolgen zu können, ist die Einräumung spezieller<br />

Befugnisse der zuständigen Strafverfolgungs<br />

behörden, wie etwa die beschleunigte<br />

Sicherstellung gespeicherter Computerdaten,<br />

oder die erleichterte Durchsuchung und Be -<br />

schlagnahmung gespeicherter Computer daten,<br />

vorgesehen.<br />

Juristl | Mai 2012<br />

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<strong>Ökonomische</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>des</strong> <strong>Rechts</strong><br />

Die Macht der <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

bericht<br />

Angelika Kurz | geli91@hotmail.com<br />

Ist unsere Herangehensweise an das Recht<br />

überholt? Die <strong>Ökonomische</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Rechts</strong> (<strong>Rechts</strong>ökonomie) wird viel diskutiert<br />

und kritisiert, ist aber dennoch weltweit auf<br />

dem Vormarsch. Sie bietet ein neues Konzept,<br />

das vielleicht zahlreiche Probleme im Recht<br />

lösen kann.<br />

Revolution im Recht<br />

Wo traditionelle Methoden der <strong>Rechts</strong>wissenschaft<br />

scheitern, muss man nach Alternativen<br />

suchen. In vielen Bereichen <strong>des</strong> Zivil- und<br />

Strafrechts sowie vermehrt <strong>des</strong> öffentlichen<br />

<strong>Rechts</strong> bietet die <strong>Rechts</strong>ökonomie neue Ansätze.<br />

Sie überprüft die Auswirkungen von <strong>Rechts</strong>normen<br />

auf die Betroffenen und fragt danach,<br />

ob diese Auswirkungen gesellschaftlich er -<br />

wünscht im Sinne von effizient sind. Untersucht<br />

werden etwa Sanktionen rechtswidriger Handlungen,<br />

Prozessnormen oder AGB hinsichtlich<br />

deren Wirtschaftlichkeit. Ebenso kann sie helfen,<br />

Verwaltung effizienter zu gestalten – ein brandaktuelles<br />

Thema in Österreich.<br />

Der Ursprung <strong>des</strong> Modells sind die USA, wo<br />

nach den 1920ern der Formalismus im Recht<br />

abgelöst wurde. Der neue pragmatische<br />

<strong>Rechts</strong>realismus setzte Sozialwissenschaften als<br />

Hilfsmittel ein, um der Gesellschaft besser entsprechende<br />

<strong>Rechts</strong>normen zu gestalten. Erstmals<br />

wurde anerkannt, dass ein/-e JuristIn nie pures<br />

Recht schaffen kann, sondern seine eigenen<br />

Wertungen zwingend in Entscheidungen und<br />

Argumenta tionen mit einfließen. Ein objektives<br />

Werkzeug wurde gesucht – und in der neutralen<br />

Ökonom ischen <strong>Analyse</strong> <strong>des</strong> <strong>Rechts</strong> gefunden.<br />

Überblick über die Methode<br />

Der ökonomischer Maßstab „Effizienz“ wird<br />

herangezogen, um einen optimalen Prozess zu<br />

beschreiben. Einer der verschieden rechtsökonomischen<br />

Ansätze agiert mit der Pareto-Effizienz:<br />

diese sucht danach, eine Situation für möglichst<br />

viele (gesamtgesellschaftlich) zu verbessern,<br />

ohne sie für einen anderen zu verschlechtern.<br />

Grundannahme der wirtschaftlichen <strong>Analyse</strong> ist<br />

der homo oeconomicus: der Mensch sei ein<br />

rational agierender Maximierer <strong>des</strong> eigenen<br />

Nutzens.<br />

„[…] Ein objektives Werkzeug wurde<br />

gesucht – und in der neutralen<br />

<strong>Ökonomische</strong>n <strong>Analyse</strong> <strong>des</strong> <strong>Rechts</strong><br />

gefunden […]“<br />

Im Idealfall schaffen es die AkteurInnen am<br />

Markt selbst, durch Transaktionen eine<br />

Maximierung <strong>des</strong> Nutzens zu schaffen. Passiert<br />

das nicht, müssen an diesem Punkt <strong>Rechts</strong>normen<br />

steuernd eingreifen. Deren Zweckmäßigkeit<br />

orientiert sich danach, ob sie einen für<br />

alle zufriedenstellenden Zustand herstellen können.<br />

Diese Zufriedenheit wird in Geld gemessen,<br />

wobei man immaterielle Güter wie Familienleben<br />

oder Freizeit ebenfalls in Geld umrechnet.<br />

Ein Beispiel aus dem Strafrecht:<br />

Wenn man bei einer Straftat mit der Wahrscheinlichkeit<br />

von 2 % erwischt wird (in zwei<br />

von hundert Fällen) und die Strafe 100 Euro<br />

beträgt, sind die effektiven Kosten für den Täter<br />

pro einzelner Straftat 0,02 mal 100, also 2 Euro.<br />

Um diese individuellen Kosten der einzelnen<br />

Straftat auf 100 Euro zu steigern (und so die<br />

Leute davon abzuhalten), müsste eine Strafe<br />

daher auf 5000 Euro erhöht werden!<br />

Stark umstrittener Fortschritt<br />

Für die Ohren einer Juristin klingt all das revolutionär<br />

– und auf den ersten Blick zum Teil<br />

bedenklich. Nach einer Auseinandersetzung mit<br />

dem Thema bleibt die Frage: ist die anhaltende<br />

Skepsis Auswirkung einer (engstirnigen) juristischen<br />

Prägung oder sollte man die wirtschaftliche<br />

<strong>Analyse</strong> zu Recht mit Vorsicht einsetzen?<br />

Kritik an dem Modell besteht reichlich. F.<br />

Bydlinski argumentiert, dass manche Grundgedanken<br />

der <strong>Ökonomische</strong>n <strong>Analyse</strong> geradezu<br />

trivial scheinen. Es sei eine Banalität zu fordern,<br />

dass die erlassene <strong>Rechts</strong>norm geeignetes Mittel<br />

der ihr zugrunde liegenden Zwecke sein solle.<br />

Bydlinski schließt, dass die Wirtschaftlichkeit nur<br />

einere von mehreren <strong>Rechts</strong>grundsätzen sei.<br />

Zwar gesteht er der <strong>Ökonomische</strong>n <strong>Analyse</strong> ihre<br />

Vorzüge zu, doch sieht er sie bei Fragestellungen<br />

bezüglich immaterieller Güter zwangsläufig<br />

scheitern.<br />

Von anderen wird das Menschenbild eines/-r<br />

NutzenmaximiererIn in Form <strong>des</strong> homo oeconomicus<br />

kritisiert sowie, dass das Recht nur als<br />

Mittel zum Zweck angesehen wird. Grundproblem<br />

zwischen JuristInnen und ÖkonomInnen<br />

ist wohl, dass die eine Wissenschaft induktiv<br />

arbeitet – vom Einzelfall ausgehend werden<br />

Gesetze geschaffen – und die andere deduktiv<br />

– ÖkonomInnen erstellen ein Grundmodell und<br />

prüfen den Einzelfall anhand <strong>des</strong>sen. Diese<br />

Differenz scheint unüberbrückbar.<br />

„[…] F. Bydlinski sieht die <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

bei Fragestellungen bezüglich<br />

immaterieller Güter zwangs läufig<br />

scheitern […]“<br />

<strong>Rechts</strong>ökonomInnen argumentieren oft, dass<br />

JuristInnen schon bisher ökonomische Überlegungen<br />

angestellt haben, nur nicht unter dem<br />

entsprechenden Titel. Dies gilt unter anderem für<br />

die Bewertung immaterieller Güter: JuristInnen<br />

hätten diese selbst schon vergeblich oder nur<br />

unzulänglich versucht. Die <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

liefere nun eine neue Methode dazu.<br />

Einer der größeren Kritikpunkte an der <strong>Ökonomische</strong>n<br />

<strong>Analyse</strong> betrifft die Nachhaltig keit.<br />

Ein Beispiel dazu:<br />

Eine Landwirtin besitzt ein landwirtschaftlich<br />

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ge widmetes Grundstück und braucht dringend<br />

100.000 Euro. Umwidmungen sind nicht zulässig.<br />

Die Landwirtin kann daher das Grundstück<br />

nur zu einem Preis von 50.000 Euro verkaufen,<br />

was ihm keinen Vorteil bringt. Die Eigenschaft<br />

<strong>des</strong> Grun<strong>des</strong> als landwirtschaftliche Nutzfläche<br />

nützt der Gemeinde im Wert von 10.000 Euro.<br />

Ein rechtsökonomischer Ansatz würde nun besagen,<br />

dass man die Umwidmung zulassen soll.<br />

Die Landwirtin kann den Grund um 100.000<br />

verkaufen, was zu seinem Vorteil ist. Die<br />

Gemeinde verliert zunächst 10.000 Euro. Doch<br />

kann die Landwirtin ihr diesen Betrag ersetzen,<br />

ohne ihren eigenen Vorteil zur Gänze zu verlieren.<br />

Auch die Gemeinde ist also nicht schlechter<br />

gestellt: ökonomische Effizienz ist gegeben.<br />

Dieser „Kauf“ einer Umwidmung (bzw Zu -<br />

lassung von Umwidmungen gegen Entgelt) mag<br />

den Anforderungen einer ökonomischen <strong>Analyse</strong><br />

zunächst entsprechen. Doch ist den Langzeitfolgen<br />

(betreffend Umwelt oder Zersiedelung)<br />

nicht Geltung getragen. Der Wert einer erhaltenen<br />

Umwelt oder verhinderten Zersiedelung<br />

wird durch Geld ersetzt, das jedoch nie den<br />

tatsächlichen Wert wiederspiegeln kann.<br />

Gewisse Gegebenheiten können also nicht in<br />

ökonomische Untersuchungen gefasst werden.<br />

Da in jedem <strong>Rechts</strong>bereich ökonomische<br />

<strong>Analyse</strong>n angestellt werden und es dabei nicht<br />

immer um Geld geht, gilt es bezüglich der uneingeschränkten<br />

Anwendung der <strong>Ökonomische</strong>n<br />

<strong>Analyse</strong> Vorsicht walten zu lassen. Etwa zum<br />

Adoptions- oder Scheidungsrecht gibt es<br />

Untersuchungen, die die Anreize zu erwünschtem<br />

Verhalten verbessern wollen. Fraglich ist<br />

dabei wieder die Bewertung von immateriellen<br />

Werten. Doch solange man sich nicht alleine auf<br />

ökonomische Maßstäbe verlässt und herkömmliche<br />

juristische Werte beibehält, können solche<br />

Untersuchungen nur neue Erkenntnisse bringen.<br />

Neben der teils vehementen Kritik von außerhalb<br />

gibt es auch in der <strong>Rechts</strong>ökonomie selbst<br />

Ansätze, die versuchen, der Verteilungsgerechtigkeit<br />

erweiterten Raum zu geben oder<br />

die Mängel eines standardisierten homo oeconomicus<br />

auszugleichen. Tatsächlich gibt es<br />

inzwischen mehrere rechtsökonomische Schulen.<br />

Während die liberale Chicagoer Schule fest am<br />

ursprünglichen Modell <strong>des</strong> idealen Marktes<br />

haften bleibt, gibt es in Harvard und Yale sowie<br />

Europa Ansätze, die sich mit der sozialen<br />

Marktwirtschaft vereinbaren lassen.<br />

Frischer Wind in Österreich<br />

Entgegen aller Kritik entwickelte sich die <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

im angloamerikanischen Case Law<br />

bereits zu einer standardmäßigen Herangehensweise<br />

an <strong>Rechts</strong>probleme. In Europa gibt<br />

es zwar einige wissenschaftliche Hotspots,<br />

jedoch blieb der Erfolg in der Praxis bisher weitgehend<br />

aus. In Österreich ist der mangelnde<br />

Erfolg unter anderem auf die positivistische<br />

Orientierung in der <strong>Rechts</strong>wissenschaft zurückzuführen,<br />

die der <strong>Rechts</strong>ökonomie konträr entgegensteht.<br />

Jedoch gibt es immer mehr Stimmen<br />

in Lehre, Wirtschaft und <strong>Rechts</strong>politik, die sich<br />

für eine vermehrte Berücksichtigung ökonomischer<br />

<strong>Analyse</strong>n einsetzen. In der Lehre wird es<br />

zunehmend Usus, in wissenschaftlichen Arbeiten<br />

zumin<strong>des</strong>t eine rechtsökonomische Quelle anzuführen.<br />

Jedoch nehmen bisher kaum Lehrende<br />

rechtsökonomische Ansätze in ihren Unterricht<br />

auf.<br />

„[…] In Österreich ist der mangelnde<br />

Erfolg unter anderem auf die<br />

positivistische Orientierung in der<br />

<strong>Rechts</strong>wissenschaft zurückzuführen,<br />

die der <strong>Rechts</strong>ökonomie konträr entgegensteht<br />

[…]“<br />

In der <strong>Rechts</strong>politik gibt es ebenfalls Tendenzen<br />

hin zur <strong>Ökonomische</strong>n <strong>Analyse</strong>: bisher war eine<br />

solche für gesetzliche Maßnahmen nicht verpflichtend<br />

festgelegt, es hieß aber, „wirkungsorientierte<br />

Steuern“ zu erlassen. Nun gibt es<br />

einen Entwurf <strong>des</strong> Finanzministeriums für eine<br />

neue Budgetierungsverordnung. Darin wird eine<br />

zwingende <strong>Rechts</strong>folgenanalyse (in Form einer<br />

Kosten-Nutzen-Rechnung) für Budgeterlässe<br />

festgelegt. Das bedeutet, dass Budgets ökonomisch<br />

rational begründet werden müssen, was<br />

eine absolute Neuerung darstellt. Da der öffentliche<br />

Sektor in viele andere Bereiche hineinspielt,<br />

könnten sich bald etwa auch Zivil rechtlerInnenmit<br />

dem neuen Thema beschäftigen<br />

müssen. Es ist natürlich fraglich, wie intensiv<br />

und schnell sich System, dem die <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

noch sehr fremd ist, tatsächlich an neuen<br />

Gedanken orientieren kann und wird. Dafür ist<br />

ein Umdenken notwendig, das über die gesetzliche<br />

Festlegung einer wirtschaftlichen Denkweise<br />

hinausgeht.<br />

Weltmacht <strong>Rechts</strong>ökonomie?<br />

In anderen Teilen der Welt gewinnt die<br />

<strong>Ökonomische</strong> <strong>Analyse</strong> ausgehend von den USA<br />

an Einfluss. Vor allem die Wirtschaft propagiert<br />

vielerorts eine ökonomische Prüfung <strong>des</strong> <strong>Rechts</strong><br />

im Sinne der Chicagoer Schule. Deren neoliberale<br />

Orientierung ist ein Grund für die (undifferenzierte)<br />

Kritik, dass die <strong>Rechts</strong>ökonomie die<br />

„Untermauerung <strong>des</strong> Neoliberalismus“ sei.<br />

Tatsächlich ist zu beobachten, dass infolge einer<br />

durch die USA erzwungenen Liberalisierung in<br />

Teilen Südamerikas amerikanische Konzerne<br />

Wirtschaftskonzessionen, Ländereien und<br />

Marktanteile erwerben und dies auf eine<br />

Argumentation im Sinne der <strong>Rechts</strong>ökonomie<br />

zurückgeführt wird. Als „Neoimperalismus“<br />

bezeichnet lässt sich eine solche Vorgangsweise<br />

mit teilweise schwerwiegenden entwicklungsund<br />

wirtschaftspolitischen Auswirkungen weltweit<br />

finden. Doch ist all dies nicht Auswirkung<br />

der <strong>Rechts</strong>ökonomie per se: als neutrale<br />

Methode lässt sie sich je nach ideologischer<br />

Prägung für unterschiedliche Zwecke einsetzen.<br />

Innerhalb von stabilen (grund-)rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen und unter Beachtung<br />

gewisser Einschränkungen sind ökonomische<br />

Ansätze als neuer Input höchst spannend und<br />

bieten ein weites neues Forschungsfeld.<br />

Zusätzlich zu herkömmlichen Heran gehensweisen,<br />

die zuweilen scheitern, kann man dort,<br />

wo Reform nötig und Reformwille vorhanden ist,<br />

in der <strong>Rechts</strong>ökonomie eine Chance erblicken.<br />

Vielen Dank an Prof Wolfgang Weigel für ein<br />

sehr informatives Gespräch!<br />

Literatur<br />

Weigel, <strong>Rechts</strong>ökonomik, 2003;<br />

Bydlinski F., Fundamentale <strong>Rechts</strong>grundsätze,<br />

1988;<br />

Mattei, Plunder: When the rule of law is illegal,<br />

2008;<br />

Schacherreiter, Kurs Legal Transplant and<br />

Global Power, Uni Wien 2011;<br />

Juristl | Mai 2012<br />

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Gespräch<br />

Interview mit Max Schrems<br />

interview<br />

Andreas Pacher | chefredakteur | andreas.pacher@fvjus.at<br />

Max, was ist der aktuelle Stand bezüglich<br />

eures Vorgehens gegen facebook?<br />

Im Moment gibt es mit den irischen Behörden<br />

einige prozessrechtliche Schwierigkeiten. Es gibt<br />

einfach kein fassbares irisches Prozessrecht.<br />

Viele Reaktionen der dortigen Behörden sind oft<br />

unbegründet, und nach genauerem Nachfragen<br />

merkt man, dass es zwar einzelne prozessrechtliche<br />

Regelungen gibt, aber der größte Teil doch<br />

auf andere, undurchsichtigere Weise abgehandelt<br />

wird. Natürlich ist das alles Case-Law, aber<br />

leider halten sie sich nicht einmal an das, was im<br />

Gesetz positiviert ist. Außerdem: Wie soll ein<br />

Normalbürger das gesamte Judikat Irlands<br />

durchforsten?<br />

Im Moment also bitten wir die irischen Behörden<br />

um Nennung einiger formeller Kriterien. Es geht<br />

um den Aufbau bestimmter Schriftsätze oder um<br />

die Zuständigkeit von Behörden. Unser Brief<br />

wurde vor 3 Wochen abgeschickt, und wir warten<br />

noch immer auf die Antwort. Wann genau<br />

wir dann die Schriftsätze einbringen, hängt von<br />

meinen Prüfungsterminen auf der Uni ab.<br />

Erlebst Du bei Deinem Projekt auch sonst viele<br />

Schikanen?<br />

Prozessrechtliche Probleme erlebe ich hier häufig.<br />

Vor kurzem haben die irischen Behörden<br />

einfach eine neue Verfahrensart erfunden. Aus<br />

verschiedenen, bereits bestehenden Verfahrensarten<br />

haben sie einfach etwas Neues zusammengestellt,<br />

und es als PDF-Datei auf ihrer<br />

Webseite veröffentlicht. (Lacht.) Wie das mit<br />

dem <strong>Rechts</strong>schutzgedanken vereinbar ist, weiß<br />

ich nicht. Ansonsten spüre ich, dass relativ viel<br />

politischer Druck drinnen ist.<br />

Woran merkt man den politischen Druck da -<br />

hinter?<br />

Das sind grundlegende Dinge, wie etwa, dass<br />

wir ohne Begründung keine Akteneinsicht be -<br />

kommen. Die Behörden erklären nicht, auf welche<br />

Paragraphen sie sich gründen – denn es gibt<br />

keinen. Wir haben dann mal Artikel 6 EMRK ins<br />

Spiel gebracht, aber selbst im direkten Telefonat<br />

gab es dazu keine Antworten.<br />

Auch wenn eine Behörde in ihrem Abschlussbericht<br />

nur sagt, dass etwas „unacceptable“ sei,<br />

aber nicht „illegal“, dann schimmert hier<br />

sprachlich das Politische hindurch.<br />

Datenschutzrecht – ein<br />

politisches Thema<br />

Siehst Du auch Vorteile darin, dass die Politik<br />

interveniert?<br />

Der Vorteil ist, dass jede Politikerin und jeder<br />

Politiker das Thema aufgreifen und den Fall für<br />

sich nutzen kann. Die Öffentlichkeit hat ein<br />

Interesse an datenschutzrechtlichen Problemen<br />

und kann das Thema auf populärerer Basis diskutieren.<br />

Person<br />

Max Schrems, geb. 1987 und derzeit <strong>Jus</strong>student,<br />

machte mit seiner Initiative „europe-v-facebook.org“<br />

internationale Schlagzeilen. Mehrere<br />

Anzeigen hat er bereits gegen Facebook eingebracht,<br />

um das soziale Netzwerk zur Einhaltung<br />

datenschutzrechtlicher Regelungen zu<br />

bewegen.<br />

Datenschutz ist heute ein politisches Dauerthema,<br />

das davor lange ignoriert worden ist.<br />

Und es ist wie ein Pendel, der wieder zurückschwingt.<br />

Seit 9/11 hat man auf mehr Kontrolle<br />

gepocht, und es wurde immer mehr verschärft<br />

und verschärft. Auch in vielen Unternehmen<br />

hatte man parallele Phänomene – viele<br />

Menschen spüren jetzt, dass die Sammlung und<br />

Speicherung von Daten jetzt zu viel wird, und sie<br />

werden wütend, andere sind resignativ und<br />

sagen: Das ist halt so, da kann man nichts<br />

machen. Viele regen sich auf. Jetzt haben wir<br />

gerade heikle Diskussionen über die Vorratsdatenspeicherung,<br />

ein Thema, das eng mit<br />

Menschenrechten verflochten sein sollte. Aber<br />

wenn du auf der Uni über Menschenrechte<br />

lernst, und dann die die Zeitung aufschlägst,<br />

fragt man sich, um wie viel weiter sich die<br />

Realtität noch vom Papier entfernen soll.<br />

Du hast kürzlich gesagt, dass das Datenschutzrecht<br />

in Österreich kaum bekannt und<br />

„erfolglos“ sei. Bist Du noch dieser Meinung?<br />

Jein. Man merkt, dass sich die Anzahl der<br />

<strong>Rechts</strong> anwälte in diesem Bereich immer weiter<br />

erhöht. Vor ein paar Jahren waren es in<br />

Österreich vierzehn, jetzt sind es ca. vierunddreißig<br />

laut Schnellsuche bei der Anwaltskammer.<br />

Aber Datenschutzrecht wird bei uns leider kaum<br />

unterrichtet. Wahlfächer im Allgemeinen gibt es<br />

zahlreiche, aber Datenschutzrecht wird fast gar<br />

nicht unterrichtet. Ich weiß nur von einem einzigen<br />

Kurs, der sich damit befasst, aber allein<br />

aus zeitlichen Gründen kann er nicht die notwendige<br />

Tiefe vermitteln. Das ist eine Lücke bei<br />

uns.<br />

Auf anderen Universitäten gibt es ganze<br />

Datenschutzrecht-Übungen, die auch gut be -<br />

sucht sind. Gäbe es auch bei uns das Angebot,<br />

so zweifle ich nicht, dass die Anzahl der<br />

Interessenten auch groß wäre. Das Thema ist<br />

einfach aktuell und geht uns alle etwas an. Vor<br />

allem junge Menschen haben ständig damit zu<br />

tun – Facebook und Google beispielsweise nutzen<br />

die meisten mehrmals täglich. Daten schutzrecht<br />

ist ein Feld, wo man sehr schön politisch<br />

diskutieren kann. Das Thema polarisiert, die<br />

Meinungen sind grundverschieden. Das ist wohl<br />

auch eine Frage von Wertigkeit und Politik, ob<br />

die Uni da Geld hineinsteckt oder nicht.<br />

12 Juristl | Mai 2012


Fin<strong>des</strong>t Du, dass am Juridicum ausreichend oft<br />

polititsche Debatten stattfinden?<br />

Ich habe das Gefühl, dass unsere ProfessorInnen<br />

zwar sehr politisiert sind und sich auch oft<br />

bemühen, politische Debatten in den Lehrveranstaltungen<br />

zu initiieren. Vor allem bei umstrittenen<br />

Gesetzesentwürfen kann man gut debattieren.<br />

Aber viele der MitstudentInnen scheinen<br />

eine gewisse Scheu zu haben, in den Lehr veranstaltungen<br />

zu diskutieren, wenn das nicht in<br />

der Literaturangabe in den vorgegebenen Seiten<br />

vorkam. Ich habe aber das Gefühl, dass gerade<br />

solche, die sich für die Hintergründe an sich<br />

nicht interessieren, auch nicht lange beim<br />

Studium bleiben. Und ein politisches Interesse<br />

ist meiner Meinung notwendig Bestandteil der<br />

<strong>Rechts</strong>wissenschaften. Ohne Interesse an den<br />

Hintergründen wird man das Studium vielleicht<br />

eher abbrechen. Immerhin ist das Studium eine<br />

durchgehende Selektion. Und die politisch<br />

Desinteressierten sind meiner persönlichen<br />

Beobachtung nach diejenigen, die im Laufe <strong>des</strong><br />

Studiums eher weniger werden.<br />

Aber es bleiben doch einige KollegInnen beharrlich<br />

beim Studium, obwohl sie immer wieder mit<br />

immer mehr Nachdruck explizit äußern, dass<br />

jede Prüfung doch so uninteressant und mühsam<br />

sei. Da fragt man sich doch: Warum studierst<br />

Du das überhaupt?<br />

Und was, glaubst Du, ist ihre Antwort?<br />

Ich habe das Gefühl, die meisten beginnen mit<br />

dem <strong>Jus</strong>studium, weil sie einen lukrativen<br />

Arbeitsplatz haben wollen oder weil sie von<br />

anderen Studienrichtungen nichts wissen. Wahrscheinlich<br />

ist es überhaupt nur ein geringer<br />

Prozentsatz an Leuten, die sich wirklich von<br />

Anfang an aus wahrem Interesse reinsteigern<br />

wollen. Beim <strong>Jus</strong>studium ist wohl die Kon zentration<br />

solcher Studenten höher, denn wer studiert<br />

schon Meteorologie, bloß weil man nicht<br />

weiß, was man sonst machen soll? (Lacht.)<br />

Ist „europe-vs-facebook.org“ eigentlich Dein<br />

erstes größeres Projekt?<br />

Nein. Ich habe eigentlich schon immer relativ<br />

viel gemacht. Ich war lange beim AFS (einem<br />

Austauschprogramm für junge SchülerInnen) im<br />

Vorstand, wo wir „kleine Kinderlein“ in die Welt<br />

hinausexportiert habe (lacht), und politische<br />

Sachen haben mich auch immer interessiert. Im<br />

Rahmen einer Seminararbeit bei Prof.<br />

Schweighofer beispielsweise hab ich zur Videoüberwachung<br />

ein Paper geschrieben. Damals<br />

war mein Interesse so gewaltig, dass ich mich so<br />

in das Thema vertieft habe, dass das Ganze<br />

explodiert und letztlich ein ganzes Buch daraus<br />

geworden ist. Also es gibt eine lange Liste von<br />

Projekten, und es war immer schon so, dass ich<br />

aktiv sein wollte. Rund um europe-v-facebook.<br />

org gibt es halt einen furchtbaren Medien-Hype.<br />

Hast Du bei all den vielen Interessen einen<br />

bestimmten Berufswunsch?<br />

Wenn ich das wüsste! Ich kann mir eine typisch<br />

juristische Zukunft nicht vorstellen. Meine<br />

typische Antwort ist: „Ja, ich studiere <strong>Jus</strong>, aber<br />

nein, ich möchte nicht <strong>Rechts</strong>anwalt werden.“<br />

Es gibt viele Sachen, die mich interessieren, und<br />

das ist das Problem. Im Moment bin ich recht<br />

ratlos. Aber es kommt schon irgendwann. Ich<br />

finde, dass man sich da nicht so viel Stress<br />

machen sollte. Aber ich finde, bei uns am<br />

Juridicum wird eher wenig getan, um den<br />

StudentInnen auf die Sprünge zu helfen.<br />

Vergleich Österreich – USA<br />

Du hast ja auch ein Semester in den USA<br />

studiert. Ist die Karriereförderung an den<br />

amerikanischen law schools besser?<br />

In den USA gibt es so viele career-events, um<br />

jeden Studenten möglichst irgendwo unterzubringen,<br />

teilweise mit Mitteln, die man nicht<br />

unbedingt befürworten kann. Bei uns am<br />

Juridicum in Wien liegt der Fokus zu sehr auf der<br />

Theorie. Da kann man die Brücke zwischen<br />

Theorie und Berufsleben bestimmt noch ausbauen.<br />

Natürlich gibt es auch hier einzelne<br />

Initiativen, aber im Vergleich zu den USA etwa<br />

sind wir weit weniger für die Praxis aufgeschlossen.<br />

Das wundert mich teilweise, wie wenig die<br />

Studenten gefördert werden. Typischer Fall was<br />

das Videoüberwachungsbuch: Da hab ich einfach<br />

mal auf gut Glück den Text an die Verlage<br />

geschickt ohne viel zu erwarten. In den USA<br />

hingegen probiert es dein Professor, dich hier<br />

sofort reinzubekommen.<br />

Sind wir darum im internationalen Vergleich<br />

im Nachteil?<br />

Naja, wir putzen unsere Studenten nicht so<br />

heraus wie andere Unis. Beispiel: Unsere<br />

Prüfungen in Wien sind doch sehr niveauvoll,<br />

und wegen dieses hohen Schwierigkeitsgra<strong>des</strong><br />

ist es nicht so leicht, gute Noten zu erhalten. Das<br />

ist aber ein großer Nachteil, wenn wir international<br />

tätig sein wollen, weil Studierende anderer<br />

Universitäten viel leichter zu exzellenten Noten<br />

kommen.<br />

Wir sind, was Zusatzqualifikationen betrifft, zu<br />

sehr auf uns selbst angewiesen. Aber ansonsten<br />

bin ich mit unserer Ausbildung sehr zufrieden. In<br />

den USA habe ich sehr teure Privatunis gesehen,<br />

mit gutem Renomee und hohem Ranking, deren<br />

Absolventen trotzdem fachlich sehr wenig konnten.<br />

Da kann es gut passieren, dass dir Leute aus<br />

dem letzten Semester Grundsatzfragen nicht<br />

erklären können. Aber das Ausbildungsziel ist<br />

dort anders: dort geht es darum, zu manipulieren<br />

und alles in jede Richtung biegen zu können,<br />

bei uns geht es darum, die eine „ultimative<br />

Wahrheit“ zu finden. Beide Ausbildungsziele<br />

sind eigentlich recht fragwürdig.<br />

Bei uns herrscht auch ein größerer generalistischer<br />

Ansatz. Dies entspricht wohl mehr<br />

unserer Gesellschaft und unserer Kultur, dass<br />

man versucht, Dinge ganzheitlich und fächerübergreifend<br />

zu verstehen. Ich stelle also im<br />

Vergleich zu meiner Auslandserfahrung in den<br />

USA fest, dass die Uni in Wien und die<br />

Ausbildung, die wir bekommen, doch sehr gut<br />

ist, und wie gesagt sind bei uns sind die<br />

Prüfungen im Allgemeinen sehr niveauvoll. Ein<br />

halbwegs gutes Grundverständnis reicht bei uns<br />

noch nicht für eine positive Note aus,in den USA<br />

bekommt man hier zumin<strong>des</strong>t einen Dreier, weil<br />

die Noten der Klasse auf einen Zweier gemittelt<br />

werden. In den USA wird die Selektion nicht<br />

durch das „Können“ bestimmt, sondern durch<br />

das „Reinkommen“. Sobald man die Aufnahmeprüfung<br />

bestanden hat, ist der Rest verhältnismäßig<br />

simpel. Bei uns in Österreich wird hingegen<br />

dauernd darauf geachtet, wer wie viel<br />

gelernt hat, es ist eine permanente Selektion. Es<br />

wird ja immer wieder diskutiert das zu ändern,<br />

aber nach meiner Erfahrung in den USA wird es<br />

dadurch nicht besser.<br />

Juristl | Mai 2012<br />

13


Ich muss sagen, ich war zu Beginn <strong>des</strong> Studiums<br />

nach Prüfungen teilweise sehr wütend und<br />

dachte empört: „Unmöglich, dass so viele Leute<br />

durchfallen!“, aber es macht schon Sinn, erst<br />

ein Zeugnis zu bekommen wenn man den Stoff<br />

auch kann.. Das Problem ist, dass es oft vom<br />

Zufall abhängt, was für Noten man bekommt.,<br />

Es ist manchmal einfach Namenslotto, ob man<br />

einen Fünfer oder einen Einser bekommt. Es<br />

hängt oft nur vom Prüfer ab, dann vom<br />

Prüfungstermin und von den drei Fragen, die<br />

man bekommt. Aber im Großen und Ganzen<br />

kann man meiner Meinung nach schon sagen,<br />

dass unser System von der Bildung her viel besser<br />

ist als in den USA.<br />

In den USA gibt es von einer Zeitschrift ein<br />

Ranking der amerikanischen law schools, und<br />

wahnsinnigerweise bauen viele Universitäten ihr<br />

gesamtes Studiensystem nach diesen Rankings<br />

um. Das sind dann oft Kriterien, die didaktisch<br />

vollkommen irrelevant ist, zum Beispiel die<br />

Anzahl der Bücher in der Uni-Bibliothek oder<br />

das Einkommen im ersten Jahr nach der Uni.<br />

Aber dort scheint die ganze Mentalität anders<br />

zu sein. Der Hauptgedanke ist: Bekomme ich<br />

nachher einen lukrativen Job? Bei den<br />

Amerikanern geht es meist nicht um Bildung,<br />

sondern nur um Ausbildung. Und die Jobaussicht<br />

ist der einzige Grund, warum ein Amerikaner<br />

studiert, wenn er nicht gerade neureich ist.<br />

Dementsprechend wenden die amerikanischen<br />

Universitäten auch viel mehr Aufmerksamkeit<br />

der Jobvermittlung zu als der Bildung. Und ein<br />

Career Center auf der Uni hat dann bald mehr<br />

Personal als die Institute.<br />

Besonders schlecht finde ich die hohen<br />

Studiengebühren und die geringe staatliche<br />

Unterstützung in den USA. Viele Studierende<br />

müssen riesige Kredite aufnehmen, um die paar<br />

Jahre ihres Studiums zu absolvieren. Freunde<br />

von mir hatten bis zu $300.000 Schulden mit 24<br />

Jahren. Ich bin zwar ein Freund davon, dass man<br />

Gegenleistungen erbringt, wenn man etwas<br />

erhält, aber wir zahlen hier später ohnehin 50 %<br />

Steuern, wenn es „funktioniert“ hat. Kredite<br />

hingegen bedeuten Abhängigkeit, und man<br />

merkt an den Amerikanern, dass sie überhaupt<br />

nicht frei sind, weil sie so viel nur auf Kredit<br />

finanzieren. Das ist eine unglaubliche Masse von<br />

Leuten, die sogar zehn Jahre nach Studium noch<br />

verarmt sind, weil sie ihre Uni-Kredite höchst<br />

verzinst zurückzahlen müssen.<br />

Warum hast Du dich eigentlich für ein <strong>Jus</strong>studium<br />

entschieden?<br />

Weil ich das total spannend finde. Das moralische<br />

Gut und Falsch und wie sich eine<br />

Gesellschaft organisiert, auch gesamtwirtschaftlich,<br />

zu sehen, wie die Menschen sich verhalten<br />

sollen. Bei uns ist das zum Glück zum großen<br />

Teil logisch. Zum Beispiel Strafrecht finde ich<br />

spannend, denn da gelangt man zu den core<br />

values: etwa um Fragen darüber, wann jemand<br />

eingesperrt werden soll und für wie lange, ab<br />

wann eine Handlung strafbar sein soll und wann<br />

noch nicht. Das sind so grundlegende Fragen,<br />

die zum Denken anregen, und diese Dinge sind<br />

auch der Grund, warum ich mit <strong>Jus</strong> angefangen<br />

habe.<br />

Was mich noch fasziniert, ist das sehr logische<br />

strukturierte Denken. Zu Beginn habe ich<br />

Römisches Recht sehr in Frage gestellt, aber im<br />

Rückblick finde ich, dass das strukturierte<br />

Denken sehr viel erleichtert hat. Da lernt man<br />

zum ersten Mal die strengen Lösungstechniken.<br />

Auch in Diskussionen merke ich, dass die meisten<br />

Juristen viel eher in der Lage sind, die<br />

Kernprobleme aufzugreifen und strukturell sinnvoll<br />

Schritt für Schritt zu diskutieren, während<br />

die anderen viel chaotischer an ein Thema<br />

herangehen.<br />

Medien<br />

Hast Du mit dem Projekt „europe-facebook.<br />

org“ viel für Deine persönliche Entwicklung<br />

gewonnen?<br />

Ich lese die Medien, vor allem Interviews, jetzt<br />

ganz anders. Man erkennt relativ schnell, wenn<br />

man in der gleichen Position war, wie es wohl<br />

wirklich abgelaufen ist. Herrlich sind auch die<br />

Geschichten aus den Redaktionen, wenn man<br />

mit den Journalisten ein bisserl quatscht. Das,<br />

finde ich, war das Spannendste an der ganzen<br />

Mediengeschichte, diese Insider-Geschichten<br />

kennen zu lernen. Es ist einfach unterhaltsam,<br />

wie dieser ganze Zirkus so läuft.<br />

Hast du jetzt ein viel schlechteres Bild vom<br />

Ethos der Medien?<br />

Es war vorher schon schlecht genug! (Lacht.)<br />

Jetzt konsumiere ich Zeitungen aber noch distanzierter<br />

als früher. Es ist erschreckend, dass<br />

irgendein Journalist bloß eine Stunde Zeit hatte,<br />

um rasch einen Artikel zu schreiben, und somit<br />

keine Zeit für ernsthafte Recherche aufwenden<br />

kann. Manche sind vielleicht verpflichtet, drei<br />

Artikel am Tagzu liefern, aber auch das ist schon<br />

so viel, dass man nicht in der Lage ist, qualitativ<br />

akzeptabel nachzufragen. Dann bestehen Artikel<br />

nur noch aus schwammig formulierten Mutmaßungen<br />

und verkaufen sie als Fakten.<br />

Was natürlich total absurd und fragwürdig ist,<br />

ist es, wenn Worte aus dem Zusammenhang<br />

gerissen oder Dinge betont negativ dargestellt<br />

werden. Irgendwann habe ich im Zuge einer<br />

Diskussion geäußert, dass wegem <strong>des</strong> starken<br />

Lobbyings in den USA die Entscheidungsfindung<br />

meiner Meinung nach nicht wirklich ideal-demokratisch<br />

abläuft. Ein Reporter griff das auf und<br />

schrieb einen zwar guten und richtigen Artikel,<br />

aber die headline lautete: „Student aus Europa<br />

sagt: In den USA gibt es keine Demokratie!“ Das<br />

verzerrt dann natürlich das ganze Interview,<br />

wenn man einen nicht repräsentativen „Sager“<br />

rausnimmt und drüberschreibt. Oder ORF.at hat<br />

nach dem Treffen in Wien ein Foto genommen,<br />

wo ich gerade böse geschaut habe, weil ich eine<br />

PowerPoint am PC nicht gefunden habe. Das<br />

Foto haben sie dann genommen und nach dem<br />

Treffen mit Facebook in Wien getitelt „Eskalation<br />

in Wien“ oder so, dabei haben wir immer<br />

betont, dass das Treffen sehr freundlich verlaufen<br />

ist, aber anscheinend war ein positives<br />

Treffen für den Redakteur nicht so spannend wie<br />

ein negatives …<br />

Schlusswort<br />

Was war die wertvollste Erkenntnis, die Du in<br />

den letzten Monaten gewonnen hast?<br />

Wenn man ein gutes Argument hat, und es<br />

durchzusetzen will, dann kommt man im europäischen<br />

<strong>Rechts</strong>system doch sehr viel weiter als<br />

woanders. Die Türen gehen in Europa rasch auf,<br />

und der Rest geht dann relativ schnell – Zum<br />

Glück!<br />

14 Juristl | Mai 2012


ELSA<br />

Summer Law School in Vienna<br />

bericht<br />

Adi Bikic | Director for Law School at ELSA Vienna | director.ls@elsa-wien.org<br />

ELSA Vienna proudly presents the: 1st ELSA<br />

Law School on Dispute Resolution, which will<br />

take place in the last week of August 2012.<br />

This is going to be the first ELSA Law School in<br />

the thirty-years old history of ELSA Vienna.<br />

It all began in last fall, when a few Viennese law<br />

students, inspired by the ELSA summer law<br />

school in Istanbul, decided to bring together 43<br />

students from all over Europe. The aim was clear:<br />

to spread the ELSA Spirit.<br />

What is ELSA?<br />

The European Law Students’ Association (ELSA)<br />

was founded by students from Austria, Germany,<br />

Poland and Hungary in Vienna in 1981. Thirty<br />

years later, ELSA is represented in 42 countries,<br />

at more than 220 universities and has more<br />

than 32.000 members. ELSA is today the world’s<br />

largest independent law students’ association<br />

run by and for law students and young lawyers.<br />

What is the ELSA Spirit?<br />

ELSA is an unique platform which enables student<br />

to organize and participate at various<br />

events and improve their skills and friendships.<br />

After all these events every (real) ELSA member<br />

is talking about the famous ELSA Spirit. But no<br />

one can really define it, because it is always just<br />

what YOU feel, think and do during these happenings.<br />

In other words, it is what you make out<br />

of it. However, the outcome of an awesome<br />

combination of academic and social activities<br />

with internationally minded students is usually a<br />

mood, which we call ELSA Spirit.<br />

OK, but why dispute resolution?<br />

Conflicts are in the focus of nearly every legal<br />

activity. The classic dispute resolution method is<br />

litigation. Recently, arbitration, mediation and<br />

other types of alternative dispute resolution are<br />

becoming important. Nevertheless, most<br />

European universities still do not pay as much<br />

attention as they should to this very topic.<br />

Why should anyone participate?<br />

“International ELSA events are always a unique<br />

opportunity to improve your skills”, Prof. Martin<br />

E. Risak says – an ELSA Alumni member. In this<br />

sense, the participants will firstly get an overview<br />

of different dispute resolution techniques<br />

and their characteristics, secondly, an insight<br />

into sociological and psychological aspects of<br />

conflicts. This knowledge will be conveyed by<br />

leading experts like Prof. Paul Oberhammer,<br />

patron of the ELSA Law School or Dr. Johannes<br />

P. Willheim, founding partner of Willheim Müller<br />

RA, and Mag. Bettina Knötzl, partner at Wolf<br />

Theiss. The academic program will be complemented<br />

by unforgettable personal experience,<br />

new friendships, cultural exchange and a lot of<br />

ELSA Spirit.<br />

Again an overpriced<br />

summer law school?<br />

We are concerned to enrich the event with students<br />

from different cultural and legal backgrounds.<br />

Therefore we pave the way for those<br />

who are from economically weaker regions. At<br />

the same time we wanted to offer an outstanding<br />

academic and social program. Without the<br />

support of Willheim Müller RA - the main sponsor,<br />

and the personal commitment of Dr.<br />

Johannes P. Willheim we would not be able to<br />

bridge this gap. Further, we are thankful to<br />

Arnim Wahls who is responsible for Human<br />

Resources at Wolf Theiss, also a sponsor who<br />

recognized and immediately supported the ELSA<br />

Law School. The outcome is a fee of 28 Euro or<br />

32 Euro per day for all ELSA Members, including<br />

board and lodging.<br />

info<br />

If you are interested in an ELSA membership in<br />

general, write an e-mail to: secgen@elsa-wien.org<br />

Sei schneller als dein Schatten und erklick dir<br />

einen Bücher-Gutschein von Springer! Unter<br />

allen „Likes“ unserer Facebook Fanpage<br />

(www.facebook.com/elsavienna) bis zum<br />

31. 05. werden verlost:<br />

1. Preis EUR 150,–<br />

2. Preis EUR 100,–<br />

3. Preis EUR 50,–<br />

www.elsa-wien.org<br />

Since I am working on this project for more than<br />

7 months, I could write pages and pages about<br />

it. But please let me summarize my thoughts:<br />

Take part and you will be impressed!<br />

Juristl | Mai 2012<br />

15


Wahlfachkorb<br />

Wahlfachkorb Mediation<br />

bericht<br />

Peter K. | Beratung<br />

Verena Pottmann | verena.pottmann@gmx.at<br />

Was ist Mediation?<br />

Der Begriff Mediation leitet sich aus dem<br />

Lateinischen ab und wird ganz allgemein mit<br />

„Vermittlung“ übersetzt. Im §1 <strong>des</strong> österreichischen<br />

ZivMediatG wird die Mediation definiert<br />

als „eine auf Freiwilligkeit der Parteien beruhende<br />

Tätigkeit, bei der ein/-e fachlich ausgebildete/-r,<br />

neutrale/-r VermittlerIn (MediatorIn)<br />

mit anerkannten Methoden die Kommunikation<br />

zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel<br />

fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete<br />

Lösung ihres Konfliktes zu ermöglichen.“<br />

Die Mediation ist eine Form der alternativen<br />

Konfliktbeilegung, die sich an der Autonomie<br />

und Selbstbestimmtheit der Parteien <strong>des</strong><br />

Konflikts orientiert. Mit der Unterstützung der<br />

Mediatorin oder <strong>des</strong> Mediators sollen sie eine<br />

auf Konsensus beruhende Lösung ihres ur -<br />

sprünglichen Konfliktes finden. Es ist eine außergerichtliche<br />

und eher informelle Art der Konfliktbearbeitung,<br />

die gegenseitiges Verstehen sowie<br />

eine konstruktive Kommunikationsbasis zwischen<br />

den Parteien anstrebt.<br />

Anwendungsbereiche der<br />

Mediation<br />

In Österreich hat sich die Mediation um 1990<br />

etabliert. Zunächst wurde sie vor allem zur<br />

Beilegung familiärer Konflikte eingesetzt, insbesondere<br />

bei Scheidungen und Trennungen.<br />

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von weiteren<br />

Anwendungsbereichen, wie beispielsweise<br />

Mediation bei NachbarInnenschaftsstreitigkeiten,<br />

Schul mediation, Wirtschaftsmediation,<br />

Lehr lings mediation, Mediation im öffentlichen<br />

Bereich / Umweltmediation und Mediation im<br />

Rahmen <strong>des</strong> Tatausgleichs.<br />

bestehe, zum einen social skills zu erwerben und<br />

zum anderen einen Einblick in die Methode der<br />

Mediation und andere Formen der außergerichtlichen<br />

Konflikt beilegung zu erhalten. „Ich sehe<br />

es als wertvolle Ergänzung zum <strong>Jus</strong>-Studium<br />

und als Beitrag zur Persönlichkeitsbildung,<br />

Wissen in den Bereichen der Konfliktanalyse und<br />

Grund lagen der Kommunikation (nicht nur) im<br />

Konflikt fall zu erwerben. Einige Ausbildungsstunden<br />

auf diese Bereiche zu verwenden, vermag<br />

jeder <strong>Jus</strong>-Absolventin und jedem <strong>Jus</strong>-<br />

Absolventen das spätere Berufs- und Privatleben<br />

zu erleichtern“, so Ass.-Prof. Dr. Ulrike<br />

Frauenberger-Pfeiler weiter.<br />

Person<br />

Ass.-Prof. Dr. Ulrike Frauenberger-Pfeiler koordiniert<br />

den Wahl fachkorb.<br />

Überblick über die einzelnen<br />

Lehrveranstaltungen<br />

Im Kernbereich liegen fünf Lehrveranstaltungen:<br />

Lehrveranstaltung <strong>des</strong> Kernbereichs<br />

1. Theoretische und praktische Grundlagen der Mediation<br />

(Einführung in die Mediation)<br />

2. Anwendungsbereiche der Mediation – Die österr. Praxis<br />

(Ringvorlesung)<br />

Psychologie der Konfliktlösung oder Konfliktlösung<br />

im Arbeitsverhältnis.<br />

Zu den einzelnen<br />

Lehrveranstaltungen <strong>des</strong><br />

Kernbereiches:<br />

1. Theoretische und praktische Grundlagen<br />

der Mediation (Einführung in die Mediation)<br />

Diese Lehrveranstaltung soll den Studierenden<br />

einen ersten Einblick in die Methode der<br />

Mediation ermöglichen. Besprochen werden<br />

insbesondere die sog. „5 Phasen“ einer<br />

Mediation – also der strukturelle Ablauf –<br />

und es werden verschiedene Kommunikationsstrategien<br />

und Fragetechniken vorgestellt. In<br />

kurzen Rollenspielen können diese auch<br />

gleich ausprobiert werden.<br />

2. Anwendungsbereiche der Mediation – Die<br />

österr. Praxis<br />

Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung werden<br />

Gastvortragende aus vielen verschiedenen<br />

Bereichen der Mediaton eingeladen, wie z.B.:<br />

aus der Familien- und Wirtschaftsmediation<br />

sowie der außergerichtlichen Streitbeilegung.<br />

Diese erzählen anhand von Fällen wie ihre<br />

alltägliche Arbeit aussieht und beschreiben<br />

den Umfang ihres Arbeitsbereichs.<br />

Vortragende/r<br />

Mathias Schuster<br />

Ulrike Frauenberger, Peter Adler<br />

3. Außergerichtliche Konfliktregelung in Zivilsachen (I und II) Ulrike Frauenberger, Martin Risak<br />

4. Kommunikation in der Konfliktregelung<br />

(Kommunikationsstrategien)<br />

Peter Adler<br />

5. Konfliktanalyse in der außergerichtlichen Streit beilegung Peter Adler<br />

Was bietet mir der<br />

Wahlfachkorb?<br />

Ass.-Prof. Dr. Ulrike Frauenberger-Pfeiler, die<br />

Koordinatorin <strong>des</strong> Wahlfachkorbes, meinte, dass<br />

das Ziel der Aus bildung im Wahlfachkorb darin<br />

Der Wahlbereich umfasst derzeit acht Lehrveranstaltungen,<br />

die abwechselnd im Sommeroder<br />

Wintersemester angeboten werden.<br />

Darunter befinden sich beispielsweise die Kurse<br />

Familienmediation, Diversion in Strafsachen,<br />

3. Außergerichtliche Konfliktregelung in Zivilsachen<br />

In diesem Kurs werden die rechtlichen Grundlagen<br />

der Mediation durchgenommen (insbesondere<br />

Mediation nach dem ZivMediatG).<br />

16 Juristl | Mai 2012


Zum Vergleich wird die Mediation in anderen<br />

Ländern betrachtet und nationale Unterschiede<br />

herausgearbeitet (z.B.: Australien,<br />

Deutschland, USA).<br />

4. Kommunikation in der Konfliktregelung<br />

(Kommunikationsstrategien)<br />

Hier geht es um Techniken der Kommunikation<br />

in Konfliktsituationen. Es werden Kenntnisse<br />

vermittelt, die es der Hörerin oder dem Hörer<br />

ermöglichen, gewisse Muster zu erkennen<br />

und auf diese methodisch zu reagieren. Zu<br />

den Methoden gehören insbesondere:<br />

Kommunikationsverhalten reflektieren und<br />

normalisieren sowie empathisches Zuhören.<br />

Auch allgemeines Hinter grundwissen zur<br />

Kommunikation wird vorgestellt.<br />

5. Konfliktanalyse in der außergerichtlichen<br />

Streitbeilegung<br />

Im Rahmen der Konfliktanalyse in der außergerichtlichen<br />

Streitbeilegung erfolgt als Einleitung<br />

die Definition <strong>des</strong> Begriffs Konflikt. Im<br />

weiteren Verlauf der Lehrveranstaltung werden<br />

verschiedene Möglichkeiten der Diagnose,<br />

Erscheinungsformen und Methoden der<br />

Konflikt behandlung besprochen und anhand<br />

von Beispielen dargestellt.<br />

Aufnahme in den Wahlfachkorb<br />

Aufgrund der didaktisch notwendigen Be -<br />

schränkung der Teilnehmerzahl in den einzelnen<br />

Lehrveranstaltungen und der thematischen<br />

Besonderheit der Ausbildung ist die Aufnahme<br />

in den Wahlfachkorb eine wesentliche Voraussetzung.<br />

Die Aufnahme erfolgt zu Beginn je<strong>des</strong><br />

Wintersemesters, die nächste Möglichkeit ist<br />

vom 01. 07. 2012 bis 12. 09. 2012. Die Be -<br />

werbung erfolgt mit einem kurzen Motivationsschreiben,<br />

einem Kurzlebenslauf und einem<br />

aktuellen Sammelzeugnis.<br />

Unser Fazit<br />

Besonders für <strong>Jus</strong>studierende ist die Mediation<br />

interessant, da sie vielseitig einsetzbar ist und<br />

sich die spezifischen Techniken (konsensorientierte<br />

Gesprächsführung, Fragetechniken, Komm<br />

unikations strategien, Konfliktanalyse, etc.)<br />

gerade in den klassischen <strong>Rechts</strong>berufen als<br />

nützlich erweisen können. Die Absolvierung <strong>des</strong><br />

Wahlfachkorbes stellt somit eine sehr gute<br />

Ergänzung <strong>des</strong> <strong>Jus</strong>studiums dar und stellt an die<br />

TeilnehmerInnen im Vergleich zum restlichen<br />

Studium andere Herausforderungen, die aber<br />

gerade <strong>des</strong>halb den Horizont erweitern.<br />

Der Wahlfachkorb bietet einen guten ersten<br />

Einstieg in die Arbeitsweise der Mediation und<br />

vermittelt den TeilnehmerInnen zum einen das<br />

grundlegende Know-How (Lehrveranstaltungen<br />

<strong>des</strong> Kernbereichs) und ermöglicht es zum anderen<br />

auch die Besonderheiten in den einzelnen<br />

Anwendungsbereichen (Lehrveranstaltungen <strong>des</strong><br />

Wahlbereiches) etwas näher kennenzulernen.<br />

Juristl | Mai 2012<br />

17


Wahlfachkorb<br />

Wahlfachkorb Strafjustiz und<br />

Kriminalwissenschaften<br />

bericht<br />

Mag. Mona Zaher | beratung | mona.zaher@fvjus.at<br />

Serien wie CSI, Cold Case, Law & Order, Tatort<br />

und viele mehr füllen unser Fernsehprogramm<br />

Tag für Tag. Man kennt und liebt sie. Doch was<br />

steckt hinter all diesen Serien? Was lernen wir<br />

von diesen und vor allem warum können wir<br />

uns von manchen einfach nicht losreißen?<br />

Das Stichwort ist: „Strafrecht und Kriminalwissenschaften”.<br />

Im Laufe <strong>des</strong> <strong>Jus</strong>studiums<br />

begegnen wir alle dem Fach Strafrecht. Von vielen<br />

geliebt, von vielen gefürchtet. Doch was<br />

viele nicht wissen ist, dass hinter dem Strafrecht<br />

noch vieles mehr verborgen liegt als das, was<br />

man uns lehrt. Das Strafrecht wird immer begleitet<br />

von den Kriminalwissenschaften. Fach bereiche<br />

der Kriminalwissenschaften wie Kriminologie<br />

(Lehre vom Verbrechen) und Kriminalistik<br />

(Verbrechensaufklärung) finden sich in all den<br />

von uns begehrten Serien wieder.<br />

Fernsehen und Realität<br />

An unserer rechtswissenschaftlichen Fakultät in<br />

Wien besteht neben dem Institut für Strafrecht<br />

auch eine eigene Abteilung für Kriminologie.<br />

Diese betreut schon sehr lange den erfolgreichen<br />

Wahlfachkorb „Strafjustiz und Kriminalwissenschaften”,<br />

wobei die darin angebotenen<br />

Lehrveranstaltungen derzeit zu den angesagtesten<br />

und meistbesuchten zählen. Warum dieser<br />

WFK derzeit so “boomt”, lässt sich leicht erklären:<br />

Strafrecht und vor allem die Kriminologie<br />

und Kriminalistik haben im Laufe der Zeit<br />

zunehmend an Bedeutung gewonnen, da sie<br />

immer mehr die Aufmerksamkeit der Medien auf<br />

sich gezogen haben. Heutzutage wird jedoch die<br />

Arbeit hinter den Kulissen auf Grund verschiedenster<br />

medialer Einflüsse unterschätzt. Diese<br />

vermitteln uns zwar ein realistisches Bild der<br />

Methoden und Möglichkeiten der Verbrechenskontrolle<br />

und Verbrechensaufklärung und<br />

ermöglichen ein besseres Verständnis der<br />

Arbeitsweisen, dennoch steckt noch vielmehr<br />

hinter dem äußeren Schein. Vielen entgeht, dass<br />

alles, was man im Fernsehen an wissenschaftlichen<br />

<strong>Analyse</strong>n und Ermittlungsarbeit sieht, in<br />

Wahrheit viel mehr Zeit, Fachpersonal und hochqualitativ<br />

ausgestattete Forschungszentren und<br />

Laboratorien benötigen. Am Juridicum werden<br />

somit im Rahmen <strong>des</strong> WFK jährlich eine Vielzahl<br />

von unterschiedlichen und immer neuen<br />

Lehrveranstaltungen angeboten, die einem die<br />

Praxis und Realität wieder näher und Licht ins<br />

Dunkeln bringen.<br />

Realität und LehrveraNstaltUNG<br />

Sangebot<br />

Es ist beeindruckend, wie viel Vielfalt in diesem<br />

WFK steckt und dass ein ständiges Bemühen<br />

existiert, das Lehrveranstaltungsangebot immer<br />

weiter auszubauen, um Studierenden zu ermöglichen,<br />

in viele verschiedene Bereichen einzutauchen.<br />

Es gibt Lehrangebote zur Wirtschafts- und<br />

Computerkriminalität, Kriminalprävention und<br />

Viktimologie, oder auch zur forensischen Schriftund<br />

Urkundenuntersuchung sowie Gender-<br />

Aspekten der Kriminologie. Auch zu aktuellen<br />

Themen werden erstmals LV dieses Semester<br />

angeboten wie z.B. „Schusswaffenkriminalität“<br />

oder „Cybercrime“. Auch die „Gerichtsmedizin<br />

für JuristInnen“, eine schon sehr lang existierende<br />

und immer noch gut besuchte LV, bringt<br />

einem „C.S.I-Wissen“ fast greifbar in den<br />

Hörsaal. (ACHTUNG: nichts für schwache Nerven<br />

und sensible Mägen ;-)). Es gibt auch zahlreiche<br />

interessante Seminare, wo man die Möglichkeit<br />

bekommt, sich mit vielen wissenschaftlichen<br />

oder praktischen Themen im In- oder Ausland zu<br />

beschäftigen. Und auch das ist nur ein kleiner<br />

Auszug <strong>des</strong>sen, was der WFK zu bieten hat.<br />

Ich persönlich habe den WFK schon lange fertig<br />

absolviert und besuche noch heute regelmäßig<br />

LV, die neu dazukommen. Für mich war und ist<br />

dieser WFK immer noch eine große Bereicherung,<br />

da er mir Einblicke in Gebiete gewährt, zu denen<br />

man sonst nur wenig Zugang erhält bzw mit<br />

welchen man sich vielleicht sonst nie beschäftigen<br />

würde.<br />

info<br />

Dieses Semester finden unter anderem statt:<br />

Kernbereich<br />

VO Grundlagen der Kriminologie (Grafl)<br />

KU Wirtschafts- und Europastrafrecht (Tipold)<br />

KU Psychische Krankheit und Gefährlichkeit<br />

(Schanda)<br />

Wahlbereich<br />

KU Jugendkriminalität und Jugendstrafvollzug<br />

(Grafl; Beclin)<br />

KU Viktimologie (Pirnat)<br />

KU Schusswaffenkriminalität (Klob)<br />

KU Aktuelle Fragen <strong>des</strong> "Cybercrime" (Salimi)<br />

VO Gerichtliche Medizin für Juristen II (von 2)<br />

(Hochmeister)<br />

SE: "Medizinstrafrecht": 3-Länder-Seminar in<br />

Augsburg (Fuchs, Bruckmüller, Höpfel)<br />

SE: "International Criminal <strong>Jus</strong>tice" - (Höpfel;<br />

Hafner; Nowak)<br />

info<br />

Mehr Informationen findet ihr auf der Homepage<br />

<strong>des</strong> Instituts für Strafrecht und Kriminologie:<br />

http://strafrecht.univie.ac.at/bereiche/kriminologie/wahlfachkorb-info/<br />

18 Juristl | Mai 2012


Rezensionen<br />

Rezensionen<br />

Besprechung Wiener Kommentar zum UGB – Teil Rechnungslegung<br />

Straube (Hrsg)<br />

Manz Verlag,<br />

1174 Seiten, 312 Euro<br />

Autor der Rezension:<br />

Georg Gutfleisch<br />

Der MANZ-Verlag schließt mit dem nunmehr in 3. Auflage<br />

erschienenen Kommentar zum UGB nahtlos an die Erfolge<br />

vergangener Zeiten an. Seit mehr als einer Dekade wartet<br />

die Wissenschaft und Praxis auf die Neuauflage dieses<br />

Ban<strong>des</strong> und es ist festzustellen, dass die Erwartungen<br />

nicht enttäuscht wurden. Herausgeber und Verlag haben<br />

es wieder vollbracht, die angesehensten Experten, die<br />

nicht nur über fachlichen Ruf, sondern auch über die<br />

Erfahrungen aus der Praxis verfügen, für die Neubearbeitung<br />

zu gewinnen. Vom inhaltlichen Aufbau her<br />

orientiert sich dieser Kommentar an den Vorschriften <strong>des</strong><br />

3. Buches <strong>des</strong> Unternehmensgesetzbuches und kommentiert<br />

sowohl den Einzelabschluss, den Konzernabschluss,<br />

sowie die weiteren Bestimmungen betreffend die<br />

Vorschriften über die Prüfung, Offenlegung, Veröffentlichung<br />

<strong>des</strong> Jahresabschlusses und die korrespondierenden<br />

Zwangsstrafen. Der inhaltliche Aufbau je<strong>des</strong><br />

Paragraphen ist sowohl für Wissenschaft als auch für<br />

Praxis transparent und zweckorientiert gegliedert. Eröffnet<br />

wird jeder Paragraph durch die Angabe der gesetzlichen<br />

Bestimmung und einem umfangreichen Literaturverzeichnis,<br />

dem ein einleitender Abschnitt folgt, der die<br />

Grundsätze dieser Bestimmung, sowie die gesetzliche<br />

Entwicklung erläutert. Nach dieser Inhaltsübersicht ist die<br />

Komm entierung der Paragraphen nach einem einheitlichen<br />

Schema aufgebaut, das – in einer Grobgliederung<br />

– der Besprechung der jeweiligen unternehmensrechtlichen<br />

Bestimmung dient, an die eine Kurzdarstellung der<br />

steuerrechtlichen Bilanzrechtsvorschriften, die parallel zu<br />

den unternehmensrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen<br />

sind, anknüpft. Die inhaltliche Ausgestaltung<br />

bewegt sich auf erfreulich hohem Niveau. So blieben den<br />

LeserInnen langwierige und für Wissenschaft und den<br />

gebildeten PraktikerInnen völlig unzweckmäßige Buchungs<br />

beispiele sowie überflüssige Lehrbuchübungsfälle<br />

erspart. Vielmehr erfreut das Buch durch eine sehr detaillierte<br />

Kommentierung und einem sehr dichten Verweis auf<br />

das österreichische und einschlägige deutsche Schrifttum<br />

und nimmt sowohl den WissenschaflerInnen als auch den<br />

PraktikerInnen zur weiteren Vertiefung und Lösungsfindung<br />

an die Hand. Schlussendlich bleibt den Autoren,<br />

dem Herausgeber und dem Verlag zu diesem Werk nur zu<br />

gratulieren, und jedem/-r WissenschaftlerIn sowie Praktiker<br />

In die Empfehlung an das Herz zu legen, dieses Werk<br />

in seine Bibliothek aufzunehmen.<br />

Einführung in das Wirtschaftsstrafrecht, 2011<br />

Eder-Rieder<br />

Neuer Wissenschaftlicher<br />

Verlag, 299 Seiten,<br />

34,80 Euro<br />

Autor der Rezension:<br />

Mag. Balazs Esztegar<br />

LL.M.<br />

Einführung in das Wirtschaftsstrafrecht befasst sich mit<br />

einem immer bedeutender werdenden Teilbereich <strong>des</strong><br />

österreichischen Strafrechts, nämlich der Wirtschaftskriminalität.<br />

Dass die zum Wirtschaftsstrafrecht gezählten<br />

Delikte als besonders aktuell angesehen werden, liegt<br />

nicht zuletzt am gestiegenen Medieninteresse an<br />

Großverfahren wie „Bawag“ oder „Hypo“. Aber auch die<br />

Einrichtung der neuen Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />

trägt der Bedeutung dieser Delikte Rechnung. Das Buch<br />

befasst sich mit den einzelnen Delikten <strong>des</strong> Wirtschaftsstrafrechts<br />

aus materiellrechtlicher und strafprozessualer<br />

Sicht. Neben den aus dem StGB bekannten Deliktsgruppen,<br />

zu denen auch die Korruptionstatbestände gehören, zählt<br />

vor allem auch das Computerstrafrecht zu den besonders<br />

hervorgehobenen Tatbeständen, denen sich das Buch<br />

widmet. Zusätzlich zu den Delikten aus dem StGB werden<br />

auch die im Wirtschaftsleben bedeutenden Delikte im<br />

Nebenstrafrecht besprochen. So befasst sich ein Kapitel<br />

mit dem UrheberInnenstrafrecht, ein weiteres mit der<br />

Marken- und Produktpiraterie. Darüber hinaus geht das<br />

Buch auch auf das UWG, die gesellschaftsrechtlichen<br />

Strafbe stimmungen und den Anlegerschutz ein. Einige<br />

eher ausgefallene Bereiche wie das Lebensmittelstrafrecht,<br />

das Weingesetz und die Umweltdelikte werden ebenfalls<br />

gestreift. Einen weiteren Schwerpunkt bildet schließlich<br />

das Finanzstrafrecht. Das Buch ist eine Synthese aus<br />

einem klassischen, jedoch nur auf das Wirtschaftsstrafrecht<br />

beschränkten „Besonderen Teil“ und einer Gesamtbetrachtung<br />

<strong>des</strong> Wirtschaftsstrafrechts an sich. Es werden<br />

die einzelnen Delikte besprochen, nicht jedoch ohne<br />

gleichzeitig auch Zusammenhänge zu knüpfen und allgemeine<br />

Einleitungen zu geben.<br />

in Zusammenarbeit mit librate.com<br />

Juristl | Mai 2012<br />

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Interview mit Univ-Prof. Fina<br />

LL.M. Europäisches und Inter -<br />

nationales Wirtschaftsrecht<br />

interview<br />

MAG. Simone Gloria Engelbrechtsmüller | Beratung | simonegloria@fvjus.at<br />

Erst kürzlich wurde das neue Masterprogramm,<br />

der „Vienna Master of Arts in Human Rights”,<br />

unter der Leitung Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak,<br />

LL.M., stolz von der Universität Wien präsentiert.<br />

Weitgehend unbekannt ist jedoch die Tatsache,<br />

dass über das „Center for Advanced Legal<br />

Education (CALE)“, einer 2006 eingerichteten<br />

und von ao. Univ.-Prof. Dr. Siegfried Fina geleiteten<br />

Plattform der <strong>Rechts</strong>wissenschaftlichen<br />

Fakultät für die von ihr angebotenen Weiterbildungs<br />

aktivitäten, eine Reihe von interessanten<br />

LL.M.-Programmen angeboten werden.<br />

Im Zuge meiner Recherche bin ich auf das LL.M.-<br />

Studium „Europäisches und Internationales<br />

Wirtschaftsrecht“ gestoßen, das mein Interesse<br />

geweckt hat.<br />

Die Webseite <strong>des</strong> Programms definiert ihre<br />

Zielgruppe als Personen, welche die Intention<br />

haben, für international operierende Unternehmen,<br />

Wirtschaftsrechtskanzleien, Regierungs<br />

behörden, die Institutionen der Europäischen<br />

Union oder internationale Organisationen<br />

zu arbeiten. Auf meine Anfrage war<br />

ao. Univ.-Prof. Dr. Siegfried Fina sofort bereit, mir<br />

ein hochinteressantes, ausführliches Interview<br />

zu diesem postgradualen Studiengang zu geben.<br />

Ich war überrascht, auf der Homepage zwei<br />

LL.M.-Programme zu finden, ein deutsches<br />

und ein englisches. Gibt es einen Unterschied?<br />

Ja, es werden zwei Programme angeboten, ein<br />

rein deutschsprachiges und ein ausschließlich<br />

englischsprachiges Programm. Die inhaltliche<br />

Ausrichtung ist im Wesentlichen gleichartig. Im<br />

englischen Programm haben wir zudem auch<br />

einen besonderen Immaterialgüter- und Technologierechtsschwerpunkt.<br />

Könnten Sie mir bitte einen Einblick in den<br />

Aufbau <strong>des</strong> Studiums geben?<br />

Zuerst sollte sich der Studierende darüber im<br />

Klaren sein, welches Programm er absolvieren<br />

will, das „LLM Program in European and<br />

International Business Law“, das in Englisch<br />

abgehalten wird, oder das deutschsprachige<br />

„LL.M.-Studium für Europäisches und Internationales<br />

Wirtschaftsrecht“.<br />

In der Folge ist es sinnvoll, sich eine weitere<br />

grund legende Frage zu stellen: „Will ich das<br />

Studium berufsbegleitend absolvieren oder kann<br />

ich die Vollzeitvariante wählen?“<br />

Person<br />

Ao.Univ.-Prof. Dr. Siegfried Fina ist außerordentlicher<br />

Universitätsprofessor für Europa- und<br />

Technologierecht.<br />

Prinzipiell erstreckt sich die Dauer <strong>des</strong> Vollzeitstudiums<br />

über 2 Semester, während das berufsbegleitende<br />

Programm vier Semester in<br />

Anspruch nimmt. Besonders Studierende <strong>des</strong><br />

deutschsprachigen Vollzeitprogramms haben die<br />

Erfahrung gemacht, dass sich die postgraduale<br />

universitäre Ausbildung sehr gut mit der<br />

Gerichtspraxis vereinbaren lässt, da alle Lehrveranstaltungen<br />

freitags und samstags stattfinden.<br />

Natürlich kann der Unterricht am Freitag zu<br />

einem gewissen Problem werden, aber wenn<br />

man das Glück hat, einem verständnisvollen,<br />

netten Richter zugeteilt zu sein, ist es leicht, an<br />

den Lehrveranstaltungen teilzunehmen, da sie<br />

nicht jeden Freitag stattfinden.<br />

Das englischsprachige Programm präsentiert<br />

sich hingegen als typisches Vollzeitprogramm, so<br />

wie es vom Diplomstudium bekannt ist. Grundsätzlich<br />

wird es von Montag bis Freitag abgehalten<br />

und die Zeiten orientieren sich an der Verfügbarkeit<br />

der Professoren.<br />

Unterschiede gibt es natürlich auch bei der<br />

Zusammensetzung der Studierenden. Im deutsch<br />

sprachigen Studienzweig ist das primäre Ein<br />

zugsgebiet natürlich das deutschsprachige<br />

Umfeld von Wien, während die Zielgruppe <strong>des</strong><br />

englischen Programms Studierende aus der<br />

ganzen Welt, natürlich auch aus Österreich,<br />

umfasst.<br />

Wie viele Studierende belegen das LL.M.-<br />

Studium im Semester?<br />

Der Schnitt liegt im deutschsprachigen Zweig<br />

bei 30 – 35 Studierenden, während im englischen<br />

etwas mehr Studierende, ungefähr 35 bis<br />

40, zu verzeichnen sind.<br />

Im zumin<strong>des</strong>t momentanen Gegensatz zum<br />

Diplomstudium ist diese Ausbildung mit Kosten<br />

verbunden. Es fällt ein Lehrgangsbeitrag von<br />

10.800 Euro an. Gibt es Möglichkeiten zur<br />

Finanzierung, wie etwa Stipendien?<br />

Laut der gesetzlichen Vorgabe müssen in<br />

Österreich für Universitätslehrgänge Studiengebühren<br />

eingehoben werden. Gleichzeitig sind<br />

die Universitäten mit dem Problem konfrontiert,<br />

diese Programme finanzieren zu müssen.<br />

Natürlich sind die Universitäten daran interessiert,<br />

Stipendien zu vergeben. Leider fehlen<br />

dafür aber die Mittel, da laut der gesetzlichen<br />

Vorgabe die gesamte Lehre aus Drittmitteln,<br />

also Studiengebühren, bestritten werden muss.<br />

Im Ergebnis ist der Studierende auf sich alleine<br />

gestellt und muss sich selbst um (Teil)Stipendien<br />

bemühen. Manchmal beteiligt sich der Arbeitgeber,<br />

manchmal Personen aus dem familiären<br />

Umfeld und teilweise existieren im Rahmen der<br />

20 Juristl | Mai 2012


Arbeitsmarktförderung auch Teil stipendien. Man<br />

muss jedoch anmerken, dass die Summe von<br />

10.800 Euro für ein berufsbegleiten<strong>des</strong> Studium<br />

über vier Semester im internationalen Vergleich<br />

verhältnismäßig wenig ist. Sie ist sogar gefährlich<br />

niedrig, weil international an der Qualität<br />

<strong>des</strong> Programms wegen seiner „Billigkeit“ ge -<br />

zweifelt werden kann.<br />

Wir sind aber gezwungen, einen Mittelweg<br />

zwischen dem, was das österreichische Bildungsumfeld<br />

mit einem Nulltarif in Verbindung mit<br />

den gesetzlichen Vorgaben, Studiengebühren<br />

einheben zu müssen, aufzeigt, und mit der<br />

Beachtung der internationalen Situation, zu finden.<br />

Zum Vergleich, man zahlt in Stanford oder<br />

in Harvard etwa 40.000 US-Dollar pro Jahr,<br />

wodurch sich schon ein erheblicher preislicher<br />

Unterschied ergibt.<br />

Welche Vorteile bringt mir ein absolviertes<br />

LL.M.-Studium für Europäisches und<br />

Internationales Wirtschaftsrecht?<br />

Der Vorteil ist gerade die fachliche Qualifikation,<br />

denn in Österreich studieren tausende Studenten<br />

<strong>Rechts</strong>wissenschaft, die alle dasselbe Profil<br />

haben. Der einzige Unterschied liegt in den<br />

Wahlfachkörben, aber in Wahrheit ist dieser<br />

minimal. Für Studierende bietet gerade die postgraduale<br />

Ausbildung eine effektive Abgrenzung<br />

von der Masse. Gerade wenn man Wirtschaftsjurist<br />

werden will, verfügt man nicht nur<br />

über eine Kernausbildung in den <strong>Rechts</strong>wissenschaften,<br />

sondern zusätzlich auch über<br />

das Spezialgebiet in europäischem und internationalem<br />

Wirtschaftsrecht. Für andere angestrebte<br />

<strong>Rechts</strong>bereiche muss man sich natürlich<br />

ein anderes postgraduales Studium wählen, um<br />

seine fachlichen Kompetenzen zu erweitern.<br />

Worin liegt nun der Unterschied zu dem<br />

LL.M. der WU, an der ich, vorausgesetzt ich<br />

schaffe den Einstiegstest, auch einen Master<br />

im Wirtschaftsrecht erwerben kann und das<br />

kostenlos?<br />

Die WU setzt den Schwerpunkt im nationalen<br />

Recht, weil sie bestrebt ist, ihre eigenen<br />

AbsolventInnen zur <strong>Rechts</strong>anwalts prüfung hinzuführen.<br />

Wir wollen jedoch eine postgraduale<br />

Ausbildung zum europäischen und internationalen<br />

Wirtschaftsrecht anbieten. In ganz Österreich<br />

gibt es keine darauf ausgerichteten Programme<br />

und auch im internationalen Umfeld gibt es<br />

kaum Studiengänge, die sich auf dieses <strong>Rechts</strong>gebiet<br />

spezialisiert haben. Wie gesagt ist die von<br />

uns angebotene Ausbildung eine Rarität auf<br />

diesem Feld, und die Nachfrage scheint uns<br />

Recht zu geben. Die Studierenden sollten die<br />

Studien kosten also als Investition ansehen, weil<br />

dieses Studium eine sinnvolle Ergänzung und<br />

Spez ialisierung ist. Schon die Zahlen sprechen<br />

für sich, denn je<strong>des</strong> Jahr beginnen etwa 70 neue<br />

Studierende, was eine ungewöhnlich große<br />

Gruppe für einen Universitäts lehrgang darstellt.<br />

Natürlich bekommen wir immer wieder auch<br />

Rückmeldungen von den Absolventen, denen<br />

dieser Abschluss zu einem Karrieresprung verholfen<br />

hat. Manche Absol venten kommen gerade<br />

wegen dieser Zusatz qualifikation in eine<br />

Schlüsselposition.<br />

Kann man die Alumnitreffen auch als Netzwerkerneuerung<br />

und Erweiterung sehen?<br />

Die im Aufbau befindlichen jahrgangsübergreifenden<br />

Netzwerke sind eine Entwicklung, auf<br />

die ich persönlich großen Wert lege, denn die<br />

Studierenden aus demselben Jahrgang kennen<br />

sich ohnedies schon. Dieses LLM-Programm<br />

startete 2007, somit haben wir seit 2008<br />

AbsolventInnen in europäischem und internationalem<br />

Wirtschaftsrecht und je älter das Studium<br />

wird, <strong>des</strong>to mehr Studierende können wir vernetzten.<br />

Wir wollen der Situation vorbeugen,<br />

dass Menschen in der Praxis zusammentreffen<br />

und gar nicht wissen, dass sie dasselbe LLM.-<br />

Programm absolviert haben. Wie ich aus eigener<br />

Erfahrung, insbesondere aus den USA weiß, hat<br />

das Networking seine Vorteile, alleine das<br />

Erkennen, dass man von derselben Ausbildungsinstitution<br />

kommt, hat einen praktischen Vorteil.<br />

Würden Sie mir bitte beschreiben, worum es<br />

sich bei dem Stanford-Vienna Transatlantic<br />

Techno logy Law Forum (TTLF) handelt?<br />

Das TTLF ist eine gemeinsame Arbeitsplattform<br />

zwischen unserer Fakultät und der renommierten<br />

Stanford Law School in den USA. Diese<br />

Arbeitsplattform ist sehr stark forschungslastig,<br />

da Stanford eine „research university“ ist. Es ist<br />

hervorzuheben, dass Stanford derzeit auf dem 2.<br />

Platz <strong>des</strong> Rankings für Law Schools ist. Der Sinn<br />

dieser Kooperation mit Stanford ist unter anderem<br />

auch der Zugang zu amerikanischen und<br />

internationalen Forschungsmaterialen, die ich<br />

meinen StudentInnen sonst nicht bieten kann.<br />

Normalerweise muss man nach Stanford, das als<br />

Privatuniversität organisiert ist, eingeladen werden,<br />

daher bietet das TTLF ein sehr schönes<br />

Privileg für unsere Studierenden. Sie bekommen<br />

einen eigenen Arbeitsplatz in der Bibliothek,<br />

kostenlose Nutzung der Datenbanken und auch<br />

den Zugang zum Computernetzwerk, um entsprechend<br />

gut arbeiten zu können. Beim englischsprachigen<br />

LLM Programm ist zwar der<br />

TOEFL eine Grundvoraussetzung, aber meine<br />

Kollegen in Stanford vertrauen meiner Entscheidung<br />

bei der Auswahl der Studierenden<br />

und deren Fach- und Englischkenntnisse.<br />

Für die Studierenden bieten sich zwei Mög lichkeiten,<br />

sich in die alltägliche Arbeit der Wissenschaftler<br />

und Professoren, die dort tätig sind,<br />

einzuklinken. Einerseits habe ich die Option,<br />

zwei Doktoratsstudierenden pro Jahr in meinen<br />

beiden Fachbereichen, Technologie- und Europarecht,<br />

eine Arbeitsmöglichkeit in Stanford zu<br />

bieten, sofern die Arbeit eine transatlantische<br />

rechtsvergleichende Komponente hat, also europäische<br />

und US-amerikanische Problem stellungen<br />

auf dem Gebiet <strong>des</strong> Technologierechts<br />

und <strong>des</strong> Wirtschaftsrechts behandelt. Die zweite<br />

Möglichkeit betrifft die LL.M.-Studierenden, von<br />

denen ebenfalls zwei pro Jahr die Möglichkeit<br />

erhalten, ihre Master Thesis in Stanford zu verfassen.<br />

Diese Option führen wir unter dem<br />

Begriff <strong>des</strong> „Stanford Partner Programs“ und sie<br />

setzt voraus, dass die Master Thesis rechtsvergleichend<br />

europäisch-amerikanisch ausgerichtet<br />

ist. Vom research proposal hängt die Dauer <strong>des</strong><br />

Aufenthalts in den USA ab. Zudem ist dieser<br />

Zugang nach Stanford gebührenfrei. Normalerweise<br />

werden von Stanford Studiengebühren<br />

von etwa 40.000 US-Dollar für ein Studienjahr<br />

erhoben. Ich hatte schon DoktoratsstudentInnen,<br />

die aufgrund dieser Vereinbarung drei Monate<br />

unentgeltlich in Stanford forschen konnten, da<br />

zwischen mir und meinen Kollegen aus Stanford<br />

eine jahrelange von beiden Seiten hoch ge -<br />

schätzte Zusammenarbeit besteht.<br />

Zudem gibt es noch eine weitere Kooperation,<br />

und zwar mit der Santa Clara Law School, die in<br />

Silicon Valley liegt und die älteste Law School<br />

Kaliforniens ist. Die Santa Clara Law School hat<br />

aufgrund ihres Naheverhältnisses zu Silicon<br />

Valley einen Technologierechtsschwerpunkt entwickelt,<br />

der zu den Top Ten der Law Schools mit<br />

Technologierechtsschwerpunkt in den USA<br />

zählt. Mit der Santa Clara Law School haben wir<br />

zudem als Zusatzoption ein „Dual LL.M.<br />

Programm“ entwickelt.<br />

Wir versuchen mit diesen Angeboten das Problem<br />

jener Wirtschaftsrechts-Juristen zu lösen,<br />

die zwar exzellente Leistungen im Unternehmensund<br />

Europarecht aufweisen, aber wenig Ahnung<br />

vom US-amerikanischen Wirtschaftsrecht haben.<br />

Die Marktlücke sind internationale Wirtschaftsjuristen,<br />

die sich gut in einem <strong>Rechts</strong>system<br />

auskennen, zum Beispiel im Europäischen, aber<br />

auch solide Kenntnisse im anderen haben.<br />

Juristl | Mai 2012<br />

21


Prüfer im Gespräch<br />

Univ. Prof. Dr. Simon<br />

interview<br />

Christine Ocak | Beratung | christine@fvjus.at<br />

Was haben Sie studiert? Warum haben Sie<br />

sich für einen geschichtlichen Schwerpunkt<br />

entschieden?<br />

Studiert habe ich die <strong>Rechts</strong>wissenschaften mit<br />

Wahlfächern aus <strong>Rechts</strong>geschichte. Diese Entscheidung<br />

für den rechtshistorischen Schwerwpunkt<br />

kommt in meinem Fall aus einer anfänglichen<br />

Unentschlossenheit darüber, ob ich<br />

Geschichte oder <strong>Rechts</strong>wissenschaft studieren<br />

soll. Dies war also ein Kompromiss. Ich entschied<br />

mich für die <strong>Rechts</strong>wissenschaft, da sie zweifellos<br />

mehr Berufsperspektiven eröffnet als das<br />

Geschichtsstudium, ohne zu vergessen, die<br />

historische Perspektive zu integrieren, vor allem<br />

wenn man eben diesen Schwerpunkt <strong>Rechts</strong>geschichte<br />

macht. Ich habe diese Entscheidung<br />

nie bereut.<br />

Person<br />

Univ. Prof. Dr. iur. Thomas Simon, Jahrgang<br />

1955, ist Vorstand <strong>des</strong> Instituts für <strong>Rechts</strong>- und<br />

Verfassungsgeschichte. Seit Oktober 2011 prüft<br />

er die Buchstabengruppen Hern – Holb und<br />

Line – Schweige.<br />

Was halten Sie von der STEOP? Hat sich speziell<br />

für <strong>Rechts</strong>- und Verfassungsgeschichte<br />

etwas geändert?<br />

Ob es sinnvoll ist, ist fraglich. Der Sinn ist es<br />

offenbar, die Studierenden hart abzutesten. Ich<br />

habe meine Zweifel, ob das als Maßstab taugt,<br />

um zu beurteilen, ob jemand für das <strong>Jus</strong>studium<br />

geeignet ist.<br />

Worauf legen Sie großen Wert bei Ihrer Pflichtübung<br />

und Modulprüfung?<br />

Großen Wert lege ich auf ein Überblickswissen.<br />

Es sollen nicht nur Details sein. Ich schätze es,<br />

wenn die KandidatInnen in der Lage sind, einen<br />

richtigen Eindruck über die verfassungsgeschichtlichen<br />

Mainstreams zu übermitteln.<br />

Sieht man von den absolut wichtigsten<br />

Wendepunkten ab, kommt es auf die Jahreszahlen<br />

nicht an. Der Schwerpunkt liegt generell<br />

im 19. und 20. Jahrhundert, da sich hier die<br />

grund legenden Strukturen <strong>des</strong> modernen Verfassungssystems<br />

gebildet haben. Hier den Überblick<br />

zu haben, steht im Mittelpunkt und ist das<br />

Wichtigste.<br />

Viele Studierende haben Probleme damit,<br />

sich Jahreszahlen zu merken. Hätten Sie hier<br />

Tipps dazu?<br />

Ich frage bevorzugt nach Zeiträumen, und nicht<br />

nach Jahreszahlen. Aber über die absoluten<br />

Wendepunkte, wie etwa über das Ende <strong>des</strong><br />

Ersten Weltkriegs 1918 oder über das Ende <strong>des</strong><br />

Zweiten Weltkriegs 1945, müssen alle in<br />

Kenntnis sein. Ansonsten ist der Überblick wichtiger:<br />

In Zeiträumen zu denken ist wichtig!<br />

Welche Bücher können Sie empfehlen?<br />

Bei der Verfassungsgeschichte sind drei Bücher<br />

im Spiel: Oskar Lehners „Österreichische<br />

Verwaltungs- und Verfassungsgeschichte“, Prof.<br />

Brauneders Buch und das neue, das von der<br />

Wiener Arbeitsgemeinschaft <strong>Rechts</strong>geschichte<br />

herausgegeben wurde. Ich überlasse den<br />

Studierenden die Wahl, nach welchem Buch sie<br />

lernen. Lehner und das neue haben den Vorteil,<br />

dass der allgemeine historische Kontext mitgeliefert<br />

wird. Aber jeder kann nach dem Buch<br />

lernen, womit er eben am Besten arbeiten kann.<br />

Was halten Sie davon, wenn StudentenInnen<br />

in Ihre Sprechstunde kommen?<br />

Für mich persönlich ist das sehr interessant, da<br />

manchmal auch Fragen gestellt werden, bei<br />

denen ich merke, dass hier noch Erklärungsbedarf<br />

herrscht. Das hilft bei der Orientierung darüber,<br />

welche Bereiche ich noch in den Vordergrund<br />

stellen muss. Außerdem kommt man ungestört<br />

ins Gespräch mit den Studierenden, da die Zeit<br />

einfach ansonsten nicht reicht. Bei mir gibt es<br />

keine Beschränkungen, jeder ist willkommen.<br />

Einfluss auf die Modulprüfung hat es natürlich<br />

nicht! Da ich über hundert Studierende prüfe,<br />

darf es keinen Zusammenhänge geben, ob<br />

jemand vor der Prüfung in meiner Sprechstunde<br />

war oder nicht. Viele besuchen die Sprechstunde,<br />

um sich einen persönlichen Eindruck von Ihrem<br />

Prüfer zu machen, und dafür habe ich volles<br />

Verständnis.<br />

Was können Sie den KollegenInnen anbieten,<br />

die Interesse an einer Zusammenarbeit in<br />

Ihrem Institut haben?<br />

Es besteht die Möglichkeit einer Zusammenarbeit<br />

in Form von Studienassistenten. Laufend sind<br />

Stellen frei. Die Tätigkeiten umfassen dann<br />

Korrekturen, Erstellung von Folien, Vorbereitung<br />

der Lehrveranstaltung und Recherche in der<br />

Literatur.<br />

Was können Sie den StudentenInnen als Wegweiser<br />

mitgeben?<br />

Das ist schwierig, da die StudentenInnen sehr<br />

unterschiedliche Bedürfnisse haben. Die einen<br />

zieht es in die Praxis, die anderen zur Lehre. Ich<br />

persönlich habe auch Praxiserfahrung und mich<br />

hat die Praxis ehrlich gesagt immer gelangweilt,<br />

ich finde Theorie tausendmal interessanter. Das<br />

ist aber Geschmackssache, <strong>des</strong>halb ist es hier<br />

schwierig, einen einheitlichen Wegweiser zu<br />

äußern. Jeder muss seinen Weg finden.<br />

Was war Ihr Motto in der Studentenzeit?<br />

Möglichst Mut zu haben und den eigenen<br />

Interessen zu folgen, und zwar auch, wenn die<br />

Interessen scheinbar erstmal in der Praxis keine<br />

große Rolle spielen. Wenn man seinen Interessen<br />

folgt, ist man meistens auch hier am besten.<br />

Herr Univ. Prof. Dr. Simon, vielen Dank für das<br />

Interview!<br />

22 Juristl | Mai 2012


Ein wertvolles Online-Tool für den juristischen Alltag.<br />

RechtEasy.at<br />

„Wissen wo man nachsieht“ – „Recht Easy“?<br />

PhilosophInnen und JuristInnen könnten sich<br />

über diesen Begriff stundenlang unterhalten,<br />

denn natürlich ist das Recht per se nicht easy,<br />

sondern wie wir alle wissen, ausserordentlich<br />

komplex. Aber die Handhabung vor allem im<br />

bisherigen Online-Bereich lässt doch viele<br />

Fragen offen und bisher war es alles andere als<br />

leicht, mit ein paar wenigen Klicks im Internet<br />

auf verlässliche Begriffserklärungen bei österreichischen<br />

<strong>Rechts</strong> f ragen zu stoßen. Die traurige<br />

Bilanz tausender von Studierenden in Österreich<br />

ergab bisher wenig qualifiziertes und Zu friedenheit<br />

bei den im Web vorhandenen Angeboten.<br />

Nach Mühen, im Web bei juristischen Begriffen<br />

fündig zu werden, blieb meist nur der Gang zur<br />

juristischen Biblio thek, in Buchhandlungen oder<br />

– wenn es einmal schnell gehen musste – ein<br />

Telefonat mit einem/-r KollegIn, der allerdings<br />

auch manchmal an der hohen Motivation scheiterte,<br />

eine formvollendete und bestmögliche<br />

Definition oder Begriffs erklärung abzuliefern.<br />

Genau an diesen Fragen und Schnittstellen setzt<br />

die neue Web-Community www.rechteasy.at an.<br />

Das neue JUS-Wiki ist die erste Online-Plattform<br />

für JuristInnen und JUS-Studierende in Österreich<br />

und versteht sich auch als professionelles<br />

Online-Lexikon für internationale Besucher zu<br />

österreichischen <strong>Rechts</strong>begriffen.<br />

RechtEasy steht in Kooperation mit der <strong>Fakultätsvertretung</strong><br />

JUS an der Universität Wien. Eigentlich<br />

ist das Projekt eine sehr erfreuliche Nachricht<br />

für JUS-Studierende in Österreich, um den studentischen<br />

Alltag entspannter zu machen und<br />

JUS-Arbeiten schneller und vor allem besser zu<br />

meistern. Kognitive Lernerfolge stellen sich,<br />

auch schneller ein, wenn wir aktiv mitarbeiten<br />

oder zumin<strong>des</strong>t einige von uns diese Chance<br />

nutzen, aus www.rechteasy.at ein cooles und<br />

professionelles JUS-Projekt zu machen.<br />

RechtEasy möchte das juristische Studium vereinfachen<br />

und blitzschnellen Zugriff liefern auf<br />

alle wichtigen Begriffe aus dem juristischen<br />

Alltag. Derzeit helfen mehrere Studierende bei<br />

der Web-Plattform mit. Gründer und Initiator,<br />

ebenso Student der <strong>Rechts</strong>wissenschaften an<br />

der Universität Wien ist Manuel Roessler. Eine<br />

Qualitätsprüfung wird es durch die Administrator-<br />

Innen und natürlich durch die User selbst geben.<br />

Roessler: „Wir sind eine Art selbstorganisieren<strong>des</strong><br />

Profi-Online-Kompendium für österreichische<br />

JuristInnen und JUS-Studierenden.“<br />

RechtEasy ist somit ideal für den studentischen<br />

Juristenalltag und könnte eine Lücke schließen,<br />

wo es auf schnelle und perfekte Lösungen und<br />

vor allem gute und klare Erklärungen für juristische<br />

Begriffe ankommt. Natürlich ist<br />

RechtEasy wie das große Vorbild Wikipedia als<br />

Community auf tatkräftige Beteiligung und<br />

aktives Interesse angewiesen. Die To-Do-Liste ist<br />

enorm lang, der Grundstock ist gelegt, aber das<br />

Projekt kann sich nur zu einem unverzichtbaren<br />

Online-Tool für JUS-Studierende entwickeln,<br />

wenn sich viele von uns finden, die aktiv an<br />

diesem Projekt mitarbeiten.Wir hoffen alle auf<br />

aktive Beteiligung.<br />

Die RechtEasy Page folgt einem bekannten<br />

Werbegrundsatz bei der Philosophie der Page:<br />

„Design follows function“, so Roessler:<br />

„Vorrangig interessiert uns im Moment ein<br />

nachhaltiger, professioneller Content und damit<br />

ein hoher Mehrwert für unsere User.“ Bei der<br />

<strong>Fakultätsvertretung</strong> JUS an der der UNI-Wien ist<br />

man jedenfalls sehr glücklich über diese<br />

Initiative.<br />

www.rechteasy.at setzt auch auf Social Media<br />

Aktivitäten und präsentiert sich bereits auf<br />

Facebook, zu finden unter facebook.com/<br />

rechteasy.<br />

Kalender<br />

News & Termine<br />

termine<br />

veranstaltung<br />

Pfingstferien: 26. 5. bis 29. 5.<br />

Anmeldefrist Prüfung Juni: 21. 5. bis 14. 6.<br />

Prüfungswoche Juni: 25. 6. bis 30. 6.<br />

NovaRock: 8. 6. bis 12. 6.<br />

Festival<br />

Juristl | Mai 2012<br />

23


Bis zur Sponsion ist es<br />

noch ein weiter Weg.<br />

Genießen<br />

Sie jeden<br />

einzelnen Tag.<br />

Studieren ist schön. Studieren mit<br />

dem kostenlosen StudentenKonto<br />

noch schöner. Denn es bietet Ihnen<br />

nicht nur alles, was ein Konto können<br />

muss, sondern auch viele Extras wie<br />

das Bank Austria Ticketing, mit dem<br />

Sie für über 4.000 Events im Jahr<br />

vergünstigte Karten erhalten.<br />

studenten.bankaustria.at

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