90 Jahre Bund Naturschutz - Bund Naturschutz in Bayern eV
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� die Verpflichtung zur Ausarbeitung von Flächenkatastern<br />
für Recycl<strong>in</strong>gpotentiale – vor der Aufstellung<br />
von Bauleitplänen <strong>in</strong> allen Städten und Geme<strong>in</strong>den,<br />
� die Genehmigung von Flächennutzungsplänen<br />
durch die Bezirksregierungen, von Bebauungsplänen<br />
durch die Landratsämter unter fachlicher Aufsicht der<br />
Regierung,<br />
� die Beendigung der Subventionierung von Gewerbegebietsausweisungen<br />
und Flächen verschwendenden<br />
Bauten,<br />
� die Neuregelung der Gewerbesteuer mit kommunalem<br />
Interessensausgleich,<br />
� e<strong>in</strong>e bayerische <strong>Bund</strong>esrats<strong>in</strong>itiative für die E<strong>in</strong>führung<br />
e<strong>in</strong>er Versiegelungsabgabe,<br />
� die Entwicklung neuer Nutzungskonzepte für leer<br />
stehende Bausubstanz <strong>in</strong> städtischen und ländlichen<br />
Regionen.<br />
Beckste<strong>in</strong>s Worte ohne Wirkung<br />
Überraschende Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong> der Frage des<br />
Flächensparens sieht die stellvertretende BN-Landesvorsitzende<br />
Doris Tropper, die sich auch als BN-Kreisvorsitzende<br />
<strong>in</strong> Erlangen seit <strong>Jahre</strong>n für die Stärkung der<br />
Innenstädte und gegen den Flächenverbrauch engagiert,<br />
zwischen dem <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> und dem bayerischen<br />
Innenm<strong>in</strong>ister Günther Beckste<strong>in</strong>. Der M<strong>in</strong>ister<br />
hatte schon im Oktober vergangenen <strong>Jahre</strong>s <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em »Brandbrief« an alle Bürgermeister <strong>Bayern</strong>s<br />
appelliert, »<strong>in</strong> Ausübung ihrer Planungshoheit e<strong>in</strong>em<br />
sparsamen Umgang mit der vorhandenen Fläche das<br />
notwendige Gewicht beizumessen«. Beckste<strong>in</strong> weiter:<br />
»Mit diesem Appell greife ich allerd<strong>in</strong>gs auch e<strong>in</strong>e<br />
ohneh<strong>in</strong> bestehende rechtliche Verpflichtung auf«.<br />
Doris Tropper vermisst allerd<strong>in</strong>gs die Wirkung dieses<br />
Schreibens: »Viele Bürgermeister haben den Brief<br />
ansche<strong>in</strong>end als Geheimsache im Schrank verschw<strong>in</strong>den<br />
lassen, statt die Konsequenzen für die weitere<br />
Siedlungsentwicklung öffentlich zu diskutieren«.<br />
Vernunft <strong>in</strong> der Sp<strong>in</strong>nerei<br />
Dass es auch anders geht, zeigt der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong><br />
im »Schwarzbuch« unter anderem an e<strong>in</strong>em Positiv-<br />
Beispiel aus dem oberfränkischen Kulmbach. Dort<br />
Foto: Hugel<br />
Richtig oder falsch?<br />
Behauptungen zum Flächenfraß.<br />
Neue Gewerbegebiete schaffen Arbeitsplätze.<br />
Falsch! In <strong>Bayern</strong> besteht schon jetzt e<strong>in</strong> massives<br />
Überangebot an Gewerbeflächen von circa 20 Prozent.<br />
Mehr Ausweisungen bedeuten nur noch mehr Leerstände.<br />
<strong>Bayern</strong> hatte noch nie so viel Gewerbeflächen<br />
wie heute bei gleichzeitig hoher Arbeitslosenquote.<br />
Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Datenbank der IHK hat sich das Gewerbeflächenpotenzial<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> von 2001 auf 2002 um<br />
5,2 Prozent auf 13 622 Hektar erhöht, davon besteht für<br />
über <strong>90</strong>00 Hektar Baurecht.<br />
Die Menschen haben doch immer schon so viel Fläche<br />
zum Leben verbraucht.<br />
Falsch! In nur 18 <strong>Jahre</strong>n wurde die Siedlungsfläche <strong>in</strong><br />
<strong>Bayern</strong> um 51 Prozent ausgeweitet. In nur anderthalb<br />
Generationen wurde fast genauso viel Land verbraucht<br />
wie <strong>in</strong> der ganzen menschlichen Siedlungsgeschichte<br />
zuvor.<br />
Der zunehmende Flächenverbrauch liegt nur an<br />
der steigenden E<strong>in</strong>wohnerzahl.<br />
Falsch! Seit Ende der 1960er <strong>Jahre</strong> hat sich der<br />
Flächenverbrauch von der E<strong>in</strong>wohnerentwicklung<br />
abgekoppelt, er steigt weit überproportional im<br />
Vergleich zur E<strong>in</strong>wohnerzahl.<br />
Ist doch egal, ob Fläche <strong>in</strong> der Stadt<br />
oder auf der »grünen Wiese« verbaut wird.<br />
Falsch! Nach e<strong>in</strong>er Studie des Umweltbundesamtes<br />
entspricht e<strong>in</strong> Hektar <strong>in</strong>nerörtliches Baulandpotenzial<br />
m<strong>in</strong>destens drei Hektar Neubaufläche am Stadtrand,<br />
weil hier zusätzliche Verkehrsflächen und Versorgungse<strong>in</strong>richtungen<br />
geschaffen werden müssen.<br />
wurde Mitte der 19<strong>90</strong>er <strong>Jahre</strong> e<strong>in</strong> 44 000 Quadratmeter<br />
großes Gewerbegebiet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er herrlichen Landschaft<br />
geplant. Auf Kosten von Äckern und Wiesen sollten im<br />
Gewerbegebiet »Autobahn« E<strong>in</strong>zelhandels-Großprojekte<br />
angesiedelt werden. Doch nach Protesten des<br />
<strong>Bund</strong>es <strong>Naturschutz</strong> ließen die Kulmbacher diese Planung<br />
fallen und ersetzten sie durch die Umgestaltung<br />
der alten Kulmbacher Sp<strong>in</strong>nerei, e<strong>in</strong>er Industriebrache<br />
zwischen Bahnhof und Innenstadt. In das sanierte<br />
Hauptgebäude ist <strong>in</strong>zwischen das E<strong>in</strong>kaufszentrum<br />
»fritz« e<strong>in</strong>gezogen, weitere sollen folgen. »Wir wollen,<br />
dass diese Positiv-Beispiele <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> Schule machen<br />
und die politischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>en<br />
verantwortlichen Umgang mit unserem knappsten Gut<br />
geschaffen werden«, wünscht sich Hubert Weiger.<br />
Dass dies möglich ist, beweist auch die Spessart-<br />
Geme<strong>in</strong>de Rothenbuch. Maßgeblich dank dem E<strong>in</strong>satz<br />
des stellvertretenden BN-Landesvorsitzenden Sebastian<br />
Schönauer, seit 25 <strong>Jahre</strong>n Rothenbuchs zweiter Bürgermeister,<br />
hat sich die Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bayernweit<br />
e<strong>in</strong>maligen Beschluss verpflichtet, ke<strong>in</strong>e neuen Bauund<br />
Gewerbegebiete auszuweisen. Stattdessen nutzen<br />
die Rothenbucher vorhandene Flächen mit der Schließung<br />
von Baulücken und dem Verdichten der bestehenden<br />
Siedlungsfläche.<br />
[2-03] Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> 15<br />
Foto: BN<br />
Der Autor<br />
Richard Mergner,<br />
42, ist Landesbeauftragter<br />
des<br />
<strong>Bund</strong>es <strong>Naturschutz</strong>.