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Winter 2011 - Christusgemeinde Freiburg

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schrieben, auch wenn die Beqas mit der<br />

Hälfte des Platzes zufrieden wären.<br />

Der Schwiegersohn betritt das mit blauem<br />

Teppichboden ausgelegte Wohnzimmer.<br />

Verheiratet ist er mit Fikreta, der 17-jährigen<br />

Tochter nur nach Romarecht, per<br />

Handschlag. Jetzt ist sie schwanger und<br />

lebt mehr bei der Familie ihres Mannes.<br />

Im Wortsinn verloren hat das Ehepaar<br />

Beqa eine weitere Tochter, sie ist in einem<br />

Stuttgarter Hallenbad bei einem Badeunfall<br />

ertrunken. Dabei ist die Familie für<br />

Roma das Zentrum, „da ist mein Herz“,<br />

sagt Xhavit. Viele Kinder sind immer<br />

noch die Regel, obwohl es im Generationenverlauf<br />

weniger werden. So ist<br />

Xhavit der vierte in einer Geschwisterreihe<br />

von 22 Kindern, von denen elf überlebt<br />

haben, Nakije hat immerhin noch acht<br />

Brüder und Schwestern. Doch Nachwuchs<br />

als soziale Absicherung, das ist hier und<br />

heute kein Thema mehr. „Ich will keine<br />

Kinder mehr, fünf sind genug“, sagt<br />

Nakije, ihr Mann würde sich aus heutiger<br />

Sicht für noch weniger entscheiden.<br />

Auf dem Herd kochen weiße Bohnen,<br />

nach vier Stunden wird aus ihnen mit Öl,<br />

etwas Mehl, scharfer Paprika und Salz<br />

eine dicke Suppe. Dazu gibt es selbst eingelegte<br />

rote Paprika und frischgebackenes<br />

Brot. Nakije legt die Hand auf den<br />

Rücken, ihre Bandscheibe macht sich wieder<br />

bemerkbar, außerdem ist sie müde.<br />

Ruhe gibt es im Flüchtlingswohnheim<br />

nie, stattdessen Kinderlärm bis spät<br />

in die Nacht. Für die Frühschicht in einer<br />

Wäscherei muss sie um fünf Uhr aufstehen,<br />

dann arbeitet sie sechs bis acht<br />

Stunden. Das muss reichen, um die<br />

Familie über den Monat zu bringen und<br />

die 500 Euro Wohnheimgebühr zu zahlen.<br />

Denn Xhavit ist zurzeit arbeitslos, fährt<br />

sie mit dem gelben Ford Fiesta zur Arbeit<br />

und holt sie wieder ab. Für 250 Euro<br />

war das Auto im Internet angeboten, für<br />

150 hat er es bekommen. Dass seine Frau<br />

auch den Führerschein machen könnte,<br />

ja, dass Frauen generell Auto fahren können,<br />

davon ist er nicht wirklich überzeugt.<br />

Miriam Jaeneke

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