Au sg ab e 0 1 /1 1 - Fachwissen Palliative Care - B. Braun ...
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Zwischen Team und Tod:<br />
Die <strong>Au</strong>seinandersetzung<br />
mit der eigenen Sterblichkeit<br />
Von Andrea Thöne<br />
Die Betreuung von schwer kranken<br />
Patienten bringt immer auch<br />
die <strong>Au</strong>seinandersetzung mit der<br />
eigenen Sterblichkeit mit sich. Ist<br />
damit automatisch eine höhere<br />
psychische Belastung verbunden?<br />
Grundsätzlich nein – dennoch<br />
sind bewusste Bewältigungsund<br />
Abwehrmechanismen wichtig.<br />
Und der beste Schutz vor<br />
Burnout und Angst ist ein au<strong>sg</strong>eglichenes<br />
Leben, sagt Professor<br />
Matthias Gründel aus Göttingen<br />
im Interview.<br />
Welchen Stellenwert hat die Psychologie<br />
im Umgang mit schwer kranken<br />
Menschen?<br />
Wo Patienten viel erleiden müssen und es<br />
um Leben oder Tod geht, sind psychische<br />
Krisen eine normale Reaktion. Deshalb gehört<br />
die psychologische Beratung in der<br />
Onkologie ebenso wie auf Palliativstationen<br />
mit zum Programm. Hier auf Station<br />
h<strong>ab</strong>en alle eine Chance auf Heilung, die<br />
jedoch hart erkämpft werden muss. Die<br />
01/11<br />
Psychoonkologie<br />
Patienten möchten, dass wir sie im Kämpfen<br />
unterstützen. Das ist eine berechtigte<br />
Forderung. <strong>Au</strong>f einer Palliativstation ist das<br />
anders, denn da wissen alle, es geht um ein<br />
gutes letztes Stück des Lebens.<br />
Es ist trotzdem wichtig, realistisch zu<br />
bleiben beim Kämpfen und mit einem „Du<br />
schaffst das schon“ vorsichtig zu sein.<br />
Denn die Beziehung zum Patienten soll<br />
tragfähig bleiben, bei Heilungs- und Sterbebegleitung<br />
gleichermaßen. Nicht nur<br />
für den Patienten, sondern auch für einen<br />
selbst, weil es viel Kraft kostet. Ich h<strong>ab</strong>e<br />
das Gefühl, dass ich mir alle paar Jahre einen<br />
Patienten „leiste“, wo ich die Grenze<br />
überschreite und zu nah herankomme. Ich<br />
gehe zum Beispiel mit zum Fußballspielen,<br />
besuche ihn zu Hause. Mir ist <strong>ab</strong>er bewusst,<br />
dass es besonders weh tut, wenn er stirbt.<br />
Im Normalfall h<strong>ab</strong>e ich funktionierende<br />
Abwehrmechanismen, damit das lebbar<br />
bleibt.<br />
Welche Patienten kommen besonders<br />
nahe?<br />
Das sind die, die einem besonders ähnlich<br />
sind oder eine ähnliche Biografi e h<strong>ab</strong>en.<br />
<strong>Au</strong>ch wenn ein Schicksal besonders ungerecht<br />
ist oder es ein Freund hätte werden<br />
können. Dann muss ich aufpassen.<br />
Professor Matthias Gründel im Patientengespräch<br />
Spiegelt sich darin auch die eigene<br />
Angst krank zu werden wieder?<br />
Empathie und Angst. Der Unterschied, dass<br />
ich einen weißen Kittel anh<strong>ab</strong>e und <strong>ab</strong>ends<br />
nach Hause gehen kann, der ist ganz fein.<br />
Ich kann morgen auch hier liegen. Deshalb<br />
versuche ich den Gr<strong>ab</strong>en größer zu<br />
machen, als er ist. Das dient der Stärkung<br />
der eigenen Abwehr. Patienten, die mir nahekommen,<br />
umgehen die Abwehr. Gleichzeitig<br />
ist es <strong>ab</strong>er auch erfüllend und wiegt<br />
die Belastung wieder auf, wenn ein Patient<br />
seine Situation besser ertragen kann.<br />
Worauf ist zu achten?<br />
Der <strong>Au</strong><strong>sg</strong>leich jenseits der Arbeit ist total<br />
wichtig. Ich h<strong>ab</strong>e das ritualisiert: Ich fahre<br />
mit dem Fahrrad nach der Arbeit in die<br />
Stadt und setze mich in ein Kaffee, lese die<br />
Süddeutsche und trinke einen Cappuccino.<br />
Manchmal merke ich dann, wie viel Aggression<br />
und Anspannung da ist. Wenn ich<br />
mit Patienten rede, muss das ja durch viele<br />
Filter laufen. Sobald ich dann durch die<br />
Fußgängerzone laufe, fädele ich mich wieder<br />
ins normale Leben. <strong>Au</strong>ch die Hochschule,<br />
die Arbeit mit den jungen Menschen, ist<br />
ein <strong>Au</strong><strong>sg</strong>leich.<br />
Wie sieht die Arbeit auf der Station aus?<br />
Der Kontakt richtet sich nach den Bedürf-