MF_Titel_BO_25 (3) - Mieterverein
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Kameras schützen<br />
– oder überwachen?<br />
Die Terassenhäuser an der Girondelle<br />
84 bis 90, die jahrelang<br />
Schlagzeilen machten wegen<br />
fortschreitendem Verfall und<br />
Zwangsverwaltung und -versteigerung,<br />
haben einen neuen Eigentümer.<br />
Im Frühjahr gingen die<br />
213 Wohnungen, die Anfang der<br />
70er Jahre von der VBW gebaut<br />
und 2002 verkauft worden waren,<br />
an eine hierzulande unbekannte<br />
Gesellschaft namens „Principia<br />
GmbH & Co.KG“ aus Düsseldorf.<br />
Eine neue Hausverwaltung gibt es<br />
auch, die Dortmunder „Westfalenbau<br />
Grundbesitz GmbH“. Und<br />
die kündigte an, prinzipiell alles<br />
besser machen zu wollen.<br />
Dicht gedrängt saßen über 50 Mieter<br />
am 10. Juni im Saal des Thomaszentrums.<br />
Zu der Versammlung hatte die<br />
SPD eingeladen. Deren Ratsmitglied<br />
Gerd Lichtenberger erklärte diesen<br />
ungewöhnlichen Umstand: Mit dem<br />
früheren Eigentümer, dem „ZV Real<br />
Estate Fund Regulus“, aber auch mit<br />
der Zwangsverwalterin habe es massive<br />
Kommunikationsprobleme gegeben.<br />
Die habe die Orts-SPD im Stadtteilladen<br />
aufgefangen, wohin sich die Mieter immer<br />
gewandt hätten. Deshalb sei man<br />
jetzt, wo ein neuer Eigentümer da sei,<br />
auf die Idee gekommen, dass dieser sich<br />
doch den Mietern vorstellen könne.<br />
Was die Mieter zu hören bekamen,<br />
klang verheißungsvoll: Die Verwaltung<br />
kündigte an, dass die Häuser in<br />
... entgeht niemand, der das<br />
Haus betritt oder verlässt.<br />
den nächsten zwei Jahren umfassend<br />
instand gesetzt und modernisiert würden.<br />
Mit den Eingängen und Fluren sei<br />
schon begonnen worden. Es würden<br />
Hausmeister eingesetzt, die 24 Std.<br />
täglich erreichbar seien. Und Videokameras<br />
seien installiert worden, die dem<br />
Schutz vor Überfällen, Vandalismus und<br />
Mülltourismus dienten, was es hier alles<br />
schon gegeben habe.<br />
An diesen Kameras allerdings schieden<br />
sich die Geister. Denn was dem Schutz<br />
der Mieter dienen kann, taugt auch zu<br />
deren Überwachung. Da ist es wichtig,<br />
zu wissen, ob man als Mieter die Installation<br />
solcher Kameras hinnehmen<br />
muss.<br />
Die Rechtslage<br />
„Die Videoüberwachung durch eine im<br />
Hauseingangsinnenbereich eines Mietobjektes<br />
angebrachte Kamera stellt … einen<br />
erheblichen Eingriff in das Persönlichkeits-<br />
und Selbstbestimmungsrecht<br />
des Mieters sowie in dessen Besitzrecht<br />
an der gemieteten Wohnung dar“,<br />
stellte 2009 das Amtsgericht München<br />
fest. Denn, so weiter, „das allgemeine<br />
Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1<br />
GG umfasst auch die Freiheit von unerwünschter<br />
Kontrolle oder Überwachung<br />
durch Dritte.“ Das gilt auch für Mieter,<br />
für die dies „die Freiheit beinhaltet,<br />
die eigene Wohnung bzw. das Haus zu<br />
verlassen oder zu betreten, ohne dass<br />
der Vermieter dies jederzeit überwachen<br />
und die An- und Abwesenheit des Mieters<br />
feststellen kann.“ Dazu gehört auch<br />
Vermieter<br />
Nicht gerade „Saurons Auge“, aber dieser Kamera ...<br />
das Recht, „ungestört und unüberwacht<br />
Besuch empfangen zu können …“<br />
(AG München, 423 C 34037/08)<br />
Allerdings sind an der Girondelle – anders<br />
als in dem Münchener Fall – die<br />
Kameras außen angebracht. Aber auch<br />
dies hält das Gericht allenfalls dann für<br />
zulässig, „wenn durch derartige Überwachungsmaßnahmen<br />
künftige Schäden<br />
… wirkungsvoll verhindert werden<br />
könnten.“ Es sei fraglich, „ob bereits<br />
eine einmalige Sachbeschädigung einen<br />
derart massiven Eingriff in die Rechtsposition<br />
des Mieters rechtfertigt.“<br />
Die Hürden hängen also hoch. Das<br />
sehen auch andere Gerichte nicht<br />
anders. Das DMB-„Mieterlexikon“<br />
skizziert die Grundsätze: Der Eingriff<br />
in das Persönlichkeitsrecht des Mieters<br />
ist nur dann gerechtfertigt, wenn ihm<br />
„andere grundrechtlich geschützte<br />
Güter entgegenstehen und höher zu<br />
bewerten sind.“ Das kann dann der Fall<br />
sein, wenn der Überwachende „konkrete<br />
Anhaltspunkte dafür hat, dass<br />
unmittelbare Angriffe auf seine Person<br />
oder auf Mitbewohner bevorstehen.“<br />
Grundsätzlich verboten ist die Überwachung<br />
von öffentlichen Wegen oder<br />
Nachbargrundstücken.<br />
Unbedenklich sind Videokameras hingegen<br />
dann, wenn sie eine Art erweiterten<br />
Türspion darstellen. Wenn also<br />
der Mieter selbst, wenn es klingelt, einen<br />
Monitor einschalten kann, auf dem<br />
er sieht, wer unten vor der Tür steht.<br />
Was an der Girondelle geschieht,<br />
könnten die Mieter also durch eine<br />
Klage verhindern. Immerhin versicherte<br />
die Hausverwaltung, die Aufnahmen<br />
würden nur bei festgestellten Schäden<br />
ausgewertet und ansonsten nach drei<br />
Tagen gelöscht werden. Und sie versprach,<br />
feste Sprechzeiten im Stadtteilbüro<br />
einzurichten.<br />
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