26.11.2012 Aufrufe

KulturBetrieb - Berthold Schmitt, Kunsthistoriker, Kurator, Public ...

KulturBetrieb - Berthold Schmitt, Kunsthistoriker, Kurator, Public ...

KulturBetrieb - Berthold Schmitt, Kunsthistoriker, Kurator, Public ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Eine besondere Herausforderung stellt die »Kundenbindungs-<br />

App« dar: Damit das Programm lange auf dem Smartphone verbleibt,<br />

sollte die Dateigröße überschaubar sein; gleichzeitig<br />

muss sie dem Nutzer einen Grund liefern, damit sie regelmäßig<br />

wieder geöffnet wird. Ein simpler Kalender reicht in der Regel<br />

nicht aus: Wichtiger sind ein kreatives Gesamtkonzept, Community-Funktionen<br />

sowie exklusive Aktionen und Angebote.<br />

On- oder Offline<br />

Ganz entscheidend für den Einsatz der App ist auch die Frage,<br />

in welchem Umfang eine Offline-Funktionalität gegeben ist. Dies<br />

kann neben der Möglichkeit, vollkommen neuartige Vermittlungsformen<br />

zu entwickeln, der größte Vorteil einer nativen App<br />

gegenüber einer Web-App sein, birgt zugleich aber auch große<br />

Herausforderungen.<br />

Von Vorteil ist die Netzunabhängigkeit, die einerseits geographisch/baulich<br />

begründet sein kann (kein ausreichender Empfang,<br />

oder zu langsames mobiles Internet), durch die Zielgruppe<br />

(viele ausländische Touristen) oder die verwendeten Geräte<br />

(Tablet-Computer besitzen häufig keinen Empfänger für mobiles<br />

Internet, ebensowenig der bei Jugendlichen beliebte iPod<br />

touch). Dies sollte im Vorfeld abgewogen werden gegenüber<br />

der Dateigröße, die die lokale Speicherung mit sich bringt. Eine<br />

App von 500 MB schlägt sich in der Regel nieder in kritischen<br />

Kommentaren in den jeweiligen Download-Plattformen.<br />

Betriebssysteme<br />

Größter Nachteil der nativen Apps ist die Bindung an ein Betriebssystem,<br />

deren genaue Zahl kaum jemand überblicken<br />

kann. Sollen also gerade jene Funktionen genutzt werden, die<br />

moderne Smartphones ausmachen, muss die App für jedes Betriebssystem<br />

einzeln programmiert oder zumindest optimiert<br />

werden.<br />

Mittlerweile fordert die Goldgräberstimmung jedoch erste Opfer.<br />

Der weltweite Marktanteil der beiden größten Spieler Android<br />

(Google) und iOS (Apple) ist innerhalb eines Jahres von knapp<br />

über 50% auf 82% im ersten Quartal 2012 gestiegen. Verlierer<br />

sind vor allem Symbian (Nokia), BlackBerry OS (RIM) und Windows<br />

Phone (Microsoft).<br />

Obwohl Android mit 59% auf mehr als doppelt so vielen<br />

Smartphones installiert ist wie iOS, bietet sich bei den Entwicklern<br />

ein gegenteiliges Bild: Fast 90% aller Entwickler für Mobilgeräte<br />

zeigen großes Interesse an der Programmierung für<br />

iPhone und iPad, wohingegen das Interesse an der Entwicklung<br />

für Android-Smartphones mit 79% sogar rückläufig ist. Für Tablet-Computer<br />

mit Googles Betriebssystem interessieren sich<br />

derzeit nur 66% der Entwickler – interessanterweise fast der gleiche<br />

Wert, den die Arbeit mit HTML5/Mobile Web erreicht (67%).<br />

Hintergrund ist vor allem die anhaltende Fragmentierung der<br />

Android-Welt: Während im März 2012 80% der Apple-Geräte mit<br />

der neuesten Betriebssystemversion iOS 5 liefen, waren dies bei<br />

Android 4 nur 1,6%. Bei der Hardware zeigt sich das gleiche<br />

Bild: Während sich iOS-Entwickler nur drei Geräten (iPhone,<br />

iPod touch und iPad) gegenüber sehen, ist die Vielfalt der Android-Geräte<br />

in Auflösung, Ausstattung und Leistung schier unüberschaubar.<br />

So ist weder ein angepasstes Design noch die<br />

verlässliche Nutzung der Sensoren möglich.<br />

Dies spiegeln auch die bereits veröffentlichten Museums-Apps<br />

wieder: Im deutschsprachigen Raum waren im Juli 2012 insgesamt<br />

58 Museums-Apps zu finden, davon 55 im App Store (iOS)<br />

und elf bei Google Play (Android). Es wurden also nur drei Apps<br />

exklusiv für Android entwickelt, aber 47 für iOS.<br />

App oder Web-App, das ist hier die Frage<br />

Wie einleitend beschrieben, kann der Vergleich zwischen einer<br />

gut gemachten App, die die Potentiale des Mediums ausnutzt,<br />

und einer mobilen Website ausfallen wie jener zwischen Äpfeln<br />

und Birnen. HTML5, CSS3 und JavaScript zum Trotz wird eine<br />

Web-App niemals den vollen Funktionsumfang einer nativen<br />

App erreichen können – schon allein aus Sicherheitsgründen<br />

wird eine Website nie auf alle Bereiche des Gerätes zugreifen<br />

können. Und dieser Abstand wird mit der Weiterentwicklung der<br />

Hardware in Zukunft eher größer als kleiner werden.<br />

Letztlich muss eine einfache, individuelle App nicht mehr kosten<br />

als eine App »von der Stange«, also ohne eigenständiges Konzept<br />

und Design, oder eine umfangreiche, professionelle Internetseite.<br />

Hier ist ein Vergleich möglichst vieler Ansätze unbedingt<br />

angeraten. Entsprechend sollte bei der Frage nach<br />

einer nativen App nicht der Preis im Vordergrund stehen, sondern<br />

die Idee. Eine App ist keine Website, kein Audioguide und<br />

auch kein eBook. Vielleicht ist sie ein Experimentierfeld für das<br />

Museum von morgen – vielleicht ist sie dann aber auch längst<br />

vergessen.<br />

Roman Gerhardt und Ines Dorian Gütt<br />

Roman Gerhardt, Diplom-Museologe und Graphiker<br />

Kailuweit Kulturkommunikation Berlin Wien<br />

E-Mail r.gerhardt@kailuweit-kultur.com<br />

www.kulturkommunikator.com<br />

Ines Dorian Gütt, Museologin<br />

Spezialistin für Smartphone-Applikationen im Museumsbereich,<br />

Freiberuflerin<br />

E-Mail guett@museums-app.com<br />

www.museums-app.de/WP/, Twitter@museumapp<br />

Vermitteln<br />

<strong>KulturBetrieb</strong><br />

| 37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!