Wirtschaftsfaktor Holz
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Titelthema : <strong>Wirtschaftsfaktor</strong> <strong>Holz</strong><br />
Handelsgut mit bewegter Vergangenheit<br />
Flöße – Rohstoff im Fluss<br />
<strong>Holz</strong> war schon gefragt, lange<br />
bevor PS-starke Motoren bei<br />
Einschlag und Transport eingesetzt<br />
werden konnten. Im 17.<br />
und 18 . Jahrhundert war der<br />
<strong>Holz</strong>bedarf so groß, dass der<br />
Bestand der siedlungsnäheren<br />
Wälder durch Übernutzung<br />
gefährdet war. Infolgedessen<br />
wuchs das Interesse an<br />
den schwerer zugänglichen<br />
Wäldern der feuchten Niederungen<br />
von Aller und Ise.<br />
Damals gab es nur wenige<br />
Wege und Straßen im heutigen<br />
Kreisgebiet, die geeignet<br />
waren für Pferdefuhrwerke<br />
mit schweren Lasten. 1659<br />
begannen die umfangreichen<br />
Vorbereitungen an den Flüssen<br />
zwischen Wahrenholz<br />
und Celle zu ihrer Nutzung<br />
für die Flößerei. Das Ziel war<br />
unter anderem die Versorgung<br />
der Residenzstadt Celle mit<br />
damals 3000 Einwohnern.<br />
Diese benötigten Material für<br />
den Bau von Häusern und<br />
Speichern, Ställen, Mühlen<br />
und Brücken. Auch brauchten<br />
Tischler, Böttcher und Stellmacher<br />
Material für ihre Handwerke.<br />
Zudem gab es bereits<br />
industriellen Bedarf von Glas-<br />
und Eisenhütten, Ziegeleien,<br />
Kalköfen. Diese verschlangen<br />
riesige <strong>Holz</strong>mengen. Nicht zuletzt<br />
brauchten die Menschen<br />
<strong>Holz</strong> für ihre Feuerstellen und<br />
zum Heizen.<br />
Bedingungen waren hart<br />
Von 1659 bis 1661 wurden<br />
im Rahmen von Vorarbeiten<br />
mit einem Großaufgebot von<br />
Hilfsarbeitern die Flussläufe<br />
begradigt und Schleusen bei<br />
den Mühlen in Wahrenholz,<br />
Gifhorn, Dieckhorst und bei<br />
der Sägemühle in Wienhausen<br />
gebaut. Am 4. November 1661<br />
haben 112 Helfer erstmalig<br />
4400 Raummeter <strong>Holz</strong> in der<br />
Ise zu Wasser gebracht und<br />
verflößt. Langholz wurde im<br />
Wasser zu schmalen Flößen<br />
Langholz wurde zu schmalen Flößen gebunden<br />
gebunden. Ein Flößer dirigierte<br />
dann das 2,5 Meter breite und<br />
bis zu 20 Metern lange Floß<br />
stehend mit einer Floßstange<br />
und ohne Steuerruder flußabwärts.<br />
Brennholz dagegen<br />
wurde einfach ins Wasser<br />
geworfen. Setzte es sich an<br />
schwierigen Stellen fest, brachten<br />
es Streckenposten wieder<br />
in Bewegung. Die Arbeitsbedingungen<br />
der Flößer waren<br />
hart. Sie mussten das bis zu<br />
zwei Meter lange Triftholz oft<br />
bis zum Bauch im kalten Wasser<br />
stehend manövrieren. Bei<br />
gutem Wetter dauerte die Flöße<br />
acht bis zehn Tage, manchmal<br />
auch drei Wochen.<br />
<strong>Holz</strong> im Wald bearbeitet<br />
Das <strong>Holz</strong> für die Flößerei kam<br />
aus dem staatlichen Forstamt<br />
Knesebeck sowie aus dem Maseler<br />
Wald und dem Forstort<br />
Hagen. Geflößt wurde auf der<br />
Ise-Flussstrecke unterhalb der<br />
Ortschaft Stöcken nördlich<br />
von Wittingen bis Gifhorn. Im<br />
Emmerholz befand sich die<br />
Floßbindestelle. Vor Gifhorn<br />
lieferte an der Ise der Dragen<br />
und an der Aller der Barnbruch<br />
das Floßholz. Verflößt<br />
wurden Erle, Birke, Kiefer,<br />
Fichte, Eiche und Buche. Für<br />
Spezialsortimente wie Eichen<br />
und Fichtensägeblöcke, Balken<br />
und Dielen wurde das <strong>Holz</strong><br />
von Zimmerleuten vor dem<br />
Flößen im Wald bearbeitet, da<br />
ansonsten aufgrund der hohen<br />
Dichte der Hölzer hohe Verluste<br />
drohten.<br />
Probleme und Streitereien<br />
Flößerei war die einzige Methode,<br />
weitere Entfernungen<br />
mit dem schweren <strong>Holz</strong> zu<br />
überwinden. Doch das ging<br />
nicht ohne Probleme diverse<br />
Streitereien vonstatten. Die<br />
Beteiligten kämpften mit harten<br />
Bandagen und schenkten<br />
sich nichts.<br />
Interessenkonflikte trugen beispielsweise<br />
Flößer und Müller<br />
aus. Die Müller öffneten ihre<br />
Schleusen nur ungern, weil<br />
ihre Mühlen dann längere Zeit<br />
nicht arbeiten konnten. Für<br />
Verdienstausfälle forderten<br />
die Müller von den Flößern oft<br />
Geldentschädigung. Über die<br />
Höhe und Ansprüche wurde<br />
mitunter gerichtlich verhandelt.<br />
Weigerte sich ein Müller<br />
die Schleuse zu ziehen, wie<br />
der Müller, in Dieckhorst für<br />
den <strong>Holz</strong>händler Schmidt aus<br />
Boye Anfang des 19. Jahrhunderts,<br />
musste dieser sein Floß<br />
mit großen Kosten über Land<br />
transportieren.<br />
Ebenso behinderten Lachsfänge<br />
und Aalkisten die Flößerei.<br />
Auch mangelnde Flussräumung<br />
und in den Fluss wachsende<br />
Weiden waren immer<br />
wieder ein Problem. 1659<br />
wurden zur Räumung von Ise<br />
und Aller 100 <strong>Holz</strong>schaufeln<br />
und 10 Schubkarren vom<br />
Oberförster in Wahrenholz angeschafft,<br />
um hier Abhilfe zu<br />
schaffen. Problematisch war<br />
auch plötzliches Hochwasser.<br />
Das trug das Triftholz weit auf<br />
die Wiesen, was wiederum<br />
zu Auseinandersetzungen<br />
mit den Landwirten führte,<br />
die Entschädigungsleistungen<br />
verlangten. Dem wurde 1660<br />
auf Befehl der Räte in Celle<br />
begegnet: Die Ufer wurden<br />
bepflanzt, um so eine Barriere<br />
zu schaffen.<br />
Auch in Gifhorn gab es oft Ärger:<br />
Dort lagerte das Floßholz<br />
oft an der Cardenapsmühle an<br />
Land und nicht wie eigentlich<br />
vorgesehen, an der Holigsbrücke<br />
oberhalb der Stadt. Das<br />
ruinierte den herrschaftlichen<br />
Steinweg und den Mühlendamm.<br />
Große Rolle über 200 Jahre<br />
Die Flößerei auf Ise und<br />
Oberaller kam durch den<br />
Ausbau der Wege und Landstraßen<br />
sowie durch die Errichtung<br />
neuer Sägewerke in<br />
Waldnähe zum Erliegen. Das<br />
letzte Floßholz wurde 1878<br />
transportiert. Bis dahin hat die<br />
Flößerei über 200 Jahre lang<br />
eine große Rolle gespielt und<br />
vielen Menschen Arbeit und<br />
Brot gegeben. Eine Wiederbelebung<br />
der alten Transporttechnik<br />
gab es nach dem ersten<br />
Weltkrieg. Da wurde die<br />
allerletzte Partie <strong>Holz</strong> auf der<br />
Bruno, einem kleinen Nebenbach<br />
der Ise, aus der Gemarkung<br />
Langwedel bis zur Mühle<br />
in Wahrenholz gebracht. Der<br />
Grund war wiederum die<br />
schlechten Wegeverhältnisse<br />
in dem feuchten Bruchwald<br />
und Moorgelände.