TG-Report 3 / 2012 als pdf-Datei - TG Biberach
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den nächsten 40 km ist eine Strandzufahrt<br />
kaum mehr möglich. Was tun, wenn der<br />
Wind mehrere Tage anhält?<br />
Point of (no) return<br />
Wir beschliessen, umzudrehen und zum<br />
Platja de ses Convasses zu paddeln.<br />
Dieser Strand sieht kleiner und weniger<br />
bevölkert aus und bietet vielleicht eine<br />
Biwakmöglichkeit.<br />
Doch zunächst heißt es schnell zu wenden,<br />
was mit den schweren Booten ohne<br />
Steueranlage nicht einfach ist. Mit etwas<br />
Schlingern gelingt das Manöver. Doch jetzt<br />
kommen die dicken Wellen von hinten und<br />
stellen unsere Kajaks gefährlich steil auf.<br />
Zwei Kilometer vom Strand entfernt mit<br />
vollem Boot surfen zu müssen, wäre nicht<br />
mehr spaßig. Ich stütze sicherheitshalber,<br />
aber die Welle bricht nicht. Jetzt bloß die<br />
Nerven behalten und das Boot gerade stellen.<br />
Welle für Welle paddeln wir Richtung<br />
Land. Langsam können wir zwei kleinere<br />
Buchten unterscheiden, die durch Felsen<br />
getrennt sind. Rechts davon sieht alles<br />
steinig aus. Die Gischt spritzt dort mit jeder<br />
ankommenden Welle meterhoch hinaus.<br />
Also eher links halten. Schnell nähern wir<br />
uns dem Ufer, wo sich die Wellen brechen<br />
und das Donnern der Brandung ohrenbetäubend<br />
anschwillt. Wer traut sich voraus<br />
zu fahren? Wir paddeln rückwärts und<br />
beobachten, wie Hans sich so vorsichtig<br />
wie möglich vortastet. Gegen die Sonne<br />
und bei dem ständigen Auf und Ab sehen<br />
wir, dass er es ganz links probiert und<br />
jetzt in den Brandungsbereich einfährt –<br />
Wellental – plötzlich schiesst sein Boot<br />
pfeilschnell nach rechts – Wellental – er<br />
paddelt wie wild Richtung Ufer des rechten<br />
Strandes – Wellental – steigt aus und<br />
wird von einer Brandungswelle erfasst,<br />
das Boot dreht quer – Wellental – er steht<br />
im Wasser und zerrt das gelbe Kajak auf<br />
den Strand – Uff, jetzt Anni, deren Ziel nun<br />
gelb markiert ist. Sie kommt relativ gerade<br />
vorwärts – Wellental – Hans und zwei<br />
nackte Personen laufen eilig nach rechts.<br />
Das Boot liegt quer vor einer Welle, Anni<br />
versucht auszusteigen – Wellental – Anni<br />
steht, drei Menschen ziehen ihr Boot ans<br />
Ufer. Ich hole tief Luft, lasse noch zwei<br />
hohe Brecher passieren und gebe dann<br />
Gas. Während ich auf einer kleineren<br />
Brandungswelle flott Richtung Strand<br />
surfe, läuft rechts eine Frau ins Wasser.<br />
Da erwischt mich eine größere Welle und<br />
ich stütze mit aller Kraft links, um nicht<br />
quer zu kommen. Aber das schwere Boot<br />
ist kaum zu halten und ich schieße wie ein<br />
Torpedo nach rechts auf die Badende zu,<br />
die sich ahnungslos gegen die Brecher<br />
wirft. Zwei Meter vor der Badenden lässt<br />
der Wasserdruck nach und ich kann mein<br />
Kajak ausrichten und an den Nacktbadestrand<br />
von Cala Rajada paddeln, wo mich<br />
hilfreiche Hände sofort rausziehen.<br />
Mit dem Vesper sinkt der Adrenalinspiegel.<br />
Eine kleine Wanderung auf den 271 Meter<br />
hohen Talaia de son Jaumell beschert uns<br />
eine herrliche Aussicht über das westlich<br />
liegende Arenal de sa Mesquida, wo sich<br />
riesige Sanddünen bis ins Hinterland<br />
hineinziehen. Vor einigen Jahrhunderten<br />
galt das Gebiet <strong>als</strong> geheimer Landeplatz<br />
für Piraten, weshalb wir auf dem Gipfel<br />
die Ruine des ehemaligen Wachturmes<br />
finden. Das türkisfarbene Wasser an der<br />
Platja de sa Mesquida wird kontrastiert<br />
vom strahlenden Weiß der Wellengischt.<br />
Die weitere Küste liegt im Dunst.<br />
Das Meer am naheliegenden Cap aber<br />
sieht von hier aus dunkelblau und ruhig<br />
aus, es weht hier oben nur ein schwacher<br />
Wind. Unglaublich, dass da unten<br />
meterhohe Wellen rollen und eine starke<br />
Brandung zur Bedrohung für unsere kleinen<br />
Kajaks geworden ist.<br />
Ein Anruf bei unserem Kajakverleiher<br />
bestätigt unsere Befürchtung: bis Sonntag<br />
soll das Wetter so stürmisch bleiben. Wir<br />
beschliessen, die Kajaktour abzubrechen<br />
und noch zwei Tage an der Westküste<br />
wandern zu gehen.<br />
Einerseits sind wir traurig, die Paddeltour<br />
abzubrechen. Andererseits sind wir froh,<br />
diesem tosenden Hexenkessel entronnen<br />
zu sein. Bei weiter auffrischendem Wind<br />
hätte es gefährlich werden können. So<br />
haben uns Wind und Wellen erneut unsere