Verbandsnachrichten - ALPINETGHEEP
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18<br />
Schäfereigeschichte<br />
Schäferkleidung (Teil 5)<br />
Der Schäfer-Wintermantel<br />
Christine Schormayer<br />
Entstehung<br />
Wer seine Qualitäten kennt, will ihn nicht<br />
mehr missen: den wuchtigen handgeschneiderten<br />
„Schäfer-Wintermantel“. Er<br />
ist eine Maßanfertigung, meist aus einer<br />
spezialisierten Schneiderei für Schäferei-<br />
Kleidung. Oft wird er über Generationen<br />
vererbt. Möglicherweise liegen seine<br />
Ursprünge im 19. Jahrhundert (siehe<br />
„Alter Schäfer mit Hakenschippe“,<br />
Gemälde von Max Thedy, in: JACOBEIT,<br />
Schafhaltung und Schäfer…1987, Tafel<br />
23). Einflüsse der Militärkleidung sind<br />
auch hier sichtbar. Alte Fotografien aus<br />
den Jahrzehnten vor und nach dem 2.<br />
Weltkrieg dokumentieren auch die weite<br />
Verbreitung dieses Mantels.<br />
Funktion<br />
Der Schäfer-Wintermantel ist vor allem<br />
für das Hüten bei trockener Kälte ideal.<br />
Auch bei tieferen Minusgraden hat dieses<br />
Kleidungsstück ohne High-Tech-<br />
Fasern für viele Schäfer auch heute noch<br />
eindeutige Vorzüge. Wärmend und<br />
winddicht ist der Schäfer-Wintermantel<br />
auf jeden Fall, auch kleine Regen- oder<br />
Schneeschauer machen ihm nichts aus.<br />
Auch hier lässt sich gut beobachten, wie<br />
neben anderen Faktoren auch die Haltungsform<br />
die Kleidung beeinflusst: je<br />
länger die Stallzeit ist, desto weniger<br />
braucht ein Schäfer eine solche „Winterausrüstung“.<br />
Schäfer Eugen Schimmel (Fuchsstadt b.<br />
Würzburg) ließ sich im klassischen Schäfermantel<br />
vom Fotografen ablichten, vermutlich<br />
in den 1930er/1940er Jahren.<br />
Schnitt, Material, Details<br />
Der Schneider wählt dafür einen klassischen<br />
Zweireiher-Mantelschnitt mit groß -<br />
flächigem Revers und Pelzkragen. Der<br />
Schäfer-Wintermantel ist knöchellang<br />
gearbeitet. Der extrem schwere, dichtgewalkte<br />
und unempfindliche Lodenstoff in<br />
Taubenblau oder Dunkelgrau war unter<br />
anderem bei der „Deutschen Wollverwertung“<br />
erhältlich. Heute muss man nach<br />
Lodenstoffen dieser Qualität etwas suchen.<br />
Die Revers können nach außen gelegt<br />
oder durch den obersten Knopf geschlossen<br />
getragen werden. Der Pelzkragen<br />
kann auch hochgestellt werden, bei eisigem<br />
Wind beispielsweise. Damit der Kragen<br />
auch in dieser Stellung bleibt, trägt er<br />
an seiner Unterseite noch einen Stoffriegel<br />
mit Knopfverschluss.<br />
Außen hat der Schäfer-Wintermantel 2<br />
senkrechte Mufftaschen und 2 geräumige<br />
Klappentaschen an der Vorderseite. Die<br />
Hände bleiben warm und die wichtigsten<br />
Utensilien sind griffbereit. Auf der Rückseite<br />
gibt es bei manchen Modellen eine<br />
hohe Kellerfalte, bei anderen einen verdeckten<br />
Schlitz für die Bequemlichkeit.<br />
Der Gürtel im Rücken diente nach Mitteilungen<br />
von Schäfern früher auch als<br />
Befes tigung für das leere Lämmersäckchen<br />
(das ist ein Jutesack mit Trageschnur<br />
oder ein Stoffbeutel zum Transport<br />
nicht marschfähiger kleiner Lämmer).<br />
DER BAYERISCHE SCHAFHALTER 6/10<br />
Schäfer Johann Steigerwald (Frammersbach/Ufr.)<br />
im Schäfermantel mit Hundefellkragen.<br />
Aufnahme aus den 1960er Jahren<br />
Kragen aus Hundefell<br />
Bis in die 1950er Jahre war das bevorzugte<br />
Material für den breiten Pelzkragen<br />
ein Hundefell, idealerweise vom<br />
gelockten schwarzen Altdeutschen Hütehund.<br />
Hundefell saugt sich nicht voll<br />
Wasser wie ein Lammfell, sondern lässt<br />
es ablaufen, sollte doch einmal ein<br />
Regen- oder Schneeschauer kommen.<br />
Ab den 1960er Jahren gab es offensichtlich<br />
Bedenken gegen einen Pelz vom<br />
„treuesten Freund des Menschen“, oder<br />
vielleicht einfach nur Schwierigkeiten<br />
bei der Beschaffung und Herstellung,<br />
denn der Verzehr von Hundefleisch, im<br />
19. Jahrhundert noch verbreitet, ging<br />
nach den Notzeiten doch wohl stark<br />
zurück. Seitdem wird der Pelzkragen aus<br />
kurzgeschorenem, gefärbtem Lammfell<br />
Der Kragen aus Hundefell wehrt Regen und Schnee besser ab als Lammfell, ist aber<br />
nicht mehr gebräuchlich.