KulturBetrieb - Berthold Schmitt, Kunsthistoriker, Kurator, Public ...
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Eine besondere Herausforderung stellt die »Kundenbindungs-<br />
App« dar: Damit das Programm lange auf dem Smartphone verbleibt,<br />
sollte die Dateigröße überschaubar sein; gleichzeitig<br />
muss sie dem Nutzer einen Grund liefern, damit sie regelmäßig<br />
wieder geöffnet wird. Ein simpler Kalender reicht in der Regel<br />
nicht aus: Wichtiger sind ein kreatives Gesamtkonzept, Community-Funktionen<br />
sowie exklusive Aktionen und Angebote.<br />
On- oder Offline<br />
Ganz entscheidend für den Einsatz der App ist auch die Frage,<br />
in welchem Umfang eine Offline-Funktionalität gegeben ist. Dies<br />
kann neben der Möglichkeit, vollkommen neuartige Vermittlungsformen<br />
zu entwickeln, der größte Vorteil einer nativen App<br />
gegenüber einer Web-App sein, birgt zugleich aber auch große<br />
Herausforderungen.<br />
Von Vorteil ist die Netzunabhängigkeit, die einerseits geographisch/baulich<br />
begründet sein kann (kein ausreichender Empfang,<br />
oder zu langsames mobiles Internet), durch die Zielgruppe<br />
(viele ausländische Touristen) oder die verwendeten Geräte<br />
(Tablet-Computer besitzen häufig keinen Empfänger für mobiles<br />
Internet, ebensowenig der bei Jugendlichen beliebte iPod<br />
touch). Dies sollte im Vorfeld abgewogen werden gegenüber<br />
der Dateigröße, die die lokale Speicherung mit sich bringt. Eine<br />
App von 500 MB schlägt sich in der Regel nieder in kritischen<br />
Kommentaren in den jeweiligen Download-Plattformen.<br />
Betriebssysteme<br />
Größter Nachteil der nativen Apps ist die Bindung an ein Betriebssystem,<br />
deren genaue Zahl kaum jemand überblicken<br />
kann. Sollen also gerade jene Funktionen genutzt werden, die<br />
moderne Smartphones ausmachen, muss die App für jedes Betriebssystem<br />
einzeln programmiert oder zumindest optimiert<br />
werden.<br />
Mittlerweile fordert die Goldgräberstimmung jedoch erste Opfer.<br />
Der weltweite Marktanteil der beiden größten Spieler Android<br />
(Google) und iOS (Apple) ist innerhalb eines Jahres von knapp<br />
über 50% auf 82% im ersten Quartal 2012 gestiegen. Verlierer<br />
sind vor allem Symbian (Nokia), BlackBerry OS (RIM) und Windows<br />
Phone (Microsoft).<br />
Obwohl Android mit 59% auf mehr als doppelt so vielen<br />
Smartphones installiert ist wie iOS, bietet sich bei den Entwicklern<br />
ein gegenteiliges Bild: Fast 90% aller Entwickler für Mobilgeräte<br />
zeigen großes Interesse an der Programmierung für<br />
iPhone und iPad, wohingegen das Interesse an der Entwicklung<br />
für Android-Smartphones mit 79% sogar rückläufig ist. Für Tablet-Computer<br />
mit Googles Betriebssystem interessieren sich<br />
derzeit nur 66% der Entwickler – interessanterweise fast der gleiche<br />
Wert, den die Arbeit mit HTML5/Mobile Web erreicht (67%).<br />
Hintergrund ist vor allem die anhaltende Fragmentierung der<br />
Android-Welt: Während im März 2012 80% der Apple-Geräte mit<br />
der neuesten Betriebssystemversion iOS 5 liefen, waren dies bei<br />
Android 4 nur 1,6%. Bei der Hardware zeigt sich das gleiche<br />
Bild: Während sich iOS-Entwickler nur drei Geräten (iPhone,<br />
iPod touch und iPad) gegenüber sehen, ist die Vielfalt der Android-Geräte<br />
in Auflösung, Ausstattung und Leistung schier unüberschaubar.<br />
So ist weder ein angepasstes Design noch die<br />
verlässliche Nutzung der Sensoren möglich.<br />
Dies spiegeln auch die bereits veröffentlichten Museums-Apps<br />
wieder: Im deutschsprachigen Raum waren im Juli 2012 insgesamt<br />
58 Museums-Apps zu finden, davon 55 im App Store (iOS)<br />
und elf bei Google Play (Android). Es wurden also nur drei Apps<br />
exklusiv für Android entwickelt, aber 47 für iOS.<br />
App oder Web-App, das ist hier die Frage<br />
Wie einleitend beschrieben, kann der Vergleich zwischen einer<br />
gut gemachten App, die die Potentiale des Mediums ausnutzt,<br />
und einer mobilen Website ausfallen wie jener zwischen Äpfeln<br />
und Birnen. HTML5, CSS3 und JavaScript zum Trotz wird eine<br />
Web-App niemals den vollen Funktionsumfang einer nativen<br />
App erreichen können – schon allein aus Sicherheitsgründen<br />
wird eine Website nie auf alle Bereiche des Gerätes zugreifen<br />
können. Und dieser Abstand wird mit der Weiterentwicklung der<br />
Hardware in Zukunft eher größer als kleiner werden.<br />
Letztlich muss eine einfache, individuelle App nicht mehr kosten<br />
als eine App »von der Stange«, also ohne eigenständiges Konzept<br />
und Design, oder eine umfangreiche, professionelle Internetseite.<br />
Hier ist ein Vergleich möglichst vieler Ansätze unbedingt<br />
angeraten. Entsprechend sollte bei der Frage nach<br />
einer nativen App nicht der Preis im Vordergrund stehen, sondern<br />
die Idee. Eine App ist keine Website, kein Audioguide und<br />
auch kein eBook. Vielleicht ist sie ein Experimentierfeld für das<br />
Museum von morgen – vielleicht ist sie dann aber auch längst<br />
vergessen.<br />
Roman Gerhardt und Ines Dorian Gütt<br />
Roman Gerhardt, Diplom-Museologe und Graphiker<br />
Kailuweit Kulturkommunikation Berlin Wien<br />
E-Mail r.gerhardt@kailuweit-kultur.com<br />
www.kulturkommunikator.com<br />
Ines Dorian Gütt, Museologin<br />
Spezialistin für Smartphone-Applikationen im Museumsbereich,<br />
Freiberuflerin<br />
E-Mail guett@museums-app.com<br />
www.museums-app.de/WP/, Twitter@museumapp<br />
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