10 - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design
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Landscapeism VerLängerung<br />
26<br />
gLÜcKsTadT<br />
ausstellungsblüten<br />
palais <strong>für</strong> aktuelle <strong>Kunst</strong> macht doch weiter <strong>und</strong> zeigt<br />
gruppenschau Landscapeism<br />
TexT: cHrisTiane OpiTZ<br />
Landschaftskunst ist nie als abbild tatsächlicher<br />
Landschaft zu verstehen. Werke zu<br />
dem Thema sind immer ausdruck kollektiver<br />
<strong>und</strong> persönlicher perspektiven in Form<br />
von Wünschen, ängsten <strong>und</strong> sehnsüchten –<br />
<strong>und</strong> sie sind außerdem geprägt von politischen,<br />
ökonomischen <strong>und</strong> kulturgeschichtlichen ein-<br />
flüssen. die 16 Künstler <strong>und</strong> Künstlerinnen<br />
aus schweden, dänemark, Frankreich <strong>und</strong><br />
deutschland machen diesen Widerspruch mit<br />
52 arbeiten in den medien malerei, installation,<br />
Video, Fotografie <strong>und</strong> grafik sichtbar. in den<br />
Werken geht es um aneignung, umformung,<br />
monumentalisierung <strong>und</strong> ersetzen von natur<br />
als strategien eines kritischen Verhältnisses zu<br />
den Bildern, die wir zum Thema Landschaft im<br />
Kopf haben. Landscapeism - im palais <strong>für</strong> aktuelle<br />
<strong>Kunst</strong> (paK) in glückstadt.<br />
gleich im ersten raum stellen sich dem Besucher<br />
hüfthohe Kugeln in den Weg. sie irritieren.<br />
Weder natur noch produkt verweigern<br />
sich die Brandkugeln (2008) der Berlinerin<br />
susanne Lorenz einer klaren Zuordnung.<br />
das glimmen <strong>und</strong> Knistern, das durch die<br />
äußeren Laubschichten dringt, verwischt<br />
zusätzlich noch eine weitere grenze, nämlich<br />
die zwischen künstlerischem Objekt <strong>und</strong><br />
Wohnaccessoires - ein ironischer Kommentar<br />
zu naturromantik <strong>und</strong> entfremdung. Ungefähre<br />
Landschaft (seit 2005) heißt die serie<br />
unprätentiöser Fotografien von Jens Klein,<br />
die menschenleere Felder <strong>und</strong> Wege im Osten<br />
deutschlands zeigen. an der grenze zwischen<br />
dörflichem Lebensraum <strong>und</strong> natur<br />
spürt Klein eine Landschaft auf, die die spuren<br />
der Zivilisation nicht abschütteln kann.<br />
Kulturpflanzen <strong>und</strong> reifenabdrucke lassen<br />
keinen Zweifel an der Berührtheit der natur.<br />
ebenfalls im Osten des Landes entstanden die<br />
großformatigen Kaltnadelradierungen claudia<br />
Bergs. sie zeigt in höchstem maße veränderte<br />
gebiete, zum Beispiel abraumhalden,<br />
die heute, ohne menschliche eingriffe,<br />
langsam verwildern. Beeindruckend ist die<br />
Tatsache, dass die Werke der diesjährigen stipendiatin<br />
der <strong>Kunst</strong>stiftung des Landes sachsen-anhalt<br />
teilweise direkt vor Ort, en plein<br />
air, geschaffen wurden.<br />
das spannungsfeld zwischen Zivilisation <strong>und</strong><br />
natur interessiert auch die malerin Katharina<br />
ismer, was sich formal an streng geometrischen<br />
strukturen einerseits <strong>und</strong> naturhaft<br />
wuchernden Linien andererseits festmachen<br />
lässt. ismer gelingt es, das sichtbare zu über-<br />
Lockemann +<br />
Mohr:<br />
Draußen, 2011<br />
winden <strong>und</strong> eine tiefer liegende realität von<br />
natur <strong>und</strong> Landschaft hervorzuholen, die<br />
neue Bedeutungsebenen auf unsere Lebensräume<br />
freilegt.<br />
selbst Teil ihrer Landschaften sind hingegen<br />
die Künstlerinnen ingeborg Lockemann <strong>und</strong><br />
elke mohr. in ihrer fotografischen serie Draußen<br />
(2011) treten sie als rätselhafte Betrachter<br />
von menhiren <strong>und</strong> steingräbern in erscheinung.<br />
dick vermummt mit Fellmützen <strong>und</strong><br />
anoraks scheint es fast so, als wollten sie den<br />
steinen nacheifern. spirituelle mimikry?<br />
groteske Verehrung? auf jeden Fall eine seltsam<br />
berührende <strong>und</strong> poetische umarmung<br />
zwischen mensch <strong>und</strong> Landschaft. <strong>und</strong> auch<br />
die schwedin sofia Hultén beschäftigt sich<br />
mit steinen. in dem Video Immovable Object,<br />
Unstopable Force (2009) versucht die Künstlerin<br />
den anweisungen eines Films über Telekinese<br />
folgend große Findlinge mittels gedankenkraft<br />
zu bewegen.<br />
nachdem im vergangenen sommer das paK<br />
in glückstadt noch zum ende des Jahres<br />
2011 geschlossen werden sollte (oT berichtete),<br />
geht es dort nun doch weiter im idyllisch<br />
gelegenen <strong>Kunst</strong>verein im stadtpalais am Hafen.<br />
Vor allem dank großzügiger unterstützung<br />
von ZeiT- <strong>und</strong> augstein-stiftung. <strong>und</strong><br />
auch die stadt hat inzwischen <strong>für</strong> dieses <strong>und</strong><br />
nächstes Jahr eine großzügige Förderung zugesagt.<br />
diese reicht allerdings nicht mehr <strong>für</strong><br />
die Festanstellung einer Kuratorin. dennoch:<br />
auf Landscapeism folgt im sommer eine einzelausstellung<br />
der chinesischen malerin Yin<br />
meng (Tuschezeichnungen, malereien <strong>und</strong><br />
scherenschnitten), <strong>und</strong> im anschluss daran<br />
eine Klassenausstellung aus Braunschweig<br />
mit größtenteils malerischen Werken der<br />
schüler von Olav christopher Jenssen.<br />
Landscapeism paK, palais <strong>für</strong> aktuelle <strong>Kunst</strong> – <strong>Kunst</strong>verein<br />
glückstadt, bis 1. Juli 2012. www.pak-glueckstadt.de<br />
Teilnehmende Künstler: christoph Beer, ronald Benert,<br />
claudia Berg, ina Bierstedt, steffen Braumann, Jennifer<br />
espling, Henry gran Hermunen, sofia Hulten, Katharina<br />
ismer, Jens Klein, ingeborg Lockemann/elke mohr, suanne<br />
Lorenz, uwe paduck, Henrik pillwitz, Heiner studt,<br />
nikolas m. Theilgaard, Wolf von Kries