Das Zentrum für Medizinische Grundlagen- forschung (ZMF)
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HISTORISCH<br />
Per Tramway ins Klinikum<br />
Teil 2: Rechtsverkehr – der elfenbeinweiße Siebener<br />
Von hunderttausend französischen Wörtern beginnen nicht mehr als zweihundert mit k. Eines davon<br />
lautet „le krach“ und erinnert an ein Ereignis des Jahres 1929, das bei uns als „Großer Krach“ oder<br />
auch „Schwarzer Freitag“ in die Geschichte einging. In Wirklichkeit war es ein Donnerstag, der 24.<br />
Oktober, an dem an der weltgrößten Börse in New York plötzlich panikartige Aktienverkäufe einsetzten,<br />
die allmählich einen endgültigen Schlussstrich unter die Goldenen Zwanziger zogen ...<br />
Die dreißiger Jahre<br />
Die dreißiger Jahre waren nicht mehr goldig. Der<br />
Börsenkrach hatte sich weltweit verbreitet, Deutschland<br />
schwer in Mitleidenschaft gezogen, schließlich<br />
auch Österreich. Im Mai 1931 kam es zum Zusammenbruch<br />
der Creditanstalt in Wien und 1932 erreichte<br />
die folgenschwerste Baisse der Geschichte<br />
ihren Tiefpunkt. Gleichzeitig schnellten die Arbeitslosenzahlen<br />
in die Höhe und in der Steiermark drohte<br />
der Landesbankrott. In Graz gingen tausende Arbeitslose<br />
auf die Straße.<br />
An dieser Stelle fällt mir ein, dass ich eigentlich<br />
von der Straßenbahn erzählen wollte (ich hoffe, Sie<br />
verzeihen die etwas umständliche Einleitung). Sie<br />
können sich nun jedenfalls lebhaft vorstellen, dass<br />
viele Fahrgäste unter diesen Umständen – wenn es<br />
sich irgendwie einrichten ließ – auf Tramwayfahrten<br />
verzichteten. Hatten die Grazer Linien vor dem<br />
Krach jährlich an die 32 Millionen Fahrgäste befördert,<br />
so reduzierte sich diese Zahl bis Mitte der dreißiger<br />
Jahre auf etwa die Hälfte. Die freien Plätze<br />
in der Straßenbahn wurden natürlich rasch einge-<br />
Der Siebener auf dem Hauptplatz (Frühjahr 1938): Hinter der Ecke des Café Nordstern lugt bereits eine Hakenkreuzfahne<br />
hervor, doch noch wird links gefahren. Die altmodischen Stromabnehmer (Lyrabügel) wurden um 1940 durch so genannte<br />
Scherenstromabnehmer ersetzt. Der noble weiße Anstrich blieb bis 1948. – Aus: Hans Sternhart, Straßenbahn in Graz<br />
(Wien 1979) 163.<br />
spart, indem man auf Beiwagen verzichtete und das<br />
Liniennetz auf etwas komplizierte Weise den Fahrgastströmen<br />
anzupassen versuchte. Im Zuge dieser<br />
Linienumstellung (14. Juli 1933) tauschten auch die<br />
bisherigen Linien 1 (Hauptbahnhof – St. Leonhard)<br />
und 7 (Wetzelsdorf – Hilmteich) ihre Endstationen,<br />
so dass seither der Siebener vom Hauptbahnhof<br />
nach St. Leonhard fährt.<br />
Ein Schwenk nach rechts<br />
Bereits längere Zeit in Diskussion, war die (mit<br />
Umstellungskosten verbundene) Einführung der<br />
Rechtsfahrordnung in Ostösterreich wegen der<br />
Wirtschaftskrise vorerst unterblieben. <strong>Das</strong> änderte<br />
sich nach dem so genannten Anschluss an das<br />
Deutsche Reich, welcher die Verkehrsverflechtung<br />
mit dem früheren Nachbarstaat rasch intensivierte.<br />
Ab 1. Juli 1938 wurde in Graz rechts gefahren.<br />
In St. Leonhard musste deshalb eine neue Weiche<br />
eingebaut werden. Schaffnerglocken, Haltestellentafeln<br />
und vieles andere mehr hatten die Seite zu<br />
wechseln. Zugleich gab es neue, strengere Gesetze<br />
zur Ausstattung der Waggons mit<br />
Rückstrahlern, Fahrtrichtungslampen<br />
und Sandstreuern.<br />
Die Fahrgastzahlen stiegen wieder:<br />
21 Millionen (1938), 30 Millionen<br />
(1939), 40 Millionen (1940), 50<br />
Millionen (1941). Die vorläufige<br />
Spitze war 1943 mit 80 Millionen<br />
Fahrgästen erreicht. Von den 50<br />
Millionen fuhr übrigens eine Dreiviertelmillion<br />
bereits im Autobus<br />
und von den 80 Millionen eine<br />
Viertelmillion im Autobus und 2<br />
Millionen im Obus. Die Grazer<br />
Tramwaygesellschaft nannte sich<br />
dem entsprechend seit 1941 Grazer<br />
Verkehrsgesellschaft.