24.11.2012 Aufrufe

10 - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

10 - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

10 - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Sammlung Roman Rahmacher<br />

Austausch mit vielen Identitäten<br />

Roman Rahmacher glaubt an eine genetische Disposition zum<br />

Sammeln! <strong>Das</strong> väterliche <strong>Kunst</strong>- <strong>und</strong> Antiquitätengeschäft war bekannt<br />

<strong>für</strong> eine komplexe <strong>und</strong> interessante Mischung aus Gemälden,<br />

alten Möbeln, Schmuck, Objekten. Wie der Vater so der Sohn. Roman<br />

Rahmacher sammelt heterogen, überhaupt nicht monothematisch<br />

<strong>und</strong> sehr, sehr leidenschaftlich. Derzeit hängen an den Wänden seiner<br />

Wohnung über den Fleeten Hamburgs in erster Linie historische Studiofotografien<br />

aus aller Welt: aus Kambodscha, China, Myanmar... Im<br />

Keller schlummern darüber hinaus weit über 50 Art Deco Tortenplatten,<br />

zahlreiche Ölgemälde <strong>und</strong> unzählige Keramiken in Spritzschablonentechnik<br />

aus der Zeit der Weimarer Republik. Roman Rahmacher<br />

ist ausgebildeter Restaurator <strong>und</strong> studierte Kommunikationsdesign<br />

mit Schwerpunkt Fotografie. Zur Zeit arbeitet er als Fotoredakteur<br />

bei dem Geschichts- <strong>Kunst</strong>magazin GEO Epoche/Edition. Er ist es<br />

gewohnt zu klassifizieren <strong>und</strong> einzuordnen <strong>und</strong> erfreut sich heute<br />

an jedem kleinen Detail seiner fotografischen Sammlung – auch <strong>und</strong><br />

gerade an Alterserscheinungen, die noch mehr Leben atmen <strong>und</strong> Aura<br />

vermitteln. „Ich habe Bilder von Menschen aus der ganzen Welt in<br />

meiner Wohnung hängen, die mittlerweile auf einer „Wolke“ schweben<br />

– <strong>und</strong> bin durch ihr fotografisches Abbild quasi in Verbindung<br />

mit Ihnen, sagt er liebevoll, oder: „Schau doch mal, die Familie, eine<br />

Fotografie von 1885, die hab ich jetzt hier.“ Und dann dreht er das<br />

Foto um, entziffert die alte Handschrift sowie den Stempel des Fotostudios.<br />

Und interessiert sich <strong>für</strong> alles: Wo <strong>und</strong> wann wurde das Motiv<br />

aufgenommen, zu welchem Anlass, wie ist wohl das Leben der Porträtierten<br />

danach verlaufen? Schon oft wollte Rahmacher aus seiner<br />

Passion eine Profession machen <strong>und</strong> eine Fotogalerie gründen. Aber<br />

wie soll das gehen? Er kann ja nicht verkaufen! Dieser Menschenfre<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Sammler fotografischer <strong>und</strong> gemalter Identitäten freut<br />

sich einfach daran, diese interessanten Dinge um sich zu haben. Ohne<br />

jede Wertung. Jeden Tag. AnGELA HOLZHAUER<br />

Sammlung Schiff<br />

Eine Höhle <strong>für</strong> die <strong>Kunst</strong><br />

Diese Wohnung widersteht dem Gebot der Flexibilität, dem klaren,<br />

übersichtlich strukturierten, dem schlank programmierten des derzeitigen<br />

Lifestyles – sie ist unbeschreiblich voll.<br />

Herangeführt werden die tausenderlei Dinge gleich Schwebstoffen<br />

durch Verwitterungsprozesse anderenorts. <strong>Das</strong> sind zum Beispiel Ausstellungen,<br />

von denen Postkarten, Kataloge <strong>und</strong> Tragetaschen erodieren,<br />

um hier beziehungsreich gruppiert zu werden. <strong>Das</strong> ist auch<br />

der Gr<strong>und</strong>, weshalb man sich in dieser Wohnung keine noch so begabte<br />

Putzkraft vorstellen mag. Denn jeder Unbeteiligte der an diesen<br />

Konstellationen rückt, verschiebt eine nicht offenbare Bedeutung. Ein<br />

Verrücken würde bedeuten, dass der Sinn kollabiert.<br />

Der Sammler, <strong>Kunst</strong>historiker <strong>und</strong> Journalist Hajo Schiff betreibt<br />

eine Konversationstechnik mit Dingen. Die Sachen müssen also an<br />

ihren Plätzen sein, andernfalls bricht die Logik in sich zusammen.<br />

Man kennt die Technik der einander ansteckenden Gedanken mit<br />

Ding-Unterstützung, von den <strong>Kunst</strong>- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>erkammern. Auch<br />

dort geht es um das W<strong>und</strong>erliche der betrachteten Dinge, wie um die<br />

Verw<strong>und</strong>erung des Betrachters. Man vergisst dabei aber, dass diese<br />

Höhle kein Museum ist, keine Bibliothek <strong>und</strong> trotz der vielen Seitenaltäre<br />

auch keine Kirche, sondern ein Lebensraum. Es gibt schließlich<br />

auch einen Schlafplatz, eine Küche <strong>und</strong> Topfpflanzen.<br />

Es gibt andere sehr enge Wohnungen, die voller Bücher <strong>und</strong> Dinge<br />

sind. Allein, diese anderen Wohnungen sind meistens unordentlich,<br />

die Bewohner <strong>für</strong>chten sich vorm Aufräumen, finden oft tagelang<br />

nicht, was sie suchen, da<strong>für</strong> aber mit Glücksgeschrei zufällig dreißig<br />

andere Dinge, wobei sie vergessen was sie zuvor suchten. Sie sind kurz<br />

gesagt eher aus Verlegenheit, denn aus Überzeugung im Besitz der<br />

Dinge, die ihnen den Atem nehmen.<br />

<strong>Das</strong> Absichtsvolle, das offensichtlich Geordnete einer privaten Idee,<br />

der man aber nicht folgen kann, macht diese Sammlung ein wenig<br />

unheimlich. nORA SDUn<br />

23<br />

SAMMLER UnD SAMMLUnGEn<br />

SCHWERPUnKT

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!