Schlesischer Gottesfreund - Herzlich Willkommen!
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Dreifaltigkeitskirche Görlitz Foto: ANN<br />
Seine Kompetenz als Techniker hat Hans-Joachim wohl<br />
jene aufgeschlossene Modernität, den Zugang zur Welt des<br />
Entwerfens und Gestaltens vermittelt. Die Erfahrung der<br />
Trennung der Eltern aber hat ihn sensibel gemacht für<br />
menschliches Scheitern und für tragfähige Gemeinschaft.<br />
Wir bedenken das im Erinnern der Kindheits- und Jugendorte:<br />
1914-1916 Stettin; 1916-1918 Kindheitserziehung in<br />
der Brüdergemeine Niesky; 1919-1922 Vorschulzeit in<br />
Duisburg; 1923-1932 Schulbesuch bis zum Abitur am<br />
Reform Real Gymnasium in Iserlohn.<br />
Im Rückblick auf die Zeit in Iserlohn konnte Hans-Joachim<br />
Kohli auch von einem Erwachen des eigenen Glaubens<br />
sprechen: Zu Palmarum 1929 wurde er in der reformierten<br />
Kirche zu Iserlohn konfirmiert. Und später hat er<br />
immer wieder einmal zu erkennen gegeben, daß er die<br />
Stärken der unterschiedlichen evangelischen Konfessionen<br />
wohl zu achten wußte, sie aber als Anlaufwege zum gemeinsamen<br />
Christuszeugnis verstand: Lutherisch getauft,<br />
reformiert konfirmiert, in einer Kirche der Union ordiniert<br />
– das läßt lernen, daß im Bereich gelebten Glaubens nicht<br />
alles gleich sein muß, wenn nur die Mitte klar ist. ...<br />
Der Wunsch danach, Theologie zu studieren und Pfarrer<br />
zu werden, hat sich bei ihm auf einem längeren Wege herausgebildet:<br />
Ein Anstoß durch die Mutter mag dazu beigetragen<br />
haben, Erfahrungen im Bund Deutscher Jugendvereine,<br />
weite Fahrten in der Gemeinschaft des CVJM wohl<br />
auch. Im Blick schon auf dieses Reifen heißt es in einem<br />
Lebenslauf, er habe da erfahren, daß persönlicher Glaube<br />
allein nicht trägt. Die Entdeckung der Kirche als Leib<br />
Christi und Haus aus lebendigen Steinen hat ihn weitergeführt.<br />
Das Theologiestudium in Breslau und Dorpat 1932-<br />
1936 brachte eine fundierte Grundlage, Reisen durch das<br />
Baltikum und durch Finnland prägten ebenso wie ein längerer<br />
Aufenthalt im Höhlenkloster Petschur am Peipossee.<br />
Die Schätze orthodoxer Frömmigkeit und orthodoxer Liturgie<br />
gingen von da aus mit. Das Wissen darum, daß geistliches<br />
Leben tief mit der Übung, mit der Disziplin, mit dem<br />
sorgsamen Ritus verbunden ist, beförderten den Kontakt<br />
zur evangelischen Michaelsbruderschaft. ...<br />
Am 1. Oktober 1939 wurde Hans-Joachim Kohli in der<br />
Breslauer Elisabethkirche zum Dienst der öffentlichen<br />
Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung beauftragt.<br />
Pfarrvikar war er dann schon unter den Bedingungen des<br />
Krieges im schlesischen Paschkerwitz, wo im Sommer<br />
BEITRÄGE<br />
1942 unter dem Patronat der Schoellerschen Güterverwaltung<br />
seine Berufung zum Pfarrer von Paschkerwitz erfolgte.<br />
Am 14. Oktober 1939 schloß Hans-Joachim Kohli mit<br />
Käthe von Hansen in St. Bernhardin in Breslau den Bund<br />
der Ehe.<br />
Nach dem II. Weltkrieg folgten Jahre des Dienstes in<br />
Sachsen, zunächst in Freiberg und später in Grüna.<br />
Im Jahre 1956 schließlich übernahm er die Pfarrstelle<br />
an der Görlitzer Dreifaltigkeitskirche. Und hier blieb unter<br />
seiner Führung ein guter Ort für Gemeinde und Bruderschaft,<br />
für die Musik und das Singen, für ein Verkündigen<br />
und Feiern, für grenzüberschreitende Begegnung und nachhaltige<br />
ökumenische Zusammenarbeit. Hans-Joachim<br />
Kohli war ein mutiger und entschiedener Prediger, öffnet e<br />
seinen Mund für die Stummen, verschwieg das Unrecht im<br />
SED-Staat und beim Bau der Mauer vor 50 Jahren nicht.<br />
Eine ungewöhnlich dichte Verbindung von Pfarrer und<br />
Gemeinde, von Familie und Beruf, von Persönlichem und<br />
Dienstlichem prägte die ganz unterschiedlichen Phasen der<br />
späten 50er Jahre, der frühen und späten 60er Jahre, der<br />
noch einmal anderen 70er Jahre des letzten Jahrhunderts,<br />
bis sich dann für Hans-Joachim Kohli mit dem Eintritt in<br />
den Ruhestand Anfang November 1979 noch einmal eine<br />
ganz eigene, fast 32 Jahre währende Lebensperiode eröffnen<br />
sollte.<br />
In einer Welt, die umgetrieben ist von der Inflation der<br />
Wörter und Meldungen, hat er auf den Wert der Stille und<br />
die Möglichkeit des bewußten Schweigens aufmerksam<br />
gemacht. Es war der ihm so ganz eigene Zug von Güte, von<br />
Milde, von Weisheit, der im Alter seinen Weg prägte, aber<br />
eben auch den Weg aller, die ihm nahestanden .<br />
Mit seiner zweiten Frau Christa – die Eheschließung<br />
fand am 3. Dezember 2005 in der Barbarakapelle der Dreifaltigkeitskirche<br />
statt – hat er in den letzten Lebensjahren<br />
immer wieder neu zuwendende Begleitung und Hilfe erfahren<br />
dürfen.<br />
Viele haben Hans-Joachim Kohli als konzentriert arbeitenden<br />
Theologen kennen und schätzen lernen dürfen: im<br />
Studentenpfarramt, bei der Arbeitsgemeinschaft für Theologie<br />
und Soziologie, als Unterrichtender und Seelsorger an<br />
der Kirchenmusikschule, in der Tonbandarbeit unserer Kirche,<br />
als prägenden Denker im Theologischen Ausschuß der<br />
Synode, und auch in der Gesangbuch- und Agendenarbeit<br />
des Bundes Evangelischer Kirchen in der DDR hat er seine<br />
Spuren hinterlassen können. Wer ihn als geistlichen<br />
Gesprächspartner haben durfte, konnte erfahren, wie tief<br />
bei ihm theologisches Denken und die eigene Existenz aufeinander<br />
bezogen waren. Im Gesangbuch, dessen Gewißheiten<br />
er sich so verbunden wußte, heißt es dazu immer<br />
wieder: Vor unseren Augen, in unserer Erfahrung der<br />
gedehnten Zeit ist es wie ein Schlaf, zu dem wir den Leib<br />
in sein Schlafkämmerlein legen in der Erwartung der<br />
Auferstehung der Toten. Bei Gott aber, in seinem Licht, ist<br />
es ein Nu, ein Augenblick, in dem die Tür zum Vaterhaus<br />
schon offensteht, in dem uns schon seine liebevolle und seit<br />
dem Tag der Taufe immer wieder ausgestreckte Hand<br />
begegnet, ein Überkleidetwerden mit einem unvergänglichen<br />
Gewand der Freude. �