OE 4 2007 van Dijk - Plansprachen.ch
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146 Ziko <strong>van</strong> <strong>Dijk</strong><br />
1881/82 s<strong>ch</strong>loß si<strong>ch</strong> der Medizinstudent der jüdis<strong>ch</strong>en Auswandererbewegung an. In<br />
Wars<strong>ch</strong>au gründete er eine zionistis<strong>ch</strong>e Gruppe. 6 Aber bereits Ende 1883 äußerte er<br />
seine Enttäus<strong>ch</strong>ung, daß nur Geld gesammelt und Lobbyarbeit in Konstantinopel betrieben<br />
werde, ohne mit der Kolonisierung Palästinas zu beginnen. 7 Andererseits störte er<br />
si<strong>ch</strong> an den jungen jüdis<strong>ch</strong>en Leuten in Wars<strong>ch</strong>au, besonders aus den gebildeten Familien,<br />
die dem Elend der Juden glei<strong>ch</strong>gültig gegenüberstünden. 8 Gegen 1885 wandte er<br />
si<strong>ch</strong> vom Zionismus ab, weil er ni<strong>ch</strong>t mehr daran glaubte, daß ein jüdis<strong>ch</strong>er Staat zu<br />
realisieren sei. 1901 nannte er als Gründe gegen den Zionismus: Das Hebräis<strong>ch</strong>e sei<br />
eine tote Spra<strong>ch</strong>e; die Juden hätten nur eine gemeinsame Religion, aber kein gemeinsames<br />
Nationalgefühl; und Palästina sei zu klein, um alle Juden der Welt aufzunehmen. 9<br />
Um 1896/97 wurde die eigentli<strong>ch</strong>e zionistis<strong>ch</strong>e Bewegung gegründet, aber Zamenhof<br />
nahm an ihr ni<strong>ch</strong>t mehr teil. Teilweise mußte er gar von Zionisten den Vorwurf hören,<br />
er verleugne sein Judentum. 10 Das entspra<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t der Wahrheit, aber 1914 wollte er<br />
einer jüdis<strong>ch</strong>en Esperanto-Vereinigung deshalb ni<strong>ch</strong>t beitreten, weil jeder Nationalismus<br />
der Mens<strong>ch</strong>heit nur Unglück bringe. Zwar sei der Nationalismus unterdrückter<br />
Völker – als Reaktion, als Selbstverteidigung – sehr viel ents<strong>ch</strong>uldbarer als der unterdrückender<br />
Völker. Do<strong>ch</strong> während der Nationalismus der Starken unedel sei, sei der<br />
Nationalismus der S<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en unklug. Statt dessen sollten alle Mens<strong>ch</strong>en die Harmonie<br />
der Mens<strong>ch</strong>heit anstreben. 11<br />
Zamenhof zog es vor, seine zionistis<strong>ch</strong>e Zeit der Öffentli<strong>ch</strong>keit zu vers<strong>ch</strong>weigen. In<br />
einer Darstellung um 1895, wie Esperanto entstanden sei, präsentierte er si<strong>ch</strong> als einsamer<br />
Student, der nur an seine neue Spra<strong>ch</strong>e geda<strong>ch</strong>t habe. 12 Der jüdis<strong>ch</strong>e Franzose<br />
Emile Javal, mit dem Zamenhof am ehesten jüdis<strong>ch</strong>e Fragen bespra<strong>ch</strong>, s<strong>ch</strong>rieb ihm<br />
1905: Na<strong>ch</strong> dem ersten Esperanto-Weltkongreß seien siebenhundert Zeitungsartikel<br />
über Esperanto ers<strong>ch</strong>ienen – nur einer habe Zamenhofs Judentum erwähnt. Das hätten<br />
die Esperantisten nur mit einer bewundernswerten Disziplin errei<strong>ch</strong>en können. Alle<br />
Esperanto-Freunde seien si<strong>ch</strong> in diesem Punkte einig, man müsse es so lange verbergen,<br />
wie der große Kampf no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gewonnen sei. 13 Meist wurde Zamenhof als Pole<br />
oder Russe vorgestellt, was er akzeptierte. 14<br />
Spra<strong>ch</strong>gründer<br />
Zamenhof war beileibe ni<strong>ch</strong>t der erste Mens<strong>ch</strong>, der von einer neuen Spra<strong>ch</strong>e träumte.<br />
Die Interlinguistik, die si<strong>ch</strong> mit diesen sogenannten „<strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong>“ bes<strong>ch</strong>äftigt, zählt<br />
über tausend <strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong> oder vielmehr <strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong>projekte, denn die meisten<br />
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6 Ludovikito: Hebreo el la getto 1976. Kyoto 1976, S. 96.<br />
7 Ludovikito: Unua etapo de Esperanto. Kyoto 1989, S. 72.<br />
8 Adolf Holzhaus: Zamenhof leteroj. Helsinki 1975, S. 9, Brief von Zamenhof an Jehalel,<br />
21.11.1882 (Datum alten Stils).<br />
9 Naftali Cvi Maimon: La kaŝita vivo de L.L. Zamenhof. Tokyo 1978, S. 102, 105/106.<br />
10 Boris Kolker u.a.: Nekonata artikolo de L.L. Zamenhof, in: Israela Esperantisto, Juli/2004,<br />
S. 5–6, hier: Skandalo ĉe Esperantista kongreso, in: Togblat (Lemberg), 16.8.1912.<br />
11 Zit. na<strong>ch</strong> Johannes Dietterle (Hg.): L.L. Zamenhof. Originala Verkaro. Leipzig 1929,<br />
S. 344/345.<br />
12 Marcus Sikosek: Esperanto sen mitoj. Antwerpen 2 2003, S. 306.<br />
13 Ludovikito: Postrikolto de ludovikaĵoj. Kyoto 1985, S. 197/198, aus dem Esperanto.<br />
14 Sikosek, Esperanto [Fn. 12], S. 302, 308.