Gemeinde Journal Winter 2012 - Ev.-Luth. Kirchengemeinde Altona ...
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Friedrich Brandi:<br />
Das war’s<br />
A B S C H I E D<br />
Neun Jahre Friedenskirche <strong>Altona</strong>, fünf Jahre<br />
<strong>Gemeinde</strong> <strong>Altona</strong>-Ost. Eine ungeschriebene Regel der<br />
Pastorenschaft lautet: Nach zehn Jahren solltest Du<br />
weiterziehen. Vielleicht ist ein Pastor dann abgestumpft<br />
gegenüber den wahren Herausforderungen seiner<br />
<strong>Gemeinde</strong>, vielleicht aber hat die <strong>Gemeinde</strong> nach<br />
einem Dezennium den Pastor auch einfach satt und<br />
sehnt sich nach frischem Blut.<br />
Die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Altona</strong>-Ost ist all die Jahre aber so<br />
spannend und mit neuen Herausforderungen gespickt<br />
gewesen, dass ich nicht wechseln wollte. Als ich jedoch<br />
vom Predigerseminar und dem Kirchenamt gefragt wurde,<br />
ob ich Mentor für eine Vikarsgruppe werden möchte,<br />
habe ich nach ausführlicher Bedenkzeit schließlich zugesagt.<br />
Nicht weil ich die <strong>Gemeinde</strong> satt hätte – das<br />
Gegenteil ist eher der Fall –, sondern weil ich denke, jetzt<br />
am Ende des Berufslebens kann ich meine Erfahrungen<br />
und meine an jahrelanger Praxis gereiften theologischen<br />
Erkenntnisse an die nachwachsende Generation weitergeben.<br />
Also doch: Abschied aus meiner wirklich geliebten<br />
<strong>Gemeinde</strong>.<br />
Da die Kirche und der christliche Glaube in diesem<br />
verweltlichten Umfeld alles andere als selbstverständlich<br />
sind, hat es lange Zeit gedauert, bis ich als der Neue<br />
wahrgenommen wurde. Noch drei Jahre nach meinem<br />
Dienstantritt im Mai 1998 sprach man mich auf der<br />
Straße an: „Sie sind doch der Neue, oder?“ Wunderbare<br />
Menschen habe ich seitdem kennen und schätzen<br />
gelernt, Typen, Originale, gewöhnliche Menschen, nachdenkliche<br />
Zeitgenossen, aufmerksame Frauen und<br />
immer wieder neugierige Menschen, die an der kirchlichen<br />
Arbeit interessiert sind, auch wenn sie die Kirche<br />
nie von innen gesehen haben. Von manchen Männern<br />
und Frauen habe ich mir gewünscht, sie hätten den Weg<br />
auch einmal in die Kirche gefunden. Es gab also auch<br />
Enttäuschungen. Schließlich haben wir sowohl in der<br />
Friedenskirche als auch in der St. Johanniskirche<br />
Veranstaltungen angeboten, die nicht sonderlich gut<br />
besucht waren, aber im Michel oder einer anderen<br />
Hauptkirche vermutlich Hunderte herbeigelockt hätten.<br />
Als zum Beispiel die Bläser des NDR-Symphonieorchesters<br />
in der Friedenskirche spielten, waren gerade<br />
mal 60 Besucher da.<br />
Ganz wichtig waren mir die alten Menschen, von<br />
denen ich einige schon zur letzten Ruhe geleitet habe.<br />
Immer wieder habe ich darunter gelitten, sie nicht genug<br />
besucht zu haben, weil sich irgendwelche Verwaltungsarbeit<br />
in den Vordergrund gedrängt hatte. Die alten<br />
Menschen in unserem Seniorenkreis am Donnerstag<br />
habe ich regelrecht geliebt, was mancher Kollege nicht<br />
wirklich verstehen konnte. Ich bewundere, wie sie sich<br />
durch den Krieg und die Nachkriegszeit geschlagen, welche<br />
Arbeit in Familie und Beruf sie geleistet haben und<br />
wie sie sich den Alltag ihres letzten Lebensabschnitts<br />
schön und lebenswert gestalten.<br />
Fortsetzung Seite 6<br />
Pastor Friedrich<br />
Brandi blickt<br />
zurück auf seine<br />
Zeit in der<br />
Friedenskirche<br />
und in der<br />
<strong>Gemeinde</strong><br />
<strong>Altona</strong>-Ost<br />
G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 3