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KulturBetrieb - Berthold Schmitt, Kunsthistoriker, Kurator, Public ...

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Konservierter Bruchstein und Stahlbeton<br />

Die umfangreichsten Sanierungsmaßnahmen erfolgten am<br />

Westflügel, wo u. a. die Kehlbalkendächer mit doppelt stehendem<br />

Stuhl komplett neu errichtet wurden. Traditionelle Abbundtechnik<br />

und historische Anschlüsse wie Schwalbenschwanz und<br />

Blattverbindungen prägen die Konstruktion oberhalb der neu<br />

eingezogenen Deckenbalken aus Eiche bzw. Nadelholz. Die<br />

Dachflächen wurden mit kleinformatigen, naturroten Hohlfalzziegeln<br />

eingedeckt und das wieder hergestellte Traufgesims wurde<br />

in Goldocker (Leinölfarbe) gefasst.<br />

Bei den Bruchsteinfassaden wurden durch Rückbau gewonnene<br />

Kalksteinblöcke wiederverwendet und in Kalk-Gips-Mörtel<br />

versetzt. Um einen organischen Eindruck zu erzielen, wurden<br />

witterungsbedingte Ablagerungen (Krusten, Flechten) nicht<br />

rückstandslos entfernt. Bei den Fenstergewänden der Renaissance<br />

wurden fehlende Teile durch Steinersatzmörtel oder Vierungen<br />

in Sandstein und Muschelkalk ergänzt.<br />

Die neuen Außenwände von Festsaal und Museum präsentieren<br />

sich materialsichtig mit steinmetzmäßig gestocktem Sichtbeton.<br />

Lageplan Burg Scharfenstein (© Architektur + Denkmalpflege, Erfurt)<br />

Dagegen wurde das inhomogene Bruchsteinmauerwerk im Inneren<br />

durch eine Kalk-Gips-Lasur vereinheitlicht. Die neuen Fußböden<br />

der Kapelle gewinnen ihre Farbigkeit aus der Verbindung<br />

von Kalkstein (Plattenboden aus Oberdorlaer Muschelkalk) und<br />

Gips (Anhydritfließestrich mit lokal anstehendem Kalkstein- und<br />

Ziegelsplitt).<br />

Insgesamt wird die Vorburg durch die Kombination von Muschelkalk<br />

und Lärchenholz geprägt, das als Lamellenverkleidung<br />

(hofseitige Stahlaußentreppe, Lüftungsanlage), Mauerkronenabdeckung,<br />

Fensterbekleidung und Schiebetor eingesetzt<br />

wird und die verschiedenen Gebäudetrakte optisch ver-<br />

bindet. An der Kernburg wurden die Dächer saniert und das<br />

Fachwerk der Fassaden restauriert: Schwarzes Holzwerk und<br />

helle Putzflächen mit schwarzen Begleitstrichen entsprechen<br />

dem historischen Befund. Schließlich wurden die Stützmauern<br />

statisch-konstruktiv ertüchtigt sowie Hof, Rampen und Terrassen<br />

mit Naturstein (u. a. Haindolomit) neu gestaltet. Eine weitere Modernisierung<br />

wird vorbereitet.<br />

Wärme aus der Erde<br />

Aufgrund der abgeschiedenen Lage und nur begrenzt nutzbarer<br />

Nebenflächen, kommt Geothermie als nachhaltige und kostengünstige<br />

Energiequelle zum Einsatz. Über Erdsonden und<br />

Wärmepumpen werden vornehmlich die Fußböden in der Vorburg<br />

beheizt.<br />

Preiswürdig: Vorhandenes ergänzen und Fehlendes<br />

neu gestalten<br />

Denkmalpflegerisch-architektonischer Leitgedanke der Architektin<br />

Dr. Anja Löffler und des Restaurators Sven Raecke (beide<br />

Erfurt) war, erhaltungsfähige Substanz zu sanieren bzw. für die<br />

Instandsetzung wieder zu verwenden. Dazu wurden landschaftsbildprägende<br />

Baustoffe wie Muschelkalk mit modernen<br />

Werkstoffen materialsichtig kombiniert. Nicht erhaltungsfähige<br />

Bauteile wurden durch neue Tragelemente ersetzt, die technisch<br />

und gestalterisch in der Tradition stehen und sich harmonisch<br />

in die Gesamtanlage einfügen.<br />

In der Begründung zur Verleihung des Thüringischen Denkmalschutzpreises<br />

heißt es, dass es Bauherr, Denkmalpflegern und<br />

Architekten gelungen sei, „eine zeitgemäße Nutzung mit all ihren<br />

technischen Anforderungen und Parametern in das komplizierte<br />

Gefüge einer mittelalterlichen Burg zu integrieren und eine Symbiose<br />

zwischen mittelalterlicher Architektur und moderner anspruchsvoller<br />

Gestaltung herzustellen, die höchste ästhetische<br />

Ansprüche erfüllt.“ (Heinz Stade, Thüringer Allgemeine.de,<br />

23.05.2012)<br />

<strong>Berthold</strong> <strong>Schmitt</strong><br />

Bewahren<br />

Westfassade der Kernburg (Foto: Architektur + Denkmalpflege, Erfurt)<br />

<strong>KulturBetrieb</strong> | 19

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