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Max Dauthendey Himalajafinsternis und andere asiatische Novellen

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tanerinnen untereinander so ähnlich schienen, wie auch die<br />

Neger <strong>und</strong> Chinesen für den Europäer immer einander ähnlich<br />

sehen, hätte die Frau nicht mit einer heftig erschrockenen<br />

Bewegung in die Brustfalten ihres Mantelrockes gegriffen, als<br />

wolle sie dort etwas beschützen, was ich ihr hätte entreißen<br />

können. Mir schien, als ob sie hohläugiger <strong>und</strong> blasser wäre<br />

als am Tage vorher. Laut mit sich selbst sprechend <strong>und</strong> mit<br />

den Ellenbogen in die Luft fuchtelnd, als müßte sie h<strong>und</strong>ert<br />

Hände abwehren, die sich nach ihr streckten, stürzte sie die<br />

Bergstraße hinunter fort, begleitet vom Gelächter meiner Rikschaschieber,<br />

welche das Gebaren der Frau noch sonderbarer<br />

fanden als ich.<br />

Im Laden kam ich nicht dazu, dem Schmetterlingshändler<br />

vom Amulett zu sprechen, denn ehe ich noch den M<strong>und</strong><br />

öffnen konnte, zeigte er mir in einem geschnitzten Kästchen<br />

einen aufgespießten sogenannten Handflächenschmetterling.<br />

Jene Frau hatte ihm eben den seltenen Schmetterling verkauft.<br />

Er wurde in einem Kästchen aus Kampferholz aufbewahrt,<br />

denn der Geruch dieses Holzes schützt die Schmetterlinge<br />

gegen zerstörende Witterungseinflüsse. Durch Generationen<br />

hindurch kann man einen solchen Schmetterling im Kampferholz<br />

bei vollem Glanz erhalten. Auch diese Frau hatte den<br />

Schmetterling schon lange als ein Erbstück ihrer Familie besessen.<br />

Warum sie ihn verkaufen wollte, da er doch unbezahlbar<br />

war, konnte der Schmetterlingshändler nicht begreifen,<br />

denn ein Handflächenschmetterling wird alle h<strong>und</strong>ert Jahre<br />

einmal im Gebirge gef<strong>und</strong>en. Auf seiner Flügeln sind dunkle<br />

Linien, deren Zeichnung den Linien in der Handfläche einer<br />

Menschenhand gleichen.<br />

»Diese Frau«, sagte der Schmetterlingshändler, »muß vielleicht<br />

für irgendeine eingebildete Schuld ein Tempelopfer

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