Magazin „Sommer“ mit Trends & Tipps - Pirmasenser Zeitung
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Samstag,<br />
3. Juli 2010<br />
Auswärts ja, in Pirmasens nein<br />
Heidi Seibertträgt nicht überall einen Hut<br />
Ladylike aufzutreten, fällt ihr<br />
nicht schwer. Zur Rennwoche<br />
in Baden-Baden geht sie sogar<br />
<strong>mit</strong> elegantem, breitrandigem<br />
Hut, der ihr ausgezeichnet<br />
steht. Nur in Pirmasens<br />
fühlt sich Heidi Seibertvom<br />
„Wohnstübchen“ da<strong>mit</strong><br />
deplatziert. Im Gegensatz zu<br />
ihrer Mama, einer gepflegten<br />
alten Dame, die kleidsame<br />
Hüte nach wie vor überall für<br />
angebracht hält.<br />
In Düsseldorf, wo sie sich <strong>mit</strong><br />
der Tochter zu neuen Einrichtungsideen<br />
inspirieren lässt,<br />
Schonsein Vater warein<br />
ausgesprochener Hutfan.<br />
Er trug den Homburger aus<br />
Überzeugung und hätte nie<br />
ein Auto gekauft, in dem man<br />
sich beim Einsteigen <strong>mit</strong> Hut<br />
den Hals verrenken muss. Der<br />
Großvater bevorzugte noch<br />
die Melone, Fritz Nagel vor<br />
allem in seiner aktiven Reiterzeit<br />
den sogenannten Vorsteherhut.<br />
Dieser Huttyp im abgewandelten<br />
Trachtenstil bewährt<br />
sich nämlich selbst bei Wind<br />
und Wetter. Elegantere Hütte<br />
àlaHumphrey Bogart liebte<br />
der Geschäftsmann aus der<br />
Obst- und Gemüsebranche<br />
nicht minder.Nur einen ausgesprochenen<br />
Sonnenhut benötigt<br />
er wegen seiner robusten<br />
hat Frau Seibert wiederholt<br />
festgestellt, dass ein schicker<br />
Hut für sich spricht. „Eigentlich<br />
ist er die perfekte Ergänzung<br />
zu jedem Outfit“, sagt sie.<br />
Nur ihre Brille störe. Lediglich<br />
eine Sonnenbrille zum Hut<br />
lässt sie gelten. Obwohl man<br />
sich vorstellen kann, dass gerade<br />
dieses aparte Modell <strong>mit</strong><br />
farblich auswechselbarem Bügel,<br />
das sie trägt, immer passt.<br />
Nicht nur der dezente Fliederton<br />
ihrer Garderobe und<br />
der blonde Kurzhaarschnitt ergänzen<br />
einander hervorragend.<br />
Ein Borsalino dazu, bei<br />
Der Appenzeller auf dem Kopf erinnert Heiner Kröher an seinen<br />
verstorbenen Freund Werner Feist.<br />
Haut bis heute nicht. Trotzdem<br />
trauert Fritz Nagel den<br />
Zeiten nach, als Herrenhut<br />
und Schuhe farblich übereinstimmen<br />
mussten, um gut angezogen<br />
zu wirken.<br />
Während in Amerika beispielsweise<br />
in den „oberen Etagen“<br />
von Bank- und Bürohäusern<br />
Hüte noch gang und gebe<br />
seien, neige der deutsche<br />
Mann heute dazu, so wenig<br />
wie möglich aus der Menge herauszuragen.<br />
Noch bedauerlicher findet<br />
er,dass <strong>mit</strong> dem weitgehenden<br />
Verzicht der Frauen und Mädchen<br />
auf Hüte ein Stück Weiblichkeit<br />
verloren gegangen ist.<br />
Als ihn seine Frau bei der<br />
Hochzeit <strong>mit</strong> einem romantischen<br />
Hut statt Schleier überraschte,<br />
war er begeistert. „Sie<br />
WerHeiner Kröher, der <strong>mit</strong><br />
seinem Zwillingsbruder Oss<br />
das hohe Lied der Heimat in<br />
die Welt hinausträgt, an seinem<br />
Hut erkennen will, muss<br />
um die besonderen Vorlieben<br />
beider wissen. Während Oss<br />
<strong>mit</strong> grauem Schnauzer am<br />
liebsten lässige Strohhüte<br />
trägt, hat Heiner, der noch<br />
größereIndividualist das<br />
Zeug zum Vaganten wie zum<br />
Kavalier der alten Schule.<br />
Wie der Vater so der Sohn<br />
FritzNagel pflegt seine Hut-Tradition<br />
Ein seltenes Bild: Siggi Gessner-Mlinaric <strong>mit</strong> Hut.<br />
dem sich jeder Modeschmuck<br />
erübrigt, sähe sehr edel aus.<br />
Im Karneval bekennt sich<br />
Frau Seibert zu ihrer heimlichen<br />
Hutleidenschaft: heuer<br />
ein feuerroter Zylinder,imletzten<br />
Jahr ein romantisches Hütchen<br />
<strong>mit</strong> Schleier. Außerhalb<br />
der närrischen Tage wagte sie<br />
in Pirmasens nicht, einen Hut<br />
zu tragen, abgesehen voneiner<br />
Kappe <strong>mit</strong> Filzblüten, nicht<br />
einmal im Winter. Vielleicht<br />
hat der weiße Festtagshut <strong>mit</strong><br />
schwarzer Blende, vorerst nur<br />
für Hochzeiten gedacht, in diesem<br />
Sommer eine Chance für<br />
Der Hoyna Tsiyäuna der PZ<br />
beherrscht nicht nur den<br />
Handkuss aus dem Effeff, sondern<br />
lüftet beim Treff im Café<br />
auch vor den Damen am Nebentisch<br />
galant seinen Hut.<br />
Ein ganz besonderes Exemplar,<br />
dieser breitrandige Appenzeller<br />
aus schwarzem Filz,<br />
den die traditionsbewussten<br />
hat so ein hübsches Hutgesicht“,<br />
schwärmt der Ehemann.<br />
Doch nicht einmal auf<br />
Gran Canaria, wo sie einmal<br />
im Jahr ausspannen, sei sie<br />
dazu zu bewegen, einen der<br />
schicken Hüte anzuprobieren,<br />
den er ihr auf der Stelle schenkenwürde.<br />
Er sieht es eben ausgesprochen<br />
gern, wenn sich jemand<br />
<strong>mit</strong> Hut hübsch macht. Außerdem<br />
hat einer, der bei seinen<br />
Reisen Land und Leute studiert,<br />
festgestellt, dass dort, wo<br />
die Tradition gepflegt wird,<br />
eher Hüte getragen werden,<br />
die für die Gegend typisch<br />
sind. Nur der Standesunterschied,<br />
den sie ursprünglich<br />
einmal verdeutlichten, sei<br />
weltweit <strong>mit</strong>tlerweile Vergangenheit.<br />
(jb)<br />
Sie liebt Hüte und trägt so<br />
gut wie nie einen. Weil Siggi<br />
Gessner-Mlinaric, Leiterin<br />
der <strong>Pirmasenser</strong> Kindertagesstätte<br />
„Regenbogenland“,<br />
eher der sportliche Typ ist<br />
und glaubt, dass zu ihrem<br />
üblichen Hosenlook kein Hut<br />
passt. Dabei wäredie grazile<br />
<strong>Pirmasenser</strong>in <strong>mit</strong> den dunklen,<br />
strahlenden Augen das<br />
ideale Hut-Model von heute.<br />
Schon während ihrer pädagogischen<br />
Ausbildung in Kaiserslautern<br />
streifte sie fasziniertdurch<br />
die Hutabteilungen<br />
der Kaufhäuser und probierte<br />
heimlich die damals uner-<br />
<strong>Magazin</strong><br />
Heidi Seibert hat Spaß an Hüten. (Fotos: Germann)<br />
den Sondereinsatz im kleinen<br />
Rahmen. Ihre Familie wäre<br />
Schweizer noch heute anlässlich<br />
ihrer Landtagswahl tragen.<br />
Er hat ihn nach einem Nachruf<br />
auf Werner Feist im engsten<br />
Freundeskreis von dessen<br />
Witwe als Vermächtnis erhalten.<br />
Hein zollt da<strong>mit</strong> postum<br />
dem tief in der badischen Heimat<br />
verwurzelten Fernsehverantwortlichen<br />
seinen besonderen<br />
Respekt. Wer gestalterisch<br />
tätig ist, hat er beobachtet,<br />
zählt häufiger zu den Hutträgern.<br />
Jemand, der schreibt,<br />
singt oder malt, ist phantasievoller<br />
und selbstbewusster und<br />
gestaltet daher auch sich selbst<br />
<strong>mit</strong> besonderem Geschmack.<br />
„Ein Teil unserer Garderobeist<br />
ein Teil unserer Würde“, fügt<br />
er hinzu. Leider fehle den<br />
meisten die Courage zum Hut,<br />
weil er nicht dem gängigen<br />
überrascht, aber nicht abgeneigt.<br />
(jb)<br />
Ein Kavalier der alten Schule<br />
Heiner Kröher ist stolz auf seinen Appenzeller<br />
Hutträger aus Überzeugung: Fritz Nagel.<br />
Zum Hut fehlt der Mut<br />
Siggi Gessner-Mlinaric liebt Hüte<br />
schwinglichen Modelle an. So,<br />
wie sie lange nur insgeheim<br />
malte, bevor andere sie ermutigten,<br />
ihreWerkeöffentlich zu<br />
zeigen. Fürs Kreative hatte die<br />
vielseitig Talentierte allerdings<br />
schon immer ein Händchen.<br />
Eine Sommerwald-Kerwe unter<br />
dem Motto „Pirmasens früher<br />
und heute“ brachte sie auf<br />
die Idee, den Strohhut ihrer<br />
Mutter <strong>mit</strong> einem Drahtgestell,<br />
Tüll und Stoffrosen in ein<br />
Prachtstück vonanno dazumal<br />
umzuwandeln.<br />
Ihre Tochter, die das gleiche<br />
Hutgesicht hat, ließ sich als<br />
Kind vorbehaltlos jedes Hütchen<br />
aufsetzen. „Mir aber<br />
Trend entspricht. Welchen<br />
Stellenwert ein solches Requisit<br />
aber einmal hatte, verdeutlicht<br />
der begnadete Erzähler<br />
<strong>mit</strong> einer Anekdote.<br />
Danach habe der deutsche<br />
Kaiser höchstpersönlich seinen<br />
späteren mächtigen Feldherren<br />
Wallenstein <strong>mit</strong> der<br />
Aufforderung begrüßt „Halte<br />
Er sich bedeckt!“. Diese Ehre,<br />
vor dem Mächtigsten im Lande<br />
nicht den Hut ziehen zu<br />
müssen, bedeutete seinerzeit<br />
sehr viel. „So ernst sollten wir<br />
den Umgang <strong>mit</strong> einer Kopfbedeckung<br />
heute nicht mehr<br />
nehmen“, meint Heiner<br />
schmunzelnd. „Wenn wir den<br />
Hut kopflastig betrachten,<br />
wirderbleischwer.Das wollen<br />
wir uns doch nicht antun.“<br />
Chapeau, lieber Heiner, denn<br />
Dir gebührterallemal! (jb)<br />
fehlt einfach der Mut und die<br />
Erfahrung, welchen Hut ich in<br />
Pirmasens tragen könnte“,<br />
sagt die ansonsten selbstbewusste<br />
junge Frau. Beim Fotoshooting<br />
auf der Terrasse stellt<br />
sich heraus, dass fast jeder in<br />
Frage käme. Romantisches<br />
und Sportives in leuchtenden<br />
Farben, zu denen sie sich auch<br />
in ihrer Malerei bekennt, steht<br />
ihr besonders gut. Man darf<br />
gespannt sein, ob Eine, die ansonsten<br />
gern ihre Phantasie<br />
spielen lässt, bei der nächsten<br />
eigenen Ausstellung im roten<br />
Kleid und verwegenem<br />
schwarzen Hut auftreten wird.<br />
Versprochen hatsie es.(jb)<br />
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